McLarsen in Thüringen – Gotha, Arnstadt, Eisenach, Mühlhausen, Erfurt (April 2024)

Erfurt, 24.04.2024… Die dritte Entdeckungsreise dieses Jahres führt mich wiederholt nach Thüringen. Mit Residenzstadt Erfurt (um die es diesmal weniger gehen soll, wer etwas darüber lesen möchte den verweise ich gern auf den Reisebericht von 2020) soll es in die umliegenden Städte Gotha, Arnstadt, Eisenach und Mühlhausen gehen… weiterhin ist eine Wanderung um die drei Burgen von Drei Gleichen geplant. Den Anfang machte gestern Gotha… erstmal mit dem ICE vom Heimatbahnhof Berlin Gesundbrunnen in knapp 2 Stunden ohne Umstieg nach Erfurt gedüst… dann schnell die Reisetasche in ein Schließfach gesteckt und ab ging es mit dem Bummelzug ins 25 Kilometer entfernte Gotha.

Schloß Friedenstein Gotha

Gotha: Mit 45.000 Einwohnern ist Gotha die fünftgrößte Stadt Thüringens und liegt zwischen Erfurt und Eisenach. Bis 1825 war Gotha Residenzstadt des Herzogentums Sachsen-Coburg und Gotha-Altenburg… ein typischer Landstrich auf dem seinerzeit bunten Fleckenteppich kleiner Herrschaftsgebiete auf dem Territorium des heutigen Deutschlands. Das markanteste Gebäude der Stadt ist das Schloß Friedenstein. Es wurde 1643 erbaut und gilt als eine der bedeutendsten Schlossbauten des Frühbarock. Unweit des Schlosses befindet sich der älteste Englische Garten außerhalb Englands… am Rande des Schloßparks befindet sich mit dem Herzoglichen Museum eine (besonders im Verhältnis zu der geringen Größe der Stadt) sehr bemerkenswerte Kunstsammlung. Nördlich von Schloß und Park Friedenstein befindet sich die Altstadt mit dem historischen Rathaus und vielen gut erhaltenen Bürgerhäusern. Eine technische Meisterleistung seiner Zeit ist der Leinakanal der 1369 angelegt wurde und die Stadt ohne Fluß mit Wasser versorgte und noch heute funktioniert. In Gotha wirkte Martin Luther und der Maler Lucas Cranach d.Ä… 1875 wurde die SAP (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands) in Gotha gegründet… diese nannte sich später in SPD um… das bekannteste industrielle Produkt der Stadt waren Straßenbahnwaggons… genau… die alten Gondeldinger die jahrzehntelang im Ostteil Deutschlands auf der Schiene waren.

Schloß Friedenstein - Festsaal
Audienzzimmer

Vom Bahnhof läuft man etwa 20 Minuten zur Hauptsehenswürdigkeit der Stadt: Schloß und Park Friedenstein. Ernst I., auch Ernst der Fromme genannt (1601-1675) war der Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg und einer der bedeutendsten Herrscher seiner Zeit… auch heute existierende Königshäuser wie Belgien und England tragen noch Teile dieser DNA… was aber sicher bei der ganzen In- und Unzucht dieser Kreise nicht weiter verwundert… ich schweife ab… dieser Ernst fand in Gotha keine standesgemäße Residenz vor und ließ von 1643-1654 das Schloß Friedenstein errichten… er hatte vom 30jährigen Krieg die Nase voll und gab seinem Zuhause diesen Namen… über dem Hauptportal hängt auch ein barockes Schmuckelement mit dem Namen Friedenskuß… Das Schloß hat für die verhältnismäßig kleine Stadt Gotha recht üppige Ausmaße… allerdings war auch von Anfang an viel Platz für Verwaltung, eine Münzerei, ein Theater, die Schloßkirche und andere Dinge geplant… nicht nur aus Jux für den Herzog. Das Schloß zählt zu den bedeutendsten Schloss-Neubauten seiner Zeit… wir sind im Frühbarock wo noch nicht ganz so viel Lametta war. Die Anlage an der auch viele Bau- und Sanierungsprojekte laufen macht einen leicht angegammelten Eindruck… zumindest wenn ich Vergleiche zu ähnlich großen Feudalbauten wie denen in Berlin, Potsdam oder Würzburg ziehe… Ich kaufte mir für 12€ ein Ticket und besichtigte die Herzogliche Residenz mit den Wohn- und Repräsentationsräumen sowie dem Eckhof-Theater im Westturm… dem ältesten noch regelmäßig bespielten Theater Deutschlands mit Original-Bühnentechnik von 1685. Obendrauf war noch ein Naturmuseum mit ganz viel ausgestopften Tieren dabei… die Tour war ihr Geld auf jeden Fall wert.

