McLarsen

McLarsen in der Lutherstadt Wittenberg (Mai 2023)

Lutherstadt Wittenberg, 23.05.2023 Anreisetag: Nach drei Ausflügen in östliche Bundesländer (Dresden, Quedlinburg und Stralsund) sollte eigentlich im letzten Monat eine neue Episode meiner Schottland-Saga entstehen, es war alles geplant und so gut wie angerichtet… nur die Bediensteten des BER Flughafens hatten andere Pläne und machten aus unserem Abflugtag einen Streiktag… bei nur 4 Tagen Zeit dafür war das quasi eine Absage und statt Islay blieb es halt beim Gesundbrunnen. Bevor ein neuer Anlauf eventuell im Juli kommt, wollte ich definitiv wenigstens mal kurz raus… nicht zu groß und nicht zu weit… mit etwas Kunst, Geschichte und Bier im Repartoire… da bot sich die Lutherstadt Wittenberg förmlich an… etwa 100 Kilometer von Berlin und 70 Kilometer von Leipzig entfernt liegt die Stadt der Reformation direkt an der Elbe. Ich fuhr stressfrei ohne umzusteigen von meinem Heimatbahnhof Berlin-Gesundbrunnen bis Lutherstadt Wittenberg mit dem ICE in knapp einer Stunde. Vom Bahnhof waren es dann etwa 15 Minuten Fußweg zum Hotel Acron welches meine Residenz sein wird. Ich war etwas zu früh hier und das Zimmer war noch nicht frei, also parkte ich erstmal meine Tasche und ging Richtung Altstadt.

Altes und Neues in der Altstadt
Kunst und Botanik mit Gummistiefeln

Wittenberg hat etwa 45.000 Einwohner, damit gehört die Stadt zu den kleineren Zielen meiner Besichtigungsreisen. Durch die zentrale Lage in Mitteldeutschland und an der Elbe gewann die Stadt im Mittelalter an Bedeutung und wurde besonders im 16. Jahrhundert zum Zentrum von Kunst, Kultur, Wissenschaft und Religion. Natürlich wäre die Stadt die mit Eisleben zusammen Bauwerke hat die zum UNESCO Welterbe gehören ohne das Wirken eines gewissen Martin Luther so glamourös wie vergleichbare Städte dieser Größe in der Region wie… sagen wir mal Coswig, Zerbst oder Schönebeck… nie gehört? Macht sicher nix… die Lutherstadt Wittenberg dagegen steht spätestens seit 1517 in den Geschichtsbüchern der Welt als Luther seine Thesen (angeblich) an die Türen der Schlosskirche gehämmert hat. Nun ist ja bekannt das ich mit den Vereinen der Gefolgschaft Jesu noch nie etwas zu tun hatte, mir lediglich gerne die Kunstwerke die sie hervorgebracht haben anschaue… aber es ist sicher wahr… ohne Luther und die Reformation wäre die heutige Welt sicher noch eine andere. Um Luther, der ja auch eine streitbare Person war und besonders heutzutage wo vieles auf die Goldwaage gelegt wird wie korrekt der-die-das war und wie man heute damit umzugehen hat, soll es aber bei meinem Besuch nicht vordergründig gehen. Mich interessieren die historischen Orte der Reformation und mich interessieren auch die Spuren von Lucas Cranach d.Ä. und seiner Nachfolger.

Die Hundertwasserschule
Das 360° Panorama Luther 1517
...plötzlich mitten im Jahr 1517...

Für die Zeit vor dem Betreten des Hotelzimmers stärkte ich mich erstmal an einem vietnamesischen Imbiss der am Weg lag… von dem war es nicht sehr weit bis zu einem für die Stadt ungewöhnlichen Bauwerk: Eine von Friedenreich Hundertwasser umgestaltete Schule… für zwei Schnappschüsse war es mir das wert. Als nächstes kam ein eine Location dran von der ich eigentlich gar nicht so viel erwartet hatte: Ein 360°-Panorama namens Luther 1517 vom ebenfalls österreichischem Künstler Yadegar Asisi. Es ist ein provisorischer Rundbau mit ziemlich echt wirkenden Szenen jener Zeit mit wechselnder Tag-Nacht Beleuchtung, akustischen Effekten und sehr ausführlichen Erklärungen die man mit dem Audioguide dazu erhält… ich gestehe das ich total geflasht war und diese 13€ Eintritt sehr gut angelegt waren.

Im Hof vom Brauhaus Wittenberg...
...und im Inneren

Dann ging es zurück zum Hotel und ich konnte mein Zimmer beziehen… alles ganz ok… aber das Internet funktioniert nicht… die älteren Damen an der Rezeption meinten das liegt bestimmt am iPhone… na klar… mal sehen wie ich das hier mit dem Blog machen kann. Beim Bezug des Zimmers fiel mir auch auf das ich einen ganz schönen Durst entwickelt hatte… von dem 360°-Gedöhns übers Mittelalter hatte ich gerade gelernt das es seinerzeit lebensgefährlich war Wasser zu trinken… wegen der ganzen Seuchen… also ging es erstmal in das ortsansässige Brauhaus und zwei Bierchen verdampften im Nu auf meiner Zunge. Danach wollte ich noch etwas weiterlaufen aber der erste Regentag nach mehreren Wochen erwischte mich eiskalt und ich beschloss erstmal zurück aufs Zimmer zu kommen und den Text bis hier zu verfassen. Etwas langweilig für meine Verhältnisse… aber danach ging es nochmal genau dahin zurück wo ich gerade herkam: Ins Brauhaus Wittenberg… zufällig auch auf den selben Platz, die Biere (naturtrübes Pils und Dunkles) wurden nun begleitet von einem vollumfänglich leckeren Teller deutscher Hausmannskost… so nennt man das wohl… lecker wars trotzdem. Zum Abschluß ging es ins Irish Harp Pub zur Qualitätskontrolle des Guinness… ok… ich gebe zu: niemand aus Dublin hat mich je damit beauftragt… aber ich tue es trotzdem gerne… gab auch nix zu beanstanden…

Botanik am Bunkerberg

Tag 2 oder auch Cranach Tag: Das Frühstück im Hotel Acron ist im Zimmerpreis von 67€ pP zum Glück eingeschlossen… ich hätte mich sonst etwas geärgert da das doch recht lieblos ist… danach setzte ich mich demonstrativ mit dem Rechner in die Lobby und verarbeitete den ersten Teil dieses Blogs weil ich ja auf dem Zimmer keinen Empfang hatte. Erfreulicherweise ging es dann nachmittags wieder. Gegen 10:00 Uhr bewegte ich mich langsam in Richtung Innenstadt und kam an einer Grünanlage namens Bunkerberg vorbei, dabei handelt es sich um einen nicht vollständig gesprengten Hochbunker aus dem zweiten Weltkrieg welcher später aufgeschüttet und begrünt wurde… wir Berliner kennen das ja u.a. vom Friedrichshain und Humboldthain. Es werden nach wie vor Baumpflanzungen vorgenommen bei denen auf einer Steinplatte davor die Sponsoren oder auch Baumpaten oder Baumpatinnen genannt werden. Das ganze geht auch auf Luther zurück der wohl auch einen grünen Daumen hatte.

Kleiner Teil der Bildergalerie mit Werken der Cranachs... klar... keine Originale...
Die Technik des Druckens war noch frisch... bei den Cranachs schnell Standard...

Am Marktplatz befinden sich dann die Gebäude der Cranachstiftung. Es gibt eine Dauerausstellung „Cranachs Welt“ welche mich die nächste Stunde ganz bei sich hatte. Lucas Maler aus Cranach (das heutige Kronach in Franken)… wie er eigentlich hieß, ist neben Albrecht Dürer der bedeutendste Maler der Renaissance im deutschsprachigen Raum. Seine Nachfahren, besonders Sohn Lucas Cranach d.J. führten seine Werkstatt fort so das heute noch eine Vielzahl von Werken erhalten geblieben ist. Die Cranachs wurden damit reich, kauften Immobilien, eine Apotheke und waren zeitweise im Rat der Stadt bzw. Bürgermeister. Cranach der Ältere war auch ein guter Freund von Luther und bis zuletzt Hofmaler der Kurfürsten von Sachsen und begleitete Johann Friedrich I. nach Weimar wo er auch starb und begraben liegt. Neu war mir auch das Cranach der Ältere ein Urururgroßvater von einer anderen bekannten Persönlichkeit die in Weimar unter der Erde liegt ist: Johann Wolfgang von Goethe. Die Ausstellung ist hervorragend gemacht, man kann an jeder Station einen Code für den Audioguide scannen, manches wird als Video erklärt, z.B. Restauration oder auch der desolate Zustand der Gebäude zur Wendezeit. Wer sich also etwas für Kunst der Renaissance interessiert ist bei dieser Ausstellung bestens aufgehoben… mit 7€ auch durchaus fair bepreist.

Da hoch gehts gleich... Schlosskirche Wittenberg
...und siehe an... was für ein Ausblick...

Weiter ging es zur Schlosskirche an deren Tür Luther ja seine Thesen genagelt haben soll. Die Schlosskirche ist wie der Name vermuten lässt Teil einer Schlossanlage. Diese ist in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr erhalten. Auch die Schlosskirche wurde ihrer Originalität im 19. Jahrhundert beraubt indem man im Stil der Neogotik an dem Bau rumpfuschte was besonders in der Haube des Kirchturmes zu sehen ist… sowas gab es in der richtigen Gotik nicht, heute würde man vielleicht Disneygotik dazu sagen… Das hinderte mich aber nicht den Kirchturm zu besteigen… natürlich mit Einsatz all meiner Kräfte… um dann aber wiederum einen super Überblick über die Stadt genießen zu können der ohne die Hühnerherde amerikanischer Teenager warscheinlich noch besser gewesen wäre. Nach der sportlichen Einlage ging es nun in eine andere ehemalige Immobilie der Cranachs, den Cranach-Hof. Dort befindet sich ein Hostel und ein verstecktes Kleinod der Gastronomie der Stadt: Die Hofwirtschaft. Es gab Fläminger Dunkles Bier, einen „Cranach-Topf“ (so ähnlich wie Chili Con Carne) und ein Angebot von etwa 200 Whiskys… nun wisst ihr warum ich den Laden gefunden habe… es war toll, der Laden ist in den alten Gebäuden liebevoll eingerichtet, Essen und Bier waren sehr gut und ein Arran Sauternes als Abschluß sehr lecker… die Whiskys übrigens alle zu fairen Preisen… sehr zu empfehlen.

Whiskyparadies Hofwirtschaft... und nicht nur das...

Bevor mir das dann zu sehr geschmeckt hätte ging ich dann weiter auf meinen Cranach-Trip und zwar in die Mutterkirche der Reformation: Die Stadtkirche Wittenberg. Es war die erste Kirche in der ein Gottesdienst in deutscher Sprache gehalten wurde und die Gläubigen auch verstanden was der Pfaffe do oben labert… 1520 war das erst, vorher lauschten die Gläubigen Latein was bekanntlich nicht jeder verstehen konnte. Die Architektur der Kirche ist im Wesentlichen gotisch, dominant ist die Doppelturmfront mit den achteckigen Hauben im Stil der Renaissance welche entstanden, nachdem man die gotischen Spitzen entfernte um in den zahlreichen Kriegen der Zeit Kanonen aufstellen zu können. Die Ausstattiung der hervorragend restaurierten Kirche (UNESCO Welterbe sei Dank) kann sich durchaus sehen lassen, auch im internationalen Vergleich… mit zahlreichen Gemälden der Cranach Werkstatt natürlich… allem voraus der berühmte Reformationsaltar

Der Reformationsaltar ist eines der berühmtesten Zeugnisse zeitgenössiger Kunst im 16. Jahrhundert
...ganz rechts unterm Dach hat sich die Kirche was eingetreten...
...man ist sich aber schon der Schande bewusst...

Am südöstlichen Giebel der Chors befindet sich ein Relief aus dem 13.Jahrhundert was die Juden verschmäht und trotz vieler Hinweise und Gedenktafeln immer noch Stein des Anstoßes ist… Luther mag vieles fortschrittliches in seiner Zeit getan haben… mit anderen Sachen war er aber genau so ein Dummkopf wie das gemeine Volk der Zeit… er war vom ganzen Herzen Judenhasser und einige Jahrhunderte später wurden seine Schriften zu diesem Thema nochmal rausgekramt… das Ergebnis kennen wir. Auch sein Kumpel Lucas Cranach war da nicht anders, als Bürgermeister unterschrieb er auch Urteile zur Hexenverbrennung… das sollte man alles auch nicht unter dem Teppich von Kunst oder Wissenschaft kehren.

Inzwischen war Nachmittag und damit das hier nicht in Arbeit ausartet gab es eine Pause in der dieser Text entstand. Anschließend ging es zum Restaurant „Die Niederlassung“ in der Nähe der Schlosskirche… ich war überrascht über den vollen Laden… gerade noch ein Platz an der Theke bekommen (sowieso immer mein Traumplatz) und bei Feldschlösschen Bier aus Dresden eine Spargelsülze gegessen… klang spannend… und war lecker. Danach ging es nochmal zur Guinness-Kontrolle ins Irish Harp Pub und ich konnte auch heute nichts negatives finden… warum auch?…

Das waren jetzt etwa anderthalb Tage in einer eher kleinen aber geschichtsträchtigen Stadt… ich hätte locker noch einen weiteren Tag hier verbringen können… es gibt noch das Lutherhaus, das Melanchtonhaus… und…und…und… die Wahl hier mal kurzfristig hinzufahren… in weniger als einer Stunde… war absolut empfehlenswert… zumindest wenn man sich für die Sachen interessiert über die ich hier berichtet habe. Wenn nichts außergewöhnliches mehr passiert, bin ich morgen mittag wieder in Amt und Würden im Gesundbrunnen Berlin… falls noch was passiert schreibe ich es nach… 

Musik 2023

choice#14 …Berlin, 10.05.2023
Der Frühling 2023 lässt auch Anfang Mai noch auf sich warten. Es gab bislang nur wenige Tage mit schönem Wetter… erst jetzt kratzen die Temperaturen langsam an der 20 Grad Marke… Zeit für neue Musik… Beach House veröffentlichten erst im letzten Jahr mit „Once Twice Melody“ ein Album mit 18 Songs, nun haben sie noch 5 gefunden und packen sie auf eine EP namens „Become“… der Synthesizer fräst sich langsam an die Oberfläche, da setzt die verträumte Gitarre mit dem bandeigenen Lieblingsriff ein und langsam schraubt sich „American Daughter“ in die Höhe um dann auch recht schnell per Ausblende wieder zu verschwinden… ein typischer Beach House Opener, nicht ihr bester Song , aber immer wieder schön. Der zweite Song fängt ähnlich euphorisch an wie Bowies „Heroes“… er kommt vom neuen Album von Feist und heißt „Borrow Trouble“. Mit den meisten Sachen von Leslie Feist konnte ich meistens nicht so viel anfangen, dieser Song hat viel Energie und Pathos, mit Saxofon-Solo und Gekreische am Ende… klingt eher nach Florence + The Machine als Singer/Songwriter-Kram… gefällt mir gut. Der nächte Song eiert nicht rum sondern kommt sofort auf den Punkt und endet nach gut zwei Minuten genau so wieder. Kate Davis ist ein Sidekick von Sharon Van Etten und „Monster Mash“ ist ein Musterbeispiel von Kompaktheit. Bleach Lab waren auf dem vorletzten Sampler auch schon vertreten. „Indigo“ ist ein Vorbote des neuen Albums… wieder kommt bei mir Stimmung auf als wäre es Anfang der 1990er Jahre und ich würde den Song auf MTV-120 Minutes sehen… warscheinlich zwischen The Sundays und Heart Throbs… Etwas düsterer wird es im kommenden Song von Protomartyr… aber auch da muß ich an bereits Dagewesenes denken und mir fällt Crime & The City Solution ein, einer Band aus dem Dunstkreis von Nick Cave & The Bad Seeds… in diesem Fall auch etwas von der Energie der Idles… Hard-Country (?) Die Gitarren bleiben knarzig bei „Inquisitor“ der Kanadier Single Mothers… selbstverständlich eine rein männliche Band… sehr erfrischender Post-Punk und auch hier schnell auf den Punkt gebracht. Retro wirds dann bei einem gewissen Billy Tibbals… „Hollywood Baby“ klingt wie ein Stück von David Bowie aus den Mitt-70ern, oder doch Mott The Hoople? oder gar Bay City Rollers?… jedenfalls sehr schön. Mit Grouplove folgt eine Band die ich schon recht lange verfolge… ihr kleiner Hit war „Tongue Tied“ von 2011, 2016 gab es das großartige Album „Big Mess“ wo ich bis heute nicht verstehe warum das kein Hit wurde (bei mir immerhin Platz 3)… nun ja, es ist wie es ist und vielleicht klappt es ja dieses Jahr mit Album Nummer 6 namens „I Want It All Right Now“. Das Markenzeichen ist das sie immer wieder mal mit ihrer überschüssigen Energie explodieren und diese Energie ist immer positiv. Es folgt ein wenig Pop… Indie-Pop… oder ist es schon Indie-Schlager? Zu leichten Synthies a la „Take On Me“ gesellt sich die Stimme von CATT, so nennt sich Catharina Schorling aus dem Wendland mit jetzigem Wohnsitz Berlin, Modell Blonder Engel mit Locken… und dieser Song „No One Ever Told You“… ich werde ihn einfach nicht mehr los… er ist ein Ohrwurm und Ohrwürmer sollte man gewähren lassen. Wenn das eben nicht Johanna von Koczian war, dann sind das im kommenden Song auch nicht Heino und Hannelore sondern das belgische Duo Joy Wellboy welche ebenso in Berlin leben. Hier trifft cinematisches Pathos auf Lee Hazelwood und Nancy Sinatra… soll ja keiner sagen auf den choice-Samplern ist immer das gleiche drauf… King Krule heißt der nächste Künstler und bietet ein schön chilliges Stück mit Jangle Gitarren und halb gesprochenem Text zur Baritonstimme… klingt bisschen wie Beck ca. „Sea Change“. Das neue Album des Londoners kommt nächsten Monat raus. Danach kommt wieder Dream-Pop und zwar von motifs aus Singapore… sollte die erste Band sein die ich von dort kenne, musikalisch ist das ziemlich nahe bei Slowdive und das kann dann ja wohl kaum schlecht sein… Leichter Gitarren-Pop im Stile der 1960er Jahre folgt dann mit den New Yorkern Beach Fossils, die erinnern mich mit „Don’t Fade Away“ etwas an Real Estate mit etwas frühen R.E.M…. apropos… die nun folgende Band The No-Ones besteht aus R.E.M. Gitarrist Peter Buck und dem langjährigen Sidekick der Band Scott McCaughey (Young Fresh Fellows; Minus Five etc.) und zwei Musikern der von mir sehr geschätzten norwegischen Band I Was A King (die Band von Anne Lise Frøkedal). Diese Supergroup veröffentlichte gerade ihr zweites Album und das ist sehr gut gelungen. Vor fast 30 Jahren trafen sich der nordirische Folkmusiker Andy White mit dem Neuseeländer Tim Finn (Split Enz, Crowded House) und Liam O Maonlai von den Hothouse Flowers. Mit den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen bildeten sie den Bandnamen ALT und nahmen ein schönes Album namens „Altitude“ auf was eine schöne Mischung ihrer individuellen Stile bildete. Als ich neulich für die Spreeside Whisky Messe Playlist den Song „6AM In Berlin“ von Andy White suchte, entdeckte ich zufällig das es ein Nachfolgewerk gibt… der Liam fehlt, so heißt das Kind jetzt AT und ist ebenso schön wie das Debut von 1995… hier zu hören der Song „My Regeneration“. Es folgt neue Musik von April March welche mit ihrem Album „In Cinemara“ letztes Jahr fast mein Album des Jahres produziert hatte und mit „Rolla Rolla“ meinen Song des Jahres beisteuerte… nun gibt es bereits einen Nachfolger. Es ist eine Collaboration mit der französischen Band Staplin. Musikalisch ist das Album deutlich schlichter als „In Cinemara“, aber trotzdem ähnlich gut, etwas flotter, manchmal trashiger, stets abwechslungsreich. Der Song „I Am The River“ von Lael Neale beginnt ein wenig wie „Ghost Rider“ von Suicide und gefällt mit etwas fröhlichen „bap badda dum“. Es folgt noch ein Song von der aktuellen Platte meiner Lieblingsband The Church… welches mich ja bis jetzt noch nicht 100%ig überzeugen konnte. „Aerodrome“ entpuppt sich dann aber doch noch als ein kleines filigranes Juwel. Es folgt noch einmal Indie-Schlager von Boygenius, dem gemeinsamen Projekt von Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus… solo bin ich mit allen dreien vertraut, besonders Lucy Dacus verfolge ich schon eine Weile… „Not Strong Enough“ ist ein gewaltiger Ohrwurm und wird zum Glück auch oft auf RadioEins gespielt. Den Abschluß bildet „The Eternal“ der schottischen Band Silver Moth in der Stuart Braithwaite von Mogwai spielt. Das Album ist größtenteils Improvision aber gelegentlich blitzen geniale Soundwände auf… ein schöner Rausschmeißer… Hier die Playlist auf:

Apple Music

Spotify

choice#13 Die zweite Liedersammlung von 2023 beginnt verhalten atmosphärisch und vielleicht auch ein wenig cinematisch… die ersten Klänge von „Be On Your Way“ von Daughter aus London erinnern an die ersten Akkorde von Slowdive’s „Sugar For The Pill“ und auch der weitere Verlauf dieses Songs fährt auf den Pfaden des Dreampop… mit ein wenig Elektronik auch… fast schon Trip-Hop… für mich der beste Song dieser Band die mir sonst eher zu introvertiert ist und schöner Einstieg in den Sampler. Dreampop ist auch das Motto von Song Nummer zwei: „Pure“ von Oceans aus Australien ist Kitchens Of Distinction ohne Drama… der Bass fast Peter Hock-alike im Zentrum des Stückes und die Gitarren pastellartig darumgewoben… melancholischer Gesang… in meinem Kopf seit etlichen Wochen in der Poolposition… als wäre es noch 1992 und ich müsste sofort in einen Plattenladen laufen und mir die Single kaufen…das warn’ noch Zeiten… Im nächten Song gibt es ein Debüt für diese Choice Sampler Serie: der erste Song in schwedischer Sprache… norwegisch gab es ja vor zwei Jahren (Frøkedal „Flora“) bereits, nun die Band Bedroom Eyes mit dem Song „Store Blå“ aka Big Blue mit ordentlich Gitarren besonders im letzten Drittel des Stückes… wenn schwedisch warum nicht gleich finnisch (?)… könnt ihr haben: Die Band heißt Teksti-TV 666, der Song „Kapteeni“ aka Captain… auch bei diesem Stück muß es irgendwann bei der Aufnahme gehiessen haben „Alles an die Gitarren! …und jeder nur eine Gitarre“… und dann alle gleichzeitig… macht Laune… wenn wir schon bei Exoten sind… wie wäre es mit Progrock aus Polen? Die Warschauer Band Riverside macht besten Progrock im Stile von Steven Wilson bzw. Porcupine Tree, allerdings verweist die dezente Reggae-Einlage im Song auf eine andere Proggröße: Rush’s „Spirit Of Radio“. Progressive Rock war im Vorfeld auch angekündigt was die neueste Veröffentlichung meiner Lieblingsband The Church betrifft… nun… für wenige Stücke wie dem Titeltrack mag das stimmen, im Großen und Ganzen ist es aber einfach ein typisches Church Album… das erste nach 5 Jahren… eventuell das letzte… auf keinen Fall das beste… gerade in der zweiten Hälfte wird es mir auch als Die-Hard Fan zu beliebig… die dritte Single „No Other You“ brauchte bei mir auch erstmal eine Weile, inzwischen haben wir uns angefreundet… vielleicht passiert das mit dem Rest des Albums „The Hypnogogue“ ja auch noch. „Punk House“ von The Van Pelt ist so ein Song über den ich zufällig gestolpert bin… ich hatte noch nie von der Band gehört die bereits Mitte der 1990er aktiv war… aber schön das ich sie entdeckt habe. Auch die nächste Band war mir vor ein paar Tagen noch fremd, aber als ich deren Namen DAMEFRISØR las wurde ich neugierig… und das ist sogar gute Musik der Band aus Bristol… wohl eher so der Szene IDLES, Fontaines DC etc. zuzurechnen. Danach Veteranen: The Damned veröffentlichen ein neues Album! Neulich spielten die älteren Herren sogar ein paar Konzerte in der Originalbesetzung von 1976, nun auch noch neues Material: „The Invisible Man“ geht rockig los und man schunkelt gerne mit und denkt aber auch irgendwann an das Wort „Altherrenrock“… plötzlich wird die Geschwindigkeit erhöht und die Nummer geht ab wie eine Rakete und es wird wild… herrlich… danach kommt er wieder auf den Boden zurück… sehr gut ! Quasi ist eigentlich so eine Art Unwort welches ich allerdings gerade deshalb gern und häufig verwende… und der Name eines Duos: Sam Coomes (Built to Spill) und Janet Weiss (Sleater-Kinney)… schön minimalistischer Post Punk… neuere Bands wie Royal Blood fahren mit diesem Style einige Dollars ein… Quasi gibt es seit 1993… ich hoffe sie kriegen auch mal was ab… besonders Weiss’ Schlagzeug ist geil… bischen zickig und punkig kommt danach auch Sløtface daher… ein norwegisches Projekt der Sängerin Haley Shea… danach ein neues Stück von Alex Lahey, die ich schon einige Jahre interessiert verfolge. Mit „Good Times“ sollte eigentlich ein Riesenhit garantiert sein… gute Laune a la Sheryl Crow „All I Wanna Do“… war damals auch ihr Durchbruch… sollte es so sein, gratuliere ich und finds auch gut. New Pornographers sind ein kanadisches Kollektiv freischaffender Musiker um A.C.Newman und meiner Lieblingssängerin Neko Case die alle Jahre wieder intelligente Popmusik abliefern… manchmal auch so ähnlich wie Belle & Sebastian, nur nicht so verhuscht. „Really Really Light“ ist auf jeden Fall ein Ohrwurm, das Album erscheint demnächst. T. G. Shand aus Neuseeland ist wieder etwas arg mystisches… getüpfelte Gitarrenstriche a la Cocteau Twins treffen auf einen sägenden Bass der arg tiefergelegt ist… spooky mit Kopfhörern… man dreht sich um um sich zu vergewissern das man alleine im Zimmer ist… Wäre ich als Mädchen zur Welt gekommen hätte ich wohl Grit gehießen… hmmm… dann doch lieber Lars… Miss Grit heißt bürgerlich Margaret Sohn und ist Amerikanerin mit asiatischen Wurzeln… erinnert mich nicht nur deshalb als auch musikalisch an Mitski, aber auch St.Vincent und die von mir ja sehr geschätzte Nilüfer Yanya kommen als Vergleiche in Frage. Mit „Come Oblivion“ von der in Berlin lebenden Engländerin Gemma Ray kommt anschließend ein Stück außergewöhnlichen Minimalismus. Nur ein paar Keyboard-Akkorde und der Gesang… das muß reichen… man denkt immer da kommt noch was… so ein „In The Air Tonight“ Effekt… aber stattdessen kommt der nächste Song und der ist von The National… etwas poppiger als gewöhnlich, aber genau so mag ich sie gerne. Ebenfalls poppiger als auf ihrem Debüt von vor 9 Jahren fällt ein aktueller Song der Briten Temples aus… waren die frühen Werke eine Verbeugung vor den Byrds und der 60er überhaupt locken sie heutzutage die Tanzmäuse mit fernöstlichen Klängen aufs Parkett… die goldenen 60er sind aber auch noch da… keine uninteressante Mischung. Nach dem Tanz kommt die Nachtruhe und wenn man das Stück „Sleepwalking“ von The Waeve hört wandelt man in der Tat zwischen den Grenzen von Wach und Schlaf… erinnert mich an Night Palace’s Album vom letzten Jahr… hinter The Waeve stecken die Sängerin der Pipettes und Blur Gitarrist Graham Coxon… interessantes Album wenn man sich drauf einlässt… sogar das Saxofon kommt gut. So… was hatten wir noch nicht (?) Frankreich! Neues von M83 zum Ausklang dieser Compilation. „Earth To Sea“ ist ein schönes verträumtes Stück Indie-Electronic… 10 Jahre nach Midnight City. Hier die Playlist auf:

