McLarsen

McLarsen in Thüringen – Gotha, Arnstadt, Eisenach, Mühlhausen, Erfurt (April 2024)

Erfurt, 24.04.2024… Die dritte Entdeckungsreise dieses Jahres führt mich wiederholt nach Thüringen. Mit Residenzstadt Erfurt (um die es diesmal weniger gehen soll, wer etwas darüber lesen möchte den verweise ich gern auf den Reisebericht von 2020) soll es in die umliegenden Städte Gotha, Arnstadt, Eisenach und Mühlhausen gehen… weiterhin ist eine Wanderung um die drei Burgen von Drei Gleichen geplant. Den Anfang machte gestern Gotha… erstmal mit dem ICE vom Heimatbahnhof Berlin Gesundbrunnen in knapp 2 Stunden ohne Umstieg nach Erfurt gedüst… dann schnell die Reisetasche in ein Schließfach gesteckt und ab ging es mit dem Bummelzug ins 25 Kilometer entfernte Gotha.

Schloß Friedenstein Gotha

:idee: Gotha: Mit 45.000 Einwohnern ist Gotha die fünftgrößte Stadt Thüringens und liegt zwischen Erfurt und Eisenach. Bis 1825 war Gotha Residenzstadt des Herzogentums Sachsen-Coburg und Gotha-Altenburg… ein typischer Landstrich auf dem seinerzeit bunten Fleckenteppich kleiner Herrschaftsgebiete auf dem Territorium des heutigen Deutschlands. Das markanteste Gebäude der Stadt ist das Schloß Friedenstein. Es wurde 1643 erbaut und gilt als eine der bedeutendsten Schlossbauten des Frühbarock. Unweit des Schlosses befindet sich der älteste Englische Garten außerhalb Englands… am Rande des Schloßparks befindet sich mit dem Herzoglichen Museum eine (besonders im Verhältnis zu der geringen Größe der Stadt) sehr bemerkenswerte Kunstsammlung. Nördlich von Schloß und Park Friedenstein befindet sich die Altstadt mit dem historischen Rathaus und vielen gut erhaltenen Bürgerhäusern. Eine technische Meisterleistung seiner Zeit ist der Leinakanal der 1369 angelegt wurde und die Stadt ohne Fluß mit Wasser versorgte und noch heute funktioniert. In Gotha wirkte Martin Luther und der Maler Lucas Cranach d.Ä… 1875 wurde die SAP (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands) in Gotha gegründet… diese nannte sich später in SPD um… das bekannteste industrielle Produkt der Stadt waren Straßenbahnwaggons… genau… die alten Gondeldinger die jahrzehntelang im Ostteil Deutschlands auf der Schiene waren.

Schloß Friedenstein - Festsaal
Audienzzimmer

Vom Bahnhof läuft man etwa 20 Minuten zur Hauptsehenswürdigkeit der Stadt: Schloß und Park Friedenstein. Ernst I., auch Ernst der Fromme genannt (1601-1675) war der Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg und einer der bedeutendsten Herrscher seiner Zeit… auch heute existierende Königshäuser wie Belgien und England tragen noch Teile dieser DNA… was aber sicher bei der ganzen In- und Unzucht dieser Kreise nicht weiter verwundert… ich schweife ab… dieser Ernst fand in Gotha keine standesgemäße Residenz vor und ließ von 1643-1654 das Schloß Friedenstein errichten… er hatte vom 30jährigen Krieg die Nase voll und gab seinem Zuhause diesen Namen… über dem Hauptportal hängt auch ein barockes Schmuckelement mit dem Namen Friedenskuß… Das Schloß hat für die verhältnismäßig kleine Stadt Gotha recht üppige Ausmaße… allerdings war auch von Anfang an viel Platz für Verwaltung, eine Münzerei, ein Theater, die Schloßkirche und andere Dinge geplant… nicht nur aus Jux für den Herzog. Das Schloß zählt zu den bedeutendsten Schloss-Neubauten seiner Zeit… wir sind im Frühbarock wo noch nicht ganz so viel Lametta war. Die Anlage an der auch viele Bau- und Sanierungsprojekte laufen macht einen leicht angegammelten Eindruck… zumindest wenn ich Vergleiche zu ähnlich großen Feudalbauten wie denen in Berlin, Potsdam oder Würzburg ziehe… Ich kaufte mir für 12€ ein Ticket und besichtigte die Herzogliche Residenz mit den Wohn- und Repräsentationsräumen sowie dem Eckhof-Theater im Westturm… dem ältesten noch regelmäßig bespielten Theater Deutschlands mit Original-Bühnentechnik von 1685. Obendrauf war noch ein Naturmuseum mit ganz viel ausgestopften Tieren dabei… die Tour war ihr Geld auf jeden Fall wert.

Herzogliches Museum
Im Schloßpark

Gegenüber dem Schloß befindet sich das Herzogliche Museum… ein Bau aus dem 19.Jahrhundert mit einer großen, über die Landesgrenzen bedeutenden Kunstsammlung… leider reichte dafür die Zeit heute nicht. Der Schloßpark ist im Stile von englischen Landschaftsgärten angelegt und gilt als erstes Exemplar dieser Sorte außerhalb Großbritanniens… das Wetter war gerade ganz gut und so nutzte ich auch die Zeit für einen gemütlichen Parkspaziergang.

Denkmal vom Bauherren - Ernst der Fromme
Marktplatz mit Rathaus

Hinter dem Schloß welches auf einer Anhöhe steht geht es bergab mit einer Wasserkunst zur historischen Altstadt Gothas… die ist nicht irre groß… aber sehr fein… das Rathaus im Stile der Renaissance ist sehr schön und der Turm kann auch für den Unkostenbeitrag von 50 Cent bestiegen werden… machte ich auch und hatte beste Ausblicke. Da ich seit dem Frühstück nicht wirklich viel Nahrung hatte, stand ich kurz nach 17:00 Uhr auf der Matte vom lokalen Irish Pub namens S’Limmerick und gönnte mir Burger und Bier…

Ausblick vom Rathausturm mit Margarethenkirche
...auch vom Rathausturm - Nordflügel vom Schloß Friedenstein

… dann zurück zum Bahnhof, nach Erfurt gefahren, Tasche geschnappt und in den Apartments des Restaurant Palais in der Futterstraße gleich neben der berühmten Krämerbrücke eingecheckt. Die Unterkunft ist recht groß, ziemlich neu…hat aber auch einige Fragezeichen in Punkto Ausgestaltung. Abends gabs noch Guinness im Molly Malone und Murphys in der Whiskykneipe Jonny Worker… danach war der Kanal voll und es ging in die Nachtruhe.

Musik 2024

choice#20… Berlin, 07.03.2024 …so… den Winter betrachte ich mal als erledigt… erste Blümchen erscheinen im Garten… Zeit die Frühlingsgefühle in Noten zu setzen… aber nicht von mir selbst… davon hab ich leider keine Ahnung… zum Glück gibt es Leute die das können… ich suche sie aus und sortiere sie für euch. Beim Sampler Nummer zwei im laufenden Jahr und Nummer 20 insgesamt haben sich wieder viele Entdeckungen aus allmöglichen Richtungen angesammelt. Wir starten instrumental von ganz easy zum finalen Lärm mit einem Stück von A Burial At Sea, einem irischen Duo die inzwischen in Liverpool leben. Wir haben es hier mit Postrock zu tun wie man ihn auch von Mogwai oder Explosions In The Sky kennt… A Burial At Sea setzen gelegentlich mit Bläsern einen Unterschied… auch fassen sie sich etwas kürzer als genannte andere Bands… „páirc béal uisce“ schleicht sich langsam ins Ohr und wenn es zu gemütlich wird hauen sie dir elektrische Gitarren um die Ohren… Das nächste Stück „Familia“ der Band The Holy aus Helsinki macht von Anfang an keine Gefangenen… Keyboards, Gitarren und Drams schrauben den Song in schwindelerregende Höhen voller Dramatik… Im Video dazu sitzen die Musiker am Strand eines finnischen Sees (die Mücken sieht man nicht) und machen relaxt Picknick… im Laufe der Minuten verliert sich die Leichtigkeit und am Ende brennt alles lichterloh… gefällt mir sehr gut…. also der Song. Eher aus dem Regal der Elektroabteilung kommen Clt Drp… ein multinationales Trio mit Sitz in Brighton… trashiger Electroclash mit rumpeligen Drums… da wackelt das Hinterteil und die alte Tanzmaus McLarsen will auf den Dancefloor… ok… geht aber auch so… Beim nächten Song bleiben die Drums in der Garage aber die Discokugel bleibt an… Arab Strap sind zurück und wir lauschen Aidan Moffets breitem schottischen Akzent wenn er über finstere Dinge wie Haß im Internet singt… naja… eher erzählt. Der demnächst dazu erscheinende Longplayer heißt übrigens „I’m totally fine with it 👍 don’t give a fuck anymore 👍“… mit Emojis… Das nächste Stück versteht sich an der Stelle als ein Brückenschlag von den eher elektro-orientierten ersten Stücken und den rockigeren danach… gespielt von der hier und heute dienstältesten Band: Ride. Die Shoegaze Veteranen veröffentlichen demnächst die bereits dritte Platte nach ihrer Reunion 2017. Der Song „Last Frontier“ist recht poppig und könnte gut und gerne auch von New Order sein… aber auch da gibt es ja schlimmeres… Wie angekündigt übernehmen jetzt härtere Gitarren das Zepter… aber keine Angst… so richtig hart wird es diesmal nicht… PROJECTOR sind eine Band aus Brighton die Postpunk machen und gerade ihr Debütalbum „Now When We Talk It’s Violence“ veröffentlicht haben… Restorations von der amerikanischen Ostküste pflegen einen ähnlich direkten Stil zu spielen… sind aber schon ein paar Jahre dabei… Postpunk auf Hymne quasi… Kaum angekommen, verlassen wir den klassischen Rocksong bereits wieder und kommen zur Französin Maud Nadal die mit ihrer Band Halo Maud genauso klingt als würde man Melodys Echo Chamber und Björk in einen Cocktail mixen… heraus kommt ein leicht exzentrischer Psychedellic-Pop-Mix bei „My Desire Is Pure“… halb englich, halb französisch. Jane Weaver ist von dieser Mixtur auch nicht weit entfernt… sie macht bereits seit den 1990ern Musik, solo erst seit etwa 2006… nie mit der gleichen Mixtur… Demnächst erscheint ein neues Album der 52jährigen Britin aus Manchester… „Perfect Storm“ ist ein Vorgeschmack darauf. Auf dem letzten choice-Sampler war Nadine Shah bereits zu hören, nunmehr ist ihr Album „Filthy Underneath“ erschienen und erwartungsgemäß ist es sehr gut. „Greatest Dancer“ handelt wie andere Songs von dem Album von zweifelhaften Erlebnissen der Dame bein Drogenentzug… ich mag das wilde Schlagzeug sehr… und natürlich ihre stets zur Dramatik neigende Stimme… letzteres trifft in diesem Punkt auch auf die nächste Künstlerin zu: Grace Cummings aus Melbourne besitzt auch eine Stimme mit hohem Wiedererkennungswert… die Musik geht ein wenig in Richtung Folkrock… ich bin mir sicher das man sich ihren Namen merken sollte… denn manchmal kann es schnell gehen mit plötzlichen Ruhm: Aus der Kategorie „Der neueste geile Scheiß macht auch vor McLarsen nicht halt“ : The Last Dinner Party. Mit ihrem Debütalbum „Prelude To Ectasy“ gefühlt auf dem ganzen Planet gefeiert als hätten die vier Damen die Popmusik neu erfunden… nunja… ich sag mal… nicht neu erfunden, aber ausgezeichnet gerührt, geschüttelt… was auch immer… Da kommen Abba, Queen, Sparks, Fleetwood Mac und weiß ich was noch alles in einen Topf, reichlich Streicher und Orchester drumrum, erinnerungswürdiges visuelles Auftreten und geboren sind Superstars ohne Vorhype… mir gefällts sehr. Ich will die Kategorie nicht nochmal ausschreiben, aber hier ist Teil zwei: Mine und „Baum“… Der Name der 39jährigen Künstlerin die eigentlich Jasmin Stocker heißt war mir durchaus vertraut… dachte ich aber immer das mir das zu sehr ins schlagermäßige geht… getäuscht… ich hörte mir den Titelsong ihres aktuellen Albums „Baum“ an und war spontan hin und weg… dieser eigentlich simple aber clevere Text… dieses Arrangement… dieses große Finale… mit Schlager hat das wirklich nix zu tun… beste deutsche Popmusik anno 2024… wo wir gerade dabei sind… auch der nächste Song handelt vom Älterwerden… allerdings aus Sicht einer deutlich jüngeren Frau… sie heißt und nennt sich Sandra, hat nix mit der 80er-Jahre Schnepfe zu tun die irgendwas mit Maria Magdalena hatte. Das Stück „Sterne sehen“ ist Dreampop mit einfachsten Mitteln produziert… hat mir aber auch von der ersten Sekunde gefallen. Das Jahr ist zwar noch jung, aber ich habe mich bereits im Januar darauf festgelegt was die beste Coverversion des Jahres ist. The Fauns waren mit Vorab-Singles schon auf den letzten beiden Samplern drauf… nun ist ihr drittes Album „How Lost“ erschienen und es hat eine Coverversion von „Doot Doot“ der Band Freur drauf… Freur änderten Ende der 1980er ihren Namen in Underworld… was natürlich auch einfacher zu merken ist, als Underworld waren sie in den 1990ern sehr erfolgreich im Bereich Electronic und Techno… „Born Slippy“ wurde im Film Trainspotting bekannt. „Doot Doot“ von 1983 war seinerzeit in meinem Kopf ein klarer Nummer Eins Hit und so freute ich mich natürlich über eine völlig gelungene Coverversion die den Song nicht verändert ihn aber im Stil von The Fauns interpretiert… klingt als wäre er für sie geschrieben worden… so schön kann Dreampop sein… Wir bleiben beim Thema Dreampop und Coverversion: Die Band Cigarettes After Sex aus Texas nimmt sich dem Radiohead Song „Motion Picture Soundtrack“ an (war der letzte Song auf Kid A)… auch hier passt das sehr gut… die Schlafmützigkeit der Band kommt manchmal wie eine warme Decke… auf Dauer für mich aber etwas zu ruhig. The Reds, Pinks & Purples folgen mit dem Song „Your Worst Song Is Your Greatest Hit“… sind damit vielleicht auch Radiohead (Creep) gemeint? Ich weiß es nicht aber die Band versteht es immer wieder mit ihrem Jangle Dreampop zu überzeugen… schade das sie niemand kennt. So, nachdem die letzten Songs ja etwas getragen und verträumt waren wird es Zeit für einen Wake Up Song: „Get Numb To It!“ von dem Duo Friko aus Chicago… es ist eine etwas trashige Nummer im 60’s Style… man möchte mithüpfen und juhu schreien und headbangen… so viel positive Energie gab es in letzter Zeit selten… ich empfehle den Song bei 3:38 zu cutten… die letzten Sekunden machen höchtens innerhalb des Albums Sinn… vielleicht kommt ja noch ein Edit… Dann nochmal Dreampop mit Betonung Pop: Soft Science gibt es schon 15 Jahre… sie haben es irgendwie geschafft sich an mir vorbei zu mogeln… aber jetzt hab ich sie erwischt… „Sadness“ ist ein schöner Ohrwurm… ein Ohrwurm ist auch einer wenn man mit einem Lied schlafen geht und damit am nächsten Morgen aufwacht… so geschehen mit „Gleaming“ von Anomic Bond die unseren musikalischen Reigen heute beschließen… viele Grüße an dieser Stelle an Leni und Stefan… ich hoffe bald mehr Musik von euch zu hören… an dieser Stelle geht es dann in zwei Monaten weiter… choice#21 kommt dann Anfang Mai.

Playlist auf Apple Music

und Spotify

choice#19… Berlin, 03.01.2024… So… Best Of 2023 und Weihnachtslieder adé… Zeit für neue Musik im neuen Jahr… die rollt sanft los… Wings Of Desire, benannt nach dem Wim Wenders Film der bei uns „Der Himmel über Berlin“ hieß… sind ein britisches Mann-Frau-Duo die gerade ihr erstes Album „Life Is Infinite“ veröffentlicht haben… atmosphärischer Dreampop mit Gitarren und Synthies… beides auch zu finden beim nächsten Act… und deren Debütalbum ist schon eine ganze Weile her… nämlich 39 Jahre… 1985 erschien „Psychocandy“ von The Jesus & Mary Chain aus East Kilbride bei Glasgow. Im März 2024 erscheint dann ihr erst achtes Studioalbum „Glasgow Eyes“. Die Vorabsingle „Jamcod“ ist so typisch TJAMC wie eh und je… die Meister der gepflegten Rückkopplung in Hochform… manchmal klingts ein wenig nach gesampleten Zahnarztbohrern…autsch… Die nächste Band hat auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel… Feeder gibt es seit 1994 und sie waren Ende der 1990er eine der erfolgreichten Bands Großbritanniens und hatten mit „Buck Rogers“ einen Hit. Nach dem Suizid ihres Drummers wurde es etwas ruhiger um die Band die nunmehr als Duo agiert. Im März 2024 erscheint ein neues Album der Waliser und „The Knock“ ist ein vielversprechender Vorbote… Prima Power-Pop. Mit Thermal kommt das vierte Duo in Folge auf diese Playlist. Sie kommen aus Toronto und sind im Bereich Shoegaze zuhause wie der Song „18“ zeigt… Nur scheinbar ruhiger beginnt das nächste Stück von Frank Carter & The Rattlesnakes… zwischendrin wird es auch etwas lauter in dem Song „Brambles“ vom im Januar erscheinenden Album „Dark Rainbow“. Hinter dem Namen Torres steht die Amerikanerin Mackenzie Scott und auch sie hat ein neues Album am Start welches am 26.01.2024 erscheinen wird. Es ist dann bereits ihr sechstes und wie gehabt eine Mischung zwischen PJ Harvey, Cat Power und Sharon Van Etten. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Nadine Shah. Die Britin kann gut Drama wenn sie über die 20 schlimmsten Dinge die sie kennt singt… Das dazugehörige Album kommt im Februar und ich bin sehr gespannt. Mit der nächten Dame wird es ein wenig poppiger… „Nothing Lasts“ von Emily Yacina kommt mit Glöckchen und etwas angejazzter Percussion daher und bleibt gut im Ohr. Noch ein wenig mehr Pop gibt es vom nächsten Duo: Say Lou Lou sind die Zwillingsschwestern Electra und Miranda Kilbey… wer hier öfters mal mitliest wird vielleicht aufmerken… Kilbey? Genau, die beiden sind Töchter von Steve Kilbey, dem Sänger meiner Lieblingsband The Church. Die beiden haben sich ein Lied von Kate Bush vorgenommen und machen das wie ich finde ganz hervorragend. Zwischen den ganzen weiblichen Interpretinnen habe ich dann mal einen Herren versteckt, nämlich Bill Ryder-Jones. Der ehemalige Gitarrist von The Coral thematisiert die Eventualität des eigenem Ablebens und verspricht auch als Geist stets für die Liebste da zu sein… herzallerliebst in bestem Eels Stil. Marika Hackman folgt mit „Slime“… wiederum ein schönes eingängiges Stück Pop was derzeit auch im Radio vertreten ist. Es wird dann etwas psychedelischer und es gibt ein weiteres Stück der guten Platte „A Little Touch Of Schleicher In The Night“ von Katie von Schleicher… besser als Schmidtchen Schleicher. Das einzige Nicht-Englische Lied kommt dann von Laetitia Sadier die als Sängerin von Stereolab bekannt ist… „French Disco“ ist eines der meistgespielten Musikstücke im Offside. „Une Autre Attente“ ist ein Song in ihrer französischen Muttersprache und erscheint demnächst auf ihren neuen Soloalbum. Ich weiß nicht warum diesmal so viele Duos dabei sind aber auch Deary sind zu zweit und machen besten Dreampop zu einem bemerkenswerten Breakbeat mit einer Sängerin die etwas an Hope Sandoval von Mazzy Star erinnert… es gibt erst eine EP… weitere Musik wird sicher folgen. Im gleichen Stil geht es mit einem neuen Stück von The Fauns weiter… „Mixtape Days“… ja da war ich früher immer dabei… fehlt manchmal ein wenig… aber diese choice Serie die ja jetzt ins vierte Jahr geht ist ja im Prinzip auch nix anderes als ein Mixtape… erreichbar auf der ganzen Welt. Wir verlassen den Dreampop und lauschen einem neuen Song vom ewig coolen J Mascis… der Dinosaur jr Sänger veröffentlicht demnächst ein weiteres Soloalbum. Die Musik wie gehabt… bisschen akustischer als bei der Hauptband und natürlich mit Gitarrensolo. Apropos Dinosaur jr… der nächste Song heißt tatsächlich „The Replacements And Dinosaur jr“… man erwartet zumindest eine ordentliche Ladung Rockmusik mit elektrischen Gitarren… und bekommt Bar-Jazz. Es ist ein Tribut an einen verstorbenen Musikerkollegen der die Künstlerin auf benannte Bands gebracht hat… und auch auf XTC und Daniel Lanois… muß also einen guten Geschmack gehabt haben, der Gute… Die Interpretin Paula Cole wurde mit ihrer Zusammenarbeit mit Peter Gabriel in den 1990ern bekannt und hatte mit „Where Have All The Cowboys Gone“ auch einen eigenen Hit. Das nächste Stück kommt vom Duo (logo) Still Corners und lässt uns in ihre geheime Welt eintauchen… mit überwiegend akustischen Instrumenten und wiederum leicht angejazzter Percussion. Gerade auf der Ziellinie erschienen ist dann auch noch eine neue Single der New Yorker Band The Lemon Twigs die dann übrigens auch ein Duo (und zwar Brüder) sind. Sie spielen lupenreinen Jangle-Gitarrenpop mit schönsten Harmoniegesängen… als wäre man plötzlich im Jahr 1969 aufgewacht… ist aber am 02.01.2024 erschienen… The Byrds meets Beach Boys… sehr schön. Die Musikerin Lillie Amadea West hat sich den Künstlernamen Lala Lala gegeben… kann man sich auch besser merken… sie schließt die Compilation sphärisch und geheimnisvoll mit der Single „Armida“… viel Spaß beim hören und entdecken…

Die Playlist auf Apple Music und Spotify

McLarsen auf den Spuren der alten Kaiser und Könige: Braunschweig, Goslar, Königslutter (Februar 2024)

Braunschweig, 27.02.2024… …früher… hatten wir’n Kaiser… und heute? … ist wahlweise Montags bis Sonntags… ein beliebter Spruch in Berlin und Umgebung… möglicherweise auch anderswo… aber eigentlich bezieht sich das ja nur auf die letzten Kaiser des Deutschen Reiches… König Wilhelm I. wurde 1872 zum Kaiser Wilhelm I., die 99 Tage des Friedrich III. im Jahre 1888 und natürlich Wilhelm II. (in meinen Augen eher Flitzpiepe I. aber das nur am Rande) aber es gab auch vorher schon deutsche Kaiser und zwar die vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. In der Zeit vom 10. Jahrhundert bis 1806 gab es durchaus prominente Herrscher wie Karl der Große (der eher der Wegbereiter war) Otto I. (der Große), Heinrich IV. (Gang nach Canossa), Friedrich I. (Barbarossa)… aber auch eher uninteressante Regenten wie Friedrich der Schöne oder Wenzel der Faule. Schonmal was von Lothar von Supplingenburg gehört (?) …nee? aber der war auch mal deutscher Kaiser… lang ist es her und er hat sich in Königslutter ein amtliches Denkmal geschaffen… Sein Enkel wurde unter dem Namen Heinrich der Löwe bekannt und machte aus dem Ort der heute Braunschweig heißt eine der größten Städte seiner Zeit. Es ist nicht so einfach den Überblick zu kriegen über die Herrscher der vielen deutschen Fürstentümer ihrer Zeit… die preußischen Könige und Kaiser sind deutlich leichter zu merken. Mein Fokus liegt bei dieser Erkundungsreise auf den Spuren die diese Herrscher vor fast tausend Jahren in den Städten Braunschweig, Goslar und Königslutter in Form von Bauwerken und Kunst hinterlassen haben.

Der Kaiserdom von Königslutter von Südosten
Das mächtige Westwerk
Das Löwenportal ist der Haupteingang

Starttag dieser zweiten Exkursion des Jahres war Dienstag der 27.02.2024. Ich wählte Verbindungen des Regionalverkehrs weil sie mir mehr Optionen boten. Mit einem Umstieg in Magdeburg ging es Richtung Braunschweig, was für diese Reise meine Residenzstadt wird. Auf dem Weg dorthin machte ich aber noch einen Stopp in der Stadt Königslutter. Königslutter am Elm hat etwa 15.000 Einwohner… es gibt ein paar hübsche Straßenzüge mit alten Fachwerkhäusern, einen Markt mit Rathaus und Stadtkirche… und einer der berühmtesten romanischen Sakralbauten Norddeutschlands: dem Kaiserdom.

Kaiser Lothar und Ehefrau Richenza im Kaiserdom
Grabmal der Kaiserfamilie
Der Kaiserdom im Inneren gen Osten

Dieser Kaiserdom heißt offiziell Stiftskirche St. Peter und Paul und ist ein bedeutendes Baudenkmal der Romanik. Er wurde 1135 bis 1170 erbaut und später verändert. An der Stelle kommt jetzt ein gewisser Lothar von Supplingenburg ins Spiel… Supplingenburg ist eine Gemeinde von etwa 600 Einwohnern zwischen Königslutter und Helmstedt… kennt quasi kein Mensch… und von dort (es gab mal eine Burg an diesem Ort) kam ein gewisser Lothar und war Herzog von Sachsen, dann König und später sogar Kaiser des römisch-deutschen Reichs. Er lebte von 1075-1137 war mit Richenza von Northeim (übrigens die Tochter von Heinrich dem Fetten) verheiratet. Sie hatten eine Tochter (Gertrud) welche dann später die Mutter von Heinrich dem Löwen wurde. Der Bau des Domes wurde von Lothar veranlasst nicht zuletzt um ihm selber als angemessene Grabstätte zu dienen. Bereits zwei Jahre nach Baubeginn war es dann auch prompt schon so weit… Kaiser Lothar III. verstarb auf der Rückkehr von einem Feldzug aus Italien und wurde in der längst noch nicht vollendeten Kirche beigesetzt. Gemeinsam mit seiner Frau Richenza und seinem Schwiegersohn Heinrich der Stolze liegt er im Zentrum des Kirchenbaus bestattet… das Grabmal selbst stammt aus deutlich jüngerer Zeit.

Der farbenprächtige Chor
...auch im Gewölbe wurde nicht mit Farbe gespart...

Für damalige Zeiten war die Größe dieser Kirche eine echte Ansage… zumal sie nicht in einer wirklich großen Stadt errichtet wurde. Einige Sachen wurden erst deutlich später verändert… das Gewölbe im Mittelschiff stammt erst vom Ende des 17. Jahrhunderts und die durchaus bemerkenswerte, sehr farbenfreudige Ausmalung des Innenraumes gar erst vom Ende des 19. Jahrhundert. Es gibt einen Kreuzgang mit sehr unterschiedlich ornamentierten Säulen und Reliefarbeiten an der Ostapsis… unter anderem mit der Darstellung das zwei Hasen einen Jäger fesseln… soll doch keiner behaupten das die damals gar keinen Humor hatten…

Romanik pur... die Apsis mit Reliefarbeiten...
...es handelt sich um Jagdszenen...
...auch wenn hier die Hasen den Jäger fesseln...

Hinter dem Dom, auf dem Gelände einer Klinik befindet sich noch etwas lebendiges aus der Zeit Lothars… die Kaiser Lothar-Linde… eher breit als hoch, im Inneren ausgemauert und hier und da mit Stahlseilen zusammen gehalten… aber lebendig… was dieser Baum wohl schon alles gesehen hat…

Skulptur im Kreuzgang
Die Kaiser Lothar Linde wird im Volksmund die Tausendjährige Linde genannt
Die Lotharlinde hinterm Lothardom

Für Königslutter waren zwei Stunden veranschlagt und die haben auch gereicht… ohne den Kaiserdom gäbe es dort nicht viel zu sehen… danach ging die Fahrt weiter nach Braunschweig. Als der Zug in den Hauptbahnhof einfuhr dachte ich erstmal: echt (?) hier soll ich aussteigen? Beton soweit das Auge reicht… Hochhäuser, x-spurige Hauptstraßen und das alles noch ziemlich hässlich… nun ja… ich war darauf vorbereitet da ich ja weiß das Braunschweig im zweiten Weltkrieg stark zerstört wurde und nach den vermeindlichen Bedürfnissen der Nachkriegszeit wieder aufgebaut wurde. Der Hauptbahnhof liegt außerdem ziemlich weit vom Stadtzentrum entfernt so das die letzten Kilometer mit der Straßenbahn bewältigt wurden.

In Schadt's Brauereigasthof

Meine Residenz ist das Premier Inn in der Nähe des Hagenmarktes, ein etwa 15 Jahre alter hässlicher Neubau der sich aber innerlich durchaus sehen lassen kann… ich habe bestimmt das größte Hotelzimmer meiner gesamten Deutschlandreisen… ich denke es ist etwa 12 x 4 Meter groß… ich bin mit meinen Eltern und meiner Schwester in einer Wohnung aufgewachsen die nicht allzu viel größer war… Viel Zeit verbrachte ich dort aber erstmal nicht… der Magen knurrte und es ging ein Haus weiter in den Brauereigasthof Schadt. Dort gab es Bierbraten mit Bratkartoffeln und naturtrübes Pils und Märzen aus eigener Herstellung… kann ich als Berliner nur das höchste Kompliment verteilen: Kannste nich meckern. Es folgte ein kleiner Stadtrundgang mit einigen schönen Fotos im Dunklen… danach noch ein paar Bier im Shamrock am Hagenmarkt… dann war Sense und der Anreisetag wurde weggeschnarcht.