Herzogliches Museum
Im Schloßpark

Gegenüber dem Schloß befindet sich das Herzogliche Museum… ein Bau aus dem 19.Jahrhundert mit einer großen, über die Landesgrenzen bedeutenden Kunstsammlung… leider reichte dafür die Zeit heute nicht. Der Schloßpark ist im Stile von englischen Landschaftsgärten angelegt und gilt als erstes Exemplar dieser Sorte außerhalb Großbritanniens… das Wetter war gerade ganz gut und so nutzte ich auch die Zeit für einen gemütlichen Parkspaziergang.

Denkmal vom Bauherren - Ernst der Fromme
Marktplatz mit Rathaus

Hinter dem Schloß welches auf einer Anhöhe steht geht es bergab mit einer Wasserkunst zur historischen Altstadt Gothas… die ist nicht irre groß… aber sehr fein… das Rathaus im Stile der Renaissance ist sehr schön und der Turm kann auch für den Unkostenbeitrag von 50 Cent bestiegen werden… machte ich auch und hatte beste Ausblicke. Da ich seit dem Frühstück nicht wirklich viel Nahrung hatte, stand ich kurz nach 17:00 Uhr auf der Matte vom lokalen Irish Pub namens S’Limmerick und gönnte mir Burger und Bier…

Ausblick vom Rathausturm mit Margarethenkirche
...auch vom Rathausturm - Nordflügel vom Schloß Friedenstein

… dann zurück zum Bahnhof, nach Erfurt gefahren, Tasche geschnappt und in den Apartments des Restaurant Palais in der Futterstraße gleich neben der berühmten Krämerbrücke eingecheckt. Die Unterkunft ist recht groß, ziemlich neu…hat aber auch einige Fragezeichen in Punkto Ausgestaltung. Abends gabs noch Guinness im Molly Malone und Murphys in der Whiskykneipe Jonny Worker… danach war der Kanal voll und es ging in die Nachtruhe.

Arnstadt: Turm und Reste von Schloß Neideck...
...wie das mal aussah kann man am Medell daneben bewundern

Am zweiten Tag der Reise ging es von Erfurt mit der Regionalbahn nach Arnstadt… Fahrzeit: etwa 15 Minuten. Der Plan war die Stadt zu besichtigen und anschließend eine Wanderung zu den drei Burgen von Drei Gleichen zu unternehmen. Das Wetter war sehr wechselhaft… von Sonne bis Graupel war alles drin… Aprilwetter halt. In Arnstadt ausgestiegen läuft man Richtung Innenstadt durch einen Schloßgarten der zu dem ehemaligen Schloß Neideck gehört. Von diesem Schloß aus der Renaissancezeit steht nur noch ein Turm. Das Schlossgebäude wurde nach dem Umzug des Fürstes nach Sondershausen bereits Mitte des 18.Jahrhunderts aufgegeben… es verwahrloste und stürzte irgendwann ein. Der Turm wurde vor etwa 25 Jahren restauriert… ist aber derzeit wieder für den Aufstieg gesperrt da es Baumängel gibt.