Apple Music und

Spotify

choice#12
Neues Jahr, neue Musik… neuer Name… statt 21, 22 oder 23’sChoice gibt es jetzt nur noch die laufende Nummer… sonst ändert sich nichts… alle zwei Monate 20 aktuelle Songs aus meinen Ausgrabungen… zugleich die ersten 20 Songs der aktuellen Offside Playlist. Aufgenommen bereits Ende Dezember fängt es recht psychedelisch an. Die Band Secret Machines fiel mir erstmalig 2004 auf, als sie mit „Nowhere Again“ fast zeitgleich den ziemlich baugleichen Song „Work Work Work (Pub Club Sleep)“ von The Rakes entgegen stellten… vielleicht auch umgedreht. 2020 erschien ein unglaublich gutes Album welches ich leider erst neulich entdeckte (Awake In The Brain Chamber)… nun steht eine neue Veröffentlichung vor der Tür und „There’s No Starting Over“ ein leicht schräger Vorbote… ich bin gespannt auf den Rest (17.02.). Mit INVSN folgt eine Band die letztes Jahr mit „Slow Disco“ in meinem Kopf einen veritablen Hit verzeichnen konnte und auch in der Offside Playlist eines der meistgespielten Songs anno 2022 gewesen sein dürfte… Die Schweden machen eine Art Depeche Mode Industrial-angehauchten Pop… dahinter steht Dennis Lyxzén von Refused und (International) Noise Conspiracy… also deutlich lauteren Sachen… „Everything Fades“ ist recht zurückhaltend… manchmal erinnert mich der Gesang an Peter Murphy (weniger die Stimme). Danach rollt locker und flockig die zweite Single des ebenfalls im Februar erscheinenden neuen Albums meiner Lieblingsband The Church rein… so entspannt wie lange nicht mehr… „C’est La Vie“ ist nach der ersten Single „The Hypnogogue“ ein eher poppiger Church Song… mit Referenzen aus dem eigenen üppigen Gesamtwerk (Das kommende Studioalbum ist #25)… ich bin vor allem bei „When You Were Mine“ von 1982… In meinem Kopf seit Wochen nicht mehr wegzudenken… kann das Album kaum noch erwarten… Dann bleibt es weiter Retro aus derselben Spur. Die Band Black Swan Lane existiert seit 2007 und wurde seinerzeit vom Sänger der Chameleons – Mark Burgess mit aus der Taufe gehoben… The Chameleons waren in den 1980ern eine meiner absolut geschätztesten Bands ever… es gab nur drei „richtige“ Alben… aber die waren alle großartig. „Strange Times“ von 1986 war die letzte, es gab Projekte wie The Sun And The Moon (die auch 100%ig als Chameleons Platte hätte durchgehen können) oder The Reegs… Anfang der 2000er gab es eine kurze Reunion… nicht schlecht aber auch nicht das gleiche… Black Swan Lane klingen wie eine Chameleons Coverband… das war schon sehr gut (Vita Eterna von 2019)… aber meistens nur die Zweitligavertretung der alten Band… „Angels“ und auch einige andere Songs sind aber natürlich auch immernoch sehr gut. Die Stimmlage des Sängers ist auf jeden Fall sehr angenehm und in ähnlichen Sphären ist auch Sivard Høyem der Norweger von Madrugada unterwegs, deren Album vom Anfang des letzten Jahres war in meiner Top 20 vertreten und wurde noch mit ein paar zusätzlichen Songs ergänzt… ich weiß nicht recht was ich von der Methode halten soll… prinzipiell freue ich mich aber über jeden guten neuen Song der meine Ohren erreicht… „Heaven Coming Down“ zählt definitiv dazu. Die Briten von Shame habe ich ziemlich von Anfang an auf dem Schirm und dachte eigentlich das die bald richtig durchstarten… mittlerweile wurden sie aber von ihren Kollegen von Idles oder Fontaines D.C. fies überholt worden… die erste Single „Fingers Of Steel“ vom demnächst erscheinenden neuen Album klingt aber vielversprechend das sich das noch ändern könnte. Aus der gleichen Sparte (Young and angry from UK) kommen auch Frank Carter & The Rattlesnakes die mit der Single „Parasite“ nicht um den heißen Brei rumsingen… geiler britischer Punkrock anno 2023… Auch nicht ganz zufrieden mit der Gesamtsituation ist die irische Band Springs die bislang nur Singles veröffentlicht haben… wenn ich „Literary Mind“ höre, glaub ich aber das da noch einiges gutes nachkommen könnte (merkt euch das: 2023: Sprints aus Dublin!) Es wird zahmer… aber nur relativ… mit dem Album „In The Wild“ flog Jasmyn, die Ex-Sängerin von Weaves etwas unter meinem Radar… aber „Crystal Ball“ ist ein ziemlich geiler Indie-Hit… genau wie „Karaoke“ von Beach Bunny, bisschen wie Alvvays light… das gleiche gilt auch für Men I Trust mit „Billie Toppy“ was auch im Tagesprogramm von radioeins läuft und Spaß macht. Von Kanada bis Neuseeland ist es auch nur geografisch sehr weit, musikalisch klingt es wie von einem Album… erst Hatchie mit neuer Single „Nosedive“… wieder etwas weniger glattpoliert als zuletzt… und Fazerdaze mit ebenfalls neuer Single „Break!“. Es wird etwas ruhiger, Bleach Lab aus London erinnern an eine Mischung aus The Sundays und Slowdive… nicht die schlechteste Idee. Es folgt ein Song vom Album des Jahres 2022: „Children Of The Empire“ von Weyes Blood ist einer der mindestens 4 Großtaten auf der Platte… es geht um die gespaltene Gesellschaft in Amerika… süßer können die Probleme der Welt nicht klingen. Das Album „And In The Darkness, Hearts Aglow“ ist nochmal so viel besser als „Titanic Rising“ und eines der klarsten Nummer Eins Alben der letzten Jahre. Danach bleibt es verhalten melancholisch aber mit deutlich weniger Pathos… Robert Forster hat ein neues Album im Kasten und bis das Anfang Februar erscheint gibt es eine weitere Kostprobe des Ex Go-Betweens… ich deute es als Liebeslied für seine Frau. Als Solist unterwegs ist seit einigen Jahren auch Gaz Coombes, er war Sänger der von mir stets geschätzten Britpop Band Supergrass welche mit ihrer frischen Art bewiesen hatte das Britpop auch Humor haben konnte. Der Song „Long Live The Strange“ kommt den alten Supergrass Hits ziemlich nahe… ist aber doch deutlich reifer. Es folgen eher exotische Klänge aus Südafrika… Beatenberg holen etwas Sommer in die kalte Jahreszeit… das kann gerade wirklich nicht schaden. Exotisch zumindest für meine Verhältnisse ist auch das vorletzte Stück dieses Reigens: Jeb Loy Nichols war Anfang der 1990er Sänger der Fellow Travellers… und die machten eine Mischung aus zwei Sparten die ich beide nicht besonders mag: Country und Reggae… beides zusammen ist komischerweise nicht die Höchststrafe sondern eine schön entspannte Angelegenheit… auch ganz ohne was zu rauchen. „Monsters On The Hill“ ist eine Art bekiffte Calexico auf Dub. Den Schlußpunkt macht der mit Abstand älteste Künstler dieser Compilation: John Cale… mittlerweile 80 Jahre alt und doch chillig entspannt… Weyes Blood ist auch mit dabei, die spielt aber keine große Rolle… hat der Velvet Underground Veteran völlig alleine unter Kontrolle.

Hier die Playlist auf:

Apple Music

Spotify

McLarsen an der Ostseeküste: Stralsund und Greifswald (März 2023)

Tag 1 – Ankunft: 07.03.2023. Der letzte Teil meiner Ost-Triologie anno 2023 führt mich in den Nordosten zu den Hansestädten Stralsund und Greifswald. Wie üblich sind drei Tage eingeplant und zwar von Dienstag bis Freitag damit sich meine Wege nicht so viel mit denen anderer Leute kreuzen. Residenzstadt ist Stralsund und einen Tag geht es nach Greifswald. Die Anreise mit der Deutschen Bahn verlief heute erfreulich reibungslos. Mit dem RE 5 steige ich direkt an meinem Heimatbahnhof Berlin Gesundbrunnen ein und etwa 3 Stunden später in Stralsund aus. Im ersten Teil der Fahrt hält die Linie in Städten von denen man es erwartet… Oranienburg, Neustrelitz, Neubrandenburg etc. im zweiten Teil wird kein Briefkasten ausgelassen… die Ortschaften heißen Gnevkow, Utzedel oder Elmenhorst… manche haben nicht mal einen Bahnsteig sondern man fällt vom Zug auf einen ackermäßigen Rasen… heißt RE nicht eigentlich Express?… aber ok… muß ja auch mal sein. Das Wetter schlug bereits unterwegs einige Eskapaden und so wunderte ich mich auch nicht das ich mit einem weißen Feuerwerk aus Hagel und Sturm in der Hansestadt empfangen wurde. Der Hagel hörte nach ein paar hundert Metern auf, der Sturm blieb bis zum Abend… es gab auch eine amtliche Wetterwarnung und vorsichtshalber hatte ich mir auch eine flugunfähige Wollmütze eingepackt. Etwa 20 Minuten Fußweg vom Bahnhof sind es bis zur Unterkunft meiner Wahl: Eine Art Ferienapartment namens Stral-Sund südlich vom Frankenteich in einer Wohnsiedlung. Es ist klein, nicht gerade hübsch aber zweckmäßig, sauber und mit 36€ pro Nacht sehr günstig… ok… es ist halt Anfang März und ich denke im Sommer ist es hier teurer.

Der Marktplatz mit dem Rathaus und der Nikolaikirche
Das Segelschulschiff Gorch Fock von 1933 im Hafen

Die Graupelwolken waren blauem Himmel gewichen, also ging es dann erstmal für gut zwei Stunden in die Altstadt… schließlich war es trotz des Sturmes (den man ja nicht sieht) bestes Fotowetter und somit wurde alles mögliche erstmal geknipst… besonders schön aber auch anstrengend wegen des Sturms war der Hafenbereich mit der Gorch Fock und einer besonders langen Mole von der man Altstadt, Hafen und Rügenbrücke überblicken kann.

Nach einem besonders leckeren Fischbrötchen und noch einen Haken links und rechts ging es dann erstmal zurück in die Unterkunft, später dann natürlich die beliebte Kategorie Gastronomie. Wer hier öfters mitliest weiß jetzt das der erste Abend immer einem möglichst lokal ansässigen Bierbrauer gewidmet ist der bestenfalls seinen Gerstensaft mit zünftigen Essen in einem Brauereigasthof anbietet. Das war auch heute so aber mit dem Abstrich das lokal… quasi regional…oder auch überregional etwas zu verändern… das Dolden Mädel Brauhaus schenkt das Hamburger Ratsherrn Bier hier aus als käme es auch von hier… nennen wir es mal hanseatische Bierverbundenheit. Das Repartoire von Ratsherren ist mir durchaus bekannt… ich schätze es – aber es gab nix neues zu entdecken. Das Gulasch (Oma’s Art 😉 war sehr lecker und die lokale Brauerei ist auch für morgen eingeplant.o.

...lecker Bier und Essen im Dolden Mädel...
Verraucht, voll und gut: Bengunn

Nach 3 Bieren ging es dann ins Bengunn, dem wohl einzigem Irish Pub der Stadt… tagsüber war ich schonmal dran vorbei gelaufen, es ist aber sehr unauffällig in einem Keller… vielleicht 8 x 8 Meter… verraucht, knüppeldicke voll und sehr gut organisiert… es lief hinterm Tresen (an dem ich zufällig einen Stehplatz ergattern konnte) das Spiel Chelsea-Dortmund (CL 2023) auf einem kleinen Computer Bildschirm… hat Spaß gemacht auch wenn Chelsea gewonnen hat. Auf dem Rückweg muß ich falsch abgebogen sein das sich der Heimweg etwas verzögert hat… lustig war dann aber als ich kurz vorm Ziel noch von einem unbekannten Mann angesprochen wurde: Handyakku alle… keine Orientierung… muss ins Haus Stral-Sund (meine Bleibe)… da ich gerade wieder im Bilde war, konnte ich hlfen… ein angehender Bierbrauer aus Berlin Wedding (Seestrasse)… so klein ist die Welt… morgen schaue ich mir die Stadt Stralsund mal ganz in Ruhe an…

...Vollmond war auch...

Tag 2 – Greifswald: Meine Erkundungstouren plane ich für gewöhnlich schon weit im Voraus… lese in diversen digitalen Nachschlagewerken oder auch Büchern welche seit 40 Jahren und länger in meinen Regalen stehen… ich scanne die Orte auf GoogleMaps ab was man ansehen kann oder wo man einkehren könnte… trotzdem gibt es dann auch mal Tage die anders laufen als geplant… heute war einer davon. Das erste Erstaunen war nach liften der Jalousie eine gleichmäßige, etwa 5 cm dicke Schneedecke… davon war nicht zwingend auszugehen nach dem klaren Vollmondhimmel der letzten Nacht und auch die Wetterapp wusste nix davon. Das war aber nicht der Grund irgendetwas an dem Plan zu ändern heute Stralsund etwas mehr auf den Zahn zu fühlen. Bereits gestern erkundete ich ganz in der Nähe der Unterkunft einen Penny Markt mit separaten Bäcker… der sollte mir heute mein Frühstück bieten. Ich stapfte durch den frischen Schnee dorthin und dann fiel mir die Kinnlade runter: ZU! Nicht ein Auto auf dem Supermarktparkplatz… hmmm etwas weiter weg soll laut Maps ein Rewe sein… mal dorthin laufen… dann fiel auch der gemächliche Verkehr auf… und ich wunderte mich gestern abend auch ein wenig über die vollen Kneipen… sollte MeckPomm etwa auch Feiertag haben? Bislang gab es den Internationalen Frauentag exklusiv in Berlin… ich schaute schnell nach… und in der Tat… in MeckPomm ist der 08.März auch gesetzlicher Feiertag… seit exakt heute… also erstmal zurück vom Weg zum Rewe und überlegt… in Stralsund wollte ich zumindest auch noch zwei Whiskygeschäfte besuchen und etwas Werbung für die anstehende Spreeside Whisky Messe machen… in Greifswald dagegen steht nur Sightseeing an… also Bahnapp: wann fährt der nächste Zug nach Greifswald… und zack… nach nur 25 Minuten Fahrt mit dem Bummelzug war ich eine Hansestadt weiter. Stralsund steht morgen auch noch.

Der Marktplatz mit Rathaus und Dom St.Nikolai
Der Markt von der anderen Seite mit der dicken Marie und dem Brauhaus im rechten gotischen Haus

Ähnlich wie Stralsund hat Greifswald eine Altstadt die von drei Backsteinkirchen dominiert wird, das ganze fällt aber alles ein wenig kleiner aus. Auch Greifswald konnte sich in der Blütezeit der Hanse gesundstoßen (so nennt man sowas heute ;)… nur stoppte irgendwann das Wachstum da der Hafen von Greifswald, eh schon kleiner als bei den größeren Hansestädten allmählich versandete und damit an Bedeutung verlor. Zum Ausgleich wurde Greifswald dann eine Universitätsstadt wovon sie noch heute zehrt. Die Stadt hatte das große Glück von Zerstörungen im zweiten Weltkrieg komplett verschont geblieben zu sein… Pech dagegen das die DDR mal ein Exempel studieren wollte und ganze historische Straßenzüge erst verfallen ließ, dann abriss und schließlich mit modernen Plattenbauten ersetzte. Diese sehen zwar vom (ganz) Weitem ähnlich aus wie die historischen Bauten, sind aber letztendlich blöde DDR Plattenbauten. Als ich Mitte der 1980er in Potsdam einen Handwerksberuf lernte und auch darin arbeitete, hatten wir das in Potsdam genauso… bisschen barocken Giebel antäuschen und drinnen alles Platte… noch Ende der 1980er wurden diese Neubauten mit Ofenheizung gebaut… nur für die die meinen das solche Bausünden ja auch praktisch waren… ich schweife mal wieder ab… Es gibt natürlich auch weiterhin viele schöne Altbauten in dieser 60.000 Einwohner Stadt, besonders schön ist der riesige Marktplatz mit dem Rathaus welchen im Kern gotisch ist aber auch viele Renaissance Elemente bietet. Von den großen Kirchen ist der Dom St.Nikolai die größte… eine gotische Basilika mit über 100 Meter hohem Turm der mit seiner barocken Doppellaterne das Stadtbild prägt. Leider war er wegen dem Feiertag heute geschlossen und ich habe nicht zuende gedacht was ich mich fragte was die Kirche mit dem Internationalen Frauentag zu tun hat… Dafür konnte ich die zweitgrößte Kirche besichtigen: Die Marienkirche… im Volksmund auch die dicke Marie genannt. In der Tat wirkt die gotische Hallenkirche nicht gerade grazil, hat aber einen hohen Wiedererkennungswert.

Marienkirche - Inneres nach Osten

Von der dicken Marie ist es nicht weit zum Museumshafen, man sieht dort einiges Maritimes was schön herausgeputzt ist und auch so manches Schwimmgefährt welches die besten Zeiten bereits hinter sich hat. Von hier startet ein Treidelweg bis zum offenen (Ostsee)-Meer. Er ist gut ausgebaut und nur für Fußgänger und Radfahrer… bis auf eine Gruppe mittelalter Damen mit Nordic Walking Skistöcken und Ufftatta-Musik (kein Witz… scheint die feministische Version des Bollerwagens zu sein 😉 liefen sich die gut 5 Kilometer auch ganz entspannt. Nächste Station ist das Dorf Wiek mit einer historischen Klappbrücke über den Ryck… erbaut 1886-1887 war das seinerzeit großes technisches Kino. Da ja wegen der Richtungsänderung und geschlossenen Geschäften heute vormittag das Frühstück ausgefallen war hatte ich dort die Möglichkeit es mit einer Fischsoljanka (statt Marmeladenbrot) nachzuholen… es war eh schon Mittag. Einige hundert Meter weiter war dann das Meer zu sehen und ich ging die Mole auch bis ganz nach hinten.

Historischer Hafen Greifswald
Die Ryck am Treidelweg nach Wiek
Die historische Klappbrücke
Holzskulpturen am Ostseestrand

Es folgte ein Abstecher zur Klosterruine Eldena welche ich durch Bilder von dem wohl berühmtesten Sohn der Stadt Caspar David Friedrich kannte. Zu Friedrichs Zeit (1774-1840) verfiel die Ruine des ehemaligen Zisterzienserkloster immer weiter… durch seine Bilder wurde man später darauf aufmerksam und stellte die Reste des gotischen Baus sicher. An dieser Stelle soll auch mal erwähnt werden das ich Caspar David Friedrich schon als Kind sehr mochte und heute noch genauso. Dann hieß es den ganzen Weg zurück zu latschen… aber zur Belohnung gönnte ich mir im Störtebeker Brauhaus in einem der gotischen Giebelhäuser am Markt zwei frische Hopfengetränke bevor es dann 16:00 Uhr zurück nach Stralsund ging.

Caspar David Friedrich: "Klosterruine Eldena bei Greifswald" 1824-1825 (Bild Gemeinfrei)
Klosterruine Eldena heute

Nach einer Pause in der dieser Bericht entstanden ist, ging es zurück in Stralsunder Gastronomie. Mit Fischsuppe und einem Salat in Greifswald durfte es etwas mittelgroßes sein und da wurde ich fündig im Torschließerhaus. Der Torschließer war der Security Man des Mittelalters… er wachte am Stadttor… in diesem Falle am Kütertor und wohnte auch gleich da… besonders angesehen waren die Leute damals wie heute nicht… sie zählten zur Unterschicht. Das Haus vom Torschließer wurde 1281 erstmalig erwähnt, Ende der 1970er Jahre zum Restaurant umwidmet und seit 1993 in einer Hand. Sehr liebevolle Details überall, das Essen war prima, es gibt lokales Bier der Störtebeker Brauerei und das Personal war supernett… zu allem Überfluß kostete das Essen auch nur 12€ statt 19€ in einem neuen durchdesigneten Brauhaus. Für einen (ok…drei) Absacker ging es dann nochmal ins Bengunn… dort war es heute (jetzt wo ich weiß warum es gestern voll war) eher ruhig, aber trotzdem busy… wäre wohl mein Laden wenn ich hier wohnen würde… Mein iPhone vermeldete 36.000 Schritte heute … Rekord! Das letzte mal als die Füße dermaßen gequalmt hatten war letztes Jahr in Bremen mit 3.000 Schritten weniger… reicht für heute…

Das Torschließerhaus am Kütertor

Tag 3 – Stralsund: Die Hansestadt Stralsund bekam 1234 (leicht zu merken) das Stadtrecht, war Gründungsmitglied der Hanse… wurde in dieser Zeit stinkreich und war deshalb in der Lage eine tolle Innenstadt zu bauen… mit drei teils monumentalen Backsteinkirchen und einem sehr repräsentativen Rathaus. Das alles erinnert ein wenig an Lübeck… im Gegenteil zu dieser anderen Hansestadt hatte Stralsund aber deutlich mehr Glück was Beschädigungen der Stadt im zweiten Weltkrieg angeht… verschont wurde Stralsund zwar nicht aber auch kein Inferno wie anderswo. Gemeinsam mit der Altstadt von Wismar zählt die Altstadt von Stralsund seit 2002 zum Unesco Welterbe. Stralsund (etwa 60.000 Einwohner) ist auch das Tor zu Deutschlands größter Insel Rügen. Die neue Rügenbrücke ist im gesamten Stadtbild nicht zu übersehen. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen auch das Meeresmuseum, das Stralsund Museum (beide derzeit wegen Umbau dicht) und das Ozeaneum (nicht in meiner Tour vorgesehen).

Das historische Stadtzentrum von Stralsund vom Turm der Marienkirche
Rügenbrücke und Rügendamm

Heute hieß es für mich ein wenig in diese Stadt eintauchen… und das geht am besten nicht mit tauchen sondern Treppen steigen… 366 Stufen sollen es sein… wie immer war ich froh das mich niemand gesehen hat wie ich den alten Kadaver nach oben geschleppt habe… aber der Lohn war durchaus sehenswert… der Turm der Marienkirche ist mit 104 Metern der höchste der Stadt, der Aussichtspunkt in der barocken Laterne mag bei etwa 90 Metern liegen und der Rest der Stadt liegt einem zu Füßen. Die Marienkirche ist eh ein Monster der Backsteingotik: etwa 100 Meter lang, knapp 33 Meter hohes Mittelschiff, ein dreischiffiges Querhaus (hat in Deutschland nur noch die Dome in Köln und Schwerin), umbauter Raum: knapp 120.000 m3… Bis zu einem Blitzeinschlag 1647 sogar das mutmaßlich höchste Gebäude der Welt… damals gabs einen sehr hohen Spitzturm der es auf 151 Meter gebracht haben soll. Dabei ist die Marienkirche noch nicht mal die Nummer Eins in der Stadt… außer in Punkto Größe. Die Ausstattung im Kircheninneren ist gemessen an der Größe eher schlicht, das lag an Ereignissen im Zuge der Reformation und auch kriegsbedingten Verlusten. Die Marienkirche beeindruckt vor allem mit ihrer monumentalen Größe.

Die mächtige Marienkirche am Neumarkt
St.Marien Inneres nach Westen

Danach ging es in die zweitgrößte Kirche der Stadt: St.Nikolai… direkt neben oder hinterm Rathaus gelegen ist die älteste Kirche Stralsunds… von den Ausmaßen etwas weniger üppig als St.Marien aber dafür mit Doppelturmfront, ursprünglich gab es auch dort gotische Spitztürme aber nach deren Zerstörung durch ein Feuer im Jahre 1662 erhielt nur ein Turm eine barocke Haube und der andere nur ein schlichtes Notdach… ein Provisorium was bis heute hält und der Silhouette der Stadt einen markanten Stempel aufdrückt. Bemerkenswert ist die deutlich reichhaltigere Ausstattung des Innenraumes im Vergleich zur Marienkirche… zahlreiche Altäre und sonstiges Sakralgedöns… viele verschiedene Möbel… Bürgermeistergestühl, Krämerbänke… da waren viele Stände zuhause… mutmaßlich die etwas besser gestellten Bürger der Stadt… war ja auch die Ratskirche. Insgesamt erinnert viel an die Marienkirche zu Lübeck.. auch diese hat diese enge Verbindung zum Rathaus und gilt als die Mutter aller Backsteinkathedralen Norddeutschlands.

St.Nikolai Inneres nach Osten
Das Mittelalter war vermutlich bunter als gedacht...
Eine komplett im Original erhaltene astronomische Uhe von 1394 (!)

Neben Streifzügen durch die Altstadt gibt es noch das Mittagessen bei den Suppenmachern zu erwähnen… tolles Geschäftsmodell was ich auch schon in Bremen und Koblenz erlebt habe… nur von 11:00-15:00 Uhr geöffnet aber rammelvoll mit Locals und Leuten die sich das abfüllen lassen und mitnehmen. Danach gab es eine kleine Pause bevor es zum nächsten Programmpunkt ging: das Brauquartier der Störtebeker Brauerei bzw. der Braugasthof der Brauerei. Der liegt im Süden der Stadt, von meiner Unterkunft die ja auch schon etwas abseits ist nochmal gut 20 Minuten Fußweg… zwischen komplizierter Verkehrsführung auf Bundesstraßen… auch Richtung Rügenbrücke, Eisenbahngleisen, Umspannwerk und Küchenflair „Vincent“ liegt die Manufaktur die ja schon länger ihren guten Ruf weit über die Region hinaus verbreitet hat.

Die Störtebeker Brauerei
Das Braugasthaus von Störtebeker

Wie eine kleine Craftbeerklitsche sieht das auch nicht aus… das hat schon seine Größe. Bis heute dachte ich auch das es sich um eine neuzeitliche Brauerei a la BRLO oder Brewdog handelt die einfach mal mit etwas Sponsoring von Null auf Hundert aus dem Boden gestampft wurde… aber nein… ich muß mal wieder nach dem Motto Opa erzählt vom Krieg einhaken: In der DDR war Bier wie in den meisten Ländern Ost- oder Westeuropas Grundnahrungsmittel. Wie auch sicher im Westteil Deutschlands schwankte aber auch die Qualität des Gerstensaftes regional… so war es im Ostteil Deutschlands vom Vorteil Bier aus dem Süden der Republik zu trinken weil es in aller Regel besser schmeckte… Berlin und Potsdam waren so die Mitte was irgendwie OK war… aber nördlicher wurde es haarig… Mitte bis Ende der 1980er Jahren… ich war +/- 20 Jahre alt, war unser Urlaubsziel gerne die Ostsee… Usedom, Rügen, Prerow… wie tausende andere Ossis auch… nur das Bier im Norden… sei es das aus Rostock oder gar (Höchststrafe) Stralsund war ganz einfach eine Verletzung der Menschenrechte (oder ist gutes Bier da gar nicht drin verankert… aber egal…) Da wir damals teilweise noch mit Fahrrad , Moped oder Motorrad anreisten hieß das: keine Bierkästen mitnehmen… gesoffen werden sollte freilich schon… und Schnapstrinker waren wir auch nicht, also wurde ein 10 Liter-Kanister gekauft, in dem eine Anzahl Wodka reingegossen wurde, dann einige Packungen Brausepulver (Grapefruit oder Orange) dann an den Zeltplatzwasserhahn und aufgefüllt… geschüttelt und getrunken… schüttelt mich zwar in meiner Erinnerung auch aber war trotzdem Lichtjahre besser als Stralsunder Bier. Die Brauerei die 1827 als Stralsunder Vereinsbrauerei gegründet wurde war sogar seinerzeit Hoflieferant der Ostseebäder, als die DDR ein VEB draus machte schmeckte es wie s.o., als die Wende kam drohte das wirtschaftliche Aus. Eine Unternehmensgruppe kaufte die Brauerei und machte ab einem gewissen Zeitpunkt nichts mehr falsch… sie sicherten sich das Exklusivausschanksrecht für die Hamburger Elbphilharmonie noch vor deren Grundsteinlegung und sind in ganz Deutschland bekannt und beliebt… das Aschenbrödel unter den Bieren… sollte man als Zeichentrickfilm mit Bierflaschen als Schauspieler verfilmen. Die Biere der Brauerei konnten mir bis jetzt ausnahmslos gefallen, auch die heutigen die einen leckeren Stralsunder Fischtopf flankierten. Nach drei Bieren ging es erstmal in die Unterkunft weil es eh am Weg lag.

Stralsunder Bier aus der Störtebeker Brauerei in der ältesten Hafenkneipe Europsa: Zur Fähre
Nostalgisch hübsch... aber lecker ist anders... DDR Belustigungsmittel

Nach einer Stunde Pause ging es nochmal… letztmalig in die Altstadt. Ziel war heute nicht mehr oder weniger als die älteste Hafenkneipe Europas… irgendwo las ich sogar die älteste (noch existierende) Kneipe der Welt: „Zur Fähre“ unweit des Hafens… 1332 erstmals erwähnt ist das natürlich schon eine andere Hausnummer als das Offside deren Räume seit 1910 existieren… aber was solls… der Laden ist besonders bei den Locals beliebt… ich war einer der jüngeren Besucher und die Chefin jr. macht einen sehr guten Job wie sie die Leute dirigiert… da wird jeder mit jedem zusammengesetzt und da gibt es auch nichts zu diskutieren… wie anderwo (auch am Gesundbrunnen) durchaus mal. Dort gab es auch die Produkte der Störtebeker Brauerei und das war auch genau der richtige Ausklang dieser Tour. Stralsund erleben ohne viele Touristen geht nur außerhalb der Saison und es lohnt sich… diese alte Stadt hat so viel zu bieten wenn man sich für Kunst, Architektur und Geschichte interessiert. Wenn man auch noch an Gastronomie interessiert ist kann man auch fündig werden… ich habe alle Sachen die ich mir voraus ausgesucht habe besucht und alle waren gut. Stralsund ist von meinem Wohnort 3 Stunden entfernt… würde der Zug nicht an jedem Briefkasten halten wären es nur zwei… oder gar weniger… jedenfalls vom Gesundbrunnen ein Klacks… Greifswald genauso… den Riesenritt den ich gestern gemacht habe sollte man aber besser auf zwei Tage einteilen. Einen Teil Zwei zur Ostseeküste wird es definitiv geben… da warten noch Rostock, Wismar und paar kleinere… dieses Jahr nicht mehr… aber sicher bald.

McLarsen am Rande des Harz: Quedlinburg, Wernigerode, Halberstadt (Februar 2023)

Tag 1 – Anreise, Quedlinburg: Um meine zahlreichen Wissenslücken um sehenswerte Orte im Lande der eigenen Geburt zu schließen zog es mich diesmal an den nördlichen Rand des Harz… auf der Ostseite mit den Städten Quedlinburg, Wernigerode und Halberstadt. Geplant sind wieder drei Tage von Dienstag (07.02.23) bis Freitag mit Residenzstadt Quedlinburg. Es sind nicht die größten Städte… zwischen 23.000 und 38.000 Einwohnern, aber alles Städte mit einer großen Geschichte und bedeutenden architektonischen Zeugen dieser. Wie immer werde ich mir auch den Bereich Gastronomie vornehmen… man lernt ja nie aus.

Quedlinburg ist eine der größten Flächendenkmale Deutschlands
Über der Stadt thront der Schlossberg mit der Stiftskirche St.Servatius

Die Anreise begann erstmal relativ bescheiden obwohl ich mein Zuhause noch nicht mal verlassen hatte… die Bahn-App sendete mir 30 Minuten vor Reiseantritt das der ICE von Gesundbrunnen nach Halle schlicht und einfach ausfällt… bitte suchen Sie sich eine Alternative… nun ja… dann machte ich mich auf und wollte erstmal Richtung Hauptbahnhof und dort mal sehen was so geht… plötzlich kam ein verspäteter, umgeleiteter Regionalexpress zum Gesundbrunnen, der mir flüsterte: „Komma… steig ein, ich fahr dich nach Machdeburch“… das war strange, der Zug stand nicht mal an der Anzeigetafel weil er warum auch immer umgeleitet werden mußte… mir kam er echt wie bestellt und und mit einem Umstieg in Magdeburg war ich dann auch nicht viel später am Zielort Quedlinburg. Vom kleinen Bahnhof der 23.000 Seelen-Stadt sind es dann zu Fuß etwa 20 Minuten bis zu meiner Unterkunft, dem kleinen Hotel „Domschatz“… natürlich ein Top-saniertes Fachwerkhaus direkt unter dem dominantesten Gebäudekomplex der Stadt: dem Schlossberg mit der Stiftskirche St.Servatius… manche sagen auch Dom dazu… was aber nicht korrekt ist.

Das Geburtshaus des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock
Fachwerkhäuser am Finkenherd

Nach einem sehr freundlichen Empfang im familiengeführten Hotel ging es dann aber auch schnell auf Erkundung… es ist Anfang Februar und die Sonne geht noch recht früh unter…
Ich habe in den letzten zwei Jahren… seit und während Corona schon so manche historische Altstadt besucht, ein derartig gut erhaltenes Ensemble wie Quedlinburg mit sage und schreibe über 2100 Fachwerkhäusern, romanischen und gotischen Kirchen nebst vielen anderen Baudenkmälern ist mir aber so noch nicht untergekommen. Quedlinburg hatte großes Glück… im Krieg komplett verschont geblieben und gerade rechtzeitig vor dem totalen Verfall noch das Ende der DDR erreicht… Anfang der 1990er ging dann die große Sanierungswelle los, seit 1994 ist die Stadt UNESCO Weltkulturerbe und in anderen Monaten kann sich die Stadt vor lauter Touristen glaub ich kaum retten… das ist Anfang Februar glücklicherweise ganz anders… die Stadt ist komplett leer, man kann in Ruhe fotografieren und das Wetter ist dazu auch noch großartig, zwar Minusgrade aber blauer Himmel und Sonnenschein.

