McLarsen

Musik 2025

Berlin, 03.03.2025… so… schon wieder März… und Merz auch bald… aber was solls… Nummer 29 ist dran… Einstieg erfolgt mit „Just To Ask A Dance“… nein, die Tanzmaus traut sich noch nicht… erstmal orchestrales Intro, Synthies und Gitarren… na gut… warum nicht auch tanzen, aber eher im Keller… Heartworms ist das Projekt der Britin Jojo Orme und „Glutton For Punishment“ das gerade veröffentlichte Debutalbum und der Song ein Super Starter für dieses… und auch für diesem Sampler. Der zweite Song fängt auch eher klassisch an… etwas barock mit einem Cembalo, bevor der Song Fahrt aufnimmt… mit Gitarren, Mandoline und Saxofon. Black Country, New Road aus London haben bereits zwei Longplayer auf dem Markt… als der letzte erschien, nahm der Sänger aus gesundheitlichen Gründen seinen Hut und nunmehr wird Gesang und Songwriting unter den drei weiblichen Mitgliedern des Sextetts aufgeteilt. Die beiden Erstwerke gingen an mir vorbei… könnte sich ändern… „Besties“ klingt wie Belle & Sebastian als Progfolk Version. Mit der nächsten Band Panchiko kommt ein Internetphänomen… die Band aus Nottingham gab es Ende der 1990er Jahre erstmalig, mit mäßigem Erfolg… aber eine EP mit dem Namen „D>E>A>T>H>M>E>T>A>L“auf einer selbstgebrannten CD-R (die älteren unter uns erinnern sich was das ist…) wurde zum Mysterium und irgendwann zum Ansporn der Band, es nach über 20 Jahren nochmal zu versuchen… das zweite Album nach dem Neustart wird demnächst erscheinen und „Honeycomb“ ist ein schönes psychedelisches Stück Dreampop und ich bin gespannt, was da noch so kommt. Es folgt guter Pop aus Berlin, Fuffifuffzig machen mir schon länger Spaß, das beste Denglisch seit Falco und dabei auch noch (im Gegenteil zu Falco) komplett symphatisch… dahinter steht die Schauspielerin Vanessa Loibl und ich prophezeie an dieser Stelle eine steile Karriere. Mit einem schwebenden, verträumten Riff nimmt uns dann die Neuseeländerin Reb Fountain mit auf ihre aktuelle Single „Forever“ vom demnächst erscheinenden dritten Album der Singer/Songwriterin… Garbage meets Kate Bush. Sophia Kennedy ist gebürtige Amerikanerin und wuchs in Deutschland auf… demnächst erscheint ihr drittes Album „Squeeze Me“ und „Rodeo“ ist die Vorab-Single mit hypnotischen Piano Groove mit ein paar jazzigen Noten und ich höre auch ein bisschen… sagt man noch „Worldmusic“? Falls ich als Musik-Theorie-Banause daneben liegen sollte… aber im nächsten Song werden asiatische Einflüsse etwas deutlicher… Helen Ganya heißt die schottische Musikerin mit thailändischen Wurzeln und ihr drittes Album begibt sich auch auf die Spuren ihrer asiatischen Herkunft und dieser Crossover gefällt mir sehr gut. Apropos Crossover… was die Briten von Squid bislang so veröffentlicht haben, war mir irgendwie zu hoch… mit „Building 650“ kommt erstmals ein Song ins Spiel, mit dem ich etwas anfangen kann.. sicher war ich mir ja durchaus, das die ganzen Lobeshymnen für die Band keine Nullnummern sein können… manchmal kommt man aber einfach nicht ran… Song Nummer 9: Deep Sea Diver… waren letztes mal auch dabei mit dem ersten großen Hit des Jahres 2025 „Shovel“… nun ist das Album „Billboard Heart“ erschienen und das erste Album des Jahres, was ich relativ sicher in der Top Ten von 2025 sehe… mir gefällt auch die Vielseitigkeit… war „Shovel“ die PJ Harvey/Robyn – Mischung, gefällt „What Do I Know“ mit seinen kernigen Gitarren-Hooks. Es folgen so einige Songs, die man gut der Kategorie Dreampop zuschreiben kann… das ist ja hier nichts ungewöhnliches… aber mit Choke City begrüßen wir die erste Band aus Ungarn auf der langen Liste von Herkunftsländern der Interpreten auf den choice-Compilations. Die Band aus Budapest bietet eine Mischung aus Slowdive und Swervedriver… BEINN (die Ben ausgesprochen werden) kommen aus Brooklyn und bieten eine etwas härtere Ausgabe von Shoegaze und Post Punk… vielleicht irgendwie zwischen 1990s Smashing Pumpkins und… Swervedriver… damit kommen wir zum Original. Swervedriver haben neue Musik und „The World’s Fair“ ist der zweite gute Song der quasi Neuzeit… und er ist sehr gut… sogar ein Piano hör ich da… bislang waren mir nur elektrische Gitarren von der Band geläufig… passt aber sehr gut. Es folgt der Song mit dem ❤️ des Monats… vorher nie etwas von denen gehört… aber genau wie es bei mir so ist, wenn ich mich in der großen weiten Welt des Internets durch diverse Seiten kämpfe um neues musikalisches Material aufzuspüren, reichen häufig 2 Sekunden, um das wegzuklicken… sehr häufig sogar… andersrum geht aber auch… bei „If You Knew / Don’t You Worry, Baby“ dauerte es auch nur wenige Sekunden zu realisieren, das es sich hier um einen wahren Leckerbissen handelt. Fotoform heißt die Band aus Seattle und die Single ist kein Debut, es gibt bereits zwei Alben. Ich weiß garnicht an was ich zuerst denken soll… Cocteau Twins… Lush… Siouxsie… Pale Saints oder Slowdive… vielleicht auch alles auf einmal… ich bin mir sicher, das dieser Song in der Wertung der besten Songs 2025 ziemlich weit oben stehen wird. Musikalisch bewegen wir uns mit dem nächsten Song „Graze“ von She’s Green nicht weit weg… erstmal… es fängt recht soft an, aber im zweiten Drittel nimmt das Stück des Fünfers aus Minneapolis ordentlich Fahrt auf. Anschließend bleibts bei shoegazigem Dreampop und Dank Tipp von Stefan begrüßen wir heute nach Ungarn das nächste Land in der Historie der choice Sampler: Argentinien. Fin Del Mundo ist ein weibliches Quartett aus Buenos Aires, ihre Musik fällt in diesem Dreampop Block nicht weiter auf, selbst die spanische Sprache merkt man erst beim genauen Hinhören… passt auch gut zueinander. Von Buenos Aires nach St. Petersburg ist es dann geografisch ein sehr weiter Weg, musikalisch passt das prima… Blankenberge sind zum dritten mal dabei und auch die neueste Single „Escape“ ist leider sehr geil… ok, das Schema ist nicht neu… verträumte Frau singt verhuscht im Hintergrund und die Gitarren werden immer lärmiger… aber das ist schlicht großartig… schon wieder. Auch Broncho sind irgendwie psychedelisch unterwegs, anders als die letzten Songs aber… Radiohead meet Beach Boys vielleicht, „Funny“ bleibt jedenfalls lange im Ohr. Dann zum ersten mal hier: Beirut… natürlich aus New Mexico… seit Jahren dabei, aber nie hier gelandet… „Guericke’s Unicorn“ hatte mich vom Namen interessiert weil ich neulich für 43 Stunden in Magdeburg war und jener Guericke dort gewirkt hat… ist aber bisschen unklar, mit dem Einhorn (wem’s interessiert klicken). Wer ungefähr in meinem Alter ist und weder Blümchen, Scooter oder Napalm Death in den 1990ern gehört hat, war nicht verliebt in die auf den Bermudas geborene Schönheit Heather Nova (?) die eben auch noch ausgereiftes musikalisches Talent besitzt… wenngleich sicher auch kein unbegrenztes Repartoire… Sie war nie wirklich weg, aber so richtig verfolgen tue ich sie nicht… umso erfreulicher ist es dann aber, wenn dann ein Song vor dir steht, der dich wie ein alter Freund in den Arm nimmt… wie „Butterflies And Moths“… schuld war nur die Heather Nova… Zum Abschluß gibt es „The Stuff Dreams Are Made Of“ von Dilettante, einem Projekt der Britin Francesca Pidgeon, die sich irgendwo zwischen Radiohead, St. Vincent und Fiona Apple bewegt… fängt unspektakulär an… wird dann bisschen mehr und wenn dann Bläser einsetzen und man aus dem Traum erwacht, möchte man sich ein rotes Kleid borgen und im Park nach Kate Bush tanzen.

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Berlin, 27.01.2025… Das alte Jahr ist Geschichte und endlich kommen wieder neue Sachen auf den Markt… nach Weihnachtsliedern und Best-Of 2024 wird das auch Zeit und es gibt einen schönen ersten Sampler des Jahres 2025… beginnen wird er mit dem Miki Berenyi Trio, genau wie die #27 und die #22 im letzten Sommer… angesichts der Tatsache das das neue Projekt der ehemaligen Lush Sängerin erst zwei Songs veröffentlicht hat ist das bemerkenswert… aber letzten Monat durfte „Vertigo“ die Best Of Compilation des letzten Jahres eröffnen, aus heiterem Himmel kam letzte Woche Song Nummer zwei… es ist der Opener des Albums „Tripla“, welches Anfang April mit einem Artwork a la 4AD Anfang 1990er erscheinen wird. Im Prinzip ist das MB3 eine verkleinerte Version von Piroshka, dem letzten Projekt Miki’s… Auf Schlagzeug wird jetzt verzichtet, dafür kommt etwas mehr Electronica ins Spiel, der Text ist wieder gesellschaftskritisch und nach wie vor allerfeinster Dreampop von Leuten, die das vor über 35 Jahren bereits prima konnten und diesen Sound in die Gegenwart exportiert haben… ohne das das auch nur annährend altbacken klingt. Nicht ganz so viel Erfahrung auf dem Buckel hat der nächste Act Blankenberge aus St. Petersburg… immerhin ist von denen aber auch bereits das vierte Album im Anflug, „Together“ ist die zweite Vorab-Single daraus… ich bin nicht mehr ganz so verblüfft wie bei „New Rules“, bei dem Song wo ich nicht in den Sinn gekriegt hatte, das das Musik aus Russland sein soll… anderseits… Nashville, Tennessey… da denkt man ja auch nich zwingend an Shoegaze und Post-Punk… schon gar nicht, wenn die Sängerin und Bandleaderin Maddie Kerr von mercury auf dem Cover einen feschen Cowboy-Hut trägt… aber hier gibt es keinen Country und die Gitarren werden mit ordentlich Strom gespielt… schöne Neuentdeckung. Aus Seattle kommt die nächste Band Deep Sea Diver… ein Projekt der Sängerin Jessica Dobson… „Shovel“ ist mein ❤️ des Monats, sie selbst sagt von dem Song, es ist ihr „Nick Cave meets Robyn Hit“… Nick Cave… naja… aber PJ Harvey schon, und der Refrain der dann völlig unvermittelt hochgradig poppig daherkommt… könnte durchaus von Robyn sein… oder irgendein anderer Act für die Tanzmaus McLarsen (TmMcL)… Das dazugehörige Album „Billboard Heart“ erscheint am 28. Februar. Bester Indie-Rock kommt ja auch immer wieder mal aus Neuseeland, so wie Coast Arcade aus Auckland. Ein Album ist noch nicht erschienen, dafür mehrere Singles… von denen „Afterthought“ die jüngste und meiner Meinung nach auch beste ist. Zu den Veteranen der Shoegaze/Dreampop Szene zählen auf jeden Fall die Briten von Swervedriver. Ihr Album „I Wasn’t Born To Lose You“ wurde 2016 mein Album des Jahres… letztes Jahr kam ohne große Ankündigung ein Album namens „Doremi Faso Latide“… was aber nur eine Raritätensammlung alter Stücke war, nun gibt es neues Material, was mir schon besser gefällt… „Volume Control“ ist Vorbote einer EP… die wiederum ein Album ankündigen könnte… wir werden sehen. Noch etwas härtere Gitarren gibt es von SOM, eine Heavy Shoegaze Band aus den Vereinigten Staaten, die eine wunderbare Verbindung aus harten Gitarren und absolut weichen Gesang von Sänger Will Benoit liefern… Harte Gitarren dominieren auch bei SUMO, einem Space-Postrock Trio aus Miami… und auch das macht Spaß, ohne Gesang… nur ein paar Samples und ab geht die Rakete. Als nächstes geben sich ein paar Legenden die Klinke in die Hand… erst Bob Mould mit dem Vorboten des ersten Albums nach 5 Jahren „Here We Go Crazy“… wieder etwas zahmer als das harte „Blue Hearts“, aber immer noch gewohnt kernige Songs vom Ex Hüsker Dü- und Sugar Sänger. Dean Wareham lässt es dagegen wie immer etwas ruhiger angehen, seine Bands Galaxie 500 und Luna waren Wegbereiter von dem Genre, was heute Dreampop heißt… sein nächstes Soloalbum erscheint Ende März und „You Were The Ones I Have To Betray“ signalisiert einige Vorfreude darauf. Auch Hamiltom Leithauser (ohne Schnarrenberger) ist ein Veteran der amerikanischen Indie-Szene… noch nicht ganz so lange wie die beiden Herren voran, aber mit The Walkmen hat er auch schon über 20 Jahre geliefert, allem Voraus dem Klassiker „The Rat“ von 2004… sein kommendes Soloalbum „This Side Of The Island“ erscheint in März. Der älteste Hero dieser Compilation aber ist Mike Scott, der seit Anfang der 1980er unter dem Namen The Waterboys Klassiker an Alben wie „The Waterboys“ (1983), „A Pagan Place“ (1984), „This Is The Sea“ (1985), „Fisherman’s Blues“ (1988) schuf, dann mit eher mittelmäßigen Platten durch die 1990er und 2000er kam und dann völlig überraschend 2011 mit dem Album „An Appointment With Mr. Yeats“ mein Album des Jahres veröffentlichte… mit Texten vom irischen Literaturnobelpreisträger William Butler Yeats (1865-1939). Erstmal war ich damals erst skeptisch, ob das eine gute Mischung ist… war es aber definitiv… nun geht es um Dennis Hopper (1936-2010), amerikanische Schauspielerlegende und Regisseur (Easy Rider, Apocalypse Now etc.)… warum soll das nicht auch wieder etwas gutes werden(?)… besser als die Alben der letzten Jahren, die in meinen Ohren ziemlicher Müll waren, kann es sowieso nur werden. Im April erscheint auf dem Sun Label (Immerhin Elvis Presley oder Johnny Cash) das Konzeptalbum „Life, Death And Dennis Hopper“ und die Vorabsingle „Hopper’s On Top (Genius)“ hat wieder die… in diesem Falle vielleicht etwas ironische Euphorie in Scotts Gesang, die erklärt warum diese Band, trotz allem Ausschuß der letzten Jahre immer noch zu meinen Alltime Favourites zählt. Jetzt aber genug mit den alten Säcken… es folgt mit JJULIUS eine schwedische Band, die auch in ihrer Landessprache singt… keine Ahnung um was es geht, aber ich mag das… Belle & Sebastian meets The Concretes (falls sich noch jemand erinnert). Der kurioseste Song folgt mit dem Song „S.N.C“ von DARKSIDE… ich habe keine Ahnung was uns die Amerikaner damit sagen wollen, aber nach mehrmaligen Hören find ich es großartig… man meint Spuren von „Walk On The Wild Side“ oder „Superstition“ zu hören… es wird funky… dann denkt man an Neo-Psychedellic Kram von Tame Impala oder King Gizzard & The Wizard Lizard… nach 6 Minuten ist man ordentlich eingegroovt und fragt sich: was war das denn?… ick finds geil. Danach begrüßen wir ein neues Land in der choice Serie… aus der Ukraine kommen Small Depo, die singen den Song „Емігрант“ (Emigrant) auch in Landessprache… wenn ihr mich fragt… ich hätte beim nicht genauen Hinhören fast gedacht, es wären die Spanier von Heroes Del Silencio, die mit ihrer Muttersprache in den 1990ern bekannt waren… tja… damals war alles noch etwas leichter… immerhin vereint choice#28 nun eine russische und eine ukrainische Band. Hab ich bei DARKSIDE gesagt der kurioseste Song(?)… der wird aber auf jeden Fall knapp verfolgt vom Projekt Abazaba… die haben sich dem Instrument Taishogoto verschrieben… eine Art japanische Zither… aber mit Steve Shelley (Sonic Youth Drummer), Eugene Hütz (Gogol Bordello Sänger) und einer Coverversion von Joy Division’s „Isolation“ brennt nix an… ziemlich wild, aber geil… geht einem fast der Allerwerteste auf… Grundeis… zufällig der Name der nächsten Band (mal wieder gekonnt Zusammenhänge hergeleitet, die keine sind)… Die Band aus Hamburg bringt Shoegaze, Dreampop und Noiserock zusammen und „Strange“ klingt für mich wie ein Hybrid aus Slowdive und Siouxsie & The Banshees… kann ja nicht verkehrt sein… isses auch nicht. Wir bleiben in Deutschland und hören als nächstes zwei Stimmen, die ich lange nicht mehr hörte, früher aber unbedingt mochte… Aydo Abay (Blackmail, Musa Dagh etc.) startet mit u.a. dem Beatsteaks Drummer sein neues Projekt No Body und singt auf der Single „Pancake Heart“ mit einer Person, die ich noch mehr vermisse,,, Suzie Kerstgens von Klee, die ein paar richtig gute Alben mit deutschsprachigen Dreampop vorzuweisen haben… leider waren die Kölner dann in Richtung Schlager abgedriftet. Es folgt Lucy Dacus mit neuem Material, sie war mit Phoebe Bridges und Julien Baker als Boygenius bei McLarsen mit dem Debutalbum 2023 auf Platz 3 der Jahresendabrechnung und für den Song „Not Strong Enough“ gab es sogar einen Grammy für das queere Trio. Nun erscheint Neues von Lucy Dacus und „Ankles“ ist der erste Vorgeschmack. Nicht weit entfernt von dieser musikalischen Richtung ist auch Miya Folick, eine ebenfalls amerikanische Singer/Songwriterin mit japanischen und ukrainischen Wurzeln. Ihr neues Album „Erotica Veronica“ erscheint Ende Februar und hat mit dem Titelstück und dem hier dargebotenen „This Time Around“ gleich zwei sehr gute Stücke am Start. Das Stück entstand spontan mit Kate Davis auf einem Küchenfußboden und ist bereits jetzt Anwärter auf die schönste Ballade des Jahres. Viel Spaß beim Hören.

