Musik 2022
Platz 1: Weyes Blood – And In The Darkness, Hearts Aglow
Ich hatte es bereits ein wenig geahnt als die beiden Vorab-Singles erschienen… die watteweichen Balladen mit dieser großartigen Stimme könnten wieder dazu in der Lage sein mich derart zu fesseln, das nur das Album des Jahres dabei rauskommen könnte… genau wie vor 3 Jahren, als „Titanic Rising“ die McLarsen-Jahrescharts krönte. Schon der Einsteiger „It’s Not Me It’s Everybody“ denkt garnicht erst dran wieder aus dem Kopf zu gehen wenn er einmal durch die Ohren dort hineingelangt ist. Das Lied läuft in meinem Oberstübchen bereits seit vielen Wochen in Dauerschleife… seit das Album draußen ist kommen die anderen Songs noch dazu… und was für welche… „Children Of The Empire“, „Grapevine“, „Hearts Aglow“… allesamt zeitlose Perlen… alle um die 6 Minuten lang… im Stile der 1970er Songwriterinnen Joni Mitchell oder Carole King mit viel Piano, Orchester, choralem Backgroundgesängen und gelegentlich ein paar Synthesizer. Zwischendurch wird es mal bisschen sehr andächtig („God Turn Me In A Flower“), etwas Electronic („Twin Flame“) und kurz vorm Ende sogar nochmal verhalten optimistisch („The Worst Is Done“) Das alles wirkt wie in einem Guß… es geht um den Zustand unseres Planeten, Einsamkeit und Entfremdung. Man könnte meinen das hier ist Kitsch… aber beileibe nicht, Natalie Mering (so der bürgerliche Name von Weyes Blood) singt über alles Elend der Welt mit ihrer warmen, ausdrucksvollen Singstimme das die Dinge über sie singt gar nicht mehr so schlimm zu sein scheinen. „And In The Darkness, Hearts Aglow“ ist der Mittelteil einer Triologie… dann ist wohl noch ein Meisterwerk zu erwarten… ich sag doch die Welt ist gar nicht so schlecht…
Platz 2: April March – In Cinerama
Startet man „In Cinerama“ braucht es nur wenige Sekunden und schon hebt der Flieger in Richtung gute Laune ab… „Lift Off“ treibt voran mit Bläsern, Streichern, Backround-Chören im 60’s Style… Es folgt „Rolla Rolla“: fängt bisschen an wie „Sunshine Reggae“… leicht französischer Akzent, afrikanische Drums, viel schallalla ulala… rolla rolla touché… beim ersten Hören mußte ich schmunzeln… was ist das denn (?) dann der Refrain der wiederum nahe an den Beach Boys ist… nun: der Song stand beizeiten als mein Lieblingslied des Jahres fest, so ungewöhnlich er für mich auch sein mag… ich kann ihn noch immer mehrere male hintereinander hören… er macht mich einfach fröhlich. Hinter April March steht Elinore Blake, Jahrgang 1965, geboren in Kalifornien. Zum französischen Pop der 1960er kam sie als Austauschschülerin, erste musikalische Erfolge gab es in den 1990ern („Chick Habit“ wurde später von Tarantino verwendet)… sie ist mit Brian Wilson und Jonathan Richman befreundet. „In Cinerama“ ist Studioalbum Nummer 7 und auf jeden Fall ihr vielfältigstes und bestes… namenhafte Künstler haben mitgewirkt, allen voran der Schlagzeuger Tony Allen mit seinen Afro-Pop Einflüssen sei genannt. Über vielen Songs schwebt der Geist von Brian Wilson (California Fall“, Elinor Blue“), manche Songs könnten direkt aus 1960er Teenager-Filmen stammen („Runaway“, „Baby“), andere würden so manche Belle & Sebastian Platte veredeln („Born“)… Kurzum: eine prima kurzweilige, sehr sympathische Platte die auch bis kurz vor der Deadline auf der Poleposition zum Album des Jahres stand und ganz knapp noch auf der Ziellinie eingeholt wurde… es wird ihr nichts ausmachen… ist sie halt das Album der Herzen. Warum die Platte kein Riesenhit in der großen weiten Welt geworden ist verstehe ich ein weiteres mal nicht…
Platz 3: Night Palace – Diving Rings
Hinter Night Palace steht die Musikerin Avery Leigh Draut aus Athens, Georgia… mittlerweile in New York ansässig. Für die Musik ihres Debutalbums „Diving Rings“ fallen mir gleich einige Beschreibungen ein… da ist auf jeden Fall Folk und Kammerpop, Dream -Pop und Psych-Pop… und eine Menge Talent für außergewöhnliche Arrangements. Gleich mit dem Starter „Into The Wake, Mystified“ wird man in die mysteriöse Welt dieser Künstlerin gesogen mit Streichern, Holzbläsern und verschiedenen Songstrukturen die gern in psychedelische Dream-Pop Spären abdriften. Der Gesang ist stets sanft und mysteriös. Einige Songs wie „Stranger Powers“ oder „Jessica Mystic“ taugen durchaus dafür, kleine Indie Hits zu werden… hier sind die Songstrukturen eher beim klassischen Pop, aber wenn man genau hinhört entdeckt man viele kleine wohl ausgefeilte Details. Einer der Höhepunkte ist „Enjoy The Moon!