Der Marktplatz mit Rathaus und Marktkirche St.Benedikti... nicht gerade überfüllt...
Der Neumarkt mit der Nikolaikirche

Etwa zwei Stunden bummelte ich durch Alt- und Neustadt, machte viele Fotos und ließ den Spirit dieser über tausendjährigen Stadt auf mich wirken. Im Anschluss ging es nach einer Erfrischungspause im Hotel zurück in die Altstadt, traditionell ist am ersten Abend dieser Erkundungstouren ein Brauhaus mit deftigem Essen und leckeren Bier dran… heute hieß dieser Ort Brauhaus Lüdde. Es gab Tafelspitz mit dreierlei selbstgebrautem Bier: Lüdde Helles (naturtrüb Richtung Pils), Pubarschknall (sic!) schmeckte wie Malzbier und mir hätte auch auffallen können das es nur 1,3% hat… naja, eine Limo für Zwischendurch… und Knuttenforz (sic!sic!), ein Schwarzbier was ganz ordentlich war. Danach sollte es eigentlich noch ein Guinness geben aber die Öffnungszeiten auf der Website und von Google passten dann leider nicht zur Realität des Pubs welches ich nunmehr morgen oder übermorgen kennenlernen könnte. Ich überlegte dann kurz irgendwo anders einzukehren (das ist abends hier nicht so einfach) aber warum nicht auch mal einen ruhigen Abend verbringen… so konnte dieser Text bis genau hierhin geschrieben werden.

Im Lüdde Brauhaus
🍻

Tag 2 – Quedlinburg und Gernrode: Das Hotel Domschatz ist bis dato ziemlich dufte, wie der Berliner sagt… mein Zimmer hat zwar die Ausmaße das bei einer gleichgroßen Kaninchenbuchte die Tierschützer kommen würden… aber es ist ein Haus Baujahr 1789 und ich habe mir das auch selber ausgesucht… das einzig nervige ist das schreiben auf dem Laptop was eigentlich nur im Bett geht. Nach dem sehr guten Frühstücksbuffet ging es dann kurz nach 10 direkt nach nebenan: in die Stiftskirche St.Servatius… wegen der Lage auf einem Berg in Verbindung mit einem Schloß das dominante Bauwerk im Stadtbild. Es wird gerade viel gebaut auf diesem Berg und das Schlossmuseum ist daher auch geschlossen, einzig die Stiftskirche kann besichtigt werden. Dafür löhnt man 6 Euro und kann die Kirche und den Domschatz besichtigen. Das da überhaupt eine Kirche steht, geht auf Heinrich I. (876-936) zurück… er gilt als erster deutscher König (zur Beachtung: ich kürze die Geschichte hier erheblich ab…) Als er starb wurde ihm eine kleine Kapelle auf diesem Berg als Grabmahl errichtet. Seine Frau Mathilde die Heinrich über 30 Jahre überlebte schuf mit einem Frauenstift einen Memorialort für Heinrich. Die Nachfolger Heinrichs, Otto I. und II. prägten das ottonische Zeitalter und machten die Stiftskirche groß… die Stadt die sich in ihrem Schatten entwickelte wurde auch immer größer… war erfolgreiche Stadt im Mittelalter und zeitweise Mitglied der Hanse… um jetzt nicht in einen Geschichtsleistungskurs abzudriften lasse ich das mal an dieser Stelle einfach stehen. Die Kirche ist eine Seele von Romanik… auch wenn später viel verändert wurde und vieles wieder zurückgebaut wurde. Eine besondere Episode fand zur Zeit des Nationalsozialismus statt: Heinrich Himmler fühlte sich als Reinkarnation des alten Heinrichs und lies alle Kreuze abhängen und den Laden als NS Weihestätte umgestalten… also ich selber war ja nie ein Mitglied der Kirche, aber da kann man mal wieder sehen wie krank die Obernazis wirklich waren… nach dem Krieg wurde das Gebäude wieder zur Kirche… ich stelle mir gerade vor wie das Bauwerk sich geschüttelt haben muß… Am Interessantesten ist das Gebäude in der Krypta… dem ältesten Teil der Kirche mit dem (leeren) Grab vom Heinrich und seiner Mathilde. Dort kann man auch den Domschatz bestaunen nebst Reliquien unter anderen der heiligen Corona…

Um in die Kirche zu kommen muß man erstmal einen Schweinehund drücken
Im Inneren der romanischen Basilika. Unter dem Chor liegt die Krypta
Den Wechsel aus Pfeilern und Säulen nennt man niedersächsischen Stützenwechsel

Im Anschluß an der Kirchenbesichtigung gab es noch ein paar Schnappschüsse vom Schlossgarten und weiter ging es dann Richtung Brühl… einem Park etwas unterhalb des Schlossberges am Ufer der Bode. Dort tauchte ich schnell in eine ganz andere Atmosphäre ein… ich sah Vögel und Eichhörnchen, erste Knospen machten sich bereit zum Ausbruch… eine willkommene Pause in der Natur. Unweit von Park und Abteigarten befindet sich ein weiteres Kirchengebäude der Romanik: St.Wiperti. Leider ist es derzeit nicht möglich das Gebäude und seine Krypta zu besichtigen… ein Spaziergang auf dem altertümlichen Friedhof war trotzdem sehr schön.

In der Natur... an der Bode
Die Basilika von St.Wiperti mit dem Schloßberg im Hintergrund

Zurück in der Stadt ging es in die Höhe nämlich auf dem Sternkiekerturm. Dieses 42 Meter hohe Gebäude war Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Er steht auf dem Gelände eines Hotels und kann mit Einwurf einer Euromünze bestiegen werden… Der Ertrag ist eine fantastische Aussicht auf die Stadt.

Der Sternkiekerturm (offiziell Lindenbeinturm)...
...und die Aussicht von ihm... in Front: Marktkirche St.Benedikti

Als nächstes stattete ich der Marktkirche St.Benedikti und der Nikolaikirche in der Neustadt einen Besuch ab. Beide Kirchen stammen aus dem gotischen Zeitalter. In der Marktkirche gab es außerdem eine interessante Ausstellung zur Stadtgeschichte zu bestaunen.

Die Hauptattraktivität der Stadt ist ihre krumme, schiefe, mittelalterliche Fachwerkbebauung.
Der Ständerbau ist eines der ältesten Fachwerkbauten der Stadt

Mittlerweile war es Nachmittags und nach einem kurzen Intermezzo im Hotel ging es dann zum Bahnhof wo ich mit dem Bus Richtung Gernrode fuhr. Gernrode liegt etwa 10 Kilometer südlich von Quedlinburg und hat mit der Stiftskirche St.Cyriakus eine der best erhaltenen romanischen Bauwerke aus ottonischer Zeit zu bieten. Eine Besichtigung war nicht möglich, das wußte ich vorher aber ich konnte mit den letzten Sonnenstrahlen wenigstens ein paar Bilder machen.

Die Stiftskirche St.Cyriakus zu Gernrode

Ein weiterer Grund Gernrode zu besuchen war direkt gegenüber der Kirche: Das Corner Pub. Pünktlich 17:00 Uhr ging die Tür auf und das erste Guinness der Reise stand vor mir. Die Betreiber Claudia und Thomas sind sehr nette Zeitgenossen und es machte uns Spaß uns etwas auszutauschen… ein Irish Pub auf dem Land ist eine andere Nummer als in der Großstadt… so verging die Zeit recht schnell und nach 5 Guinness und einem leckeren Schnitzel musste ich unbedingt noch den letzten Bus zurück erreichen… auch wenn es erst 20:00 Uhr war… wir sind hier schließlich in der Provinz. Das klappte alles und in Quedlinburg zurück machte ich noch einen Versuch das Pub zu besuchen das gestern geschlossen war. Es heißt inzwischen Mary’s und man bekommt 0,4er Guinness zu einer Best-Of Playlist von DJ Bobo. Mehr als zwei Bier hielt ich das nicht aus und erreichte mit blutenden Ohren das Hotel, setzte kurz Kopfhörer mit elektrischen Gitarren auf und war danach in der Lage diesen Text zu schreiben.

Alles im grünen Bereich: Corner Pub Gernrode

Tag 3 – Wernigerode: Bei der Planung dieses Trips war Quedlinburg selbstverständlich als Main-Act vorgesehen, Halberstadt mit dem Dom auch quasi gesetzt… blieb noch ein Tag für die nächstgrößere Stadt: Wernigerode. Zu DDR Zeiten hatte bestimmt jeder dritte oder vierte Haushalt ein Bild vom Rathaus Wernigerode an der Wand… oder man wußte: klar… Rathaus Wernigerode… irgendwie wurde dieses Motiv vom Arbeiter- und Bauernstaat kultiviert als Abteilung Nostalgie… währenddessen anderswo ganze historische Stadtteile verrotteten und für viele kam die Wende zu spät… mal ganz zu schweigen davon was in den frühen DDR Jahren alles platt gemacht wurde… aber das schweift jetzt mal wieder ab… Wernigerode war für mich immer die Stadt mit dem Rathaus was jeder kennt… bis heute… denn heute war ich mal vor Ort.
Als ich in meinem Hotel in Quedlinburg eincheckte, erhielt ich eine Art Scheckheft mit irgendwelchen Coupons für was auch immer (hab ich mir nicht angesehen)… und dem Freifahrschein für Busse im gesamten Harz-Kreis. Das ermöglichte mir bereits gestern die kostenlose Fahrt nach Gernrode und zurück, sowie heute die knapp einstündige Fahrt mit dem Linienbus nach Wernigerode. Dort angekommen lernte ich als erstes die Breite Straße kennen, dem Fussgängerboulevard der Stadt… viele schöne und teils sehr repräsantive Häuser… die meisten auch im Fachwerkstil. Irgendwann kommt man dann auch zum Marktplatz mit dem berühmten Rathaus… und es ist in der Tat wunderschön mit dem eher seltenem Andreaskreuz-Fachwerkmuster… ein Gruß an Schottland (?) eher nicht…

Das berühmte Rathaus zu Wernigerode
Fachwerk spielt auch in Wernigerode eine große Rolle..

Wenige hundert Meter dahinter befindet sich die Stadtkirche St. Sylvestri… im Kern gotisch aber neogotisch im 19. Jahrhundert disqualifiziert… dann natürlich viele schöne, warscheinlich nie in Gefahr gewesene Straßen mit Fachwerkbebauung… alles sehr schön aber wenn man zwei Tage in Quedlinburg war… eher uninteressant… das ist natürlich ungerecht, aber die Fachwerkstraßen in Wernigerode sind eher so Mainstream-Fachwerk und Quedlinburg ist (Fachwerk)-Rock’n’Roll…

Rechts St.Sylvestri, links daneben... das Schloß... ganz schön hoch...
von oben sieht das aber völlig gut aus... links im Bild der Brocken

Dann gibt es noch ein Schloß auf dem Berg… ich bin da mit hängender Zunge hochgelaufen und gönnte mir als Belohnung für den steilen Aufstieg auch die Besichtigung der Anlage welche überwiegend neogotisch ist und mit Ausstattung der wilhelminischen Kaiserzeit aufwartet… an und für sich nicht das aufregendste Kapitel der deutschen Kunstgeschichte, aber immerhin noch nicht so lange her… das WC nach der Bezahlschranke hatte auch einen geringen Einfluss auf die Entscheidung der Besichtigung für 9 Euro. Die Aussicht auf die Stadt, den Harz und natürlich auch dessen größten Berg, den Brocken ist natürlich auch großartig. Abwärts konnte ich schon immer besser…

Innenhof des Schlosses
Der Blechkopp möge ans Klavier kommen und für Elise spielen !

Gegen 15 Uhr knurrte der Magen so laut das ich den Eindruck hatte die Leute vermuteten Raubtiere in der Nähe… also Einkehr ins Brauhaus zu Wernigerode. Wernigerode steht biertechnisch für Hasseröder (Stadtteil von Wernigerode)… die wiederum stecken mit den Bayreuther Brauereien zusammen, somit gab es nichts in Haus produziertes, sondern Industriebier von Hasseröder und Maisels… aber ich wollte ja auch essen… und das war wiederum sehr gut. Drei Bier später ging es in Tommis Pub am Rathaus… das hatte ich vorher auf Maps ausgekundschaftet… ein kleines Irish Pub mit fairen Preisen, gutem Guinness, ohne DJ Uffta-Musik aber auch ziemlich verraucht und schwierig in Kontakt mit den Leuten zu kommen… war aber ok… gegen 18:30 Uhr ging es dann zum Bus zurück… die Bürgersteige waren längst hochgeklappt und auf der Fahrt im Bus musste ich feststellen, das Wernigerode die warscheinlich unbedeutenste Stadt ist die ich im Rahmen meiner bisherigen Erkundungsreisen kennen gelernt habe. Bei Rückkehr in Quedlinburg war das Essen im Brauhaus längst Geschichte und ich besuchte nochmals das Lüdde Brauhaus auf ein Abendessen und ein paar Bier… ist ja auch letzter Reiseabend. Morgen geht es in gotische Meisterleistungen… später nachhause.

Das Rathaus zur blauen Stunde

Tag 4 – Halberstadt & Rückfahrt: Nach dem letzten Frühstück im nach wie vor sehr guten Hotel Domschatz hieß es Abschied von Quedlinburg zu nehmen. Auf der Rückfahrt galt es aber noch einmal unterwegs auszusteigen, nämlich in Halberstadt… mit dem Bummelzug etwa 20 Minuten entfernt. Halberstadt war bis zum 8.April 1945 eine ähnlich schöne Stadt wie Quedlinburg, man nannte Halberstadt gar das Rothenburg (ob der Tauber) des Nordens. An diesem Tag kurz vor Kriegsende wurde die Stadt die heute knapp 40.000 Einwohner hat zu 80% zerstört. Alles was nicht eh schon kaputt war überlebte dann die DDR Zeit nicht… es wurde großzügig planiert und mit Plattenbauten bebaut.

Martinikirche mit den ungleichen Türmen
Blick von St.Martini auf den Dom

Das fast einzige wofür es sich lohnt die Stadt zu besuchen ist das Ensemble von drei mittelalterlichen Kirchen: die romanische Liebfrauenkirche, dem gotischen Dom und die ebenfalls gotische und mit ihren ungleichen Türmen markante Martinikirche.
Der Weg vom Bahnhof ins Zentrum ist lang und nicht gerade schön… man läuft auf einer breiten Hauptverkehrsstraße zwischen Industriebauten, Supermärkten und Wohnbauten… irgendwann biegt man als Fußgänger ab und läuft durch eine Plattenbausiedlung der vermutlich 1970er Jahre. Die Plattenbauten stehen fast überall in der Stadt… hier und da wurden sie in Wettbewerb mehr oder wenig aufgehübscht. Als erstes begegnet man der Martinikirche. Diese wurde vom Geld der Bürger erbaut, die ungleichen Türme wurden als Aussichtspunkte für die Feuerwache verwendet und gehörten damit auch der Stadt. Es ist eine gotische Hallenkirche und eine Besichtigung kam heute aus Zeitgründen nicht zu Stande. Das Hauptaugenmerk galt heute dem Dom der nur wenige hundert Meter von St.Martini entfernt steht. Er wurde als Nachfolgerbau einer romanischen Basilika von etwa 1260 bis 1491 im Stile der französischen Kathedralbauten dieser Zeit gebaut und ist eine der wenigen Bauten dieser Art in Deutschland. Die Doppelturmfassade stammt in der heutigen Form größtenteils aus dem 19.Jahrhundert. Der Dom und der dazugehörige Domschatz ist im Besitz einer Stiftung das Landes Sachsen-Anhalt und kann für ein Eintrittsgeld von 8 Euro besichtigt werden. Der erste Teil des Rundgangs gehört dem Domschatz… es gibt viele textile Kunstschätze zu sehen, zahlreiche Altäre und sonstiges Kirchengedöhns aus der Zeit. Die Ausstellungsräume sind hochmodern und mit Klima und Licht den empfindlichen Ausstellungsstücken angepasst. Den Dom selbst kann man auch ohne Eintritt besichtigen… es ist schon ein sehr großer Sakralbau… das Gewölbe im Hauptschiff erreicht eine Höhe von 27 Metern. Das Innere ist reich ausgestattet, besonders hervorzuheben sind die vielen Skulpturen an den Pfeilern… einige fehlen derzeit, ich vermute sie werden restauriert.

Dom - Inneres nach Osten
Dom - Der üppig verzierte Lettner

Nach der Besichtigung des Doms ging es wenige Meter weiter zur Liebfrauenkirche. Sie ist ein romanischer Bau mit vier Türmen. Wenn man gerade aus dem hochgotischen Dom kommt, fällt einem schon schnell der Unterschied der beiden mittelalterlichen Stilepochen auf… die Liebfrauenkirche ist besonders im Inneren von einer strengen Schlichtheit.

Das Innere der Liebfrauenkirche ist romanisch schlicht
Liebfrauenkirche - Kreuzgang
Die Liebfrauenkirche von Südosten

Anschließend bummelte ich noch etwas in den umliegenden Straßen und Gassen und mußte feststellen das es ja doch noch etliche Fachwerkhäuser gibt… man kann durchaus erahnen wie es früher ausgesehen hat. Bereits wieder im Rückwärtsgang kam ich am Rathaus vorbei. Ein Teil des kriegszerstörten Gebäudes wurde originalgetreu in einen modernen Neubau integriert, u.a. ein Frontgiebel mit einer Roland Statue. Ansonsten gibt es dort das ortsübliche Einkaufscenter und dann ging es auch schon wieder auf dem nicht so schönem Weg zurück zum Bahnhof.

Fachwerkhäuser in Halberstadt
Das nachgebaute Rathaus mit der Roland Statue

Damit hat diese Reise dann auch schon wieder ihr Ende erreicht… Quedlinburg ist glaub ich die schönste Altstadt in Deutschland die ich besichtigt habe… eventuell in etwa gleich sind für mich noch Bamberg und Meißen. Wer auf alte Fachwerkromantik steht wird in dieser Stadt mehr als glücklich werden. Wernigerode dagegen halte ich für etwas überbewertet, klar das Rathaus ist wirklich eines der schönsten Deutschlands und einige Fachwerk-Straßenzüge sind auch sehr schön und der Ausblick vom Burgberg hat auch was… aber lange nicht so viel wie Quedlinburg. Halberstadt kann man wohl keinen Vorwurf machen, die Stadt hat sich ihr Schicksal nicht ausgesucht und in den Nachkriegsjahren hatte man (in West und Ost) schlicht andere Probleme als Denkmalschutz. Der Dom und überhaupt dieses Ensemble von Kirchtürmen auf kürzester Entfernung sind aber auch auf jedem Fall eine Reise wert… oder zumindest ein Tagesausflug. Insgesamt hat wieder alles gut geklappt. Das Hotel war gut, die Bahn bot keine Katastrophen und das Wetter war super… ein blaues Album im Februar ist keine Selbstverständlichkeit. Mein Dank gilt meiner Frau die zuhause und im Geschäft alles am Laufen gehalten hat. In 4 Wochen gehts wieder auf die Piste, diemal in den Nordosten…

McLarsen tief im Osten: Dresden, Meißen, Bautzen & Görlitz (Januar 2023)

Tag 1 – Dresden Neustadt: Meine erste Erkundungsreise im Jahr 2023 führt mich tief in den Osten Deutschlands. Mit Residenz in Dresden-Neustadt möchte ich die Städte Meißen, Bautzen und Görlitz ein wenig kennenlernen. Für Dresden-Neustadt war die Wahl nicht schwer, soll es hier doch gastronomisch bestens ausgebaut sein. Die berühmte Altstadt mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten werde ich wohl gar nicht betreten… die kenne ich bereits ganz gut und von der Neustadt ist es näher an den anderen Städten. Die Anreise war dann heute auch ziemlich easy… 2 Stunden ohne Umsteigen vom Gesundbrunnen bis Dresden-Neustadt ohne Probleme und sogar pünktlich. Meine Unterkunft heißt Super 8 von der Wyndham Gruppe… ein nagelneues Hotel… einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt und auch zum berühmten Szeneviertel ist es nicht weit. Das Zimmer ist bestens eingerichtet und der Preis von unter 50€ pro Nacht mit Frühstück ist dafür sehr günstig.

Die barocke Königsstraße in Dresden-Neustadt mit dem Turm der Dreikönigskirche

Nach dem Check-In ging es gleich mal eine Runde durch die Neustadt. Eigentlich wollte ich den Turm der Dreikönigskirche besteigen aber Dienstags hat der zu. Die Kirche konnte ich trotzdem besichtigen. Wie so viele Gebäude war sie auch ein Opfer der verheerenden Bombennächte kurz vor dem Ende des Krieges. Der Wiederaufbau der Kirche begann erst in den 1980er Jahren und wurde 1991 beendet. Von dem Gebäude wird nur noch ein Teil als Kirche verwendet, ein Großteil sind Veranstaltungsräume. Kurz nach der Wende diente das Gebäude kurzzeitig als Landtagsgebäude. Sehenswert ist der kriegsbeschädigte Barockaltar und der Totentanz: ein 12 Meter langes Relief aus dem 16. Jahrhundert. Gegenüber der Kirche befindet sich eine alte Markthalle welche auch durchaus sehenswert ist.

Dreikönigskirche - Der beschädigte Altar
Dreikönigskirche - Der Dresdner Totentanz und Blick in die Vorhalle
...noch eine Halle: Markthalle

Man kann dann die Hauptstraße, welche ein Fußgängerboulevard ist, in Richtung Elbe laufen und kommt dann zur bekanntesten Statue der Stadt: Der goldene Reiter… ein Reiterstandbild von August dem Starken… Kupfer mit Blattgold, aufgestellt 1736. Auch wenn ich die berühmte Altstadt diesmal wohl nicht betreten werde, so ist sie als Fotomotiv natürlich äußerst wilkommen. An der Elbe entlang präsentiert sich Elbflorenz natürlich von der besten Seite… auch bemerkenswert und gleich am Hotel: Das japanische Palais, eine der vielen Prunkbauten von August dem Starken, heute genutzt als Museum für Völkerkunde.

Der goldene Reiter
An dieser Stelle malte Canaletto 1748 seine berühmte Stadtansicht
Das Japanische Palais

Etwas überraschend meldete mein Handy… zugleich Fotoapperat, äußerst niedrigen Energiestand an… was mich zu einer Pause im Hotel zwang… immerhin konnte so ein Teil dieses Textes erfasst werden. Abends ging es traditionell in das größtmögliche Brauhaus mit deutscher Küche… im Falle Dresden-Neustadt ist das Watzke. Es gibt (mindestens) drei Biere im Aussschank: Pils, Altpierschner und Baltic Porter. Alle drei Biere waren ausgezeichnet lecker und der sächsische Sauerbraten erinnerte mich auch ein wenig an die Zeit als ich als Steppke hier aufgewachsen bin (ok… nicht in Dresden aber Leipzig und auch im Erzgebirge bei Omi) . Watzke ist vollumfänglich zu empfehlen… ich könnte mir vorstellen, das es am Wochenende dort schwierig ist, Plätze zu finden.

Im Watzke: Sächsischer Sauerbraten und eigenes Bier

 Meine nächste Station war das Red Rooster… prinzipiell ein Irish Pub aber mit eigenen Noten wie es das Offside ja auch hat (ok… Irish steht bei uns nicht dran…) Das Guinness aus einem eigenen 0,4 Glas kostet (wir reden vom 10.01.2023) 5,50€… im Offside kostet das 0,5 l Guinness 5,10€ … sicher wird das demnächst auch teurer… aber… hmpf… Das Red Roosters ist ziemlich authentisch, es wird geraucht, im Sommer steht ein Hof zur Bewirtung offen… für mich alles sehr sympatisch… aber ich war der Meinung noch andere Läden abzuklappern zu müssen, die ich mir markiert hatte: Da war der Irish Fiddler … immerhin war das Guinness wieder im Pintglas (6,20€) , aber … hmmm was will ich eigentlich… ich sag mal seelenlos. Das Tír na nÓg ein paar hundert Meter weiter konnte das auch nicht mehr kompensieren… das mag zwar der bessere Laden sein aber da lief heute schlicht garnichts… (ich bin mit Absicht nicht an den Tagen wo gern gefeiert wird unterwegs…) Nach zwei Guinness war dann auch Sense und der Fußweg zum Hotel war kein Problem… war’n schöner Einstieg in die Welt von Ost-Sachsen…

Dom und Albrechtsburg prägen das Stadtbild von Meißen

Tag 2 – Meißen & Radebeul: In etwa 30 Minuten mit der S-Bahn kommt man von Dresden nach Meißen… da klickt sicher bei jedem zweiten: Porzellan… zwei Schwerter und so… Mein Empfinden für Meißner Porzellan ist eher beschränkt… meine Eltern mochten es gerne und haben zu DDR Zeiten auch einiges gesammelt… für’s Erbe hab ich mich nie angemeldet… aber der Reihe nach… Was ich mit der Stadt Meißen schon immer verbunden habe, auch ohne jemals dort gewesen zu sein, ist die Albrechtsburg mit dem Dom auf dem Felsenhügel. Man nehme die Prager Burg mit dem Veitsdom einige Nummern kleiner und bekommt ein Ensemble ohnesgleichen geboten… die Albrechtsburg ist das älteste Schloß Deutschlands… auch wenn Schloß und Burg recht nahe beieinander liegen… Das der Bischof seinen Dom dann auch noch auf dem Berg wollte war bequem und hat etwas einzigartiges geschaffen. So einfach wars natürlich nicht… die Protagonisten von der Errichtung von Bischofsschloss und Albrechtsburg und dem Dom hatten klangvolle Namen wie Heinrich dem Zänker, Friedrich IV., der Streitbare und Georg der Bärtige.

Amtsgericht Wedding ? Nein... Das Original: Albrechtsburg Meißen
Die Türme wurden erst vor gut 100 Jahren fertiggestellt: Dom zu Meißen
Im Inneren des gotischen Doms

Leider werden touristisch relevante Webseiten wie die vom Dom nicht wirklich gepflegt… ich ging fest davon aus das ich eine Führung mit Dom und Albrechtsburg machen kann… letztere hat aber gerade komplett geschlossen… so blieb mir dann „nur“ der Dom… in dem ich allerdings bestimmt 1,5 Stunden wandelte… ein einzigartiges Meisterwerk der Gotik mit vielen Besonderheiten und größtenteils schlichter aber bedeutender Ausstattung aufwarten kann, wie z.B. mehrere Lucas Cranach (d.Ä.) Werke. Man zahlt 6€, kann alles besichtigen, es gibt noch ein Museum was der Tour angeschlossen ist und es wird auch dem letzten Laien hervorragend erklärt um was es damals ging und wie es größtenteils auch heute noch läuft. Kein Cent verschenkt… richtig gut gemacht… schade das die Burg zu war.

Blick über die Dächer der Stadt mit Frauenkirche
Impressionen der Altstadt im Regen

Auch die Altstadt von Meißen ist richtig großes Kino… sicher immer in Verbindung mit den Aussichten auf Burg und Dom…vom Krieg größtenteils verschont, gibt es unzählige Bürgerhäusr der Renaissance und des Barocks… ich würde sagen das Meißen in seiner Größe (etwa 28.000 Einwohner) eine der schönsten deutschen Städte ist, die ich je besichtigt habe. Dann gibt es ja noch die Sache mit dem Porzellan… kaum zu glauben das August der Starke jemanden eingesperrt hatte damit er die „Herstellung“ von Gold hinkriegt (Johann Friedrich Böttger)… und was erfindet er: Porzellan… zumindest das in Europa, in Asien war man schneller… Das Ticket für die Besichtigung der Staatlichen Porzellan-Manufaktur kostet 12€, beinhaltet die Besichtigung des Museums und einer Schauwerkstatt. Angesichts meines eigentlichem Desinteresses… war das gut angelegtes Ged und ich bin jetzt um einiges schlauer als vorher.

Die Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen
...wie Meissner Porzellan hergestellt wird...

Nachmittags fing es an leicht zu regnen… ich weiß nicht ob es daran lag oder an mir… ich hatte den Eindruck alle machen jetzt Feierabend und die Stadt ist jetzt leer… sowas habe ich noch nie erlebt… die ganze Stadt schien plötzlich wie ausgestorben… Nun ja… eigentlich macht mir sowas ja nix aus… aber dann verlegte ich mein nächstes Ziel etwas vor: Radebeul. Für meinem Offside-Freundeskreis ist der Name mit einer einzigartigen Tradition verbunden, nämlich die Klassenfahrt zum Whisky Festival Radebeul… stets am letzten Sonntag im März. Leider hatte ich noch nie die Zeit mal das Geschäft vom Initiator und Gründer der Messe zu besuchen : Ralf Morgenstern von der Schmiede Radebeul. Heute war nun der große Moment. Da ich ja früher aus Meißen abgereist war, fand ich Asyl im Sonnenhof… die hatten immerhin die Biere der Meißener Brauerei Meissner Schwerter (die in Meißen gerade im Urlaub war). Es gab Kellerbier, Dark Porter und Ruby Ale… alle sehr gut… dazu noch etwas feste Nahrung. Dann ging es ein paar Meter weiter in die Schmiede. Die Schmiede erinnert mich von der Größe her etwas an die Wiege meiner Pubgeschichte: Jimmy Mac’s Pub im Wedding (1991-1998) Es ist alles sehr klein aber es gibt sogar jede Menge Speisen aus der Küche… ungewöhnlich ist das man für den Gang zur Toilette raus muss und zwei Türen weiter am gleichen Gebäude seine Geschäfte verrichten kann. Whisky gibts natürlich auch nicht zu knapp… war aber heute nicht mein Thema… trotzdem… wer sich für Whisky und Pub-Kultur interessiert und im Großraum Dresden wohnt: Die Schmiede… Altkötzschenbroda 21, 01445 Radebeul… Kurz nach 10 ging es dann zurück nach Dresden und das sollte auch für heute reichen… morgen gehts nach Senf City…

In der Schmiede mit Chef Ralf Morgenstern
Bautzen: Der berühmte Stadtblick von der Friedensbrücke über der Spree

Tag 3 – Bautzen: Etwa 50 Kilometer östlich von Dresden liegt die Hauptstadt der Oberlausitz: Bautzen. Die Stadt hat etwa 38.000 Einwohner, eine sehr gut erhaltene Altstadt und ist überregional bekannt für Senf, Stasi-Knast und Verschwörungstheoretiker.