Der Arnstädter Marktplatz mit Rathaus und Bachkirche
Hopfenbrunnen von 1573 und Bachkirche

Arnstadt: Zu Ostzeiten galt Arnstadt als älteste Stadt der DDR… erste urkundliche Erwähnung war 704 und damit ist die Stadt auch heute noch eine der ältesten Städte Deutschlands… lediglich Städte auf römischen Siedlungsgebiet wie Trier oder Worms sind noch älter. Arnstadt hat 28.000 Einwohner und liegt etwa 20 Kilometer von Erfurt entfernt. Aus dem Jahre 1404 stammt die älteste schriftliche Erwähnung einer Thüringer Bratwurst. Wie auch in anderen Städten der Gegend wirkte Johann Sebastian Bach in Arnstadt… damals war er aber noch jung und wild… er war 4 Jahre Organist in der heute Bachkirche genannten Pfarrkirche. Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen die Schlossruine Neideck und das Neue Palais mit dem Modell einer barocken Puppenstadt namens Mon Plaisir. Es gibt Reste der ehemaligen Stadtmauer mit Toren und Türmen… auch zahlreiche Profanbauten sind erhalten. Das bedeutendste Bauwerk der Stadt ist aber die Liebfrauenkirche welche im Übergang der Stile Romanik und Gotik erbaut wurde. Weitere bedeutende Sakralbauten sind die Bachkirche und die Oberkirche.

Inneres der Bachkirche mit den Orgeln
Liebfrauenkirche... bedeutend aber leider zu

Ich ging weiter in die Altstadt und der erste Stopp galt der Johann Sebastian Bach Kirche. Die Kirche ist ein schlichter barocker Saalbau ohne Turm und wurde 1676-1683 erbaut. Zwei Jahre nach der Weihe der Kirche wurde im nicht weit entfernten Eisenach ein gewisser Johann Sebastian Bach geboren. Als 18jähriger erhielt Bach seinen ersten Job als Organist in genau dieser Kirche. Man war nicht immer zufrieden mit dem jungen Burschen… so hatte er u.a. seinen Urlaub für ein paar Wochen überzogen… Nach 4 Jahren war dann Schluß in Arnstadt und er fing in Mühlhausen seine neue Stelle an. Die Bachkirche hat gleich zwei Orgeln… die alte mit dem barocken Prospekt auf der oberen Empore (die Bach seinerzeit abgenommen hatte) und eine weitere Orgel direkt darunter von 1913 die man aber so nicht sieht. Nach einer kurzen Besichtigung der Kirche ging es über den Marktplatz mit seinem schönen Rathaus und vorbei an einigen hübschen Bürgerhäusern zur Liebfrauenkirche… um dort zu sehen das diese in der „Winterpause“ ist und erst ab Mai wieder zur Besichtigung geöffnet wird. Hmmm… das einzig überregional bedeutende Bauwerk der Stadt einfach zu lassen… sowas blödes wäre wohl nicht mal uns Berlinern eingefallen… aber dann ist das eben so. Die Liebfrauenkirche ist neben dem Naumburger Dom das bedeutendste Kirchengebäude aus der Zeit des Übergangs von der Romanik zur Gotik… aber leider zu. Das Wetter wurde wieder ungemütlich und nach ein paar Runden durch die Gassen der Altstadt ging es dann auch wieder zurück zum Bahnhof. Arnstadt wird in meinen Erinnerungen nicht allzu weit oben verankert werden…

Arnstadt - Riedtor
Wachsenburg vom Bahnhof Haarhausen gesehen

Mit dem Bummelzug fuhr ich dann eine Station weit nach Haarhausen… Bedarfshaltestelle… ich dachte erst das alle Blicke auf mich gerichtet waren… was wohl der Fremde da will wo nie einer aussteigt… aber zum Glück stiegen auch noch zwei Schuljungs aus. Von dort aus war die erste der drei Burgen bereits gut zu sehen: Die Wachsenburg. Obwohl diese Burg die einzige des flotten Dreiers ist die nicht ruiniert ist war eine Besichtigung nicht geplant… schon auch deshalb nicht weil die Burg an dem Tag nicht geöffnet war. Der Weg sollte das Ziel sein… ein wenig in die Thüringer Landschaft eintauchen und ein paar alte Steine ansehen…