“ mit einem Streichquartett und wiederum Holzbläsern… manchmal muß ich an Penguin Café Orchestra oder My Friend The Chocolate Cake denken. Interessant ist es, sich das Album im Halbschlaf anzuhören, da entstehen von ganz alleine seltsame Bilder und wenn man danach erwacht, ist man beeindruckt von der Stimmung in der man gerade gefangen war. Ein großartiges Debütalbum… ich hoffe der Anfang einer großartigen Karriere…
Platz 4: I Was A King – Follow Me Home
Die Band I Was A King wurde 2006 von Sänger und Gitarist Frode Strømstad in Oslo gegründet. Mit wechselnen Besetzungen veröffentlichte die Band 6 Alben mit melodischem Power-Pop. Mit dabei waren öfters Norman Blake von Teenage Fanclub oder auch Robyn Hitchcock. Ein anderes Projekt von Frode Strømstad ist die Band The No Ones zusammen mit Peter Buck von R.E.M. …diese Namen sollten zeigen in welche Richtung die Musik der Band geht. Seit 2011 ist auch Anne Lise Frøkedal Teil der Band… schonmal gehört (?)… dann sicher in meinem Blog… deren Album „Flora“ war mein Album des Jahres 2021. „Follow Me Home“, das siebte Studioalbum ist mehr oder weniger das Produkt des Duos Strømstad & Frøkedal… es ist recht minimalistisch, die Songs sind durchschnittlich um die 3 Minuten, es gibt Bass, Gitarre, Schlagzeug und Gesang… überwiegend von Frøkedal oder zu zweit… keine Extravaganzen… genau das macht die Platte so toll denn es hebt die hervorragenden Songs auf die Bühne die keinen Schnickschnack benötigen. Über allem schwebt eine gewisse Melancholie, trotzdem klingt alles frisch und lebendig. „Down“ ist der Meilenstein dieses Albums, aber auch das leicht angeschägte „Growing Wild“ oder die flotte Akustiknummer „Lo Pressure“ begeistern. Leider kennt man sowohl Album als auch Band eher in der Heimat Norwegen, es ist wirklich Schade drum das diese Perlen nur so einem kleinen Kreis bekannt sind… aber wer hat schon gesagt das die Welt gerecht ist ?
Platz 5: Nilüfer Yanya – Painless
Wenn ich so durch den Instagram Account von Nilüfer Yanya klicke, denke ich eher an ein Popsternchen welches in der Bravo (gibts die noch ?) einen Starschnitt bekommen könnte, als an eine Künstlerin welche mit ihrem zweiten Album in meiner Jahreswertung ziemlich weit oben landen würde… Yanya wurde 1995 in London als Tochter eines Türken und einer Mutter mit Wurzeln in Irland und Bahamas geboren. Als musikalische Einflüsse nennt sie Jeff Buckley und Nina Simone… und in der Tat ist die Musik von Nilüfer Yanya in vielen Sparten zuhause: R&B, Rock, Soul, Indie-Rock. Häufig haben die Stücke Sprechgesang und werden in einer Art Beats mit Rockinstrumentarium umgesetzt… dazu kann man sicher fantastisch tanzen oder auch nur so mitwippen. Die Platte wäre allerdings nicht so weit oben in meiner Wertung gelandet, gäbe es da nicht diesen einen Überflieger: „Midnight Sun“ besticht mit trockenen, handgespielten Beats mit akustischer Gitarre und am Schluß mit einer dreckigen E-Gitarre… auf jeden Fall ein großer Gänsehaut Moment… zweitbester Song des Jahres… Ich lehne mich sicher nicht weit aus dem Fenster, das in Zukunft niemand mehr fragen wird „Nilüfer Who?“… nein… die wird ein großer Star… denkt an meine Worte…
Platz 6: Fontaines D.C. – Skinty Fia
Das dritte Album der Iren um Sänger Grian Chatten steht den beiden Vorgängern um nichts nach… im Gegenteil, der Sound ist ausgefeilter… es werden dezente Experimente verarbeitet aber am Ende sind es immer wieder Fontains D.C. selbst… schleppender Rhytmus, trockenes Schlagwerk, noisige Gitarren und der Bariton von Sänger Chatten. Inhaltlich geht es auf der Platte häufig um das Leben der Iren in England… die Band residiert inzwischen in London und ist befremdet wieviele Vorurteile es noch immer gibt. Highlights sind der Opener „In ár gCroíthe go deo“, die Leadsingle „Jackie Down The Line“, „I Love You“ und das fast schon poppige „Roman Holiday“. Man nehme Joy Division, The Cure, Pixies und U2 und schüttelt mal kräftig und dann müsste sowas wie Fontaines D.C. heraus… auch für Fans von Idles und Shame.