Braunschweig - Historisches Stadtzentrum zu später Stunde
Kaiserpfalz Goslar
Kaiserpfalz - Der Braunschweiger Löwe 2 mal kopiert nebst Barbarossa und Wilhelm zu Pferde
Die Überreste des ehemaligen Goslarer Doms

Tag 2: Goslar… Da ich ja in letzter Zeit ein schreckliches Talent habe genau dann zu verreisen wenn irgendwer streikt gab es den Tagesausflug nach Goslar heute bereits da morgen der ÖNV bestreikt wird. Man fährt von Braunschweig eine knappe Stunde mit dem Bummelzug und steigt dann im Harz aus und betritt Goslar… etwa 50.000 Einwohner und Teil des UNESCO Weltkulturerbe. Da das Motto der Reise ja heißt „Auf den Spuren der alten Kaiser und Könige“ ging es erstmal schnurstracks zur Kaiserpfalz. Die Kaiser und Könige der damaligen Zeit… ich rede von vor etwa 1000 Jahren… hatten keinen festen Residenzplatz sondern zogen mit dem zumeist üppig aufgeblasenem Hofstaat durch ihr Reich und fielen dabei wie die Heuschrecken in ihre eigenen Gebiete ein… vielleicht etwas übertrieben, aber der Bauer damals hatte davon nicht viel… bei denen war es am Rande der Sklaverei… aber ich schweife ab… der Kaiser und sein Trupp baute also Pfalzen… Gebäude zum temporären Leben quasi… das konnten Burgen sein auf denen niedergestellter Adel wohnte, regionale Fürsten oder Herzöge. Die Kaiserpfalzen wurden aussschließlich für den Kaiser errichtet und die Kaiserpfalz in Goslar war eine der größten. Sie wurde zwischen 1005 und 1050 gebaut und war zu diesem Zweck bis etwa 1250 in Benutzung. Neben dem großen Kaiserhaus zählten noch zwei romanische Kirchen zum Ensemble unter anderem der Goslarer Dom der im 19. Jahrhundert abgebrochen wurde und von dem nur noch eine kleine Eingangshalle auf einem großen Parkplatz steht. Als der letzte König abgerückt war blühte die Stadt Goslar auf… es gab den Erzbergbau der sehr einträglich war und Goslar entwickelte sich zu einer der reichsten Städte des Mittelalters. Die Kaiserpfalz verfiel in dieser Zeit und wurde unter anderem als Kornspeicher benutzt.

Monumentalgemälde im Sommersaal
Mittelteil mit heroischem Kaiser Wilhelm

Im 19. Jahrhundert setzte dann ja eine Art nationaler Überschwang ein und man zog es vor den fast zur Ruine verkommenen Bau im Stil der Zeit… und das war der Historismus zu restaurieren… es wurde gerne etwas übers Ziel hinaus geschossen… die Grenze zum nationalistischen Kitsch wurde mehrfach überschritten… aber andersrum wäre das Gebäude weiter verfallen und sicher nicht mehr existent. Für 7€ kann man die Kaiserpfalz besichtigen, man bekommt einen guten Überblick über die alten Kaiser und Könige und kann den großen Saal mit seinen monumentalen Wandgemälden besichtigen… und das meine ich mit Kitsch… von Dornröschen über Barbarossa, Luther bis zum „großen“ seinerzeit regierenden Kaiser Wilhelm I. um den die ganze Weltgeschichte gedreht wurde. Das ist alles ganz gut gemacht und auch ganz hübsch… war es aber auch etwas was den Nationalismus und seine Konsequenzen daraus im nächsten Jahrhundert gefüttert hat… so bin ich in meiner persönlichen Empfindung solcher Kunst etwas zurückhaltend… zumal die innovative Kunst seinerzeit mit Impressionismus und Expressionismus schon deutlich weiter war.

Goslar vom Aussichtspunkt Blauer Haufen
Marktkirche St. Cosmas und Damian
Renaissance Kanzel in der Marktkirche
Gose Bier im Brauhaus Goslar

Nach der Besichtigung der Kaiserpfalz ging ich ein wenig raus aus dem Zentrum zu einem natürlichen Aussichtspunkt von der man die Stadt gut als Ganzes sehen kann und machte ein paar Bilder davon. Nach der kleinen Wanderung wollte ich eigentlich im lokalen Brauhaus etwas zünftiges essen und zwei Gose Biere trinken… aber ich erwischte fast sekundengenau die Nachmittagspause der Küche. Als Ersatz mußte ein Fischbrötchen aus der Fußgängerzone reichen und ich besichtigte erstmal den Teil der historischen Altstadt östlich vom Markt und die Marktkirche St. Cosmas und Damian. Dann gab es wenigstens die beiden Biere im Brauhaus. Es handelte sich um Gose, einer recht seltenen Bierart die ihren Namen vom gleichnamigen Fluß in Goslar erhielt und heutzutage im sächsischen Gebiet verbreitet ist… es ist eine obergärige Sorte mit einer gewissen sauren Note. Mir schmeckte die helle Version besser als die dunkle… war aber beides gut. Mehr war nicht drinnen da ich sonst zu viel hätte pinkeln müssen…

Historisches Gildehaus Kaiserworth mit Kaiserfiguren...
...und einen kleinen Dukatenscheißer... vom späten 15. Jahrhundert
Breite Straße mit Breitem Tor

Es waren noch einige Plätze zu besichtigen… nämlich die Altstadt westlich von Markt und Kirche… und die empfand ich als wirklich grandios… fast menschenleer erstreckt sich ein Wald an Fachwerkhäusern über das ganze Viertel… nicht das mir sowas neu wäre… aber diesen speziellen Charm habe ich nur in Quedlinburg ähnlich gespürt… alles auch piekfein hergerichtet und eben überhaupt nicht überlaufen… sehr zu empfehlen.

Fachwerk und Kopfsteinpflaster - Peterstraße
Siemenshaus - Stammhaus der Industriellenfamilie Siemens (ja...die) aus dem Jahre 1693
...Fachwerk ohne Ende...

Abschließend ging es wieder zum Bahnhof… der hat nämlich als Besonderheit ein Irish Pub in seinem Gebäude. Leider war hier auch noch Küchenpause aber die wußte ich mit dem einen oder anderen Guinness zu überbrücken und das Schnitzel wurde später dann regelrecht eingeatmet. Nach der Rückfahrt nach Braunschweig gab es noch zwei Absacker Guinness im Pub „The Wild Geese“… da muß ich aber nicht nochmal hin… da steckt kein Herz drin… mehr brauchte ich gestern aber auch garnicht… außerdem mußte ich nach etwas an dem Bericht hier schreiben und schrauben.

Verkehrsgünstiges Irish Pub Celtic Inn im Bahnhof
Das Wahrzeichen der Stadt Braunschweig

Tag 3: Braunschweig: Braunschweig ist mit etwa 250.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Niedersachsens. Im Mittelalter war die Stadt besonders zur Zeit von Heinrich dem Löwen eine große Nummer als Handelsmetropole und zeitweise auch Hansestadt. Im zweiten Weltkrieg wurde Braunschweig schwer zerstört… die Innenstadt lag zu 90% in Schutt und Asche. Aufgebaut wurde nur teilweise nach alter Erscheinung… es gibt verschiedene historische „Inseln“ und drumherum wurde im Stil der Nachkriegsjahre aufgebaut… mit megabreiten Straßen… sicher mit schönen Grüßen aus dem benachbarten Wolfsburg.

Die Alte Waage mit dem Südturm der Andreaskirche
Das Haus von 1534 wurde bis 1994 rekonstruiert
Der Hagenmarkt mit Heinrichbrunnen und Katharienenkirche

Heute stand nun die Erkundung der historischen Reste der Löwenstadt an. Nach einem kleinen Frühstück bei einem Löwenbäcker mit Löwenbrötchen und einem Kaffee der tatsächlich keinen Löwennamen hatte drehte ich erstmal eine kleine Runde um ein paar Fotos von den umliegenden Kirchen zu machen. Der Turm der Andreaskirche ist mit 93 m der höchste der Stadt… in den wärneren Monaten kann man ihn besteigen… im Februar leider nicht. Neben der Andreaskirche wurde mit der alten Waage ein großes Fachwerkhaus aus dem Jahre 1534 in den 1990er Jahren originalgetreu rekonstruiert nachdem das Haus im Krieg zerstört wurde. Weitere Kirchen in dieser Ecke sind St. Petri, die Brüdernkirche und St. Katharien mit der ungleichen Doppelturmfront zum Hagenmarkt. Besichtigungen waren nicht geplant…

Der Braunschweiger Dom von Südwesten
Der Hochaltar über der Krypta mit dem siebenarmigen Leuchter
Secco Malereien im Chorbereich

…wohl aber schon für den bedeutendsten Sakralbau der Stadt… vielleicht auch der gesamten Region: Der Braunschweiger Dom. Offiziell Domkirche St. Blasii zu Braunschweig… wurde zwischen 1173 und 1226 erbaut. Vorbild war der 40 Jahre ältere Kaiserdom in Königslutter den ich vorgestern besichtigte. Bauherr war Heinrich der Löwe (ca. 1135-1195) Herzog von Sachsen (und zeitweise auch Bayern)… er war zwar nie König oder Kaiser, dennoch einer der einflussreichsten und mächtigsten Herrscher seiner Zeit. Er war der Enkel von Kaiser Lothar von Supplingenburg und entstammt dem Geschlecht der Welfen das noch heute existiert und mit Ernst August von Hannover eine 1-A Flitzpiepe an der Spitze hat. Wie es auch beim Kaiserdom in Königslutter der Fall war, diente die Kirche seinem Bauherren als Grablage… auch hier zog der Bauherr in die Katakomben als der Bau noch schwer in Arbeit war. Beim Braunschweiger Dom haben wir es wiederum mit einer romanischen Basilika mit Querhaus und kompletter Einwölbung sowie Westriegel zu tun. Im Laufe der Jahrhunderte wurde einiges verändert… besonders das nördliche Seitenschiff mit spiralförmigen Pfeilern für das spätgotische Gewölbe fällt aus dem Rahmen. Wie auch in Königslutter fällt die Ausmalung des Chorbereichs samt der Gewölbe auf… nur hier ist ein großer Teil auch noch wirklich original… wenngleich aber durchaus auch ergänzt… nach fast 1000 Jahren muß man da halt mal wieder bei…

Das Grabmal von Heinrich dem Löwen und Mathilda von England...
...in der Hand hält er ein Modell des Domes
Die Särge stehen in der Krypta unter dem Grabmal... links Heinrich, rechts Mathilda

Der Dom hat eine Krypta in der u.a. die Särge von Heinrich dem Löwen und seiner Frau Mathilde von England stehen. Weitere besondere Einrichtungsstücke sind ein siebenarmiger Leuchter vom Ende des 12. Jahrhunderts und eine nagelneue Chororgel deren Prospekt einen modernen Kontrast zur romanischen Architektur bietet. Er hat die Form von Engelsflügeln… die Orgel wurde vor zwei Monaten eingeweiht. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Heinrich der Löwe gern als einer der deutschesten der Deutschen deutscher Vergangenheit dargestellt… man hatte sogar sein Grab geöffnet und bemerkt das das Skelett nicht wirklich den arischen Vorstellungen eines deutschen Führers entsprach… Hitler kam persönlich vorbei und winkte daraufhin ab und ward nie wieder in der Stadt gesehen.

Dom: Das nördliche Seitenschiff im Stile der Spätgotik
Burg Dankwarderode und Braunschweiger Löwe

Der Platz vor dem Dom wird neben repräsentativen Fachwerkhäusern von der Burg Dankwarderode beherrscht. Der urspüngliche Bau aus dem 12. Jahrhundert diente den Herzogen ihrer Zeit als Residenz. Heinrich der Löwe baute das Gebäude aus… bereits 100 Jahre und einige Feuerkatastrophen verlor die Pfalz an Bedeutung… später zog der Adel dann ins benachbarte Wolfenbüttel und der Bau verfiel mit der Zeit… aber dann kam ähnlich rechtzeitig wie für die Kaiserpfalz Goslar die Deutschtümelei des 19. Jahrhunderts zur Hilfe und das Gebäude wurde nach Gutdünken der Zeit wiedererrichtet… oder besser rekonstruiert im historistischen Kontext der Zeit. Heute befindet sich in dem Gebäudekomplex ein Museum. Auf dem Platz zwischen Burg und Dom befindet sich das Wahrzeichen der Stadt… der Braunschweiger Löwe… eine Kopie, das Original steht im nahen Museum. Nach dem Besuch des Doms schlug die Turmuhr 12… Zeit für eine Suppe auf dem Kohlmarkt… aber kein Kohl sondern Linsen… Danach ließ ich mich ein wenig ohne Navigation durch die Stadt treiben… hier mal etwas hübsch altes mit Fachwerk… dort schreckliche Nachkriegsarchitektur… zwischendurch mal… die Frage im Kopf warum diese Frauen bei 5 Grad so leicht angezogen sind… OH.. ok… andere Straße bitte 😉 … ich kam am Magniviertel vorbei und wurde von den gut vertrauten Klängen von Dudelsäcken angezogen… die Spur führte in die Magnikirche die ihre Türen offen hatte und siehe da… zwei Dudelsackspieler dudelten vor sich hin… warum weiß ich nicht aber so konnte ich noch eine Kirche besichtigen die im Kern mittelalterlich ist und nach der obligatorischen Braunschweiger Kriegszerstörung zum Teil modern wiedererrichtet wurde. Die nahe Umgebung wirkt mit Fachwerkhäusern und einem kleinen Markt wie ein Kleinstadtkiez.

Dudelsack statt Orgel in der Magnikirche
Das Happy Rizzi House und die Magnikirche

In der nähe steht das Happy Rizzi House, mit seinen Pop-Art Malereien ein moderner Kontrast zur historischen Szene. Das Haus wurde um die Jahrtausendwende errichtet und war seinerzeit nicht unumstritten… genau wie der Wiederaufbau der Fassade des Braunschweiger Schlosses schräg gegenüber. Die klassizistische Residenz der welfischen Herzöge wurde im Krieg zerstört und 1960 abgerissen… ein Vorgang der seinerzeit eher ein Phänomen im Ostteil von Deutschland war… nun hat man den Bau halt 2005 bis 2007 rekonstruiert… als Fassade für ein gigantisches Einkaufszentrum. Shoppen wollte ich nicht also genügten ein paar Bilder von außen.

Die rekonstruierte Fassade des Braunschweiger Schlosses
Altstadtmarkt mit Martinikirche, Altstadtbrunnen von 1408 und Altstadtrathaus
Martinikirche - Inneres nach Osten
Martinikirche - Orgelprospekt

Der weitere Weg führte mich zum Altstadtmarkt mit dem historischen alten Rathaus und der Martinikirche… neben dem Domplatz sicher der schönste Platz der Stadt. Das alte Rathaus wurde im 13. Jahrhundert im gotischen Stil erbaut und beeindruckt mit den um 1455 aufgestellten Figuren der alten Kaiser und Könige die ja die Stars dieses Artikels sind. Die Martinikirche ist die bürgerliche Hauptkirche der Stadt bzw. des Stadtteils Altstadtmarkt. Der Bau wurde von Heinrich dem Löwen begonnen, hat eine romanische Westfront und ist heute eine gotische Hallenkirche… von der Ausstattung fiel mir besonders der reich verzierte Orgelprospekt von 1631 auf. Im weiteren Verlauf des Tages benutzte ich noch den Fahrstuhl zum obersten Deck des Parkhauses von Karstadt um ein paar Bilder von oben zu machen sowie noch einen Gang zum Stattstheater bzw. zu den Parkanlagen die sich darum befinden um mit ein bisschen Musik auf den Ohren das schöne Wetter zu genießen bevor es dunkel wurde.

Braunschweig vom Karstadt Parkdeck... mit dem Westriegel vom Dom

Zum Abendessen besuchte ich das Gasthaus Mutter Habenicht… man sagt wohl urig dazu… gab zwar nur Industriebier aber gutes Essen eher deutschartiger Küche… zu empfehlen… für den flüssigen Abschluß des Tages ging es dann nochmals ins Shamrock… dort war heute Pubquiz auf deutsch… aber das war nicht wichtig… das Guinness lief gut und ich werde den Laden in guter Erinnerung halten. Am nächten Tag ging es trotz Streik des ÖNV planmäßig nachhause und drei Tage der Erkundung in der nicht zu weiten Entfernung waren zuende. Viel Romanik, viele Spuren der längeren Vergangenheit… viel Historismus und unglückliche Nachkriegsarchitektur gesehen… Goslar erwies sich als eine der schönsten Städte dieser Größe… Braunschweig ist so’ne Sache… wer sich wie ich für Dinge wie Dom, Kirchen und sowas interessiert… wird durchaus fündig… der Gesamteindruck der Stadt ist eher von dem Ergebnis des Wiederaufbaus der stark kriegszerstörten Stadt geprägt… ich neige dazu zu sagen: da konnte die Stadt nix dafür… das waren die Menschen die seinerzeit dort gewirkt haben… die gastronomische Szene ist sehenswert und zu empfehlen… das Hotel Premier Inn war vollständig zu meiner Zufriedenheit. Wohin es mich als nächstes verschlägt weiß ich gerade noch nicht… aber ich freue mich bereits darauf es hier zu berichten… Zum Schluß noch ein paar weitere Bilder der letzten Tage…

Der Marktplatz von Königslutter
Königslutter - Kreuzgang im Kaiserdom
Frühlingsboten vor der Kaiserpfalz Goslar
Goslar - Kopie des Braunschweiger Löwen vor der Kaiserpfalz
Kurze Pause mit Goslar zu Füßen
Keine Autos, keine Leute... nur Pflaster, Fachwerk und McLarsen
Über den Dächern von Braunschweig mit Martinikirche
Die Säule "2000 Jahre Christentum" von 2006 und das Braunschweiger Rathaus

McLarsen in Weimar (Januar 2024)

Weimar, 09.01.2024… Das erste Ziel meiner Nachschulung über interessante Ortschaften und deren Geschichte und Sehenswürdigkeiten im eigenen Land fällt dieses Jahr auf Weimar. Ich war nie groß an den Klassikern wie Goethe, Schiller und Konsorten interessiert… bei allem Respekt dafür muß ich als erstes immer dran denken wie ich mich in der Schule schwer tat ihre Gedichte auswendig zu lernen… aber Weimar hat viel mehr als die Klassiker… ich hab das mal wieder unter dem Motto kurz, knapp und unkonventionell zusammengetragen:

Marktplatz ...bei minus 10 Grad wirds selbst Neptun zu kalt...

:idee: Weimar hat zwar nur 65.000 Einwohner und die historische Innenstadt hat man auch in wenigen Minuten erkundet… trotzdem ist Weimar auch aus internationaler Sicht eine der bekanntesten Städte unseres Landes. Sie liegt etwa in der Mitte Deutschlands in Thüringen flankiert von Erfurt im Westen und Jena im Osten. Geschichtlich interessant wird es hier ab 1552 als Herzog Johann Friedrich der Großmütige aus dem Fürstengeschlecht der Wettiner die Stadt zur Hauptstadt des Herzogentums von Sachsen-Weimar machte (als Nachfolger der Lutherstadt Wittenberg). Mit dem Herzog kamen die Maler Lucas Cranach d.Ä. und d.J. mit nach Weimar und damit erster großer künstlerischer Glanz… Ende 18. – Anfang 19. Jahrhundert herrschten mit Herzogin Anna Amalia und ihrem Sohn Carl August sehr kunstliebende Landesfürsten die der Aufklärung ihrer Zeit recht aufgeschlossen waren. Unter ihrer Regentschaft kamen Goethe, Schiller, Wieland und Herder um nur einige zu nennen in die kleine Stadt und machten Weimar zum künstlerischen und intellektuellen Zentrum Deutschlands dieser Zeit. Da 1919 nach der ersten freien und demokratischen Wahl der deutschen Geschichte die politische Lage in der Hauptstadt Berlin alles andere als sicher war, wurde für die Gründungsversammlung der ersten deutschen Demokratie das Nationaltheater Weimar als Tagungsort gewählt… auch um der Republik einen Hauch des klassischen Weimar zu verpassen… dieser Abschnitt der deutschen Geschichte nennt sich Weimarer Republik… sie endete 1933 mit Hitlers Machtübernahme. In die gleiche Zeit fällt die Gründung des Bauhaus 1919 durch Walter Gropius… nach den ganzen historistischem Zeugs was Kunst und Architektur vorher so geliefert hatten muß es sich damals wie etwas absolut Neues angefühlt haben… 1926 zog das Bauhaus nach Dessau um und 1933 war auch damit zumindest in Deutschland Sense. Eine traurige Berühmtheit Weimars war das KZ Buchenwald in der Zeit von Nazideutschland.

Erste Stärkung in der Stadt der Dichter und Denker: Eintopf unter Aufsicht von Herder
Turm des Stadtschlosses mit Nebengebäuden

Ziel ist es in zweieinhalb Tagen von allem etwas mitzunehmen. Die Anreise mit der Bahn klappte heute wie am Schnürchen… sollte ja auch mal erwähnt werden… da die Lokführer aber ab morgen 3 Tage streiken weiß ich auch in etwa was mich später auf der Rückfahrt erwartet… aber soweit ist es noch nicht. Ich kam am frühen Nachmittag bei strahlend blauem Himmel und zweistelligen Minusgraden in der Stadt an. Der Fußweg zur Unterkunft in der Altstadt dauerte entspannte 20 Minuten. Als Unterkunft habe ich die Pension La Casa dei Colori gewählt. Es ist ein Neubau… vielleicht 15 Jahre alt… sehr modern und durchaus geschmackvoll. Eine Rezeption im klassischen Sinne gibt es zumindest nicht ganztägig und so checkte ich mit einem Code ein und bekam den Schlüssel aus einer kleinen Box. Da es Anfang Januar ist und somit recht schnell die Dunkelheit einbricht beschloss ich sofort das Haus wieder zu verlassen… erstmal eine Suppe in der nahegelegenen Suppenbar gegenüber der Stadtkirche gegessen und danach ein kleiner Stadtbummel mit dem einen und anderen Foto.

Das heutige Haus der Weimarer Republik war früher ein Nebengebäude des gegenüberliegenden Nationaltheaters
Es gibt eine Dauerausstellung zur heutzutage wieder sehr interessanten Epoche deutscher Geschichte

Da an den nächsten beiden (vollen) Tagen etliche Ziele und Besichtigungen geplant sind beschloss ich eine Ausstellung bereits heute zu erledigen und zwar das Haus der Weimarer Republik gegenüber dem berühmten Nationaltheater wo auch die Herren Goethe und Schiller als Statuen stehen. Als Einführung gab es einen etwa 15minütigen Film über die Zeit die etwa hundert Jahre her ist. Man geht dann durch eine sorgfältig zusammengestellte Ausstellung in der jedes Jahr der ca. 15jährigen Episode deutscher Geschichte beleuchtet wird… auch im Zusammenhang mit dem was danach kam… gerade in heutigen Zeiten wären einige Zeitgenossen gut beraten sich ein paar Informationen zum Thema Demokratie hier einzuholen…

Kutscherbier im Sächsischen Hof

Inzwischen war dann die Sonne wieder weg und ich machte eine Pause um diesen Text bis hierhin zu verfassen… dann ging es in die Abteilung Gastronomie. Tradition ist eigentlich bei meinen Reisen ein Brauhaus mit deftigen Speisen am ersten Abend… davon gibt es auch zwei in der Stadt… aber die lerne ich erst morgen und übermorgen kennen… heute war das Ziel vielleicht 100 Meter vom Hotel entfernt… hieß Sächsischer Hof und da ich ja ein gebürtiger Sachse bin wurde da auch gespeist und leckeres Kutscherbier getrunken… keine Ahnung wo das herkommt aber es war naturtrübes ungefiltertes Bier irgendwo aus der Gegend hier. Danach sollte es eigentlich ins wenige hundert Meter entfernte Irish Pub gehen… aber das hatte entgegen aller Informationen einfach zu… dann halt zum anderen… am anderen Ende der Stadt… in gut 10 Minuten war ich da… im Smugglers Pub… nett aber nix besonderes… wollte auch nur Guinness und das hat wie immer gemundet… morgen ist ja auch noch’n Tag… 22:25 Uhr… Nachtruhe

Adresse Platz der Demokratie 1

Frühstück hab ich diesmal nicht gebucht und das Eierbrötchen und der Kaffee von der Back Factory um die Ecke waren für heute völlig ausreichend. Erster Termin war bereits online gebucht: 10:30 Uhr: Anna Amalia Bibliothek mit der Ausstellung Cranachs Bilderfluten. Die Bibliothek liegt einen Steinwurf vom Stadtschloß entfernt an der Adresse Platz der Demokratie 1. Das Gebäude geht aus einem feudalen Wohngebäude namens Grünes Schloß zurück… die Büchersammlung begann bereits um 1691 und wurde 1766 auf Veranlassung von Herzogin Anna Amalia in den Bau untergebracht. Vorher wurde der Bau umgebaut und birgt seitdem den prächtigen Rokokosaal mit 3 Etagen voller Bücher, Gemälde, Statuen, Büsten… sprich mehr Kunst passte wohl nicht rein. Johann Wolfgang von Goethe persönlich leitete die Bibliothek 35 Jahre lang. 1991 wurde die Bibliothek nach ihrer Förderin Anna Amalia benannt und seit 1998 ist sie Teil des UNESCO Weltkulturerbe. Am 02.09.2004 zerstörte ein Brand große Teile des Rokokosaales wobei viele historische Bücher und Gemälde zerstört wurden. Bis 2007 wurde das Gebäude wieder aufgebaut… die Restauration von Büchern und einzelnen Werken wird noch einige Jahre andauern. Ich hatte das Glück den Rokokosaal ganz für mich alleine zu haben. Als jugendlicher Führer im Rokokoschloß Sannssouci bin ich mit dem Baustil nach wie vor auf Du und Du… so war es ein schöner Moment… gerade bevor eine Schulklasse den Raum okkupierte.

Der Rokokosaal der Anna Amalia Bibliothek
...selten so viel Kunst auf wenig Quadratmetern erlebt...
Anna Amalia ... die Dame des Hauses... ohne sie... man weiß es nicht...

Weiter ging es zur Ausstellung über die Maler Lucas Cranach sj und jr… Wer hier letztes Jahr schon mitgelesen hat wird sich erinnern das diese Malerwerkstadt der Renaissance bei meinem Besuch in der Lutherstadt Wittenberg bereits ein Thema war… das gibt es hier nachzulesen. Interessant war das auch in der Zeit des späten Mittelalters die Copy/Paste Methode bereits angewendet wurde… zwar nicht mit Computer aber mit vorgefertigten Schablonen für einzelne Motive war es möglich einen so enormen Ausstoß an Bildern zu produzieren wie in der Cranach Werkstadt… man schätzt so bis 5000 Gemälde…

Lukas Cranach d.Ä.: Sibylle von Jülich-Kleve-Berg und Herzog Johann Friedrich der Großmütige ... soll wohl tatsächlich eine Liebesbeziehung gewesen sein...
Martin Luther war ein guter Freund des Künstlers...

Ganz witzig war das man am Ende den Hauptaltar der Stadtkirche (von Cranach jr.) nach Gutdünken selbst gestalten konnte… ich wählte den worst case…

Originalmotiv
Auswahl
Ergebnis

Nach der Verunstaltung eines der berühmtesten Gemälde seinerzeit im deutschen Raum beschloß ich sofort in der Stadtkirche zu gehen und das wirkliche Original Cranachs zu bestaunen. Die Kirche heißt offiziell Stadtkirche St.Peter und Paul… wird aber hauptsächlich Herderkirche genannt weil eben jener Johann Gottfried Herder, seineszeichens Dichter, Theologe, Übersetzer und Philosoph viele Jahre als Superintendent dort wirkte. Das Kirchengebäude selbst ist eine dreischiffige Hallenkirche von etwa 1500… nichts wirklich aufregendes aber der Cranachaltar ist wie auch der in der Stadtkirche von Wittenberg ziemlich einzigartig. Die Herderkirche gehört ebenso zum Ensemble Klassisches Weimar und damit zum UNESCO Weltkulturerbe.

Stadtkirche St. Peter und Paul oder auch Herderkirche
Johann Gottfried Herder (1744-1803)
Herderkirche - Inneres nach Osten mit dem Original Flügelaltar von Cranach

Um das Kapitel Cranach für heute vollständig abzuschließen begab ich mich danach in eine andere Kirche: St. Jakob. Diese wurde um 1713 als schlichter Barockbau errichtet. Der einschiffige Innenraum wurde mit doppelten Emporen und schlichtem Kanzelaltar im Stil des Klassizismus errichtet. Wieder war ich ganz allein in dem Kirchengebäude und man kann sogar den Turm besteigen. Das tat ich genau um 12:00 Uhr… das werde ich nicht so schnell vergessen da die Glocken gerade anfingen zu läuten als ich an ihnen vorbei lief… ganz schön Krach das… Oben angekommen war ich etwas enttäuscht da die Fenster bei den Minusgraden gefroren waren und sich nicht öffnen liesen. Nur eine kleine Scheibe in der Zwiebelhaube konnte ich Dank Kreditkarte freikratzen und ein blasses Bild vom eingefrorenem Weimar machen. Aber wir waren ja beim Cranach… Lukas Cranach der Ältere kam mit seinem Förderer Herzog Johann Friedrich der Großmütige als 80jähriger nach Weimar wo er ein Jahr später verstarb. Er wurde auf dem Friedhof der Jakobskirche bestattet wo sein Grab an der Südseite der Kirche zu sehen ist. Wenige Meter daneben liegt eine… naja… sehr weit entfernte Familienangehörige späterer Zeit: Christiane von Goethe (geb. Vulpius). Cranach ist schließlich der Ur-Ur-Ur-Großvater von Johann Wolfgang von Goethe… ihrem Ehemann.

Weimar vom Turm der Jakobskirche
Inneres der Jakobskirche
St. Jakob mit Friedhof
Das Grab von Lucas Cranach d.Ä..

Nach einer weiteren sehr leckeren Suppe in der Suppenbar gegenüber der Herderkirche und einer kleinen Pause im Hotel ging es um 15:00 Uhr weiter mit einem Stil der mit dem Rokoko von heute vormittag so rein garnichts zu tun hat: Bauhaus. Das 2019 fertiggestellte Bauhaus-Museum dürfte die weltweit größte Sammlung von Entwürfen, Gemälden, Möbeln, Figuren, Alltagsgegenständen und überhaupt allem möglichen aus der kurzen Epoche des Bauhaus sein. Das Bauhaus was 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet wurde existierte parallel zur Weimarer Republik bis zur Machtübernahme der Nazis. 1926 zog das Bauhaus Kollektiv nach Dessau um, die letzten beiden Jahre unter Ludwig Mies van der Rohe nach Berlin… dann war Schluß… die meisten Akteure wanderten aus und brachten wie Gropius oder Mies den Stil in die Vereinigten Staaten von Amerika. Das Museum bietet eine Menge… man könnte sicher Tage darin verbringen aber nach fast zwei Stunden hatte ich mehr gesehen als ich vorher vermutete und somit ging es danach erstmal zurück in die Unterkunft um diesen Text zu schreiben.