Anderer Blickwinkel und ganz hübsch... Wachsenburg
Blick zur übernächsten Burg (Gleichen) mit Wetterprognose

Durch die Ortschaften Haarhausen und Holzhausen ging der Weg an der Wachsenburg vorbei zur nächsten Burg: Die Mühlburg. Der erste Teil des Weges dorthin war ein ausgewiesener Wanderweg… beim zweiten hatte ich mich etwas vertan… wollte aber nicht zu weit zurück latschen und nahm einen kleineren Weg durch den Wald. Dieser Pfad erwies sich schnell als anspruchsvoll… er war kaum in der Bärlauchwüste zu sehen und alle paar Meter lagen umgekippte Bäume… es war dann immer die Frage ob drunter oder drüber… inzwischen gab es ein amtlichen Graupelschauer und es wurde zappenduster… ich dachte dann das man Blair Witch Project mal wieder gucken könnte… irgendwann ging es nur noch steil bergauf und ich mußte ab und zu mal durchschnaufen… irgendwann kam ich dann wieder auf einen richtigen Weg und noch später stand ich dann tatsächlich vor der Burg Mühlburg… die konnte besichtigt werden und der Kartenverkäufer hatte gerade Pause… es gab einen Imbiss mit Wiener Wurst und Limo… großartig… ich kam schließlich gerade aus dem gefährlichen Dschungel von Thüringen und hatte mir das wirklich verdient 😉
Die Mühlburg ist nur noch als Ruine erhalten… sie ist die älteste der drei Burgen und liegt über der Gemeinde Mühlberg… man kann den Turm besteigen und zur nachsten Burg winken… die Burg Gleichen… getrennt von etwa 3 Kilometern und der Autobahn A4.

Der Abenteuerpfad...drunter oder drüber?

Die Drei Gleichen… sind ein Burgenensemble in der Nähe von Erfurt, Arnstadt und Gotha. Sie wurden unabhängig von Besitzern zu unterschiedlichen Zeiten (aber schon im Mittelalter) gebaut und sind außer der Wachsenburg heutzutage gut gepflegte Ruinen. Der Name mit den Drei Gleichen kommt von einem Ereignis was sich am 31.05.1231 zugetragen haben soll.. nämlich das bei einem Unwetter durch Blitzeinschlag alle drei Burgen gleichzeitig gebrannt haben sollen. Dieses Spektakel wurde in den letzten Jahren öfters mit Pyrotechnik nachgestellt… die durchquerende Autobahn A4 wurde deshalb sogar zeitweise gesperrt.

...wieder in der Zivilation... Burg Mühlberg...
...von Burg zu Burg...und die A4...

Nach der Besichtigung ging es dann runter nach Mühlberg und unter der Autobahn Richtung Burg Nummer 3… Die Burg Gleichen, ebenfalls nur als Ruine erhalten streifte ich aber nur am Abhang… genug Himalaja für heute… und über einen gut ausgebauten Radweg ging es nach Wandersleben… dort gab es Bahn und nach zwei Stationen war ich wieder in Erfurt.

Zwischen den Burgen

Gefühlt kam ich ja gerade aus einer großen Exkursion… also erstmal unter die Dusche und dann aber fix was für den leeren Magen (Die Wiener auf der Burg hatte schlimmeres verhindert)… die Wahl fiel auf die Altstadtkneipe Noah in der Straße Arche… Die hatte mir schon vor 4 Jahren gefallen… damals war aber noch Corona und man konnte sich kein richtiges Bild machen… heute aber auch nicht weil der Laden brechend voll war… ich durfte am Eingang am Straftisch Platz nehmen… immerhin… was anderes gab es in der Tat nicht… den Laden kann man teilweise mit dem Offside vergleichen zumindest was die Ausgestaltung angeht… überall Bilder und irgendwelches altes Gedöns… aber mit der sehr bodenständigen Speisekarte können wir hier vom Gesundbrunnen natürlich nicht mithalten… Das Rostbrätel mit Bratkartoffeln war auf jeden Fall sensationell… danach gabs noch Guinness im Patricks Pub und dann kam das Sandmännchen… das war in der Tat ein schöner Tag so ganz mit mir selbst was ich ja auch bei solchen Reisen suche… und  fast 40.000 Schritte waren sogar persönlicher Rekord…