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McLarsen in Magdeburg (Februar 2025)

Magdeburg, 18.02.2025… Die zweite Erkundungsreise des Jahres 2025 sollte eine Stadt sein, die kurzfristig zu erreichen ist und von der ich auch in zwei Stunden wieder am Wohn- und Arbeitsplatz bin… und da war dann Magdeburg… bereits seit langer Zeit im Fokus… aber auch nach dem Motto behandelt: Der Dom… und was sonst noch? Magdeburg gilt nicht umsonst als Beispiel dafür, daß nach den schweren Zerstörungen des zweiten Weltkrieges nicht unbedingt nach historischem Vorbild wieder aufgebaut werden musste… also alter Kram weg und Neubauten mit genügend Platz für kommunistische Massenaufläufe am ersten Mai und siebten Oktober. Da ich mich im Vorfeld meiner Touren stets ziemlich genau vorbereite, wußte ich aber schon, daß es mehrere weitere Sehenswürdigkeiten in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt gibt. Heute war Anreise mit dem Regionalexpress von Berlin bis Magdeburg in gut anderthalb Stunden. Da es noch etwas zu früh für den Checkin im Hotel war, parkte ich meine Reisetasche derweil im Schließfach am Bahnhof und machte mich auf dem Weg zum Dom. Die äußeren Umstände waren prima, es gab strahlend blauen Himmel und Temperaturen im einstelligen Minusbereich. Jeden Tag um 14:00 Uhr findet eine Führung im Dom statt und wenn ich schon mal da bin, dann mache ich die auch. Ich hatte das Glück der einzige Interessent gewesen zu sein und so war die Tour etwas lockerer. Es hat sehr viel Spaß gemacht Dr. Lange zuzuhören, er ist ein sehr netter Guide, der mit jedem Detail dieses Riesenbaus vertraut ist. Nach etwas mehr als einer Stunde war ich erheblich schlauer, aber auch etwas unterkühlt… sehr warm ist es schließlich nicht in der Kirche.

Der Dom von Osten
Dom - Mittelschiff nach Osten
Durch den Lichteinfall der tiefen Sonne ergab sich eine besondere Ausleuchtung

Der Magdeburger Dom St. Mauritius und St. Katharina ist nach Köln und Ulm der drittgrößte Kirchenbau Deutschlands. Der Nachfolgebau einer romanischen Basilika aus der Zeit von Kaiser Otto wurde 1209 begonnen und mit den abschließenden Westtürmen 1520 vollendet. Er ist somit der erste gotische Dom auf deutschem Territorium und eine der wenigen großen Kirchen, bei denen die Türme bereits im Mittelalter fertiggestellt wurden. Bei der Verwüstungsorgie vom 10.05.1631 (Magdeburger Hochzeit) wurde der Dom geschont. Im 19. Jahrhundert, Napoleons Truppen machten aus der Kirche mal eben einen Pferdestall… war der Zustand des Magdeburger Doms abbruchreif…Das Gebäude ging in staatlichen Besitz über und wurde unter Leitung von Karl Friedrich Schinkel umfassend restauriert. Im zweiten Weltkrieg wurden Teile der Kathedrale beschädigt und kurz darauf wieder aufgebaut. Im Dom befinden sich die Grabstätten zahlreicher Prominenter der Vergangenheit… besonders hervorzuheben die letzten Ruhestätten von Kaiser Otto I. (momentan in Restaurierung) und seiner ersten Frau Königin Editha von England. Die Kanzel ist eine der bedeutendsten Kunstwerke der Renaissance auf deutschem Boden. Der Taufstein stammt aus der römischen Kaiserzeit und war ursprünglich ein Springbrunnen… Er ist damit älter als jedes andere Taufbecken nördlich der Alpen… noch zahlreiche weitere Kunstschätze gibt es zu bestaunen, man kann viel Zeit in den alten Gemäuern verbringen.

Das romanische Kloster Unser Lieben Frauen ist heute ein Kunstmuseum
Der Alte Markt mit Rathaus, Goldenen Reiter und Johanniskirche
Der Goldene Reiter ist wohl Kaiser Otto I.
Sozialistischer Klassizismus am Ulrichplatz

Nach der Besichtigung des Domes holte ich erstmal meine Tasche vom Bahnhof und checkte im nahen B&B Hotel ein… eine praktische und preiswerte Unterkunft. Es folgte ein Bummel durch die Altstadt… die Sonne ging gerade Richtung Zielgerade und leuchtete alles was nach Richtung West und Süd zeigte, intensiv an… so entstanden schöne Bilder. In der Altstadt sind die meisten Gebäude weniger alt als anderswo, nach den schweren Zerstörungen vom 16.01.1945 wurden die historischen Bauten größtenteils gesprengt und mit zeitgemäßer Architektur ersetzt… das hat mit den Bauten des sogenannten Stalinklassizismus durchaus seinen Reiz… aber wie auch nach den ähnlichen Bauten in der Berliner Frankfurter Allee war dann für den ganzen Zuckerbäckerzinnober (schönes Wort) kein Geld mehr da und die Platte hielt Einzug. In Magdeburg wurde auch nach der Wende viel gebaut und außer der irgendwie außer Konkurrenz stehenden Grünen Zitadelle von Friedensreich Hundertwasser machen die meisten neueren Gebäude optisch nicht wirklich viel her. Es gibt kleine Inseln wie den Alten Markt mit dem Rathaus und dem Goldenen Reiter, einige Reste der alten Stadtmauer und diverse Kirchen, von denen eine Vielzahl allerdings für andere Zwecke verwendet werden.

Im Restaurant Hegel

Nachdem die Sonne nun untergegangen war, kamen Hunger und Durst ins Spiel… dafür bin ich ja ein kleines Trüffelschwein und finde da manchmal die schönsten Orte… wie diesmal das „Hegel“ Das kleine Restaurant befindet sich in einem Kellergewölbe in der Hegelstraße, wenige hundert Meter vom Dom entfernt. Es gibt deutsche Küche und dazu lokale Biere der Sudenburger Brauerei (Helles, Pils, Rubin) und… tärääh… Guinness. Der Laden ist liebevoll gestaltet und mit Gastwirt Thomas freundete ich mich im Laufe des Abends ganz gut an… unter Kollegen gibt es ja immer viel zu erzählen und so verging der Abend recht schnell. Anschließend lief ich dann zur nahen Hubbrücke und fing ein paar schöne Nachtbilder ein bevor es dann ins Bett ging.

Die Hubbrücke von 1848 zu später Stunde
Der Dom in der Nacht

 Magdeburg ist die Hauptstadt des Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Mit ihren etwa 242.000 Einwohnern ist sie die größte in ihrem Bundesland und bundesweit steht die Stadt auf Platz 32. Die Stadt liegt an der Elbe und ist etwa 150 Kilometer von Berlin entfernt… die nächste größere Stadt ist mit Braunschweig etwa 80 Kilometer entfernt.
Magdeburg war im Mittelalter eine der größten und bedeutendsten Städte auf deutschem Territorium. Sie wurde 805 zum ersten mal urkundlich erwähnt, die Stadt ist seit 968 Erzbistum durch Kaiser Otto I. Magdeburg erlebte drei krasse Katastrophen, 1207 war die erste, als ein Feuer die Stadt mit dem Ottonischen Dom zerstörte. Später war die Stadt ein Zentrum der Reformation… im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt so stark geplündert und zerstört, daß mit „Magdeburgisieren“ ein eigenes Wort entstand… die Stadt schrumpfte danach von 35.000 Einwohnern auf unter 500. Seit dem Massaker fand die Stadt nie wieder zu ihrer alten Blüte zurück. Die dritte Großkatastrophe teilt sich die Stadt mit vielen anderen deutschen Städten… im zweiten Weltkrieg, besonders beim verheerenden Luftangriff vom 16.01.1945 wurde Magdeburg schwer zerstört… 90% der Altstadt und viele Kirchen und Baudenkmäler waren betroffen. Nach dem Krieg wurde Magdeburg größtenteils modern aufgebaut, mit Stalinbauten und Aufmarschplätzen Ulbricht und Co… nur vereinzelte historische Bauwerke wurden rekonstruiert. Wahrzeichen der Stadt ist ohne Frage der Dom… eine der größten seiner Art in Deutschland und dort die erste komplett gotische Kathedrale. Weitere Sehenswürdigkeiten sind andere Kirchenbauten, das Rathaus, der Magdeburger Reiter und die Grüne Zitadelle von Friedensreich Hundertwasser.

Die Hubbrücke am nächsten Morgen
Elbpanorama mit Dom und Kloster Unser Lieben Frauen

Am nächsten Morgen startete ich an dem Ort, mit dem ich gestern aufhörte… nein, nicht die Kneipe… sondern die Hubbrücke. Diese Hebebrücke stammt aus dem Jahr 1848 und war als eingleisige Verbindung der Eisenbahn konstruiert worden. Relativ schnell gelangte sie ins technische Hintertreffen und wurde nur noch für Güterverkehr benutzt. Inzwischen ist sie für Fußgänger und Radfahrer die Verbindung zur Insel Werder und dem Stadtpark Rotehorn. An der Brücke sind Leuchtinstallationen angebracht und für die Erhaltung wurde viel gespendet, was auch überall auf der Brücke vermerkt wurde. Auf der anderen Seite der Brücke liegt die Insel Werder. An einer kleinen Uferstraße entlang bieten sich die schönsten Ansichten der Altstadt, stets natürlich dominiert vom… klar… Dom. Der Weg geht noch weiter, aber ich benutzte dann die große, moderne Neue Strombrücke um wieder auf das linkselbische Territorium zu kommen… dort wartete bereits meine nächste Station: Die Johanniskirche. St. Johannis war die bürgerliche Stadtkirche, sie steht unmittelbar hinter dem historischen Rathaus. Die Kirche steht ein wenig für das Schicksal der Stadt… sie brannte mehrmals ab und wurde wieder aufgebaut… unter anderem auch nach der Verwüstung im Mai 1631, was unter dem Namen Magdeburger Hochzeit in die Geschichtsbücher eingegangen ist… Abteilung: Besonders Grauenvoll.

St. Johannis von Osten
Die gotische Kirche dient heute als Konzerthalle
Skulptur "Die trauernde Magdeburg"

 

 Die Magdeburger Hochzeit… Was so schön romantisch klingt, war einer der barbarischsten Kriegsverbrechen seiner Zeit… der des Dreißigjährigen Krieges… einer Zeit, die sowieso grausam war. Magdeburg war damals nach Köln die größte und reichte Stadt Deutschlands. Seit Luther 1524 in der St. Johanniskirche gepredigt hatte, wurde Magdeburg schnell zum mitteldeutschen Zentrum der Reformation und stand im Dreißigjährigen Krieg zwischen den Fronten… seit Jahren zahlte die Stadt kein Geld mehr an den katholischen Kaiser, die Stadt wurde geächtet und im Frühjahr von den kaiserlichen Truppen um die Generäle Tilly und Pappenheim (…genau, von dem kennt man seine Pappenheimer) umlagert… mehrere Ultimaten zur Kapitulation ließ die vielleicht auch etwas arrogante Bürgerschaft verstreichen… ein großer Batzen Geld von der reichen Stadt hätte wohl tausende Menschenleben retten können, aber man wartete auf die verbündeten Schweden… die waren aber noch weit weg und außerdem arg geschwächt. Am 20. Mai 1631 durchbrachen die etwa 24.000 unterbezahlten und hungrigen Söldner der kaiserlichen Truppen in die Stadt ein, welche etwa 30.000 Einwohner zählte. Es wurde geraubt, getötet, vergewaltigt, niedergebrannt… alles was in den Weg kam, schwangere Frauen, Kinder, Alte, egal… im Nachhinein waren sogar beteiligte Schergen über das Ausmaß der Brutalität entsetzt. Die Gewaltorgie dauerte 4 Tage bis Tilly Einhalt gebot. Die Stadt war mit Ausnahme des Doms komplett verwüstet, wer überlebte war obdachlos… die Stadt mit einst 30.000 Einwohnern schrumpfte in der Folgezeit unter 500. Der Name Magdeburger Hochzeit kommt übrigens daher, daß im Magdeburger Stadtwappen eine Jungfrau zu sehen ist… die wollte nicht mit dem katholischen Kaiser… und wurde im Mai 1631 quasi zwangsverheiratet… wenns nicht so traurig wäre könnte man fast schmunzeln. Seit der Katastrophe 1631 gab es lange Zeit die Bezeichnung „Magdeburgisieren“… als Ausdruck für die brutalste, schwerste Zerstörung.
Von diesen Tagen hatte sich die Stadt nicht mehr erholt, sie wurde nie wieder so bedeutend wie vorher… das läßt etwas Raum für Spekulation was sie wohl hätte werden können… eine Ortschaft namens Berlin war damals nur ein paar Brandenburgern bekannt.