Platz 7: Oceanator – Nothing’s Ever Fine
Elise Okusami heißt die junge Frau die hinter Oceanator steht. Ihre Musik hätte gut in die 1990er gepasst, in die Zeit von Nirvana und Dinosaur jr…. oder Magnapop. Das Album vereint düstere Tracks und regelrechte Slacker-Punk Hymnen… wie etwa „The Last Summer“… mein persönlicher drittliebster Song dieses Jahres… schonmal wegen dem mordsmäßig geilen Gitarrensolo in der Mitte. Andere Songs setzen diesen Style fort („Beach Days alive again“, „Bad Brain Daze“), andere fühlen sich tonnenschwer an („Stuck“, „From The Van“)… manchmal weiß sie zu überraschen… wie das Saxofon-Solo auf „Bad Brain Daze“… da denkt man echt Herr Springsteen kommt gleich um die Ecke… macht er aber nicht…“Nothing’s Ever Fine“ bleibt irgendwo zwischen Grunge, Postpunk und fuzzy Indie-Rock. Es ist erst das zweite Album von Elise Okusami… die früher mal eine (lokal) bekannte Rugby-Spielerin war… und ich bin gespannt was als nächstes kommt…
Platz 8: Afghan Whigs – How Do You Burn?
Die einzigen Veteranen in der Top 10 sind die Afghan Whigs welche 1996 mit dem Album „Black Love“ mein Album des Jahres lieferten. Seit der Reunion 2014 findet die Band um Greg Dulli nicht mehr ganz zur alten Klasse von Alben wie „Gentlemen“ oder „Black Love“ zurück, bieten aber auf jedem Album eine Handvoll richtig guter Songs. Ihre Musik ist immernoch eine Mischung aus Grunge und Soul. Highlights sind die etwas ruhigeren Stücke „The Getaway“, „A Line Of Shots“ und „Domino And Jimmy“ Wenn man gut hinhört, kann man auf „The Getaway“ den in diesem Jahr leider verstorbenen Mark Lanegan hören… vom ihm stammt auch der Titel des Albums.
Platz 9: The Flatliners – New Ruin
Selten war der Spaß so vorbei wie im Opener „Performating Hours“ der Kanadier The Flatliners… da ist aber einer richtig sauer und brüllt es amtlich ins Mikrofon. Es geht mal wieder um den Zustand unserer Erde und die Unfähigkeit der Menschheit das eigene Verhalten zu hinterfragen. Mittel zum Zweck dieser Platte ist klassischer, hochmelodiöser Punkrock. Ab und an wird ein wenig Geschwindigkeit rausgenommen wie zum Beispiel beim wunderbaren „Souvenir“. „New Ruin“ ist ein wunderbar frisches Stück Punkrock ohne jeden Nonsens…
Platz 10: Alvvays – Blue Rev
Nach 5 Jahren Wartezeit gab es 2022 endlich wieder 14 Songs der Marke Heavenly Pop Hits der Kanadier Alvvays… das heißt ungebändigte aber sauber gebündelte Wände von Gitarren und der Gesang von Sängerin Molly Rankin… alles wird hier und da psychedelisch zum Drama hochgeschraubt um genau so schnell wieder zu enden. „Blue Rev“ ist Dream-Pop, Shoegaze, Noiserock, Jangle-Pop in einem… stets mit großer Energie aufgenommen… klingt manchmal wie The Smiths („Pressed“), The Primitives („After The Earthquick“)… ein Song heißt „Tom Verlaine“, ein weiterer zitiert Belinda Carlisle („Belinda Says“)… man muß sie einfach mögen.