Mahlzeit... in der Altstadtkneipe Noah
Die Wartburg
Eisenach - Karlsplatz mit Nikolaitor, Nikolaikirche und Lutherdenkmal

Am dritten Tag der Operation Thüringen stand ein Besuch der Stadt Eisenach auf dem Plan. Das Wetter war wie Tags zuvor sehr wechselhaft aber ganz so viel Wanderweg war an diesem Tag nicht geplant. Der Regionalzug braucht von Erfurt etwa 50 Minuten bis zur Wartburgstadt. Vom Bahnhof aus sind es nur wenige hundert Meter bis man in der Altstadt ist. Dort läuft man durch das Nikolaitor an der gleichnamigen Kirche und steht auf dem Karlsplatz. Dort wird man erstmals von Herrn Luther begrüßt welcher dort als Statue auf dem Platz steht. Von dort aus fängt auch die obligatorische Fußgängerzone an die an der anderen Seite mit Marktplatz, Stadtschloß und Georgenkirche endet. Da die Georgenkirche eine Mittagspause hat erledigte ich die Besichtigung dieser gleich am Anfang. St.Georg ist im Kern eine spätgotische Hallenkirche von der aber kaum noch etwas zu sehen ist da das Gotteshaus immer wieder verändert wurde und heute einen barocken Eindruck macht. Die Heilige Elisabeth wurde hier getraut, Martin Luther predigte hier und Johann Sebastian Bach wurde hier getauft.

Marktplatz mit Georgenkirche und Stadtschloß
Georgenkirche - Inneres nach Osten mit dreistöckigen Emporen

Eisenach: Diese Stadt mit 42.000 Einwohnern steht buchstäblich im Schatten ihrer eigenen Burg: Der Wartburg. Obwohl von dem mittelalterlichen Bau äußerlich kaum noch etwas erhalten ist, gilt die Wartburg als das Symbol einer deutschen Festung überhaupt… schließlich übersetzte Luther 1521 unter dem Tarnnamen Junker Jörg das Neue Testament ins Deutsche und die Wartburgfeste seit 1817 gelten als Wegbereiter eines deutschen Nationalstaates. Neben Luther, der übrigens in seinen jungen Jahren auch schon in Eisenach in die Schule ging… ist das bekannteste Kind der Stadt Johann Sebastian Bach der 1685 dort geboren wurde. In der Neuzeit war Eisenach auch als Industriestandort für Fahrzeuge bekannt… Das Automobilwerk wurde 1896 gegründet und 1928 von BMW übernommen. Von 1953 bis 1991 wurde der zweitbekannteste PKW der DDR dort gebaut: Der Wartburg (einschließlich Vorgängsmodell IFA F9). Seit 1992 produziert Opel in Eisenach u.a. die Modelle Astra und Corsa.

Die Wartburg vom Nachbarberg Metilstein gesehen
Wartburg mit Pallas und Turm

Nach der Besichtigung der Kirche hieß es dann aber wieder bergauf laufen… ab zur Wartburg… es besteht zwar die Möglichkeit mit Bussen dort hin zu gelangen aber natürlich nicht mit mir… Die Straße Schloßberg führt relativ geradeaus zur Wartburg… da die Burg aber auch vom weiten ein Hingucker ist machte ich noch einen Zusatzstopp auf dem Nachbarberg der Wartburg namens Metilstein. Von diesem 365 Meter hohen felsigen Berg hat man einen hervorragenden Blick zur etwas höher gelegenen Wartburg… der Nachteil daran ist, das man dann wieder absteigen muß um erneut hochzusteigen… etwas Sport schadet mir ja auch nichts… oben angekommen war ich wie erwartet nicht ganz allein… im Vergleich zur Hauptsaison war die Menge an Menschen aber sicher eher gering. Ich buchte eine Führung die knapp eine Stunde dauerte und durch verschiedene Räumlichkeiten im Pallas führte. Im Anschluß konnte man sich noch die Kunstsammlung und weitere Räumlichkeiten anschauen. Die Tour war gut gemacht und überhaupt hat es mir auf der Wartburg gut gefallen.