Magdeburg nach dem Bombenangriff 1945... links die Johanniskirche

Zurück zur Johanniskirche… Nachdem sie nach der Zerstörung von 1631 wiedererrichtet wurde, hatte sie ein paar Jahrhunderte Ruhe, bis zum 16. Januar 1945… dem anderen schwarzen Tag der Stadt, als die Royal Air Force innerhalb von 40 Minuten 12.500 Tonnen Bomben auf die Stadt verteilte… mindestens 5000 bis 6000 Menschen starben, zehntausende wurden schwerverletzt, unzählige obdachlos… die Altstadt wurde zu 90% komplett zerstört, die gesamte Stadt zu etwa 60%. Die Johanniskirche war nur eine der vielen, abertausenden Gebäude die zerstört waren, an ihrem Zustand änderte sich viele Jahre nichts… es ist ja auch nicht unbekannt, daß die neuen Machthaber in Ostdeutschland mit Kirchen nicht viel am Hut hatten… immerhin wurde die Ruine nicht gesprengt, wie beispielsweise die Ulrichkirche… um es kurz zu machen, die Kirche wurde rein äußerlich wieder aufgebaut aber nicht als Kirche sondern als Raum für Konzerte und andere Veranstaltungen, eine interessante Mischung aus Alt und Neu. Man kann das Gebäude zum Preis von 3€ besichtigen, inklusive Turmbesteigung… für mich ja immer wieder eine (fast) kostenlose Möglichkeit, meine Beinmuskulatur etwas zu trainieren… 277 Stufen… ok, da gabs schon mehr Lametta… war trotzdem froh das niemand oben war als ich etwas abgekämpft und puterrot auf der Plattform ankam… quasi platt. Die Aussicht war natürlich prima bei dem Wetter. Nach dem Abstieg besichtigte ich noch eine kleine Ausstellung über die Reformation in Magdeburg im Untergeschoß der Vorhalle. Vor dem Hauptportal der Kirche war noch viele Kerzen, Bilder und andere Gegenstände der Trauer vom Anschlag auf den Weihnachtsmarkt vom 20.12.2024 zu sehen… der war in unmittelbarer Nähe der Kirche.

Blick auf den Alten Markt vom Turm der Johanniskirche
Dom, Klosterkirche, Grüne Zitadelle und St. Sebastian (v.l.n.r.)
Wallonerkirche, St. Petri, Magdalenenkapelle (v.l.n.r.)

 Im Anschluß sah ich mir noch drei weitere Kirchen an, allerdings nur von außen, sie liegen nördlich der Johanniskirche nahe der Elbe… es handelt sich um St. Petri, Magdalenenkapelle und die Wallonerkirche. Über den Alten Markt ging es dann wieder zum Breiten Weg, der großen Straße im Stadtzentrum… einst barocker Prachtboulevard, jetzt Paradis für Betonfetischisten… bis auf eine Ausnahme: Die Grüne Zitadelle, letztes großes Bauwerk des österreichischen Künstlers Friedensreich Hundertwasser (1928-2000). Wie viele andere seiner Bauten wird die gerade Linie bei diesem Komplex aus Wohnort, Läden, Gastronomie, Hotel, Theater und Kindergarten – konsequent vermieden. Die Natur spielt eine große Rolle, das Gebäude ist begrünt mit Rasen, Pflanzen und Bäumen. Anfangs war das Bauwerk das heute viele Touristen anzieht nicht unumstritten… man war der Meinung das verschandele den Blick zum Dom… tzzz… als ob es da noch etwas zu verschandeln gab… nun ja… heute meckert keiner mehr, im Gegenteil… niemand will damals etwas dagegen gesagt haben…

Die Grüne Zitadelle am Breiten Weg
Grüne Zitadelle, Innenhof
Grüne Zitadelle - Details

Am Nachmittag ging es auch um mehr oder weniger moderne Architektur… mit der Straßenbahn ging es auf die andere Seite der Elbe in den Bezirk Brückfeld, dort befindet sich das Messegelände, das FCM Fußballstadion und eine Mehrzweckarena… außerdem in Sichtweite ist der Jahrtausendturm, ein 60 Meter hoher Ausstellungs- und Aussichtsturm… um all das sollte es aber nicht gehen, sondern um die Angersiedlung. Die Angersiedlung ist ein kleines Wohngebiet mit Wohnbauten die zwischen 1900 und 1938 entstanden sind… wie ein Freiluftmuseum kann man von Straße zu Straße die jeweiligen Baustile dieser Zeit erkunden…Späthistorismus, Jugendstil, Expressionismus, Neues Bauen (Frühphase), Neues Bauen (Spätphase), Abkehr vom Neuen Bauen in der NS-Zeit. Irgendwann muß ich auch mal die Berliner Bauten abklappern… einige sind UNESCO Welterbe… einige sogar bei mir im Wedding… aber wie das so ist… das Gute ist so nah und rennt nicht weg… kann ruhig warten.

Späthistorismus (1900-1910) in der Berliner Chaussee
Jugendstil (1910-1916) in der Zerbster Straße
Expressionismus (1922) in der Wörlitzer Straße
Neues Bauen (Anfänge) 1926-1927 in der Coswiger Straße
Neues Bauen (Spätphase) um 1931 in der Bauhausstraße
Abkehr vom Neuen Bauen 1935 in der Georg-Heidler-Straße

Danach ging es mit der Tram in den Süden der Stadt in den Bezirk Sudenburg. Dort gibt es wirklich wunderschöne Gründerzeitenarchitektur und schöne alte Straßenzüge… der Bezirk blieb von den Kriegszerstörungen nahezu vollständig verschont. Eine spezielle Straße war mein Ziel, sie heißt Otto Richter Straße. In den 1920er Jahren wirkte der berühmte Architekt Bruno Taut in Magdeburg und warb für mehr Farbe beim Bauen… Das wurde in dieser Straße beeindruckend umgesetzt und das war mir auch den langen Fußweg wert. Als Belohnung für die inzwischen über 20.000 getätigten Schritte gab es dann ein paar Guinness im Pub „The Lion“ der zufällig in der Nähe war… nix besonderes, der Laden… dann lieber noch auf einen Absacker im Hegel und damit war der Tag dann auch schon vorbei.

Die bunte Otto Richter Straße

Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen und mit dem Zug zurück nach Berlin… diesmal ohne jede Überraschung seitens der Bahn… soll ja auch mal erwähnt werden.
Das waren also 43 Stunden in Magdeburg… schön wars… besonders das Wetter hat gepasst… ich habe alles gesehen was ich sehen wollte, ob die Landeshaupstadt eine schöne Stadt ist, liegt im Auge des Betrachters… der Dom alleine aber lohnt bereits die Anreise, den Rest schöner Dinge muß man sich dann schon alleine erkunden… mir hat es viel Spaß gemacht.

Zum Schluß noch ein paar Bilder ohne großen Text…

Der Domplatz mit dem Landtag von Sachsen-Anhalt
Die über 100 Meter hohen Westtürme des Doms
Der Breite Weg mit der Grünen Zitadelle
Bunt zum 1. - Die Südseite der Grünen Zitadelle
Bunt zum 2. - Die Fenster der Johanniskirche
Bunt zum 3. - Otto Richter Straße
Stadtansicht von Magdeburg von der Hubbrücke über der Elbe

McLarsen auf den Spuren des Westfälischen Friedens: Osnabrück und Münster (Januar 2025)

Osnabrück, 14.01.2025…Meine erste Erkundungstour im Jahr 2025 führt mich in zwei Städte, die für den Westfälischen Frieden von 1648 stehen: Osnabrück und Münster. Die Städte sind zwar irgendwie miteinander verbunden, aber anderseits auch nicht… beide waren Bühne des ersten Friedens der Weltgeschichte, der auf dem Weg der Diplomatie entstanden ist… boten aber auch Bühne für die jeweils andere Kriegspartei… Osnabrück auf der protestantischen und Münster auf der katholischen Seite. Gemeinsam wurden beide Städte im zweiten Weltkrieg komplett zerstört und danach auch wieder aufgebaut… Münster gehört zu Nordrhein Westfalen, Osnabrück zu Niedersachsen. In beiden Städten war ich vor gut 30 Jahren bereits… in Münster lebte seinerzeit eine meiner ersten Freundinnen… aber das ist sehr lange her und etwas Auffrischung des Wissens über die Städte kann nicht schaden… zumal ich ja mit Mitte 50 einen etwas anderen Blick auf die Dinge habe…

Der Osnabrücker Hauptbahnhof von 1895

Jede Reise beginnt mit der Anreise… damit kommt in der Regel die Deutsche Bahn ins Spiel und damit auch stets ein Hauch von Abenteuer… war heute nicht anders… plötzlich war der Status in der App „Verbindung entfällt“… jo…prima… naja, ich will hier nicht jedes mal ein Faß aufmachen, aber grrrrrrr… Via Hamburg und Bremen landete ich dann schließlich doch noch in Osnabrück und das nur ca. 45 Minuten später als ursprünglich geplant. Residenz für die drei Nächte ist das Ibis Budget Hotel am Hauptbahnhof, was aus dem Baukasten kommt, aber mit 56€ pro Nacht mit Frühstück meinerseits auch keine Wünsche übrig lasst… mir reicht das völlig.

Das gotische Rathaus von Osnabrück...
...mit dem Stadtgründer Karl der Große
Die Türklinke zum Rathaus ist ein Kunstwerk von 1963
Der Friedenssaal... am Computer etwas heller gedreht

Mit den Anreisetagen ist es immer so eine Sache… man ist zu spät da, um noch viel zu sehen… im Winter zumindest. Ursprünglich hatte ich vor, den Dom zu besichtigen… das hätte zeitmäßig gut gepasst… nun hab ich aber das Pech, das der Dom von gestern an etwa zwei Monate wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist… ok… dann ab ins Rathaus, schließlich einer der Hauptschauplätze des Westfälischen Friedens… der Friedenssaal ist bis 17:00 geöffnet und kostenlos zu besichtigen… das stimmt… allerdings ist er nahezu zappenduster… ein paar indirekte Strahler verhindern, das man nirgendwo aneckt… aber die ganzen Portraits der damaligen Protagonisten kann man nur erahnen… obwohl sie eh gleich aussehen… etwa wie ich Mitte der 1990er Jahre mit langen offenen Haaren und Ziegenbart… ganz so krass war ich allerdings nicht angezogen… obwohl… Themawechsel… nach dem etwa 50 qm großen dunklen Saal (den ich mir morgen nochmal im Hellen vorknöpfe), blieb noch Zeit für die benachbarte Marienkirche… die Stadtkirche der Bürger Osnabrücks (im Gegenteil zum Dom). Sie ist eine gotische Hallenkirche mit äußerst bemerkenswerten Proportionen… im Inneren ist sie fast so lang wie breit wie hoch… quasi ein Würfel… sehr ungewöhnlich. Ihr größter Schatz ist der Flügelaltar von einem Meister aus Antwerpen von etwa 1520.

Die Stadtkirche St. Marien...
...mit ihren ungewöhnlichen Proportionen und...
...dem prächtigen Flügelaltar von 1520

Es war dann gegen 17:00 Uhr und die Bürgersteige waren bereits derart hochgeklappt, wie ich es eigentlich nur aus kleinen Provinzstädten im Osten Deutschlands kenne… aber seit dem unverhofften Fischbrötchen in Hamburg meldete sich auch langsam der leere Magen und ich war fast der erste Gast in der eigentlich später geplanten ersten gastronomischen Station der Reise: Hausbrauerei Rampendahl. Wer hier öfters mitliest, weiß das es eine gewisse Tradition ist, den ersten Abend an einem solchen Ort, wo Bier gebraut wird und zünftiges Essen serviert wird, zu eröffnen. Es war gut das ich so früh da war… viel später hätte ich glaub ich keine Chance gehabt, einen Platz zu bekommen… obwohl das kein kleiner Laden ist. Neben den selbstgebrauten Bieren (Helles, Dunkles, Weizen) gibt es noch einen anderen Hit: Ein wöchentlich wechselndes Buffet… aber nicht nur das… es gibt auch am Wochenende Buffet mit wieder anderen Sachen… diese Woche gab es Wildbraten vom heimischen Reh (zwar ohne Kartoffelpü), aber mit Knödeln und Rotkohl und außerdem einer Gulaschvariante mit Champignons… achso.. und natürlich auch mit Vorsuppe bis der Arzt kommt… das alles so viel wie man schafft für 14,14€ … Zu allem Überfluss war das auch noch sehr lecker und auch die Biere waren sehr gut… kein Wunder, das der Laden am Dienstagnachmittag bereits komplett geflutet wurde und ich an meinem kleinen Tisch fast schon ein schlechtes Gewissen hatte ob der ganzen Leute die auf Plätze warten mussten… von allen bis jetzt erlebten Brauereigasthöfen klar die Nummer Eins in allen Belangen. Weiter ging es zum Bier trinken in den „Grüner Jäger“. Dort gab es Guinness, Bundesliga auf der Leinwand (was das Offside ja seit einem halben Jahr nicht mehr hat)… ich war garantiert der Älteste in dieser großen Kneipe und weiß auch das das in Zukunft öfters vorkommen kann… Später gings ins Hotel um diesen Bericht bis hierhin zu verfassen.

Hausbrauerei Rampendahl
Der Dom zu Osnabrück mit seinen ungleichen Türmen
Hexengang hinterm Dom

Osnabrück ist mit ca. 167.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Niedersachsens. Die Stadt liegt im Südwesten des Bundeslandes und befindet sich in nächster Nähe von Nordrhein-Westfalen. Durch die Stadt fließt die Hase, ein 170 Kilometer langer Nebenfluß der Ems. In der Umgebung von Osnabrück befinden sich Teile des Teutoburger Waldes, die berühmte Varusschlacht um 9 n.Chr. fand nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Nähe von Kalkriese, etwa 20 Kilometer nördlich vom Stadtzentrum statt. Eine weitere Schlacht um 783 sorgte dann für die Gründung der Stadt, als nämlich Karl der Große den heidnischen Anführer der Sachsen Widukind besiegte, der Landstrich christianisiert wurde und Osnabrück Bistum wurde. 851 gab’s die erste urkundliche Erwähnung, 1171 das Stadtrecht, 1412 wurde die Stadt Mitglied der Hanse… Spezialität: Leinen. Nach der Reformation wurde Osnabrück überwiegend protestantisch, das sollte später noch eine Rolle spielen… nämlich als nach diplomatischen Lösungen zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges gesucht wurde, entschied man sich für Osnabrück als Verhandlungsort für die protestantischen Kriegsparteien und für das 60 Kilometer entfernte Münster für die Katholiken. Der Westfälische Frieden machte Osnabrück überregional bekannt. Es folgten Fürstentum Osnabrück, Königsreich Westfalen, Kaiserreich Frankreich (Napoleon), Königsreich Hannover, Deutsches Kaiserreich. Im zweiten Weltkrieg wurde die Stadt stark zerstört, die Altstadt gar zu 94%. In der Nachkriegszeit wurde vieles wieder aufgebaut, anderes dem Zeitgeist gemäß autogerecht modern bebaut. Wirtschaftlich war Osnabrück industriell geprägt, es gab Stahlindustrie und Auto-Zulieferfirmen… auch heute noch in geringeren Maßen… hauptsächlich für Volkswagen. Sehenswürdigkeiten sind hauptsächlich in der Altstadt zu finden… allen voran das Rathaus des Westfälischen Friedens, der Dom St.Peter, diverse Türme der ehemaligen Stadtbefestigung sowie viele mittelalterliche Häuser und weitere Kirchen in der Altstadt.
Bekannte in Osnabrück geborene Persönlichkeiten sind der Schriftsteller Erich-Maria Remarque (1898-1970), der jüdische Maler Felix Nussbaum (1904-1944) und die Politiker Olaf Scholz, Boris Pistorius (beide SPD) und Christian Wulff (CDU).