Das Rathaus am Marktplatz
Der schiefe Reichenturm
Deutschlands größte Simultankirche: Dom St.Petri

Die Altstadt besteht aus vielen barocken Bürgerhäusern wie es sie vor der Kriegszerstörung in Dresden en masse gab. Alle paar hundert Meter gibt es Türme… ich muß echt an Nürnberg denken. Es gibt ein Rathaus im Barockstil, ein Schloß welches heute der Verwaltung dient, die Neue Wasserkunst neben der Kirche St.Michael… einer bekannten Ansicht. Der Dom St.Petri ist eine Simultankirche, er wird von sowohl von Protestanten als auch Katholiken genutzt… leider war es nicht möglich ihn zu besichtigen, weil er nur von 10-12 Uhr geöffnet war (warum auch immer…)

Kirchenruine St.Nikolai

Nicht weit vom Dom knapp hinter der ehemaligen Stadtmauer ist die Ruine der Nikolaikirche, welche bereits einige Jahrhunderte out of order ist. In der Ruine und dem umliegenden Gelände befindet sich ein Friedhof und dieses Ensemble ist ein wunderschöner ruhiger Ort. Der größte erhaltene Turm der ehemaligen Stadtbefestigung ist der Reichenturm. Er stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist 1,44 m aus dem Lot… quasi der schiefe Turm von Bautzen. Ich wandelte einige Zeit durch die Altstadt und bald nervte das Wetter. Es fing an zu regnen und vor allem die recht stürmischen Böen machten es ungemütlich. Hatte ich gestern in Meißen mit der Porzellanmanufaktur einen Plan B in der Tasche, gab es fürs schlechte Wetter heute die Besichtigung der Gedenkstätte Bautzen… Knast seit 1906 und berühmt berüchtigt während der NS Zeit, der sowjetischen Besatzungszeit und als schlimmstes Beispiel von politisch motiviertem Unrecht während der DDR Zeit. Ich nahm mir echt viel Zeit dafür… es war ziemlich beklemmend… was auch sonst… aber man hätte auch noch Tage dort verbringen können, die vielen dokumentierten Schicksale zu verstehen. Der Besuch der Gedenkstätte ist kostenlos, man wird auch nicht in einem Visitorcenter oder ähnlichem empfangen… man geht da rein und wandelt durch die Gänge… ich war fast alleine dort aber wenn jemand anderes in der Nähe war, klang es immer wie direkt neben mir… war aber meist ganz woanders… spooky… sehr gute Arbeit dort jedenfalls… das gehört definitiv den nächsten Generationen weitergegeben… nur komisch das Bautzen gerade das Epizentrum aller Bekloppten zu sein scheint… ich sag nur AfD = 23%… keine Ahnung was die da nehmen… 

Wer früher durch dieses Tor gekarrt wurde hatte lange Zeit nichts zu lachen...
Im Inneren der Gefängnisanstalt
Viele Einzelschicksale werden dokumentiert

Als Überbrückung einer kurzen Schlechtwetterphase hatte der Besuch dann auch nicht getaugt, es war genau so schlecht wie vorher… aber es ist ja auch Januar… ich ging noch zur neuen Wasserkunst an der Spree (…genau die fließt nämlich durch Bautzen… und es gibt auch einen Ortsteil Gesundbrunnen), danach ging es etwas um Senf… es gibt an bester Lage unweit des Domes das erste Bautzener Senfrestaurant… in dem konnte ich mich stärken, ich hatte Blumenkohl mit Senfsosse… muß ja nicht immer ein halbes Schwein sein… Anschließend ging ich in ein Senfmuseum in dem man natürlich auch Senf käuflich erwerben konnte… natürlich Bautzner. Dann ging es langsam wieder Richtung Bahnhof und halb sechs war ich zurück in Dresden.

Neue Wasserkunst und Michaeliskirche
...auf Senf gebaut...
Im Senfmuseum

Etwa 20:00 Uhr ging es dann wieder in die Gastroforschung… heute stand die „Zapfanstalt“ im Szeneviertel im Vordergrund. Dort gibt es etwa 20 (überwiegend) Craftbiere vom Hahn sowie noch deutlich mehr internationale Spezialitäten aus der Flasche. Nebst einem leckeren Burger war das ein schöner Zeitvertreib. Auf dem Rückweg gab es noch zwei Murphys im Madness… die sich auch ganz dieser fantastischen Band verschrieben haben und musikalisch etwa vor 40 Jahren stehengeblieben sind… das könnte ich nicht jeden Tag, aber heute hat es Spaß gemacht… Madness selber waren übrigens in der Zeit nicht zu hören. Mit dem Bautzener Tor hatte ich zwar noch eine dritte Adresse auf dem Zettel aber man soll ja immer aufhören wenn es am schönsten ist… das war der letzte Abend in Dresden… morgen geht es final nach Görlitz und von da aus direkt nachhause…

In der Zapfanstalt

Tag 4 – Görlitz: Meine letzte Station dieser Reise führte mich heute in die östlichste Stadt Deutschlands: Görlitz… etwa 90 Kilometer östlich (…klar) von Dresden. Die etwa 55.000 Einwohner-Stadt hatte das Glück, im zweiten Weltkrieg nicht zerstört zu werden… zudem kam der Stadt die Wende gerade rechtzeitig… war man doch bereits fast dabei die alten, maroden Stadtbezirke plan zu machen und mit häßlicher Platte zu ersetzen. Somit ergibt sich die größte zusammenhängende Fläche von Altbau von Gotik bis Gründerzeit in Deutschland. Neben den zahllosen Wohngebäuden gibt es profane Bauwerke des Mittelalters wie einige Türme der ehemaligen Stadtmauer, das Rathaus aus der Renaissancezeit mit gleich zwei bemerkenswerten Turmuhren und ein (leider leerstehendes) Kaufhaus von 1913 nach dem Vorbild des Wertheim Kaufhauses Berlin. Es gibt mit St. Peter eine ziemlich große Kirche (leider auch geschlossen… aus „Kältegründen“… aha…) Das eigentlich bemerkenswerte an Görlitz ist aber die schier endlos scheinende Masse an Altbau… die meisten Bauten sind saniert, einige noch im Dornröschenschlaf… was auch auf einige ehemalige Industriebauten zutrifft.

Marienplatz mit Kaufhaus und Frauenkirche
Obermarkt mit Rathausturm und Dreifaltigkeitskirche (rechts)
Untermarkt mit Rathaus
Oben: Mondphasenuhr, unten Uhr mit eingemauertem Stadwächter der einen Stadtbrand verschlafen haben soll. Jede volle Minute öffnet er Augen und Mund.

Seit 2004 gibt es eine Fußgängerbrücke nach Zgorzelec… das war vor der deutsch-polnischen Grenzzeit einmal der Vorort von Görlitz, heute ist es eine eigenständige polnische Stadt mit ca. 30.000 Einwohnern. Man kann dann auf der polnischen Seite an der Neiße entlang spazieren, von dort aus schöne Bilder von Görlitz machen und auf der nächsten Brücke wieder auf deutsches Gebiet zurück gehen. In dieser Gegend verläuft der Meridian der geographischen Länge 15° östlich von Greenwich an dem sich die mitteleuropäische Zeit orientiert… seit 1961 steht an dieser Stelle ein Gedenkstein. Gleich neben dem recht versteckt gelegenen Stein befindet sich die Stadthalle von 1910 im Jugendstil… auch diese liegt noch im Dornröschenschlaf und wartet auf die Sanierung. Etwas weiter weg ist die Synagoge zu sehen. Als einzige ihrer Art wurde sie in der Kristallnacht 1938 nicht verwüstet, da der Befehl von oben an die Feuerwehr Synagogenbrände nicht zu löschen nicht rechtzeitig angekommen war. Nach Jahrzehnten der Nichtnutzung mit zunehmenden Verfall wurde sie saniert und erst 2021 wurde der erste jüdische Gottesdienst nach über 80 Jahren gefeiert.

Stadtkirche St. Peter mit Füßgängerbrücke über die Neiße von der polnischen Seite
Der Meridian-Stein

Nach einer kleinen Stärkung bei einem Bäcker ging es nach fast 20.000 Schritten durch die Stadt zur letzten Station: Die Landskron Brauerei südöstlich des Bahnhofes. Sie wurde 1869 gebaut und gilt als eines der ältesten produzierenden Industriedenkmäler Deutschlands. Früher privat, zu DDR Zeiten VEB, später zu Holsten bzw. Carlsberg gehörend ist die Brauerei seit 2006 wieder in privater Hand. Es gibt ein gut ausgebautes Besucherzentrum wo auch aus dem Hahn verkostet werden kann. Davon machte ich noch etwas Gebrauch bevor es dann gegen 17:00 Uhr Richtung Berlin ging. Punkt 20:00 Uhr saß ich wieder am eigenen Tresen.

Industriedenkmal Landskron Brauerei
Im Besucherzentrum der Brauerei

Diese Reise war wieder sehr gut gelungen. Alle Ziele sind erreicht worden und ich habe drei wunderschöne alte Städte mittlerer Größe kennengelernt… ok… manches hatte nicht geöffnet wie die Albrechtsburg und die Bautzner und Görlitzer Kirchen… aber es ist nun mal Nebensaison wo man Abstriche machen muß. An drei Abenden konnte ich die gastronomische Szene von Dresden-Neustadt bzw. Radebeul kennenlernen und auch dabei war keine wirklich schlechte Erfahrung… vieles gäbe es noch zum Kennenlernen, aber das rennt ja nicht weg. Das Highlight war der Besuch der Schmiede in Radebeul. Das Super 8 Hotel unweit vom Bahnhof Dresden-Neustadt war von der Lage optimal, das Haus ist prima ausgestattet, die Auswahl am Frühstücksbuffet ist in dieser Preisklasse beinahe üppig… das ganze für knapp 50€ pro Nacht. Mit nur 2 Stunden Fahrzeit von Tür zu Tür war es ein recht schnelles Reiseziel was ich gerne wiederholen werde… dann vielleicht Dresden-Altstadt mit vielleicht noch Pirna dazu. Vielleicht gibt es bis dahin auch wieder ein günstiges Regionalverkehrsticket… mal sehen. Nächsten Monat steht die nächste Erkundung an… am Rande des Harz.

Musik 2022

Platz 1: Weyes Blood – And In The Darkness, Hearts Aglow

Ich hatte es bereits ein wenig geahnt als die beiden Vorab-Singles erschienen… die watteweichen Balladen mit dieser großartigen Stimme könnten wieder dazu in der Lage sein mich derart zu fesseln, das nur das Album des Jahres dabei rauskommen könnte… genau wie vor 3 Jahren, als „Titanic Rising“ die McLarsen-Jahrescharts krönte. Schon der Einsteiger „It’s Not Me It’s Everybody“ denkt garnicht erst dran wieder aus dem Kopf zu gehen wenn er einmal durch die Ohren dort hineingelangt ist. Das Lied läuft in meinem Oberstübchen bereits seit vielen Wochen in Dauerschleife… seit das Album draußen ist kommen die anderen Songs noch dazu… und was für welche… „Children Of The Empire“, „Grapevine“, „Hearts Aglow“… allesamt zeitlose Perlen… alle um die 6 Minuten lang… im Stile der 1970er Songwriterinnen Joni Mitchell oder Carole King mit viel Piano, Orchester, choralem Backgroundgesängen und gelegentlich ein paar Synthesizer. Zwischendurch wird es mal bisschen sehr andächtig („God Turn Me In A Flower“), etwas Electronic („Twin Flame“) und kurz vorm Ende sogar nochmal verhalten optimistisch („The Worst Is Done“) Das alles wirkt wie in einem Guß… es geht um den Zustand unseres Planeten, Einsamkeit und Entfremdung. Man könnte meinen das hier ist Kitsch… aber beileibe nicht, Natalie Mering (so der bürgerliche Name von Weyes Blood) singt über alles Elend der Welt mit ihrer warmen, ausdrucksvollen Singstimme das die Dinge über sie singt gar nicht mehr so schlimm zu sein scheinen. „And In The Darkness, Hearts Aglow“ ist der Mittelteil einer Triologie… dann ist wohl noch ein Meisterwerk zu erwarten… ich sag doch die Welt ist gar nicht so schlecht…

Platz 2: April March – In Cinerama

Startet man „In Cinerama“ braucht es nur wenige Sekunden und schon hebt der Flieger in Richtung gute Laune ab… „Lift Off“ treibt voran mit Bläsern, Streichern, Backround-Chören im 60’s Style… Es folgt „Rolla Rolla“: fängt bisschen an wie „Sunshine Reggae“… leicht französischer Akzent, afrikanische Drums, viel schallalla ulala… rolla rolla touché… beim ersten Hören mußte ich schmunzeln… was ist das denn (?) dann der Refrain der wiederum nahe an den Beach Boys ist… nun: der Song stand beizeiten als mein Lieblingslied des Jahres fest, so ungewöhnlich er für mich auch sein mag… ich kann ihn noch immer mehrere male hintereinander hören… er macht mich einfach fröhlich. Hinter April March steht Elinore Blake, Jahrgang 1965, geboren in Kalifornien. Zum französischen Pop der 1960er kam sie als Austauschschülerin, erste musikalische Erfolge gab es in den 1990ern („Chick Habit“ wurde später von Tarantino verwendet)… sie ist mit Brian Wilson und Jonathan Richman befreundet. „In Cinerama“ ist Studioalbum Nummer 7 und auf jeden Fall ihr vielfältigstes und bestes… namenhafte Künstler haben mitgewirkt, allen voran der Schlagzeuger Tony Allen mit seinen Afro-Pop Einflüssen sei genannt. Über vielen Songs schwebt der Geist von Brian Wilson (California Fall“, Elinor Blue“), manche Songs könnten direkt aus 1960er Teenager-Filmen stammen („Runaway“, „Baby“), andere würden so manche Belle & Sebastian Platte veredeln („Born“)… Kurzum: eine prima kurzweilige, sehr sympathische Platte die auch bis kurz vor der Deadline auf der Poleposition zum Album des Jahres stand und ganz knapp noch auf der Ziellinie eingeholt wurde… es wird ihr nichts ausmachen… ist sie halt das Album der Herzen. Warum die Platte kein Riesenhit in der großen weiten Welt geworden ist verstehe ich ein weiteres mal nicht…

Platz 3: Night Palace – Diving Rings

Hinter Night Palace steht die Musikerin Avery Leigh Draut aus Athens, Georgia… mittlerweile in New York ansässig. Für die Musik ihres Debutalbums „Diving Rings“ fallen mir gleich einige Beschreibungen ein… da ist auf jeden Fall Folk und Kammerpop, Dream -Pop und Psych-Pop… und eine Menge Talent für außergewöhnliche Arrangements. Gleich mit dem Starter „Into The Wake, Mystified“ wird man in die mysteriöse Welt dieser Künstlerin gesogen mit Streichern, Holzbläsern und verschiedenen Songstrukturen die gern in psychedelische Dream-Pop Spären abdriften. Der Gesang ist stets sanft und mysteriös. Einige Songs wie „Stranger Powers“ oder „Jessica Mystic“ taugen durchaus dafür, kleine Indie Hits zu werden… hier sind die Songstrukturen eher beim klassischen Pop, aber wenn man genau hinhört entdeckt man viele kleine wohl ausgefeilte Details. Einer der Höhepunkte ist „Enjoy The Moon!“ mit einem Streichquartett und wiederum Holzbläsern… manchmal muß ich an Penguin Café Orchestra oder My Friend The Chocolate Cake denken. Interessant ist es, sich das Album im Halbschlaf anzuhören, da entstehen von ganz alleine seltsame Bilder und wenn man danach erwacht, ist man beeindruckt von der Stimmung in der man gerade gefangen war. Ein großartiges Debütalbum… ich hoffe der Anfang einer großartigen Karriere…

Platz 4: I Was A King – Follow Me Home

Die Band I Was A King wurde 2006 von Sänger und Gitarist Frode Strømstad in Oslo gegründet. Mit wechselnen Besetzungen veröffentlichte die Band 6 Alben mit melodischem Power-Pop. Mit dabei waren öfters Norman Blake von Teenage Fanclub oder auch Robyn Hitchcock. Ein anderes Projekt von Frode Strømstad ist die Band The No Ones zusammen mit Peter Buck von R.E.M. …diese Namen sollten zeigen in welche Richtung die Musik der Band geht. Seit 2011 ist auch Anne Lise Frøkedal Teil der Band… schonmal gehört (?)… dann sicher in meinem Blog… deren Album „Flora“ war mein Album des Jahres 2021. „Follow Me Home“, das siebte Studioalbum ist mehr oder weniger das Produkt des Duos Strømstad & Frøkedal… es ist recht minimalistisch, die Songs sind durchschnittlich um die 3 Minuten, es gibt Bass, Gitarre, Schlagzeug und Gesang… überwiegend von Frøkedal oder zu zweit… keine Extravaganzen… genau das macht die Platte so toll denn es hebt die hervorragenden Songs auf die Bühne die keinen Schnickschnack benötigen. Über allem schwebt eine gewisse Melancholie, trotzdem klingt alles frisch und lebendig. „Down“ ist der Meilenstein dieses Albums, aber auch das leicht angeschägte „Growing Wild“ oder die flotte Akustiknummer „Lo Pressure“ begeistern. Leider kennt man sowohl Album als auch Band eher in der Heimat Norwegen, es ist wirklich Schade drum das diese Perlen nur so einem kleinen Kreis bekannt sind… aber wer hat schon gesagt das die Welt gerecht ist ?

Platz 5: Nilüfer Yanya – Painless

Wenn ich so durch den Instagram Account von Nilüfer Yanya klicke, denke ich eher an ein Popsternchen welches in der Bravo (gibts die noch ?) einen Starschnitt bekommen könnte, als an eine Künstlerin welche mit ihrem zweiten Album in meiner Jahreswertung ziemlich weit oben landen würde… Yanya wurde 1995 in London als Tochter eines Türken und einer Mutter mit Wurzeln in Irland und Bahamas geboren. Als musikalische Einflüsse nennt sie Jeff Buckley und Nina Simone… und in der Tat ist die Musik von Nilüfer Yanya in vielen Sparten zuhause: R&B, Rock, Soul, Indie-Rock. Häufig haben die Stücke Sprechgesang und werden in einer Art Beats mit Rockinstrumentarium umgesetzt… dazu kann man sicher fantastisch tanzen oder auch nur so mitwippen. Die Platte wäre allerdings nicht so weit oben in meiner Wertung gelandet, gäbe es da nicht diesen einen Überflieger: „Midnight Sun“ besticht mit trockenen, handgespielten Beats mit akustischer Gitarre und am Schluß mit einer dreckigen E-Gitarre… auf jeden Fall ein großer Gänsehaut Moment… zweitbester Song des Jahres… Ich lehne mich sicher nicht weit aus dem Fenster, das in Zukunft niemand mehr fragen wird „Nilüfer Who?“… nein… die wird ein großer Star… denkt an meine Worte…

Platz 6: Fontaines D.C. – Skinty Fia

Das dritte Album der Iren um Sänger Grian Chatten steht den beiden Vorgängern um nichts nach… im Gegenteil, der Sound ist ausgefeilter… es werden dezente Experimente verarbeitet aber am Ende sind es immer wieder Fontains D.C. selbst… schleppender Rhytmus, trockenes Schlagwerk, noisige Gitarren und der Bariton von Sänger Chatten. Inhaltlich geht es auf der Platte häufig um das Leben der Iren in England… die Band residiert inzwischen in London und ist befremdet wieviele Vorurteile es noch immer gibt. Highlights sind der Opener „In ár gCroíthe go deo“, die Leadsingle „Jackie Down The Line“, „I Love You“ und das fast schon poppige „Roman Holiday“. Man nehme Joy Division, The Cure, Pixies und U2 und schüttelt mal kräftig und dann müsste sowas wie Fontaines D.C. heraus… auch für Fans von Idles und Shame.

Platz 7: Oceanator – Nothing’s Ever Fine

Elise Okusami heißt die junge Frau die hinter Oceanator steht. Ihre Musik hätte gut in die 1990er gepasst, in die Zeit von Nirvana und Dinosaur jr…. oder Magnapop. Das Album vereint düstere Tracks und regelrechte Slacker-Punk Hymnen… wie etwa „The Last Summer“… mein persönlicher drittliebster Song dieses Jahres… schonmal wegen dem mordsmäßig geilen Gitarrensolo in der Mitte. Andere Songs setzen diesen Style fort („Beach Days alive again“, „Bad Brain Daze“), andere fühlen sich tonnenschwer an („Stuck“, „From The Van“)… manchmal weiß sie zu überraschen… wie das Saxofon-Solo auf „Bad Brain Daze“… da denkt man echt Herr Springsteen kommt gleich um die Ecke… macht er aber nicht…“Nothing’s Ever Fine“ bleibt irgendwo zwischen Grunge, Postpunk und fuzzy Indie-Rock. Es ist erst das zweite Album von Elise Okusami… die früher mal eine (lokal) bekannte Rugby-Spielerin war… und ich bin gespannt was als nächstes kommt…

Platz 8: Afghan Whigs – How Do You Burn?

Die einzigen Veteranen in der Top 10 sind die Afghan Whigs welche 1996 mit dem Album „Black Love“ mein Album des Jahres lieferten. Seit der Reunion 2014 findet die Band um Greg Dulli nicht mehr ganz zur alten Klasse von Alben wie „Gentlemen“ oder „Black Love“ zurück, bieten aber auf jedem Album eine Handvoll richtig guter Songs. Ihre Musik ist immernoch eine Mischung aus Grunge und Soul. Highlights sind die etwas ruhigeren Stücke „The Getaway“, „A Line Of Shots“ und „Domino And Jimmy“ Wenn man gut hinhört, kann man auf „The Getaway“ den in diesem Jahr leider verstorbenen Mark Lanegan hören… vom ihm stammt auch der Titel des Albums.

Platz 9: The Flatliners – New Ruin

Selten war der Spaß so vorbei wie im Opener „Performating Hours“ der Kanadier The Flatliners… da ist aber einer richtig sauer und brüllt es amtlich ins Mikrofon. Es geht mal wieder um den Zustand unserer Erde und die Unfähigkeit der Menschheit das eigene Verhalten zu hinterfragen. Mittel zum Zweck dieser Platte ist klassischer, hochmelodiöser Punkrock. Ab und an wird ein wenig Geschwindigkeit rausgenommen wie zum Beispiel beim wunderbaren „Souvenir“. „New Ruin“ ist ein wunderbar frisches Stück Punkrock ohne jeden Nonsens…

Platz 10: Alvvays – Blue Rev

Nach 5 Jahren Wartezeit gab es 2022 endlich wieder 14 Songs der Marke Heavenly Pop Hits der Kanadier Alvvays… das heißt ungebändigte aber sauber gebündelte Wände von Gitarren und der Gesang von Sängerin Molly Rankin… alles wird hier und da psychedelisch zum Drama hochgeschraubt um genau so schnell wieder zu enden. „Blue Rev“ ist Dream-Pop, Shoegaze, Noiserock, Jangle-Pop in einem… stets mit großer Energie aufgenommen… klingt manchmal wie The Smiths („Pressed“), The Primitives („After The Earthquick“)… ein Song heißt „Tom Verlaine“, ein weiterer zitiert Belinda Carlisle („Belinda Says“)… man muß sie einfach mögen.

Die Plätze 11-20 von McLarsens Best Music 2022

Wie immer gibt es dann auch noch eine „Best Of“ von den 6 in diesem Jahr erschienenen Playlists… die letzte erscheint in ein paar Tagen. Hier als Playlist für

Apple Music und

Spotify

Nummer 5 ist Herbst pur… nicht nur das Songs „October Passed Me By“ oder „Autumn Leaves“ heißen… die meisten klingen auch so. Es startet hochdramatisch mit der Frau die mein Album des Jahres 2019 schuf… Natalie Mering aka Weyes Blood schafft es wie nur wenige anderen Künstlerinnen, mich mit in Watte verpackten Balladen zu fesseln… die Musik ist zumeist radiotauglich, die Texte häufig über Politik und Umweltkatastrophen heutiger Zeit. Das Album erscheint demnächst und vielleicht kann es ja nochmal in das Titelrennen 2022 eingreifen, die Vorabsingles „It’s Not Me, It’s Everybody“ und „Grapevine“ lassen auf sehr Gutes hoffen… man darf nur keine Partymusik erwarten… Etwas poppiger aber von der Sache her nicht unähnlich ist auch das Projekt der Norwegerin Marie Ulven aka girl in red… gut 10 Jahre jünger und sicher noch im Frühjahr ihrer Karriere… aber mit der Single „October Passed Me By“ schonmal ganz weit vorne… „Autumn Leaves“ ist eine weitere Single der Band Blue Herons aus Luzern, wieder sehr angenehm gitarrenverspielt in Richtung Dreampop unterwegs… ich bin gespannt ob es demnächst ein Album geben wird… ein solches kam gerade von einer weiteren Band die hier dieses Jahr schonmal auf einer meiner Sampler waren: Catch The Breeze aus Dänemark… der Name verpflichtet ja durchaus etwas zu dem Stil von Slowdive… und mit dieser Single ist der Einfluss schlecht zu leugnen… „Embrace“ ist eine Megahymmne im Stil von letztjährlichen Großtaten von Sea Power oder eben der letzten Slowdive Platte. Der Hang zur Hymne bleibt im folgenden Song, der Stil ist eher traditioneller Rock mit leichten Souleinflüssen… Paolo Nutini heißt der Herr aus… Schottland (und das auch mit ziemlich ausgeprägter Überzeugung) Bislang hatte er mich noch nicht so richtig hinterm Ofen vorlocken können… mit „Shine A Light“ ist es nun soweit… stadiontaugliche Rockmusik… und das meine ich nicht negativ… eine Mischung aus guten U2 und Peter Gabriel… Hinter dem nächsten Projekt ††† (Crosses) steht Deftones Sänger Chino Moreno… die Musik ist weniger hart als bei der Hauptband und der Refrain könnte sicher auch in jedem Stadion der Welt mitgegröhlt werden… hier steckt auch ein wenig Industrial drinnen, ein Genre welches eigentlich nie so richtig meins war, von Ausnahmen abgesehen… eines der besten Songs dieser Kategorie folgt nun mit dem Titeltrack des aktuellen Albums von KMFDM „Hyëna“… wie eine Mischung as Nine Inch Nails und Sisters Of Mercy… das ist schon geil… Es folgt ein Lebenszeichen von Yo La Tengo, einer Band der ich auch bereits seit etwa 30 Jahren verbunden bin… für mich immer die weniger nervende Variante von Sonic Youth… „Fallout“ ist der Vorbote zur nächstes Jahr erscheinenden Platte und meiner Meinung nach ihr bester Song seit mindestens 15 Jahren… ich muß prompt ans Meisterwerk „I Can Hear The Heart Beating As One“ denken… Es folgt ein weiterer Vorab-Song eines kommenden Albums und zwar von Robert Forster (Ex Go-Betweens). Der Song ist für den sonst eher traditionellen Songwriter sehr ungewöhnlich. Es geht um den Kampf seiner Frau Karin (die auch das Xylophon bespielt) gegen eine Krebskrankheit… möge ihr Kampf erfolgreich sein. Ein weiterer Veteran folgt mit Robyn Hitchcock und einem ebenfalls ungewöhnlichen Song im Bluesgewand. Die Schöpferin meines Albums des Jahres 2021 Anne Lise Frøkedal übernimmt im folgenden Lied das Mikrofon und präsentiert einen der simpelsten aber besten Songs dieses Jahres mit ihrer Band I Was A King… der Song wird wohl auf jeden Fall in der Best-Of 2022 vertreten sein… mehr Herbst geht nicht… Frøkedal ist bei mir derzeit mindestens auf einer Stufe wie meine Lieblingssängerin Neko Case. Der nächste Song „Midnight“ entfernt sich nicht weit von der Stimmung von „Down“… überraschend gut für die Band Starcrawler, die ich bisher eher als Trashpopper mit Talent zu uncoolen Plattencovern wahrgenommen habe… musikalisch stecke ich den Song auf frühe R.E.M. Platten… und das kann ja nicht verkehrt sein. Der Jahreszeit einen voraus ist dann die Band Winter (Die Chefin heißt Samira Winter)… wir sind aber nach wie vor im besten herbstlichen Dreampop… für mich mit Abstand das beste Stück des Albums „What Kind Of Blue Are You?“. Der nächste Song beginnt mit Hooks wie von einem frühen Interpol Album und plötzlich wird auf deutsch gesungen. Betterov ist eine tolle Neuentdeckung mit völlig geilen Texten und guter Musik… beides zusammen bekommt man hierzulande eher selten… auf diesem Sampler allerdings gleich zweimal hinternander, denn Die Nerven aus Stuttgart haben auch ein wirklich gutes Album abgeliefert und hier sogar mit Streichern und Orchester richtig dick aufgetischt… Respekt ! Etwas Drama beherrscht auch den nächsten Song von Sharon Van Etten „Never Gonna Change“ erschien als Single und auf der Deluxe Auflage ihres diesjährigen Albums „We’ve Been Going About This All Wrong“ und ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte es ist der beste Song des gesamten Albums. Nun wird es Zeit das Drama etwas runterzufahren und mit einem einfachen guten luftigen Stück Gitarrenpop der Kanadier Alvvays aufzulockern. Mit The House Of Love folgt eine Band die um 1990 herum recht gut und erfolgreich war… am bekanntesten für den Song „Shine On“ den man mitzischen konnte… nun also etwas neues… aber das Ergebnis bleibt mau, bis auf Kleinigkeiten wie „Into The Laughter“ mit dem warscheinlich zweitbesten Gitarrensolo des Jahres. Lieblingssänger Steve Kilbey (The Church) und Multiinstrumentalist Martin Kennedy folgen mit einem Stück aus ihrem neuen Kilbey Kennedy Album „The Strange Life of Persephone Nimbus“ welches etwas im Schatten des Vorgängers „Jupiter 13“ vom letzten Jahr steht aber immernoch besser ist als alles was die hochbezahlten und ranzigen Musiker von Pink Floyd die letzten 30 Jahre fabriziert haben. Zum Schluß kommt nochmal Drama auf die Bühne. Auf dem aktuellen Afghan Whigs Album gibt es wieder ein Duett mit der Sängerin Marcy Mays, wie schon im Song „My Curse“ vom Meilenstein „Gentleman“ von 1993… das Stück heißt „Domino and Johnny“ und beschließt diese Herbstkollektion genau so dramatisch wie sie von Weyes Blood begonnen wurde.