Wie immer gibt es dann auch noch eine „Best Of“ von den 6 in diesem Jahr erschienenen Playlists… die letzte erscheint in ein paar Tagen. Hier als Playlist für
Apple Music und
Nummer 5 ist Herbst pur… nicht nur das Songs „October Passed Me By“ oder „Autumn Leaves“ heißen… die meisten klingen auch so. Es startet hochdramatisch mit der Frau die mein Album des Jahres 2019 schuf… Natalie Mering aka Weyes Blood schafft es wie nur wenige anderen Künstlerinnen, mich mit in Watte verpackten Balladen zu fesseln… die Musik ist zumeist radiotauglich, die Texte häufig über Politik und Umweltkatastrophen heutiger Zeit. Das Album erscheint demnächst und vielleicht kann es ja nochmal in das Titelrennen 2022 eingreifen, die Vorabsingles „It’s Not Me, It’s Everybody“ und „Grapevine“ lassen auf sehr Gutes hoffen… man darf nur keine Partymusik erwarten… Etwas poppiger aber von der Sache her nicht unähnlich ist auch das Projekt der Norwegerin Marie Ulven aka girl in red… gut 10 Jahre jünger und sicher noch im Frühjahr ihrer Karriere… aber mit der Single „October Passed Me By“ schonmal ganz weit vorne… „Autumn Leaves“ ist eine weitere Single der Band Blue Herons aus Luzern, wieder sehr angenehm gitarrenverspielt in Richtung Dreampop unterwegs… ich bin gespannt ob es demnächst ein Album geben wird… ein solches kam gerade von einer weiteren Band die hier dieses Jahr schonmal auf einer meiner Sampler waren: Catch The Breeze aus Dänemark… der Name verpflichtet ja durchaus etwas zu dem Stil von Slowdive… und mit dieser Single ist der Einfluss schlecht zu leugnen… „Embrace“ ist eine Megahymmne im Stil von letztjährlichen Großtaten von Sea Power oder eben der letzten Slowdive Platte. Der Hang zur Hymne bleibt im folgenden Song, der Stil ist eher traditioneller Rock mit leichten Souleinflüssen… Paolo Nutini heißt der Herr aus… Schottland (und das auch mit ziemlich ausgeprägter Überzeugung) Bislang hatte er mich noch nicht so richtig hinterm Ofen vorlocken können… mit „Shine A Light“ ist es nun soweit… stadiontaugliche Rockmusik… und das meine ich nicht negativ… eine Mischung aus guten U2 und Peter Gabriel… Hinter dem nächsten Projekt ††† (Crosses) steht Deftones Sänger Chino Moreno… die Musik ist weniger hart als bei der Hauptband und der Refrain könnte sicher auch in jedem Stadion der Welt mitgegröhlt werden… hier steckt auch ein wenig Industrial drinnen, ein Genre welches eigentlich nie so richtig meins war, von Ausnahmen abgesehen… eines der besten Songs dieser Kategorie folgt nun mit dem Titeltrack des aktuellen Albums von KMFDM „Hyëna“… wie eine Mischung as Nine Inch Nails und Sisters Of Mercy… das ist schon geil… Es folgt ein Lebenszeichen von Yo La Tengo, einer Band der ich auch bereits seit etwa 30 Jahren verbunden bin… für mich immer die weniger nervende Variante von Sonic Youth… „Fallout“ ist der Vorbote zur nächstes Jahr erscheinenden Platte und meiner Meinung nach ihr bester Song seit mindestens 15 Jahren… ich muß prompt ans Meisterwerk „I Can Hear The Heart Beating As One“ denken… Es folgt ein weiterer Vorab-Song eines kommenden Albums und zwar von Robert Forster (Ex Go-Betweens). Der Song ist für den sonst eher traditionellen Songwriter sehr ungewöhnlich. Es geht um den Kampf seiner Frau Karin (die auch das Xylophon bespielt) gegen eine Krebskrankheit… möge ihr Kampf erfolgreich sein. Ein weiterer Veteran folgt mit Robyn Hitchcock und einem ebenfalls ungewöhnlichen Song im Bluesgewand. Die Schöpferin meines Albums des Jahres 2021 Anne Lise Frøkedal übernimmt im folgenden Lied das Mikrofon und präsentiert einen der simpelsten aber besten Songs dieses Jahres mit ihrer Band I Was A King… der Song wird wohl auf jeden Fall in der Best-Of 2022 vertreten sein… mehr Herbst geht nicht… Frøkedal ist bei