Das Bauhaus Museum wurde 2019 eröffnet
Ziel des Bauhaus: Kunst und Handwerk vereinigt
Ausstellungsstücke über 3 Etagen...
...verbunden durch eine Art Himmelsleiter

Gastronomisch hatte ich mir für heute einen Besuch der Gaststätte Siechenbräu ausgesucht und das war auch richtig gut… eigene Bierkreationen… ok… in Erfurt gebraut aber auch nur für diese Location… es gab ein Helles und ein Siechn Vollbier nach Vorbild Brown Ale… dazu ein Thüringer Rostbrätel vom Allerfeinsten… ich hatte nie angezweifelt das man hier nicht gut kochen kann… abschliessend ging es dann nochmal ins Smugglers Pub zu Guinness, Whisky und FC Liverpool… danach in die Horizontale…

Leckereien im Siechenbräu

Für den ersten Teil des letzten Tages dieser Reise war heute das dunkle Kapitel der Stadt Weimar angesagt: Die Gedenkstätte Buchenwald. Man gelangt dorthin von der zentralen Bushaltestelle Goetheplatz mit der Linie 6 direkt bis zur Gedenkstätte. Die Fahrt dauert etwa 20 Minuten und die Linie verkehrt einmal pro Stunde. Es gibt dort ein Besucherzentrum welches geführte Touren anbietet und auch Literatur zum Thema. Ich erkundete das Gelände auf eigene Faust mit zwei Dauerausstellungen. Die große Ausstellung „Buchenwald. Ausgrenzung und Gewalt 1937-1945“ erstreckt sich über mehrere Etagen und ist sehr interessant… besonders in Zeiten wo gewisse Flitzpiepen auf der rechten Seite sich anscheinend für so etwas wieder erwärmen können. Es ist natürlich schon ein wenig her, aber es gibt immer noch lebendige Zeitgenossen und wenn ich drüber nachdenke… ich bin Jahrgang 1968… zu dieser Zeit war das Kriegsende gerademal 23 Jahre her… das Offside führe ich demnächst seit 24 Jahren… das mit dem Zeitgefühl ist eine sehr trügerische Sache… außerdem gehört so etwas nie vergessen und muß immer ein Thema bleiben… aber gut… ich weiß ja, wer hier mitliest der oder dem brauche ich das nicht zu erklären… die die es wissen sollten lesen leider irgendwo ganz anders.

KZ Buchenwald - Tor... nur der blaue Himmel passt nicht... die anderen Bilder kommentiere ich nicht.

Nach zweieinhalb Stunden ging es mit einem mulmigen Gefühl zurück in die Stadt und eine weitere Suppe zum Mittagessen gelöffelt. Next Stop: Fürstengruft. Auf dem alten Friedhof von Weimar wurde 1823 bis 1828 das Mausoleum im klassizistischen Stil errichtet. Es birgt derzeit 31 Särge von Mitgliedern der Hauses Sachsen-Weimar sowie die Särge von Goethe und Schiller wobei der Sarg Schillers leer ist. Für 5€ Eintritt kann man das Mausoleum besichtigen welches auch ein bemerkenswerter Bau ist. Trotzdem dauerte die Besichtigung nicht sehr lange und nun ging es Richtung Park an der Ilm… das ist nämlich das fließende Gewässer dieser Stadt. Besonders zum Sonnenuntergang boten sich viele schöne Motive für Auge und Kamera.

Das Gebäude der Fürstengruft
Trotz aller adligen Prominenz sind die Särge von Goethe und Schiller die Superstars im Mausoleum...

Da ich zu diesem Zeitpunkt bereits 20.000 Schritte auf dem Tacho hatte entschied ich mich nicht die Gasthausbrauerei Felsenkeller etwas weiter weg anzusteuern sondern die Watzdorfer Geleitschenke… 50 Meter nebenan. Dieses Gasthaus, was auch als Hotel arbeitet hat mehrere Biere der Watzdorfer Brauerei (Bad Blankenburg im Harz) im Angebot und eine durchaus gute Küche… das Essen… heute mal ein Sauerbraten… war ausgezeichnet und die drei Biere die ich probierte (Helles, Schwarzbier und Bock) boten auch keinen Anlass zur Kritik… gewundert hat mich aber das es in dem großen Laden ziemlich kalt war und irgendwann saß ich in diesem riesigen Raum allein… ohne jede Musik und da Personal war mindestens 5 Minuten auch komplett verschwunden… hmmm… keine Ahnung… das Nachbarrestaurant „Texas“ war zu der Zeit sehr gut gefüllt… warum auch immer… danach ging es in das Irish Pub was am Dienstag einfach zu hatte… die drei Guinness waren super… wenn es Kartenzahlung gegeben hätte wären es vielleicht vier geworden… anderseits war das da auch nicht sehr sympathisch… daher endet dieser kurze Trip auch hier… die Rückfahrt morgen… während des Lokführer-Streiks wird sicherlich abenteuerlich aber hat in diesem Blog dann auch nichts zu suchen… das war eine tolle Zeit hier in Weimar… zweieinhalb Tage waren für mich völlig ok… allerdings ist auch Januar und viele Museen und andere Sachen haben Auszeit… will sagen… das ist die Mindestzeit die man hier planen sollte… natürlich je nach Interessen. Sehr zu empfehlen ist auf jeden Fall die Pension La Casa dei Colori… auch wenn ich morgen früh zum auschecken warscheinlich zum ersten male eine Person dazu sehen werde… die Zimmer und ihre Ausstattung sind super und preiswert… mitten in der Altstadt von Weimar. Zum Ausklang folgen einige Bilder dieser Tage die jetzt nicht die große Erklärung brauchen. Viel Spaß damit…

Meine Unterkunft Pension La Casa dei Colori
Goethes Wohnhaus am Frauenplan
Schillers Wohnhaus
Der Marktplatz... in den Häusern in der Mitte wohnte Lucas Cranach d.Ä. in seinen letzten Monaten...
...gegenüber das neugotische Rathaus
Hauptgebäude der Bauhaus-Universität 1904–1911 nach den Entwürfen von Henry van de Velde
Musterhaus am Horn... das einzige richtige Bauhausgebäude in Weimar von 1923
Römisches Haus im Park an der Ilm (1791-1798)
Das Stadtschloss an der Ilm
Die Anna Amalia Bibliothek von der Ilm-Seite aus gesehen
Goethes Gartenhaus aus der Ferne...
...und vom Nahen.
Römisches Haus zum Sonnenuntergang
Ruine des Tempelherrenhaus
Das wohl bekannteste Motiv der Stadt als letztes... Nationaltheater mit Goethe und Schiller am Abend.

Musik 2023

Platz 1: Der junge McLarsi 1993 in seiner kreativen Phase… farblich passend, dennoch natürlich ein Fake ist das Plattencover der Nummer Eins 2023: The Church „The Hypnogogue“… dabei war es auch überhaupt erstmal nicht abzusehen das dieses Album an der Spitze stehen wird aber mit einigen nachgereichten Tracks der Deluxe Ausgabe und einer limitierten Zusatzplatte bleiben 10 (von 28) gute bis sehr gute Songs… eine Menge die die vorausgegangenen Alben nicht vorzuweisen hatten… damit Platz 1… aber nicht in der Band-internen Wertung… mit „C’est La Vie“ und „Pleasure“ (mein Song des Jahres) sind aber mindestens zwei Songs für die Ewigkeit dabei. Steve Kilbey erwähnte vor ein paar Tagen das die Band nächstes Jahr ein weiteres Album aufnehmen will… es wäre Nummer 27… gute Nachrichten aus Australien…

Platz 2: 1998 mit’m Firmenwagen am Strand… das ist wahr… aber das ich das Cover von Baroness Album „Stone“ als Werbung hatte ist natürlich Fake… Zwei geniale Songs („Last Word“ und „Beneath The Rose“) liefen bei mir den ganzen Sommer lang… als dann das ganze Album kam war ich eher enttäuscht… für Platz 2 hat es doch gereicht… keep on rockin’

Platz 3: Weihnachten 1969… Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus sind boygenius… alle drei haben erfolgreiche Indie-Musikkarrieren am laufen und gemeinsam sind sie eine Wucht… und damit meine ich nicht nur dieses Album sondern ihr gesamtes Auftreten bei der Tour was auf Instagram & Co. reichlich dokumentiert wurde… die drei haben sich wirklich lieb in allen Lebenslagen… leider war ich beim Berlin Gig irgendwo auswärts… ich hoffe sie machen das mal wieder… „The Record“ ist glaub ich auch das einzige Album aus meiner Wertungsliste das auch bei fast allen einschlägigen Jahrescharts in der Top-Ten ist…

Platz 4: Weihnachten 1980… Auspacken von Weihnachtsgeschenken und fast sieht das irgendwie echt aus… aber eine Platte aus dem Westen war wohl nicht dabei… und The National gab es schließlich auch noch garnicht… Mit „First Two Pages Of Frankenstein“ sind sie mal wieder weit vorne in der Wertung… was aber auch daran liegt das ich den zweiten Longplayer dieses Jahres „Laugh Track“ da quasi mit reingeworfen habe… Platz 4 ist quasi für zwei Platten… man kann es ja als Doppelalbum sehen 😉

Platz 5: Etwa 1973 bei der Aufzeichnung der ersten Kinder-Kochsendung des deutschen TV was dann doch nicht ausgestrahlt wurde weil’s nicht geschmeckt hatte… stattdessen sollte man lieber „Fish Bowl“ von Kate Davis hören… eine Meisterin der Bassgitarre… kommt eigentlich aus dem Bereich Jazz aber keine Angst, hier wird nicht wild rumtrompetet sondern es gibt zackig auf den Punkt gebrachte Indie-Pop-Stücke.

Platz 6: …der Womanizer Klein-McLarsi 1974 im Urlaub an der Ostsee… nun ja… etwas Fake ist das schon aber das Cover vom Album „The Answer Is Always Yes“ von Alex Lahey bot sich förmlich an in das historische Bild verpflanzt zu werden. Das dritte Album der Australierin ist wieder eine sehr gute Mischung aus Rock, Punk, Folk und Pop. Es gab auch einen wundervollen Auftritt im Prachtwerk Berlin… eigentlich sollte sie längst ein Star sein dachte ich mir als sie neben mir an der Bar stand und ich zu schüchtern war nach einem Selfie zu fragen…

Platz 7: …das jüngste Bild der Serie…etwa 2001 im Offside aufgenommen, etwa da wo heute vorne das Podest mit dem großen runden Tisch steht… mit alten Sofas und Stehlampe als Einrichtung. Damals war das hier noch ein verrauchter Laden und der Chef mühte sich redlich diesen Zustand zu erhalten… das ist alles wahr, nur das Cover von Emma Andersons erstem Soloalbum „Pearlies“ im Bilderrahmen ist natürlich Fake. Die ehemalige Sängerin und Gitarristin von Lush stellte dieses Jahr im Alter von 56 Jahren ihr erstes Soloalbum vor und das hat mir außerordentlich gut gefallen… es belegt bei mir Platz 7.

Platz 8: …mach ma’n dummes Gesicht! Danke reicht! Dem 10jährigen McLarsi hätte das Cover von Beach Fossils Album „Bunny“ sicher gefallen… so’n süßer Hasematz… Die Musik der Band ist auch ziemlich zeitlos… hätte 1978 auch schon 10 Jahre alt gewesen sein können… gutes Album der New Yorker Band… bisschen Retro, bisschen Folk, bisschen Psych-Pop

Platz 9: Da sitzt der 14jährige McLarsi im Garten der Eltern… am Stuhl eine Plastiktüte… sowas hat man im Osten gut aufbewahrt… kamen sie doch zumeist aus dem Westen… die Erdbeere drauf ist das Cover meiner Nummer 9 des Musikjahres 2023… quasi ein Sprung von 41 Jahren… es ist das Album „Sit Down For Dinner“ von Blonde Redhead… nur wenige Monate später setzte die Pubertät dem McLarsi auch dermaßen zu das die Frisuren dieser Phase (von denen es leider oder auch nicht leider keine Fotos gibt) mit Blonde Redhead noch untertrieben gewesen wäre.
Das Album „Sit Down For Dinner“ ist ein wundervolles Stück Dreampop der New Yorker mit dem wundervollen Song „Kiss Her Kiss Her“… auch zu hören auf den beiden letzten choice Samplern…

Platz 10: The Damned „Darkadelic“ …Fakebild #1… dieses Bild von Klein-McLarsi aus dem Jahre 1970 kann nicht echt sein da The Damned erst 1976 gegründet wurden
Seit den 1980ern eine Lieblingsband von mir… trotz manch zweifelhafter Phasen… aber ich glaube nie klang Dave Vanians Stimme so cool wie heute und Captain Sensibles Gitarrenarbeit so frisch… Respekt!
 
Hier noch die zweite Reihe des Jahres 2023:
20 – Albert Hammond jr „Melodies On Hiatus“
19 – Vagabon „Sorry I Haven’t Called“
18 – Drop Nineteens „Hard Light“
17 – FIZZ „The Secret To Life“
16 – Bleach Lab „Lost In The Rush Of Emptiness“
15 – The New Pornographers „Continue As A Guest“
14 – Film School „Field“
13 – Slowdive „Everything Is Alive“
12 – April March & Stalin s/t
11 – Explosions In The Sky „End“

choice#18Best Of 2023Berlin, 10.12.23… Wie jedes Jahr gibt es eine kleine Werkschau der besten Stücke des vergangenen Jahres. Starten wird die Compilation mit Daughters „Be On Your Way“… im März schrieb ich dazu: „Die zweite Liedersammlung von 2023 beginnt verhalten atmosphärisch und vielleicht auch ein wenig cinematisch… die ersten Klänge von „Be On Your Way“ von Daughter aus London erinnern an die ersten Akkorde von Slowdive’s „Sugar For The Pill“ und auch der weitere Verlauf dieses Songs fährt auf den Pfaden des Dreampop… mit ein wenig Elektronik auch… fast schon Trip-Hop… für mich der beste Song dieser Band die mir sonst eher zu introvertiert ist und schöner Einstieg in den Sampler.“… dem ist auch am Jahresende nichts entgegen zu setzen… es blieb aber beim einzigen Hit des Albums „Stereo Mind Game“. Als zweites folgt ein sehr eingängiger Pop Hit der Indie Supergroup boygenious deren Album in meiner persönlichen Top 10 des Jahres vertreten ist… schon mal weil es auch so viel Spaß gemacht hat den Mädels auf Instagram zuzusehen wie sehr viel Spaß sie miteinander hatten bei Tour und allemmöglichen… Im Mai schrieb ich dazu: „Es folgt noch einmal Indie-Schlager von Boygenius, dem gemeinsamen Projekt von Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus… solo bin ich mit allen dreien vertraut, besonders Lucy Dacus verfolge ich schon eine Weile… „Not Strong Enough“ ist ein gewaltiger Ohrwurm und wird zum Glück auch oft auf RadioEins gespielt.“ Mit dominaten Basslines und ebenfalls weiblichen Gesang geht es weiter: Kate Davis hatte ich beim letzten Sampler oberflächlicherweise recht knapp als Sharon Van Etten Sidekick abgetan, zwei Monate später bin ich deutlich schlauer und möchte einiges ergänzen, zumal ihr Album „Fish Bowl“ inzwischen zu meinen liebsten Alben des Jahres gewachsen ist. Kate Davis ist studierte Jazzmusikerin im Fachbereich Bass, womit sie viele Jahre gut Geld verdient hat und mit Größen wie Herbie Hancock gespielt hat… als junge Frau war das natürlich eine Ehre aber wenn dann noch eigene Ideen kommen dann muß was Eigenes her und fortan wurden Songs geschrieben und veröffentlicht… sie machte ein Tribute-Album für Daniel Johnston und schrieb mit Sharon Van Etten deren Album „Seventeen“. „Fish Bowl“ ist das dritte Soloalbum, der Bass ist natürlich unüberhörbar im Vordergrund, der Rest ist bester Indie-Pop ohne jeden Schnörkel und trotzdem mit angenehmen Ecken und Kanten. Der Titeltrack des Albums der hier zu hören ist, geht in der Tat um den „Major Tom“ den der Deutsche Peter Schilling 1983 völlig losgelöst ins All geschickt hat… das ist verdammt charmant und und die Repeat-Taste wird an dieser Stelle ziemlich häufig beansprucht… auch noch so ein Album was sicher in der Jahres-Top 10 ist.“ An dieser Aussage vom Juli Sampler wäre noch eine Korrektur von Nöten: Das Sharon van Etten Album hieß „Remind Me Tomorrow“. Es folgt ein Hit der momentan noch sehr allgegenwärtig im eigenen Oberstübchen ist… „Als nächstes gibt es leicht psychedelischen, gitarrenbetonten Indie-Pop aus… und das ist Premiere: Indien. „Delicate Surrender“ von Long Distances ist ein unverschämt catchy Pophit der in meinem Kopf derzeit genau so spukt wie die vorausgegangenen Lieder…die Gitarren hören sich im Refrain und am Ende an wie The Church in ihren besten Tagen… und wenn ich das sage…“ Es gibt erst 3 veröffentlichte Songs der Band, ich hoffe sehr das sich das nächstes Jahr ändert. Der vielleicht größte Ohrwurm der ersten Jahreshälfte wurde im März von mir so beschrieben: „Dreampop ist auch das Motto von Song Nummer zwei: „Pure“ von Oceans aus Australien ist Kitchens Of Distinction ohne Drama… der Bass fast Peter Hock-alike im Zentrum des Stückes und die Gitarren pastellartig darumgewoben… melancholischer Gesang… in meinem Kopf seit etlichen Wochen in der Poolposition… als wäre es noch 1992 und ich müsste sofort in einen Plattenladen laufen und mir die Single kaufen…das warn’ noch Zeiten…“ Es blieb auch in diesem Falle bei einem einzigen Hit des Albums „Dreamers In Dark Citys“. Wir verlassen den Pfad des Dreampop und tauchen in etwas dunklere Welten: „…Über eine eindringliche Baritonstimme verfügt auch Michael Gira, der Sänger der New Yorker Noise-Veteranen Swans. Als die Band in den 1980ern anfing zu musizieren war die Musik wenig erträglich für meine Ohren. Gegen Ende des Jahrzehnts folgte eine gute „Love Will Tear Us Apart“ Coverversion und Anfang der 1990er gute Alben wie „White Light From The Mouth Of Infinity“, danach lange nichts und ab 2013 Alben wie „The Seer“… zwei Stunden Spielzeit, alles laut und experimentell… ich habe es immer wieder mal versucht damit, aber letztenendes war das nix für mich… nun also „The Beggar“… etwas leichter, aber immer noch sehr anspruchsvoll und anstrengend… der Song „Los Angeles: City Of Death“ ist allerdings, auch wegen seiner Kürze das poppigste Swans Stück des „neuen“ Jahrtausends.“ schrieb ich dazu im Juli. Auf dem gleichen Sampler war auch der nächste Song vertreten: „Noch etwas lauter wird es bei Baroness, einer Metalband aus Georgia. „Last Word“ ist der Vorreiter eines neuen Albums und der hat mich spätestens beim zweiten Hören etwas aus den Socken gehauen… da stimmt einfach alles, Gitarren über Gitarren, kein anstrengender Gesang… mindestens höchstes Mastodon Niveau… für mich bis jetzt der beste Song des Jahres… obwohl er erst ein paar Tage alt ist… nun bin ich auf das Album dieser Band gespannt, welche mich bis dato eigentlich noch nie richtig abholen konnte.“ Es folgte mit „Beneath The Rose“ noch ein weiterer großartiger Song im September… dann kam das Album „Stone“ und das konnte dann leider doch nicht ganz die hohen Erwartungen erfüllen… für die Top 10 hat es trotzdem gereicht. Im September hieß es dann: „Dann nochmal heavy und Rambam… und zwar auf norwegisch. Kvelertak aus Stavanger singen über einen gewissen Helmut von Botnlaus… einer Flitzpiepe aus den norwegischen Wäldern mit viel Kraft, Energie und etwas Glamrock aus den 70ern… großartig!“ Noch einmal Metal kommt dann aus dem November ebenfalls auf skandinavisch: „Auch Metal und auch abwechslungsreich und komische Mischung: Myrkur mit „Valkyrierens Sang“… Enya meet Black Metal?… Hinter Myrkur steht die 39jährige Dänin Amelie Bruun, der Song kommt auch auf dänisch… auch das dürfte ein Debüt in der Choice Serie sein… beim Schlagzeuger stelle ich mir immer das Tier aus der Muppet Show vor… Miss Piggy als Walküre.“ Die dienstälteste Band die 2023 auf den choice Samplern vertreten waren feierte im März ein Comeback: The Damned veröffentlichen ein neues Album! Neulich spielten die älteren Herren sogar ein paar Konzerte in der Originalbesetzung von 1976, nun auch noch neues Material: „The Invisible Man“ geht rockig los und man schunkelt gerne mit und denkt aber auch irgendwann an das Wort „Altherrenrock“… plötzlich wird die Geschwindigkeit erhöht und die Nummer geht ab wie eine Rakete und es wird wild… herrlich… danach kommt er wieder auf den Boden zurück… sehr gut!“ Das Album „Darkedellic“ war sehr gelungen und konnte sich auch platzieren. Im Januar schrieb ich zur nächsten Nummer: „Aus der gleichen Sparte (Young and angry from UK) kommen auch Frank Carter & The Rattlesnakes die mit der Single „Parasite“ nicht um den heißen Brei rumsingen… geiler britischer Punkrock anno 2023…“ Es war nur eine Single… ein neues Album kommt Anfang 2024. Als ich im Sommer abends im Garten die Kopfhörer aufhatte war der nächste Song sehr präsent… ich versuchte immer genau rauszuhören was er da erzählt… singen kann man es ja eher nicht nennen: David Bridie ist der nächste Interpret und auch ihn kenne ich bereits seit Jahrzehnten… die Musik seiner Bands Not Drowning Waving und My Friend The Chocolate Cake hörte ich in den 1990ern sehr gerne. „Sympathetic Martin“ ist das zentrale Stück eines Spoken Word Albums für das Bridie die Musik schrieb und andere Künstler erzählen irgendwelche Geschichten… entstanden ist das Projekt im Lockdown… auch in dem Song wird nicht gerade gesungen sondern eher aufgezählt… man erkennt Bridie am Klavierspiel und an der Stimme, dennoch ist es sehr ungewöhnlich… mich fesselte es aber… deshalb ist der Song jetzt auch hier.“ Das kommende Stück ist jetzt Ende des Jahres noch sehr in meinem Ohr… der Novembersampler choice#17 startete mit ihm: „Wir fangen an mit einem der (wie immer stets für mich) besten Songs dieses Jahres. Hinter King Creosote steht der Schotte Kenny Anderson… vor ein paar Jahren hatte er mit seiner Band mal einen kleinen Hit „For One Night Only“ welcher sogar von seinen berühmten Landsleuten Simple Minds gecovert wurde. Das neue Album erscheint Anfang November und die Vorab-Single „Blue Marbled Elm Trees“ begleitet mich bereits ein paar Wochen… es ist ein sehr euphorischer Song… zumindest in dem Kontext das es um nichts geringeres geht als die eigene Beerdigung. Man kann sich ja durchaus mal die Frage stellen welcher Song beim eigenen Abschied passend wäre… das können traurige Lieder sein oder aber lustige… Monthy Pytons zum Beispiel… ich halte diesen Song mit seiner orchestralen Instrumentierung mit den Uilleann Pipes für einen erfrischend positiven und optimistischen Song zu dem Thema der nicht in Groll zurückschaut sondern stets betont das alles ganz prima war… also sollte mit mir in nächster Zeit etwas gewaltig schieflaufen… den Song würde ich dabei aus der Wolke mitpfeifen… „no I shan’t complain“…“ „Mit Beach Fossils folgt eine weitere Band die vor zwei Monaten auch schonmal dabei war. Ihr Album „Bunny“ ist derzeit sehr hoch im Kurs in meinem Kopf, war aber sogar auch schon Album der Woche bei Radioeins… herrlich entspannte Gitarrenmusik… im Falle von „Walk To The Moon“ noch ein bisschen Amerikana dazu… Top 10 des Jahres sollte sicher sein.“ … letzteres ist in der Tat eingetreten…genau wie beim nächsten Trio :“es darf wieder geträumt werden mit eben lupenreinem Dreampop von Blonde Redhead die mit „Sit Down For Dinner“ das beste Album seit 2007s Album „23“ fabriziert haben. Die Band besteht bereits seit 30 Jahren und aus einer Japanerin und einem italienischen Zwillings-Bruderpaar mit Sitz in New York. „Kiss Her Kiss Her“ würde ich sofort in die Top 3 aller Blonde Redhead Songs aufnehmen.“ Der Song ist aktuell nicht aus meinem Kopf wegzudenken… es geht um zwei Liebende die unter einem Stern stehen und sich nicht trauen… für alle Heimlich-Verliebten… herzallerliebst. Ebenso verträumt aber deutlich rumpeliger kommt die nächste Nummer aus dem März: T. G. Shand aus Neuseeland ist wieder etwas arg mystisches… getüpfelte Gitarrenstriche a la Cocteau Twins treffen auf einen sägenden Bass der arg tiefergelegt ist… spooky mit Kopfhörern… man dreht sich um um sich zu vergewissern das man alleine im Zimmer ist…“ Es folgte von der Künstlerin die eigentlich Annemarie Duff heißt, eine EP die insgesamt sehr gut war… ich hoffe das ein Album geplant ist. Ein weiterer Ohrwurm des Sommers war das nächste Stück: „In Your Wake“ ist bei mir einer dieser altgedienten Sommerhits dieser Saison. Er kommt von Bathe Alone wohinter eine Dame namens Bailey Crone aus Atlanta/Georgia steht. Es ist halb Synthpop halb Dreampop und ein Ohrwurm den man schwer wieder los wird.“ Zum darauffolgenden Song schrieb ich im Mai : Bleach Lab waren auf dem vorletzten Sampler auch schon vertreten. „Indigo“ ist ein Vorbote des neuen Albums… wieder kommt bei mir Stimmung auf als wäre es Anfang der 1990er Jahre und ich würde den Song auf MTV-120 Minutes sehen… warscheinlich zwischen The Sundays und Heart Throbs…“ Die Band war dieses Jahr sogar drei mal vertreten… schaffte es mit dem Album „Lost In The Rush Of Emptiness“ aber knapp nicht in die Top Ten… anders die nachste Band die 2023 auch mit einem guten Konzert in der ausverkauften Max Schmeling Halle gefallen konnte und nebenbei noch ein weiteres Album veröffentlichte… ich schrieb zu „Tropic Morning News“ im März nur kurz angebunden: „der nächste Song ist von The National… etwas poppiger als gewöhnlich, aber genau so mag ich sie gerne.“ Kaum hat man es sich mit der Musik richtig gemütlich gemacht, kommt auch schon der letzte Song der auch den aktuellen Sampler choice#17 beendete und den ich als persönlichen Nummer Eins Hit des Jahres adeln werde… er ist seit Mitte September bei mir omnipräsent und vervielfältigte auch die Wertung des aktuellen Albums dieser Band… obwohl er nur ein Outtake ist: „Meine Alltime Favourits von The Church haben noch ein paar Songs zu ihrem Album The Hypnogogue nachgereicht… „Realm Of Minor Angels“ als Single gab es beim letzten Sampler und der Großteil der Zugabe war meiner Meinung nach auch zu Recht nicht auf dem Album… aber mit „Pleasure“ kommt nun nochmal ein Stück was für alles steht wofür mich die Band seit 40 Jahren (ja…) verzaubert… 60s Gitarren, der sonore Gesang Steve Kilbeys und die leicht gruselige Atmosphäre… „oh my pounding heart wants to pull you apart“…“
In den nächsten Tagen wird meine persönliche Top 10 des Jahres an dieser Stelle veröffentlicht und Anfang Januar kommt choice#19 mit Neuheiten…