Man kann die Musik hier hören :

Playlist auf Apple Music oder

Playlist auf Spotify

22’sChoice#4 – Juli – August 2022

Der 2022er Sampler Nummer 4 beginnt erstmalig in dieser Serie von 20 aktuellen Songs alle zwei Monate mit meiner unangefochtenen Lieblingsband seit fast 40 Jahren : The Church. Die letzte Platte liegt bereits 5 Jahre zurück… es war ihr 25. Album… mittlerweile ist nur noch Sänger und Bassist Steve Kilbey von der Originalbesetzung von 1980 übrig. Dann steht sie auf einmal in der Tür: die neue Single „The Hypnogogue“… Titelstück des im kommenden März erscheinenden neuen, angeblich auch letzten Albums. Es ist mit 6:20 die längste Single der Band… und auch eine der düstersten. Beim ersten und zweiten Hören war ich noch nicht sicher was ich von dem sperrigen Stück Musik halten sollte, erst als ich mir die Kopfhörer dazu aufgesetzt habe kam es mir… etwas Klavier, die typischen Church-Gitarren, dann dort eine Geige, ein elektronischer Effekt der durchs Bild schwirrt, ein Cello… dann Kilbeys dunkle Stimme… welche im Alter (mittlerweile ist er 68) immer besser gereift ist… die teils abstrakten Lyrics… am Ende entsteht ein Sog dem man sich kaum entziehen kan… man muß sich nur darauf einlassen… großes (Kopf)kino !
Von der Atmosphäre gar nicht so weit entfernt ist Song Nummer zwei… er stammt von der schwedischen Band MCC [Magna Carta Cartel]. Die Macher der Band waren einst Mitstreiter der Metalinstitution Ghost… deren Atmosphäre auch bei MCC etwas durchscheint, wenn gleich auch deutlich softer… Dark Wave würde es wohl am besten beschreiben… „Arrows“ ist ein schönes atmosphärisches Stück mit Ohrwurmcharakter. Heavy Metal spielt auch bei der nächsten Band eine Rolle… wenn auch weniger als früher… die ersten Alben der Amerikaner Astranoid waren ziemlich vom Black Metal geprägt, nunmehr ist man eher in die Kategorie Dreampop / Shoegaze gerutscht… und das steht ihnen verdammt gut… eine ähnliche Entwicklung wie Deafhaven. Der Song „Admin“ schwirrt nervös zwischen bombastischen Gitarrenwänden und der eher hellen Stimme des Sängers umher. Zeit etwas Druck rauszunehmen… das Album „Skinty Fia“ der Iren Fontaines D.C. hat sich im Laufe des Jahres immer mehr in meine Gehörgänge gespielt und dürfte inzwischen längst in der Top 10 der besten Alben des Jahres angekommen sein. „Roman Holidays“ ist einer der eher poppigen Songs der sonst recht düster gehaltenen Platte. Düster ist auch das Stichwort für das nächste Stück der Band THUS LOVE… einer noch sehr jungen U.S. Band. Man fühlt sich bei dem Track „In Tandem“ etwas in die frühen 1980er zurück versetzt… auf dem Tisch lagen wohl Platten von Joy Division, Bauhaus, P.I.L., Gang of Four und Psychedelic Furs… mir gefällts… im Oktober erscheint das Album. Bereits erschienen ist das Album „North East Coastal Town“ der Band LIFE aus Hull… die hatten warscheinlich ähnliche Platten auf dem Tisch… etwas Post Punk im Fahrwasser von Bands wie IDLES etc… nicht uncharmant, aber krakelig rauh. Das Gefühl der frühen 1980er bleibt auch beim folgenden Song vom Working Mans Club… nur bestimmen mehr Synthesizer die Atmosphäre… und die ist ziemlich kühl… Gary Numan und seine Tubway Army lassen grüßen. Danach verschwindet das Achziger Gefühl aber die Synthies bleiben beim Stück „Monday Feeling“ der Sängerin Erin Anne aus New Jersey, welche musikalisch zwischen der Sparte Singer/Songwriterin und St. Vincent zuhause ist. Mit Drama und Cinematic kommen dann die Yeah Yeah Yeahs daher… mit einem neuen Stück aus dem Ende September erscheinenden neuen Album der Band… das erste seit 9 Jahren. Etwas unterkühlte Atmosphäre mit Sprechgesang gibt es dann von Dry Cleaning… Ich verstehe zwar nicht wirklich wovon die Sängerin erzählt… aber es hört sich interessant an… wieder Kopfkino.
Zeit für etwas leichteren Pop… es gibt neue Songs von Alvvays und Soccer Mommy… die Songs scheinen fast zusammen zu gehören… bester schwelgerischer Dreampop mit Gitarren und weiblichen Gesang. Anschließend nimmt uns die Australierin Hazel English mit in ihren Traum mit einem gewissen Hamilton… alles ist super… aber leider nur geträumt… Schade. Träumerisch ist auch das Album „Diving Rings“ von Night Palace, der Band um die Amerikanerin Avery Leigh Draut. Die Musik die zwischen klassischer Singer/Songwriterin, Dreampop, Folk und gar Klassik wandelt hat es bereits in meine Top 5 des Jahres geschafft… mindestens… leider verpasst die Welt ein sehr tolles Album… es interessiert nämlich kaum jemanden… what a shame…
Das Duo The Big Pink aus London ist auch schon ein paar Jahre unterwegs und bietet auf der neuen Single „Rage“ melancholischen Dreampop mit Gitarren und Synthesizern… letztere bestimmen auch das Gerüst des nächsten Songs von Kiwi jr. aus Toronto… irgendwie wie eine Mischung aus The Strokes und The Chills… charmant. The Afghan Whigs war eine Band die für mich in den 1990ern sehr bedeutend war… sie hatten die Härte der Grunge Bands und machten mit ihren Soul Einflüssen trotzdem ihr eigenes Ding… Alben wie „Gentleman“ oder „Black Love“ waren für mich Riesenhits zu dieser Zeit. Demnächst erscheint ein neues Album auf dem Weggenosse Mark Lanegan auch letzmalig zu hören sein wird… ich bin gespannt. Etwas punkiger wird es dann nochmal mit den Flatliners, die mit dem Album „New Ruin“ mein liebstes Punkalbum des Jahres veröffentlicht haben… da lege ich mich schon mal fest. „Souvenir“ ist ein eher poppiges Stück mit extrem hohem Ohrwurmpotential. Damit lassen wir den flotten Zwanziger auch langsam ausrollen und haben als vorletzten Song die Single „Waste Your Time“ von Lennie Rayen… eine nette Neuentdeckung aus San Francisco. Aus Kalifornien kommt dann auch die letzte Künstlerin. Elinore Blake steht hinter dem Namen April March, deren Album bereits ganz sicher in der Top 3 des Jahres steht, leider wiederum nur in meinem unbedeutenden Kopf… „Elinor Blue“ ist erst (schon wieder die Bezeichnung…) Singer/Songwriterin… ab der Mitte aber wird der Track immer opulenter… Brian Wilson lässt grüßen… wie die letzten Tage des Sommers… die sind ja auch gerade… Schade…

Playlist auf Spotify :

Playlist auf Apple Music :

 

22’sChoice#3 – Mai – Juni 2022  Zum Ende der ersten Jahreshälfte stehen wieder viele interessante Songs vor der Tür… zwanzig dürfen rein, etwa genau so viel hatten für diesen Sampler angeklopft… durften aber letztendlich nicht rein.

Den Anfang prägt diesmal ein sinister pulsierender, elektronischer Rhythmus … er schwillt langsam an… ähnlich wie bei The Cure’s „A Forest“… ,dann setzt die ungewöhnlich arrangierte Musik der Band Poliça ein… mit zwei Schlagzeugern und ähnlicher Stimmung wie Massive Attack cirka „Mezzanine“… Kopfhörermusik… spooky… genau wie auch beim zweiten Lied von INVSN… was Disco vorgaukelt aber auch eher finster daher kommt… ein wenig Depeche Mode steckt in dem Song der Schweden… dahinter stehen Musiker aus der härteren Ecke. Etwas besser wird die Stimmung bei Song 3… xPropaganda = ex- Propaganda… die Band hatte Mitte der 1980er einige Hits wie „Dr.Mabuse“ oder das wunderbare „Duel“. Musikalisch ist die Band um Claudia Brücken auch in dieser Zeit stehen geblieben… in diesem Falle auch zurecht. Die elektronische Abteilung wird mit dem vierten Song weitestgehend verlassen… Dreampop steht an… mit der wunderbaren Franzosin Melody Prochet alias Melody’s Echo Chamber. Vor 10 Jahren war ihr selbstbetiteltes Debütalbum in meiner persönlichen Top 10… seit dem ist es erst das zweite Album … und das ist sehr gut… Die schwedische Band ViVii präsentiert danach ebenfalls Dreampop… aber eher im Stil von Mazzy Star… etwas für ruhige Stunden… ebenfalls Anfang der 1990er gab es die Band The Sundays… ob es die noch gibt weiß ich nicht… aber The Blue Herons aus Luzern (!) kommen ihnen ziemlich nahe. Der Song „From Here“ startet in dieser netten Manier, nimmt aber im Verlauf noch etwas an Opulenz zu, wenn ein Streichquartett hinzu kommt… am Ende sogar noch eine Art Basssolo a la New Order’s Peter Hook… großartiger Song ! Weniger Dreampop als Folkrock bietet Sally Dige („Dee-Ah“) … Tochter einer in Südafrika geborenen Kanadierin und eines Dänen… wohnhaft in Berlin…das nenne ich schonmal interessante Herkunft, auch wenn man diesbezüglich heutzutage gerne missverstanden wird… (ich finds Quatsch… Leute sind für mich immer interessant… ob sie nun aus Tokio, New York City oder einem Dorf in der Nähe von Gera kommen…) „I Will Be The Sun For You“ ist jedenfalls ein prima Ohrwurm. Etwas nostalgisch wird es dann mit einem neuen Song der kanadischen Stars. 10 Jahre nachdem „The North“ mein Album des Jahres wurde, sind sie mit neuem, recht melancholischen Album zurück. Noch nicht ganz zurück sind Interpol… das Album erscheint aber demnächst… „Fables“ ist eine ebenfalls eher dunkel angehauchte Vorab-Single. Der Name der nächsten Band ist von einem Slowdive Song : Catch The Breeze… die Musik geht auch ein wenig in die Richtung… die Dänen biegen dann allerdings in Richtung Editors ab. Danach (um es mit Spliff zu sagen) wirds heavy und macht rambam… Besvärjelsen sind die dritten Schweden dieser Compilation und bringen ein wenig Stonerrock mit… noch lauter wirds dann mit Astronoid, die auf ihrem aktuellen Album eine ähnliche Mischung darbieten, wie das Vizealbum des letzten Jahres von Deafhaven… Shoegaze meets Metal. Leise wird es danach aber auch noch nicht… im Gegenteil… „Performative Hours“ von The Flatliners, einer Punkband aus Kanada, beginnt laut und aggressiv… um dann im Refrain dann doch ziemlich melodisch um die Ecke zu kommen… könnte eine gute Punkrockplatte werden. Nun wird es dann doch Zeit etwas vom Gas zu gehen… wenn auch nicht ganz… Supercrush machen besten Powerpop und „Perfect Smile“ könnte von Swervedriver sein. In der gleichen Sparte sind Weezer seit vielen Jahren erfolgreich und immer wieder mal gut, wie bei „The Opposite Of Me“ von ihrer Sommer EP. Eine der größten Ohrwürmer dieses Jahres war „Last Summer“ von Oceanator… auf dem letzten Sampler zu hören… hier die Fortsetzung…wie eine Mischung aus Nirvana und Magnapop. Die Schweden Nummer 4 heißen MCC (Magna Carta Cartel) und waren seinerzeit Teil der inzwischen mega-erfolgreichen Metalband Ghost… Metal ist das hier aber nicht… ich würde es Darkwave nennen und finde das Stück schaurig schön… allerdings braucht es 2-3 Anläufe. Das Album „Once Twice Melody“ von Beach House war bereits Ende letztes Jahr ein Thema, obwohl es erst im Februar als Album erschien. Ein Song davon hat sich nochmal in mein Ohr geschlichen… und zwar das recht poppige, synthielastige „Hurts To Love“… Die Amerikanerin April March hat bislang mit „Rola Rola“ meinen Song des Jahres fabriziert (zu hören auf 22’s Choice #2)… mit ihrem Album „In Cinemara“ steht sie zur Jahresmitte ebenfalls in der Poleposition… soll am Jahresende niemand behaupten, man hätte es nicht kommen sehen… „Runaway“… nicht nur im Titel etwas an Del Shannon und der Musik seiner Ära entlehnt… Kein McLarsen Sampler ohne Anne Lise Frøkedal… das neue I Was A King Album steht vor der Tür und „Follow Me Home“ ist die zweite, leckere Hörprobe und zugleich der Schlußpunkt der 3. McLarsen Musik Compilation des Jahres… in der Zusammenfassung fiel mir auf, das kein einziger Song „Made in UK“ ist… dafür 4 x Schweden, zwei mal Dänemark, einmal Norwegen, einmal Deutschland, einmal Schweiz, 3 x Kanada und der Rest USA… der Brexit schleicht sich langsam in den Alltag 😉

Playlist auf Apple Music

Playlist aud Spotify

22’sChoice#2 – März – April 2022  …wieder zwei Monate vorbei und das gerade noch neue Jahr nähert sich schon wieder dem Bergfest… früher ging das langsamer… bestimmt… Nach zwei Monaten gibt es wieder etwas Musik in die Kategorie McLarsen hört Musik…
Diesmal startet es mit Steve Wynn’s The Dream Syndicate… gegründet vor über 40 Jahren, still going strong… Twen folgen mit ihrem Verständnis von Dreampop… wenig poliert und auf den Punkt gebracht. Oceanator klingen etwas 90s-like aber eher Magnapop als Hole… Mordsgitarrensolo nach kurzer Pause in der Mitte (!) PUP und Fontains D.C. mögen es eher knarzig finster… genau wie Interpol und die südafrikanischen Dangerfields… allerdings etwas ruhiger. Die Afghan Whigs haben einen neuen Track veröffentlicht, The Lazy Eyes aus Australien klingen wie Tame Impala heute nicht mehr klingen… danach wird der Gesang wieder weiblich und geheimnisvoll… Night Palace und Nilüfer Yanya… „Midnight Sun“ mit seinen trockenen, fast wie aus dem Computer kommenden Beats und der abwechselnd akustischen und elektrischen Gitarre verbreitet eine bemerkenswerte Stimmung… wie im Traumsequenzen im Halbschlaf… für mich ein Riesenhit. Es folgt neues Material von Hazel English, I Was A King (die Band von No.1 Album 2021 Sängerin Frøkedal), Destroyer (klingt diesmal nach New Order), Bilderbuch (…ja…hätte ich auch nicht vermutet das die mal mit dabei sind)… und Arcade Fire. Dann wird es französisch mit Melody’s Echo Chamber und mit April March’s „Rolla Rolla“ kommt der zweite Riesenhit (in meinem Kopf leider nur) auf die Playlist… auch wenn letzterer für meine Hörgewohnheiten wohl eher ungewöhnlich ist. Neko Case und Of Monsters And Men beschließen den Sampler… die Isländer schaffen kurzzeitig in dem Song einen Wall of Sound wie ich ihn eher von ihren isländischen Landsleuten von Sigur Rós kenne… viel Spaß beim reinhören… auf :

Apple Music und

Spotify

22’sChoice#1 – Januar – Februar 2022  Die Serie geht weiter und heißt jetzt 22’sChoice mit 20 Songs… etwa einer CD-Länge hörbar bei Apple Music und Spotify…

Apple Music

Spotify

McLarsen in West-Irland: Limerick, Dingle, Moher (November 2022)

Tag 1 – Anreise / Limerick: Das letzte mal das ich ein Flugzeug betreten habe war vor genau 3 Jahren und ein paar Tagen… ich war mit meinem Freund André in Donegal und da das so schön war beschlossen wir auf der Stelle das jetzt jedes Jahr zu machen… jedes Jahr eine andere Ecke der grünen Insel, 3 Übernachtungen und mit dem Mietauto durch die Landschaft düsen… abends natürlich die irische Gastronomie geniessen. Dann kam bekanntlich Corona und die Veranstaltung wurde aufs Eis gelegt… bis zum Freitag dem 25.11.2022 an dem die Irish Discovery Tour wieder ins rollen kam… diesmal mit einem Reisebericht der aber erst nach der Rückkehr nach Berlin begonnen wurde, denn wenn man zu zweit unterwegs ist und ständig auf Achse… fehlt einfach die Zeit. Nachdem es beim letzten mal in den Norden des Landes ging, war diesmal der Westen und Südwesten an der Reihe… mit Residenzstadt Limerick. Limerick ist mit 56.000 Einwohnern nach Dublin, Cork und Galway die viertgrößte Stadt Irlands. Sie liegt unweit der Mündung von Irlands größtem Fluß Shannon ziemlich weit im Westen der Insel. Der Shannon ist mit seinen 370 Kilometern sogar der längste und wasserreichste Fluß Irlands UND der britischen Inseln überhaupt… Limerick selbst ist sicher nicht die Perle der irischen Städte… historische Sehenswürdigkeiten sind eher rar… aber die Stadt ist sehr lebendig und überrascht vor allem abends… wie sich später herausstellen sollte.

Der Shannon in Limerick
King John’s Castle
Local Heroes: The Cranberries

Dazu mußten wir aber erstmal hinkommen… also ab zu meinem ersten Besuch des berühmten Flughafens BER… mit dem FEX (Flughafenexpress) vom Gesundbrunnen bis zum BER: 5 Minuten Fußweg zum Bahnhof, 26 Minuten Fahrt und schon ist man quasi im Terminal… das wäre früher zum deutlich nähergelenenem Flughafen Tegel kaum möglich gewesen sein (an die ganzen Schreihälse von damals gerichtet, die den unbedingt behalten wollten… nur weil man damit seinerzeit Stimmung machen konnte…)
André der nach wie vor in Potsdam, der Stadt in der wir beide aufgewachsen sind lebt und ich trafen uns dort und ab ging es um 10:20 Uhr mit Air Lingus Richtung Dublin. Dort ging es um etwa 12:30 Ortszeit dann mit dem Mietwagen weiter Richtung Limerick… etwa 200 Kilometer… gut zwei Stunden zu fahren. Wir verabredeten das wir uns mit dem Fahren täglich abwechseln und André machte den Anfang. Kurz nach 3 waren wir da und checkten im Hotel Old Town Quarter ein, einem sehr jungen und modernen Hotel für knapp 50€ pro Nase pro Nacht mit ordentlichem Frühstück… da isses dann auch wieder, des größte Berliner Kompliment was es gibt: Kannste nich meckern. Das Old Town Quarter hat natürlich auch Gastronomie und laut Bilddaten stand das erste Guinness um 16:04 Uhr auf dem Deckel.

Erstes Doppelselfie in der Treaty City Brewery
Alt & Neu - Treaty City Brewery

Auch wenn Irland eine Stunde hintendran ist, setzte langsam die Dunkelheit ein und wir machten unsere ersten Erkundungskilometer in der Dämmerung und im Dunklen… und exakt damit gefiel uns die Stadt mehr als die nächsten Tage immer wieder mal im Hellen. Es gibt ein King John’s Castle, eine St.Mary’s Cathedral und natürlich den Shannon, der dort schon eine amtliche Breite hat und von einigen Brücken überspannt wird. Die erste gastronomische Station war in der Treaty City Brewery, einer jungen Craftbeer Brewery wie sie mittlerweile fast überall auf der Welt stehen könnte. Es gab 6 verschiedene Biere von denen wir je zwei verschiedene probiert haben und sie alle für gut befanden. Die Location bietet einen wunderbaren Mix aus alter Gebäudestruktur und modernen Anlagen… sehr zu empfehlen. Diese Brauereigaststätte mag eine der jüngsten der Stadt sein… Zeit für die älteste: JJ Bowles… seit 1794… auf der anderen Shannon Seite direkt an dessen Ufer gelegen.

In der ältesten Spelunke Limericks...
...mit Mega Aussicht...

Es war nicht ganz einfach sich am Freitagabend da durchzukämpfen, aber am Ende des Pubs gab es einen fantastischen Aussenbereich welchen wir auch Ende November gerne nutzten… direkt am Shannon neben einer Brücke mit Blick auf King John’s uns St.Marys. Für ein zweites Bier war es zu voll also gingen wir weiter auf der gleichen Riverside und entdeckten eher zufällig The Curragower… ein auf Seafood spezialisiertes Restaurant mit ebenfalls großem Aussenbereich… und dieser war dann richtig genial… man sitzt kurz vor Weihnachten draußen am Fluß, beobachtet das Treiben der Stadt und schlürft ein gepflegtes Guinness dazu… einer der größten Wohlfühlmomente dieser Tour.

...auch auf der anderen Seite der Brücke hübsch anzusehen... die Stadt Limerick...
...noch besser mit einem Getränk der Wahl... Curragower

Nach zwei Pints ging es dann wieder auf die andere Seite des Flusses und wir kehrten in Flannerys Bar ein… gut gefüllt mit überwiegend älteren Locals welche sich scheinbar jeden Freitag dort treffen weil dann Livemusik ist. Ziemlich beeindruckend war für mich die Auswahl irischer Whisk(e)ys… unter anderem von Redbreast. Zum Abschluß ging es dann in Mickey Martin’s Pub wo das Publikum eher jung, laut und auch nicht mehr ganz nüchtern war… selbstkritisch beurteilt waren wir das natürlich auch nicht mehr… so ging es dann auch langsam in unsere Gemächer zur mittlerweile völlig verdienten Nachtruhe.

Erithacus rubecula
Full Vegetarian Irish Breakfast... Mahlzeit...

Tag 2 – Einmal Dingle und zurück: Nach einem amtlichen vegetarischen Irish Breakfast sattelten wir die Hühner und ritten gen Westen. Den ersten Stopp Richtung Halbinsel Dingle hatte André auf der Karte entdeckt. Die Ortschaft heißt Glin und liegt am Shannon. Dort ging es etwas am Ufer entlang, dann durch den Ort… es gibt die Reste eines Castles welches im späten 18. Jahrhundert durch einen Neubau ersetzt wurde und heute noch bewohnt ist und auch als Luxushotel existiert… das war uns zu edel und wir fuhren weiter zum nächsten Castle: Carrigafoyle Castle. Die Burg wurde kurz vor 1500 auf einer Ausbuchtung im Shannon errichtet und war quasi die Wache des Flusses… auch für die nicht weit entfernte Stadt Limerick. In einer Belagerung Ostern 1580 fiel die Burg und die invasiven Engländer passierten den Shannon gen Inland. Seitdem wurde die Burg sich selbst überlassen und ist heute frei zu besichtigen… sogar ohne Eintritt.

Old Castle of Glin
Carrigafoyle Castle
Der runde Turm von Rattoo

Ein ähnlich vergessener Ort war der nächste: der runde Turm von Rattoo, eine selten gut erhaltene Art von frühchristlichen Glockentürmen… das Kloster und die Kirche gibt es längst nicht mehr, der Turm ist gut erhalten und wird derzeit restauriert, daher ging es auch nicht direkt aufs Gelände. Ich mußte an Rapunzel denken als ich den Turm sah. Danach ging es via Tralee weiter zur Halbinsel Dingle und deren gleichnamigen Hauptort. Das pittoreske Städtchen mit etwa 2000 Einwohnern plus einer nicht unerheblichen Menge von Touristen hat uns sehr gut gefallen… wenn es nicht so abgelegen wäre, könnte man darüber nachdenken einmal für längere Zeit zu kommen. Es gibt bunte Häuser, viele Läden und Pubs und einen Hafen. Dingle steht seit einigen Jahren auch für Whisky… leider hatte die Brennerei gerade geschlossen.

In der Stadt Dingle...
...mit netten Details in den Schaufenstern...

Nach der Visite der Stadt ging es immer an der Küste entlang den Slea Head Drive im Uhrzeigersinn einmal um den westlichen Teil der Halbinsel. Entlang dieser engen und kurvigen Berg- und Talbahn gibt es viele archiologische Sehenswürdigkeiten, die allerdings fast alle saisonal geschlossen waren. Etwa in der Mitte des Rundweges hielten wir bei Dunmore Head, dem westlichsten Punkt Irlands und Europas. Das Wetter war noch trocken aber der Wind war sagenhaft… gut auch am Wellengang zu sehen. Keine gute Idee war es von André dort zu pinkeln… Vor drei Jahren besuchten wir übrigens den nördlichsten Punkt Irlands besucht: Malin Head… nun brauchen wir nur noch Osten und Süden…

Dunmore Head von Weitem...
...Sturm ist wenn die Schafe keine Locken haben...

Wir hielten noch ein paar mal an aber da es bereits dunkel wurde machten wir uns dann auch langsam auf den Rückweg… das waren ja auch noch fast 80 Kilometer… es fing an zu regnen und als wir dann zurück waren war ich als Fahrer dann auch zufrieden. Nach kurzer Pause ging es dann zurück zur gastronomischen Szene Limericks. Die Auswahl des indischen Restaurants in dem wir essen waren nenne ich mal unglücklich… die Orte zur Einnahme flüssiger Nahrung waren dann deutlich besser… wenngleich auch rappelvoll. Da auch noch ein größeres Rugby Derby in der Stadt war und die Iren sowieso Weltmeister im Feiern sind, war in den Bars der Stadt Ausnahmezustand. Den Anfang machte wieder eine Craftbier Brauerei: Crew Brewing Co. Wir probierten vier verschiedene 0,3er Biere und waren wieder sehr zufrieden mit der Auswahl. Danach waren wir in Jerry Flannery’s Bar und in Tom Collins Bar… in beiden konnte man nicht umfallen, so voll war es. Da wir aber auch mal wieder sitzen wollten entschieden wir uns an- und abschließend für den Laden in unserem Hotel, dem Old Town Quarter. Dort war zwar auch reichlich Remmidemmi aber wir hatten einen kleinen Tisch mit Ausblick auf die feiernde Meute und die Livemusik im Aussenbereich. So ließ es sich gut angehen und nach einer nicht unbeträchtlichen Menge von Getränken inklusive Sicherheitsbieren ging es dann gegen eins ins Bett… auch Tag zwei war ein sehr schöner Tag.

Programm bei Crew Brewing Co.
In Jerry Flannery’s Bar war es so voll das wir uns hinter einem Spiegel versteckten...

Tag 3 – Castles, Moher & Burren: Heute hatte André Autodienst und es ging von Limerick aus Richtung Nordwesten. Es war Sonntag und die Straßen herrlich leer… das Wetter war schön und die Temperaturen zweistellig. Erster Halt war das Bunratty Castle. Der heutige Bau stammt größtenteis aus dem 14.Jahrhundert, die Besitzer änderten sich häufig… unter anderem wurden von den englischen Besatzern bewußt Protestanten angesiedelt. Nach starkem Verfall wurde das Gebäude in den 1950er- und 1960er Jahren restauriert und dient heute als Museum mit angrenzenden künstlich historischen Anlagen. Eintritt 20€ war uns zu viel und so machten wir nur von außen ein paar Fotos. Die nächste Burg wollte ich kennenlernen weil es eine gleichnamige Whiskymarke ist: Knappogue Castle. Vor ein paar Wochen erst hatten wir im Offside Whiskytasting eine ziemlich geniale Einzelfassabfüllung davon auf dem Tisch… dahinter steckte ein 27jähriger Bushmills. Leider stand nirgendwo geschrieben das das Castle und die Gärten nur bis Oktober für die Öffentlichkeit zugänglich sind… so standen wir vor verschlossenem Tor und mußten umständlich auf einer kleinen Single Track Road weiterfahren. Das nächste Ziel war eines der bekanntesten irischen Touristenattraktionen: Cliffs Of Moher.

Bunratty Castle
Knappogue Castle... aus der Ferne

Die zwischen 120m und 214m hohen Klippen gehen ziemlich senkrecht in den Atlantik welcher höchstselbst mit schäumender Gischt auf die Geologie dröhnt. Für Autofahrer kostet der Spaß 12€, für Fußgänger und Radfahrer nix. Es gibt ein hochmodernes Visitorcenter, in die Felsen integrierte Läden und gut ausgebaute Wege… zumindest bis zu einer gewissen Länge… danach sind es Trampelpfade die auch gut schlammig rutschig sein können… gleich neben einem ungesicherten langen Abgang. Da das Wetter (noch) gut war und Sonntag war es gut besucht, ich möchte aber nicht im Sommer dort sein wenn sämtliche Touristenmassen Irlands dorthin kommen oder mit Bussen angekarrt werden. Beeindruckend sind die Klippen durchaus… vor drei Jahren haben wir aber die Slieve League Klippen in Donegal gesehen… die sind sogar noch höher… aber dafür gratis und nahezu unbekannt.

Cliffs Of Moher...
...noch bei gutem Wetter...

Nach etwa 1,5 Stunden fuhren wir weiter an der Küste Richtung Nordosten, wo uns die nächten geologischen Kuriositäten erwarteten: Die Burren. Hiebei handelt es sich um eine Art Wüste von Kalksteinplatten welche in einem Gebiet von etwa 250 qkm in der Gegend rumliegen… statt Vegetation quasi. Leider änderte sich das Wetter gerade ziemlich entschieden, so das längere Fußwege nicht mehr möglich waren.

...nur nicht theatralisch im großen Rahmen ausrutschen...
Kalksteinwüste Burren

Wir wollten trotzdem noch 1-2 Sachen anschauen und steuerten gerade Poulnadrome Dolmen an. Die Straßen in dem Gebiet sind eng und kurvig… es fing an richtig böse zu schütten das die Sicht nicht mehr so doll war und André fuhr etwas zu schnell in eine scharfe Kurve und touchierte mit dem linken Vorderrad ein Stück Felsen was ganz schön gescheppert hat. Zum Glück war ein paar Meter weiter eine Art Parkplatz inmitten der Steinwüste und wir mußten feststellen das der Reifen die Aktion nicht überlebt hatte. So blieb uns nix anderes übrig als im größtem Gegallere das Reserverad aufzuziehen. Hinterher sahen wir aus wie begossene Pudel und waren komplett von oben bis unten naß… nun aber nachhause… und zwar so schnell wie möglich. Dort mußte ich erstmal meine Hose föhnen, André hatte den Trend zur Zweithose gerochen.

Reifenwechsel im Regen

Durch diese Aktion war bei uns etwas die Luft raus (haha…) und wir beschlossen den letzten Abend etwas ruhiger anzugehen. Essen gabs beim Asiaten um die Ecke (nach dem gestrigen indischen Reinfall ein kulinarisches Highlight) und Bier zuhause im Old Town Quarter und zwar bis die um 23 Uhr dicht machten. Der dritte Tag war nicht mehr 100% perfekt… dennoch hat es Spaß gemacht.

Tag 4 – Rückkehr mit Hindernissen: Nach dem Frühstück hatten wir eigentlich noch massig Zeit. Um 13:30 sollte das Auto zurück in der Europcar Bude sein, um 15:40 war Abflug angesagt. Wir dachten, dann schlendern wir noch etwas durch die Stadt… nach 20 Minuten war uns das zu blöd, denn so toll ist das da im Hellen nicht, also lieber doch schonmal nach Dublin, notfalls noch ein Airport Guinness. Also bugsierte ich den Wagen aus der Stadt und wir waren gerade 20 Kilometer auf der Autobahn unterwegs, als ich merkte das etwas mit dem Wagen nicht stimmt. Zum Glück gab es gerade eine Abfahrt mit Tankstelle. Dort angekommen trauten wir unseren Augen kaum: der nächste Plattfuß, diesmal hinten. Es muß wohl der Nagel gewesen sein der da im Profil steckte. Bekanntlich gibt es in jedem Auto nur ein Reserverad und die Warscheinlichkeit innerhalb von weniger als 24 Stunden zwei Reifenpannen zu haben hielt ich bis dato so warscheinlich wie einen Sechser im Lotto mit Zusatzzahl… wir hatten ein Problem, Dublin war noch über 200 Kilometer weg… ab jetzt ging unser Blick recht häufig auf die Uhr. Wir telefonierten mit der Autobude, die Verbindung war mies und unser beider Englisch ist eher mangelhaft… Irgendwann kam der Rückruf von der Bude und wenn wir die Kosten vorstrecken würden käme in den nächsten 40 min eine Art Pannenhilfe… ok… Hauptsache schnell… nach etwa einer Stunde kam er dann, zog einen neuen Reifen auf die Felge, André streckte die 150€ vor und weiter ging es… da aber das Reserverad von gestern auch keine Formel Eins Geschwindigkeiten zulies mußte ich sehen, das ich das Auto nicht dauerhaft über 100kmh fahre… blöd, wenn jede Minute zählt und der Verkehr um Dublin wurde voll und voller… nun gut, wir erreichten die Autobude… tanken schafften wir nicht mehr… wir brauchten noch einige Zeit die Schäden zu erklären und der Sportsfreund von Europcar hatte richtig die Ruhe weg… ich erklärte das bei uns jede Minute zählt und… ja… mit tanken hätten wir uns einen neuen Flug buchen müssen nebst einer Unterkunft bis zum nächsten morgen… aber wir kamen in letzter Minute an und waren dann erstmal (wieder) platt (haha, again).