Wartburg - Festsaal
Wartburg - Lutherstube

Die Wartburg wurde 1067 vom Grafen Ludwig dem Springer gegründet worden. Um 1200 soll der Sängerkrieg auf der Wartburg stattgefunden haben (war aber wohl eher Fiktion)… Wagners Tannhäuser hat hier seine Inspiration. 1211-1227 lebte Elisabeth von Thüringen, die Ehefrau von Landgraf Ludwig auf der Wartburg… sie war sehr engagiert in Sachen Nächstenliebe und Fürsorge für die verarmte Bevölkerung… nach ihrem frühen Tod 24 Jahren wurde sie heilig gesprochen und gilt heute als Heilige Elisabeth. 1521 bis 1522 fand Martin Luther (als Junker Jörg getarnt) auf der Wartburg Unterschlupf und übersetzte das Neue Testament der Bibel ins Deutsche. Ein großer Fan der Wartburg war auch Johann Wolfgang von Goethe… von ihm ging auch der Umbau bzw. die Restaurierung der Burg im 19.Jahrhundert aus. Das Wartburgfest 1817 war das erste seiner Art und galt als Beschleuniger der Entstehung eines deutschen Nationalstaates. Seit 1999 ist die Wartburg Teil des UNESCO Weltkulturerbes.

Tor des ehemaligen Automobilwerkes Eisenach
EMW 340 aus den frühen 1950er Jahren

Nach der Burgbesichtigung ging es wieder bergab in die Stadt und das nächste Museum stand auf dem Plan… aber eines der anderen Art nämlich Autos. Eisenach ist seit 1896 Produktionsstandort für Fahrzeugbau. Erste erfolgreiche Modelle hießen Dixi und sind nicht mit blauen Lokushäuschen zu verwechseln. 1928 wurde das Werk von BMW übernommen und diese Marke wurde auch bis nach Kriegsende gebaut, nach der Enteignung unter dem Namen EMW. Auch Motorräder wurden gebaut… 1953 kam mit dem F9 der Vorgänger des Wartburgs… als Zweitakter wie die Wartburg Modelle später auch… 1955 kam der Wartburg 311 auf dem Markt… seine Erscheinung war noch bis zum Ende der DDR präsent… heutzutage finde ich ihn schön… damals war mir das sowas von gestern… 1965 erschien dann der eckigere Wartburg 353 der mit kleinen Änderungen bis 1988 gebaut… dann kam ein VW Motor in die alte Karosse aber nach der Wende wollte niemand mehr die ollen Gurken haben und 1991 war dann Sense und das Werk wurde abgewickelt. Kurze Zeit später eröffnete an anderer Stelle in Eisenach eine neue Autofabrik die bis heute Fahrzeuge der Marke Opel baut. In einer ehemaligen Werkshalle gibt es seit 2005 ein Museum über die Autogeschichte von Eisenach mit jeder Menge Oldtimer und anderer Ausstellungsstücke zum Thema… hat Spaß gemacht… guter Kontrast zur alten Wartburg.

Wartburg 311 Coupé (um 1960)
Wartburg 353
Nie produziere Proto-Typen des Wartburgs

Nach den Autos sollte es dann doch nochmal etwas klassisches sein… und das dann auch im wahrsten Sinne des Wortes. Mit Johann Sebastian Bach wurde einer der berühmtesten Komponisten und Musiker der Klassik in Eisenach geboren. Ihm wurde selbstverständlich auch ein Museum errichtet was zum einen in einem alten Bürgerhaus und zum anderen in einem modernen Anbau zu besuchen ist. Man kauft ein Ticket für 12 Euro und kann in die Welt Bachs und auch der klassischen Musik allgemein eintauchen… Livemusik inklusive… ein schönes Konzept und eine liebevoll zusammengestellte Ausstellung auch für Novizen.