mir derzeit mindestens auf einer Stufe wie meine Lieblingssängerin Neko Case. Der nächste Song „Midnight“ entfernt sich nicht weit von der Stimmung von „Down“… überraschend gut für die Band Starcrawler, die ich bisher eher als Trashpopper mit Talent zu uncoolen Plattencovern wahrgenommen habe… musikalisch stecke ich den Song auf frühe R.E.M. Platten… und das kann ja nicht verkehrt sein. Der Jahreszeit einen voraus ist dann die Band Winter (Die Chefin heißt Samira Winter)… wir sind aber nach wie vor im besten herbstlichen Dreampop… für mich mit Abstand das beste Stück des Albums „What Kind Of Blue Are You?“. Der nächste Song beginnt mit Hooks wie von einem frühen Interpol Album und plötzlich wird auf deutsch gesungen. Betterov ist eine tolle Neuentdeckung mit völlig geilen Texten und guter Musik… beides zusammen bekommt man hierzulande eher selten… auf diesem Sampler allerdings gleich zweimal hinternander, denn Die Nerven aus Stuttgart haben auch ein wirklich gutes Album abgeliefert und hier sogar mit Streichern und Orchester richtig dick aufgetischt… Respekt ! Etwas Drama beherrscht auch den nächsten Song von Sharon Van Etten „Never Gonna Change“ erschien als Single und auf der Deluxe Auflage ihres diesjährigen Albums „We’ve Been Going About This All Wrong“ und ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte es ist der beste Song des gesamten Albums. Nun wird es Zeit das Drama etwas runterzufahren und mit einem einfachen guten luftigen Stück Gitarrenpop der Kanadier Alvvays aufzulockern. Mit The House Of Love folgt eine Band die um 1990 herum recht gut und erfolgreich war… am bekanntesten für den Song „Shine On“ den man mitzischen konnte… nun also etwas neues… aber das Ergebnis bleibt mau, bis auf Kleinigkeiten wie „Into The Laughter“ mit dem warscheinlich zweitbesten Gitarrensolo des Jahres. Lieblingssänger Steve Kilbey (The Church) und Multiinstrumentalist Martin Kennedy folgen mit einem Stück aus ihrem neuen Kilbey Kennedy Album „The Strange Life of Persephone Nimbus“ welches etwas im Schatten des Vorgängers „Jupiter 13“ vom letzten Jahr steht aber immernoch besser ist als alles was die hochbezahlten und ranzigen Musiker von Pink Floyd die letzten 30 Jahre fabriziert haben. Zum Schluß kommt nochmal Drama auf die Bühne. Auf dem aktuellen Afghan Whigs Album gibt es wieder ein Duett mit der Sängerin Marcy Mays, wie schon im Song „My Curse“ vom Meilenstein „Gentleman“ von 1993… das Stück heißt „Domino and Johnny“ und beschließt diese Herbstkollektion genau so dramatisch wie sie von Weyes Blood begonnen wurde.
Man kann die Musik hier hören :
22’sChoice#4 – Juli – August 2022
Der 2022er Sampler Nummer 4 beginnt erstmalig in dieser Serie von 20 aktuellen Songs alle zwei Monate mit meiner unangefochtenen Lieblingsband seit fast 40 Jahren : The Church. Die letzte Platte liegt bereits 5 Jahre zurück… es war ihr 25. Album… mittlerweile ist nur noch Sänger und Bassist Steve Kilbey von der Originalbesetzung von 1980 übrig. Dann steht sie auf einmal in der Tür: die neue Single „The Hypnogogue“… Titelstück des im kommenden März erscheinenden neuen, angeblich auch letzten Albums. Es ist mit 6:20 die längste Single der Band… und auch eine der düstersten. Beim ersten und zweiten Hören war ich noch nicht sicher was ich von dem sperrigen Stück Musik halten sollte, erst als ich mir die Kopfhörer dazu aufgesetzt habe kam es mir… etwas Klavier, die typischen Church-Gitarren, dann dort eine Geige, ein elektronischer Effekt der durchs Bild schwirrt, ein Cello… dann Kilbeys dunkle Stimme… welche im Alter (mittlerweile ist er 68) immer besser gereift ist… die teils abstrakten Lyrics… am Ende entsteht ein Sog dem man sich kaum entziehen kan… man muß sich nur darauf einlassen… großes (Kopf)kino !