Stilleben mit kaputtem Reifen und Nagel

Der Rückflug inklusive Bahnfahrt nachhause war dann wieder alles planmäßig und schon war unsere kleine Irlandreise zuende. Trotz der Pannen hat es wieder viel Spaß gemacht mit meinem besten und langjährigsten Freund zu verreisen (wir kennen uns seit 1975) und haben unterwegs schon über nächstes Jahr debattiert. Die Kosten waren in Ordnung, wir zahlten pro Person etwa 100€ für Hin- und Rückflug, etwas weniger für das Auto (derzeit sind die Preise diesbezüglich eher so das man klarstellen möchte das Auto nicht kaufen zu wollen…) das Hotelzimmer kostete mit Frühstück knapp 50€ pro Nase… man muß aber dazu sagen das es Ende November war. An dieser Stelle eine kurze Danksagung an meine liebe Frau welche in dieser Zeit leider krank im Bett lag… blöder Zeitpunkt für mich zum Verreisen… Danke auch dem Team Offside die in der Zeit helfen konnten. Zum Thema Reise war es das dann für 2022… im Januar gehts weiter… aber nicht so weit…

Über Dublin auf dem Rückweg

Die Jülicher Straße in Berlin Gesundbrunnen

In diesem Beitrag geht es um eine einfache, unspektakuläre Straße im Berliner Stadtteil Gesundbrunnen. Hier wurde keine Weltgeschichte geschrieben und Prominente wohnten auch eher woanders… die meisten kennen die Straße nur wenn man sie als Verbindungsstraße von der Bornholmer Straße (die wenige meter davor noch Osloer Straße heißt) zum Gesundbrunnencenter beschreibt. Ich selber wohne mittlerweile seit 21 Jahren hier und führe mit dem Offside (über das Lokal gibt es hier einen eigenen Artikel) ebenso lange eines der wenigen Geschäfte dieser Straße. Ich finde das sich diese Straße einen eigenen Artikel verdient hat… an dem wird übrigens immer weiter geschrieben, so bald es etwas Neues gibt… wer noch was weiß oder vielleicht sogar noch alte Bilder besitzt… gerne her damit…

Kurze Fakten : Die Jülicher Straße ist ca. 520 Meter lang, sie beginnt im Norden an der Bornholmer Straße und endet im Süden an der Behmstraße. Der Name Jülicher Straße wurde am 01.06.1910 verliehen. Jülich ist eine Stadt mit etwa 32.000 Einwohnern im Landkreis Düren in Nordrhein-Westfalen. Gemeinsam mit der Klever Straße handelt es sich um Städte die auf die Erweiterung des Kurfürstentum Brandenburg im 17. Jahrhundert hinweisen.

Die Straße ist im Westen mit der Eulerstraße, Klever Straße und Spanheimstraße verbunden und im Osten mit der Glücksburger-, Laböer- und Mönkeberger Straße. Die Nummerierung startet mit Nr. 1 im Nordwesten und endet entgegen dem Uhrzeigersinn gegenüber im Nordosten mit Nr. 30. Es gibt 31 Hausnummern… 4 mal gibt es Doppelnummern (2a, 3a, 6a, 9a) und die Nummern 18 und 19 sind nicht vergeben, an ihrer Stelle befinden sich Laubengärten der Kolonie Sandkrug.

Die Straße wird von 35 Bäumen (überwiegend Ahorn) gesäumt, welche zwischen 1945 und 2020 gepflanzt wurden… der Großteil der Bäume wurde 1960 gepflanzt.

Die Jülicher Straße hat insgesamt 34 Straßenlaternen. Bei 25 Laternen handelte es sich um Gas Aufsatzleuchten des Typs BAMAG U 7 welche seit Anfang der 1950er Jahre verwendet wurden. Im Oktober 2022 wurden die Lampen im nördlichen Teil der Straße gegen elektrische LED Lichtmaste mit Ausleger ausgetauscht.

Derzeit (Stand 2022) befinden sich in der Straße folgende Geschäfte: Shell Tankstelle in #1; Ofensetzer Richter in #3; Offside Pub & Whisky Bar in #4; Senel Baugeschäft in #5; Shisha Bar und Mini Markt in #7; Hostel Hostello in #14; Ocak Hotel in #15; Campus Viva in #16-17; Spätkauf in #24; Jülicher Apotheke in #27; Stern Bäckerei in #28.

Straßenszene mit Ahorn und Gaslaternen 20.02.2010

Geschichte :

1865 : Die Bellermannstraße wird benannt.
1894 : Die Straße 8, Abt. XI wird Behmstraße benannt
1903 : Die Straße 1, Abt. XI wird Bornholmer Straße benannt.

Bebauungsplan von 1907

1907 : Die Anlegung einer Straße mit Arbeitstitel Straße 5a Abt. XI wird von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Dazu gibt es folgendes Schriftstück :

Vorlage zur Beschlußfassung betreffend die Anlegung der Straßen 5a, 10a zwischen Straße 10d und 5a, 10d und 10e in Abteilung XI des Bebauungsplanes und des südlichen Dammes der Bornholmer Straße zwischen Grünthaler Straße und Straße 51», sowie Erwerb von Straßenland zu den Straßen 5a, 10a und 10d im Wege der Enteignung.
Der Bebauungsplan für das nördlich der Bellermannstraße belegene Gelände ist mit Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung am 26. März 1906 festgestellt worden. Die Herstellung der darin vorgesehenen Straßen 10s, 10d, 10a, zwischen den Straßen 10d und 5a, sowie die Herstellung des südlichen Teiles der Bornholmer Straße zwischen Grünthaler Straße und Straße 5d Abteilung XI wollte nun die Norden-Terraingesellschaft m. b. H. auf ihre Kosten bewirken, wobei sie annahm, daß die Stadtgemeinde die Straße 5 a auf eigene Kosten anlege. Wir glauben allerdings nicht damit rechnen zu können, daß bei den bei dieser letzteren Straße besonders schwierig liegenden Eigentumsverhältnissen sowohl am Nord- als auch am Südausgange der Straße die Herstellung durch die Anlieger würde erfolgen können.
Auch rechtfertigt der Wert dieser Straße als Verkehrsstraße zwischen Swinemünder Brücke und Bornholmer Straße ihre Anlegung aus städtischen Mitteln, nur müßte die Norden-Terraingesellschaft entsprechend ihrem Interesse an der Ausschließung ihres von der Straße 5a durchschnittenen Geländes sich an den Kosten beteiligen. Auf dieser Grundlage haben wir mit der Gesellschaft verhandelt und folgendes Ergebnis erzielt:
1. Die Norden-Terraingesellschaft läßt uns das gesamte ihr gehörige Straßenland der Straße 5a von 6 766 gm Flächeninhalt unentgeltlich unter Verrechnung auf die künftig zu zahlenden Anliegerbeiträge auf. Sie verschafft uns auch die 615 gm große Landfläche, welche zur Anlegung der Straße von dem Engelschen Grundstücke — Band 23, Blatt Nr. 1 472 — erforderlich ist, dadurch, daß sie, entsprechend der von diesem Eigentümer für die Abtretung gestellten Bedingung, eine an der Ecke der Straße 5a und 2a belegenen 3 gm großen Fläche,
welche dem Engelschen Grundstück teilweise als Baumaske vorgelagert ist, dem Engel unentgeltlich übereignet. Die Gesellschaft zahlt außerdem entsprechend der Frontlänge, mit der sie an der Straße 5a liegt, 55 v. H. der tatsächlichen Kosten der Pflasterung, den Entwässerungsbeitrag und den Beitrag für die Kosten der Beleuchtungsvorrichtung alsbald unabhängig von der tatsächlichen Bebauung, sowie 55 v. H. der Landerwerbskosten für die beiden am Nordausgange der Straße 5a liegenden Grundstücke von Neustadt und Goldwasser, soweit sie in die Straße 5a fallen, immer jedoch unter Anrechnung auf die künftig fällig werdenden Anliegerbeiträge. Soweit die von den beiden letztgenannten Grundstücken zu erwerbenden Flächen vor der Straßenflucht der Bornholmer Straße liegen, trägt die Norden-Terraingesellschaft die Erwerbskosten ganz. Sie bedingt sich dabei aus, daß, falls die Stadtgemeinde verpflichtet wird, die eben erwähnten beiden Grundstücke ganz, d. h. auch die verbleibenden Restgrundstücke, zu übernehmen, ihr diese Restgrundstücke zu dem im Enteignungsverfahren und dem darauffolgenden Prozeßverfahren festgesetzten Preise übereignet werden. Zur Anlegung der Straße 5a. die wir dann im nächsten Etatsjahr anlegen müßten, bedarf es nun noch des Erwerbes einer etwa 4 541 gm großen Fläche des am Südausgange der Straße 5a belegenen Geländes der Wollankschen Familienstiftung, sowie der mehr erwähnten etwa 821 gm und 207 gm großen Flächen von den am Nordausgange der Straße 5a belegenen Grundstücken von Neustadt und Goldwasser. Der freihändige Erwerb der der Wollankschen Familienstiftung gehörigen Fläche kann nicht in Aussicht genommen werden, da die Stiftung statutenmäßig freihändig nur zu einem Preise von 1000 Mark für die Quadratrute verkaufen darf, ein Preis, der im Enteignungsverfahren voraussichtlich nicht zugebilligt werden wird. Die sonst geforderten Preise von 1100 Mark für die Quadratrute des Goldwasserschen Grundstücks und von 80 000 Mark für das Neustadtsche Gelände erscheinen uns gleichfalls unannehmbar. Wir haben daher den Erwerb dieser Flächen im Enteignungsverfahren in Aussicht genommen. In diesem Verfahren wird auch die vorübergehende Beschränkung der angrenzenden Grundstücke durch Anlage von Böschungen für den Straßenkörper der hochliegenden Straße 5a beantragt werden müssen, wenn der Widerspruch gegen diese Anlagen sich nicht in den hierüber schwebenden Verhandlungen beseitigen lassen sollte. Die freiwillig abtretenden Anlieger haben sich zur Duldung der Böschungen bereit erklärt, die Norden-Terraingesellschaft hat sich verpflichtet, die für die Beschränkung zu zahlenden Entschädigungen zu tragen.
2. Das Straßenland der Straßen 10s, 10a zwischen Straße 10d und 5a, und der Straße 10d wird uns teils von der Norden-Terraingesellschaft teils von den Anliegern unentgeltlich zur Verfügung gestellt, nur die von dem Grundstücke Band 24 Nr. 1263 zur Anlegung der Straße 10s erforderlichen Fläche von ca. 513 gm Größe und die von dem Gelände der Wollankschen Familienstiftung erforderlichen
a) an der Einmündung der Straße 10 d in die Bellermannstraße und
b) an der Einmündung der Straße 10« in die Straße 5 a belegenen Flächen von zirka 46 und 416 qm Größe sind auf dem Wege gütlicher Einigung nicht zu erlangen und zwar die von Band 24 Nr. 1263 zu erwerbende Fläche wegen der mit Rücksicht auf eine grundbuchliche Verpflichtung unannehmbar erscheinenden Preisforderung von 12 840 Mark, die von der Wollankschen Stiftung wegen der bereits erwähnten für alle Wollankschen Terrains gleichmäßig hohen Mindestpreisforderung von 1000 Mark pro Quadratrute.
Die Norden-Terraingesellschaft bittet daher, auch diese Flächen auf ihre Kosten zu enteignen.
Zur Erfüllung der von ihr bezüglich der zu enteignenden Flächen übernommenen Verpflichtungen will die Gesellschaft alsbald die Summe von 100000 Mark bar bei der Stadthauptkasse einzahlen, aus welcher alsdann die jeweilig fällig werdenden Beträge zu ent-
nehmen sind. Schließlich verpflichtet sich die Gesellschaft noch, das Straßenland zu den Straßen 10b, zwischen den Straßen 5a und 5d, und 5b zwischen der Straße 10b, und Bornholmer Straße unentgeltlich an die Stadtgemeinde aufzulassen oder soweit ihr dies Land nicht gehört, das unentgeltliche Eigentum daran nötigenfalls durch Enteignung der Stadtgemeinde zu verschaffen und beide Strecken bis zum 1. April 1910 auf ihre Kosten anbaufähig herzustellen.
3. Sie bedingt sich andererseits noch aus, daß die 112 qm große Fläche an der Ecke der Straßen 10a und 5a, welche der Stadtgemeinde Berlin im August 1875 zur Freilegung der Straße 10 Abteilung XI (jetzt Straße 10a Abteilung XI) unentgeltlich ausgelassen worden ist, nunmehr aber nach Verschiebung der Fluchtlinie zu Straßenzwecken nicht mehr gebraucht wird, unentgeltlich an sie ausgelassen werde. In Übereinstimmung mit unserer Tiefbaudeputation glauben wir diese Regelung als für die Stadtgemeinde vorteilhaft empfehlen zu sollen und beantragen daher zu beschließen:
Die Versammlung ist damit einverstanden, daß
1. die Straße 5a im nächsten Etatsjahr unter den in dieser Vor lage genannten Bedingungen angelegt wird und daß zu diesem Zwecke die von der Wollankschen Familienstiftung am Südausgange der Straße 5a und von den Eigentümern Goldwasser und Neustadt am Nordausgange der Straße 5a abzutretenden Flächen im Enteignungsverfahren erworben werden.
2. die von dem Wollank’schen Gelände
a) an der Einmündung der Straße 10d in die Bellermannstraße zur Straße 10d,
b) an der Einmündung der Straße 10s in die Straße 5a zur Straße 10s und die von dem Grundstücke Band 24 Nr. 1263 zur Anlegung der Straße 10s noch erforderlichen Flächen auf Kosten der Norden-Terraingesellschaft ebenfalls im Enteignungsverfahren erworben werden, und
3. die der Stadtgemeinde gehörigen, an der Ecke der Straßen 10a und 6a gelegenen 112 qm ehemaliges Straßenland der Straße 10 unentgeltlich an die Norden-Terraingesellschaft aufgelassen werden.“
Da die Norden-Terraingesellschaft und der Eigentümer Engel, der zirka 615 qm zur Straße 5a unentgeltlich abtreten will, sich nur bis zum 1. Januar 1908 an ihre Erklärungen haben binden wollen, so ersuchen wir um möglichste Beschleunigung der Beschlußfassung.

150 Pläne liegen bei.
Berlin, den 15. November 1907.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt.
Kirschner.

1910 : Die Straße 5a Abt. XI wird Jülicher Straße benannt. Im gleichen Jahr erhalten Euler- und Spanheimstraße ihre Namen, 1911 folgen Glücksburger- und Sonderburger Straße, 1927 mit Laböer- Ellerbecker- und Mönckeberger Straße die übrigen Straßen die an die Jülicher Straße grenzen bzw. in der Nähe sind.

Die Häuser Jülicher Straße 1 (heute Tankstelle) und Jülicher Straße 4 werden als erste Häuser der Straße fertiggestellt.

Jülicher Straße 1-2 Anfang der 1930er Jahre. Beide Häuser wurden in Krieg zerstört.
Jülicher Straße 4 (Foto von 1942)

1911 : Fertigstellung von Haus Nr. 30 (damals Nr. 28)

1912 : Fertigstellung von Haus Nr. 5

1913 : Fertigstellung von Haus Nr. 8

Jülicher Straße 28 (heute 30) Ecke Bornholmer Straße um 1914 (Sammlung Schmiedecke)

1924 : Fertigstellung von Haus Nr. 7 durch die Reichsbank Berlin.

1925 : Fertigstellung von Haus Nr. 14 (Sportkasino von Norden-Nordwest)

Fußballspiel im Hertha Stadion 1924. Im Hintergrund der Bau des NNW Kasinos sowie das Haus Jülicher Straße 8 (rechts)
Jülicher Straße 6 und 6a Ecke Klever Straße Anfang der 1930er Jahre

1927 – 1930 : Die Gesellschaft für Bahnen und Tiefbauten (Vorgänger der heutigen Gesobau AG) errichtete Wohnhäuser im zeitgenössigen Stil in der Jülicher Straße (Ostseite) (10 Aufgänge), Mönkeberger Straße (1 Aufgang), Laböer Straße (4 Aufgänge), Glücksburger Straße (8 Aufgänge), Bornholmer Straße (4 Aufgänge), Sonderburger Straße (6 Aufgänge), Eulerstraße (2 Aufgänge) und Jülicher Straße (Westseite) (2 Aufgänge). Ursprünglich sollte Richtung Osten weiter gebaut werden aber Weltwirtschaftskrise und Krieg verhinderten das. An dieser Stelle ist die Kolonie Sandkrug v. 1925.

1927 : Fertigstellung der Häuser 6 und 6a durch die Gemeinnützige Märkische Baugenossenschaft.

Fertigstellung der Häuser Nr. 20, 21, 22 und 23.

Geplante Bebauung des Areals auf einem Plan von 1914
Die Jülicher Straße mit Blick zur Mönckeberger Straße mit Tram Oberleitung… 1930er Jahre
Müllkippe Ellerbecker Straße mit Blick auf Jülicher, Mönkeberger, Klever und Laböer Straße. Rechts die Rückansicht von Jülicher Straße 20-23. Foto von 1934 (Landesarchiv Berlin)

1928 : Fertigstellung der Häuser Nr. 24, 25, 26 und 27.

1930 : Fertigstellung der Häuser Nr. 3, 3a, 27 und 28.

Jülicher Straße 3 und 3a Ecke Eulerstraße Anfang der 1930er Jahre

1939 : Fertigstellung der Häuser Nr. 9 und 9a durch die Reichsbank Berlin.

1941-1945 : Die Gegend um den Bahnhof Gesundbrunnen wurde im Krieg stark beschädigt. Viele Luftangriffe galten den Industriestandorten in der Brunnenstraße. Der Hochbunker mit Flakturm am Volkspark Humboldthain zog die Zerstörungen ebenfalls an. Viele Gebäude wurden zerstört und später durch Neubauten ersetzt. Die Jülicher Straße kam vergleichsweise glimpflich davon. Nur die Häuser Nr. 1 und 2 wurden Opfer des zweiten Weltkriegs. Auf den Grundstücken der zerstörten Häuser befand sich viele Jahre ein Gewerbehof für Brennstoffe, also Kohlen und Heizöl… aber auch ein Fuhrunternehmen der Brennstoffhändlerin Käthe Heinrich und ein Stand für Obst und Gemüse. In den 1970ern wurde eine Shell Tankstelle eröffnet und in den 1990ern wurde ein neues Wohnhaus auf der Fläche errichtet.

1963 : Der Wohnblock mit den Hausnummern 10, 11, 12 und 13 wird fertiggestellt. Bauherr war Willi Laser.

1988 :  Neubau der Häuser Jülicher Straße 2-2a 

Schebera Sportplatz mit Restaurant 1935
Das NNW Kasino war viele Jahre Geschäftsstelle von Hertha BSC… mit Restaurant und Kegelbahn. Foto von 1972
Aufnahme von 1978… offensichtlich seinerzeit Einbahnstraße
Ruine des ehem. NNW Kasinos Jülicher Straße 14 anno 2009

1990er – 2000er Jahre : Beginn eines Hotelneubaus im Südosten der Straße neben dem Sportkasino der Jülicher Str. 14. Der Investor ging in Insolvenz und der begonnene Bau blieb viele Jahre als Bauruine stehen. Das Kasinohäuschen gehörte zum Objekt und verfiel zunehmens. 1997 eröffnete das Gesundbrunnencenter, welches die Gegend deutlich aufwertete. 2001 wurde die Ringbahn mit der Station Gesundbrunnen wiedereröffnet. 2006 folgte dann der Nah- und Fernverkehr im Bahnhof Gesundbrunnen. Seither gilt die Gegend als sehr attraktiv und verkehrsgünstig.

Restauriertes ehem. NNW Kasino mit Hotelneubauten 2018

2014-2017 : Instandsetzung des ehemaligen Kasinos von Hertha und NNW (Jülicher Str. 14) als Hostel. Fertigstellung der Gebäudeblöcke Jülicher Straße 15 als Hotel und Jülicher Straße 16-17 als Studentenapartments.

2015 wird das Kopfsteinpflaster der Straße durch Asphalt ersetzt, es bleiben nur die Parkhäfen erhalten. Im Anschluss an die Straßenbauarbeiten wurde die Jülicher Straße für gut 2 Jahre zur Einbahnstraße. Die nahe Bösebrücke wurde saniert und der gesamte West-Ost Durchgangsverkehr wurde durch Jülicher Straße, Behmstraße und Malmöer Straße umgeleitet. 2018 wurde die Straße erneut aufgerissen… die Wasserleitungen wurden erneuert. 2020 fanden erneut Bauarbeiten statt, dieses mal waren die Stromleitungen dran…

Blick von der Spanheimstraße auf die Baustelle von Hotel und Campus mit dem alten Kopfsteinpflaster. Januar 2015
Entfernung des Kopfsteinpflasters 19. März 2015
Asphaltierung 14.04.2015

2022: Seit 01.10.2022 ist die Jülicher Straße Teil der Parkraumbewirtschaftung im Ortsteil Gesundbrunnen. Sie ist Teil der Zone 82 welche durch Badstraße, Schwedenstraße, Osloer Straße, Bornholmer Straße und den Bahnanlagen der Nord-Südbahn sowie des S-Bahnrings begrenzt wird.

Flyer zur Ankündigung der Parkraumbewirtschaftung (Mitte 2022)

Im Oktober 2022 wurden in Teilen der Straße die alten Gaslaternen aus den 1950er Jahren gegen elektrische LED Lichtmasten mit Ausleger ausgetauscht.

…Beitrag wird fortgesetzt…

Austausch einer Gaslaterne vor dem Haus Nummer 4
Montage einer neuen Straßenlaterne am 11.10.2022

McLarsen in Bayreuth (Oktober 2022)

Bereits zum dritten mal taucht das Bundesland Bayern in diesem Blog auf… genauer gesagt sogar Franken, mit Ausnahme der Bierwanderung in Neumarkt i.d. Oberpfalz. Nun also Bayreuth… warum (?)… nun ja… ich hasse Oper… nichts gegen klassische Musik allgemein… aber das ganze Gegröhle… mag sein das ich diesbezüglich ein Banause bin… jedenfalls wollte ich nur kurz zum Ausdruck bringen, das die Hauptattraktion dieser Stadt nicht schuld an diesem Besuch ist. Ich wurde von einem Whiskykumpel der hier geboren wurde und nicht weit von hier lebt zum runden Geburtstag eingeladen und nutze die Zeit um mir mal die Stadt anzuschauen… wenn ich schonmal hier bin.

...warum ich so gerne in Franken bin...

Im Gegensatz zu dem was der Name vermuten lässt, gehört Bayreuth erst seit 1810 zu Bayern, vorher war es eine der vielen Flecken auf dem Territorium des späteren Deutschland, das Markgrafentum Bayreuth, einem Zweig der Hohenzollern, Friedrich II. von Preußen seine älteste Schwester lebte hier und politisch gesehen war hier eher Preußen als Bayern… zumal auch protestantisch statt katholisch. Im 18. Jahrhundert kam viel Barock und Rokoko in die Stadt. Nach Napoleon wurde das Fürstentum zu Bayern gegliedert, Industrie und Moderne hielten Einzug. In der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts machte der in Leipzig geborene Komponist Richard Wagner die Stadt zum Mekka der Opernfreunde, er baute das Festspielhaus und und machte die Stadt international berühmt… über seine dunklen Seiten punkto Antisemitismus redete man seinerzeit nicht… es war ja Tagesgeschäft… nicht ganz zufälligerweise mochte ein späterer Diktator das Gesamtwerk Wagners auch mehr als jede andere Kunst.
Die Anreise mit der Bahn war heute vergleichsweise unspektakulär. Empfangen wurde ich mit reichlich Regen und vom Bahnhof bis zum Hotel war ich gleich mal pitschnass. Meine Unterkunft ist von der B&B Kette und wurde erst vor wenigen Jahren auf zwei Ebenen eines ehemaligen C&A Kaufhauses errichtet. Nach der Ankunft stellte sich akuter Hunger ein und noch vor dem Auspacken ging es erstmal ins Manns-Bräu, keine 10 Minuten entfernt. Dort wurde erstmal ein amtlicher fränkischer Sauerbraten verhaftet und die drei hausgebrauten Biere (Hell, Dunkel, Kräußen) probiert… quasi zum Warmmachen, Bier sollte am Abend noch eine Rolle spielen. Jetzt wo der Bauch wieder voll war ging ich noch ein wenig durch die Altstadt und den Hofgarten. Als es wieder anfing zu regnen kehrte ich nochmal ins Hotel zurück.

Herbstliche Impressionen im Hofgarten
Das neue Schloß der Markgrafen von Bayreuth

Um 20:15 traf sich die noch unvollständige Geburtstagsrunde dann im Liebesbier, einer neuen Eventlocation auf dem ehemaligen Gelände der Maisels Brauerei. 1887 gründeten die Brüder Hans und Eberhardt Maisel die Brauerei welche noch heute in Familienbesitz ist. Seit 1955 spezialisierte sich die Brauerei auf Weizenbier und ist heutzutage auch eine der bekanntesten Weissbiermarken. In den letzten Jahren wurden auch speziellere Produkte wie Craftbier ins Sortiment genommen und unter dem Namen Maisel & Friends gibt es internationale Kooperationen mit anderen Brauereien. Die alte Fabrik dient nun als Museum, Hotel und eben Restaurant. Das Liebesbier ist eine ziemlich großer, moderner Laden mit einer großen Auswahl an Bier und mit Speisen die traditionelle fränkische Küche mit zeitgenössiger Küche verbindet. Da mein Sauerbraten noch nicht lange her war gab es bei mir dann einen gegrillten Blumenkohl… ebenfalls sehr lecker… genau wie die Biere: Märzen, Landbier, Pale Ale, Indian Pale Ale und Stout. Als kurz nach 11 die letzte Runde durch war, zog eine kleine Auswahl unserer Gruppe ins nicht weit entfernte Irish Pub wo ich noch meinen Guinness Haushalt regulieren konnte. Leider war dort ziemlich laute und garnicht mal so gute Livemusik und das Pub an und für sich war jetzt auch nichts besonderes. Irgendwann war der Kanal dann natürlich auch mal voll und es ging dann ins Bettchen.

Im Liebesbier

Am Samstag hatte das Geburtstagskind für seine Gäste eine Stadtführung organisiert, aber keine offizielle, sondern mit einem Stadtrat von Bayreuth der mit ihm bekannt ist. Es war eine tolle Führung durch die Stadt und da unser Führer ja eine ganz andere Sichtweise auf die Stadt hat war das sehr interessant. Es gab Informationen über die Markgrafen, Jean Paul und natürlich Richard Wagner… wir waren an seinem Wohnhaus, dem Haus Wahnfried und seinem Grab gleich dahinter.

Unsere kleine Stadtführungsgruppe in der Altstadt
Markgräfin Wilhelmine...im Hintergrund das Opernhaus

Anschließend gab es Mittagessen im Manns Bräu was ich gestern ja bereits kennenlernen durfte… toller Laden übrigens, nix schickes sondern richtig urig… wo jeder Gast noch auf den Tisch klopft wenn er kommt und geht… bleibt auch noch zu erwähnen, das das fränkische Bier hier überall preiswert ist, 3,40€ für einen halben Liter ist mehr als fair.

Das Haus Wahnfried von vorne...
...und hinten, im Vordergrund Wagners Grab

Es blieben danach noch wenige Stunden bis zum eigentlichen Geburtstagsevent und ich beschloss die Sache ruhig anzugehen… statt noch weitere Erkundungen in der Stadt zu machen… schrieb etwas an diesem Text, guckte Bundesliga auf Sky… das gabs gratis im TV… und bald ging es los Richtung Geburtstagstasting. Dieses fand in den Räumlichkeiten einer Studentenverbindung statt in der das Geburtstagskind tätig war bzw. ist. Es gab Fleisch vom Grill, Salate und alles was das Herz begehrt. Die 8 Whiskys der Verkostung waren natürlich allesamt sehr hochwertig und wenn er diese Flaschen verkauft hätte, hätte er sicher ein schönes Sümmchen dafür bekommen… nicht mit Geld bezahlen kann aber einen schönen Abend mit Freunden die das gleiche Hobby haben… oder teilweise auch leben… Wir waren 20 Personen und kennen uns hauptsächlich über ein Whiskyforum… aus allen Teilen Deutschlands, Luxemburg und der Schweiz… das war ein toller Abend der lange in Erinnerung bleiben wird… vielen Dank Andi.

Während des Geburtstagstastings

Der Rückreisetag war dann angenehm unspektakulär… die Bahn war sogar pünktlich… Danke an alle die dabei waren und meiner Frau die mir zuhause den Rücken frei gehalten hat. Eine Reise gibt es dieses Jahr noch… die geht mal wo ganz anders hin… lasst euch überraschen…

...es wagnert in jedem Winkel der Stadt...auch überm Bett...