Herrenteichwall mit Hase und Dom im Hintergrund
Blick vom Hegertor zur Altstadt mit Marienkirche
Gasse in der Altstadt

Osnabrück Tag 2… die Gardinen beiseite gezogen und fast nix gesehen… war nicht meine Schuld, so hart war der Abend gestern nicht, es lag nur am Wetter… Nebel… nunja, es war nicht so das man gar nichts gesehen hatte, aber irgendwie auch bisschen grau… ab ging es Richtung Altstadt… erste Begegnung war der Haarmannsbrunnen der auch Bergmannsbrunnen genannt wird. Bei dem Brunnen von 1909 und gilt als einer der ersten Arbeiterdenkmäler Deutschlands. Im Winter ist er aus Gründen aber nicht aktiv… also weiter auf dem Herrenteichwall… ehemals Stadtbegrenzung, ganz beschaulich, mit der Hase nebenbei, später vorbei an Türmen der Stadtmauer… das Heger-Tor wurde als Art Denkmal für die Schlacht von Waterloo umgestaltet… man kann es besteigen und hat ein bisschen Aussicht auf die nähere Altstadt… der Nebel wurde langsam dünner… den geplanten Ausflug zur Gertrudenkirche konnte ich mir aber sparen… für ein Stadtpanorama war die Suppe zu dick… stattdessen frischte ich dann ein wenig meine Kenntnisse über einen der berühmtesten Söhne der Stadt auf: Erich Maria Remarque.

Im Erich Maria Remarque-Friedenszentrum
...eins war klar... der Erich hat nix anbrennen lassen... auch Marlene Dietrich nicht...

Ich habe sicher die meisten seiner Bücher gelesen… nein… im Osten war es keine Schullektüre… völlig freiwillig… aber fast 40 Jahre her… nun wurde die Neuverfilmung von „Im Westen nichts Neues“ kürzlich sehr erfolgreich… gut so… ich mochte die Schmöker… auch wenn einiges im Laufe der Jahre zur Masche wurde. Das Erich Maria Remarque-Friedenszentrum (in der Stadt dreht sich vieles um den Frieden) gibt es eine liebevoll zusammengestellte Dauerausstellung über den berühmten Schriftsteller und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, sie zu erkunden… so manches Detail tauchte plötzlich wieder auf… z.B. der schwarze Obelisk… und Frauen ohne Ende… er war ja auch eine Berühmtheit. Anschließend ging es nochmal kurz in den Friedenssaal des Rathauses, wo es trotz Nebels deutlich heller war als gestern und ich bessere Bilder machen konnte.

St. Katharien mit dem höchsten Kirchturm der Stadt (103 m)
St. Katharien - Inneres mit modernen Glasmalereien

Nächste Station war die Kirche St. Katharinen, eine der 3 mittelalterlichen Kirchen der Altstadt… ähnlich wie die gestern besichtigte Marienkirche ist sie eine gotische Hallenkirche. Der Turm ist 103 Meter hoch und die Ausstattung im Inneren nach Kriegszerstörung eher modern gehalten. Nur einen Katzensprung entfernt liegt das Osnabrücker Schloss… es wurde im späten 17. Jahrhundert als Residenz für den Fürstbischof Ernst August von Braunschweig-Lüneburg im Barockstil erbaut, im zweiten Weltkrieg zerstört und als Universitätsgebäude wieder aufgebaut. Ganz offensichtlich wurde bei der Rekonstruktion eines Fensteraufsatzes ein wenig gescherzt und es wurde ein Meckikopf (war so’n Comic-Igel aus der Nachkriegszeit) mitverarbeitet.

Das Osnabrücker Schloss
NuffNuffNuff

Vom dem mit Studenten überfluteten Schloß und seiner näheren Umgebung ging es dann Richtung Johannisstraße… dort wo Osnabrück ein wenig wie Kreuzberg/Neukölln/Wedding aussieht… aber immerhin besser als weite Teile der südlichen Innenstadt, die an Hässlichkeit kaum zu überbieten sind… vorbei an der Johanniskirche, ebenfalls ein mittelalterliches Baudenkmal… zu einer Einrichtung etwas abseits der Innenstadt auf einem ehemaligen Industriegelände: Genusshöfe Osnabrück mit Kaffeerösterei und Brauerei des Bieres Herr Schmidt. Man kann dort allerlei Nahrungs- und Genussmittel kaufen und sie auch vor Ort geniessen… das tat ich als Mittagessen mit einem leckeren Strammen Max auf eigens gebackenen Brot namens Ferdinand und natürlich auch einem Herr Schmidt Bier… beides war wirklich lecker… was ich den Brauern auch mitteilen konnte, da sie sich an meinem Tisch gesetzt hatten. Es folgte der Rückweg in die Innenstadt entlang eines Stadtringes… oder so… Verkehr ist hier sowieso wie verrückt… und das sage ich als Berliner.

Johannisstraße mit gleichnamiger Kirche
In den Genusshöfen

Nächste Station war das Museumsquartier Osnabrück mit dem Felix Nussbaum Haus. Der Maler Felix Nussbaum (1904-1944) ist ein Vertreter der Neuen Sachlichkeit. Gemeinsam mit seiner Frau Felka Platek, ebenfalls Malerin, emigrierte er in der Nazizeit nach Belgien, wo sie 1944 verhaftet wurden und im KZ Auschwitz ermordet wurden. Der jüdische Künstler stammte aus Osnabrück und dort bekam sein Werk ein eigenes Museum vom Stararchitekten Daniel Libeskind errichtet. Der 1998 fertiggestellte Bau wirkt als Art Bauskulptur… nicht unumstritten aber auf jeden Fall sehenswert. Neben der Dauerausstellung gab es eine Sonderausstellung von Werken seiner Frau Felka Platek zu sehen, außerdem Ausstellungen von überwiegend niederländischer Malerei aus dem 17. Jahrhundert, sowie Holzschnitte und Kupferstiche von Albrecht Dürer… dann noch ein Museum zur Stadtgeschichte… ich war also gut beschäftigt für eine Weile, hätte auch noch weiter gehen können zu weiteren Ausstellungen in einer seperaten Villa… es war aber bereits dunkel und somit erstmal kurz ins Hotel. Das Abendprogramm bestand dann aus Essen im Gasthaus Holling, die auch Herr Schmidt Bier hatten, sowie ein paar Guinness im Red Shamrock Irish Pub.

Felix Nussbaum: Atelier in Brüssel (1940)
Fremdenpässe von Platek und Nussbaum
Ausstellung der Sammlung Gustav Stüve
Museumsquartier - Eingang

Die zweite Stadt um die es diemal geht ist Münster, auch hier war ich schonmal… zuletzt dürfte es 1993 gewesen sein… Zeit mal zu schauen, was so aus der Stadt geworden ist. Also am Vormittag in den Bummelzug gestiegen und ab nach Münster… draußen herrschte wieder Nebel, die ganzen Dörfer liefen verschlafen an mir vorbei… ich hätte stundenlang so fahren können… aber nach gut einer halben Stunde war das Ziel erreicht und es ging zu Fuß in die Innenstadt, begleitet von hunderten Radfahrern und laut labernden Holländern. Erste Station war, wie auch in Osnabrück… schließlich bin ich ja auf den Spuren des Westfälischen Friedens… das Rathaus. Hier muß man 3€ berappen um den Friedenssaal zu besichtigen, dafür hat er Licht und es läuft eine akustische Erklärung… also ein Audio-Guide ohne Kopfhörer quasi. Viel größer als das Gegenstück in Osnabrück ist der Saal auch nicht, dennoch immer wieder interessant, an solchen historischen Plätzen zu weilen.

Die Protagonisten der Westfälischen Friedens... außer die eine Flitzpiepe die sich da reingemogelt hat...

Der Westfälische Frieden… wer erinnert sich nicht… Geschichtsunterricht und Abfrage von Geschichtszahlen… 1648… oder wann war der Dreißigjährige Krieg (?) richtig… 1618-1648…Er begann mit dem Prager Fenstersturz und erstmal ging es um Katholiken gegen Protestanten… so einfach war es aber natürlich nicht, es war ein Kampf um Macht und Besitzstand… wie bei nahezu allen anderen religiösen Kriegen auch… am Ende war halb Europa zerstört und letztendlich starben zwischen 3 und 6 Millionen Menschen… in manchen Gegenden auf dem Territorium des heutigen Deutschlands wurde die Bevölkerung auf ein Drittel dezimiert. Am Ende waren alle müde, das Geld war alle und man mußte sich auf ein Ende verständigen… Die Städte Münster und Osnabrück waren nicht ganz so schlimm zerstört, sie liegen etwa 60 Kilometer voneinander entfernt, die Machthaber der protestantischen Kriegsparteien (u.a. Böhmen, Schweden, Frankreich) wurden zur Verhandlung ins eher protestantische Osnabrück geladen und die Katholiken (Heiliges Römisches Reich, Spanien u.a.) ins katholisch geprägte Münster. An ein paar Tagen war das natürlich nicht erledigt, die Verhandlungen dauerten etwa 5 Jahre. Am 24. Oktober 1648 war es dann soweit… zum ersten mal in der Geschichte wurde ein verheerender Krieg auf dem Parkett der Diplomatie entschieden. Viele Ergebnisse dieser Verhandlungen beeinflusste die weitere Geschichte Europas und nicht letztendlich wurde die Reformation von Martin Luther jetzt quasi offiziell… freier Glaube für freie Bürger… naja… so ganz auch nicht, aber an dieser Stelle soll es ja kurz und knapp erklärt zugehen.

Im Münsteraner Friedenssaal

Das historische Rathaus, was wie über 90% der Altstadt auch im zweiten Weltkrieg zerstört wurde und später rekonstruiert, liege am Prinzipalmarkt… quasi die gute Stube der Stadt… weniger Platz als breite Straße… hier befinden sich viele Geschäfte in den Häusern mit Arkaden. Vom Rathaus ist es etwa gleich weit bis zum Dom und zur Stadtkirche St. Lamberti. Mein nächster Weg ging zum Dom, der auf dem riesigen Domplatz thront. Es ist der dritte Kirchenbau an diesem Ort, die dreischiffige Basilika mit Querschiff vereint Elemente der Romanik und Frühgotik.

Das Historische Rathaus

Münster in Westfalen ist eine Großstadt mit ca. 323.000 Einwohnern und belegt in der Liste der größten Städte Deutschlands Platz 20. Die Stadt ist umgeben vom Münsterland und liegt zwischen dem Ruhrgebiet und dem 60 Kilometer entfernten Osnabrück im Bundesland Nordrhein Westfalen. Durch die Stadt fließt das kleine Flüsschen Münstersche Aa und der Dortmund – Ems – Kanal, der auch einen Stadthafen hat. Die Stadtgeschichte nimmt im Jahr 793 ihren Anfang, als der Missionar Liudger ein Kloster gründete, kurze Zeit später wurde er erster Bischof der Stadt und der erste Dom wurde begonnen… 1170 erhielt Münster das Stadtrecht. Münster war Mitglied der Hanse und wirtschaftlich sehr erfolgreich… es entstanden repräsentative Kaufmannshäuser in der Stadt. In den 1530er Jahren war Münster der Schauplatz einer ziemlich exklusiven historischen Episode: Das Täuferreich von Münster… auch als Wiedertäufer bekannt war eine Art Gottestaat unter der Leitung dreier fehlgeleiteter, ursprünglich reformatorischer Flitzpiepen… nachdem die Stadt vom Bischof und seinem Militär belagert wurden, endete der Spuk 1536 und die drei Oberhäupter wurden nach gründlicher Folterung und grausamer Hinrichtung in drei Körbe gesperrt und auf den Turm der Lambertikirche gezogen, wo sie noch viele Jahre rumgammeln konnten. Bis 1648 fanden, wie auch in Osnabrück, diplomatische Bemühungen statt, den Dreißigjährigen Krieg zu beenden, die mit dem Westfälischen Frieden endeten und auch Münster diesbezüglich auf dem internationalen Parkett Berühmtheit einbrachte. In Münster residierten die eher katholischen Kriegsparteien. Genau wie Osnabrück wurde auch Münster im zweiten Weltkrieg schwer zerstört, 91% der Altstadt und 63% der gesamten Stadt wurden zerbombt. Der Wiederaufbau der Altstadt erfolgte dann auf vereinfachte Art nach historischem Vorbild. Heutzutage ist Münster einerseits katholisch geprägt, anderseits sind es die vielen Studenten, die das Flair der Stadt bestimmen… nicht zuletzt auch die überdurchschnittliche Menge von Fahrrädern ist äußerst bemerkenswert. An Baudenkmälern mangelt es der Stadt auch nicht… es gibt sehr viele Kirchen, wobei der Dom St. Paulus und die bereits erwähnte Lambertikirche herausragen. Das Schloß Münster dient als Sitz der Universität, das mittelalterliche Rathaus hat wie sein Pendant in Osnabrück einen Friedenssaal zum Thema Westfälischer Frieden.

Dom St. Paulus und Domplatz
Dom St. Paulus - Inneres nach Osten
Dom St. Paulus Querschiff Richtung Süden

Während meiner Besichtigung bahnte sich ein Gottesdienst oder ähnliches an, so das ich den Dom verließ und die Lambertikirche ansteuerte. Bei ihr handelt es sich um die Kirche der Bürger der Stadt, das waren besonders zur Hansezeit überwiegend wohlhabende Kaufmänner. St. Lamberti ist eine Hallenkirche mit eleganten Pfeilern und schönen Stern- und Netzgewölben… die Kirche gilt als bedeutendstes Bauwerk der westfälischen Spätgotik. Der markante Turm nit dem Helm aus durchbrochenen Maßwerk erinnert etwas an den Turm des Freiburger Münsters. Er wurde erst 1898 vollendet. An seiner Südseite hängen noch heute die Käfige, in denen die Leichen der Rädelsführer von den Wiedertäufern ausgestellt wurden. Der Turm wird von einer Türmerin betreut, von 21:00 Uhr bis 24:00 Uhr gibt sie halbstündlich mit einem Kupferhorn Signal, das alles in Butter ist… außer Dienstags… da ist wohl noch nie etwas Schlimmes in Münster passiert…

Der Prinzipalmarkt mit der Lambertikirche
Die Körbe der Wiedertäufer bzw. deren Ex- Resten
St. Lamberti - Inneres nach Osten

Es folgte eine Kaffeepause… sowas ist bei mir ja eher ungewöhnlich, aber jenes Café heißt „1648“ und ist damit schon mal qualifiziert, außerdem hat man einen Super Überblick auf die Stadt. Das Café wird von den Alexinern betreut und es arbeiten Leute mit und ohne Behinderung. Leider war da ja noch der Nebel… aber scharf kann ja jeder.