Von der Atmosphäre gar nicht so weit entfernt ist Song Nummer zwei… er stammt von der schwedischen Band MCC [Magna Carta Cartel]. Die Macher der Band waren einst Mitstreiter der Metalinstitution Ghost… deren Atmosphäre auch bei MCC etwas durchscheint, wenn gleich auch deutlich softer… Dark Wave würde es wohl am besten beschreiben… „Arrows“ ist ein schönes atmosphärisches Stück mit Ohrwurmcharakter. Heavy Metal spielt auch bei der nächsten Band eine Rolle… wenn auch weniger als früher… die ersten Alben der Amerikaner Astranoid waren ziemlich vom Black Metal geprägt, nunmehr ist man eher in die Kategorie Dreampop / Shoegaze gerutscht… und das steht ihnen verdammt gut… eine ähnliche Entwicklung wie Deafhaven. Der Song „Admin“ schwirrt nervös zwischen bombastischen Gitarrenwänden und der eher hellen Stimme des Sängers umher. Zeit etwas Druck rauszunehmen… das Album „Skinty Fia“ der Iren Fontaines D.C. hat sich im Laufe des Jahres immer mehr in meine Gehörgänge gespielt und dürfte inzwischen längst in der Top 10 der besten Alben des Jahres angekommen sein. „Roman Holidays“ ist einer der eher poppigen Songs der sonst recht düster gehaltenen Platte. Düster ist auch das Stichwort für das nächste Stück der Band THUS LOVE… einer noch sehr jungen U.S. Band. Man fühlt sich bei dem Track „In Tandem“ etwas in die frühen 1980er zurück versetzt… auf dem Tisch lagen wohl Platten von Joy Division, Bauhaus, P.I.L., Gang of Four und Psychedelic Furs… mir gefällts… im Oktober erscheint das Album. Bereits erschienen ist das Album „North East Coastal Town“ der Band LIFE aus Hull… die hatten warscheinlich ähnliche Platten auf dem Tisch… etwas Post Punk im Fahrwasser von Bands wie IDLES etc… nicht uncharmant, aber krakelig rauh. Das Gefühl der frühen 1980er bleibt auch beim folgenden Song vom Working Mans Club… nur bestimmen mehr Synthesizer die Atmosphäre… und die ist ziemlich kühl… Gary Numan und seine Tubway Army lassen grüßen. Danach verschwindet das Achziger Gefühl aber die Synthies bleiben beim Stück „Monday Feeling“ der Sängerin Erin Anne aus New Jersey, welche musikalisch zwischen der Sparte Singer/Songwriterin und St. Vincent zuhause ist. Mit Drama und Cinematic kommen dann die Yeah Yeah Yeahs daher… mit einem neuen Stück aus dem Ende September erscheinenden neuen Album der Band… das erste seit 9 Jahren. Etwas unterkühlte Atmosphäre mit Sprechgesang gibt es dann von Dry Cleaning… Ich verstehe zwar nicht wirklich wovon die Sängerin erzählt… aber es hört sich interessant an… wieder Kopfkino.
Zeit für etwas leichteren Pop… es gibt neue Songs von Alvvays und Soccer Mommy… die Songs scheinen fast zusammen zu gehören… bester schwelgerischer Dreampop mit Gitarren und weiblichen Gesang. Anschließend nimmt uns die Australierin Hazel English mit in ihren Traum mit einem gewissen Hamilton… alles ist super… aber leider nur geträumt… Schade. Träumerisch ist auch das Album „Diving Rings“ von Night Palace, der Band um die Amerikanerin Avery Leigh Draut. Die Musik die zwischen klassischer Singer/Songwriterin, Dreampop, Folk und gar Klassik wandelt hat es bereits in meine Top 5 des Jahres geschafft… mindestens… leider verpasst die Welt ein sehr tolles Album… es interessiert nämlich kaum jemanden… what a shame…
Das Duo The Big Pink aus London ist auch schon ein paar Jahre unterwegs und bietet auf der neuen Single „Rage“ melancholischen Dreampop mit Gitarren und Synthesizern… letztere bestimmen auch das Gerüst des nächsten Songs von Kiwi jr. aus Toronto… irgendwie wie eine Mischung aus The Strokes und The Chills… charmant. The Afghan Whigs war eine Band die für mich in den 1990ern sehr bedeutend war… sie hatten die Härte der Grunge Bands und machten mit ihren Soul Einflüssen trotzdem ihr eigenes Ding… Alben wie „Gentleman“ oder „Black Love“ waren für mich Riesenhits zu dieser Zeit. Demnächst erscheint ein neues Album auf dem Weggenosse Mark Lanegan auch letzmalig zu hören sein wird… ich bin gespannt. Etwas punkiger wird es dann nochmal mit den Flatliners, die mit dem Album „New Ruin“ mein liebstes Punkalbum des Jahres veröffentlicht haben… da lege ich mich schon mal fest. „Souvenir“ ist ein eher poppiges Stück mit extrem hohem Ohrwurmpotential. Damit lassen wir den flotten Zwanziger auch langsam ausrollen und haben als vorletzten Song die Single „Waste Your Time“ von Lennie Rayen… eine nette Neuentdeckung aus San Francisco. Aus Kalifornien kommt dann auch die letzte Künstlerin. Elinore Blake steht hinter dem Namen April March, deren Album bereits ganz sicher in der Top 3 des Jahres steht, leider wiederum nur in meinem unbedeutenden Kopf… „Elinor Blue“ ist erst (schon wieder die Bezeichnung…) Singer/Songwriterin… ab der Mitte aber wird der Track immer opulenter… Brian Wilson lässt grüßen… wie die letzten Tage des Sommers… die sind ja auch gerade… Schade…
22’sChoice#3 – Mai – Juni 2022 Zum Ende der ersten Jahreshälfte stehen wieder viele interessante Songs vor der Tür… zwanzig dürfen rein, etwa genau so viel hatten für diesen Sampler angeklopft… durften aber letztendlich nicht rein.