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choice#17Berlin, 04.11.2023… Wir fangen an mit einem der (wie immer stets für mich) besten Songs dieses Jahres. Hinter King Creosote steht der Schotte Kenny Anderson… vor ein paar Jahren hatte er mit seiner Band mal einen kleinen Hit „For One Night Only“ welcher sogar von seinen berühmten Landsleuten Simple Minds gecovert wurde. Das neue Album erscheint Anfang November und die Vorab-Single „Blue Marbled Elm Trees“ begleitet mich bereits ein paar Wochen… es ist ein sehr euphorischer Song… zumindest in dem Kontext das es um nichts geringeres geht als die eigene Beerdigung. Man kann sich ja durchaus mal die Frage stellen welcher Song beim eigenen Abschied passend wäre… das können traurige Lieder sein oder aber lustige… Monthy Pytons zum Beispiel… ich halte diesen Song mit seiner orchestralen Instrumentierung mit den Uilleann Pipes für einen erfrischend positiven und optimistischen Song zu dem Thema der nicht in Groll zurückschaut sondern stets betont das alles ganz prima war… also sollte mit mir in nächster Zeit etwas gewaltig schieflaufen… den Song würde ich dabei aus der Wolke mitpfeifen… „no I shan’t complain“…
Auch der zweite Song wirkt vordergründig äußerst positiv… „A Good Day For Me“ sagt ja schon viel… aber auch hier tun sich beim genaueren Hinhören ein paar kleine Abgründe auf… aber alles in allem ist Thomas Walsh dennoch zufrieden. Walsh ist der Sänger von Pugwash, einer englischen Band die doch recht wenig bekannt ist. Der Song wurde zusammen mit Neil Hannon von Divine Comedy geschrieben. Die Beatles-artigen Harmoniegesänge erinnern mich ein wenig an Jeff Lynne und sein Electric Light Orchestra… und vielleicht an das Teilzeitprojekt Travelling Wilburys… so könnte eine Neuauflage klingen… mit Walsh, Hannon und… da gäbe es einige… freuen wir uns über diesen herrlichen 60s-like Popsong anno 2023. Vielleicht habe ich gerade eine kleine Serie, aber der nächste Song haut wieder in die gleiche Kerbe. Die Amerikanerin Katie von Schleicher hat einen Rucksack voller Trouble… aber: „I don’t wanna be critical.. I’m overjoyed and everyone is my friend, It makes it easier to get off on my love“… Das ganze auch hier im Stil der 1960s und nicht gerade schlicht arrangiert… Als nächstes gibt es leicht psychedelischen, gitarrenbetonten Indie-Pop aus… und das ist Premiere: Indien. „Delicate Surrender“ von Long Distances ist ein unverschämt catchy Pophit der in meinem Kopf derzeit genau so spukt wie die vorausgegangenen Lieder…die Gitarren hören sich im Refrain und am Ende an wie The Church in ihren besten Tagen… und wenn ich das sage… Jetzt bisschen auf die Euphoriebremse getreten und ein Gang runter… die Band The Fauns aus Bristol konnten mir vor knapp 10 Jahren mit ihrem Album „Lights“ gut gefallen und haben seit langen mal wieder eine Single veröffentlicht… „How Lost“… die klingt wie eine Mischung aus Cocteau Twins, Slowdive und Blonde Redhead… nicht die schlechteste Wahl an Referenzen… Shoegaze…. Dreampop… Soundtrack… passend für die herrlich bunten Blätter die gerade von den Bäumen segeln… Es folgt eine Überraschung: Neues und dazu noch Gutes von MGMT. Zuletzt konnten sie mich mit ihrem Synthpop nicht mehr so recht hinterm Ofen vorlocken, nun ist ein neues Album in den Startlöchern und die Vorabsingle ist ein echtes Juwel… mit Gitarren und großen Melodien. Dave Fridmann von Mercury Rev hat produziert und das hört man. MGMT hatten vor etwa 15 Jahren ein paar Hits („Kids“, „Time To Pretend“)… als ich dann das Konzert zum Nachfolgealbum besuchte nahm ich zum erstenmal wahr bei einem Konzert zu sein wo Väter auf ihre kleinen Töchter aufgepasst haben… Danach folgte eher Verweigerung als Ausbau des Erfolges… „Mother Earth“ klingt hingegen durchaus wieder sehr nach Hit… ich muß an Tears For Fears denken… ebenfalls ein Duo mit gemischter Discografie. Es folgt ein Projekt mit Namen FIZZ… eine Art Supergroup mit unbekannten Indie-Musikern aus GB und Irland mit eine Hymne an Englands bekanntesten Badeort. Nach dem Motto froh zu sein bedarf es wenig… dann eben „High In Brighton“… kriegt man so schnell nicht mehr aus dem Ohr… bin froh das ich da nicht demnächst hin muß… würde dann wohl auch auf der Straße grölen „High In Brighton“… stelle mir die strafenden Blicke der vornehmen Rentner vor… es folgt Powerpop von Sundara Karma aus Reading… Ramoneslike einfach und direkt nach vorne und dazu noch eine gute Melodie… nicht mehr aber auch nicht weniger. Beim nächsten Stück „Build A Bridge“ von Deeper aus Chicago dachte ich erst… die 10.000ste Gang Of Four Kopie… wollte schon wegdrücken aber dann beim Refrain dann doch… schon geil… inzwischen mag ich den Song sehr gerne… eine richtige kleine Hymne… und Gang Of Four Reminiszenzen sind ja auch nicht grundverkehrt. Wie ich dann auf die Band False Fed gekommen bin weiß ich jetzt garnicht mehr… wohl auch eher ein Projekt von Musikern verschiedener Bands vorwiegend aus dem Hardcore Sektor… wird also bisschen lauter „Echo Of Compromise“ hat Gothic Elemente (Sisters Of Mercy, Red Lorry Yellow Lorry) und ordentlich Gitarrendampf… ist aber auf der Platte eher die Ballade. Ebenfalls aus der Metal-Ecke kommen Helmet. Neben Suicidal Tendencies und Type O Negative waren sie die einzige Metal Band von denen ich mir in den 1990ern Platten bzw. CDs gekauft habe… Metal war mir seinerzeit und auch heute noch viel zu viel Kindergarten… Spandexhosen, Dauerwelle und Kastratengesang… bäääh… Helmet waren da anders, keine verblödeten Albumcover und schön straightforward Gitarrenmusik, kein Mickimausgesang. Nun steht ein neues Album vor der Tür und der Song „Holiday“ klingt wie eine Mischung aus Foo Fighters, Faith No More und Metallica… alles nur nicht langweilig und immer noch mit diesen merkwürdigen Tik-Tok Drums, Gitarrensolo mit Tempowechsel inklusive… mal sehen was auf Albumlänge bei ist. Auch Metal und auch abwechslungsreich und komische Mischung: Myrkur mit „Valkyrierens Sang“… Enya meet Black Metal?… Hinter Myrkur steht die 39jährige Dänin Amelie Bruun, der Song kommt auch auf dänisch… auch das dürfte ein Debüt in der Choice Serie sein… beim Schlagzeuger stelle ich mir immer das Tier aus der Muppet Show vor… Miss Piggy als Walküre. Das wars dann heute auch mit der Abteilung Rambam… es darf wieder geträumt werden mit eben lupenreinem Dreampop von Blonde Redhead die mit „Sit Down For Dinner“ das beste Album seit 2007s Album „23“ fabriziert haben. Die Band besteht bereits seit 30 Jahren und aus einer Japanerin und einem italienischen Zwillings-Bruderpaar mit Sitz in New York. „Kiss Her Kiss Her“ würde ich sofort in die Top 3 aller Blonde Redhead Songs aufnehmen. Weiter geht es mit einem weiterem Debüt und das kommt mir spanisch vor… Melenas heißt die Band die dann auch in ihrer Muttersprache singen, die Musik dazu klingt wie Stereolab in deren besten Tagen. Es folgt ein neues Stück der IDLES welches sie zusammen mit James Murphy aka LCD Soundsystem aufgenommen haben… es heißt „Dancer“ und damit wird klar… auf den Dancefloor Mausi… ebenfalls in diese Richtung geht der nächste Track des Duos ill peach und die machen interessante eklektische Sachen mit ordentlich Zunder. Genug getanzt… es folgt ein neues Stück von Voxtrot, einer texanischen Band die vor gut 15 Jahren mal als die neuen Belle & Sebastian gehandelt wurden aber dann doch eher unbekannt blieben… ich kann mich erinnern seinerzeit mit dem Sänger nach einem Konzert nett geplaudert zu haben… der neue Song klingt extrem nach Death Cab For Cutie… aber auch das kann ja letztendlich nicht verkehrt sein. Es folgt etwas Drama von Mitski… das aktuelle Album der gebürtigen Japanerin geht etwas in Richtung Americana… der Song „The Dealer“ eher Richtung Lana Del Rey oder sogar Weyes Blood… kurz vor Ende fällt die Produktion etwas auseinander und der Song endet im Chaos… auch schön… „and now the party’s over, the music’s on the end“ singt Emma Anderson in den ersten Zeilen des letzten Songs ihres Solo-Debutalbums „Pearlies“… Der Song heißt „Clusters“ und ist viel zu schade als Rausschmeißer… Emma Anderson ist die andere Sängerin von Lush… zusammen mit Miki Berenyi war sie Teil eine meiner liebsten Bands der 1990er Jahre… es war die Zeit von Shoegaze und Dreampop als es diese Begriffe noch nicht gab. Nach 3 Alben war dann Schluß, 2016 gab es ein kurzes Revival und man konnte die Band nochmal als Vorband der 4AD Labelkollegen Pixies sehen, danach war offenbar entgültig Sense… Miki machte danach zwei Alben mit Piroshka, Emma war unsichtbar… hatte aber fürs Lush Comeback bereits ein paar Songs in der Schublade die sie nunmehr auf ihr Solodebüt mit 56 Jahren veröffentlicht. Es ist ein wirklich sehr schönes Album mit vielen poppigen und ruhigeren Stücken… wäre echt interessant gewesen wenn die Stücke mit Lush herausgekommen wären… aber auch so ein fantastisches Debut. „And now the summer’s over, the nights are drawing in“… Ein Rausschmeißer ist aber auch das letzte Lied nicht, sondern mein persönlicher Nummer Eins Hit der letzten Wochen, trotz der hochdotierten ersten 4 Songs dieser Compilation… Meine Alltime Favourits von The Church haben noch ein paar Songs zu ihrem Album The Hypnogogue nachgereicht… „Realm Of Minor Angels“ als Single gab es beim letzten Sampler und der Großteil der Zugabe war meiner Meinung nach auch zu Recht nicht auf dem Album… aber mit „Pleasure“ kommt nun nochmal ein Stück was für alles steht wofür mich die Band seit 40 Jahren (ja…) verzaubert… 60s Gitarren, der sonore Gesang Steve Kilbeys und die leicht gruselige Atmosphäre… „oh my pounding heart wants to pull you apart“…

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choice#16Berlin, 04.09.2023… Wie ich vor zwei Monaten richtig vermutet hatte, geht auch dieser Sommer langsam vorüber… wenn ich abends meine relaxte Stunde im Garten sitze um mal alleine und entspannt ganz bei mir zu sein und dabei ordentlich Musik auf die Ohren gieße, wird es mittlerweile schon dunkel und ich sehe die neuen Straßenlaternen auf dem Rückweg erstmals in Aktion… Viele der Songs vom choice#16 Sampler hatte ich schon gehört und ausgesucht als die Sonne noch Überstunden schob… so zum Beispiel von einer Band die sich bdrmm schreibt und Bedroom ausgesprochen wird… warum auch immer. „It’s Just A Bit Of Blood“ ist ein schöner Opener dieser Zusammenstellung die leise und laut als roten Faden hat… nach ein paar leisen Tönen fällt der Song mit harten Gitarrenwänden in die Veranda und neben triphop-artigen Tunes folgt fast Radiohead-mäßiger Gesang… ab und zu wandelt das Stück in postrockartige Fernen… wie eine Mischung aus Mogwai und TOY… wobei ersteres nicht verwunderlich ist da die Band auf dem Mogwai Label Rock Action zuhause ist. Mit dieser leicht psychedelischen Shoegaze-Musik geht es auch weiter… Film School aus San Francisco sind bereits seit 1998 dabei und haben in dem Song eine recht eindeutige Meinung zu Influencern… schön kräftiger Dreampop mit lauten Gitarren und Keyboards… ebenfalls etwas rätselhaft ist die Musik der Neuseeländerin Annemarie Duff die sich als Künstlerin T. G. Shand nennt… da treffen ein paar Cocteau Twins Gitarrentupfer auf rumpelige Rythmen und sphärische Kollagen… über allem der Siouxsie-artige Gesang… kommt besonders mit Kopfhörer gut. „In Your Wake“ ist bei mir einer dieser altgedienten Sommerhits dieser Saison. Er kommt von Bathe Alone wohinter eine Dame namens Bailey Crone aus Atlanta/Georgia steht. Es ist halb Synthpop halb Dreampop und ein Ohrwurm den man schwer wieder los wird. Mit Blur kommt eine sehr bekannte Band daher. Bei der Mittneunziger Gretchenfrage in Punkto Britpop ob Blur oder Oasis war meine Antwort stets Pulp… Blur waren mir zu schnöselig und Oasis zu prollig… zudem sich letztere derart unverschämt bei den Beatles bedienten… nun hat Blur also ein neues Album und es gefällt mir recht gut… der Song „Goodbye Albert“ lebt von der Atmosphäre die Graham Coxons Gitarre in das Lied pinselt. Fast so überraschend wie ein neues Blur Album war neulich eine neue The Church Single. „Realm Of Minor Angels“ ist Oldschool Church Songwriting… eine Ballade, sehr schön gesungen von Steve Kilbey… Sonnenuntergang mit Glas Wein… Mit The Clientele folgt eine Band die ich vor ca. 15 Jahren öfters gehört habe und inzwischen glatt wieder vergessen hatte. Mit ihrem Song „Fables Of The Silverlink“ wird das so schnell nicht wieder passieren… es ist ein höchst bemerkenswertes Stück Musik… alles akustisch gehalten, mit Streichquartett, Hörnern, elektronische Schlagzeugsamples… spanische weibliche Gesangseinlagen… achteinhalb Minuten lang… aber keine Sekunde zuviel… einer der besten Songs des bisherigen Jahres… don’t call it Progpop… Während man noch mit offenem Mund da steht was der letzte Song so zu bieten hatte, schließt er auch nicht beim nächsten Stück… und das komplett ohne Text und Gesang. Explosions In The Sky aus Texas machen Postrock im Stile von Mogwai oder Godspeed You Black Emperor! Der Song „Ten Billion People“ handelt von der Überbevölkerung unserer Welt und besticht mit aufgetürmten Gitarren, energischen Schlagzeug und immer wieder Richtungswechseln… großartig… wenn gleich auch nichts zum nebenbei hören… ein weiterer Song des demnächst erscheinenden neuen Albums ist neulich erschienen… mindestens gleichwertig… sicher interessant für die eigenen Charts zum Jahresende… dort wird auf jeden Fall auch das Album des nächsten Songs stehen… auch wenn ich erst drei Songs davon kenne da es noch nicht erschienen ist… „Beneath The Rose“ ist die zweite Single aus dem Album „Stone“ von Baroness… auf dem letzten Sampler bereits mit „Last Word“ vertreten gewesen zeichnet sich ein beachtenswerter Erfolg der amerikanischen Metalband ab… ebenfalls ein Sommerhit in meinem Oberstübchen jedenfalls. Nun da wir schon bei den etwas härteren Sachen sind, bleiben wir doch noch ein wenig im Genre… aber anderer Metal, eher Punk… schlichter und etwas aggressiver… Prong gibt es bereits seit 1986… unter Kollegen wie Metallica hochgeachtet aber leider chronisch erfolglos… kommen eher aus der Hardcore Ecke und können auch Industrial… macht Spaß. Dann nochmal heavy und Rambam… und zwar auf norwegisch. Kvelertak aus Stavanger singen über einen gewissen Helmut von Botnlaus… einer Flitzpiepe aus den norwegischen Wäldern mit viel Kraft, Energie und etwas Glamrock aus den 70ern… großartig! So… wie kommen wir jetzt da wieder runter nach dem ganzen Lärm (?)… Ash (!) Da sind wir wieder in den 90ern beim Britpop wo die Nordiren einige Erfolge mit Songs wie „Oh Yeah“ oder „Girl From Mars“ hatten… sie waren nie weg aber ich hatte sie etwas aus den Augen verloren… hier sind sie wieder… frisch wie der Frühling mit „Usual Places“. Weiter gehts mit Dreampop von Bleach Lab deren Debütalbum in diesem Monat veröffentlicht wird mit einer weiteren etwas flotteren Nummer… inzwischen schon zum dritten mal dabei… zum ersten mal dann Swim School aus Edinburgh die musikalisch nicht weit von Bleach Lab entfernt sind und auch erst ein paar Singles und EPs raus haben… sollte man im Auge behalten… das gleiche gilt auch für English Teacher aus Leeds… „The World’s Biggest Paving Slab“ ist der erste musikalische Tribut an eine Gehwegplatte der mir bekannt ist. Mit „This World Could’nt See Us“ von Nabihah Iqbal betreten wir die Electro-Abteilung des Samplers… musikalisch irgendwo zwischen Dreampop und Dancefloor unterwegs erscheint mir das Stück der Britin mit pakistanischen Wurzeln wie ein Missing Link aus Chromatics und Dry Cleaning. Einen ähnlichen Spannungsbogen vermag die Waliserin Polly Mackey alias Art School Girlfriend aufbauen… kühle Electronic mit warmer Atmosphäre… hat bestimmt schon die eine oder andere Underworld Platte gehört… es bleibt elektronisch obwohl die nächste Band Slowdive ist die ja eher für Gitarren bekennt sind… aber bereits in ihrer ersten Phase in den 1990ern gab es ein Album namens „Pygmalion“ welches eher Ambient-Dreampop als Shoegaze war. Ich mochte das Comeback-Album von 2017 mehr, finde aber trotzdem das „Everything Is Alive“ ein gutes Album ist… nur anders halt… „Shanty“ ist der Opener des gerade veröffentlichten Longplayers und gibt gut die Richtung vor. Der vorletzte Song heißt „Out In The Fields“ und ist zum Glück nicht der Hardrock-Klassiker von Phil Lynnot und Gary Moore sondern vom neuen Soloalbum von Kevin Drew… dem Mastermind des Kollektivs Broken Social Scene aus Kanada wo sich auch häufig Mitglieder befreundeter Acts wie Metric, Stars oder Feist tummeln… gefolgt von einer neuen Single von The National namens „Space Invader“… erstmal ein ganz normales Stück was auch auf dem aktuellen Album „First Two Pages Of Frankenstein“ drauf sein könnte… aber nach dreieinhalb Minuten… man denkt schon der Song wäre gleich zuende… schaukelt sich der Song langsam nochmal hoch und wird nochmal richtig laut bis Berningers Bariton in dem Krach untergeht… plötzlich ist es nochmal fast so laut wie im Mittelteil des Samplers… Laut und Leise… sagte ich ja bereits in der Einleitung…

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choice#15Berlin, 27.06.2023 … Man glaubt es kaum, aber das erste halbe Jahr von 2023 ist schon wieder Geschichte und seit ein paar Tagen kommt Weihnachten wieder näher… bis dahin fließt aber noch ein wenig Sickerwasser mit Plastikmüll und Elektrorollern die Panke runter und es erscheinen immer wieder interessante Sachen aus dem Bereich der mehr oder weniger populären Musik… damit zum Thema… Es beginnt poppig… Héloïse Letissier aka Christine & The Queens aus Frankreich mit leicht dramatischen aber auch spannenden Synthie-Pop eröffnet den Reigen… als Single bereits im März erschienen und erst jetzt in meinem Kopf abgespeichert…guter Song aber das ganze Album ist dann für mich doch etwas zu viel des Gutem. Der nächste Act ist im Prinzip auch eine Einzelperson hinter einem Bandnamen: Der Schwede Martin Nordvall steht hinter The Sweet Serenades… ursprünglich als Duo bereits vor über 20 Jahren gegründet, bietet die Band hier einen eindringlichen, etwas düsteren Song mit Marimba, 80’s Keyboards, Gitarren und dunklem Gesang. Über eine eindringliche Baritonstimme verfügt auch Michael Gira, der Sänger der New Yorker Noise-Veteranen Swans. Als die Band in den 1980ern anfing zu musizieren war die Musik wenig erträglich für meine Ohren. Gegen Ende des Jahrzehnts folgte eine gute „Love Will Tear Us Apart“ Coverversion und Anfang der 1990er gute Alben wie „White Light From The Mouth Of Infinity“, danach lange nichts und ab 2013 Alben wie „The Seer“… zwei Stunden Spielzeit, alles laut und experimentell… ich habe es immer wieder mal versucht damit, aber letztenendes war das nix für mich… nun also „The Beggar“… etwas leichter, aber immer noch sehr anspruchsvoll und anstrengend… der Song „Los Angeles: City Of Death“ ist allerdings, auch wegen seiner Kürze das poppigste Swans Stück des „neuen“ Jahrtausends. David Bridie ist der nächste Interpret und auch ihn kenne ich bereits seit Jahrzehnten… die Musik seiner Bands Not Drowning Waving und My Friend The Chocolate Cake hörte ich in den 1990ern sehr gerne. „Sympathetic Martin“ ist das zentrale Stück eines Spoken Word Albums für das Bridie die Musik schrieb und andere Künstler erzählen irgendwelche Geschichten… entstanden ist das Projekt im Lockdown… auch in dem Song wird nicht gerade gesungen sondern eher aufgezählt… man erkennt Bridie am Klavierspiel und an der Stimme, dennoch ist es sehr ungewöhnlich… mich fesselte es aber… deshalb ist der Song jetzt auch hier. Etwas Sprechgesang kommt auch im nächsten Song vor: „100 to 99“ feat. GoldLink ist ein Stück vom neuen, mit 19 Stücken recht üppigen Album von Albert Hammond jr. der ja nicht nur Sohn vom gleichnamigen 1970s Star ist sondern auch Gitarrist einer der größten Nuller-Jahre Bands: The Strokes. Apropos… Strokes Sänger Julian Casablancas pflegt auch ein Sideprojekt: The Voidz… deren neue Single so: man nehme komische Drumcomputer aus den 1980ern… dann eine Hardrock-Gitarre als hätte man Eddie Van Halen wieder ausgegraben, dann der larmoyante Gesang Casablancas, jede Menge Keyboards… das alles in eine Kiste… ordentlich geschüttelt und fertig ist „Prophecy Of The Dragon“… schräg, aber sehr charmant. Die beiden folgenden Songs stammen aus Veröffentlichungen die der Welt sicher nicht entgangen sind da sie von den populärsten Rockbands unserer Zeit stammen: Foo Fighters und Queens Of The Stone Age… beide Bands hatten mit Schicksalsschlägen zu kämpfen und konnten diese mit ihren besten Alben der letzten Jahre verarbeiten. Bei den Foo Fighters dachte ich bei so manchem Stücken das diese schon auf früheren Platten waren, aber der Kumpelrock von Dave Grohl ist halt zeitlos, genau wie die Riffmaschine Josh Homme von Queens Of The Stone Age… mit deren vorausgegangenen Alben ich übrigens wenig anfangen konnte. Noch etwas lauter wird es bei Baroness, einer Metalband aus Georgia. „Last Word“ ist der Vorreiter eines neuen Albums und der hat mich spätestens beim zweiten Hören etwas aus den Socken gehauen… da stimmt einfach alles, Gitarren über Gitarren, kein anstrengender Gesang… mindestens höchstes Mastodon Niveau… für mich bis jetzt der beste Song des Jahres… obwohl er erst ein paar Tage alt ist… nun bin ich auf das Album dieser Band gespannt, welche mich bis dato eigentlich noch nie richtig abholen konnte. Es wird etwas ruhiger, der Metal wird gegen akustische Gitarre und Fiddle getauscht und wir hören „Fairlies“ von Grian Chatten, dem Sänger der hochgelobten irischen Band Fontaines DC. Musikalisch ist das deutlich folkiger als bei der Hauptband… es steht und fällt aber auch hier alles mit dem ausdrucksvollem Gesang Chattens… man hört ihm mit seiner senoren Stimme gerne zu… auch wenn man vielleicht nicht versteht was er da mit seinem irischen Slang singt. Es folgt ein weiterer Song vom neuen April March Album, welches sie recht fix mit dem französischen Duo Staplin aufgenommen hat. Fast die ganze musikalische Karriere (Elinor Blake, wie die Gute ja richtig heißt ist ja auch noch u.a. Malerin und Illustratorin z.B. für Jack White’s Kinderbuch „We’re Going To Be Friends“) waren Kollaborationen mit anderen Musikern und immer profitierten beide Seiten… mein Fast- Album des Jahres 2022 „In Cinerama“ mit dem #1 Hit „Rolla Rolla“ war da nicht anders… nur üppiger. „Lay Down Snow White“ hätte auch darauf sein können… warscheinlich aber mit Streichern… hier mit Fuzz-Gitarren und punkiger Schlichtheit. Mit Beach Fossils folgt eine weitere Band die vor zwei Monaten auch schonmal dabei war. Ihr Album „Bunny“ ist derzeit sehr hoch im Kurs in meinem Kopf, war aber sogar auch schon Album der Woche bei Radioeins… herrlich entspannte Gitarrenmusik… im Falle von „Walk To The Moon“ noch ein bisschen Amerikana dazu… Top 10 des Jahres sollte sicher sein. In eine ähnliche Kerbe haut dann auch Leigh Gregory, ein Musiker aus San Francisco der schon einige sehr gute Sachen unter dem Namen Mellow Drunk aufgenommen hat und nunmehr unter eigenem Namen veröffentlicht… z.B. diesen absolut zur Jahreszeit passenden Song „Some Summertime“. Blonde Redhead heißt die Band einer Japanerin und italienischen Zwillingsbrüdern mit Sitz New York. Gegründet wurde die Band mit Hauptrichtung Dreampop bereits vor 30 Jahren, nun steht ein neues Album am Start und die erste Single „Snowman“ (passt wiederum gerade nicht zum Wetter) wird überraschenderweise nicht von Maki Takahashi gesungen… ist aber trotzdem ein wunderbar chilliger Song der musikalisch dann doch wieder ganz gut zur Jahreszeit passt. Hannah Jadagu stammt aus Texas, lebt mittlerweile in New York und veröffentlichte bei Sub Pop und soeben erschien ihr sehr gutes Debutalbum „Aperture“… die junge schwarze Musikerin erinnert mich an Beabadoobee und Nilüfer Yanya… da kann noch viel kommen… Namen merken kann glaub ich nichts schaden… Bereits große Popularität hat dagegen die nächste Band, sie gelten als Titanen des Dreampop… die ersten Alben von Slowdive Anfang der 1990er habe ich zwar nicht komplett verschlafen, fand aber andere Bands des Genres wie Lush, Pale Saints oder Kitchens Of Distinction besser. Erst ihr aus heiterem Himmel kommendes selbstbetiteltes Comeback Album von 2016 ließ mich vor ihnen niederknien… begleitet auch von einem wirklich sehr gutem Konzert mit guten Freunden zusammen… die neue Single „Kisses“ ist erstaunlich poppig… sehr gut aber auch nicht ganz so gut wie „Star Roving“ oder „Sugar For The Pill“ vom besagten letzten Album… vielleicht ist das aber auch nur eine Momentaufnahme. Vom Slowdive-Stil sind Film School nicht wirklich weit entfernt… auch von den Amerikanern erscheint demnächst ein neues Album… „Tape Rewind“ ist ein sehr guter Vorgeschmack davon. Kate Davis hatte ich beim letzten Sampler oberflächlicherweise recht knapp als Sharon Van Etten Sidekick abgetan, zwei Monate später bin ich deutlich schlauer und möchte einiges ergänzen, zumal ihr Album „Fish Bowl“ inzwischen zu meinen liebsten Alben des Jahres gewachsen ist. Kate Davis ist studierte Jazzmusikerin im Fachbereich Bass, womit sie viele Jahre gut Geld verdient hat und mit Größen wie Herbie Hancock gespielt hat… als junge Frau war das natürlich eine Ehre aber wenn dann noch eigene Ideen kommen dann muß was Eigenes her und fortan wurden Songs geschrieben und veröffentlicht… sie machte ein Tribute-Album für Daniel Johnston und schrieb mit Sharon Van Etten deren Album „Seventeen“. „Fish Bowl“ ist das dritte Soloalbum, der Bass ist natürlich unüberhörbar im Vordergrund, der Rest ist bester Indie-Pop ohne jeden Schnörkel und trotzdem mit angenehmen Ecken und Kanten. Der Titeltrack des Albums der hier zu hören ist, geht in der Tat um den „Major Tom“ den der Deutsche Peter Schilling 1983 völlig losgelöst ins All geschickt hat… das ist verdammt charmant und und die Repeat-Taste wird an dieser Stelle ziemlich häufig beansprucht… auch noch so ein Album was sicher in der Jahres-Top 10 ist. Die beiden letzten Interpreten kommen aus dem deutschsprachigen Raum… zuerst Bilderbuch aus Wien… hätte ehrlich nie gedacht das ich mal mit denen warm werde, vor paar Jahren war das für mich übelster Yuppi-Pop und dann auch noch aus Österreich… letztes Jahr kam mit „Gelb ist das Feld“ plötzlich ein sehr gutes gitarrenbetontes Indie-Pop Album was mir gut gefiel… nun weiß ich nicht was sie denen dieses Jahr in die Sachertorte gemischt haben… aber inzwischen klingen sie fast so schräg wie King Gizzard And The Wizard Lizard… singen zwar auf deutsch, man verstehts aber nicht… keine Ahnung wohin der Weg der Band führt… ich mags aber bis hierher. Betterov, die Band um den Wahlberliner Manuel Bittorf konnte sich ja mit seinem Debutalbum „Olympia“ in meiner persönlichen Top-10 vom letzten Jahr platzieren… nun kommt die erste Single danach und wieder ist es sehr gut… ich sage nur Augen auf bei der Wahl des Parfüms… Viel Spaß beim Hören meines Mixtapes und bis in zwei Monaten… LP