Dom und Lambertikirche vom Café 1648 aus gesehen
Die Promenade mit dem Zwinger

Nach der Aufstockung des Koffein-Haushalts sollten nun ein paar Meter für den Schrittezähler her. An der Stelle wo früher die Stadtmauer stand, befindet sich heute die Promenade… eine Art Fahrrad- Autobahn nebst teils zweispurigen Weg für Fußgänger. Die Promenade ist 4,5 Kilometer lang und ich habe sie mit kleinen Abweichungen komplett umrundet. In ihrem Verlauf sah ich den Zwinger, ein Teil der Stadtbefestigung, aber auch Hinrichtungsstätte der Gestapo, der weiße Buddenturm, ein ehemaliger Wehrturm aus dem 12. Jahrhundert und das Schloß Münster, ehemals Sitz der Fürstbischöfe und heute Sitz der Universität… wieder eine Parallele zu Osnabrück.

Das Münsteraner Schloß (1767-1787)
In der Gastwirtschaft Pinkus Müller
Der Stadthafen

In Höhe des Buddenturms bog ich kurz in die Innenstadt ab, um Mittagspause zu machen. Dafür wählte ich die einzige Gasthofbrauerei der Stadt: Pinkus Müller… ein Familienbetrieb in der 5. Generation, seit 1816. Neben deftigen Essen haben sie eine Vielfalt an selbstgebrauten Gestensaft… ich probierte ein Helles Alt und ein unfiltriertes Pils, beide machten Lust auf mehr, aber ich konnte ja nicht an jeden dritten Baum der Promenade pinkeln und somit mußte das reichen… zurück auf die Promenade. Nach etwa einem Dreiviertel der Strecke bog ich nach außen ab und schaute mir den ehemaligen Hafen an, der ist ein Stichkanal vom Dortmund-Ems-Kanal. Nachdem er als Hafen nicht mehr benötigt wurde und einige Jahre so vor sich hin gammelte, baute man Büro- und Eventgebäude entweder neu oder mit Einbeziehung der vorhandenen Industriearchitektur… ein Hauch von Spree in Münster, mit Ausstellungshallen, Büros, Theater und einer Käserei.

Im Whisky Dungeon

Danach ging es zurück in die Innenstadt noch ein wenig bummeln hier und da… und warten das es 17:00 Uhr wird und damit das letzte Kapitel des Münsteraner Tages beginnt: Das Whisky Dungeon. Das Pub in dem man auch Whiskyflaschen kaufen kann wird seit einiger Zeit von Sebastian Niemann geleitet. Er erwarb den Laden von Michel Reick, der auch als Whisky Druid bekannte bunte Hund der deutschen Whiskyszene. Der Schatten vom Michel ist nicht nur wegen seiner Größe gigantisch, er hat schließlich über Jahre etwas Großes dort aufgebaut… um so schöner fand ich es zu sehen, das er in die völlig richtigen Hände gekommen ist, der Laden läuft gut und Sebastian führt ihn so als hätte es nie jemanden anders gegeben. Nach ein paar Bieren hieß es dann wieder Aufbruch nach Osnabrück und nach der Ankunft dort war ich zu knülle, noch etwas zu machen… es ging früh (naja… 22:30 Uhr) ins Bett… ich hatte von den beiden letzten Tagen etliche Kilometer in den Knochen… und das nebenbei mit einem lädierten Fuß. Tags drauf ging es zurück nach Berlin, der geplante Zug erschien diesmal und war dann auch mit nur 45 Minuten Verspätung am Ziel… nunja… geschenkt… Das war also der erste Ausflug im Jahr 2025. Die Städte des Westfälischen Friedens sind unbedingt sehenswert… vielleicht im Sommer noch etwas schöner, aber ich will nicht meckern, es ist Januar und es war nur Nebel und kein Dauerregen oder gar Schnee. Zum Abschluß gibt es noch ein paar Bilder ohne große Erklärung. Wie immer gilt mein Dank Nina, die in Berlin alles gemanagt hat.

Prinzipalmarkt abends... mit Himmelsleiter auf St. Lamberti
Auch der Dom macht angestrahlt etwas her...
...seine Westfront wurde nach dem Krieg vereinfacht wiedererrichtet
Die Westfront vom Osnabrücker Dom mit der Statue eines Löwenpudels
Der Osnabrücker Friedenssaal mit etwas mehr Licht
Arbeiterdenkmal Haarmannsbrunnen in Osnabrück

Der Hexengang am Osnabrücker Dom hat etwas leicht gruseliges

Musik 2024

Berlin, 28.12.2024… Wie in den Jahren davor, gibt es auch 2024 wieder ein Best-Of Sampler aus diesem Jahr 8 choice-Samplern… #27 ersetzt auch die nächste Compilation mit neuem Material, weil am Jahresende zu wenig Neuerscheinungen auf den Markt kommen.
Das beste Einstiegsduo gab es im Juli… dort schrieb ich: „Los gehts mit einer alten Heldin… Miki Beranyi war die eine Sängerin von Lush, Emma Anderson die andere… letzte veröffentlichte letztes Jahr ihr Solodebüt und ich mochte es sehr gern (Platz 7 in meinen Jahrescharts)… nun gibt es auch etwas neues von Miki Berenyi… diesmal nicht mit ihrer Band Piroshka sondern als Miki Berenyi Trio… quasi fast Piroshka…u.a. mit ihrem Partner Kevin ‚Moose‘ McKillop. „Vertigo“ ist eine Single… mehr soll wohl noch in diesem Jahr kommen… ein wunderbar verwobenes Stück Musik… typisch Miki Berenyi… und es geht genau so weiter mit einem Stück der Band Habibi aus Brooklyn… man probiere den Song auf jeden Fall mit Kopfhörern aus… man verfängt sich in Träumen… worum es auch im Text geht und dann heißt das Album der vier Frauen auch noch „Dreamachine“… das Stück ist irgendwo zwischen Beach House und Au Revoir Simone angesiedelt und stellt für das Album eher eine Ausnahme dar…“  Song Nummer 3 kommt von Fontaines D.C.’s Album „Romance“, welches in meiner Jahres Top-10 den zweiten Platz belegte. Im Mai schrieb ich dazu: „…aus Dublin und anders als früher ist die neue Single von Fontaines D.C. „Starbuster“… ein fast schon hiphop-lastiger Beat und auch eher Sprechgesang… interessant… mal sehen ob sich die neue Richtung auf das kommende Album „Romance“ auswirkt.“… im Nachhinein kann ich es beantworten: „Romance“ ist ein sehr abwechslungsreiches Album geworden und „Starbuster“ war eher die Ausnahme vom Stil. Als nächstes folgt ein Song der aktuell noch sehr present in meinen Hörgängen ist: 070 Shake mit „Elephant“… das Album wurde immerhin Platz 5 des Jahres, im Dezember, also vor ein paar Wochen schrieb ich dazu: „…es wird poppig mit 070 Shake die letzten Monat bereits dabei war… damals wunderte ich mich das die Künstlerin, die im richtigen Leben Danielle Balbuena heißt- als Rapperin geführt wird… in dem Song „Elephant“ wird das schon klarer… aber dann folgt ein Gitarrenriff welches ziemlich nahe an dem von Depeche Mode’s „Enjoy The Silence“ gebaut ist… derzeit mein Ohrwurm Nummer eins… werd ich jetzt noch Hip-Hop Fan (?)… keine Angst… „ Song 5 ist der Vertreter des Nummer-Eins-Albums des Jahres… GIFT aus New York City mit „Light Runner“… dazu fiel mir im September folgendes ein: „Es folgt bester tanzbarer Indiepop der New Yorker Band GIFT welche auch beim letzten mal schon dabei waren…Super Album mit Synthies und Dreampop Gitarren… da wackelt Tanzmaus McLarsens große Zehe… sollte mich nicht wundern wenn sich deren Musik gut verkaufen würde.“ Auch die Interpretin von Song 6 konnte in der Top-10 punkten… Nadine Shah mit „Greatest Dancer“ und weiteren düster, schönen Stücken des Albums „Filthy Underneath“ wurde Platz 7… im März schrieb ich: „Auf dem letzten choice-Sampler war Nadine Shah bereits zu hören, nunmehr ist ihr Album „Filthy Underneath“ erschienen und erwartungsgemäß ist es sehr gut. „Greatest Dancer“ handelt wie andere Songs von dem Album von zweifelhaften Erlebnissen der Dame bein Drogenentzug… ich mag das wilde Schlagzeug sehr… und natürlich ihre stets zur Dramatik neigende Stimme…“ Als meinen persönlichen Sommerhit möchte ich das Lied „Liebesformular“ von International Music adeln…im Juli meinte ich dazu: „Erst im September erscheint das neue Album „Endless Rüttenscheid“ von International Music…dieser wunderbaren Band aus Essen die auch unter dem Namen Düsseldorf Düsterboys unterwegs ist … Erkennungsmerkmal sind die teils skurillen Texte zu Indie Gitarrenpop mit speziell gespielten Bass… so das sich das irgendwie nach Anfang 1980er Jahre anhört… Felt zum Beispiel… sie selbst nennen es Timeless Melancholy Music…“ Startnummer 8 kommt ebenfalls aus Deutschland mit Christin Nichols „Direct Flight To Seattle“ Im Mai lautete die Beschreibung: „Nochmal Pop mit weiblichen Gesang und hartnäckiger Eingängigkeit findet auch im nächsten Beitrag statt und diesmal kommt er aus Berlin… Christin Nichols hat eines der besten deutschsprachigen Alben des Jahres am Start… warum ich dann einen englischsprachigen Song ausgesucht habe (?) „Direct Flight To Seattle“ ist einfach ein verdammter Hit… die anderen Songs des Albums „Rette sich wer kann“ aber auch… politisch und feminin…in einem Lied heißt es: „Ich will leben, als ob die AfD was dagegen hätte“ Nummer 9 kammt gar aus einem Land, das gerade momentan exotischer nicht sein könnte: „Shoegaziger Dreampop ist auch Track Nummer zwei, der kommt von einer Band die sich nach der belgischen Küstenstadt Blankenberge benannt hat… und sie kommt aus… St. Petersburg… Russland… krass… was kommt denn für’n geiler Scheiß aus Russland (?)… und die haben schon 3 Alben draußen… „New Rules“ ist die Vorab-Single für ein neues Album und meine derzeitige klare Nummer Eins… Herzchen des Monats sozusagen… fängt unspektakulär an und wird dann immer lauter und dabei sphärischer… ich bin mir sicher das es von dieser Band an dieser Stelle noch öfters Musik geben wird und ich bin immer wieder begeistert was für schöne Sachen sich bislang vor mir versteckt haben… umso schöner ist es wenn man sowas findet… ähnlich wie neulich im Wald der erste Steinpilz des Jahres…“ Als nächstes kommen Deary, die dieses Jahr gleich drei mal vertreten waren… mangels Album aber nicht in der Top 10 landen konnten „…Deary… die Musik bleibt herbstlich verträumt… Deary waren letzten Monat schon dabei mit dem Song „Selene“ den sie mit Slowdive Drummer Simon Scott aufgenommen haben… ich meinte dazu „das Ergebnis ist der wohl schönste Song dieser noch neuen, jungen Band“… Für „The Drift“ gilt mindestens das gleiche… für mich derzeit die spannendste neue Band.“ Auf dem gleichen Sampler vom Oktober war auch Emma Anderson… so kommen jetzt nach Miki Berenyi doch noch beide Lush Sängerinnen auf einen Sampler: : „Es folgt etwas was ich normalerweise nicht so schätze: ein Remix… ich frage mich eigentlich immer warum man sowas macht und wer das braucht… sogar die Lieblingsband hat mal ein ganzes Album davon veröffentlicht und es war Käse… hier ist es jetzt aber anders: „Willow And Mallow“ vom letztjährigen Debut-Soloalbums von Ex-Lush Co-Founderin Emma Anderson wurde von Daniel Hunt von Ladytron remixed… also Lush und Ladytron in einem Topf ist schon von der Idee großartig… und das Ergebnis ist einfach wunderbar… ich bin geneigt zu sagen es ist mein liebster Song dieser Tage… Das Original ist eher schlicht und dieser neue Mix macht den schönsten Nicht-Ladytron Song der Welt daraus.“ Ein Hit aus dem Sommer ist Song Nummer 12 von FAUX PRIX: „…In eine ähnliche Richtung geht auch der nächste Song von der Band FAUX PRIX… nur das die noch unbekannter sind und erst zwei Songs veröffentlicht haben, darunter der herrliche Ohrwurm namens „That Looks Like A House“ was mich nicht unerheblich an The National erinnert. Sänger Bradley Hanan Carter ist gebürtiger Neuseeländer… die Band ist aber genau wie Starflyer 59 in Kalifornien ansässig.“ Jess Cornelius, die mit dem Album „Care/Take“ den 6. Platz holte, eröffnete die Compilation #21 im Mai: „Manchmal muß ich mich selber wundern wo ich diese ganzen sehr guten Musikerinnen aus aller Welt so aufspüre… häufig sind sie hierzulande eher unbekannt… so auch Jess Cornelius aus Neuseeland die den Sampler Nummer 3 des Jahres 2024 mit „Back To The Mainland“ eröffnen wird… erst als zarter folkiger Song mit einer gewaltigen Steigerung ab Mitte des Songs… mit Mellotron und elektrischen Gitarren zuhauf… sollte mich nicht wundern wenn die Dame kein Geheimtipp vom anderen Ende der Welt bleibt.“ Eine weitere junge Dame folgt mit der Britin Katy J Pearson… ihr Album „Someday, Now“ hat die Top-10 knapp verpasst, „Those Goodbyes“ gehört aber auf jeden Fall zu den besten Songs des Jahres… im Juli stand da: „…passend darauf folgt die Britin Katy J Pearson die nicht mit der ähnlich heißenden B-52’s Sängerin zu verwechseln ist… Pearson hatte schon einen kleinen Radiohit mit „Talk Over Town“ was mich irgendwie an Fleetwood Mac erinnerte… läuft auch öfters in der Offside Playlist… „All Those Goodbyes“ ist ebenso ein unwiederstehlicher Indie Pop Ohrwurm und es sollte mich nicht wundern wenn das was größeres wird…“ Mit Song Nummer 15 folgt nicht weniger als der Song des Jahres… er stammt vom auf Platz 4 stehenden Album „Prelude To Ecstasy“ von The Last Dinner Party: „Aus der Kategorie „Der neueste geile Scheiß macht auch vor McLarsen nicht halt“ : The Last Dinner Party. Mit ihrem Debütalbum „Prelude To Ectasy“ gefühlt auf dem ganzen Planet gefeiert als hätten die vier Damen die Popmusik neu erfunden… nunja… ich sag mal… nicht neu erfunden, aber ausgezeichnet gerührt, geschüttelt… was auch immer… Da kommen Abba, Queen, Sparks, Fleetwood Mac und weiß ich was noch alles in einen Topf, reichlich Streicher und Orchester drumrum, erinnerungswürdiges visuelles Auftreten und geboren sind Superstars ohne Vorhype… mir gefällts sehr.“ Stilistisch nicht weit entfernt davon gab es dann ein paar Wochen später ähnliches Drama mit Augenzwinkern von einer alten Bekannten… im Mai schrieb ich: „Poppig gehts auch weiter… hab ich doch beim letzten Sampler über The Last Dinner Party geschwärmt gibts diesmal einen Song der gut und gerne auch von diesem Album stammen können… ist aber von Kate Nash… die inzwischen 35jährige Britin stand sicher auch Pate für den Erfolg der Last Dinner Party… macht aber auch schon seit gut 15 Jahren Musik … genau wie Lily Allen oder Florence + the Machine… kann mich aber nicht erinnern das je ein so starker und opulenter Song wie „Million Of Heartbeats“ dabei gewesen wäre… einer meiner derzeitigen Ohrwürmer…“ Die erfolgreichste Musikerin des Jahres war dann aber doch Nilüfer Yanya mit dem Platz 3 für ihr Album „My Method Actor“… zu ihrer Leadsingle schrieb ich ebenfalls im Mai: „Es folgt Neues von Nilüfer Yania, deren Album „Painless“ war meine Nummer 5 des Jahres 2022 und der Song „Midnight Sun“ einer der besten Songs des Jahres… „Like I Say (I Runaway)“ hat auch wieder diese leicht dreckige E-Gitarre und auch hier bin ich gespannt auf noch mehr neues Material.“ Mein liebster deutschsprachiges Lied kam dann, International Music und Kettcar hin oder her von Mine: „Mine und „Baum“… Der Name der 39jährigen Künstlerin die eigentlich Jasmin Stocker heißt war mir durchaus vertraut… dachte ich aber immer das mir das zu sehr ins schlagermäßige geht… getäuscht… ich hörte mir den Titelsong ihres aktuellen Albums „Baum“ an und war spontan hin und weg… dieser eigentlich simple aber clevere Text… dieses Arrangement… dieses große Finale… mit Schlager hat das wirklich nix zu tun… beste deutsche Popmusik anno 2024…“ Song Nummer 19 ist die Coverversion des Jahres… das wußte ich bereits im März: „Das Jahr ist zwar noch jung, aber ich habe mich bereits im Januar darauf festgelegt was die beste Coverversion des Jahres ist. The Fauns waren mit Vorab-Singles schon auf den letzten beiden Samplern drauf… nun ist ihr drittes Album „How Lost“ erschienen und es hat eine Coverversion von „Doot Doot“ der Band Freur drauf… Freur änderten Ende der 1980er ihren Namen in Underworld… was natürlich auch einfacher zu merken ist, als Underworld waren sie in den 1990ern sehr erfolgreich im Bereich Electronic und Techno… „Born Slippy“ wurde im Film Trainspotting bekannt. „Doot Doot“ von 1983 war seinerzeit in meinem Kopf ein klarer Nummer Eins Hit und so freute ich mich natürlich über eine völlig gelungene Coverversion die den Song nicht verändert ihn aber im Stil von The Fauns interpretiert… klingt als wäre er für sie geschrieben worden… so schön kann Dreampop sein…“ Den Abschluß dieser Best-Of Compi macht der Opener von #24… dem ersten Sampler im monatlichen Turnus… es war „Alone“ von The Cure: „Passend zu den ersten fallenden Blättern, ersten Herbststürmen und merklich zeitigere Verdunklung kommt nach etwa 16 Jahren ein Lebenszeichen von The Cure. Ich kenne die Band seit gut 40 Jahren… sie waren gefühlt immer da, haben den einen oder anderen musikalischen Edelstein geschliffen und auch viele Sachen produziert mit denen ich nicht allzu viel anfangen konnte. Es gab kein Album des Jahres (für mich) dieser Band jemals… nur „The Head On The Door“ von 1985 und natürlich „Disintegration“ von 1989 konnten mich sehr begeistern… umso mehr wundert es mich wie ich bereits beim ersten Hören des neuen Songs „Alone“ sehr gern und äußerst freiwillig in die Welt von The Cure entführt werde… „Songs From A Lost World“ wird das Album heißen was im November erscheinen wird. Man taucht sanft in diesen Song ein, als wäre er genau für einen geschrieben worden… wie eine warme, flauschige Jacke an einem kühlen, regnerischen Herbsttag… solch eine überwältigende Wirkung kenne ich eigentlich nur von der eigenen Lieblingsband The Church… die auch musikalisch keine Welten entfernt sind. „Alone“ ist wie „Plainsong“, der Opener von Disintegration… er bittet dich sanft hinein zu steigen und zieht dich in seinen Sog… das fast 7 Minuten lang… wunderbar… ich bin nun sehr gespannt was da noch so auf dem Album sein wird… vielleicht werde ich auf meine alten Tage ja noch ein Cure Fanboy…“ Fürs Album des Jahres hat es nicht gereicht… aber immerhin wurde es Platz 8 für die einzigen Veteranen auf dieser kleinen Zusammenstellung. Nun wird nach vorne geschaut, was uns 2025 so erwartet… choice#28 sollte Anfang Februar online sein.