McLarsen’s Schottlandtour 2017…einmal im Uhrzeigersinn…

Vorwort

Dieses ist eine Art Remaster eines Blogs meiner Schottlandreise von 2017. Es war die bislang letzte große Reise von über 14 Tagen die mich einmal im Uhrzeigersinn durch Schottland geführt hat. Zum 5. Jubiläum habe ich den Blog nochmal etwas aufgehübscht, das eine und andere Bild etwas verbessert und ein paar Fehler korrigiert… wer jetzt noch welche findet kann sie behalten 😉

 
Tag 1 : Flieger, Strickmuster und Stonehaven…
…so denn, es ist mal wieder angerichtet, das gelobte Land erhält die jährliche Septembervisite und da mich ja auch im Frühjahr noch Leute darauf ansprechen, das sie das gerne gelesen haben, möchte ich euch wieder einladen, mich dazu zu begleiten.
…was liegt an (?)… 14 Tage Schottland mit einer etwas unkonventionellen Tour im Uhrzeigersinn mit Start- und Landepunkt Aberdeen, das ist so grob der Plan, der allerdings schon fast minutiös ausgearbeitet ist… auf Reisen bin ich wenig spontan… muß ich aber auch nicht,  da ich alleine unterwegs bin.
Heute (Dienstag) war Anreisetag und es gibt noch nicht allzu viel zu erzählen. Da es keinen Direktflug von Berlin nach Aberdeen gibt, ging die Reise heute mit British Airways über London Heathrow. Ich war froh, das ich nicht vor ein paar Monaten die (mittlerweile Pleite)linie Airberlin gewählt hatte (…die hier aber auch eh nicht hinfliegen…), denn deren Piloten waren wohl heute alle plötzlich und unerwartet erkrankt…, (…sicher hat das seine Gründe, aber darum soll es hier nicht gehen…)… mit den Briten lief heute alles nach Plan, das einzige was neu für mich war, ist das die Getränke jetzt Geld kosten…, aber ich hatte eh noch keinen Durst…
...das erste Selfie einer Reise ist selten scharf...
Abendliche Idylle am Strand von Stonehaven

Auf der Baustelle Aberdeen Airport angekommen, war es der nächste Schritt das bestellte Auto im Empfang zu nehmen und Richtung erste Station Stonehaven zu fahren. Aberdeen als Stadt hatte ich mit meinem Freund André bereits im April abgehakt. Im Nachhinein ist Aberdeen eine Stadt die ihre Reize hat und zudem eine lebendige Craftbeer Szene. Drei Tage jedoch, waren deutlich überdimensioniert, die Hälfte hätte deutlich gereicht. Aberdeen wird in meiner aktuellen Reise nur als Flughafen eine Rolle spielen. …so, das Auto… Ford Fiesta… ich hab es nett gestreichelt, schließlich müssen wir jetzt 14 tage miteinander… Ein paar Stunden brauche ich immer erstmal um mit dem Linksverkehr klarzukommen, so dachte ich: ich fahr mal ausnahmsweise mit dem Navi (im Smartphone). Nun gut, ich hätte das nicht tun sollen, wer sich diese Route ausgedacht hat, muß Expressionist oder Strickmusterdesigner sein…, dann war auch noch eine Straße gesperrt und ich war mir mittlerweile nicht mehr sicher, ob ich noch in Schottland bin… naja, jedenfalls bin ich hier trotzdem angekommen. Erste Residenz dieser Reise ist das Belvedere Hotel zu Stonehaven. Es liegt sehr zentral in der aber auch größenmäßig eher übersichtlichen Ortschaft südlich von Aberdeen. Das Einzelzimmer was ich gebucht habe ist ziemlicher Schrott. Klo und Dusche sind nebenan, der Schrank wäre mir beinahe entgegengefallen als ich meine Jacke dranhängen wollte und die Matratze ist warscheinlich noch von 19hundert…, egal, die Wirtsleute dieses familiengeführten Hotels sind aber sehr nett, das Essen war gut, die Bar zapft vernünftiges Bier und das wi-fi funktioniert sogar fast besser als zuhause… für eine Nacht auf jeden Fall ok… Nach dem Essen wollte ich noch eine Runde drehen und die Pubszene von Stonehaven ergründen, nach Möglichkeit mit Championsleague TV. …Nun gut, das ist hier sehr klein, ich fand nur eine Bar mit Sport TV, die hieß glaub ich Troupers oder so ähnlich und da hab ich mich nicht so recht wohl gefühlt, zumal man immer irgendwem im Weg stand, da alle auf zwei TVs schauten und mittendrinn auch noch Billard gespielt wurde. Als Celtic zur Halbzeit 0:3 zurück lag, ging ich wieder zur Hotelbar, noch ein Guinness und dann noch dieser Text… Morgen stehen folgende Sachen auf dem Zettel : Stonehaven, Dunnottar Castle, Fettercairn Distillery,  Edzell Castle, Brechin.

Tag 2: Dunnottar Castle, Fettercairn, Edzell Castle, Brechin

 …kleiner Nachtrag zum Belvedere Hotel…, wenn jemand nebenan aufs Klo geht, knirschen die Dielen im eigenen Zimmer (sind wohl die selben), als würde der Sensemann neben einen stehen, kurz drüber erschrocken, klärt die Klospülung auf, das es doch nicht so ist… Das Frühstück war allerdings gut.
Stonehaven hatte ich ja hauptsächlich deshalb als ersten Stopp gewählt, weil in der Nähe eine der größeren Burgruinen liegt. Das Dunnottar Castle war daher auch die erste Station des heutigen Tages. 
Fällt irgendwie auf : Dunnottar Castle

Als ich gestern an der Strandpromenade unterwegs war, sah ich am Ende der Bucht den Wegweiser zum Castle mit 2,5 Meilen also etwa 4 Kilometer. Mit dem Auto muß man etwas weiter fahren und wenn man da ist, hat man einiges zu laufen und zu ersteigen, gut das ich gerade nichts mit den Haxen habe. Dunnottar Castle ist eine Burgruine, die mit der schottischen Geschichte ziemlich eng verknüpft ist. Am spektakulärsten war, das hier die schottischen Kronjuwelen vor der Armee Oliver Cromwells versteckt wurden, aber auch vieles andere, was z.B. bei Wikipedia sehr ausführlich aufgelistet ist. 

Eine gut gepflegte Ruine mit viel Geschichte

Der größte Trumpf dieser Burg allerdings ist seine Lage auf einem Felsen direkt an der Nordsee.  2013 gab es eine weltweite Abstimmung für ein achtes Weltwunder und Dunnottar Castle belegte den siebten Platz, muß man auch erstmal machen…  Nunja, nach einigen Treppen war ich dann vor Ort, das Wetter war recht feucht und man mußte teilweise aufpassen, nicht auszurutschen, der Eintritt kostete 7 £ und die Sehenswürdigkeit war bereits am frühen Vormittag gut besucht. Ich glaube sogar, das dort prozentual deutlich mehr deutsch gesprochen wurde als im Wedding und Gesundbrunnen… Ein sehr imposanter Ort, leider war das Wetter nicht so gut, das ich darauf verzichtete, die Burg noch aus anderen Perspektiven zu fotografieren, das Vorhaben hätte auch Dank wiederholt ungeeigneter Schuhe im Schlamm enden können. 

…das meinte ich mit Wegen abseits der Touristenströme…
Fettercairn Distillery

Der nächste Programmpunkt war die Besichtigung der Fettercairn Distillery, nur etwa 20 min mit dem Auto entfernt. Fettercairn gehört wie auch Dalmore und Jura zu Whyte & Mackay und hat ein Visitorcenter, man kann die Brennerei also offiziell besichtigen. Zum Eintrittspreis von 5 £ erhält man eine etwa einstündige Führung und einen Dram, welches der Standard Fettercairn Fior ist. Der Guide war ein älterer Herr namens Rob und der hat das ganz sympathisch gemacht. Fotografieren war leider nicht erlaubt, aber undercover habe ich trotzdem ein paar Bilder rausgeschmuggelt… 

Eine Besonderheit, die ich noch nirgendwo anderes gesehen hatte, war ein Wasserring über den Spiritstills, der diese aussehen lies, als sollten sie einen Zimmerbrunnen imitieren. Man ist der Meinung das diese Vorgehensweise die Öligkeit des New Make lindert… nun ja… 

Selfie mit Einhornwhisky

Eigentlich müsste Fettercairn ja die Lieblingsdistille aller kleinen Mädchen sein, ist das Symbol doch ein… Einhorn… Mama, ich will Einhornwhisky !… nein Bilder aus… Zum Kaufen gab es übrigens nix gescheites, also kein Distillery Exclusive oder ähnliches.

Ruinen von Edzell Castle...
...mit Renaissancegarten...
Bei der nächsten Station ging es dann wieder um Geschichte bzw. Architektur : Edzell Castle. Etwas außerhalb der Ortschaft Edzell liegt die Ruine des Edzell Castle, deren Ursprünge auch ins Mittelalter zurück gehen, das was davon aber noch zu sehen ist, stammt eher aus dem 16. Und 17. Jahrhundert. Besonders schön kommt der Kontrast aus dem roten Sandstein und den absolut Top-gepflegten Gartenanlagen. Es gibt dort einen selten gut erhaltenen Renaissancegarten. Mein Aufenthalt dort war besonders schön, da ich weit du breit die einzige Menschenseele war (ganz im Gegenteil zum Dunnottar Castle) …so macht es Spaß, durch die stummen Zeugen der Geschichte zu wandeln und sich vorzustellen, was wohl vor ein paar hundert Jahren hier los war.
Weiter ging es nach Brechin, was dann auch die heutige Residenz ist. Die Unterkunft heißt Townhead House, liegt einen Steinwurf davon entfernt, wo einmal die Brennerei North Port stand und ist (bis jetzt) absolut zu empfehlen. Alles was gestern in Stonehaven gefehlt hat, ist hier spitzenmäßig. Sehr geschmackvoll, moderne Ausstattung mit traditionellem Stil. Schade, daß es nur eine Übernachtung ist. In Brechin gibt es noch eine Kathedrale mit einem Rundturm (in Schottland sehr selten, in Irland häufiger erhalten), etwa 1100 entstanden und schwer zu fotografieren, da die Kirche irgendwie eingekesselt ist.
…dann auch noch tiefe Sonne… Brechin Cathedral
...gut geeignet für Gruselgeschichten...
 Den Abend ließ ich im Caledonian ausklingen, einem Pub mit ziemlich guter Bierauswahl, hervorragender Küche und nettem Personal. Schade, ich hatte den Eindruck der Laden läuft nicht richtig, die meiste Zeit war ich der einzige Gast und der Laden ist nicht gerade klein… Manuel, der spanische Barkeeper erzählte das Brechin vom Strukturwandel betroffen ist, der besonders in der Ölindustrie gerade stattfindet.
Mir fielen auch überdurchschnittlich viele verlassene Häuser auf… schade eigentlich, denn ich finde Brechin hat schon etwas…, auch wenn hier wirklich der Hund begraben ist…, doch das muß hier sein…
Morgen Vormittag steht eine Privatführung mit dem Distillerymanager von Glencadam an, das ist die noch verbliebene Brennerei hier in Brechin. Danach geht es noch neben ein paar Gebäuderesten Richtung Dunfermline, wo ich für 3 Nächte aufschlagen werde.

Tag 3: Glencadam Distillery, Arbroath, Dunfermline

Nach dem ebenfalls sehr guten Frühstück (an dieser Stelle noch ein Lob an das Townhead House) ging es zur Brennerei Glencadam, diese liegt recht idyllisch am Rande eines Parkes am StadtDorfrand. Distillerymanager Douglas Fitchett führte mich durch die kleine, altmodische und ziemlich unbekannte Brennerei. Auffällig war für mich, das dort die Brennblasen so eingebaut sind, das man keine Chance hat, sie vernünftig zu fotografieren.

Glencadam Distillery
Die versteckten Stills von Glencadam
Aus der Kühlung in den Brunnen, Wassermanagment bei Glencadam.

Das Wasser für die Kühlung wird hinter dem Brennereigebäude als Art Springbrunnen größerer Art verwendet, vom Park aus sicher hübsch anzuschauen. Glencadam, übrigens gleicher Besitzer wie Tomintoul, produziert zu mindestens 98 % für die Blended Whiskys, in diesem Falle häufig für Supermarktwhiskys in Frankreich oder Spanien. Auf dem Gelände befindet sich auch eine Halle, wo der Whisky geblended wird. Leider konnte ich nicht die großzügig angebotenen Malts zum Ende der Führung trinken, schließlich hatte ich heute einige Kilometer mit dem Auto vor mir. So ging es dann auch zügig weiter, erste Station: Montrose. Hier hatte ich nichts spezielles vor, parkte kurz, ging die Hauptstraße mal hoch, mal runter… es ist eine kleine Hafenstadt mit Bezug auf die Ölindustrie, etwa 12.000 Einwohner und wenig sehenswertes. Bis vor etwa 20 Jahren war Montrose die Heimat der Distillery Lochside, auch hier steht heute ein Supermarkt. Weiter ging es an einen Strand, der in der Gegend bei entsprechenden Wetter der Hit sein soll: Lunan Beach.

…pack die Badehose… NEIN… Lunan Beach

Das Wetter war zwar bedeutend besser als gestern, aber… ich hatte eh keine Badehose bei…, also weiter Richtung Arbroath, ebenfalls an der Nordseeküste gelegen, etwa doppelt so groß wie Montrose und für mich vor allem wegen den baulichen Überresten der Arbroath Abbey einen Stopp wert. Allzu viel ist nicht mehr von der frühgotischen Anlage erhalten, aber was noch zu sehen ist, lässt erahnen, was hier mal für ein Riesenteil stand, die Fotos können das nur andeuten. Wenn man bedenkt das der gemeine Mittelaltermensch ja eher hobbitgroß war, gab das sicher Ehrfurcht. Zerstört wurde das ganze aus verschiedenen Gründen wie Sturm, Feuer und Krieg, dann kam die Reformation und die Abbey wurde überflüssig. Historic Scotland ist ein Verein, der sich um die Restaurierung und Erhaltung solcher alten Denkmäler kümmert und das wirklich sehr gründlich, dafür zahle ich auch gerne etwas.

…das war mal eine richtig große Nummer in der keltisch christlichen Welt : Arbroath Abbey...
…auch in Einzelteilen noch beeindruckend…

Nach dem Rundgang durch die Klosterruine ging es jetzt auf die erste etwas längere Fahrt nach Dunfermline. Man braucht etwa 1,5 Stunden, man fährt über Dundee und Perth, fast alles ist so eine Art Autobahn, die aber zeitweise von hunderten Kreiseln unterbrochen wird, das man fast einen Drehwurm kriegt. Bei bestem Wetter kam ich dann in Dunfermline an. Das City Hotel liegt auch wirklich genau in der City und der erste Eindruck ist sehr positiv. Einziges Problem (bis jetzt), der W-lan Router ist tot, da muß ich noch mal sehen, ob sich da einer kümmert.

Blick vom Pittencrieff Park zum Turm der City Chambers, links in der Mitte im 2.OG mein Fenster…
Dunfermline Abbey
…auch schön : die gerade eröffnete Queensferry Bridge bei Edinburgh aus der Ferne..

Dunfermline ist mit seinen etwa 50.000 Einwohnern eine der größeren schottischen Städte. Sie liegt nördlich von Edinburgh und war schottische Hauptstadt, bevor es Edinburgh wurde. Auch hier gibt es eine Abbey, etwas besser erhalten als Arbroath bzw. wieder aufgebaut, ich war heute schonmal kurz dort, richtig anschauen tue ich sie mir aber erst morgen oder übermorgen. Den Turm kann ich vom Fenster auch sehen, genau wie den Turm der City Chambers, ein Wahrzeichen der Stadt. Schaue ich nach rechts aus dem Fenster, beginnt dort der Pittencrieff Park, der sieht auch nicht klein aus… ist aber auch auf dem Erforschungsplan der nächsten Tage. Abends gab es noch Steak und Bier, da ich aber um kurz nach 9 schon wieder im Hotelzimmer bin (und auch noch ohne w-lan)… denk ich manchmal dran… ob ich nicht doch älter werde… Morgen stehen wiederum alte Gesteinsreste und 3 x neue Whiskymanufakturen auf dem Plan…

Typische Landschaft in Fife
Tag 4: In The Kingdom Of Fife
Das Kingdom of Fife ist eine ehemalige schottische Region, die vor gut 20 Jahre von Verwaltungsbezirken ersetzt wurde (hört sich fast deutsch an…) Viele schottische Könige und ihr ganzes Umfeld sowie Ikonen des Christentums prägten diesen Teil Schottlands an der Ostküste oberhalb Edinburghs. Nicht zuletzt stammt aus der Gegend die erste Erwähnung der Whiskybrennerei, aber dazu später…
Heute standen ganze 9 Stationen auf dem Zettel, ich habe davon 5 erledigt und finde, das reicht auch, Urlaub sollte nicht in Arbeit ausarten. Die erste Station war Loch Leven und Loch Leven Castle. Der See liegt etwa 20 km von Dunfermline entfernt, relativ nahe an der Autobahn. Auf einer kleinen Insel des Sees befindet sich das Loch Leven Castle.
…mit dem Boot zur Insel…
Loch Leven Castle…viel schottische Geschichte erlebt…

Man kommt mit einem Boot dahin, was etwa 10 Minuten dauert, der Preis ist im Eintritt inklusive.  Es ist eine der ältesten Burgen Schottlands. William Wallace und Robert The Bruce waren dort und lenkten die jahrhundertelangen Scharmützel mit den Engländern. Prominentester Gast (wenn auch nicht freiwillig) war die schottische Königin Maria Stuart, die etwa ein Jahr dort gefangen gehalten wurde und 1568 mit ihrem Gefängniswärter flüchtete. Viel erhalten ist außer den Grundmauern nichts mehr, trotzdem ein sehr schöner Ort, zumal das Wetter heute Vormittag ziemlich klasse war.

Nach 45 min ging es zurück an Land und die nächste Station war die ganz neue Lindores Abbey Distillery bei Newburgh. Ganz neu deshalb, weil sie noch gar nicht produziert, die Leute von Forsyth sind dort noch am ackern und ich denke, in wenigen Tagen geht es da los.
Lindores Abbey Distillery… im Visitorcenter…
Lindores Abbey Distillery… Die Brennblasen kurz vorm Debüt

Das Visitorcenter ist schon offen, man kann dort etwas zur Geschichte erfahren, schließlich kam die erste schriftliche Überlieferung vom Brennen eines uisge beatha (gälisch für Wasser des Lebens, später wurde das Wort Whisky davon abgeleitet) von einem Mönch namens John Cor aus der Lindores Abbey, deren Reste sich direkt vis-a-vis zur Brennerei befinden. Man kann also sagen, der Ort hat eine gewisse Tradition zum Schnapsbrennen. Ein Cafe und Souvenirshop sind auch bereits offen. …noch kein Tropfen destilliert, aber schon 20 Shirts, Taschen, Schnickschnack etc… der ganze Laden ist voll… zum kaufen…zzzzz…..

Falkland – Schloß und Garten

Die nächste Station war das Schloß Falkland, knapp 30 min entfernt. Als ich dort ankam, hatte ich Mühe einen Parkplatz zu finden, so voll war das da, Reisebusse inklusive. Mehr oder weniger aus Versehen, hab ich mich mit einer französischen Reisegruppe auf das Gelände geschmuggelt, das bemerkte ich erst beim rausgehen, als ich einen Ticketschalter sah… Nun gut, ich war eh nur kurz im Garten für ein paar Fotos, das war mir zu überlaufen, also ging es dann Richtung St. Andrews zur ebenfalls neuen, aber bereits produzierenden Eden Mill Distillery & Brewery. Diese befindet sich in einem ehemaligen Industriekomplex im St. Andrews Vorort Eden. 

…unspektakulär : Edenmill Distillery & Brewery

Eine Whiskytour hätte mich fast 2 Stunden Wartezeit gekostet, also ließ ich das bleiben , drehte eine Runde im Shop und fuhr weiter zur nächsten neuen Distillery, nämlich Kingsbarns. Auf dem Weg dorthin kam ich durch St. Andrews, was für heute auch auf dem Zettel stand. Da das Wetter aber bereits wieder auf Regen geschaltet hatte, verwarf ich einen Stopp dort und überlege morgen mit dem Bus hinzufahren. Kingsbarnes ist ein Dorf etwa 10 km von St.A. entfernt, alles dreht sich in der Gegend um Golf, etwa 3 km vom Dorf entfernt liegt dann die Kingsbarns Distillery. 

Das erste abgefüllte Faß mit Kingsbarns (pre-)Whisky
Kingsbarns Distillery. Das Wetter war mittlerweile im A…

Auf den Überresten eines landwirtschaftlichen Gebäudekomplexes aus dem 19. Jahrhunderts baute der unabhängige Abfüller Wemyss eine neue Distillery, vor allem um als independent Bottler etwas zum tauschen zu haben. 2015 wurde das erste Faß abgefüllt und nächstes Jahr kann der erste Whisky gebottled werden (kann…, nicht muß). Im Bistro von Kingsbarns  konnte ich noch eine leckere Suppe essen, bevor ich eine Privatführung bekam, allerdings nicht ob meiner Prominenz, sondern weil grad niemand anderes da war. Zu zweit kann man das ja etwas individueller gestalten, so outete ich mich gleich als nicht ganz Unbefleckter was Whisky angeht und David, der Guide fragte mich hier und da ab, ob ich wirklich Ahnung habe…, hatte ich, manchmal stotterte nur die englische Sprache ein wenig… Leider durfte ich trotz Handshake mit dem Produktionsleiter und all der Intimität der Führung nicht mal ein Foto in dem Produktionsraum machen (…ja, es ist alles auf kleinstem Raum). Da nicht mal mehr produziert wurde, für mich eine Enttäuschung, die völlig albern ist, aber selbstverständlich akzeptiere ich die Vorschriften im Hause Kingsbarns. Eine kleine Flasche New Spirit darf den Weg in die Heimat antreten. Es ist am 4. Tag die erste Flasche… Rekord… Dann ging es durch reichlich Regen zurück nach Dunfermline. Das WLAN geht noch immer nicht, zum senden muß ich eine Etage tiefer… hmmm… egal. Danach gab es noch Burger und Bier im 7 Kings, einer Riesenkneipe im Stil von Wetherspoon, nur jünger, inklusive einer Geräuschkulisse wie auf dem Frankfurter Flughafen. Noch ein Guinness im Old Inn, dann reicht es jetzt auch. Morgen… ist der einzige Tag, der noch nicht verplant ist. Es soll regnen und ich überlege, ob ich mit dem Bus (Busbahnhof = 50 m) nach St. Andrews oder Edinburgh fahre, beides Ziele bei denen das Auto zum Ballast werden könnte. Vielleicht mache ich aber auch etwas anderes, lasst euch überraschen…

Tag 5: Dunfermline & St.Andrews

…so, der nicht verplante Tag ist nun auch gelaufen. Ich habe es etwas ruhiger angehen lassen und das Auto hatte heute auch frei. Als erstes habe ich mir die Dunfermline Abbey und die Reste des dazugehörigen Palastes angeschaut. Die Gründung der Abtei geht  ins 11.Jh zurück, sie wurde im romanischen und frühgotischen Stil erbaut. Die Gebäude, die dem früheren Abt als Palast diente, wurden im 17. Jh vom schottischen Königshaus bezogen. Wie so viele andere Bauwerke, wurden die Kirche und das Kloster in den Wirrungen der Reformation zerstört bzw. dem Verfall preisgegeben. Erst im 19. Jh fing man an, das Ensemble zu sichern, zu rekonstruieren und zum Teil neu zu bauen. Das zuletzt als Palast des schottischen Königshauses genutzte Gebäude verfiel ab dem Moment, als 1603 die britischen Königshäuser fusionierten. Ich habe heute sehr lange dort verbracht, ein sehr mystischer Ort und eine der bedeutendsten Bauwerke Schottlands.

…den Weinkeller könnte man noch benutzen…
Zickzackmuster in den Säulen der mittelalterlichen Kathedrale
Das Grab von Robert I., better known as Robert the Bruce

Nationalheld Robert the Bruce, von 1306-1329 schottischer König, liegt in der Kirche begraben. Neben der historischen Anlage beginnt eine ziemlich große Parkanlage: der Pittencrief Park. Dieser hat viele Facetten, von halbwildem Wald, über Blumenrabatten  bis zum vornehmen englischen Rasen ist alles vorhanden. Nachdem ich also etwas länger in Dunfermline unterwegs war, nahm ich den Bus nach St. Andrews. Warum Bus (?), ich hatte keine Lust die gleiche Strecke wie gestern mit dem Auto zu fahren, außerdem sah ich gestern auch, das es kaum Parkplätze dort gibt. Der Bus fährt hier gleich um die Ecke und ich mag es mit Musik auf den Ohren durch die Gegend zu gondeln und aus dem Fenster zu gucken, anstatt sich auf den Verkehr konzentrieren zu müssen. Die Fahrt dauerte etwa 1,5 Stunden. St. Andrews ist eine Universitätsstadt, was nicht zu übersehen ist. Man läuft die Market Street entlang und erlebt eine Mischung aus Elitestudenten und Seniorengolfern, sehr schön anzuschauen.

Die Palastreste vom Pittencrief Park gesehen
St. Andrews vom alten Hafen aus gesehen
…wie Reste eines ehemaligen Gebisses ragen die Reste der Kathedrale zu St. Andrews empor…

An der Nordseeküste gibt es dann dann 2 Ruinen zu besichtigen: das Castle und die Kathedrale. Von beiden sind nur noch Reste vorhanden. Der schottische Prediger John Knox, einer der ersten ranghohen Kirchenvertreter, der die Reformation vorantrieb, rief das Volk dazu auf, die Kirche und das Schloß zu zerstören. Das ist ihnen gut gelungen, die Fläche der Kathedrale wurde nun als Friedhof genutzt. Man kann das alles mit vielen hunderten Touristen besichtigen. Danach ging es wieder heimwärts, essen trinken… wie jeden Tag, morgen steht wieder einiges auf dem Plan, der nächste Bericht sollte morgen aus Dumfries im Süden Schottlands kommen.

…zum Abschluß con Dunfermline noch zweimal das Rathaus, zuerst aus dem Hotelfenster…
…und zur blauen Stunde später in anderem Licht, aber nicht weniger reizvoll…
…das nenn ich mal Brücke… übrigens 2500 m lang… von 1890 !…
…so viel Stahl gibt es nicht auf dem größten Schrottplatz !…

Tag 6: Brücken, Glenkinchie, Melrose, Scott’s View, Annandale & Dumfries

…die Überschrift deutet es bereits an : heute wird’s nicht langweilig, es gibt vor allem einige Kilometer zu schrubben… Der checkout vom City Hotel Dunfermline fiel mir nicht so schwer… mein erster Eindruck war ja ganz gut, aber im Nachhinein war der einzige Vorteil die (ja, doch…) ziemlich brilliante Lage. Das Zimmer war auch ok, aber ohne funktionierendes wi-fi macht das keinen Spaß. Ich hatte viermal Bescheid gesagt, es funktionierte mal ein paar Stunden (aber auch nur äußerst dürftig), danach wieder nicht. Die brilliante Lage hat auch für all die einen Nachteil,  die Ruhe wünschen. Gerade am Wochenende war im Hotel und drumherum ein Riesenremmidemmi…, mich hat es kein bisschen gestört, aber das nur zur Info. Heute ging es Richtung Süden, tief in die Lowlands. Station #1 waren die Brücken über den Firth of Forth. Es stand ja neulich weltweit in allen Gazetten, das mit der neuen Queensferry Bridge westlich von Edinburgh eine Brücke mit neuen Superlativen eröffnet hat. Am 04.09. war die Queen hier und hat das Bauwerk eingeweiht. Auf dem Weg in den Süden Schottlands musste ich hier sowieso vorbei und machte einige Aufnahmen, allerdings weniger von der neuen Brücke, auch nicht so viel von der mittelältesten Brücke, sondern von dem Baudenkmal und Weltkulturerbe Forth Bridge von 1890. Ich habe mich im Vorfeld informiert, wo man gute Aufnahmen machen kann, das geht gut, wenn man Albert Hotel Queensferry in die Navigation eingibt. Plötzlich steht man wie ein kleiner Junge vor einem Megateil aus Stahl, der so gewaltig ist, das ein darüberfahrender Zug zwar zu hören ist, aber nicht weiter auffällt. 1890 war es die Brücke mit der größten Spannweite weltweit, das hielt immerhin 30 Jahre lang, dann wurde man in Kanada weiter… und es ist die erste Brücke dieser Dimension, die komplett aus Stahl errichtet wurde. Etwa 5000 Arbeiter waren dabei, etliche überlebten nicht, ein Gedenkstein auf dem öffentlichen Parkplatz listet die Namen auf. 

Eigentlich wollte ich noch ein paar andere Aufnahmen besonders von der neuen Brücke machen, aber erstens hatte ich schon genug von der alten im Kasten, dann benutzte ich auch noch eine Navigation, welche die neue Brücke noch garnicht kannte und mich andauernd auf die alte schicken wollte… ich hab das recht spät kapiert und damit Zeit verloren, aber egal… Trotzdem war es im Nachhinein richtig, mit Navigation zu fahren (was ich sonst eigentlich ablehne), die großen Straßen in Schottland, besonders um Edinburgh sind vom allerfeinsten ausgebaut, ich glaube nicht, das daß in Deutschland besser gemacht wäre, nur die ganz großen Kreisverkehre mit 5 Spuren auf jeder Seite und ebenso vielen Optionen machen mir manchmal etwas Kopfzerbrechen… heute war ich allerdings immer richtig… Nächstes Ziel war die Glenkinchie Distillery, die sich ja auch Edinburgh Malt nennt… haha… das wäre ungefähr so, als das sich Spandau  oder Brandenburg a.d. Havel als Berliner Stadtteile bezeichnen würde… Ganz weit draußen, wo sich Fuchs und Hase Gutenacht sagen, liegt die Glenkinchie Distillery.

#fuchs#hase#goodnight#glenkinchie
…Glenkinchie.. die Stills, hätte ich nicht heimlich fotografieren müssen, sähe es besser aus…

Teil der Classic Malts of Scotland ist die Brennerei sogar ziemlich bekannt. Für mich persönlich war es ein Besuch um eine weitere Destille abzuhaken, in diesem Falle #66, aber irgendwelche Erwartungen hatte ich eigentlich nicht. Der Guide William, ein Herr jenseits der 60 machte die Tour allerdings so gut, das ich begeistert war und mir von seinen Ausführungen sogar noch einiges abgucken kann, ein Glücksfall für Diageo. Die Distillery Exclusive Abfüllung hat mich (außer vom Preis) auch überzeugt und da ich noch nicht viel im Koffer hatte, darf eine Flasche trotzdem nach Berlin. 

Melrose Abbey
…irgendwo hier liegt das Herz von Robert the Bruce…

Nächster Punkt : Melrose Abbey : Wer in den letzten 2-3 Tagen diesen Blog mitgelesen hat weiß das ich eine gewisse Schwäche für desolate Gebäude aus längst vergangenen Zeiten habe, die Melrose Abbey ist eine Ruine einer ziemlich großen Klosterkirche, welche nach der Reformation zerstört wurde und als Ruine sehr gut gepflegt wird. Ein Besucherhighlight ist die steinerne Darstellung eines Schweines, was Dudelsack spielt… da sach noch mal einer, die hätten im Mittelalter gar keinen Humor gehabt… Um die Ecke gibt es dann noch einen berühmten Aussichtspunkt von Schottland : Scott’s View. 

Scott’s View in den garnicht so lowen Lowlands…

Der berühmte schottische Poet Walter Scott (1771-1832) mochte diesen Ausblick sehr gerne und ich kann ihn verstehen. Im übrigen verstehe ich nicht recht, warum die Lowlands ihren Namen haben, in anderen Regionen der Welt, würde man sie warscheinlich als alpin bezeichnen… Also flach ist anders… Weiter ging es jetzt Richtung Annan und der Brennerei Annandale. Das musste jetzt einigermaßen zügig gehen, da um 16:00 Uhr die letzte Führung war. Nicht zuletzt weil heute Sonntag war, ging das ganz gut und um 5 vor 4 durfte die Kollegin, die warscheinlich bereits im Feierabendmodus war, noch eine Privatführung für McLarsen machen. 