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choice#14 …Berlin, 10.05.2023
Der Frühling 2023 lässt auch Anfang Mai noch auf sich warten. Es gab bislang nur wenige Tage mit schönem Wetter… erst jetzt kratzen die Temperaturen langsam an der 20 Grad Marke… Zeit für neue Musik… Beach House veröffentlichten erst im letzten Jahr mit „Once Twice Melody“ ein Album mit 18 Songs, nun haben sie noch 5 gefunden und packen sie auf eine EP namens „Become“… der Synthesizer fräst sich langsam an die Oberfläche, da setzt die verträumte Gitarre mit dem bandeigenen Lieblingsriff ein und langsam schraubt sich „American Daughter“ in die Höhe um dann auch recht schnell per Ausblende wieder zu verschwinden… ein typischer Beach House Opener, nicht ihr bester Song , aber immer wieder schön. Der zweite Song fängt ähnlich euphorisch an wie Bowies „Heroes“… er kommt vom neuen Album von Feist und heißt „Borrow Trouble“. Mit den meisten Sachen von Leslie Feist konnte ich meistens nicht so viel anfangen, dieser Song hat viel Energie und Pathos, mit Saxofon-Solo und Gekreische am Ende… klingt eher nach Florence + The Machine als Singer/Songwriter-Kram… gefällt mir gut. Der nächte Song eiert nicht rum sondern kommt sofort auf den Punkt und endet nach gut zwei Minuten genau so wieder. Kate Davis ist ein Sidekick von Sharon Van Etten und „Monster Mash“ ist ein Musterbeispiel von Kompaktheit. Bleach Lab waren auf dem vorletzten Sampler auch schon vertreten. „Indigo“ ist ein Vorbote des neuen Albums… wieder kommt bei mir Stimmung auf als wäre es Anfang der 1990er Jahre und ich würde den Song auf MTV-120 Minutes sehen… warscheinlich zwischen The Sundays und Heart Throbs… Etwas düsterer wird es im kommenden Song von Protomartyr… aber auch da muß ich an bereits Dagewesenes denken und mir fällt Crime & The City Solution ein, einer Band aus dem Dunstkreis von Nick Cave & The Bad Seeds… in diesem Fall auch etwas von der Energie der Idles… Hard-Country (?) Die Gitarren bleiben knarzig bei „Inquisitor“ der Kanadier Single Mothers… selbstverständlich eine rein männliche Band… sehr erfrischender Post-Punk und auch hier schnell auf den Punkt gebracht. Retro wirds dann bei einem gewissen Billy Tibbals… „Hollywood Baby“ klingt wie ein Stück von David Bowie aus den Mitt-70ern, oder doch Mott The Hoople? oder gar Bay City Rollers?… jedenfalls sehr schön. Mit Grouplove folgt eine Band die ich schon recht lange verfolge… ihr kleiner Hit war „Tongue Tied“ von 2011, 2016 gab es das großartige Album „Big Mess“ wo ich bis heute nicht verstehe warum das kein Hit wurde (bei mir immerhin Platz 3)… nun ja, es ist wie es ist und vielleicht klappt es ja dieses Jahr mit Album Nummer 6 namens „I Want It All Right Now“. Das Markenzeichen ist das sie immer wieder mal mit ihrer überschüssigen Energie explodieren und diese Energie ist immer positiv. Es folgt ein wenig Pop… Indie-Pop… oder ist es schon Indie-Schlager? Zu leichten Synthies a la „Take On Me“ gesellt sich die Stimme von CATT, so nennt sich Catharina Schorling aus dem Wendland mit jetzigem Wohnsitz Berlin, Modell Blonder Engel mit Locken… und dieser Song „No One Ever Told You“… ich werde ihn einfach nicht mehr los… er ist ein Ohrwurm und Ohrwürmer sollte man gewähren lassen. Wenn das eben nicht Johanna von Koczian war, dann sind das im kommenden Song auch nicht Heino und Hannelore sondern das belgische Duo Joy Wellboy welche ebenso in Berlin leben. Hier trifft cinematisches Pathos auf Lee Hazelwood und Nancy Sinatra… soll ja keiner sagen auf den choice-Samplern ist immer das gleiche drauf… King Krule heißt der nächste Künstler und bietet ein schön chilliges Stück mit Jangle Gitarren und halb gesprochenem Text zur Baritonstimme… klingt bisschen wie Beck ca. „Sea Change“. Das neue Album des Londoners kommt nächsten Monat raus. Danach kommt wieder Dream-Pop und zwar von motifs aus Singapore… sollte die erste Band sein die ich von dort kenne, musikalisch ist das ziemlich nahe bei Slowdive und das kann dann ja wohl kaum schlecht sein… Leichter Gitarren-Pop im Stile der 1960er Jahre folgt dann mit den New Yorkern Beach Fossils, die erinnern mich mit „Don’t Fade Away“ etwas an Real Estate mit etwas frühen R.E.M…. apropos… die nun folgende Band The No-Ones besteht aus R.E.M. Gitarrist Peter Buck und dem langjährigen Sidekick der Band Scott McCaughey (Young Fresh Fellows; Minus Five etc.) und zwei Musikern der von mir sehr geschätzten norwegischen Band I Was A King (die Band von Anne Lise Frøkedal). Diese Supergroup veröffentlichte gerade ihr zweites Album und das ist sehr gut gelungen. Vor fast 30 Jahren trafen sich der nordirische Folkmusiker Andy White mit dem Neuseeländer Tim Finn (Split Enz, Crowded House) und Liam O Maonlai von den Hothouse Flowers. Mit den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen bildeten sie den Bandnamen ALT und nahmen ein schönes Album namens „Altitude“ auf was eine schöne Mischung ihrer individuellen Stile bildete. Als ich neulich für die Spreeside Whisky Messe Playlist den Song „6AM In Berlin“ von Andy White suchte, entdeckte ich zufällig das es ein Nachfolgewerk gibt… der Liam fehlt, so heißt das Kind jetzt AT und ist ebenso schön wie das Debut von 1995… hier zu hören der Song „My Regeneration“. Es folgt neue Musik von April March welche mit ihrem Album „In Cinemara“ letztes Jahr fast mein Album des Jahres produziert hatte und mit „Rolla Rolla“ meinen Song des Jahres beisteuerte… nun gibt es bereits einen Nachfolger. Es ist eine Collaboration mit der französischen Band Staplin. Musikalisch ist das Album deutlich schlichter als „In Cinemara“, aber trotzdem ähnlich gut, etwas flotter, manchmal trashiger, stets abwechslungsreich. Der Song „I Am The River“ von Lael Neale beginnt ein wenig wie „Ghost Rider“ von Suicide und gefällt mit etwas fröhlichen „bap badda dum“. Es folgt noch ein Song von der aktuellen Platte meiner Lieblingsband The Church… welches mich ja bis jetzt noch nicht 100%ig überzeugen konnte. „Aerodrome“ entpuppt sich dann aber doch noch als ein kleines filigranes Juwel. Es folgt noch einmal Indie-Schlager von Boygenius, dem gemeinsamen Projekt von Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus… solo bin ich mit allen dreien vertraut, besonders Lucy Dacus verfolge ich schon eine Weile… „Not Strong Enough“ ist ein gewaltiger Ohrwurm und wird zum Glück auch oft auf RadioEins gespielt. Den Abschluß bildet „The Eternal“ der schottischen Band Silver Moth in der Stuart Braithwaite von Mogwai spielt. Das Album ist größtenteils Improvision aber gelegentlich blitzen geniale Soundwände auf… ein schöner Rausschmeißer… Hier die Playlist auf:

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choice#13 Die zweite Liedersammlung von 2023 beginnt verhalten atmosphärisch und vielleicht auch ein wenig cinematisch… die ersten Klänge von „Be On Your Way“ von Daughter aus London erinnern an die ersten Akkorde von Slowdive’s „Sugar For The Pill“ und auch der weitere Verlauf dieses Songs fährt auf den Pfaden des Dreampop… mit ein wenig Elektronik auch… fast schon Trip-Hop… für mich der beste Song dieser Band die mir sonst eher zu introvertiert ist und schöner Einstieg in den Sampler. Dreampop ist auch das Motto von Song Nummer zwei: „Pure“ von Oceans aus Australien ist Kitchens Of Distinction ohne Drama… der Bass fast Peter Hock-alike im Zentrum des Stückes und die Gitarren pastellartig darumgewoben… melancholischer Gesang… in meinem Kopf seit etlichen Wochen in der Poolposition… als wäre es noch 1992 und ich müsste sofort in einen Plattenladen laufen und mir die Single kaufen…das warn’ noch Zeiten… Im nächten Song gibt es ein Debüt für diese Choice Sampler Serie: der erste Song in schwedischer Sprache… norwegisch gab es ja vor zwei Jahren (Frøkedal „Flora“) bereits, nun die Band Bedroom Eyes mit dem Song „Store Blå“ aka Big Blue mit ordentlich Gitarren besonders im letzten Drittel des Stückes… wenn schwedisch warum nicht gleich finnisch (?)… könnt ihr haben: Die Band heißt Teksti-TV 666, der Song „Kapteeni“ aka Captain… auch bei diesem Stück muß es irgendwann bei der Aufnahme gehiessen haben „Alles an die Gitarren! …und jeder nur eine Gitarre“… und dann alle gleichzeitig… macht Laune… wenn wir schon bei Exoten sind… wie wäre es mit Progrock aus Polen? Die Warschauer Band Riverside macht besten Progrock im Stile von Steven Wilson bzw. Porcupine Tree, allerdings verweist die dezente Reggae-Einlage im Song auf eine andere Proggröße: Rush’s „Spirit Of Radio“. Progressive Rock war im Vorfeld auch angekündigt was die neueste Veröffentlichung meiner Lieblingsband The Church betrifft… nun… für wenige Stücke wie dem Titeltrack mag das stimmen, im Großen und Ganzen ist es aber einfach ein typisches Church Album… das erste nach 5 Jahren… eventuell das letzte… auf keinen Fall das beste… gerade in der zweiten Hälfte wird es mir auch als Die-Hard Fan zu beliebig… die dritte Single „No Other You“ brauchte bei mir auch erstmal eine Weile, inzwischen haben wir uns angefreundet… vielleicht passiert das mit dem Rest des Albums „The Hypnogogue“ ja auch noch. „Punk House“ von The Van Pelt ist so ein Song über den ich zufällig gestolpert bin… ich hatte noch nie von der Band gehört die bereits Mitte der 1990er aktiv war… aber schön das ich sie entdeckt habe. Auch die nächste Band war mir vor ein paar Tagen noch fremd, aber als ich deren Namen DAMEFRISØR las wurde ich neugierig… und das ist sogar gute Musik der Band aus Bristol… wohl eher so der Szene IDLES, Fontaines DC etc. zuzurechnen. Danach Veteranen: The Damned veröffentlichen ein neues Album! Neulich spielten die älteren Herren sogar ein paar Konzerte in der Originalbesetzung von 1976, nun auch noch neues Material: „The Invisible Man“ geht rockig los und man schunkelt gerne mit und denkt aber auch irgendwann an das Wort „Altherrenrock“… plötzlich wird die Geschwindigkeit erhöht und die Nummer geht ab wie eine Rakete und es wird wild… herrlich… danach kommt er wieder auf den Boden zurück… sehr gut ! Quasi ist eigentlich so eine Art Unwort welches ich allerdings gerade deshalb gern und häufig verwende… und der Name eines Duos: Sam Coomes (Built to Spill) und Janet Weiss (Sleater-Kinney)… schön minimalistischer Post Punk… neuere Bands wie Royal Blood fahren mit diesem Style einige Dollars ein… Quasi gibt es seit 1993… ich hoffe sie kriegen auch mal was ab… besonders Weiss’ Schlagzeug ist geil… bischen zickig und punkig kommt danach auch Sløtface daher… ein norwegisches Projekt der Sängerin Haley Shea… danach ein neues Stück von Alex Lahey, die ich schon einige Jahre interessiert verfolge. Mit „Good Times“ sollte eigentlich ein Riesenhit garantiert sein… gute Laune a la Sheryl Crow „All I Wanna Do“… war damals auch ihr Durchbruch… sollte es so sein, gratuliere ich und finds auch gut. New Pornographers sind ein kanadisches Kollektiv freischaffender Musiker um A.C.Newman und meiner Lieblingssängerin Neko Case die alle Jahre wieder intelligente Popmusik abliefern… manchmal auch so ähnlich wie Belle & Sebastian, nur nicht so verhuscht. „Really Really Light“ ist auf jeden Fall ein Ohrwurm, das Album erscheint demnächst. T. G. Shand aus Neuseeland ist wieder etwas arg mystisches… getüpfelte Gitarrenstriche a la Cocteau Twins treffen auf einen sägenden Bass der arg tiefergelegt ist… spooky mit Kopfhörern… man dreht sich um um sich zu vergewissern das man alleine im Zimmer ist… Wäre ich als Mädchen zur Welt gekommen hätte ich wohl Grit gehießen… hmmm… dann doch lieber Lars… Miss Grit heißt bürgerlich Margaret Sohn und ist Amerikanerin mit asiatischen Wurzeln… erinnert mich nicht nur deshalb als auch musikalisch an Mitski, aber auch St.Vincent und die von mir ja sehr geschätzte Nilüfer Yanya kommen als Vergleiche in Frage. Mit „Come Oblivion“ von der in Berlin lebenden Engländerin Gemma Ray kommt anschließend ein Stück außergewöhnlichen Minimalismus. Nur ein paar Keyboard-Akkorde und der Gesang… das muß reichen… man denkt immer da kommt noch was… so ein „In The Air Tonight“ Effekt… aber stattdessen kommt der nächste Song und der ist von The National… etwas poppiger als gewöhnlich, aber genau so mag ich sie gerne. Ebenfalls poppiger als auf ihrem Debüt von vor 9 Jahren fällt ein aktueller Song der Briten Temples aus… waren die frühen Werke eine Verbeugung vor den Byrds und der 60er überhaupt locken sie heutzutage die Tanzmäuse mit fernöstlichen Klängen aufs Parkett… die goldenen 60er sind aber auch noch da… keine uninteressante Mischung. Nach dem Tanz kommt die Nachtruhe und wenn man das Stück „Sleepwalking“ von The Waeve hört wandelt man in der Tat zwischen den Grenzen von Wach und Schlaf… erinnert mich an Night Palace’s Album vom letzten Jahr… hinter The Waeve stecken die Sängerin der Pipettes und Blur Gitarrist Graham Coxon… interessantes Album wenn man sich drauf einlässt… sogar das Saxofon kommt gut. So… was hatten wir noch nicht (?) Frankreich! Neues von M83 zum Ausklang dieser Compilation. „Earth To Sea“ ist ein schönes verträumtes Stück Indie-Electronic… 10 Jahre nach Midnight City. Hier die Playlist auf:

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choice#12
Neues Jahr, neue Musik… neuer Name… statt 21, 22 oder 23’sChoice gibt es jetzt nur noch die laufende Nummer… sonst ändert sich nichts… alle zwei Monate 20 aktuelle Songs aus meinen Ausgrabungen… zugleich die ersten 20 Songs der aktuellen Offside Playlist. Aufgenommen bereits Ende Dezember fängt es recht psychedelisch an. Die Band Secret Machines fiel mir erstmalig 2004 auf, als sie mit „Nowhere Again“ fast zeitgleich den ziemlich baugleichen Song „Work Work Work (Pub Club Sleep)“ von The Rakes entgegen stellten… vielleicht auch umgedreht. 2020 erschien ein unglaublich gutes Album welches ich leider erst neulich entdeckte (Awake In The Brain Chamber)… nun steht eine neue Veröffentlichung vor der Tür und „There’s No Starting Over“ ein leicht schräger Vorbote… ich bin gespannt auf den Rest (17.02.). Mit INVSN folgt eine Band die letztes Jahr mit „Slow Disco“ in meinem Kopf einen veritablen Hit verzeichnen konnte und auch in der Offside Playlist eines der meistgespielten Songs anno 2022 gewesen sein dürfte… Die Schweden machen eine Art Depeche Mode Industrial-angehauchten Pop… dahinter steht Dennis Lyxzén von Refused und (International) Noise Conspiracy… also deutlich lauteren Sachen… „Everything Fades“ ist recht zurückhaltend… manchmal erinnert mich der Gesang an Peter Murphy (weniger die Stimme). Danach rollt locker und flockig die zweite Single des ebenfalls im Februar erscheinenden neuen Albums meiner Lieblingsband The Church rein… so entspannt wie lange nicht mehr… „C’est La Vie“ ist nach der ersten Single „The Hypnogogue“ ein eher poppiger Church Song… mit Referenzen aus dem eigenen üppigen Gesamtwerk (Das kommende Studioalbum ist #25)… ich bin vor allem bei „When You Were Mine“ von 1982… In meinem Kopf seit Wochen nicht mehr wegzudenken… kann das Album kaum noch erwarten… Dann bleibt es weiter Retro aus derselben Spur. Die Band Black Swan Lane existiert seit 2007 und wurde seinerzeit vom Sänger der Chameleons – Mark Burgess mit aus der Taufe gehoben… The Chameleons waren in den 1980ern eine meiner absolut geschätztesten Bands ever… es gab nur drei „richtige“ Alben… aber die waren alle großartig. „Strange Times“ von 1986 war die letzte, es gab Projekte wie The Sun And The Moon (die auch 100%ig als Chameleons Platte hätte durchgehen können) oder The Reegs… Anfang der 2000er gab es eine kurze Reunion… nicht schlecht aber auch nicht das gleiche… Black Swan Lane klingen wie eine Chameleons Coverband… das war schon sehr gut (Vita Eterna von 2019)… aber meistens nur die Zweitligavertretung der alten Band… „Angels“ und auch einige andere Songs sind aber natürlich auch immernoch sehr gut. Die Stimmlage des Sängers ist auf jeden Fall sehr angenehm und in ähnlichen Sphären ist auch Sivard Høyem der Norweger von Madrugada unterwegs, deren Album vom Anfang des letzten Jahres war in meiner Top 20 vertreten und wurde noch mit ein paar zusätzlichen Songs ergänzt… ich weiß nicht recht was ich von der Methode halten soll… prinzipiell freue ich mich aber über jeden guten neuen Song der meine Ohren erreicht… „Heaven Coming Down“ zählt definitiv dazu. Die Briten von Shame habe ich ziemlich von Anfang an auf dem Schirm und dachte eigentlich das die bald richtig durchstarten… mittlerweile wurden sie aber von ihren Kollegen von Idles oder Fontaines D.C. fies überholt worden… die erste Single „Fingers Of Steel“ vom demnächst erscheinenden neuen Album klingt aber vielversprechend das sich das noch ändern könnte. Aus der gleichen Sparte (Young and angry from UK) kommen auch Frank Carter & The Rattlesnakes die mit der Single „Parasite“ nicht um den heißen Brei rumsingen… geiler britischer Punkrock anno 2023… Auch nicht ganz zufrieden mit der Gesamtsituation ist die irische Band Springs die bislang nur Singles veröffentlicht haben… wenn ich „Literary Mind“ höre, glaub ich aber das da noch einiges gutes nachkommen könnte (merkt euch das: 2023: Sprints aus Dublin!) Es wird zahmer… aber nur relativ… mit dem Album „In The Wild“ flog Jasmyn, die Ex-Sängerin von Weaves etwas unter meinem Radar… aber „Crystal Ball“ ist ein ziemlich geiler Indie-Hit… genau wie „Karaoke“ von Beach Bunny, bisschen wie Alvvays light… das gleiche gilt auch für Men I Trust mit „Billie Toppy“ was auch im Tagesprogramm von radioeins läuft und Spaß macht. Von Kanada bis Neuseeland ist es auch nur geografisch sehr weit, musikalisch klingt es wie von einem Album… erst Hatchie mit neuer Single „Nosedive“… wieder etwas weniger glattpoliert als zuletzt… und Fazerdaze mit ebenfalls neuer Single „Break!“. Es wird etwas ruhiger, Bleach Lab aus London erinnern an eine Mischung aus The Sundays und Slowdive… nicht die schlechteste Idee. Es folgt ein Song vom Album des Jahres 2022: „Children Of The Empire“ von Weyes Blood ist einer der mindestens 4 Großtaten auf der Platte… es geht um die gespaltene Gesellschaft in Amerika… süßer können die Probleme der Welt nicht klingen. Das Album „And In The Darkness, Hearts Aglow“ ist nochmal so viel besser als „Titanic Rising“ und eines der klarsten Nummer Eins Alben der letzten Jahre. Danach bleibt es verhalten melancholisch aber mit deutlich weniger Pathos… Robert Forster hat ein neues Album im Kasten und bis das Anfang Februar erscheint gibt es eine weitere Kostprobe des Ex Go-Betweens… ich deute es als Liebeslied für seine Frau. Als Solist unterwegs ist seit einigen Jahren auch Gaz Coombes, er war Sänger der von mir stets geschätzten Britpop Band Supergrass welche mit ihrer frischen Art bewiesen hatte das Britpop auch Humor haben konnte. Der Song „Long Live The Strange“ kommt den alten Supergrass Hits ziemlich nahe… ist aber doch deutlich reifer. Es folgen eher exotische Klänge aus Südafrika… Beatenberg holen etwas Sommer in die kalte Jahreszeit… das kann gerade wirklich nicht schaden. Exotisch zumindest für meine Verhältnisse ist auch das vorletzte Stück dieses Reigens: Jeb Loy Nichols war Anfang der 1990er Sänger der Fellow Travellers… und die machten eine Mischung aus zwei Sparten die ich beide nicht besonders mag: Country und Reggae… beides zusammen ist komischerweise nicht die Höchststrafe sondern eine schön entspannte Angelegenheit… auch ganz ohne was zu rauchen. „Monsters On The Hill“ ist eine Art bekiffte Calexico auf Dub. Den Schlußpunkt macht der mit Abstand älteste Künstler dieser Compilation: John Cale… mittlerweile 80 Jahre alt und doch chillig entspannt… Weyes Blood ist auch mit dabei, die spielt aber keine große Rolle… hat der Velvet Underground Veteran völlig alleine unter Kontrolle.

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McLarsen in West-Irland: Galway & Connemara (November 2023)

Ähnlich wie unsere Bierwanderung im Sommer hat sich in den letzten Jahren eine andere nette Unternehmung etabliert: Ein paar Tage Irland mit meinem Freund André im November. 2019 waren wir erstmalig zusammen dort… via Belfast ging es mit dem Mietwagen in die Republik Irland nach Donegal und weitere Landstriche im Norden der Republik… das hatte so viel Spaß gemacht das wir es wiederholen wollten… dann kam Corona und zwei Jahre Pause der Veranstaltung. Letztes Jahr am letzten November Wochenende konnte der nächste Versuch unternommen werden. Mit Residenz in Limerick erkundeten wir die westlichen Teile Irlands mit Dingle, Cliffs of Moher und The Burren… abends ließen wir uns in der Partymeile Limerick treiben… einer Stadt die im Dunklen besser aussieht als am Tage… in Erinnerung wird der Trip der hier nachgelesen werden kann aber wegen der beiden Reifenpannen innerhalb 24 Stunden die uns fast den Rückflug gekostet hätten… Dieses Jahr ging es wieder an die Westküste in die Stadt Galway… von dort aus sollte auch die nähere Gegend erkundet werden.

Irland auf OpenMaps

:idee: Galway ist nach Dublin und Cork die drittgrößte Stadt Irlands. Sie hat etwa 80.000 Einwohner und liegt liegt etwa 200 Kilometer von Dublin entfernt an der Westküste der Insel. Durch die Stadt fließt der Fluß Corrib der mit seinen gerade mal 15 Kilometern Länge gar der kürzeste Fluß Europas sein soll. Galway entstand im Mittelalter aus einem kleinen Fischerdorf… im 15. Jahrhundert erreichte die Stadt einigen Reichtum wegen Handelsbeziehungen mit Spanien und Portugal. Seit etwa 30 Jahren wächst die Bevölkerung der Stadt ständig was auch an zwei Universitäten liegt die auch den Altersdurchschnitt verjüngten. Galway hat eine sehr schöne Altstadt mit einer sehr lebendigen Gastro-Szene und jeder Menge Straßenmusikanten.

Vor gut 10 Jahren war ich schonmal für wenige Stunden in der Stadt und dachte mir damals schon das es sich sicher lohnen würde mal etwas mehr Zeit hier zu verbringen.

Erstmal hieß es jedoch dort hin zu kommen… also 6:00 Uhr morgens aus den Federn… wegen vorausgegangenem Bahnstreik etwas anders als geplant zum Flughafen gefahren und dann ab in die Höhe Richtung Dublin. 02:15 Stunden dauerte der Flug… dann das Mietauto in Empfang genommen und dann durch den zähflüssigen Dubliner Freitagsnachmittagsverkehr Richtung Westen. André war sehr zufrieden das ich mich als Fahrer angeboten hatte… es dauert ja auch immer erst ein paar Kilometer ehe man sich an neues Auto und Linksverkehr gewöhnt… Aus Dublin raus wurde es dann aber recht ruhig vom Verkehr. Ein Zwischenstopp auf der Hälfte der Strecke war eingeplant: Die noch recht neue Tullamore Distillery unweit der gleichnamigen Stadt. Eine Tour war nicht geplant da sie mit fast zwei Stunden zu lange gedauert hätte, mit 40€ zu teuer war und André auch nicht der große Whiskynerd ist. Ein Besuch des Visitorcenters und ein paar Bilder von außen reichten um sich ein flüchtiges Bild zu machen.

Tullamore Distillery
...gar nicht mal so klein... Malt- und Grain Distillery
Junge Brennerei... lange Tradition... im Visitorcenter

:idee: Whiskey und Irland… das gehört schon zusammen… allerdings gab es diesbezüglich mehr Tiefen als Höhen. Wer’s erfunden hat (?) streiten sich die Iren und die Schotten seit Jahrhunderten… genau werden wir es nicht mehr erfahren… Fakt ist das römische Missionare das Knowhow zur Herstellung von Alkohol auf die Inseln brachten… deren berühmtester hieß Patrick und wird noch heute besonders an seinem Todestag am 17.März abgefeiert… als irischer Nationalfeiertag und in jeder Kneipe der Welt die Guinness am Hahn oder wenigstens eine Flasche Jameson im Regal hat… Feiern und Irland… das geht immer. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Whiskey ein florierender Wirtschaftszweig mit Dublin als Hauptproduktionsort. Dann kam die Selbstständigkeit des Landes und die Abnabelung von Großbritannien… einem Hauptabnehmer vom Irish Whiskey… der Austritt aus dem Commonworth… später auch noch Prohibitation beim letzten verbliebenen Großkäufer USA…der irische Whisky lag am Boden. Über viele Jahrzehnte gab es nur noch weniger als eine Handvoll Brennereien, nach Schließung des Jameson Standorts Dublin Bow Street gab es von 1975 bis 1987 nur noch zwei Whiskydestillen in Irland… Midleton in Cork und Bushmills ganz im Norden… also auch noch Nordirland… Mit der Eröffnung der Cooley Distillery durch John Teeling waren es dann später wieder 3 Brennereien. In den letzten 10 bis 15 Jahren kamen wieder viele Fabriken dazu… das Geld vom zwischenzeitlich wirtschaftlichen Wunderkind Irland (Keltischer Tiger…) machte es möglich… nun ja, der Tiger ist dann unterm europäischen Rettungsschirm gelandet aber die neuen Brennereien haben Bestand und werden die Szene in den kommenden Jahrzehnten bereichern. Als erstes Großprojekt entstand die Tullamore Distillery die seit 2014 erstmalig nach 60 Jahren wieder die Marke Tullamore Dew in dem Ort Tullamore produzierte… die Marke wurde 2010 von John Grant & Sons aus Schottland gekauft… die sind wiederum bekannt für den weltbekannten Single Malt Glenfiddich.

Eyre Square (Eierplatz) im Weihnachtsmodus am 17. NOVEMBER (!)
...auch die Deko in der Altstadt ist früh dran... was machen die erst wenns wirklich Weihnachten ist (?)

Wenn ich gerade erwähnt hatte das der Verkehr nach dem Großraum Dublin sehr viel ruhiger wurde dann änderte sich die Tatsache schlagartig mit der Überquerung der Stadtgrenze von Galway. Dort staute sich dann alles und eine klitzekleine Unaufmerksamkeit etwa 500 Meter vor der Unterkunft brachte uns eine mindestens halbstündige Ehrenrunde ein die man zu Fuß in der gleichen Zeit etwa 3 mal hätte machen können… egal wir bezogen die Unterkunft Avalon B&B… ein einfaches Bed & Breakfast etwa 5 Minuten zu Fuß vom Stadtplatz Eyre Square. Dort blieben wir nur kurz und dann ging es in die erste gastronomische Einrichtung der Reise, dem Pub Thirteen On The Green am gerade erwähnten Eyre Square den ich sofort in das für Deutsche leichter auszusprechende „Eierplatz“ umtaufte. Es gab eine Variation vom Irish Stew mit Guinness (in dem Eintopf) und natürlich auch als Begleitgetränk unserer Wahl. Es folgte eine Stipvisite durch die Stadt und das erste was wir recht schnell und deutlich vergegenwärtigten war das am 17. November 2023 der Weihnachtsterror bereits in Hochform war… also nicht nur Schokolade im Supermarkt wie hierzulande um die Zeit sondern richtig mit Weihnachtsmarkt, überall Weihnachtsgedudel, überall Weihnachtsdeko… unglaublich… der gesamte Eierplatz war Weihnachtsmarkt mit den üblichen Buden die auch in Irland nicht grundverschieden vom deutschen Gegenpol sind… es läuft „Do They Know It’s Christmas Time“ und man möchte hinzufügen „But Not Yet“… egal… kann man alles ignorieren…

Zwei Honigkuchenpferde langsam in Hochform in den Pubs von Galway...
Raritäten am Wegesrand...

Eine dezente Erwähnung verdient sich an dieser Stelle auch das Wetter… es regnete in Strömen und auf Grund einer stürmischen Wetterlage regnete es nicht wie fast überall von oben nach unten, sonders fast waagerecht… nun ja… November halt… nächster Pub hieß Garavans Bar und war wie alle anderen Pubs und Bars am Freitagabend mehr als gut besucht aber wir hatten Glück und konnten sogar sitzen… nächste Station war Sonny Molloys was Teil von mehreren Bars unter einem Dach ist was sich aber erst erschließt wenn man drinnen ist. Beide Bars haben ein reichhaltiges Angebot an Irish Whiskey, besonders die älteren Marken mit teueren Sonderabfüllungen und in den Vitrinen stehen noch Zeugen aus alten Zeiten… mittlerweile hoch gehandelt… vor 10 Jahren warscheinlich noch Schnäppchen auf Ebay & Co… lange hat kein Hahn nach dem alten Irish Whiskey gekräht. Wir haben uns nur auf Guinness konzentriert und waren damit auch so glücklich das wir später hochzufrieden in den Schlaf gefallen sind… selbstverständlich erst in der Unterkunft.

Tag 2: André ist Frühaufsteher, normalerweise geht es für ihn um 05:30 Uhr aus den Federn… wir hatten uns auf 08:00 Uhr geeinigt und das ist auch meistens meine Zeit… allerdings frühestens… ein richtiger früher Vogel war ich noch nie und werde es wohl auch nicht mehr werden. Wie auch immer… nach dem recht einfachen Frühstück ging es dann Richtung Eierplatz und Altstadt… es war etwas so als wären wir etwas zu früh für die Stadt auf den Beinen… Der Sturm war noch im vollen Gange aber der Regen hatte gerade ausgesetzt… es stand in der Prognose der Wetter-App allerdings das es wohl auch während unserer kurzen Zeit in Irland nicht besser werden wird und wir beschlossen bereits am Vorabend das Auto heute stehen zu lassen und die Stadt Galway ein wenig zu Fuß zu vermessen. In dieser Kategorie sind wir beiden wie wir uns seit 48 Jahren kennen schon seit langer Zeit gute Partner… lediglich wenn es steil bergauf geht brauche ich etwas länger… Wir liefen durch die Altstadt die gerade ihre Geschäfte öffnete… der Eierplatz mit seinem Weihnachtsmarkt bot um die Zeit einen eher jämmerlichen Eindruck…

…wenn man Mitte November Weihnachten feiert…

Der Corrib ist kurz aber heftig…

 Wir lernten den Fluß Corrib kennen und nehmen als Erfahrung mit: kurz aber oho… selten einen Fluß gesehen der so einen Zahn drauf hatte wie dieser angeblich kürzeste Fluß Europas… An seinem Ufer nährten wir uns der Kathedrale Galways… nur einmal für die Akten der offizielle Titel: Kathedrale Mariä Aufnahme in den Himmel und St. Nikolaus. Was zwar schon vom Weitem nach Historismus schreit entpuppt sich auch als solcher nur etwas später als die meisten… der Bau wurde von 1958 bis 1965 errichtet und ist somit nicht sonderlich älter als ich selber… es werden romanische Sachen interpretiert und besonders die Kuppel eher byzantinischen Vorbildern. Die Ausführung erfolgte innerlich mit unverputzten Steinen und immerhin teilweise zeitgenössigen Statuen und Gemälden… einerseits beeindruckende Architektur aber warum um diese Zeit (?) … außerdem muß das kostentechnisch nicht weit vom Berliner Flughafen entfernt gewesen sein… aber dafür haben wir Berliner ja Verständnis… Wer eine richtige mittelalterliche Kirche sehen will hat dazu Gelegenheit bei der St. Nicholas’ Collegiate Church. Sie ist die größte mittelalterliche Pfarrkirche Irlands. Um die Kirche herum war Markt mit vielen kleinen Ständen und die Kirche selbst wegen einer Veranstaltung nicht zu besichtigen.