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Album Top Ten 2024

Berlin, Dezember 2024… Auch dieses Jahr gibt es wieder eine Top 10 für die besten Alben des Jahres. Letztes Jahr gab es dazu ein paar nostalgische Fotos von Klein McLarsi… dieses Jahr erlaubte ich mir den Spaß ein paar alte Fotos unseres Kiezes in Wedding und Gesundbrunnen zu manipulieren… etwas Unterhaltung muß ja sein… Hier schonmal kurz das Ergebnis:

 

PLATZ 1:  GIFT  „Illuminator“

PLATZ 2:  FONTAINES D.C.  „Romance“

PLATZ 3:  NILÜFER YANYA  „My Method Actor“

PLATZ 4:  THE LAST DINNER PARTY  „Prelude To Ecstasy“

PLATZ 5:  070 SHAKE  „Petrichor“

PLATZ 6:  JESS CORNELIUS  „Care/Taking“

PLATZ 7:  NADINE SHAH  „Filthy Underneath“

PLATZ 8: THE CURE „Songs Of A Lost World“

PLATZ 9: THE FAUNS  „How Lost“

PLATZ 10: INTERNATIONAL MUSIC  „Endless Rüttenscheid“

PLATZ 1:  GIFT  „Illuminator“

Der Wandel der Zeit im Detail… wo das Bild in den 1960ern aufgenommen wurde ist ja gut zu erkennen… für Ortsunkundige: Mitten im Wedding an der Problemzone Leopoldplatz… schräg gegenüber von Karstadt… aber das ist ja mittlerweile auch dicht. „Alles für den Raucher“… ob man das in ferner Zukunft noch irgendwo sehen wird? In den 60’ern wußte man auch das es nicht gesund ist… war aber egal, es wurde einfach überall gequarzt… Heute ist in dem Laden übrigens eine Apotheke… vielleicht gibts da noch Nikotinpflaster. In dem kleinen Kasten steht aber auch was Rauchen allgemein bedeutet: GIFT… nun weiß ich selbst das das Wort in der englischen Spreche komplett anders besetzt ist… aber lasst mir doch meine manchmal etwas wirren Wortspiele… GIFT ist der Name der Band mit meinem Album des Jahres „Illuminate“. Ich bin mir fast sicher, daß ich wohl der einzige Mensch in ganz Deutschland sein werde, der dieses Album auf der Eins hat, denn es wurde hierzulande fast komplett ignoriert, dabei hat die New Yorker Band alles dafür getan, das es ein international erfolgreiches Album sein könnte… tanzbarer Dreampop mit vielen kleinen Songperlen die ein großes Ganzes ergeben.

Die Band GIFT wurde in der Corona-Zeit gegründet, veröffentlichten ein erstes Album „Momentary Presence“ im Jahr 2022 und konnten mich mit den vielen schönen Indiepop Songs ihres Zweitlings „Illuminator“ so überzeugen, das dieses Album an der Spitze meiner persönlichen Charts steht. Die Musik ist eine Melange aus Indiepop, Psychedellic, Shoegaze, Dreampop, Post-Punk, Krautrock und Electronic… nicht gerade wenige Komponenten… aber sie schaffen es damit ein wunderbares, in sich geschlossenes Album zu schaffen. Als Vorbild diente laut Aussage der Band sogar das Album „Ray Of Light“ von Madonna… Madonna… nicht gerade mein Ding an und für sich… dieses Album von Ende der 1990er konnte ich seinerzeit aber auch hören. Das der Vergleich nicht abwegig ist, hört man am besten auf dem Song „Light Runner“… weitere Höhepunkte sind „Going In Circles“, „Glow“ oder „Wish Me Away“… aber auch alle anderen Songs ergeben ein poppig-verträumtes Post-Punk Album. Das einzige was meiner Meinung nach noch Luft nach oben hat, ist der Gesang von Bandleader TJ Freda… so wurde mir erst etwas später bewußt, das da gar keine Frau singt… und warum man über jede Gesangsspur so’n AutoTune Effekt legen muß weiß ich auch nicht… bei einigen Songs wäre das nicht nötig gewesen… aber irgendwie ist auch das Teil davon, das „Illuminator“ als ganzes Album so gut funktioniert. Im Übrigen ist dieses Album auch äußerst tanzbar… lasst euch das von der Tanzmaus McLarsen gesagt sein… Zuletzt tanzte ich auf folgenden Dancefloors: bei einer Wanderung in Irland auf matschigen Boden und auf dem Bahnsteig der Ringbahn im Bahnhof Ostkreuz als ich pinkeln mußte…

Hits:

1 – „Light Runner“

2 – „Going In Circles“

3 – „Glow“

4 – „Wish Me Away“

Für Fans von: MGMT, Lush, TOY, Temples, The KVB, DIIV, The Charlatans

Das war nun also die Top Ten 2024… ziemlich poppig insgesamt geraten und sonst zuverlässige Teilnehmer wie Nick Cave, John Cale, Ride, Frøkedal, Oceanator, MGMT, Nada Surf oder Father John Misty scheiterten knapp, genau wie nennenswerte Neuentdeckungen wie High Vis, Tears Run Rings, Crows, Dummy, Kelley Stoltz, Katy J Pearson, Kate Bollinger, Still Corners und Torres. Mal sehen, was 2025 so bringt… in den nächsten Tagen gibt es noch ein Best-Of choice Sampler…

PLATZ 2:  FONTAINES D.C.  „Romance“

Nur gut einen Kilometer von hier befindet sich das Beamtentor der ehemaligen AEG Fabrik. Auf dem Gelände des ehemaligen Viehmarktes westlich der Brunnenstraße entstand ab 1894 mit dem AEG Werk eine der größten Berliner Industriestandorte mit zeitweise 14.000 Beschäftigten. Das neugotische Beamtentor war der Chefetage vorbehalten, die gemeinen ArbeiterInnen nutzten weit weniger repräsentative Tore in den Nebenstraßen. Zur Kaiserzeit ehrte man Flitzpiepe Wilhelm II. jedes Jahr zu seinem Geburtstag am 27. Januar und schmückte das Beamtentor mit einer Krone, einem W wie… Wilhelm… und die meisten fanden’s gut. Das Tor existiert noch, es steht ganz nett restauriert, aber etwas verloren inmitten viel größerer Gebäude, die AEG gibt es hier seit langem nicht mehr und solch große Industriestandorte finden sich im Innenstadtbereich noch allenfalls bei Bayer (Ex-Schering), ebenfalls im Wedding. Das natürlich nicht so’n großes Luftballon-Herz wie auf dem Cover von Fountains D.C. zur Deko vom Kaiser dazu gehörte… habt ihr euch sicher schon gedacht.

Auf dem vierten Longplayer der Iren wird musikalisches Neuland betreten ohne den Fokus auf die typischen Fontains D.C. zu verlieren… das wird bei den ersten beiden Stücken besonders deutlich… „Romance“ ist düster, Industrial, Depeche Mode… „Starbuster“ dann hat Hip-Hop Elemente und es geht um Panikattacken. In weiteren Stücken hören wir 1990’s Rock in „Here’s The Thing“ oder „Death Kink“, Shoegaze in „Sundowner“ und auch besinnliche Stücke wie „In The Modern World“ oder „Horseness Is The Whatness“ mit Streichern… alles Fontaines D.C. pur und doch jeder Song anders. Inzwischen zählt die Band längst zu den neuen Superstars der Alternative Szene, Sänger Grian Chatten hatte letztes Jahr auch sein Solodebut und scheint momentan auf jeder Hochzeit mitzutanzen… die Band darf gerne so groß wie ihre Landsleute von U2 werden… nur sollten sie sich musikalisch treu bleiben und nicht wie Bono & Co abheben.

Hits:
1 – „Starbuster“
2 – „In The Modern World“
3 – „Favourite“

Für Fans von: Joy Division, Shame, Idles, interpol, The Strokes, Kaiser Chiefs

PLATZ 3:  NILÜFER YANYA  „My Method Actor“

Die S-Bahnbrücke über unseren Weddinger Hausfluss, die Panke… Höhe Kühnemannstraße. Das Foto entstand ca. 1900 und die S-Bahn Züge hatten noch amtliche Lokomotiven… weitere gravierende Veränderungen gegenüber der heutigen Erscheinung gibt es eigentlich nicht… zur Mauerzeit war die Brücke allerdings Grenze und wenn man größer als eine Ente war, war es gefährlich mit einer Unterquerung der Brücke… das aber britische Popstars auf der Brüstung sitzen und gespannt auf das Wasser schauen ist natürlich mal wieder geflunkert…

Vor zwei Jahren landete Nilüfer Yanya’s Album „Painless“ an dieser Stelle auf Platz 5… an Bord war der Hit „Midnight Sun“ und ich war überzeugt das es nur der Anfang eines kommenden Superstars sein wird. Album Nummer 3 heißt „My Method Actor“ und ist mindestens genau so gut wie sein Vorgänger… vielleicht noch bisschen besser produziert… diesmal fehlt aber der große Hit… vielleicht der Grund das die 29jährige Britin mit Wurzeln aus der Türkei, Irland und Bahamas eben doch noch nicht in der obersten Liga des Popstardoms angekommen ist. Was ich an der Musik der Künstlerin besonders schätze, ist der Kontrast aus modernem R’n’B Pop mit härteren Gitarren… „Midnight Sun“ hatte das und besonders in der ersten Hälfte des aktuellen Albums ist dieser Kontrast auch sehr präsent… irgendwo hab ich mal gelesen das Album wäre eine Mischung aus Sade und Radiohead… das ist gar nicht mal abwegig… leider sind die Songs in der Mitte des Albums etwas zu viel Sade… genauso war übrigens auch das Konzert neulich im Kesselhaus, die flotteren Stücke waren am Anfang, dann wurde es etwas zu behäbig ehe als Zugabe mit „Rid Of Me“ (PJ Harvey Cover) und „Midnight Sun“ nochmal laut wurde. Letztendlich ist es für mich als Fan ja gar nicht so schlecht, wenn die Künstlerin noch nicht völlig durch die Decke gegangen ist… man läuft gemütlich zum Kesselhaus, bezahlt 30€, steht ganz vorne und ich wette, man hätte sie auch noch treffen können… schließlich ist es ja auch zum Vorteil aller hier im Bezirk, daß der Wedding nun doch nicht kommt… um den Bogen zurück zu den gefakten Bildern zu nehmen.

Hits:

1 – „Like I Say (I Runaway)“

2 – „My Method Actor“

3 – „Just A Western“

Für Fans von: St.Vincent, Arlo Parks, Ben Howard, Joan As A Policewoman, PJ Harvey, Warpaint, Jeff Buckley, Pixies u.v.a.