Annandale : Wiedergeburt nach 90 Jahren
…all in one room : Annandale Distillery
Das ist ihr letztendlich nicht schwergefallen, wir konnten viele Sachen abkürzen und uns auf das konzentrieren, was mich interessiert. Annandale wurde 1830 gegründet, wurde zeitweise von Johnnie Walker betrieben aber 1924 komplett stillgelegt. 90 Jahre sollte es dauern, bis 2014 der erste Tropfen New Make aus den neuen Stills liefen. Ein ortsansässiges Ehepaar, in der Wissenschaft beheimatet und nicht unvermögend kauften die Ruinen und erweckten es zu neuen Leben. Mein Eindruck war sehr positiv, tolles Projekt, ich denke davon werden wir noch viel hören. Letzter Programmpunkt war heute das Erreichen der Nachtresidenz: Dumfries Villa in … Dumfries. Das B&B macht einen sehr guten Eindruck… vor allem das gängige W_LAN beeindruckt mich mach 3 Tagen Stümperei… Viel zu sehen gibt es hier nicht, eine Brücke namens Devorgilla Bridge von 1463 oder so ist die Hauptattraktion hier. Später hatte ich meine Probleme irgendwo Bier zu trinken, was gescheites war nicht dabei, wo ich noch die Bar Tam ‚O Shanter Inn als Gewinner präsentieren kann.

…nun… der Tag war umfangreich, morgen geht es weiter und der Ort von dem ich berichten werde, heißt Stranraer. Gute Nacht.

Devorgilla Bridge in Dunfries… wie gemalt…, is aber nur iPhone…

Tag 7: Caerlaverock, Sweetheart, Threave, Bladnoch & Stranraer

Die Dunfries Villa ist ohne Wenn und Aber zu empfehlen, das sei an dieser Stelle nochmal ausdrücklich erwähnt, zumal 30 £ dafür schon fast geschenkt ist. Als erstes ging es zu einer wunderschön gelegenen Wasserburg, dem Caerlaverock Castle, etwa 10 min von Dumfries entfernt. 

Caerlaverock Castle … Der einzige Zugang…
Caerlaverock Castle von hinten

Die Burg ist dreieckig, hat zwei mächtige Türme neben dem einzigen Zugang und konnte dadurch sehr schwer eingenommen werden. Da es jedoch keinen Geheimgang oder ähnliches gab, konnten die Belagerten ausgehungert werden. Viel übrig außer Gemäuer ist auch hier nicht, aber auch top-gepflegt von Historic Scotland. Die nächste Station war die Sweetheart Abbey, etwa 8 km Luftlinie entfernt, trotzdem dauert es etwa eine halbe Stunde mit dem Auto, weil man zurück über Dumfries fahren muß. Die Abtei hat ihren Namen nach dem einbalsamierten Herz des verstorbenen Ehemannes der Klostergründerin und Mäzenin Lady Devorguilla. Beide (Lady und Gattenherz) sind in der Kirche begraben. Von dem um 1270 entstandenen Bau sind wie bei den vielen anderen besuchten Ruinen nur noch Mauerreste erhalten. 

Sweetheart Abbey – Blick dahin, wo mal ein Altar stand… bis vor gut 500 Jahren…
New Abbey Corn Mill… ausnahmsweise keine Malzmühle…

Im gleichen Dorf, es heißt New Abbey habe ich im Anschluß noch eine historische Wassermühle besucht, die als Museum besichtigt werden kann aber auch noch voll funktionstüchtig ist. Eher spontan wurde ich noch auf eine Burg aufmerksam, die quasi auf dem Weg lag : Threave Castle. Auch die Reste dieser einst stolzen Anlage stehen im Wasser jedoch nicht wie bei Caerlaverock von einem Graben umgeben, sondern auf einer Insel. Auf diese kommt man, indem man eine Glocke läutet und dann mit einem Boot abgeholt wird. Wenn man dann davor steht… ein ganz schöner Koloss… 5 Etagen hatte die Burg, die Heimat der Familie Douglas war, welche im 15. Jh vom schottischen König Jakob II. entmachtet wurde.  Einige Belagerungen überstand die Burg, die entscheidende wurde aber, und da hilft auch die mächtigste Architektur nichts, mit Schmiergeld aufgegeben. 

…don’t pay the ferryman… ist im Eintritt inbegriffen : Threave Castle
…mal etwas Kitsch versucht, bleibt ausbaufähig…

Nächste Station war eine kurze Stippvisite  bei der Bladnoch Distillery. Das dort gerade gebaut wird wußte ich, wollte aber trotzdem mal vorbeischauen. Der abgesperrte Parkplatz mit großen Schildern mit „Shop Closed“ und „No Visitors“ war schnell klar, das es kein kleines ungeplantes Intermezzo geben würde, also ein paar Bilder gemacht und weiter zur heutigen Residenzstadt Stranraer. 

Bladnoch… River and closed Distillery…

Hier bin ich im Neptuns Rest Guesthouse untergekommen und mit dem bin ich zufrieden. Das Einzelzimmer ist zwar mit ca. 4qm mit Dachschräge nicht gerade partytauglich, aber es hat alles was ich brauche.  Abends wollte ich noch ein paar Pints zu mir nehmen, musste allerdings feststellen, das dieses gar nicht so einfach ist, da (vielleicht liegt es am Montag) kaum etwas auf hatte. Das Commercial Inn, etwa 5 Häuser weiter kam mir schon wegen seiner undurchsichtigen Fenster nicht ganz koscher vor, als aber nichts mehr anderes übrig blieb und der Durst alle Bedenken von sich wies… ging ich rein… bei uns in Berlin Wedding und Gesundbrunnen heißen solche Lokale „Beim Dicken“, „Zum Magendoktor“ oder „Zum Bierdeckel“… Mehr als zwei zügige Guinness mochte ich da nicht bleiben und somit schreibe ich jetzt, begleitet von einem schönen Port Charlotte im Glas, diesen Bericht. Morgen sind wieder einige Kilometer zu schrubben… Es geht von den Lowlands zurück in die Highlands. Sollte ich wohlbehalten ankommen, kommen die nächsten beiden Berichte aus Stirling.

Blick aus dem Fenster meiner Unterkunft – Stranraer Hafen am Abend

Tag 8: Stirling

Noch ein Wort zu Stranraer : Diese Stadt von etwa 10.000 Einwohnern ist diese Stadt am nächsten : Belfast. Zwar ist da etwas Wasser dazwischen, aber Nordirland kann man sehr gut sehen, vor allem wenn man auf der Küstenstraße Richtung Ayr fährt, eine wunderschöne Straße im Übrigen, die A77. 

Die Insel Ailsa Craig… im Hintergrund die nordirische Küste

Heute ging es Richtung Stirling, mit etwa 185 km die wohl längste Strecke dieser Tour. Nur eine Station gab es auf der Strecke, die A.D.Rattray Whisky Experience in Kirkoswald zwischen Girvan und Ayr. Der Stammsitz des unabhängigen Abfüllers ist ein netter Whiskyshop mit sehr nettem Personal. Angeboten werden viele Originalabfüllungen und einige unabhängige Bottlings. Von dem eigenen Stock waren nur drei Whiskys erhältlich, zwei junge Single Malts und ein älterer Grain. Man wartet auf das kommende Bottling, dann gibt es wieder mehr, erfuhr ich. Das schönste an dem Laden ist die Möglichkeit, selbst aus Fässern abzufüllen. Ein 2007er Pulteney und ein 1995er Glen Elgin durften mit schönem Label die Reise ins Offside antreten….dann sind es jetzt schon 3,5 Flaschen…

Die A.D.Rattray Whisky Experience
Straight from the cask…

Der Rest der Fahrt war unspektakulär, in Glasgow muß man etwas konzentriert fahren, da gibt es wieder viele Spuren auf der Autobahn, aber mittlerweile ist sowas fast schon Routine… In Stirling angekommen, konnte ich schon sehr früh in das Hotel einchecken, es ist das Allanhotel in der Allan Street. Das Haus steht nicht in Reiseführern etc., ich habe mir das selber auf der Landkarte erschnüffelt. Ich habe ein Megazimmer mit 3 Betten und Wannenbad, es liegt mitten in der Stadt, hat Parkplätze und kostet 45 € als Single. …kann man nicht meckern, oder ?… (ich hab nochmal vorsichtshalber nachgefragt, haut aber alles hin…) Da ich früh hier war und das Wetter heute herrlich , ging es gleich auf die Piste und das heißt hier natürlich erstmal auf das Castle. Ich bin ja schon oft auf der Autobahn an Stirling vorbeigefahren, hab mir immer gesagt, wow, was für ein Hammerteil, eines Tages mußt du da hoch… Heute war es soweit. Gut das ich noch etwas auf meinem Explorerpass von Historic Scotland frei hatte, sonst hätte der Spaß 15 £ gekostet. Es war interessant mal eine unzerstörte Burg zu besichtigen, dann auch noch mit einmaliger Aussicht. Gut eine Stunde bin ich durch die Gebäude geschlendert, dann war gut und es war mir eh etwas zu überlaufen, aber das gehört halt bei Touristenattraktionen dazu. 

Stirling - Innenstadt
Stirling Castle – in der großen Halle
Die Burg vom benachbarten Friedhof aus gesehen

Der Rest der Fahrt war unspektakulär, in Glasgow muß man etwas konzentriert fahren, da gibt es wieder viele Spuren auf der Autobahn, aber mittlerweile ist sowas fast schon Routine… In Stirling angekommen, konnte ich schon sehr früh in das Hotel einchecken, es ist das Allanhotel in der Allan Street. Das Haus steht nicht in Reiseführern etc., ich habe mir das selber auf der Landkarte erschnüffelt. Ich habe ein Megazimmer mit 3 Betten und Wannenbad, es liegt mitten in der Stadt, hat Parkplätze und kostet 45 € als Single. …kann man nicht meckern, oder ?… (ich hab nochmal vorsichtshalber nachgefragt, haut aber alles hin…) Da ich früh hier war und das Wetter heute herrlich , ging es gleich auf die Piste und das heißt hier natürlich erstmal auf das Castle. Ich bin ja schon oft auf der Autobahn an Stirling vorbeigefahren, hab mir immer gesagt, wow, was für ein Hammerteil, eines Tages mußt du da hoch… Heute war es soweit. Gut das ich noch etwas auf meinem Explorerpass von Historic Scotland frei hatte, sonst hätte der Spaß 15 £ gekostet. Es war interessant mal eine unzerstörte Burg zu besichtigen, dann auch noch mit einmaliger Aussicht. Gut eine Stunde bin ich durch die Gebäude geschlendert, dann war gut und es war mir eh etwas zu überlaufen, aber das gehört halt bei Touristenattraktionen dazu. 

Zwei Whiskybarwirt/innen Mandy & me

Dem folgte ich gerne und kann allen, die es empfohlen haben, nur danken. Das war der erste tolle Pub Abend in Schottland auf dieser Reise. Ich werde da morgen auch nochmal aufkreuzen, denn ich soll noch was ins Gästebuch schreiben. Das werde ich auch tun… Morgen liegen außerdem zwei Whiskybrennereien in der Gegend und ein Schloss auf dem Zeitplan…

Deanston - bis 1965 Baumwollspinnerei, heute Whiskybrennerei

Tag 9: Deanston, Doune, Dunblade & Glenturret

Gestern war wohl das letzte Aufbäumen des Sommers… (welchen Sommers auch immer)… Heute hat es aber nur einmal geregnet, es begann heute früh und dauert aktuell an, die Wetter-App lässt auch für die kommenden Tage nichts gutes verheißen… Nun ja, das ist ja nur Wasser und ich bin eh nicht zum Strandurlaub hier. Meine erste Station heute war die Deanston Distillery, etwa 20 min entfernt. Die Tour war gut, es durfte fotografiert werden und es gab eine Distillery-only Flasche zu kaufen, die sich jetzt auch im Kofferraum befindet. 

Deanston – selten : eine offene Mashtun
Deanston - Brennblasen

Direkt um die Ecke von Deanston ist das Doune Castle, eine etwas besser erhaltene mittelalterliche Burganlage, die auch sehr gut besucht war. Da ich während dieser Reise schon schönere Castles besichtigt habe, die meistens auch ohne Touristenschwärme auskamen, war der Besuch nicht so ausführlich wie andere davor. Besonders berühmt ist Doune Castle übrigens für Filmaufnahmen. Für eine angeblich populäre Serie namens Game of Thrones oder so ähnlich wurden dort etliche Aufnahmen gemacht. Auch für Monty Python’s Ritter der Kokosnuss diente die Burg als Kulisse (I fart in your general direction… your mother was a hamster…and your father smells of elderberries…)

Doune Castle
Dunblade Cathedral
Nächste Station war die Dunblade Cathedral, eine Kirche aus dem Mittelalter, die nur teilweise zerstört wurde und im 19. Jh wieder aufgebaut wurde. Sehr schön auch das benachbarte Dunblade Museum mit schönen Einsichten in das Leben von früher in dieser Gegend. Unrühmlich bekannt wurde Dunblade nach einem Amoklauf 1996 mit 17 Toten. Eine der überlebenden Schüler von damals war Tennisprofi Andy Murray, der wohl berühmteste Sohn der Stadt.

Danach fuhr ich zur Tullibardine Distillery in der Hoffnung, eine Tour zu bekommen. Leider hätte ich dafür fast zwei Stunden warten müssen, so verschob ich das auf morgen früh und tauschte mit Glenturret, wo ich dann auch hinfuhr. Bei Glenturret dreht sich alles um The Famouse Grouse, eines der erfolgreichsten Blends in Großbritannien. Ich machte eine Tour mit, die war ok aber ohne Fotos. Glenturret hatte eine ziemlich berühmte Katze: Towser (1963-1987) wurde nicht nur für Katzenverhältnisse sehr alt, er erlegte auch insgesamt 28.899 Mäuse… und steht damit im Guinness Buch der Rekorde. Heute gibt es gei Glenturret zwei Katzen : Glen und Turret. Mit Glen durfte ich mich kurz anfreunden… Eine Distillery-only Bottle durfte auch mit und dann ging es durch reichlich Regen zurück nach Stirling. Das war heute mal recht kurz, aber ich bin jetzt etwas müde und muß morgen früh zeitig raus. Morgen abend werde ich aus Aberfeldy berichten…

Glenturret – im Schatten des Moorhuhns
Glenturret – Im Schatten der berühmtesten Distillery Cat : UrUrEnkel Glen

Tag 10: Tullibardine, Blair Athol & Aberfeldy

Heute waren gleich 3 Whiskydestillen  auf dem Plan. Es begann um 10 Uhr bei Tullibardine. Die Brennerei ist in privater Hand und gehört zu keinem Konzern. Man wirbt ganz gerne mit der Jahreszahl 1488… hmmm, die erste urkundliche Erwähnung eines uisge beatha in Schottland war 1495, war man in Tullibardine etwa schneller ? … nö… es seie denn, man dreht bei der Jahreszahl 1949 etwas an den Zahlen um ins 15. Jh zu kommen. Die Jahreszahl bezieht sich auf eine Brauerei, welche einst und ziemlich lange an der Stelle gestanden hat. Warum sich die Hausherren mit dieser Jahreszahl schmücken, mit der sie rein garnichts zu tun haben weiß ich nicht. Empfangen wurde ich bereits gestern von einer deutschen Mitarbeiterin des Visitorcenters, die gut und gerne aus Berlin stammen könnte… natürlich nur wegen der Berliner Freundlichkeit versteht sich… Geführt wurde ich mit zwei anderen Deutschen, allerdings von einem älteren Guide namens Jim, der sehr bemüht war. 

Tullibardine Distillery – graue Maus an der A9
…ein leicht angegammelter Charm…

Die Dame von dem deutschen Paar verstand kein englisch, der Herr dazu auch nicht viel, so das ich ab und zu übersetzen konnte. Die Produktionsabläufe sind dort natürlich auch wie anderswo, es hat alles einen leicht angegammelten Charme in diesem Industriegebäude direkt an der A9, das passt aber auch irgendwie zum Tullibardine Whisky, von dem ich selten etwas richtig gutes im Glas hatte. Um mein Programm für morgen zu entlasten beschloss ich eine der beiden Brennereien in der Tourihochburg Pitlochrie heute schon zu erledigen. Meine Wahl fiel auf Blair Athol und die Führung startete um 12:45 Uhr. Es war wie so häufig, ich habe nicht viel erwartet und war dementsprechend nicht enttäuscht, das ich nicht viel neues mitnehmen konnte, außer mal vor Ort gewesen zu sein und ein paar (Außen)fotos zu machen. Es ist ja schon ein schöner Ort, mit der efeubehangenen Fassade. 

Schloß Cecilienhof in Potsdam ?… Nein : Blair Athol Distillery Pitlochry
…mit vielen lieben Details…

Zu probieren gab es einen Blair Athol 12y OA, also aus der Flora & Fauna Serie, etwas anderes hat Diageo bei dieser Distillery noch nicht zustande gebracht. Es gab auch den Diageo üblichen Distillery Exclusive NAS für 80 £, ich konnte mich heute allerdings beherrschen, eine mitzunehmen. Zeit für Pausen war nicht, es ging sofort weiter nach Aberfeldy, etwa 20 min entfernt. Dort hieß es erstmal das Auto auf dem Hotelparkplatz zu stellen und dann zu Fuß in die Aberfeldy Distillery zu laufen. Ich hatte diese Tour bereits vor ein paar Monaten gebucht, weil ich endlich auch mal etwas trinken wollte, wenn ich vor Ort bin. Ich buchte also die Connoisseur Tour mit einem Fasssample und 5 Whiskys für 27 £. Die Tour war in Ordnung, ich war ja schonmal hier und kannte das alles auch noch. 

Die nette Aberfeldy Distillery im gleichnamigen Ort.
Das Faß 2972 ist lecker Aberfeldy, wie er sein soll : Honig und Heidekraut.
Der Dram aus dem 1997er Bourbonfaß war sehr lecker, Aberfeldy ist ja durchaus ein kleines Steckenpferd von mir. Das Tastingset war dann aber weniger interessant für mich: Dewars 12y, Dewars Signature (keine Ahnung wieso der über 200 kostet…) Aberfeldy 12 & 18y, ok die passen immer aber kenne ich halt… und ein 1999er aus dem Sherryfaß, den es auch noch zu kaufen gab. Der war sehr lecker, ein wunderbares Sherryfass mit Fassstärke… aber 150£ waren mir doch zuviel und ich füllte dann einen anderen, nämlich einen 2001’er aus dem Bourbonfass ab, der kostete „nur“ 100£ und darf mit nach Berlin.  Meine Unterkunft ist das Breadalbane Arms Hotel. Es ist ein recht einfaches Hotel, ziemlich laut von innen und außen, aber ok, das einizige Problem ist ein gegen Null tendierendes Netzwerk. …grummmel…Immerhin  ging es vorhin plötzlich mal, daher weiß ich, das es wohl prinzipiell möglich ist, hier etwas zu empfangen oder senden. Um den heutigen Bericht zu senden, bedarf es quasi einem genialen Moment der modernen Übertragungstechnik…
Abends saß ich im The Fountain über die Straße, scheint eine kleine Kette nach dem Vorbild Wetherspoons oder Belhavenpubs zu sein, hat Spaß gemacht und geschmeckt.

Morgen geht es nochmal zurück nach Pitlochry und dann nach Dufftown, was dann auch bereits die letzte Station ist, die aber auch 3 Tage beinhaltet.

Tag 11: Reisetag nach Dufftown via Edradour, Pitlochry Dam und Dalwhinnie

Jeden Tag wenn ich diesen Blog schreibe, wunder ich mich über die Tageszahl… 11 schonwieder… wie doch die Zeit vergeht. Heute stand die Reise zur letzten Etappe an, nämlich nach Dufftown. Vorher gab es jedoch noch einen Abstecher nach Pitlochry, wo ich die Edradour Distillery besichtigt habe. 

...bisschen wie Puppenstube: Edradour Distillery
Im Produktionsbereich von Edradour

Früher warb die immer noch putzig kleine Brennerei damit, die kleinste in Schottland zu sein. Damit ist seit ein paar Jahren Schluß, es gibt sogar mehrere Farmdestillen, die noch kleiner als Edradour sind, zeitgleich wird Edradour auch immer größer, derzeit werden zusätzliche Lagerhäuser gebaut. Ich war ausversehen schon etwas früher vor Ort, so konnte ich den Ort auch ohne Menschen erleben. Kurz nach Öffnung um 10 Uhr war bereits eine größere Gruppe da, welche dann auch die erste Tour war. Mir hat die Tour und Edradour persönlich sehr gefallen. Normalerweise geht jede Tour durch die Produktion von Malz, Mashtun, Washbacks, Brennblasen, Warehouse und zum Schluß ein Whisky. Edradour hatte folgenden Ablauf : Begrüßung, Gang ins ehemalige Malzlager, dort gab es 2 Whiskys (alternativ den Sahnelikör), dazu ein Video. Danach ging es ins Lagerhaus, danach in die Produktion (das ist echt nicht groß…) und zum Schluß in den Shop mit kurzen unverbindlichen Kaufempfehlungen für Edradour und Signatory Vintage Flaschen. Ich als Autofahrer war froh, daß die Whiskys am Ende wieder weg waren… Für 7,50 £ ist Edradour absolut empfehlenswert, fotografieren ist überall erlaubt und die Leute da sind nett. Edradour liegt ja durchaus etwas abseits von Pitlochry, einem Ort, in dem man aufpassen muß, daß einem kein Touristensenior vors Auto springt, ganz schön überlaufen, der Ort. 

...nicht so mächtig wie der Hoover Dam... aber auch gewaltig: Pitlochry Dam
…mit einer extra Treppe für die Lachse…, die schwimmen von unten nach oben…

Ich besuchte danach noch den Pitlochry Dam, einen Staudamm mit Wasserkraftwerk mitten im Ort. Es gibt ein Visitorcenter, in dem man informiert wird, wie die Highlands ab der 1940er Jahre an das Stromnetz angebunden wurden, durch die Errichtung von Wasserkraftwerken. Es liegt ja auch auf der Hand, mit den teilweise extremen geografischen Begebenheiten vor Ort etwas gescheites anzustellen. Eine besondere Attraktion dabei ist eine Fischtreppe, auf der die Lachse an dem Staudamm vorbeigeführt werden. Dann ging es Richtung Speyside. Ich fuhr die A9 Richtung Inverness und erwägte einen Stopp an der Dalwhinnie Distillery zu machen, wenn es nicht wie aus Eimern schüttet, was über große Teile der Strecke der Fall war. Bei Dalwhinnie, eine der höchstgelegendsten Brennereien Schottlands an dem Ort, wo Schottland nachweislich am kältesten ist, machte der Regen bei meiner Ankunft erstmal Pause und ich konnte ein paar Fotos machen. Zufällig startete gerade eine Tour und ich machte sie mit, als Friend of the classic malts of Scotland kostet das ja nix… 

kälteste Ortschaft Schottlands : Dalwhinnie

Die Tour (von der ich nix erwartet hatte) war schlechter als gedacht, die Dame hatte einen immer gleichen Singsang Vortrag, was schwer zu ertragen war (nicht das ich etwa zugehört hätte, aber das nervt auch so…), naja aber jetzt war ich da auch mal und habe somit jetzt 73 Whiskybrennereien besucht, einige davon mehrmals… (dafür braucht man dann halt irgendwann nicht mehr zuzuhören…) Weiter ging es in die Whiskyhauptstadt Dufftown. Ich bezog das übliche Commercial Hotel, was neuerdings eine neue Bewirtung hat. Wie sich das auswirkt vermag ich heute noch nicht zu sagen, werde es aber kundtun. Als ich das Haus dann verlies, stand dann zufälligerweise meine Schwester und ihr Freund auf der Straße, kann ja mal passieren (ok, es war nicht ganz zufällig…) 

…kleines Familientreffen in Dufftown…

Wir gingen ins Stuarts Arms essen, die beiden fuhren weiter in ihre Unterkunft nahe Aviemore und ich nahm noch 2-3 Guinness im hoteleigenen Pub, in dem sogar das Bundesligaspiel Bayern-Wolfsburg gezeigt wurde. Ich wurde oft gefragt für wem ich da bin, ich konnte nur sagen „I hate them both“… Morgen melde ich mich live vom Autumn Speyside Festival…

Tag 12: Alcoholiday
Erstmal letzte Nacht : gemütlich vor Mitternacht die Augen zugemacht und dann um halb 3 wachgeworden von reichlich Krach als mehrere Leute von was auch immer (jedenfalls nix abstinentem) heimkamen. Das war laut und rücksichtslos, ich war wenig begeistert aber pennte trotzdem wieder ein, bis kurz nach 4, als sich die Bewohner meines Nachbarzimmers lautstark anbrüllten, ich konnte nichtmal die Sprache identifizieren. Es war eine sehr aggressive Stimmung und ich war ziemlich geladen und überlegte nach einiger Zeit mal persönlich vorstellig zu werden… ich verzichtete… es waren wohl irgendwelche Russen die andere Ansichten von Anstand haben… nochmal würde ich mir das allerdings nicht gefallen lassen… egal…zum heutigen Tag :
Öfters wir ja mal die Frage gestellt, wie oft und wie regelmäßig man Alkohol trinkt. Das ist eine gute Frage, der ich mich natürlich auch ganz besonders stellen muß. Wenn ich zuhause bin, dann ist zumindest der Sonntag bleifrei, ansonsten…, ja könnte es weniger sein, aber ich würde nie auf die Idee kommen, bereits kurz nach 10 einen Whisky zu trinken.  …das habe ich allerdings heute getan… Im Rahmen des Autumn Speyside Festivals fand heute in den Räumlichkeiten meines Hotels eine kleine (sehr kleine) Whiskymesse statt. Da ich ja eine Whiskymesse in Berlin mitplane und ausrichten werde, muß ich natürlich im Rahmen der Information auch andere Messen begutachten und wenn es kurz nach 10 ist. … rein dienstlich versteht sich… Es wurden 10 £ Eintritt aufgerufen, allerdings waren fast alle Drams auch kostenlos, was übrig blieb, geht an eine Charitygeschichte. vertreten waren : Murray McDavid als recht spezieller unabhängiger Abfüller mit Sitz (ex-)Coleburn Distillery, eine Blendfirma, eine Ginfabrik aus Elgin, Cairngorm Brewery & Gastbieren… und Whiskycastle Tomintoul. Von Murray McDavid konnte ich einige gute Sachen probieren, vom Whiskycasle ebenfalls, die anderen Sachen waren für mich besonders um die Uhrzeit nicht relevant. Die meiste Zeit, wo ich da war, stand es 10 Verkäufer zu 3 Kunden. Ich hoffe, das war später besser. 
Streß ist nicht das Motto einer alten Lokomotive
Die Seyside, Spey, Berge und Wolken.

Ich jedenfalls machte eine Pause, dann ging es um 13:15 weiter mit dem Bus nach Aviemore, dort in den Zug mit Dampflok. Die Tour mit de Zug war nicht sonderlich lang, sowas ist halt was für Bahnliebhaber. Ein schöner Rahmen zum Verkosten diverser Speyside Whiskys war es definitiv, zumal das Wetter heute mal wieder auf der bright side of life war… Im Anschluß ging die Rückfahrt über das Whiskycastle Tomintoul zurück nach Dufftown. 

Im Bordrestaurant tätig: Steve Oliver schenkt aus…
Immer sehr international, die Besucher des Autumn Speyside Festivals.

Wer den Blog die letzten Jahre mitgelesen hat weiß vielleicht noch, das ich den neuen Besitzern vom Whiskycastle etwas kritisch entgegenstand,.mittlerweile mögen wir uns…  Die ganze Veranstaltung hat mit Bus, Zug und Whisky gerade einmal 45 £ gekostet… kann man mal machen…Es war einer der Tage, die einfach Urlaub waren, keine Termine und leicht einen sitzen, um es mit Harald Juhnke zu sagen. Abends ist nicht mehr viel passiert, morgen werd ich ein wenig durch die Gegend fahren… und sicher nicht so früh trinken…

Schöner shoppen im Whiskycastle Tomintoul
Tag 13: Speyside Foto Safari
Der heutige Tag hatte keine weiteren Termine, also nutzte ich die Zeit, ein wenig durch die Gegend zu fahren und hi und da ein paar Fotos zu machen. Erste Station war Ardmore, eine Brennerei, die offiziell nicht mehr zur Speyside gezählt wird, aber doch recht nahe an der Grenze liegt. Es ist eine der wenigen Destillen in der Gegend, die rauchige Whiskys produziert. Heute war Sonntag und es schien niemand da zu sein, ich wollte eh nur zwei, drei Bilder von außen machen und das tat ich. 
Raucherfreundliche Brennerei am Rande der Speyside : Ardmore
Der Hafen von Banff, im Hintergrund die Schwesterstadt Macduff

Weiter ging es nach Banff, eine Stadt an der Nordseeküste, an der Mündung des River Deveron. Warum (?) fragte ich mich selber auch… ich wollte einfach mal da gewesen sein und ich fand auch den Hafen ganz hübsch… Gegenüber, auf der anderen Seite des mündenden Deveron, liegt die Stadt Macduff, gleich nach der Flussbrücke auch die gleichnamige Whiskybrennerei, die ihre Originalabfüllungen unter dem Namen (Glen) Deveron vermarktet. Macduff hat kein Besucherzentrum oder irgendetwas in der Art, ich hoffe eines Tages mal darein zu dürfen, heute war nur ein bisschen von außen zu fotografieren. Es ging weiter an der Nordseestraße Richtung Inverness zuerst mit einer Pinkelpause in der Glenglassaugh Distillery, die halt am Weg lag. Ich nutzte die Gelegenheit um zu schauen, ob es etwas extraordinäres im Shop zu kaufen gab, das war aber nicht der Fall. Ich machte noch einige Aufnahmen der Brennerei von hinten und konnte einige Bunker aus dem 2. Weltkrieg entdecken, die Bilder werden natürlich meinen Freunden der Berliner Unterwelten zugestellt. 

Glenglassaugh von hinten
Bunkeranlagen hinter Glenglassaugh
Der Bow Fiddle Rock bei Portknockie

Ebenfalls an der Küste, genauer ein wenig im Wasser war das nächste Ziel, ein auffälliger Felsen in Form eines Geigenbogens, der Bow Fiddle Rock bei Portknockie, ein sehr schönes Fotomotiv. Die Fahrt ging weiter nach Elgin, der Bezirksstadt des Bezirks Moray, was fast die gesamte Speyside ist. Zum letzten mal auf meiner Reise ging es dann um steinerne Zeugen vergangener Zeiten nämlich der Ruine der Elgin Cathedral. Der im 13. Jh errichtete Dom war zu seiner Zeit die größte Kirche Schottands. Im Zusammenhang von Plünderungszügen, Racheakten und nicht letztendlich der Reformation wurde die Elgin Cathedral zerstört aber gibt noch heute einen imposanten Eindruck ab. 

Die Elgin Cathedral bzw. was davon übrig ist…
Sterngewölbe im erhaltenen Kapitelhaus

Sehr gut e