Mächtig gewaltig: Galway Cathedral
Das Innere der Kirche ist schon prächtig...
Echtes Mittelalter: St. Nicholas’ Collegiate Church

Plötzlich hatte ich einen seltsamen Anfall: Shopping. Wir trennten uns für gut eine Stunde und gingen unserer eigenen Wege… das haben wir schon öfters gemacht und sowas ist auch gut so… ich hatte dann eine Einkaufstüte mit ein paar lokal gefertigten Textilien… mein Budget bezüglich Klamotten ist seit Jahren eher ungenutzt und die Sachen die Irish Waevers und Aran Sweater Market machen, gefallen mir einfach und es macht auch Sinn dann vor Ort zu schauen… die Aran Bude… die Inseln Aran in der Nähe sind nicht zu verwechseln mit der schottischen Insel Arran… hatten nicht nur einen kleinen Laden… das gleichte schon fast einem kleinen Kaufhaus. Apropos… ein amtliches Shoppingcenter gibt es natürlich auch… das einzig interessante dabei war das ein Teil der ehemaligen Stadtbefestigung aus dem Mittelalter integriert wurde… der Rest so interessant wie in Gelsenkirchen oder Gera auch… Um halb eins trafen wir uns wieder im ersten Pub von gestern… dem 13 On The Green… André hatte unter anderem den Weihnachtsmarkt auf’m Eierplatz erkundet und konnte mit der Information dienen das es dort Glühwein aus Sektflöten für 6€ gibt… ich hatte mich im Pub derweil mit einem Guinness begnügt… immerhin bereits nach 12:00 Uhr… für in etwa dem gleichen Preis wie zuhause (Galway 5,60€ Offside 5,40€… Stand 18.11.2023)

Wolle Wolle Wolle... Aran Sweater Market
Im Einkaufscenter wurden Teile der ehemaligen Stadtmauer eingearbeitet

Nachdem ich kurz die Einkaufstüte ins B&B gebracht hatte brachen wir zu einer größeren Runde auf. Wir liefen Richtung Hafen und konnten einen kurzen Blick in die neue Galway City Distillery werfen die derzeit aber nur Gin und Wodka herstellt. Über die Wolfe Tone Bridge die über den Corrib führte liefen wir am Galway Bay entlang. Der heftige Gegenwind drosselte etwas unsere Geschwindigkeit, konnte uns aber nicht stoppen… Ziel war der Stadtteil Salthill… eine Art Vergnügungsviertel und im Sommer auch mit reichlich Strand… der war zwar heute auch da aber bei dem Wetter konnte man sich kein Sonnenbad vorstellen.

Im Visitorcenter der Galway City Distillery
Galway Bay mit Salthill im Hintergrund

Erster Anlaufpunkt in Salthill war die Oslo Bar, eine kleine lokale Craftbeer Brauerei. Wir stärkten uns mit fester Nahrung und probierten zwei vor Ort gebraute Biere. Die nächte Station die ich markiert hatte, das O’Connors hatte leider zu… wir gingen langsam in Richtung City zurück und kehrten stattdessen im Bierhaus (ja… heißt so) ein, ein etwas alternativer Laden mittenmang der ganzen traditionellen plüschigen Pubs. Inzwischen war es draußen bereits zappenduster… wir kehrten noch hier und da ein… am Nachmittag sahen wir bereits Hundertschaften vom Bahnhof und Busbahnhof in die Stadt strömen… ein Phänomen was wir letztes Jahr bereits in Limerick beobachten konnten… Am Samstag strömt die feierwütige Landbevölkerung in die Stadt, es wird gefeiert bis der Arzt kommt und dann gehts für eine Nacht ins Hotel oder Hostel… was ich damit sagen wollte: Die Stadt war gut besucht und jeder Pub im Zentrum war rappelvoll. Erstaunt waren wir von der Größe von O’Connell’s Bar am Eierplatz… von draußen sah es aus wie eine volle mittelgroße Bar, dann kam ein geräumiger Innenhof mit vielen verschiedenen Bars und Ständen für Pizza und ähnliches. Irgendwann hatten wir nach fast 30.000 Schritten und einigen Pints dann aber langsam genug und es ging ins Bettchen.

Im Innenhof von O'Connell's Bar
Hauptakteurin mindestens zweier bekannter Songs: Das Galway Girl

Tag 3… Sonntag und Zeit für einen Ausflug ins Umland. Die Stadt Galway ist die Hauptstadt der Grafschaft Galway… die westliche Region dieser heißt Connemara und ist für eine Landschaft bekannt in der sich bis zu 700 Meter große Berge mit Heide und Moor abwechselt. Es gibt einen großen Nationalpark und dieser war unser Ziel. André war heute Chauffeur und das Wetter war noch immer sehr speziell, also Regen und Sturm… es gab auf der Strecke Pfützen die für gründliche Unterbodenwäsche am Auto gut war… ansonsten war die Piste frei weil alle in der Kirche waren. Wir stoppten kurz bei Kylemore Abbey, einer Anlage die ursprünglich ein Kloster war, dann zum Schloß umgewandelt wurde und nach dem frühen Tod der Hausdame mit einer Kirche ergänzt wurde… weiterhin gibt es einen großen Garten und ein Visitorcenter mit Restaurant… wir hielten nur für ein Foto und weiter ging es zum Nationalpark. Dort gibt es drei gut ausgebaute Wanderwege, einer davon über den 442 Meter hohen Diamond Hill. Das Wetter beruhigte sich zwar gerade aber die Tour über den Berg machten wir dann nicht aber dafür die mittellange Tour von etwa 3 Kilometern und nur 90 Meter Anstieg. Es gab schöne Ausblicke und die frische Luft in der Natur war auch sehr schön.

Kylemore Abbey
Der Diamond Hill
Ausblicke im Nationalpark Connemara

Zurück in Galway gab es noch das eine und andere Pub kennenzulernen… essen, trinken… ich will nicht langweilen… Highlight des Abends war dann aber etwas für das die Stadt sehr bekannt ist: Livemusik. Wir sahen im Kings Head eine gute Coverband die so ziemlich alles im Repartoire hatte… ich konnte gerade noch kneifen bevor mich eine der mittelalten irischen Feierdamen aufs Parkett zerren konnte 😉 Das war der letzte Höhepunkt unseres kleinen Ausflugs auf die im Moment gar nicht so grüne Insel. Am kommenden Tag fuhr ich unsere kleine italienische Eierfeile zurück nach Dublin… wir hatten keine Reifenpanne oder ähnliches Ungemach und landeten am Ende gegen 20:00 Uhr wieder in Berlin… hat mal wieder Spaß gemacht… nächstes Jahr steht Kilkenny auf der Agenda… für 2023 war es das jetzt erstmal mit meinen Reiseberichten aber nächstes Jahr gehts garantiert weiter.

Livemusik im Kings Head

McLarsen im Land der tausend Biere III. Bamberg (August 2023)

In diesem Blog wird ziemlich viel Bier getrunken… aber auch der Weg zum Bier hin kommt hier nicht zu kurz… Franken und andere Gegenden sind berühmt für ihre Biervielfalt… und Bier ist auch nicht gleich Bier… dann gibts dort meistens auch noch vernünftige feste Nahrung und sehr freundliche Einheimische… schöne Städte, knuffige Dörfer… Es geht also nicht nur ums Biertrinken. Seit 2020 trifft sich einmal im Jahr im August eine Gruppe von etwa 7 bis 8 Leuten die aus Berlin und Brandenburg anreist und an zwei Tagen (meist) fränkische Bierkultur erlebt und nebenher auch noch einige Kilometer dabei erwandert. Die ersten beidern Wanderungen waren 2020 in Aufseß und Bamberg und 2022 in Neumarkt i.d.Oberpfalz.

Im Braugasthof Mahr

Nach gewohnt gründlicher Planung und Vorbereitung startete die Bierwanderung Nummer 3 am Donnerstag, 17.08.2023 größtenteils in Berlin als zwei Autos um 09:30 Uhr in Richtung Franken starteten. An Bord waren André, Matthias und Immo als doppelte Wiederholungstäter, Philipp als Wiederholungstäter und Hansi als Debütant. Meine Wenigkeit startete etwa 11:00 Uhr in Würzburg wo ich drei Tage zur Besichtigung war… etwa 13:30 Uhr startete Thomas in seinem Wohnort Erlangen als letzter Richtung Bamberg. Etwa 14:30 Uhr war die Reisegruppe Pechmann (Running Gag vom Vorjahr) komplett. Matthias und Hansi hatten Weitsicht und kauften auf dem Weg noch einen gemischten, gekühlten Kasten Bier von der Brauerei Wagner welche morgen auch besichtigt werden wird. So gab es ein herzliches Hallo als alle beieinander waren samt Begrüßungsbier. Als Unterkunft wählte ich das Aparthotel Gartenstadt welches ganz am östlichen Stadtrand von Bamberg liegt. Die Hauptwanderung ist von dort aus nicht weit und bis ins Zentrum Bambergs auch nicht wirklich. Die Zimmer sind geräumig, haben eine Küchenzeile und im Keller stationierten die Besitzer auch einen Notkühlschrank mit Kasse des Vertrauens. Für Frühstück gibt es zwei Häuser weiter einen Bäcker… theoretisch gibt es ein Haus weiter auch ein italienisches Restaurant, der hat aber gerade Urlaub. Die äußeren Bedingungen waren strahlend blauer Himmel… aber Temperaturen um die 30 Grad… Für den Ankunfttag sollte das noch keine große Rolle spielen, es war bereits Nachmittag und die Strecke in die Innenstadt etwa gut eine halbe Stunde Fußweg. Durch Wohn- und Gewerbegebiete, Großbaustellen und Schnellstraßen… will heißen… nicht unbedingt so wie man sich die historische UNESCO Weltkulturerbe Stadt Bamberg vorstellt, erreichten wir unser erstes Ziel: Den Keller der Fässla Brauerei. Unter Keller darf man sich im Fränkischen nichts unterirdisches vorstellen. Vor der Erfindung von Kühlschrank & Co. wurde ja bekanntlich auch schon Bier gebraut… und das nicht nur im Winter… also wurde zumeist in Felsen Gänge und Räumlichkeiten geschaffen welche im Sommer das Bier bzw. die Komponenten aus denen Bier entsteht, kühlen konnten. Da nach Verlassen der Keller die Temperatur im Sommer nicht lange zu halten war, errichtete man einfach über dem Keller einen Biergarten wo das kühle Blonde vor Ort frisch und gekühlt genossen werden konnte… daher der Begriff „Auf dem Keller“… in Bamberg auch weit verbreitet.

Endlich ein Tisch für alle... Brauerei Keesmann (Bamberg)

Im Fässla Keller war alles prima, das Personal war wirklich auch Zack und der Großteil von uns verkostete drei verschiedene Biere: Helles, Lager und Zwergla (ein dunkles, untergäriges Vollbier)… letzteres konnte die meisten Punkte in unserer Gruppe sammeln. Im Prinzip hätten wir dort noch lange sitzen können… aber es gibt noch andere Braustätten in der Nähe und deshalb zog die Karawane weiter zur Brauerei Mahr… keine 10 Minuten entfernt. Im Mahrs saßen wir anfags draußen unter großen Bäumen… ein Gewitter zwang uns aber dann ins Innere des Brauereigasthofes den Matthias und ich vor drei Jahren erstmals aufgesucht hatten. Das bekannteste Bier der Mahrs Brauerei heißt schlicht „U“. Es ist ein ungespundetes Bier, also ein unfiltriertes, naturtrübes Bier mit weniger Kohlensäuregehalt. Der Name kommt vom offenen Spundloch des Fasses. Allzu lange blieben wir dort nicht und peilten die nächste Brauerei an welche schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite liegt: Brauerei Keesmann. Seit der Gründung 1867 befindet sich die Brauerei im Besitz der Familie Keesmann. Es gibt mehrere Säle sowie einen Biergarten. Da es noch immer regnete mussten wir etwas warten um einen ganzen Tisch für 7 Leute zu bekommen. Wir probierten verschiedene Biere, es gab Herren-Pils (der Verkaufsschlager der Brauerei) , Lager und Helles. Danach kehrten wir… mittlerweile auf dem Rückweg, nochmal in den Fässla Keller ein und machten mit einem letzten Zwergla den Deckel für den ersten Abend drauf… auch wenn in der Unterkunft noch letzte Flaschen geköpft wurden… es war dann auch genug.

 

Die Kolonne Immerfrisch zwischen Kaffee und erstem Bier im Garten der Unterkunft
Unsere Wanderung mit 5 Stationen war 16,4 Kilometer lang.

Am Freitag gab es Frühstück beim Bäcker, Sonnencreme auf die Haut und dann ging die erste Wanderung los. Wir liefen durch die Gartenstadt zu einer größeren Straße, überquerten die A73 und nach 4 Kilometern waren wir im Ort unserer ersten Brauerei: Memmelsdorf. Die Ortschaft mit knapp 9000 Einwohnern ist bekannt durch das Schloß Seehof, einer Sommerresidenz der Bamberger Fürstbischöfe… im 18. Jahrhundert nach Plänen von Antonio Petrini im Barockstil umgestaltet mit großen Schlossgarten. Was wir vorher nicht wussten ist das dieses Wochenende in Memmelsdorf Kirchweih ist… auf einheimisch Kerwa… quasi Volksfest… Kirmes… Dorfbums… Vormittags war man noch mit dem Aufbau beschäftigt und wir schauten beim ersten Bier des Tages im Braugasthof Höhn dabei zu. Eigentlich war diese Station erst auf dem Rückweg geplant aber nun… was solls… das Helle war sehr gut aber wir hatten ja noch einiges vor… also nach 2 Bier weiter nach Merkendorf… etwa 3,5 Kilometer mit einem unerwarteten Anstieg ohne jeden Schatten bei bald 30 Grad… das erste Bier in der Brauerei Wagner hatten wir uns durchaus verdient.

Landschaft bei Merkendorf

Merkendorf mit etwa 900 Einwohnern gehört zur Gemeinde Memmelsdorf und ist Heimat zweier Brauereigasthöfen: Wagner und Hummel. Mit dem Bier von Wagner waren wir bereits bekannt denn der Kasten Bier zur gestrigen Begrüßung stammte von hier. Wir rasteten in einem wunderbaren Biergarten der ohne Schnickschnack, dafür mit wunderbar alten und großen Bäumen ein Super Klima in der Hitze bot. Es gab Helles, Märzen, Lager und ein Bier mit dem wunderbaren Namen Richard Wagner Dunkel (ganz ohne Oper… obwohl Bayreuth nicht weit ist…). Erste Mittagsessen kamen auf den Tisch… bevorzugt Fisch… es war Freitag und die Gegend katholisch… Wir alle fanden Wagner sehr sympatisch aber wir waren ja nicht zum Vergnügen da… also auf zur nächsten Station: Brauerei Hummel… etwa 200 Meter weit…

Brauerei Wagner Merkendorf
Prima Klima durch Natur: Biergarten bei Wagner
...und lecker war es auch...

Bei Hummel konnten wir auch im Biergarten sitzen, der war allerdings durch Häuser begrenzt und mit Sonnenschirmen… im Vergleich zum Garten vom Wagner bestimmt gut 5 Grad wärmer. Das Bier hat trotzdem geschmeckt, es gab Pils, Kellerbier, Märzen und ein leicht rauchiges war auch dabei. Viel länger war es dann aber dort nicht angenehm… die Hitze staute sich in dem Biergarten und nach 2-3 Bier zog die Wanderkolonne weiter in den nächsten Ortsteil von Memmelsdorf: Drosendorf… etwa 1400 Einwohner und Heimat von Brauerei und Wirtshaus Göller. Viel zur Geschichte kann ich im Netz nicht finden… wir saßen im rückwärtigen Biergarten und tranken (glaub ich 😇) Lagerbier was gut war aber an der Stelle hätte ich für detailierte Berichte Notizen machen müssen… Zunge und Gaumen war bereits etwas in Routine… geschmeckt hatte es auf jeden Fall.

Brauerei Hummel Merkendorf
Im Biergarten von Göller in Drosendorf

Inzwischen war es fortgeschrittener Nachmittag und wir hatten noch eine Station plus Heimweg… also los nach Memmelsdorf wo der Brauereigasthof Drei Kronen auf uns wartete… oder vielleicht auch nicht… das Volksfest namens Kerwa (nicht zu verwechseln mit dem polnischen Schimpfwort Kurwa) war inzwischen im vollen Gange und vor unserer Station Nummer 5 befand sich die Hauptbühne der Veranstaltung in der gerade die „Stadelhofner“ ihren großen Auftritt hatten… ich zitiere von deren Website:

„Die Stadelhofner … 15 Jungs + 11 Mädels + 4 Techniker…verwandeln jedes Partyzelt in eine Gute-Laune-Zone …Blechblasinstrumente, Holzblasinstrumente, Schlagzeug und Gesang gepaart mit einer Mischung aus traditioneller Blasmusik, die mit brennenden Herzen vorgetragen wird und aktuellen Partyhits sowie Klassikern der Rock- und Unterhaltungsmusik, die direkt in den Körper gehen.“

Wir sind lieber Bier trinken gegangen und erlebten mit dem Besuch der Braugaststätte Drei Kronen den mit Abstand teuersten Laden der Tour… Essen und Bier waren ok aber auch nichts besonderes… daher ging es langsam zurück nach Bamberg… die Fußlahmen mit Bus (😂) und der Rest natürlich zu Fuß… Immo machte dabei noch einen Sprung in den Altsee am Schloß Seehof. Der Abend endete unspektakulär bei einer letzten Flasche Wagner aus dem Starterkit der Wanderung.

Schloß Seehof zu Memmelsdorf auf dem Rückweg

Der zweite Wandertag war ausschließlich der Stadt Bamberg gewidmet. Die meisten Stationen des Tages hatten Matthias und ich bereits vor drei Jahren getestet aber wir mußten auch etwas umplanen da einige Gasthäuser auch Betriebsurlaub hatten. Erste Station war die Brauerei Fässla… stimmt… der Name fiel hier schonmal und in der Tat waren wir am Anreisetag auch im Fässla Keller… genauer gesagt sogar zwei mal…nun also in die quasi Zentrale… Eigentlich hatte ich nicht so großen Andrang zu dieser Tageszeit gerechnet… aber wir hatten großes Glück das gerade ein großer Tisch frei wurde und dem ersten Bier des Tages nichts mehr im Weg stand… laut Kamera 10:47 Uhr. Die Biere waren uns ja bereits vertraut… also konnte es nach einer Stunde weiter in die historische Altstadt von Bamberg weiter gehen.

Bamberg von der Altenburg aus gesehen... Foto von 2020

:idee: Bamberg taucht in jedem Deutschland Reiseführer in der Top 10 der schönsten Städte auf und das völlig zurecht… Die Stadt mit 80.000 Einwohnern im Regierungsbezirk Oberfranken hatte großes Glück im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört zu werden und gilt als eine der am besten erhaltenden Altstädte Deutschlands… seit 1993 gehört die Altstadt zum UNESCO Weltkulturerbe. Neben unzähligen Bauwerken wie dem Rathaus und dem Kaiserdom gibt es noch eine Besonderheit: Bamberg ist eigentlich die wahre Bierhauptstadt Deutschlands. Laut Wikipedia waren es wohl zur Boomtime 68 (!) Braustätten in der Stadt… heute sind es je nach Zählweise noch immer um die 14. Eine Spezialität Bambergs sind Rauchbiere die besonders von der Brauerei Schlenkerla weit überregional bekannt sind… klingt eigentlich nach Traumstadt…

Im Slenkerla... das Rauchbier ist und bleibt Geschmacksache...
Vorm Schlenkerla... stets überfüllt von Touristen aus aller Welt...

Nach Sichtung von Fußgängerzone, Rathaus und anderen schönen Plätzen der Stadt ging es zur nächsten Station: der berühmten Brauerei Schlenkerla… für ihr rauchiges Bier mehr oder weniger weltbekannt. Die Brauerei gibt es seit 1678, der Name kommt von einem Braumeister der beim Fässerbeladen verletzt wurde und seitdem beim Laufen schlänkerte… Das Gasthaus ist sehr groß und wir hatten Glück einen freien Tisch zu finden. Das Rauchbier war unser aller Sache nicht so richtig… Schinken zu Schinken – Bier zu Bier. Eins gehört zu einer Bamberger Bierrunde dazu… eins reicht dann aber auch.

Bamberger Dom - Inneres nach Westen
Der Bamburger Reiter
Die Regnitz mit dem Rathaus im Hintergrund in der Nähe vom Klosterbräu

Nach dem Rauchbier vom Schlenkerla gönnten wir uns eine Kulturpause und besichtigten den Dom… schonmal auch weil es darin so schön kühl war. Vor drei Jahren machten wir eine Führung mit… diesmal war die Besuchszeit deutlich kürzer. Der Bamberger Dom ist eine romanische Basilika deren Bauzeit in die Frühgotik reichte. In der Kathedrale wurden Kaiser Heinrich II. mit seiner Ehefrau Kaiserin Kunigunde bestattet… das Hochgrab wurde in der Werkstatt von Tilman Riemenschneider gefertigt. Ein weiterer Prominenter liegt in einem Marmorsarg im Westchor begraben: Papst Clemens II. (1005-1047)… es ist das einzige Papstgrab nördlich der Alpen. Überregionale Bekenntheit hat die Statue des Bamberger Reiters.

Das Klosterbräu
Im Klosterbräu... sogar vollzählig...

Nach der Abkühlung im Dom statteten wir der nächsten Braugaststätte einen Besuch ab: Ahörnla… eine Gaststätte die es vor drei Jahren noch garnicht gab… Debüt quasi… In dem Haus wurde bereits im Mittelalter gebraut… nach etlichen Besitzerwechseln war dann 1961 Schluß mit der Brauerei, Gaststätte blieb es aber noch lange. Seit 2021 wird im Top-sanierten Haus wieder gebraut. Die Biere heißen Ahörnla Rot, Sand Hell und Keller. Nach dem Ahörnla spazierten wir zum Klosterbräu was recht dicht an der Regnitz liegt. Ursprünglich war die Brauerei seit 1533 ein fürstbischöfliches Braunbierhaus… erst 1790 wurde die Brauerei an  einen bürgerlichen Braumeister verkauft. Wir hatten wieder Glück mit einem Tisch und viele nutzten die Gelegenheit zum Mittagessen. Die Bierauswahl bestand aus Braunbier, Kellerbier, Schwärzla und Rauchbier. Eine letzte Station hatten wir noch auf dem Zettel und dort sollten wir lange verweilen: Der Spezial Keller. Wie eingangs erwähnt liegt der Keller in Bamberg eher auf dem Berg und das war auch hier der Fall… mit grandioser Aussicht auf die Bamberger Altstadt mit durchaus sehr gutem Bier und auch Essen… ein wunderbarer Platz zum Verweilen.

Aussicht vom Spezialkeller: v.l.: Kloster Michelsberg, Dom, Obere Pfarre, Stephanskirche

Eine gelungene Bierwanderung ging nunmehr zuende… diesmal hat alles gut geklappt und wir freuen uns alle auf ein neues Abenteuer im nächsten Jahr… es läuft natürlich wieder alles auf Franken hinaus… aber etwas mehr Landschaft darf es dann schon sein… ich habe schon ein paar Ideen… ist aber noch bisschen hin 😉

McLarsen in Würzburg (August 2023)

Würzburg, 14.08.2023. Beim dritten Jahr in Folge kann man ja fast schon von einer Tradition sprechen… im August geht es mit Freunden zu einer Bierwanderung nach Franken und damit sich die weite Reise lohnt, fahre ich schonmal vor und schaue mir sehenswerte Städte in der Gegend an. Vor zwei Jahren war die Stadt Bamberg, letztes Jahr war Nürnberg dran… beides Städte mit großartiger Kunst, Architektur und Geschichte… und von diesen Punkten her steht Würzburg den genannten Städten mit Sicherheit auf Augenhöhe.

Blick aus meinem Hotelfenster mit Alter Mainbrücke und Festung Marienberg am Abend

:idee: Würzburg ist mit 127.000 Einwohnern die siebtgrößte Stadt Bayerns. Sie ist der Regierungssitz von Unterfranken, im Bundesland Bayern ganz oben links an der Grenze zu Baden-Würtemberg gelegen. Durch die Stadt fließt der Main der mit 527 Kilometern der größte Nebenfluß des Rheins ist und Punkto Länge deutscher Flüsse damit auf Platz 7 rangiert. Würzburg ist seit 742 Bistum, seit 1402 Universitätsstadt. Bis zu der Zeit als etwa 1825 der letzte Adlige von Rang und Namen die Stadt verlassen hatte war Würzburg ein im europäischen Maßstab bedeutsames Zentrum von Kunst, Kultur und Wissenschaft. Hier wirkten große Künstler ihrer Zeit wie Tilman Riemenschneider und Balthasar Neumann. Am 16.03.1945 wurde die historische Altstadt zu 90% zerstört. Der Wiederaufbau orientierte sich zu großen Teilen am historischen Vorbild, ähnlich wie Nürnberg… originalgetreu wurden jedoch nur einzelne Bauwerke wie Kirchen und historische Schlossgebäude rekonstruiert. Im Gegenteil zu anderen fränkischen Gegenden ist Bier hier nicht das Getränk Nummer eins sondern Wein… was auch anhand der Weinberge in und um der Stadt nicht zu übersehen ist. Mehrere der größten Weingüter Deutschlands sind in Würzburg ansässig. Der Silvaner ist der große Hit dieser Weinbauregion.

Marktplatz mit Marienkapelle ...
...und Falkenhaus

Die Anreise war heute erfreulich unspektakulär und vollumfänglich pünktlich… um 07:16 rollte der ICE vom Gesundbrunnen los, in Fulda einmal umgestiegen und 11:30 verließ ich den Würzburger Hauptbahnhof in Richtung meiner Unterkunft, dem Hotel Alter Kranen… ein familiengeführtes kleines Hotel und als ich die Aussicht von meinem Zimmer sah war ich doch sehr positiv überrascht… Blick auf den Main mit Alter Mainbrücke und Festung Marienberg… ich hab hier direkt am Main nicht viele andere Hotels gesehen… ich kann mir nicht vorstellen, das es einen besseren Ausblick gibt. Das Wetter ist im Gegenteil zu dem herbstlichen Einlagen der letzten Wochen zeitgemäß hochsommerlich… heute war der erste Tag seit langer Zeit wo das Thermometer die 30 Grad Grenze überschritten hat… das ist einerseits schön, andererseits auch anstrengend wenn man wie ich vom Hauttyp „Gesunde Bräune einer Spalt-Tablette“ ist… Nach einer kurzen Erfrischung ging es dann gleich in die Altstadt… was vom Hotel aus nur wenige Meter bedeutet. Ich nahm mir vor heute keine Gebäude zu besichtigen, nur schonmal etwas umschauen. Der Marktplatz ist sehr schön… neben historischen Gebäuden wie der Marienkapelle und dem Falkenhaus mit seiner Rokokofassade gibt es auch einige Gebäude aus der Nachkriegszeit die sich mal mehr, mal weniger harmonisch einfügen. Vorbei an sakralen Meisterwerken wie Neumünster, Dom St.Kilian, St.Peter und Neubaukirche gab es erstmal Mittag in Form einer leckeren Suppe im Souperiour Die Suppenbar.

Die Alte Mainbrücke Richtung Dom St.Kilian
Einen Brückenschoppen sollte man sich gönnen...
...St.Johannis von Nepomuk hat nix dagegen... im Hintergrund die Weinberge in die es gleich geht...

Dann ging es zu einem sehr beliebten Bauwerk in der Stadt: Die Alte Mainbrücke. Die Brücke wurde 1476 bis 1703 gebaut, wobei die späten Sachen hauptsächlich die Statuen sind die wie einiges andere auch ein wenig an die Prager Karlsbrücke erinnern. Während Prag aber ein Bier-Hotspot ist, trinkt man in Würzburg wie oben bereits erwähnt aber lieber Wein und kauft sich einen Brückenschoppen (0,25l) für 5,50€ (+ Pfand und Stand August 2023). Meine durch Bier und Whisky ja … ich nenne es mal anspruchsvoll arbeitende Leber hat eigentlich nicht viel Platz für solche Getränke… aber ein Silvaner neben den Statuen vom heiligen Kilian und seinen Kollegen hat dann doch sehr gemundet… aber auch nur einer… die Sonne stand hoch und und ich hatte noch ein paar Meter geplant. Es ging am anderen Mainufer Richtung Norden… so konnte ich das Ufer mit meinem Hotel und die Skyline der Altstadt fotografieren.

Wenn ich im Hotel (gelb hinterm Baum) gewesen wäre hätte ich winken können...
Die Altstadt ist von vielen Türmen und Kuppeln geprägt... zwischen den Schiffen der "Alte Kranen"

Es gibt einen Stein-Wein Pfad durch die Weinberge welcher etwa 4 Kilometer lang und auch etliche Höhenmeter hoch ist… da am Himmel aber kaum noch Wolken waren und Weinreben auch keinen Schatten spenden war dann bei mir kurz vor der Hälfte Schluß und nach einigen wunderbaren Panoramabildern der Stadt ging es zurück Richtung Hotel um bei einer Flasche Wasser diesen Text bis hierher zu verfassen.