Nilüfer Yanya Live im Kesselhaus 20.11.2024

PLATZ 4:  THE LAST DINNER PARTY  „Prelude To Ecstasy“

Der Name Gesundbrunnen kommt von einer ehemaligen Wasserquelle welche im 18. Jahrhundert als Heilquelle vermarktet wurde. Sie war der Ursprung des Ortsteiles welcher zusammen mit dem Ortsteil Wedding im 19.- und 20. Jahrhundert zu einem der größten Stadtbezirke Berlins wachsen sollte… auf dem Höhepunkt waren es 361.000 Einwohner (1930)… etwa so viel wie heute Bochum oder Wuppertal… aber auf einer Fläche, deren Umfang man in ein paar Stunden abwandert hat. Die Original-Quelle hatte ein kleines Pavillon-Häuschen unweit der Panke und der Badstraße… sie wurde bei Bauarbeiten beschädigt und versiegte… das Häuschen wurde 1908 abgetragen. Das Foto von 1885 verträgt sich hervorragend mit dem Cover von Platz 4: The Last Dinner Party.

The Last Dinner Party… 5 Frauen aus England… eine Frauenquote braucht meine Top 10 ja eh auch dieses Jahr nicht… nur 4 von 10 der platzierten Alben haben männlichen Gesang. Das Debutalbum des flotten Fünfers aus London war zum Zeitpunkt der Erscheinung im Februar ein großes Ding und das völlig zu Recht… schon mal der Einstieg… anderthalb Minuten dramatische Orchesterklänge… Morricone, Bond oder doch Wagner? Die Keyboarderin hats geschrieben.. dann „Burn Alive“… Siouxsie oder doch ABBA?… geil jedenfalls… dann „Caesar On A TV Screen“… erst verhalten, dann plötzlich Tempowechsel… hat mal einer über das Wort Prog-Barock nachgedacht? Mit „The Feminine Urge“ folgt dann der Song den ich als Nummer Eins des Jahres adeln möchte… ich kann ihn noch genau so gerne hören wie vor fast einem Jahr. Jeder der 12 Songs bietet eine Überraschung… man hört Sachen raus die man normalerweise höchstens heimlich hört… ABBA, Queen, Fleetwood Mac… und Sparks… die hör ich auch unheimlich… „Nothing Matters“ könnte gut Sparks etwa Ende der 1970er sein… bei Allem muß man bedenken das es ein Debutalbum ist, welches von jungen Frauen allein geschrieben wurde und die eigentlich gar nicht so viel Erfahrungen haben können um so ein Meisterwerk mal eben aus dem Hut zu zaubern (sollte man denken)… rein optisch macht das auch was her… mal sehen ob man da nächstes mal Karten kriegt… dieses Jahr war ich zu langsam…

Hits:

1 – „The Feminine Urge“

2 – „Nothing Matters“

3 – Caesar On The TV Screen“

PLATZ 5:  070 SHAKE  „Petrichor“

…noch’n Geisterbahnhof… diesmal Bornholmer Straße, gleich um die Ecke… heute zumindest… von 1961 bis zum 09.11.1989 als dort der berühmte erste Schlagbaum der innerdeutschen Grenze fiel, war hier die Welt zuende. In der Mauerzeit war auf der Bösebrücke ein schwer bewachter Grenzübergang, die meisten Posten an dieser Stelle waren Mitarbeiter der Stasi… diese wurde im Volksmund die Firma „Horch & Guck“ genannt… wenn man dann ein Plattencover wie das von der amerikanischen Rapperin 070 Shake geliefert bekommt, dann nenne ich das mal Steilvorlage…

070 Shake ist der Projektname der Musikerin Danielle Balbuena aus New Jersey. Sie wird unter der Kategorie Rap geführt und ist deshalb etwas extrem seltenes an dieser Stelle… also in meiner Musikwelt allgemein und in der Top-10 im Besonderen… in den letzten Jahren tauchten ja erstmals Metalbands in der Jahresbestwertung auf, aber Rap ist nun ganz neu… allerdings hat das mit klassischen Hip-Hop recht wenig zu tun, für mich ist es alternativer Pop und im Falle von „Petrichor“ sehr abwechslungsreicher Pop. „Sin“ fängt als jazzige Klavierballade an bevor harte Gitarren ins Spiel kommen die dann shoegaze-artig ausfranzen… bevor man begreift was das jetzt war, kommt schon der nächste Song. „Elephant“ ist mein aktueller Superhit Nummer Eins. Er fängt als Rap an bevor das Gitarrenriff einsetzt was mich extrem an „Enjoy The Silence“ von Depeche Mode erinnert… oder an irgendein New Order Song. „Pieces Of You“ nimmt etwas Geschwindigkeit raus und wird teils gerappt, teils mit klarer Stimme gesungen, dazu Streicher und Breakbeat… tolle Mischung das. Danielle Balbuena ist ja durch Kanye West bekannt geworden, der hat zwar einen ähnlichen Kopfschuß wie Elon Musk aber hat dann hier mal etwas gutes getan. „Winter Baby / New Jersey Blues“ mischt 50’s Mickey Mouse Musik mit Beach Boys und Blues, „Song To The Siren“ covert Tim Buckley zusammen mit Courtney Love. Das Album hat Balladen und richtigen Rap… und kuriose kurze Stücke dazwischen… es gibt jede Menge zu entdecken. Ich bin echt froh das ich mich mal auf etwas Anderes eingelassen habe… tolle Entdeckung…Yo…Checker…

Hits:

1 – „Elephant“

2 – „Winter Baby / New Jersey Blues“

3 – „Pieces Of You“

Für Fans von: Kanye West, Kid Cudi, Lola Young, Billy Eilish,

 

PLATZ 6:  JESS CORNELIUS  „Care/Taking“

Gestern gab es das Bild vom verlassenen Bahnhof Gesundbrunnen, heute sind wir eine Station weiter am S-Bahnhof Wedding im Jahr 1977. Wie viele andere Bahnhöfe in Berlins Mauerzeit lag auch er still und wurde erst zur Wiederöffnung der Ringbahn 2002 in Betrieb gesetzt. Viel schöner ist es dort heute auch nicht und Reklame an dem Haus rechts (das ist das Haus vom berühmt-berüchtigten Magendoktor) gibt es auch noch… allerdings nicht mit dem Album „Care/Take“ von Jess Cornelius… das wurde wohl gefaked…

Jess Cornelius wurde in Neuseeland geboren, lebte später in Australien und seit ein paar Jahren in Los Angeles. Sie war Sängerin der Synth-Pop-Band Teeth & Tongue und veröffentlichte im Sommer ihr zweites Soloalbum „Care/Take“ Musikalisch bietet sie Singer-Songwriter-Rock der seltener in den Bereich Folk fließt. Textlich geht es häufig um ihre neue Erfahrung Mutter geworden zu sein. Ihre Tochter heißt Tui, benannt nach einem neuseeländischen Vogel… so heißt auch der erste Song „Tui Is A Bird“, „Back To The Mainland“ fängt bedächtig an und schwingt sich immer weiter zur Hymne auf. „People Move On“ und „Laps In The Drugstore“ sind flotte Indie-Gitarrensongs während das Herzstück des Albums „The Surgeon“  Orchester und Bläser auffährt. Produziert hat Mikal Cronin, der Sidekick von Ty Segall und das Mellotron findet auf dem Album häufig Verwendung. Es wäre der Künstlerin zu gönnen, etwas aus dem Bereich des Geheimtipps herauszukommen.

Hits:

1 – „Back To The Mainland“

2 – „The Surgeon“

3 – Laps In The Drugstore“

Für Fans von:

Julien Baker, Katy J Pearson, Soccer Mommy, Kate Davies, The Walkabouts

PLATZ 7:  NADINE SHAH  „Filthy Underneath“

…man kann es sich heutzutage kaum vorstellen, aber der Bahnhof Gesundbrunnen, heute einer der größten Bahnhöfe Berlins, lag mal einige Jahrzehnte im Dornröschenschlaf. 1897 wurde er gebaut, er war von größter Bedeutung in den Nachkriegsjahren als Drehscheibe zwischen Ost und West… dann kam die Mauer und niemand brauchte ihn noch… lediglich die unbeliebte S-Bahn (gehörte damals zur DDR) und die U8 hielten noch dort. Nach Mauerfall und Komplettsanierung in den 1990ern wurde die Station wieder das, was sie heute ist… am linken Bildrand sieht man das Haus Jülicher Straße 10-13… das würde heute auch nicht mehr gehen da seit 1997 das Gesundbrunnen-Center dort steht… so weit so wahr… aber das Plakat von Nadine Shah (Jg.1986) und ihrem Album „Filthy Underneath“ hing 1985 natürlich nicht dort…

Die letzten Jahre waren hart für Nadine Shah… Krebserkrankung der Mutter, Tod der Mutter, Medikamentenmissbrauch, Heirat, Scheidung, Drogensucht, Selbstmordversuch, Reha… das alles in drei Jahren… nun… ihr fünftes Album „Filthy Underneath“ kommt natürlich nicht an der erlebten Zeit vorbei… es ist schon recht düster, aber für all das auch hier und da optimistisch. Musikalisch bewegt sich Shah zwischen PJ Harvey, Nick Cave und Depeche Mode… ihre voluminöse Stimme strahlt bei Gesang und Erzählstil… die Drums rumpeln gelegentlich durch die Songs und hin und wieder tauchen dezente orientalische Einflüsse auf… keine leichte Kost, aber wenn man sich darauf einlässt ein wunderbares Album einer großen Künstlerin.

 

Hits:

1 – Greatest Dancer

2 – Twenty Things

3 – Topless Mother

PLATZ 8: THE CURE „Songs Of A Lost World“

Früher gab es in Berlin überall wo noch ein bisschen Platz war, kleine Parzellen für Kleingärtner… besonders in der Nähe von Bahndämmen gibt es sie auch heute noch… zum Beispiel am allerletzten Ende der Grüntaler Straße… direkt vor dem Damm der S-Bahn, die wenige Meter zuvor mittels einer Brücke über die Straße führt. Ebenfalls beliebt war auch Reklame auf den Brandmauern der angrenzenden Häuser, auch für den Trauerfall. Das Haus wurde nach dem Krieg erneuert, auch den Garten gibt es noch… alles andere von dem Foto von 1913 ist der Vergänglichkeit zum Opfer gefallen… was passt also besser dazu als das Album „Songs Of A Lost World“ von The Cure ins Spiel zu bringen… schwarze Konfektion ist sowieso das Muß für jeden Cure-Ultra. Erstmals schafft es ein Album von The Cure in meine Top-10… auch wenn nicht wie zwischenzeitlich kurz gedacht nach ganz oben…

Ich lernte The Cure mit der Single „The Walk“ kennen… das war so etwa 1983 oder 1984 und passte eher zu Synthpop-Bands wie Soft Cell oder Depeche Mode… das die Band bereits richtig gute Sachen geliefert hatte wie zum Beispiel „Seventeen Seconds“ wußte ich damals nicht. 1985 kam dann „The Head On The Door“ und ich begann mich für die Band zu interessieren… aber auch nur bis 1987, als „Kiss Me Kiss Me Kiss Me“ rauskam… damit konnte ich größtenteils nicht viel anfangen… das das darauffolgende Album „Disintegration“ ein richtiges Meisterwerk war, bekam ich erst im Nachhinein richtig mit… The Cure waren für mich eine Randerscheinung. Als Ende September nun die Comeback-Single „Alone“ erschien, war ich sehr angenehm überrascht… der perfekte Soundtrack für den einsetzenden Herbst. Als dann das komplette Album kam war ich auch begeistert… „And Nothing Is Forever“ ist wunderschön und der Rest… gefiel mir ganz gut… das muß eigentlich das Album des Jahres sein, dachte ich mir. Nach einigen Hör-Durchgängen später kamen mir dann aber doch ein paar Zweifel… so geil sind die Songs 3-8 dann doch nicht… die letzten beiden schließen irgendwie den Kreis aber nicht auf dem hohen Niveau wie die ersten beiden Songs… somit ist „Songs Of A Lost World“ zwar ein gutes Album aber auch nicht das große Meisterwerk von dem viele reden oder schreiben… Glückwunsch trotzdem… für das erste Cure Album in meiner eigenen Top 10.

Hits:

1 – Alone

2 – And Nothing Is Forever

PLATZ 9: THE FAUNS  „How Lost“

Die Badstraße am Gesundbrunnen macht heutzutage wenig her… ständig verstopft und Dauerstau… interessante Läden gibt es auch nicht mehr, es sei denn man interessiert sich für gebrauchte Handys, Apotheken, orientalische Speisen für unterwegs oder Sportwetten. Das war aber nicht immer so, bis zum Mauerbau nannte man die Badstraße den Ku-Damm des Nordens… und noch früher war die Badstraße gar eine Amüsiermeile mit diversen Etablissements und Gastronomie für alt und jung… Eines dieser Ballhäuser war das Ballschmieders in der Badstraße 16 (heute Woolworth) mit Prachtsaal, Konzertgarten und allem Pipapo… das alles ist wahr… nur das dort das Album „How Lost“ von The Fauns aufgeführt wurde ist natürlich Quatsch… trotzdem ist die Band aus Bristol meine Nummer 9.

The Fauns tauchten 2013 erstmalig in der Offside Playlist auf, das Titelstück von ihrem damaligen zweiten Album „Lights“ zählt noch heute viele Wiedergaben, nur war das 11 Jahre her und ich hatte nicht wirklich damit gerechnet nochmal etwas neues von der Band aus Bristol zu hören. Dann aber die Vorab-Single, der Album-Opener „Mixtape Days“ machte mich erfreulich sentimental… Mixtapes… was habe ich sie geliebt… vor allem zu machen… dann noch die Shoegaze-Reuinion… endlich wieder Musik wie aus den frühen 1990ern ohne die alten Kamellen rauszuholen… Dann „How Lost“… Shoegaze und Dreampop mit etwas Electronic… Slowdive meets Ladytron meets Underworld… apropos… eine olle Kamelle ist sogar auf dem Album: eine Coverversion von der Underworld Vorgänger-Band Freur… ich legte mich bereits im Februar fest: „Doot Doot“ ist die Coverversion des Jahres… aber nicht nur deshalb… das Album ist aus einem Guss… verträumt und doch extrem tanzbar… Tanzmaus McLarsen ist hochbegeistert… hoffe nur das das nächste Album nicht wieder 11 Jahre dauert…

Hits:
1 – „Mixtape Days“
2 – „How Lost“
3 – „Doot Doot“
4 – „Dark Discotheque“

Für Fans von:

Slowdive, Lush, Cocteau Twins, Ladytron, Chromatics, Underworld, The xx

PLATZ 10: INTERNATIONAL MUSIC  „Endless Rüttenscheid“

Berlin, 17.12.2024 …Hoppla… das Jahr ist ja fast zu Ende und die musikalische Top-10 steht noch gar nicht… dann aber mal schnell… Letztes Jahr konnte ich mit gefakten Bildern aus meiner eigenen Geschichte zur Unterhaltung beitragen, zweimal der gleiche Witz ist aber langweilig… also gibt es die Top 10 der besten Alben des Jahres 2024 dieses Jahr implantiert in alte Zeugen meines Stadtteils Wedding und Gesundbrunnen. Den Anfang macht das Album „Endless Rüttenscheid“ von International Music, deren Plattencover sicher auch 1932 nicht weiter aufgefallen wäre, wie auf dem Plakat der Lichtburg zu sehen ist. Die Lichtburg war ein modernes Großkino aus dem Jahre 1929. Das Gebäude von Architekt Rudolf Fränkel wurde im Krieg zerstört, provisorisch wieder aufgebaut und leider 1970 abgerissen.