Das Bachhaus
Bachhaus - Garten hinterm Altbau
In der Ausstellung gibt es viel zu hören und sehen...

Danach war es dann bereits 18:00 Uhr… Zeit um mal zu probieren wie ein Guinness in Eisenach schmeckt… Das O’Tooles Pub ist in einer alten Stadtvilla und das Guinness wurde von mir als sehr gut befunden… danach ging es zurück nach Erfurt wo es dann auch noch das eine oder andere irische Bier meiner Wahl gab und ein schöner Tag voller interessanter Ausstellungen ging zu Ende.

Unweit des Bachhauses gibt es auch das Lutherhaus... das war heute nicht mehr drin...

Am letzten Tag der Reise hatte ich noch eine Stippvisite für die Stadt Mühlhausen auf dem Plan. Mit einem völlig überfüllten Regionalzug fuhr ich etwa 50 Minuten von Erfurt nach Mühlhausen. Der Bahnhof liegt eher am Rande der Stadt und so gab es erstmal einen Spaziergang ins Zentrum.

Mühlhausen vom Rabenturm mit Marienkirche (links) und Divi Blasii Kirche (rechts)

Mühlhausen in Thüringen hat heute etwa 37.000 Einwohner… Ende des 15.Jahrhunderts allerdings war Mühlhausen eine der größten Städte Deutschlands. Die Stadt war eine freie Reichstadt und wirtschaftlich sehr erfolgreich besonders mit Textilien. Zeitweise war die Stadt Mitglied der Hanse. Im Bauernkrieg 1525 stand Mühlhausen im Zentrum der Auseinandersetzung zwischen dem Feudaladel und den Bauern… angeführt vom Radikalreformator Thomas Müntzer der nach der verlorenen Schlacht von Frankenhausen auch in Mühlhausen öffentlich hingerichtet wurde. Später verlor die Stadt an Bedeutung und andere Städte wie Leipzig blühten als Handelszentren auf. Mühlhausen hat sehenswerte Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung und zwei bedeutende Kirchen (Divi Blasii und St.Marien) als Sehenswürdigkeiten zu bieten. Die berühmtesten Söhne der Stadt sind der Ingenieur und Brückenbauer John Augustus Roebling (1806-1869) (Brooklyn Bridge New York) und der Architekt Friedrich August Stüler (1800-1865) der in Berlin und Brandenburg sehr viele Spuren hinterlassen hat… (u.a. Neues Museum Berlin).

Divi Blasii Kirche - Westwerk
Aus der Ferne betrachtet sind beide Türme schief
Divi Blasii - Inneres nach Westen

Am Untermarkt wurde gerade ein Markt für ein Food Festival aufgebaut… sogar mit einem Guinnesswagen… leider war ich da etwas zu früh. Das dominante Bauwerk am Untermarkt ist die Divi Blasii Kirche… eine gotische Hallenkirche mit etwas älteren Türmen die etwas windschief geraten sind. Auch in dieser Kirche war der junge Johann Sebastian Bach als Organist tätig… nämlich nach der Arnstädter Zeit und Weimar. Wie auch die anderen Städte die ich während dieser Tour besichtigt habe, hat auch Mühlhausen eine reizvolle Altstadt mit Fachwerk und kleinen Gassen. Am Obermarkt steht das bedeutendste Bauwerk der Stadt: Die Marienkirche. An ihrer Erscheinung lässt sich erahnen das die Stadt im Mittelalter eine große Nummer war. Der gotische Bau ist eine fünfschiffige Hallenkirche… es ist nach dem Erfurter Dom der größte Sakralbau Thüringens und der 86 Meter hohe Turm ist der höchste im Bundesland. Gottesdienste finden nur noch zu Feiertagen statt… ansonsten wird die Kirche als Museum und für Konzerte genutzt. Die Dauerausstellung in der Marienkirche zeigt überwiegend sakrale Kunst aus dem Großraum Thüringen und erklärt den Bauernkrieg und die Rolle die der damalige Prediger der Kirche Thomas Müntzer darin spielte. Müntzer, ein radikaler Reformer galt zu DDR Zeiten als ein Vorläufer des klassischen Arbeiterführers… im Arbeiter- und Bauernstaat verwies man gerne auf die damaligen Revoluzzer. Ein weiterer Teil der Ausstellung behandelt den Neubau des Mittelturms der Kirche welcher erst 1898 bis 1903 ausgeführt wurde. Die Pläne dafür kamen von einem gebürtigen Mühlhausener: Der Architekt Friedrich August Stüler (1800-1865). Stüler war der wohl bekannteste Schüler von Karl Friedrich Schinkel. Viele seiner Werke befinden sich in Berlin und Brandenburg… die Alte Nationalgalerie und das Neue Museum auf der Museumsinsel von Berlin sind sicher die bekanntesten Bauwerke. Insgesamt ist das eine sehr schöne Ausstellung…