Den Anfang prägt diesmal ein sinister pulsierender, elektronischer Rhythmus … er schwillt langsam an… ähnlich wie bei The Cure’s „A Forest“… ,dann setzt die ungewöhnlich arrangierte Musik der Band Poliça ein… mit zwei Schlagzeugern und ähnlicher Stimmung wie Massive Attack cirka „Mezzanine“… Kopfhörermusik… spooky… genau wie auch beim zweiten Lied von INVSN… was Disco vorgaukelt aber auch eher finster daher kommt… ein wenig Depeche Mode steckt in dem Song der Schweden… dahinter stehen Musiker aus der härteren Ecke. Etwas besser wird die Stimmung bei Song 3… xPropaganda = ex- Propaganda… die Band hatte Mitte der 1980er einige Hits wie „Dr.Mabuse“ oder das wunderbare „Duel“. Musikalisch ist die Band um Claudia Brücken auch in dieser Zeit stehen geblieben… in diesem Falle auch zurecht. Die elektronische Abteilung wird mit dem vierten Song weitestgehend verlassen… Dreampop steht an… mit der wunderbaren Franzosin Melody Prochet alias Melody’s Echo Chamber. Vor 10 Jahren war ihr selbstbetiteltes Debütalbum in meiner persönlichen Top 10… seit dem ist es erst das zweite Album … und das ist sehr gut… Die schwedische Band ViVii präsentiert danach ebenfalls Dreampop… aber eher im Stil von Mazzy Star… etwas für ruhige Stunden… ebenfalls Anfang der 1990er gab es die Band The Sundays… ob es die noch gibt weiß ich nicht… aber The Blue Herons aus Luzern (!) kommen ihnen ziemlich nahe. Der Song „From Here“ startet in dieser netten Manier, nimmt aber im Verlauf noch etwas an Opulenz zu, wenn ein Streichquartett hinzu kommt… am Ende sogar noch eine Art Basssolo a la New Order’s Peter Hook… großartiger Song ! Weniger Dreampop als Folkrock bietet Sally Dige („Dee-Ah“) … Tochter einer in Südafrika geborenen Kanadierin und eines Dänen… wohnhaft in Berlin…das nenne ich schonmal interessante Herkunft, auch wenn man diesbezüglich heutzutage gerne missverstanden wird… (ich finds Quatsch… Leute sind für mich immer interessant… ob sie nun aus Tokio, New York City oder einem Dorf in der Nähe von Gera kommen…) „I Will Be The Sun For You“ ist jedenfalls ein prima Ohrwurm. Etwas nostalgisch wird es dann mit einem neuen Song der kanadischen Stars. 10 Jahre nachdem „The North“ mein Album des Jahres wurde, sind sie mit neuem, recht melancholischen Album zurück. Noch nicht ganz zurück sind Interpol… das Album erscheint aber demnächst… „Fables“ ist eine ebenfalls eher dunkel angehauchte Vorab-Single. Der Name der nächsten Band ist von einem Slowdive Song : Catch The Breeze… die Musik geht auch ein wenig in die Richtung… die Dänen biegen dann allerdings in Richtung Editors ab. Danach (um es mit Spliff zu sagen) wirds heavy und macht rambam… Besvärjelsen sind die dritten Schweden dieser Compilation und bringen ein wenig Stonerrock mit… noch lauter wirds dann mit Astronoid, die auf ihrem aktuellen Album eine ähnliche Mischung darbieten, wie das Vizealbum des letzten Jahres von Deafhaven… Shoegaze meets Metal. Leise wird es danach aber auch noch nicht… im Gegenteil… „Performative Hours“ von The Flatliners, einer Punkband aus Kanada, beginnt laut und aggressiv… um dann im Refrain dann doch ziemlich melodisch um die Ecke zu kommen… könnte eine gute Punkrockplatte werden. Nun wird es dann doch Zeit etwas vom Gas zu gehen… wenn auch nicht ganz… Supercrush machen besten Powerpop und „Perfect Smile“ könnte von Swervedriver sein. In der gleichen Sparte sind Weezer seit vielen Jahren erfolgreich und immer wieder mal gut, wie bei „The Opposite Of Me“ von ihrer Sommer EP. Eine der größten Ohrwürmer dieses