Stadtansicht von den Weinbergen des Stein-Wein Pfades aus gesehen

Abends… die Leute die hier im Blog schon länger lesen wissen Bescheid: Local Beer… Local Food… Da Würzburg ja quasi Weinfranken ist hatte ich diesbezüglich auch keine großen Erwartungen… was sich auch bestätigte als ich im Restaurant & Biergarten „Zum alten Kranen“ direkt vor meinem Hotel einkehrte. Das Essen… der obligatorische fränkische Sauerbraten (wird die nächsten Tage garantiert noch mit dem Schäuferla ergänzt) … da konnte nicht viel schief gehen… das Bier von der Brauerei Würzburger Hofbräu und das niederländische Paar neben mir… nun ja… kann nicht immer alles passen… das Bier war nicht schlecht aber auch langweilig. Dann also Business As Usual… Guinness im Irish Pixie… andere Seite vom Hotel aber höchstens 50m entfernt… dort war erstmal nix los (Montag halt…) aber dann kamen nach 23:00 Uhr noch so viel Partyschwärmer mit Fremdbier, Musikwünschen und Jägermeister rein das ich Olli, den Barmann ziemlich bedauert habe… der machte das aber höchst professionell wie es bei uns Xander auch gemacht hätte. Was Olli mir auch verraten hat, ist das morgen in Bayern Feiertag ist… Maria Himmelfahrt nennt sich die Veranstaltung und zum Glück wollte ich erst übermorgen nicht shoppen gehen… mal sehen was das morgen wird…

...einmal mehr warum ich so gern in Franken bin... (Symbolbild)
...ein Phänomen was die Handykamera da alles sieht... eigentlich ist es zappenduster...nur laut...

Statt shoppen ging es heute häufig bergauf… erstes Ziel war die Wallfahrtkirche Maria Heimsuchung im Volksmund auch Käppele genannt. Zufällig war heute auch noch Mariä Himmelfahrt und in der ganzen Stadt war vormittags ein einziges Glockengebimmel. Die Kirche wurde unter Einbeziehung einer kleineren bereits vorhandenen Kapelle 1748-1750 erbaut und ihr berühmter Baumeister hieß Balthasar Neumann… einer der größten süddeutschen Architekten des Barock- und Rokokozeitalters. Er wurde 1687 im heute tschechischen Eger geboren und machte anfangs besonders im Militär Karriere. Er wurde unter dem damaligen Fürstbischof Baudirektor von Würzburg und später auch in anderen Teilen Süddeutschlands. Er starb 1753 in Würzburg als Oberst der fränkischen Armee und einer der bekanntesten Baumeister seiner Epoche. Sein Hauptwerk ist die neue Residenz zu Würzburg um die es hier auch noch gehen wird.
Zurück zum Käppele… die Kirche erreicht man über ca. 260 Stufen in die ein Kreuzungsstationsweg eingebunden ist. Es gibt gepflasterte Terassen mit kleinen Pavillions in denen die Kreuzungsgeschichte Jesu in Form von bildhauerischer Kunst dargestellt ist. Da man immer wieder vor den Kunstwerken die Ende des 18. Jahrhunderts entstanden sind verweilen kann, fällt der Aufstieg weniger schwer als eine normale Treppe. Oben angelangt konnte ich lediglich einen kurzen Blick ins Kircheninnere werfen da heute erwartungsgemäß Gottesdienste abgehalten wurden. Der Weg dahin und der grandiose Ausblick auf die Stadt waren die Mühen aber allemale wert.

Das Käppele vom Nachbarberg Marienberg
Kreuzungsstationsweg zur Wallfahrtskirche "Käppele"

Von der einen Erhebung hatte man auch schon einen guten Blick auf die andere bebaute Fläche etwa 100 Meter über der Stadt: Die Festung Marienberg… das Wahrzeichen der Stadt und mein nächstes Ziel. Die Älteren unter uns… speziell die noch einen 50 DM-Schein in der Hand halten durften, kennen das Portrait vom oben genannten Balthasar Neumann und die Marienburg war auch auf dem Schein zu sehen. Der heutige Bau hat seine Wurzeln bereits um 700 als ein Kloster an der Stelle gegründet wurde. Die Burganlage mit dem Bergfried und Brunnen stammen aus der Zeit um 1200… Teile der Marienkirche auf dem Gelände sind noch älter. Bis zum Bau der neuen Residenz war die Marienburg Sitz der Würzburger Fürstbischöfe… die meisten Teile der Anlage wurden im Stile der Renaissance umgestaltet.

Die Festung Marienberg vom Nachbarberb Käppele
Balthasar Neumann mit seinen Würzburger Gebäuden auf historischem Geld. Bild Gemeinfrei

Nach dem Abstieg vom Käppele ging es an der Burkardkirche (Burkard war der 742-754 der von Bonifacius benannte erste Bischof von Würzburg) via Weinberg serpentinenmäßig nach oben. Vorbei am Maschkuliturm (der in meinem Kopf fälschlicherweise aber gerne Muschikuschiturm genannt wird) verpasste ich den direkten Zugang zur Burg und drehte eine Ehrenrunde durch die Weinberge. Die Sonne verschwand heute zeitweise hinter Wolken so das ich nicht wieder zum Tomatenkopf werden konnte… von daher war das ok. Auf der Burg war natürlich reichlich was los am Feiertag aber auch das störte mich nicht weiter… nach einer Weile und vielen Fotos von Würzburg von oben ging es wieder herab… ein Fischbrötchen vom Kutter direkt vor meinem Fenster inklusive gab es dann eine Stunde Pause.

Bergfried, Brunnen und Marienkirche auf der Festung Marienburg
Im Vordergrund St.Burkard in Renovierung und auf der anderen Seite die Altstadt Würzburgs

Die nächste Tour war etwas in der Natur… es gibt in Würzburg einen Ringpark welcher etwa 3,5 Kilometer lang ist und sich halbrund um die Altstadt zieht… Baum-Lehrpfad und einige künstlerische Werke einbegriffen… etwas Musik auf die Ohren und los ging ein sehr schöner Spaziergang. Von der Natur geradezu berauscht ging ich danach in den Hofgarten der Residenz, ein typischer barocker Garten mit viel Symmetrie aber im Vergleich mit ähnlich bedeutenden Schlossbauten der Zeit in Versailles, Wien oder Potsdam eher klein. Inzwischen war die Sonne wieder anwesend und als ich dann über den riesigen Residenzplatz Richtung Innenstadt zurück lief wurde die Rübe langsam wieder rot… Zeit für ein leckeres Weissbier (das obligatorische eine leckere Weissbier im Jahr) und einer Brezel im benachbarten Biergarten von gestern… danach erstmal Pause…

Im Ringpark... irgendwo...
Neue Residenz zu Würzburg...
...Residenz von der anderen Seite...
...und von vorne mit dem Residenzplatz

Als Wirtshaus mit heimischen Bier (zumindest einigermaßen regional) hatte ich mir das Wirtshaus Lämmle im Vorfeld der Reise markiert… die bieten einen Burger aus dem Fleisch des fränkischen Nationalgerichts Schäufele an… das klang gut und war es auch… ziemlich genial sogar und mit 11,80€ sogar günstiger als manche Imbissbude… Das Bier dazu gabs aus der Distelhäuser Brauerei aus Tauberbischofsheim… zwar bereits schwäbisch aber keine 40 Kilometer entfernt. Der Personalmangel in diesem Restaurant in dessen Biergarten ich in bester innerstädtischer Lage saß muss aber auch groß sein… ich hoffe der Kellner der mutmaßlich einheimisch und älter als ich war, war nur extrem betrunken… aber Charlie Chaplin hätte das erste Bier nicht trotteliger einen Meter (immerhin) vor meinem Tisch umschütten können… das arme dunkle Landbier… später brauchte er mehrere Minuten ein Bier und den Burger abzukassieren… bar… egal…lecker war das trotzdem. Nun Bier: zwei Irish Pubs in der Stadt, in einem war ich sehr zufrieden gestern, das Red Lion galt es nun zu erkunden. Das Red Lion liegt in der Semmelstraße die irgendwie populär zu sein scheint, denn sie hat einen beleuchteten Schriftzug was die Orientierung erleichtert. Leider gab es Murphys… und ich weiß nach wie vor das man das trinken kann… aber sich dann auf ein Guinness freuen muß… Etwas befremdlich fand ich auch das die nicht nur Pitcher anbieten (falls jetzt jemand der Meinung ist das das fürs Offside auch ok wäre: Nur über meine Leiche…) …nein… die hatten eine 3-Liter-Röhre die vom Barmann mit viel herausschöpfen von Schaum einer Tischgesellschaft zum Selberzapfen an den Tisch gebracht wurde… Heineken!… die chemische Keule… Das war zu viel für mich und ich ließ den Abend im Irish Pixie ausklingen wo ich definitiv häufig wäre wenn ich hier wohnen würde… quasi… wenn Irish Pub Würzburg… dann Irish Pixie mit Guinness. Nun aber in die Federn…

v.l.n.r.: Marienkapelle, Stift Haug, Rathaus, Neumünster, Dom St.Kilian

Der letzte Tag in Würzburg ist von Baudenkmälern, insbesondere von Kirchen geprägt. Wie am Anfang dieses Blogs erwähnt war Würzburg bis zum 19.Jahrhundert künstlerisch und kulturell von überregionaler… gar europäischer Bedeutung. Das spiegelte sich auch in den Bauwerken der Stadt wieder und im Mittelpunkt stand früher nun mal die Kirche im Dorf… und in den Städten auch.

Hier sieht man die städtebauliche Wirkung vom Stift Haug
Stift Haug - Westfront

Meine Kirchenrunde startete ich beim Stift Haug… offizieller Name: St.Johannes… sagt nur keiner hier… Haug ist der Name des Stadtviertels und die Ursprünge der heutigen Pfarrkirche war ein Stift. Das barocke Bauwerk wurde 1670-1691 vom Architekten Antonio Petrini errichtet und gilt auch als sein Hauptwerk. Markant ist die Fassade mit zwei 75 Meter hohen Türmen und einer 60 Meter hohen Kuppel im westlichen Bereich. Die Ausstattung der Kirche war bis zum 16.03.1945 voller üppigem Barock, nach der Bombardierung und dem Feuer war kaum etwas erhalten vom früheren Prunk… nunmehr kann man sich auf die Architektur Petrinis konzentrieren, was auch sehr schön ist. Als Altarbild dient nunmehr ein 9 x 5,5 Meter großes Gemälde von Tintoretto… es stand früher in einer Münchner Kirche die jetzt Museum ist… ein Kriterium für die Leihe ist wohl auch weil es schwer ist so einen großen Schinken irgendwo unterzubringen. Einige Teile der Kirche enthalten auch moderne Elemente.

Tintoretto "Kreuzigung Jesu" 1585
Stift Haug - Inneres nach Westen

Das nächste Kirchengebäude war die Marienkapelle am Marktplatz. Unter der Bezeichnung Kapelle versteht man ja normalerweise eher kleinere Kirchengebäude… diese hier hat die Größe einer Stadtkirche… Kirchenrechtlich ist die Bezeichnung korrekt denn sie ist nur eine Nebenkirche von Dom und Neumünster ohne selbst eine Pfarrkirche oder ähnliches zu sein. Wir haben es hier mit Spätgotik zu tun und auch die Ausstattung kann sich sehen lassen… so finden sich einige Meisterwerke von Tilman Riemenschneider wieder… teils als Kopie. Eine kuriose Bildhauerarbeit befindet sich in einem Tympanon einer Eingangstür: Der Hauch des heiligen Geistes geht als gedrehter Schlauch vom Mund Gott Vaters zum Ohr Marias und endet mit der Taube des Heiligen Geistes. Auf diesem Strahl eilt Jesus als kleines Kind bäuchlings zu Maria… ok… so geht das also… hatte auch nie an den Klapperstorch geglaubt…

Marienkapelle - Tympanon vom Nordtor
Marienkapelle - Ritter Konrad von Schaumberg von Tilman Riemenschneider (1499)

:idee: Tilman Riemenschneider wurde 1460 im thüringischen Heiligenstadt geboren. Er lernte früh das Handwerk der Bildhauerei und Bildschnitzerei. Mit der Heirat einer reichen Witwe begann der gesellschaftliche und wirtschaftliche Aufstieg ab etwa 1485 in Würzburg… er wurde Meister, erwarb sich als Künstler einen hervorragenden Ruf, war bald recht vermögend und bekleidete öffentliche Ämter, sogar Bürgermeister war er… er unterhielt eine Werkstatt mit vielen begabten Lehrlingen… alles prima bis dahin… zum Verhängnis wurde ihm seine Sympathie zu den Aufständigen des aufkommenden Bauernkrieges… die erlitten nämlich 1525 eine heftige Niederlage in und um Würzburg. Mitten drin: Der bis dahin so geschätzte Herr Riemenschneider. Im Prinzip hatte er Glück… hunderte, gar tausende wurden sofort getötet… Riemenschneider kam „nur“ in Haft und wurde gefoltert… nach Zahlung eines Großteils seines Vermögens wurde er nach 2 Monaten freigelassen. Danach bekam er nie wieder einen großen Auftrag… er starb ziemlich mittellos 1531. Lange wurde er vergessen aber 1822 fand man neben dem Dom seine Grabplatte und stellte diese nun aus… das Grab befindet sich an der äußeren Nordseite des Domes St.Kilian. Der Stil von Riemenschneider ist nicht mehr richtig Gotik aber auch noch nicht ganz Renaissance. Seine Figuren haben sehr viel Charakter besonders in den dargestellten Gesichtern… Die meisten seiner Werke befinden sich im Umkreis von 100 Kilometern um Würzburg.

Dom: Epitaphaltar von Rudolf II. von Scherenberg von Tilman Riemenschneider
Hier sieht man gut den Übergang von Gotik (l.) und Renaissance (r.) beides Riemenschneider

Für die nächste Kirche bzw. die Hauptkirche der Stadt las ich von der Möglichkeit, jeden Wochentag um 12:05 für eine Viertelstunde Orgelmusik und ein paar warme Worte von wechselnden Vortragenden zu hören. Im Anschluß wird empfohlen eine einstündige Domführung zu machen… für mich hörte sich das nach einem sehr guten Plan an und ich muß sagen… selten so eine schöne ca. 1,5stündige Zeit in einer Kirche erlebt… (An dieser Stelle muß ich nochmal kurz erwähnen das ich nie einer Religion angehört habe und selbiges auch nicht beabsichtige)… Erstmal die Orgel… von der Bonner Firma Klais 1969 erbaut… also dieses Instrument konnte bei mir schon immer Eindruck hervorrufen… keine Ahnung was der gespielt hat aber es war laut und gut… Gänsehaut inklusive… die Führung war auch großartig… ich mochte den Stil des etwa 60jährigen Referenten… sogar ein Abstecher in die normalerweise nicht zugängliche Schönborn-Kapelle war dabei. Was den Würzburger Dom angeht möchte ich es gewohnt kurz zusammenfassen: Im Kern eine romanische Basilika und heute die viertgrößte romanische Kirche Deutschlands… in Zeiten von Renaissance und Barock weitestgehend umgestaltet… nur der Ostteil zeugt heute noch davon… 1945 schwer beschädigt… oder nennen wir es zerstört… Kontroverser Wiederaufbau mit Konzentration auf den romanischen Kernbau mit Flachdecke mit moderner Malerei… Heimat vieler Kunstwerke unter anderem von Tilman Riemenschneider der auch an der Außenmauer des Doms begraben liegt.
Sicher ist das jetzt stark abgekürzt aber mein Blog ist ja auch dafür da mit wenigen Worten einen kurzen Überblick zu bieten… wer es genau wissen will liest eh seriösere Quellen 😉

Dom St.Kilian - Inneres nach Osten... vor jüdischen Symbolen hat man hier keine Angst

:idee: Der heilige Kilian (ca. 640-689) war ein irischer Missionar der zusammen mit seinen Mit-Wanderpredigern Kolonat und Totnan 689 in Würzburg ermordet wurde…warum?… Er hatte den Herzog getauft und der hatte vorher die Witwe seines Bruders geheiratet… nach damaligen (früh)christlichen Regeln ein No-Go… und die betroffene Dame namens Gailana… war mit der Situation unzufrieden und ließ die drei quasi aus den Weg räumen… um es im Mafiajargon zu benennen… Die drei wurden in einem Pferdestall verscharrt und… an der Stelle sollte erwähnt werden das es reichlich wenig belegbare Quellen dafür gibt… nach wundersamen Dingen die sich später dort abgespielt haben sollen… wieder ausgegraben worden und bereits 752 zu Heiligen erklärt worden. Das war damals eine lukerative Einnahmequelle für die Städte… und mit Kilian und seinen Gefährten gab es erstmals Kult-Reliquien von christlichen Märtyrern rechtsseitig des Rheins und nördlich der Alpen… Würzburg hat die Aktion (sofern sie überhaupt stattgefunden hat… man ist sich nicht 100%ig sicher) deutlich nach vorne gebracht. An der Stelle wo die verscharrten Leichen der Frankenapostel gefunden wurden steht heute das Neumünster und Teile ihrer sterblichen Überreste ebenfalls… der Rest ist anderswo verteilt… war halt damals üblich: Herz da, Schädel da… Gebeine dort… alles Plätze zur Anbetung… steigert die Chance für eine schöne Zeit nach dem Tod…

Der heilige Kilian auf der alten Mainbrücke
Neumünster: Die Franken-Apostel mit St.Kilian mittig... Kopien von Riemenschneider
Schrein der Gebeine der drei Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan im Neumünster

Nach einer kurzen Mittagspause ging es mit der nächsten Kirche weiter: das Neumünster. Auch diese Kirche ist im Kern eine romanische Basilika aber das sieht man eigentlich nur noch von außen und zwar von hinten… das Kirchengebäude grenzt direkt an den Dom. Da ja auf dem Gelände wo heute die mächtige Kuppel thront die Überreste der Franken-Apostel gefunden wurden, war schon immer etwas mehr Geld für den Kirchenbau vorhanden… eine stattliche Barockfassade und eine große Kuppel inklusive. Im Neumünster verbrachte ich nicht so viel Zeit wie im Dom aber ich mußte feststellen, das es mit Abstand die schönste Kirche Würzburgs ist (natürlich meiner bescheidenen Meinung nach) … Barock, Rokoko, Riemenschneider, die Franken-Apostel Reliquien… zwischendurch auch durchaus moderne Kunst hervorragend eingebunden… wow… dann gibt es noch hinter der Kirche einen klitzekleinen Garten namens Lusamgärtchen… mit Teilen eines ehemaligen Kreuzgangs… in dem steht das Grab eines anderen Superstars seiner Zeit: Walter von der Vogelweide (nicht 100%ig sicher aber sehr warscheinlich das er da drin liegt)

Neumünster - Westfassade
Neumünster - Inneres nach Osten

Ein historisches Bauwerk sollte heute noch folgen… das vielleicht bekannteste und üppigste: Die Residenz von Balthasar Neumann… bessergesagt von ihm erbaut…er wohnte dort nicht… Das Treppenhaus mit einer Freskodecke von über 700qm spricht natürlich für sich… viele andere Sachen dieser Perle des Rokoko auch… ich war sehr früh Schlossführer im Schloß Sanssouci und kenne mich mit Rokoko durchaus aus… also die Residenz Würzburg ist schon sehr beeindruckend auch mit seiner Gemäldesammlung. Leider ist das mit dem fotografieren dort so eine Sache… es ist nicht streng verboten aber darf halt nicht ohne Genehmigung veröffentlicht werden… ich habe mich dazu entschlossen keine Bilder im Inneren zu machen und mußte auch feststellen, das ich die Dinge deutlich entspannter aufgenommen habe… kann jetzt hier nur nichts anbieten… es gibt aber im Netz und sei es bei Wikipedia genügend Bilder. Als ich später wieder im Hotel war stellte ich fest das ich die Besichtigung der Schlosskirche schlicht und einfach vergessen hatte… hmmm… nicht schlimm aber das mir das passiert…

Die Residenz nochmal... von außen

Abends ging es zum Italiener um die Ecke zu Minestrone und Pasta (müssen ja nicht jeden Tag diese fränkischen Schweinereien sein), danach zum Biergarten mit eigener Brauerei namens Goldene Gans… das war sehr sympatisch aber nach zwei Bier ging es dann nochmal auf die gut gefüllte Mainbrücke (will nicht wissen was da am Wochenende los ist) und dann zum Abschluß-Guinness ins Irish Pix zum Olli der jetzt drei Abende für mich da war… ein Typ den ich im Offside auf der Stelle einstellen würde… die Frage stellt sich aber nicht und ich war gerne im Irish Pix…

Abendliches Treiben auf der Mainbrücke

Das waren also 3 Tage in Würzburg… es war sehr schön… ich werde lange daran zurückdenken und kann diese Stadt vollumfänglich empfehlen. Für Bierfreunde findet sich eher im Umland etwas… Würzburg ist halt Weinfranken und es war auch sehr interessant darüber ein paar Dinge zu erfahren… die beiden Bocksbeutel die ich mir fürs Hotelzimmer gekauft hatte sind natürlich auch längst alle… Apropos Hotel… das Hotel Alter Kranen war eines der besten Häuser außerhalb der üblichen Hotelketten was ich bisher hatte, der Blick aus dem Fenster natürlich absolut sensationell…  nun geht es weiter nach Bamberg wo die nächste Bierwanderung wartet… hier nachzulesen: McLarsen im Land der tausend Biere III. Bamberg 2023

McLarsen Back In Scotland… Islay 2023

Berlin, 15.07.2023…  Zwischen 2010 und 2019 war ich insgesamt 17 mal in Schottland. Häufig hatten diese Reisen irgendwas mit Whisky zu tun… aber auch nicht ausschließlich. Für 2020 war eine weitere Erkundung geplant aber dann kam Covid dazwischen und die Reise wurde gecancelt… dann wurde der Brexit nach Jahren der Diskussion wie und mit welchen Verträgen dann irgendwann in den Zeiten der Pandemie umgesetzt und obwohl ich sehr gut weiß das die Schotten mehrheitlich dagegen waren, war ich auch ein wenig angepisst deswegen und entdeckte meine Liebe zu Entdeckungsreisen im eigenen Land… nach Jahren voller Schottland war das eine willkommene Abwechslung die ich auch heute noch gerne praktiziere und die bleiben wird. Sicher hätte ich meinem geliebten Schottland längst wieder einen Besuch abstatten können aber es fühlte sich noch nicht richtig an… schon mal wenn ich über Kleinigkeiten nachdenke das jetzt zum Beispiel nur ein Liter Whisky unverzollt eingeführt werden darf… wo ich doch früher immer mit komplett überfüllten Koffern voller rarer Malts nachhause kam… Nun ergab sich dann aber dieses Jahr die Gelegenheit mich Freunden anzuschließen die bereits seit 32 Jahren Schottland bereisen und die Whiskyinsel Islay so oft, daß sie schon fast als Locals durchgehen könnten. Berit und Hans Peter sind Freunde von uns… sehr Schottland- und Whiskyverrückt und auch bekannt für die Website kilchomania.com, einer gut organisierten Fansite und Datenbank der Islay Brennerei Kilchoman. Bereits im April war geplant das wir 5 Tage nach Islay reisen und Campbeltown einen Kurzbesuch abstatten. Zwei Tage vor dem Hinflug wurde dann bekannt das der Berliner Flughafen BER für den Tag unserer Anreise bestreikt werden sollte… mit der Folge das diese Reise verschoben werden musste.

Die Reisegruppe: Berit und Hansi... in der Mitte ich

Drei Monate später sollte es nun aber klappen und und das schottische Comeback konnte am 10.07.2023 beginnen. Am Montagmorgen hob der Flieger Richtung Edinburgh ab. Dort nahmen wir unseren Mietwagen entgegen und überbrückten die Zeit bis zur Fähre welche 18:00 Uhr von Kennagraig gehen sollte mit einem Besuch von Falkirk, einer Stadt etwa 20 Meilen westlich von Edinburgh Airport. Drei Stopps waren geplant, der erste ging schief weil uns das Navi zwar an den Kelpies vorbeigeführt hat aber auf der Autobahn kann man schlecht anhalten so waren dann noch zwei übrig…

Die Kelpies von der Autobahn aus gesehen
Die Rosebank Distillery in Falkirk

Als erstes warfen wir einen Blick auf die Bauaktivitäten der Rosebank Distillery. Die Lowland Brennerei wurde Anfang der 1990er Jahre geschlossen und verfiel zunehmends. 2017 wurde Rosebank von Ian MacLeod gekauft und seit ein paar Jahren mehr oder weniger neu errichtet… unter Berücksichtigung einiger historischer Gebäudeteile. Wir konnten selbstverständlich nur von außen ein wenig schauen, aber wie das aussieht kann es nicht mehr lange dauern bis diese Fabrik wieder produzieren wird. Ich freue mich drauf denn Rosebank mochte ich immer sehr gerne… in den Zeiten als der Stoff noch bezahlbar war.

Schiffshebewerk Falkirk Wheel

Die größte Sehenswürdigkeit neben den Kelpies (2 etwa 30 Meter hohe Pferdestatuen aus Edelstahl, etwa 10 Jahre alt) ist jedoch ein technisches Meisterwerk: Das Falkirk Wheel, ein Schiffshebewerk in Form eines Riesenrads… etwa 20 Jahre alt und eine gut besuchte Touristenattraktion mit Visitorcenter, Schwimmbad und Ausstellungen. Das Wetter wurde langsam ungemütlich das wir nur relativ kurz blieben und uns dann langsam zur Westküste bewegten, inzwischen regnete es aus Kübeln und die Fahrt war eher anstrengend. Eine ganz kurze Unterbrechung machten wir bei der Brennerei Glengoyne die ich zuletzt 2010 sah… war aber nur für ein Foto. Der zeitliche Vorsprung war schnell aufgebraucht aber wir erreichten pünktlich die 18:00 Uhr Fahre nach Kennacraig. Diese brachte uns in zwei Stunden zur gelobten Insel Islay… gegessen wurde gleich auf der Fähre und die ersten Biere und Whiskys standen auch auf dem Tisch.

Glengoyne Distillery an der Grenze zwischen Lowlands und Highlands... derzeit eingerüstet
Die Finlaggan ist eine der beiden Fähren die Islay mit dem Festland verbinden... eine empfindliche Schnittstelle

:idee:  Die Isle Of Islay hat eine Fläche von 620 Quadratkilometern… damit ist sie nach Skye und Mull die drittgrößte Insel der Inneren Hebriden und auch etwas größer als berühmtere Inselnamen wie Ibiza, Bornholm oder Isle Of Man. Der Einwohnerzahl von ca. 3200 Menschen stehen etwa 30.000 Schafe gegenüber. Hauptort der Insel ist Bowmore mit etwa 800 Einwohnern. Momentan arbeiten 9 Whiskybrennereien auf der Insel, welche auch als eigene Whiskyregion geführt wird. Die 1983 geschlossene Port Ellen Distillery wird sich in absehbarer Zeit wieder dazu gesellen, weiterhin gibt es Planungen für mindestens zwei weitere Destillen. Islay kann mit der Fähre vom Ort Kennacraig auf der Halbinsel Kintyre nach etwa 2 Fahrstunden erreicht werden, eine weitere Möglichkeit besteht mit einer Flugverbindung von Glasgow.

Die Whiskybrennereien auf Islay (Stand 2023)

Unsere Unterkunft lag nicht weit vom Zielhafen Port Askaig entfernt in Ballygrant. St.Marys heißt das Haus wenige Meter von der Hauptstraße gelegen. Sabine und Rainer Münch aus Frankfurt a.M. erwarben es vor einigen Jahren… sanierten es komplett und haben nun ein wunderschönes kleines Haus auf der schönen Whiskyinsel. Die Wahl auf Islay fiel den beiden nicht schwer, sie sind seit Jahrzehnten in der deutschen Whiskyszene bekannt und tätig… ich denke für sie hat sich damit ein Traum erfüllt. Wir wurden herzlich empfangen, probierten ein paar Drams und ließen den ersten Tag der Reise im Ballygrant Inn ausklingen. Das Ballygrant Inn ist eine von 3 Lokalen auf der Insel die eine doch enorme Auswahl an Whiskys haben… hauptsächlich natürlich Islay Single Malts… schon beeindruckend auch für Gastwirte aus Deutschland mit eigener Sammlung. Irgendwann waren dann aber die Akkus alle und es ging ab ins Bettchen.

Im Ballygrant Inn

Der zweite Tag begann mit einem leckeren Full Scotish Breakfast… normalerweise bin ich da ja etwas mäkelig… besonders was die nicht-vegetarischen Dinge angeht… Rainer konnte mich aber überzeugen und ich habe es nicht bereut, sehr lecker mit eigener Note statt Dosen zu erwärmen. Die Grundlage konnten wir gut gebrauchen denn der erste Programmpunkt des Tages ist eine Druckbetankung die sich „Lagavulin Warehouse Experience“ nennt. Ich habe das glaub ich zum vierten mal mitgemacht und es ist immer wieder schön die Legende Ian MacArthur live in seinem Element zu erleben… auch wenn er mittlerweile sichtlich gealtert ist und die Routine nicht über ein paar Aussetzer wegtäuschen konnte… es war trotzdem großartig… im Dezember soll entgültig Schluß sein… er geht ja auch schon auf die 80 zu. Das Gedächtnis funktioniert aber immer noch 1A… er erkannte sowohl Berit und Hansi als auch mich wieder… wir hatten auch nach der Show noch ein wenig Zeit zum reden und Erinnerungsfotos… ich bin mir ziemlich sicher das ich diese Veranstaltung mit dieser Whiskylegende zum letzten mal erlebt habe… um so besser das es so Spaß gemacht hat… sogar der teure 26jährige Special Release kam großzügig ins Glas. Nachdem die Lampe bei mir (B+H bekamen Sampleflaschen für Autofahrer) nach der Sause deutlich leuchtete, fuhren wir erstmal zur nachbarlichen Konkurenz namens Laphroaig… dort verweilten wir nur kurz, es gibt nix neues im Visitorcenter und allgemein munkelt man auf der Insel das nach dem Abgang vom langjährigen Manager John Campbell nicht viel passiert im Hause Laphroaig… also weiter Richtung Bowmore, aber erstmal ein kurzer Stopp an der Baustelle der Port Ellen Distillery.