Marienkirche Mühlhausen
Chorbereich

… als nächtes war der Besuch der alten Stadtmauer angesagt. Man betritt diese am Rabenturm den man auch besteigen kann und von dem man einen schönen Ausblick auf die Stadt hat. Dann läuft man 370 Meter auf der Stadtmauer und besichtigt noch allerlei Ausstellungsstücke über die Stadtbefestigung, Mühlhausen allgemein und Zeitgeschichte.

Frauentor und Rabenturm
Stadtmauer mit Befestigungsanlagen

Nach so viel Geschichte gab es noch einen Bummel durch die Stadt und bald auch zurück zum Bahnhof. Ich wollte lieber noch etwas früher in Erfurt ankommen als wenn die Zeit zu knapp geworden wäre… 17:00 Uhr sollte es schließlich mit dem ICE zurück nach Berlin gehen. Da ich nun noch 1,5 Stunden Aufenthalt in Erfurt hatte, machte ich auch dort noch einen Spaziergang und zwar auf den Petersberg… der war vor 4 Jahren nämlich noch eine einzige Baustelle… heute ist dort alles piekfein und man kann vor allem eine tolle Aussicht auf diese schöne Stadt genießen… sogar das Wetter war fein.

Auf dem Petersberg von Erfurt mit Dom und Severikirche (rechts)

Die Rückfahrt war dann unspektakulär und kurz nach 19:00 Uhr war ich zurück am Gesundbrunnen. Es war eine schöne Reise ohne viel Pause… schöne alte Städte und beste Thüringer Landschaft…  Es war nicht mal Zeit wie sonst immer den Reisebericht zeitnahe zu verfassen… vielleicht werde ich aber auch nur alt…Erfurt hat sich beim zweiten mal weiter in mein Herz (für schöne Orte) geschlichen… wäre da nur nicht…  leider ist mir auch nicht ganz verborgen geblieben das das Bundesland ein wenig weiter rechts als andere Länder steht… leider… aber was bleibt sind Kunst, Kultur und die meisten Leute… die Flitzpiepen machen halt den meisten Krach…
Zum Ausklang des Reiseberichtes folgen nun noch weitere Impressionen der Reise…

Gotha - Schloß Friedenstein - Innenhof
Gotha - Schloß Friedenstein - Im Ekhof Theater
Merkurtempel im Schlosspark Gotha
Hauptmarkt Gotha
In der Altstadt von Arnstadt
Auf der Wanderung zwischen den Burgen
Burg Gleichen von der Mühlburg aus... dazwischen die A4
Die Wartburg vom Metilstein gesehen...
...das ist der Metilstein... dahinter Eisenach
Auf der Wartburg
...auch alt... aber im Pub von Eisenach
In der Altstadt von Mühlhausen
Auf der Stadtmauer von Mühlhausen
...gut das man erinnert wird in welcher Stadt man gerade ist...
Erfurt.... Dom und Severikirche
Ach du meine Nase...