Jahres war „Last Summer“ von Oceanator… auf dem letzten Sampler zu hören… hier die Fortsetzung…wie eine Mischung aus Nirvana und Magnapop. Die Schweden Nummer 4 heißen MCC (Magna Carta Cartel) und waren seinerzeit Teil der inzwischen mega-erfolgreichen Metalband Ghost… Metal ist das hier aber nicht… ich würde es Darkwave nennen und finde das Stück schaurig schön… allerdings braucht es 2-3 Anläufe. Das Album „Once Twice Melody“ von Beach House war bereits Ende letztes Jahr ein Thema, obwohl es erst im Februar als Album erschien. Ein Song davon hat sich nochmal in mein Ohr geschlichen… und zwar das recht poppige, synthielastige „Hurts To Love“… Die Amerikanerin April March hat bislang mit „Rola Rola“ meinen Song des Jahres fabriziert (zu hören auf 22’s Choice #2)… mit ihrem Album „In Cinemara“ steht sie zur Jahresmitte ebenfalls in der Poleposition… soll am Jahresende niemand behaupten, man hätte es nicht kommen sehen… „Runaway“… nicht nur im Titel etwas an Del Shannon und der Musik seiner Ära entlehnt… Kein McLarsen Sampler ohne Anne Lise Frøkedal… das neue I Was A King Album steht vor der Tür und „Follow Me Home“ ist die zweite, leckere Hörprobe und zugleich der Schlußpunkt der 3. McLarsen Musik Compilation des Jahres… in der Zusammenfassung fiel mir auf, das kein einziger Song „Made in UK“ ist… dafür 4 x Schweden, zwei mal Dänemark, einmal Norwegen, einmal Deutschland, einmal Schweiz, 3 x Kanada und der Rest USA… der Brexit schleicht sich langsam in den Alltag 😉
22’sChoice#2 – März – April 2022 …wieder zwei Monate vorbei und das gerade noch neue Jahr nähert sich schon wieder dem Bergfest… früher ging das langsamer… bestimmt… Nach zwei Monaten gibt es wieder etwas Musik in die Kategorie McLarsen hört Musik…
Diesmal startet es mit Steve Wynn’s The Dream Syndicate… gegründet vor über 40 Jahren, still going strong… Twen folgen mit ihrem Verständnis von Dreampop… wenig poliert und auf den Punkt gebracht. Oceanator klingen etwas 90s-like aber eher Magnapop als Hole… Mordsgitarrensolo nach kurzer Pause in der Mitte (!) PUP und Fontains D.C. mögen es eher knarzig finster… genau wie Interpol und die südafrikanischen Dangerfields… allerdings etwas ruhiger. Die Afghan Whigs haben einen neuen Track veröffentlicht, The Lazy Eyes aus Australien klingen wie Tame Impala heute nicht mehr klingen… danach wird der Gesang wieder weiblich und geheimnisvoll… Night Palace und Nilüfer Yanya… „Midnight Sun“ mit seinen trockenen, fast wie aus dem Computer kommenden Beats und der abwechselnd akustischen und elektrischen Gitarre verbreitet eine bemerkenswerte Stimmung… wie im Traumsequenzen im Halbschlaf… für mich ein Riesenhit. Es folgt neues Material von Hazel English, I Was A King (die Band von No.1 Album 2021 Sängerin Frøkedal), Destroyer (klingt diesmal nach New Order), Bilderbuch (…ja…hätte ich auch nicht vermutet das die mal mit dabei sind)… und Arcade Fire. Dann wird es französisch mit Melody’s Echo Chamber und mit April March’s „Rolla Rolla“ kommt der zweite Riesenhit (in meinem Kopf leider nur) auf die Playlist… auch wenn letzterer für meine Hörgewohnheiten wohl eher ungewöhnlich ist. Neko Case und Of Monsters And Men beschließen den Sampler… die Isländer schaffen kurzzeitig in dem Song einen Wall of Sound wie ich ihn eher von ihren isländischen Landsleuten von Sigur Rós kenne… viel Spaß beim reinhören… auf :
Apple Music und
22’sChoice#1 – Januar – Februar 2022 Die Serie geht weiter und heißt jetzt 22’sChoice mit 20 Songs… etwa einer CD-Länge hörbar bei Apple Music und Spotify…