Die lebende Lagavulin Legende Ian MacArthur mit der (nicht vollständigen) Speisekarte des Vormittags

Port Ellen wurde bereits 1983 im Rahmen der Wirtschaftskrise Großbritanniens unter Margret Thatcher geschlossen wie viele andere auch, man konnte allerdings noch Jahrzehnte Abfüllungen der Brennerei erwerben… sicher stets etwas teurer als Stoff der noch produzierenden Destillen, aber bis vor etwa 10 Jahren immer noch im bezahlbaren Bereich… heute sind dreistellige Eurosummen für Port Ellen eher unwarscheinlich… was nicht unbedingt an der einzigartigen Qualität von Port Ellen liegt… aber durch die Knappheit und den Sammlerwert exitieren jetzt sicher tausende Port Ellen Flaschen in den Regalen von Sammlern die nie den Weg ins Whiskyglas finden werden. Etwa zeitgleich mit Rosebank verkündete Besitzer Diageo 2017 die Brennereien Brora und Port Ellen wieder aufbauen zu wollen. Bei Brora, der älteren Schwester von Clynelish im Norden Schottlands war das einfach, da das Equipment nur im Dornröschenschlaf war… bei Port Ellen gab es ein paar vergammelte Gebäude die man eigentlich garnicht gebrauchen konnte. Bei unserer Stippvisite bei der Baustelle konnten wir feststellen das da noch sehr viel zu tun ist bis zur Wiedereröffnung für die kein offizieller Zeitpunkt bekannt ist… aber sicher 2023 nicht mehr stattfinden wird… unserer Meinung nach…

Baustelle einer weiteren Brennerei zwischen Laphroaig und Port Ellen: Portintruan
Großbaustelle Port Ellen Distillery
Konturen sind aber zu erkennen...

Anschließend ging es in die Hauptstadt Bowmore… natürlich erstmal in die Brennerei gleichen Namens… einer Jugendliebe meiner Whiskyleidenschaften… wir stellten fest das bis dahin noch alle Abfüllungen vom Islayfestival Feis Ile bei den Brennereien käuflich zu erwerben waren, was 5 Jahre zuvor noch ausgeschlossen gewesen wäre… aber da war es auch noch nicht Usus das alles was über 15 Jahre alt ist um die 200£  kosten muß… Nach dem obligatorischen Besuch der Mole gab es noch Kaffee und Kuchen im Celtic House. Bei fast allen meiner Islay Besuche war ich in Bowmore untergebracht, so war es komisch diesmal nur so kurz im Hauptort zu verweilen… nicht mal die Stammkneipe Lucci’s Bar hatte schon auf, die ich gern besucht hätte… aber das ist halt so bei kurzen Besuchen weitgelegener Orte so… etwas bleibt auf der Strecke…
Next Stop: Kildalton Cross… ein keltisches Kreuz aus dem 8. Jahrhundert… einige Meilen hinter Ardbeg. Das Ensemble aus dem Kreuz, der Ruine der Kapelle und der umliegenden Landschaft ist immer wieder ein spirituelles Erlebnis… auch wenn man keinem spirituellen Verein angehört und sich eher für Spirituosen interessiert wie ich. Diesmal fuhren wir dann sogar die Straße noch weiter bis es nicht mehr weiter ging und hatten super Aussichten auf Ardtalla und Claggain Bay… heute bei bestem Wetter.

Bowmore Distillery
Das Kildalton Cross
Mehrere Landstriche... schwer zu erkennen: Isle Of Gigha, Kintyre, Arran (der höchste Berg ist der Goatfell)

Anschließend hatten wir eine kleine Tour bei Ardbeg weil ich das neue Brennhaus noch nicht gesehen hatte… nun gut… jetzt hab ich es gesehen… man durfte nicht mal Fotos machen (obwohl selbst Diageo sowas inzwischen zu blöd ist)… der Dram zur Tour war ein schnöder Ardbeg Ten… Fazit… schon vergessen… immerhin kam Jackie Thompson kurz zu uns als wir an den Tisch an dem wir an der Mole saßen für ein wenig Smalltalk. Damit war das offizielle Programm von Vormittag, Mittag und Nachmittag erledigt und ohne nennenswerte Pause ging es weiter.

Das neue Stillhouse von Ardbeg... nur von aussen...

Berit und Hansi hatten den Fotografen Mark Unsworth vor einiger Zeit in Berlin spontan zu Gast wofür der sich gerne revanchieren wollte und somit waren wir nach Port Charlotte eingeladen. Erst trafen wir uns in seinem Haus hinter dem Islay Museum… wir verkosteten einige Malts mit Mark und seiner Frau Helga, dann ging es ins Port Charlotte Hotel Pub… so ziemlich die einzige Möglichkeit auf Meilen ein gepflegtes Bier und ein leckeres Essen zu bekommen. Während des Abends kam noch ein schottisches Pärchen dazu die im Haus von Mark und Helga Urlaub machten, ein Teil des Hauses dient als Unterkunft. Mark ist der Typ von Mensch den ich mir schon immer als klassischen englischen Gentleman vorgestellt habe… ich habe selten (an all meine englischen Freunde… ihr seit die anderen sympathischen) sympathischere Engländer kennengelernt. Seine Arbeiten drehen sich hauptsächlich um die Wahlheimat Islay und können weltweit erworben werden… hier seine Website um sich ein Bild zu machen von was ich schreibe: islaystudios.co.uk Der Abend wurde lang und auf dem Rückweg nach Ballygrant begegnete uns exakt ein Auto… immer diese Nachtschwärmer 😉

In Port Charlotte mit Helga & Mark

Tag 3 begann mit einer Lachsvariante von Rainers Frühstückskünsten welche ebenfalls sehr lecker war. Danach fuhren wir die reizvolle aber anspruchsvolle knapp 6 Kilometer lange Single Track Road zur Bunnahabhain Distillery. Seit meinem letzten Besuch vor 5 Jahren hat sich hier einiges verändert… wir haben zwar nicht das gesamte Gelände erkundet aber das was zu sehen war hinterlässt einen deutlich gepflegteren Eindruck als das Schmuddelkind von früher. Das Visitorcenter wurde komplett neu gebaut und auch hier gab es noch viele Sonderabfüllungen zu kaufen. Wir hatten das Warehousetasting gebucht und dieses wurde von Katie sehr unterhaltsam geleitet… es gab 4 Fassproben aus unterschiedlichen Fassarten… alles feine Malts.

Warehouse Tasting bei Bunnahabhain

Anschließend fuhren wir zu Caol Ila um uns das neue Visitorcenter anzuschauen… Berichten nach zu urteilen erwarteten wir ein Whiskykaufhaus… nun gut… im Vergleich zu der kleinen Bude wo vorher der Laden drinnen war ist das jetzt natürlich etliche Nummern größer… aber auch nicht übertrieben… man baute einfach das Dachgeschoß eines Warehouses aus und verband es mit einer Brücke zur Straße, so das man jetzt kurze Wege hat. Wir nutzten die Gelegenheit bei bester Aussicht auf die Paps of Jura einen Kaffee zu trinken und ein paar Happen zu essen.

Brücke zum Johnnie Walker Disneyland...
...im Inneren gar nicht so schlimm...

Als nächstes stand ein Whiskytasting im Islay Gaelic Center bei Bowmore auf dem Plan… aber nicht einfach nur Whisky… sondern mit Musik… klassischer Musik. Im Rahmen des Cantilena Festivals spielten Musiker aus Edinburgh als Streichquartett, Konzertgitarre und andere Formationen Musik von Rossini zu Laphroaig Cairdeas, Vivaldi zu Jura 18y, Bach zu Lagavulin 16y und Giualani zu Port Charlotte. Moderiert wurde das alles von der Veranstalterin Martine Nouet, einer Französin welche seit vielen Jahren auf Islay lebt und nunmehr in die Heimat zurückkehren wird. Das Tasting war gerade wegen der Musik ein besonderes Erlebnis, die Whiskys eher Beiwerk… da hatten Sabine und Rainer eine gute Idee uns da mit anzumelden.

Whisky meets Classical

Für die nächste Station ging es wieder zurück Richtung Bunnahabhain, dort befindet sich seit ein paar Jahren die derzeit neueste Brennerei Islays: Ardnahoe. Vor 5 Jahren war hier noch Baustelle, diesmal konnten wir die Distillery besuchen. Ardnahoe gehört dem unabhängigen Abfüller Hunter Laing aus Glasgow die mit Serien wie Hepburns Choice oder Old Malt Cask recht bekannt sind. Es ist eine recht kleine Brennerei und das beste ist der Stillroom mit dem Blick auf den Sound of Jura und die Paps… schöner Arbeitsplatz würde ich mal sagen… Auch hier gibt es ein großes Visitorcenter in dem alles mögliche verkauft wird, nur kein Ardnahoe Whisky… der muß noch ein wenig reifen bevor er in die Flasche kommt… ich bin aber schon gespannt.

Ardnahoe Distillery
Beste Aussicht am Arbeitsplatz

Danach ging es zurück zu St.Marys… ein paar Drams und danach ins Ballygrant Inn zu Speis und Trank… wir waren später standesgemäß die letzten im Laden und ich konnte sehr gut einschlafen.

Tag 4 war der letzte auf Islay… leider… aber das es eine kurze Vorstellung würde wussten alle Beteiligten. Für Mittags war ein Treffen mit dem Besitzer von Kilchoman geplant und 18:00 Uhr geht die Fähre nach Kennacraig… das waren die beiden Fixpunkte des Tages. Nach dem Frühstück ging es erstmal zu Bruichladdich. Dort finden gerade Bauarbeiten statt und es war interessant alte Brennblasen in Einzelteilen auf dem Parkplatz liegen zu sehen. Eine Tour oder ähnliches war eh nicht geplant… ein Besuch des Visitorcenters durchaus… eine Feis Ile Abfüllung in Form eines 16jährigen Port Charlotte durfte dann auch glatt mit nach Berlin.

...keine Ahnung wie viele Bruichladdies, Port Charlottes oder Octomores die ich je getrunken habe durch diesen mittlerweile Haufen Altmetall geflossen sind... ich schätze mal alle... r.i.p.

Dann fuhren wir die wenigen Meilen zur Kilchoman Distillery… da ich auf Instagram und Facebook in den letzten Tagen ziemlich viel gepostet hatte kamen schon Fragen auf warum all die anderen Islay Brennereien und nicht Hansis große Leidenschaft Kilchoman (?)…

Das neue Visitorcenter von Kilchoman
Hier zapft der Chef noch selbst... der (mit Abstand) beste Malt der Reise aus einem Sherryfass von Kilchoman
...plopp! Kilchoman aus dem Champagner Fass...

Nun kann man sagen das beste zum Schluß und in der Tat hatten sich die Leute von Kilchoman ganz rührend um uns gekümmert… am besten war natürlich der exklusive Warehouse Besuch mit Gründer, Besitzer und quasi… Mr. Kilchoman überhaupt: Anthony Wills. 2005 gründete der Engländer die Brennerei als Farmdistillery… es war früher üblich das der Bauer in einer „Ecke des Feldes“ (gälisch: Auchentoshan) eine kleine Bude stehen hatte in der er in der Zeit des Jahres als es als Bauer nichts zu tun gab… also im Winter… mit den Überschüssen des Ertrages einen „uisge beatha“ (aus dem Gälischen: Wasser des Lebens… wurde warscheinlich irgendwann nach dem Genuss von viel uisge beatha beim Stille Post Spiel zum Wort „Whisky“… ist jedenfalls meine Vermutung)… herstellte… (hätte auch schreiben können: Whisky brennen) Ok… jedenfalls war Kilchoman anfangs eine doch recht kleine Brennerei, was sie in den ersten Jahren pro Jahr produzierten schaffte die größte Brennerei der Insel – Caol Ila in einer Woche. Mittlerweile wurde auch bei Kilchoman angebaut… bereits vor ein paar Jahren wurde ein neuer Kiln gebaut nebst Halle für die Tenne… das Stillhouse wurde verdoppelt das Visitorcenter ist nicht viel kleiner als das von Caol Ila, Warehouses werden erweitert und nachdem klar ist das die Port Ellen Maltings ab nächstes Jahr nicht mehr liefern werden wird eine eigene Mälzerei geplant… will sagen… ganz klein war früher… trotzdem bleibt Kilchoman ein familiäres Projekt auf der Insel… das macht die Sache auch sehr sympatisch. Nun aber zum Warehouse Besuch… Anthony Wills nahm sich die Zeit für uns einige Fässer zu öffnen und zu probieren… großes Kino war das Schwesterfass eines 16jährigem Sherryfasses dessen Abfüllung es für viel Geld im Visitorcenter zu kaufen gibt… dieses war aber noch deutlich besser… der Moment der Verkostung der vielleicht größte Moment der gesamten Reise… es gibt nicht viele Fässer in diesem Alter (dieses war 17 Jahre alt… mit das älteste was man überhaupt kriegen kann…), dann noch ein paar andere… unter anderem ein Champagner Fass… ganz ohne Prickel… normalerweise wäre mir sowas suspekt… aber wenn ein Anthony Wills auf den Fässern rumturnt um uns exklusiv eine Probe zu kredenzen… fühlt man sich ein wenig… royal? Geschmeckt hat das Zeuchs übrigens auch 😉

Die Erweiterung des Brennhauses von Kilchoman
Machir Bay... geilster Strand der Welt ohne Leute... selten passt aber das Wetter so wie hier...

Danach machten wir noch eine Tour und ich lernte das neue Stillhouse kennen was auch eine schöne Aussicht bietet. Etwas Zeit blieb noch und wir besuchten bei bestem Wetter Machir Bay… dem wohl schönsten Strand auf Islay unweit der Distillery. Ab dann setzte langsam der Rückweg ein… aber noch nicht Richtung Berlin… erstmal nach St.Marys wo wir ja noch unsere Sachen hatten… Sabine und Rainer hatten keine neuen Gäste von daher hatten wir etwas Freiheit beim Checkout… Nachdem wir uns dort verabschiedet hatten ging es zum Fährhafen Port Askaig… das Wetter war für Islay Verhältnisse tropisch…

Abschied vom St.Marys mit Rainer und Hund
Blick von Port Askaig auf die Paps of Jura mit Jura Fähre

Dann halt Fähre… Abendbrot… Kennacraig und dann als womöglich einzige nicht links nach Glasgow sondern nach rechts Richtung Campbeltown abgebogen. Dort soll die Reise nämlich ausklingen… am Ort meiner Whisky School die ich im April 2019 besucht habe… zusammen mit fantastischen Leuten aus aller Welt… wer möchte kann das gerne hier nochmal nachlesen. Wir checkten im B&B „The Hall“ ein was ich vorher noch nicht kannte… aber ich bekam ein Zimmer… in dem ich wieder an royale Dinge denken musste… Das Badezimmer war größer als die meisten Hotelzimmer die ich in den letzten Jahren hatte… mit freistehender Badewanne, Kamin etc… war erstmal unsicher ob ich hier richtig bin… Als ich Nina das schickte meinte sie das sie jetzt an meiner Stelle ein Bad nehmen würde… ich fand innerlich baden besser und wir gingen noch auf zwei Bier ins Fiddler’s Inn. Das war es dann aber auch für den Donnerstag.

Luxus in Campbeltown...
Campbeltown Harbour zur blauen Stunde

Tag 5 war zum Shopping und für Glen Scotia gedacht… und natürlich der Rückreise. Teil Eins: Shopping – war jetzt nicht in edlen Boutiquen oder Kaufhäusern gedacht sondern bei Springbank… seit fast jeher meine Lieblingsbrennerei deren Produkte in Deutschland seit ein paar Jahren obskure Preise erzielen… was aber nicht unbedingt daran liegt das sie so viel besser geworden sind als früher… (meine Mitarbeit war noch kein Thema 😉 )… so richtig gelohnt hat sich das nicht… eine Flasche Longrow aus dem Cage darf die Reise nach Berlin antreten… die meisten waren glücklich über ein Kontingent vom normalen Springbank 15y… hmmm… strange times… Dann halt die kleine Schmuddelschwester Glen Scotia… wir hatten eine Tour gebucht… Berit und Hansi waren noch nie drinnen… mir hat es gut gefallen… es ist noch nicht so lange her das Glen Scotia der Trabbi der Scotch Single Malts war… davon sind sie heute weit weg und ein schönes Beispiel das früher nicht zwangsmäßig alles besser gewesen sein muß sondern auch Dinge besser werden können.

Glen Scotia - Mashtun halb auseinandergenommen... seltenes Bild...

Nun wurde es Zeit für die Rückfahrt nach Edinburgh… das Wetter war wieder das gleiche wie zur Ankunft… quasi aller Regen der Berlin und Brandenburg seit Jahren fehlt… 18:30 sollte der Flieger gehen… nun ja… es wurde später und nachdem wir über eine Stunde im BER am Kofferband gewartet hatten erreichte ich dann auch gegen 01:00 Uhr das Offside und wurde durchaus nett empfangen.
Das war ein sehr schöner Kurztrip. Vielen Dank an Berit und Hansi fürs organisieren, vorfinanzieren, Auto fahren… eigentlich alles… normalerweise bin ich ja immer der Organisator und Fahrer… es war mal schön sich völlig fallen zu lassen und damit auch etwas wie Urlaub… oder sowas ähnliches zu erleben… Weiterhin vielen Dank an Sabine und Rainer… toll euch kennengelernt zu haben und ich bin mir sicher das es nicht das letzte mal war… allem voran natürlich besten Dank an meine liebe Nina die zuhause und im Laden alles gestemmt hat das ich den Rücken frei hatte.

...Rücken frei...

McLarsen in der Lutherstadt Wittenberg (Mai 2023)

Lutherstadt Wittenberg, 23.05.2023 Anreisetag: Nach drei Ausflügen in östliche Bundesländer (Dresden, Quedlinburg und Stralsund) sollte eigentlich im letzten Monat eine neue Episode meiner Schottland-Saga entstehen, es war alles geplant und so gut wie angerichtet… nur die Bediensteten des BER Flughafens hatten andere Pläne und machten aus unserem Abflugtag einen Streiktag… bei nur 4 Tagen Zeit dafür war das quasi eine Absage und statt Islay blieb es halt beim Gesundbrunnen. Bevor ein neuer Anlauf eventuell im Juli kommt, wollte ich definitiv wenigstens mal kurz raus… nicht zu groß und nicht zu weit… mit etwas Kunst, Geschichte und Bier im Repartoire… da bot sich die Lutherstadt Wittenberg förmlich an… etwa 100 Kilometer von Berlin und 70 Kilometer von Leipzig entfernt liegt die Stadt der Reformation direkt an der Elbe. Ich fuhr stressfrei ohne umzusteigen von meinem Heimatbahnhof Berlin-Gesundbrunnen bis Lutherstadt Wittenberg mit dem ICE in knapp einer Stunde. Vom Bahnhof waren es dann etwa 15 Minuten Fußweg zum Hotel Acron welches meine Residenz sein wird. Ich war etwas zu früh hier und das Zimmer war noch nicht frei, also parkte ich erstmal meine Tasche und ging Richtung Altstadt.

Altes und Neues in der Altstadt
Kunst und Botanik mit Gummistiefeln

Wittenberg hat etwa 45.000 Einwohner, damit gehört die Stadt zu den kleineren Zielen meiner Besichtigungsreisen. Durch die zentrale Lage in Mitteldeutschland und an der Elbe gewann die Stadt im Mittelalter an Bedeutung und wurde besonders im 16. Jahrhundert zum Zentrum von Kunst, Kultur, Wissenschaft und Religion. Natürlich wäre die Stadt die mit Eisleben zusammen Bauwerke hat die zum UNESCO Welterbe gehören ohne das Wirken eines gewissen Martin Luther so glamourös wie vergleichbare Städte dieser Größe in der Region wie… sagen wir mal Coswig, Zerbst oder Schönebeck… nie gehört? Macht sicher nix… die Lutherstadt Wittenberg dagegen steht spätestens seit 1517 in den Geschichtsbüchern der Welt als Luther seine Thesen (angeblich) an die Türen der Schlosskirche gehämmert hat. Nun ist ja bekannt das ich mit den Vereinen der Gefolgschaft Jesu noch nie etwas zu tun hatte, mir lediglich gerne die Kunstwerke die sie hervorgebracht haben anschaue… aber es ist sicher wahr… ohne Luther und die Reformation wäre die heutige Welt sicher noch eine andere. Um Luther, der ja auch eine streitbare Person war und besonders heutzutage wo vieles auf die Goldwaage gelegt wird wie korrekt der-die-das war und wie man heute damit umzugehen hat, soll es aber bei meinem Besuch nicht vordergründig gehen. Mich interessieren die historischen Orte der Reformation und mich interessieren auch die Spuren von Lucas Cranach d.Ä. und seiner Nachfolger.

Die Hundertwasserschule
Das 360° Panorama Luther 1517
...plötzlich mitten im Jahr 1517...

Für die Zeit vor dem Betreten des Hotelzimmers stärkte ich mich erstmal an einem vietnamesischen Imbiss der am Weg lag… von dem war es nicht sehr weit bis zu einem für die Stadt ungewöhnlichen Bauwerk: Eine von Friedenreich Hundertwasser umgestaltete Schule… für zwei Schnappschüsse war es mir das wert. Als nächstes kam ein eine Location dran von der ich eigentlich gar nicht so viel erwartet hatte: Ein 360°-Panorama namens Luther 1517 vom ebenfalls österreichischem Künstler Yadegar Asisi. Es ist ein provisorischer Rundbau mit ziemlich echt wirkenden Szenen jener Zeit mit wechselnder Tag-Nacht Beleuchtung, akustischen Effekten und sehr ausführlichen Erklärungen die man mit dem Audioguide dazu erhält… ich gestehe das ich total geflasht war und diese 13€ Eintritt sehr gut angelegt waren.

Im Hof vom Brauhaus Wittenberg...
...und im Inneren

Dann ging es zurück zum Hotel und ich konnte mein Zimmer beziehen… alles ganz ok… aber das Internet funktioniert nicht… die älteren Damen an der Rezeption meinten das liegt bestimmt am iPhone… na klar… mal sehen wie ich das hier mit dem Blog machen kann. Beim Bezug des Zimmers fiel mir auch auf das ich einen ganz schönen Durst entwickelt hatte… von dem 360°-Gedöhns übers Mittelalter hatte ich gerade gelernt das es seinerzeit lebensgefährlich war Wasser zu trinken… wegen der ganzen Seuchen… also ging es erstmal in das ortsansässige Brauhaus und zwei Bierchen verdampften im Nu auf meiner Zunge. Danach wollte ich noch etwas weiterlaufen aber der erste Regentag nach mehreren Wochen erwischte mich eiskalt und ich beschloss erstmal zurück aufs Zimmer zu kommen und den Text bis hier zu verfassen. Etwas langweilig für meine Verhältnisse… aber danach ging es nochmal genau dahin zurück wo ich gerade herkam: Ins Brauhaus Wittenberg… zufällig auch auf den selben Platz, die Biere (naturtrübes Pils und Dunkles) wurden nun begleitet von einem vollumfänglich leckeren Teller deutscher Hausmannskost… so nennt man das wohl… lecker wars trotzdem. Zum Abschluß ging es ins Irish Harp Pub zur Qualitätskontrolle des Guinness… ok… ich gebe zu: niemand aus Dublin hat mich je damit beauftragt… aber ich tue es trotzdem gerne… gab auch nix zu beanstanden…

Botanik am Bunkerberg

Tag 2 oder auch Cranach Tag: Das Frühstück im Hotel Acron ist im Zimmerpreis von 67€ pP zum Glück eingeschlossen… ich hätte mich sonst etwas geärgert da das doch recht lieblos ist… danach setzte ich mich demonstrativ mit dem Rechner in die Lobby und verarbeitete den ersten Teil dieses Blogs weil ich ja auf dem Zimmer keinen Empfang hatte. Erfreulicherweise ging es dann nachmittags wieder. Gegen 10:00 Uhr bewegte ich mich langsam in Richtung Innenstadt und kam an einer Grünanlage namens Bunkerberg vorbei, dabei handelt es sich um einen nicht vollständig gesprengten Hochbunker aus dem zweiten Weltkrieg welcher später aufgeschüttet und begrünt wurde… wir Berliner kennen das ja u.a. vom Friedrichshain und Humboldthain. Es werden nach wie vor Baumpflanzungen vorgenommen bei denen auf einer Steinplatte davor die Sponsoren oder auch Baumpaten oder Baumpatinnen genannt werden. Das ganze geht auch auf Luther zurück der wohl auch einen grünen Daumen hatte.

Kleiner Teil der Bildergalerie mit Werken der Cranachs... klar... keine Originale...
Die Technik des Druckens war noch frisch... bei den Cranachs schnell Standard...

Am Marktplatz befinden sich dann die Gebäude der Cranachstiftung. Es gibt eine Dauerausstellung „Cranachs Welt“ welche mich die nächste Stunde ganz bei sich hatte. Lucas Maler aus Cranach (das heutige Kronach in Franken)… wie er eigentlich hieß, ist neben Albrecht Dürer der bedeutendste Maler der Renaissance im deutschsprachigen Raum. Seine Nachfahren, besonders Sohn Lucas Cranach d.J. führten seine Werkstatt fort so das heute noch eine Vielzahl von Werken erhalten geblieben ist. Die Cranachs wurden damit reich, kauften Immobilien, eine Apotheke und waren zeitweise im Rat der Stadt bzw. Bürgermeister. Cranach der Ältere war auch ein guter Freund von Luther und bis zuletzt Hofmaler der Kurfürsten von Sachsen und begleitete Johann Friedrich I. nach Weimar wo er auch starb und begraben liegt. Neu war mir auch das Cranach der Ältere ein Urururgroßvater von einer anderen bekannten Persönlichkeit die in Weimar unter der Erde liegt ist: Johann Wolfgang von Goethe. Die Ausstellung ist hervorragend gemacht, man kann an jeder Station einen Code für den Audioguide scannen, manches wird als Video erklärt, z.B. Restauration oder auch der desolate Zustand der Gebäude zur Wendezeit. Wer sich also etwas für Kunst der Renaissance interessiert ist bei dieser Ausstellung bestens aufgehoben… mit 7€ auch durchaus fair bepreist.

Da hoch gehts gleich... Schlosskirche Wittenberg
...und siehe an... was für ein Ausblick...

Weiter ging es zur Schlosskirche an deren Tür Luther ja seine Thesen genagelt haben soll. Die Schlosskirche ist wie der Name vermuten lässt Teil einer Schlossanlage. Diese ist in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr erhalten. Auch die Schlosskirche wurde ihrer Originalität im 19. Jahrhundert beraubt indem man im Stil der Neogotik an dem Bau rumpfuschte was besonders in der Haube des Kirchturmes zu sehen ist… sowas gab es in der richtigen Gotik nicht, heute würde man vielleicht Disneygotik dazu sagen… Das hinderte mich aber nicht den Kirchturm zu besteigen… natürlich mit Einsatz all meiner Kräfte… um dann aber wiederum einen super Überblick über die Stadt genießen zu können der ohne die Hühnerherde amerikanischer Teenager warscheinlich noch besser gewesen wäre. Nach der sportlichen Einlage ging es nun in eine andere ehemalige Immobilie der Cranachs, den Cranach-Hof. Dort befindet sich ein Hostel und ein verstecktes Kleinod der Gastronomie der Stadt: Die Hofwirtschaft. Es gab Fläminger Dunkles Bier, einen „Cranach-Topf“ (so ähnlich wie Chili Con Carne) und ein Angebot von etwa 200 Whiskys… nun wisst ihr warum ich den Laden gefunden habe… es war toll, der Laden ist in den alten Gebäuden liebevoll eingerichtet, Essen und Bier waren sehr gut und ein Arran Sauternes als Abschluß sehr lecker… die Whiskys übrigens alle zu fairen Preisen… sehr zu empfehlen.

Whiskyparadies Hofwirtschaft... und nicht nur das...

Bevor mir das dann zu sehr geschmeckt hätte ging ich dann weiter auf meinen Cranach-Trip und zwar in die Mutterkirche der Reformation: Die Stadtkirche Wittenberg. Es war die erste Kirche in der ein Gottesdienst in deutscher Sprache gehalten wurde und die Gläubigen auch verstanden was der Pfaffe do oben labert… 1520 war das erst, vorher lauschten die Gläubigen Latein was bekanntlich nicht jeder verstehen konnte. Die Architektur der Kirche ist im Wesentlichen gotisch, dominant ist die Doppelturmfront mit den achteckigen Hauben im Stil der Renaissance welche entstanden, nachdem man die gotischen Spitzen entfernte um in den zahlreichen Kriegen der Zeit Kanonen aufstellen zu können. Die Ausstattiung der hervorragend restaurierten Kirche (UNESCO Welterbe sei Dank) kann sich durchaus sehen lassen, auch im internationalen Vergleich… mit zahlreichen Gemälden der Cranach Werkstatt natürlich… allem voraus der berühmte Reformationsaltar

Der Reformationsaltar ist eines der berühmtesten Zeugnisse zeitgenössiger Kunst im 16. Jahrhundert
...ganz rechts unterm Dach hat sich die Kirche was eingetreten...
...man ist sich aber schon der Schande bewusst...

Am südöstlichen Giebel der Chors befindet sich ein Relief aus dem 13.Jahrhundert was die Juden verschmäht und trotz vieler Hinweise und Gedenktafeln immer noch Stein des Anstoßes ist… Luther mag vieles fortschrittliches in seiner Zeit getan haben… mit anderen Sachen war er aber genau so ein Dummkopf wie das gemeine Volk der Zeit… er war vom ganzen Herzen Judenhasser und einige Jahrhunderte später wurden seine Schriften zu diesem Thema nochmal rausgekramt… das Ergebnis kennen wir. Auch sein Kumpel Lucas Cranach war da nicht anders, als Bürgermeister unterschrieb er auch Urteile zur Hexenverbrennung… das sollte man alles auch nicht unter dem Teppich von Kunst oder Wissenschaft kehren.

Inzwischen war Nachmittag und damit das hier nicht in Arbeit ausartet gab es eine Pause in der dieser Text entstand. Anschließend ging es zum Restaurant „Die Niederlassung“ in der Nähe der Schlosskirche… ich war überrascht über den vollen Laden… gerade noch ein Platz an der Theke bekommen (sowieso immer mein Traumplatz) und bei Feldschlösschen Bier aus Dresden eine Spargelsülze gegessen… klang spannend… und war lecker. Danach ging es nochmal zur Guinness-Kontrolle ins Irish Harp Pub und ich konnte auch heute nichts negatives finden… warum auch?…

Das waren jetzt etwa anderthalb Tage in einer eher kleinen aber geschichtsträchtigen Stadt… ich hätte locker noch einen weiteren Tag hier verbringen können… es gibt noch das Lutherhaus, das Melanchtonhaus… und…und…und… die Wahl hier mal kurzfristig hinzufahren… in weniger als einer Stunde… war absolut empfehlenswert… zumindest wenn man sich für die Sachen interessiert über die ich hier berichtet habe. Wenn nichts außergewöhnliches mehr passiert, bin ich morgen mittag wieder in Amt und Würden im Gesundbrunnen Berlin… falls noch was passiert schreibe ich es nach…