International Music aus Essen platzten 2018 mit der Single „Farbiges Licht“ in meine Hörgänge… was war das (?)… irgendwie Tocotronic, aber cool, die Musik erinnerte mich am ehesten an britische Bands wie Felt… großes Kino… das zweite Album „Ententraum“ war recht lang, aber auch mit Hits wie „Raus ausm Zoo“… nun also „Endless Rüttenscheid“, ein Stadtteil von Essen. Die Musik ist nach wie vor schwer zu beschreiben, weil sie auch die Stile im Minutentakt wechseln können… so ist der Opener „Kraut“ eine Mischung aus gelangweilten Velvet Underground und… ja… Krautrock. „Guter Ort“ könnte auch aus der NDW Zeit stammen und „Karma Karma“ ist fast Dreampop. Höhepunkt ist auf jeden Fall die Single „Liebesformular“… mein Sommerhit 2024 schlechthin. Dieses Jahr hatte ich auch die Gelegenheit, die Band mal Live zu erleben… auch das war eine tolle Sache. Es bleibt abzuwarten was die Band, die nebenbei noch das Projekt „Düsseldorf Düsterboys“ betreibt, als nächstes auf Lager hat.

Hits:
1 – Liebesformular
2 – Karma Karma
3 – Guter Ort
4 – Kraut

Für Fans von:
Tocotronic, Trio, Die Regierung, Element Of Crime

International Music Live 17.10.2024 im Astra Berlin

Berlin, 04.12.2024… Das Coverbild von #26 stammt von der St. Canice’s Cathedral im irischen Kilkenny, aufgenommen vor ein paar Tagen während diesjährigen Irland-Besuchs… es passt ein wenig zur Jahreszeit da das Weihnachtsfest bereits in den Startlöchern steht… sakral beginnt aber auch diese letzte Compilation des Jahres mit dem Stück „Cinderglow“ von The Harrow. In den geheimnisvollen Chorgesang der etwas an Dead Can Dance erinnert, brechen nach anderthalb Minuten ein sechsseitiger Bass, Gitarren und tiefergelegte Synthesizer… dazu eher poppiger weiblicher Gesang, der die tiefe Schwere des Songs etwas auflockert… prima Einsteiger auf jeden Fall, die Band ist in Brooklyn ansässig und war mir bis dahin völlig unbekannt. Etwas gruselig geht auch der zweite Song des Samplers weiter… die Band, ein Duo aus London nennt sich i Häxa und machen so eine Art Progrock auf Basis von elektronischer Musik und Einflüssen von Trip-Hop… das Ergebnis sind expressionistische Klangwelten wie man sie am ehesten von Björk kennt… nur ohne den nervigen Mickymaus-Gesang der Isländerin. Das dazugehörige Album ist in vier Kapitel eingeteilt und „Underworld“ ist der Einstiegstitel. Genug gegruselt, es wird poppig mit 070 Shake die letzten Monat bereits dabei war… damals wunderte ich mich das die Künstlerin, die im richtigen Leben Danielle Balbuena heißt- als Rapperin geführt wird… in dem Song „Elephant“ wird das schon klarer… aber dann folgt ein Gitarrenriff welches ziemlich nahe an dem von Depeche Mode’s „Enjoy The Silence“ gebaut ist… derzeit mein Ohrwurm Nummer eins… werd ich jetzt noch Hip-Hop Fan (?)… keine Angst… Die Lebensgefährtin von Danielle Balbuena ist übrigens Lily Rose Depp, Tochter von Johnny Depp… Apropos Tochter eines Promis UND Depeche Mode… die nächste Künstlerin heißt Stella Rose und ist die Tochter von Dave Gahan… sie ist wohl gerade dabei recht groß zu werden… mit Musik die eher nach Pixies als Depeche Mode klingt… „Hollababy“ ist ein feines Beispiel. Der nächste Song heißt „Ölüm Günüm“… nanu… da hat wohl einer am türkischen Glücksrad gedreht… Tatsächlich begrüßen wir mit der Zusammenarbeit der Bands Ductape & She Past Away die ersten türkischen Musiker in der choice Serie… und es klingt doch deutlich anders als das was man aus den BMW’s im Wedding hört… Darkwave meets Dreampop. „Blakkrakki“, der nächste Song klingt auch etwas ungewöhnlich zumal die Band auch Sólstafir heißt… vom Türkischen kommen wir nun zum Isländischen… musikalisch ist die Band aus Reykjavík im Black Metal zuhause, viele Lieder wären auch viel zu hart für hier, „Blakkrakki“ ist eher Hardrock und Post-Punk mit einer Prise Gothic… bisschen Killing Joke hör ich da raus… Beim folgenden Song „Words Lost Meaning“ stelle ich mir vor wie Mark Lanegan bei Nirvana anheuert… Lanegan und Cobain waren ja dicke Freunde… wer weiß was noch passiert wäre… immerhin können sie jetzt auf der Wolke eine gemeinsame Band machen… diese Band hier heißt jedenfalls The Murder Capital, die standen bereits öfters davor hier mal mitzuspielen, nun ist es soweit… für mich ist die Band so eine Art depressive Ausgabe von Fontaines D.C… Nach den härteren Gitarren folgt etwas völlig anderes… Warhaus ist das Projekt von Maarten Devoldere, Frontmann der belgischen Band Balthazar. „Where The Names Are Real“ erinnert an Leonard Cohen oder vielleicht Nick Cave… teils mit Sprechgesang… es geht um Stripclubs und Porno…und Liebe und das alles ganz schön kitschig und altmodig… genau wie auch der Anfang vom nächsten Song „Pray To Me“ der Band Bambara aus den USA… recht bald nimmt dieser Song dann aber ordentlich Fahrt auf und wird zu einem fiebrigen Stück Post-Punk mit dezenten Industrial-Nuancen. Von Amerika geht es dann in die Niederlande zu Roosmarijn und ihrer Viola. „Fire Walk With Me“ wird von vielen Streichern getragen und ist Folk und Rockhymne zugleich… auch hier tun sich einige Abgründe auf… ebenfalls in Richtung Folk geht Song Nummer 11… Divorce aus dem UK veröffentlichen demnächst ihr Debutalbum und „Antarctica“ ist ein leckerer Appetizer… muß ein wenig an Mumford & Sons denken. Etwas Folk ist auch beim nächsten Act dabei: The Weather Station ist das Project der Musikerin Tamara Lindeman aus Toronto deren Debutalbum bereits 2009 erschien. Von Kanada nach Australien… Angus Stone, bekannt vor allem mit seiner Schwester als Angus & Julia Stone führt seit ein paar Jahren das Projekt Dope Lemon… nicht alles mochte ich davon, seine Version von Go-Betweens „Streets Of Your Town“ fand ich ziemlich daneben… die neue Single „Golden Wolf“ ist allerdings ein Volltreffer. Vom goldenen Wolf zum fetten Hund ist es nicht weit… Fat Dog veröffentlichten dieses Jahr ihr Debüt „Woof“… kein Scherz… ich konnte nicht viel mit dem reichlich bunten Mix anfangen, „Peace Song“ als Extra-Single gefällt mir als Popsong aber sehr gut… auch wenn ich schon wieder Kinderchöre höre… Sea Lemon heißt das Dreampop-Projekt von Natalie Lew aus Seattle und führt uns in verträumte Gefilde in dem Song „Sweet Anecdote“… eine andere Natalie mit Nachnamen R.Lu beackert mit ihrem Projekt Wisp einen ähnlichen Acker, die Gitarren dürfen etwas lauter gespielt werden… „I Remember How Your Hands Felt On Mine“ ist ein schönes Stück Shoegaziger Dreampop… macht Lust auf mehr von der 20jährigen Künstlerin aus San Francisco. Etwas poppiger aber immer noch in der Schublade Dreampop kommen Our Girl aus Great Britain daher… „Relief“ bleibt lange im Ohr… am Ende singen auch Marika Hackman und Art School Girlfriend mit… und auch das gesamte zweite Album der Band kommt sehr gut. Es folgt ein kleiner Ausflug in die Welt des Folk-Pop… The Innocence Mission machen schönste Musik zum Kamin und aus dem Fenster Blätter fallen gucken… Die Band gibt es tatsächlich bereits seit 1986 und die Stimme von Sängerin Karen Peris erinnert mich an The Sundays. Der nun kommende vorletzte Song dieser Sammlung ist weniger schlichter Folk dafür überbordender Bombast. Father John Misty ist für mich sowas wie der (gute) Elton John unserer Zeit. „Mahashmahshana“ …Gesundheit! …heißt wohl sowas wie großer Krematoriumsplatz… es geht um Vergänglichkeit… mit orchestralem Großeinsatz… fast 10 Minuten lang… danach braucht es erstmal wieder was zum runterkommen… Schlußpunkt von choice#26 ist der Song „Eagle Rider“ von Jet Cemetary, die den Preis für den dämlichsten Bandnamen des Monats erhalten. Das Duo aus Austin, Texas lässt uns dreampoppig langsam in den Dezember entgleiten… Ende des Monats gibts an dieser Stelle die Alben des Jahres und eine Best-Of choice… bis dahin: Frohes Fest.

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Berlin, 29.10.2024… Die Blätter der Bäume segeln durch die Gegend, seit Sonntag ist wieder Winterzeit und immer früher wirds arschfinster… Zeit für neue Musik. Der zweite choice-Sampler der monatlich erscheint beginnt im Zeichen von Halloween… The Horrors haben nach 7 Jahren neue Musik am Start… „The Silence That Remains“ fängt derart gruselig an, das ich Angst hätte das Stück im dunklen Wald zu hören… bestenfalls noch wenn man sich gerade verlaufen hat… großartig… Goth-Dark-Dreampop… ich freu mich auf das Album welches für März 2025 angekündigt ist. Shoegaziger Dreampop ist auch Track Nummer zwei, der kommt von einer Band die sich nach der belgischen Küstenstadt Blankenberge benannt hat… und sie kommt aus… St. Petersburg… Russland… krass… was kommt denn für’n geiler Scheiß aus Russland (?)… und die haben schon 3 Alben draußen… „New Rules“ ist die Vorab-Single für ein neues Album und meine derzeitige klare Nummer Eins… Herzchen des Monats sozusagen… fängt unspektakulär an und wird dann immer lauter und dabei sphärischer… ich bin mir sicher das es von dieser Band an dieser Stelle noch öfters Musik geben wird und ich bin immer wieder begeistert was für schöne Sachen sich bislang vor mir versteckt haben… umso schöner ist es wenn man sowas findet… ähnlich wie neulich im Wald der erste Steinpilz des Jahres… Von St. Petersburg bietet sich dann eine Kreuzfahrt über die Ostsee nach Kopenhagen an, dort produziert Anders Trentemøller ähnlich gestrickten Dreampop der aber weit elektronischer gestrickt ist… als Sängerin für den Song „Behind My Eyes“ hat er sich wieder die Isländerin Disa ausgesucht… sehr schön das auch… ähnlich gehts weiter mit „Flowers In The Rain“ von W. H. Lung aus Manchester… eine Band die sich nach einem lokalen chinesischen Imbiss benannt hat. Der Song sticht deutlich aus dem Album heraus… der Rest ist anders gestrickt. Ebenfalls aus England kommen High Vis die ursprünglich im Hardcore tätig waren… vor zwei Samplern waren sie schonmal hier vertreten mit „Mind’s A Lie“… dieser Crossover aus Triphop und Rap… diesmal hier mit „Worth The Wait“… einem kräftigen Stück Musik mit elektrischen Gitarren… die werden im nächsten Song „Entropic“ noch härter… aber nicht im Sinne von Hardrock oder Metal sondern ebenfalls Shoegaze… Lightfoils kommen aus Chicago, es gibt sie schon länger (ohne das ich das je bemerkt hätte) und die Single wurde von Mark Gardener von Ride produziert was durchaus zu hören ist. Wir bleiben bei herbstlich dunklen Tönen und kommen zu Liela Moss und dem Song „Dark Kitchens“, der mich am Anfang etwas an „Army Of Me“ von Björk erinnert… er wabert irgendwie zwischen Triphop, Electronic und Rock… Liela Moss war übrigens die Sängerin von The Duke Spirit. Phantogram ist ein Duo aus New York die ebenfalls einen Blend aus Electronic und Dreampop machen… im Falle von „Attaway“ sogar einen radiofreundlichen Hit der es aber auch verdient hat ein solcher zu sein… Stilistisch nicht sehr weit entfernt wirken auch die Londoner Desperate Journalist. Der Titelsong des neuen Albums „No Hero“ lebt von dem eindringlichen Gesang von Sängerin Jo Bevan… was auf Albumlänge zumindest etwas anstrengend wird… da erinnere ich mich gerne an die Australier von The Jezabels mit ihrer Sängerin Haley Mary die hervorragend häppchenweise waren aber nach 50 Minuten am Stück, einer Aspirin bedurften… Nach so viel Dreampop etc öffnen wir jetzt die Überraschungsdose und zaubern einen obskuren Song… bzw. sind es zwei aus dem Hut: 070 Shake wird eigentlich unter der Rubrik Rap verbucht, auch hat sie schon mit der Flitzpiepe Kanye West sehr erfolgreich musiziert („Ghosttown“)… „Winter Baby / New Jersey Blues“ klingt im ersten Teil wie die Untermalung eines Mickey Mouse Clips aus den 1950ern, Teil zwei ist etwas bluesiger… interessante Kombi… Rap ist aber anders… Aber wo wir gerade bei bluesigen Moods sind, die hat es auch in „Shell (Of A Man)“ der kanadischen Künstlerin Saya Gray… eine vielversprechende Musikerin die Anfang kommenden Jahres ihr Debutalbum veröffentlichen wird… Apropos kanadische Sängerin… es gibt etwas neues von Basia Bulat… mit „Baby“ wird es charmant poppig… muß auch mal sein… Mit Tears For Fears kommen alte Bekannte… sie waren eine meiner Lieblingsbands der frühen 1980er Jahre, ich mochte das Comeback Album von 2004 und auch „The Tipping Point“ vom letzten Jahr konnte mich überzeugen. „Songs For A Nervous Planet“ ist hauptsächlich ein Livealbum mit einigen Studiotracks die wohl von „The Tipping Point“ übriggeblieben sind… Bei „Emily Said“ ziehen sie alle Register die man bei einem beatlesquen Popsong ziehen kann… das ist wunderschön… bis auf den Kinderchor… sowas gehört immer auf’n Index. Cloakroom aus Michigan bezeichnen ihre Musik selbst als „Stoner Emo“… sagen aber selber auch das ihre neue Single „Unbelonging“ eher nach 1980s Psychedellic Furs klingt… das lasse ich mal so stehen und was auch immer, der Song ist gut! Bloococoon aus Seattle beackern ein ähnliches Feld… klingt ein wenig so als würde der im letzten Jahr verstorbene Sänger R.S.Peno von Died Pretty bei The Chameleons singen… Apropos… so klingt ja heutzutage jede vierte junge Gitarrenband und das Original ist auch wieder aktiv… dieses Jahr erschien eine neue Single mit der ich mich nicht recht anfreunden konnte… zu gut waren ihre drei Studioalben zwischen 1983 und 1986 als das ich diese beliebigen Songs als The Chameleons Songs akzeptieren kann… nächstes Jahr soll ein neues Album erscheinen… das erste seit 2002 und mir schwant nix Gutes… bis dahin gibt es erstmal eine EP mit ganz alten Songs die sie nochmal frisch von der Leber weg, ohne viel Firlefanz neu aufgenommen haben… dabei ging nichts schief und als ich mich selber dabei ertappte wie ich „Nostalgia“ laut und fehlerfrei vor mich hinschmetterte, wußte ich das dieser Song von 1981 auf diese Compilation von 2024 mit drauf muß… Quasi als Coverversion ihres eigenen Songs… Klassiker… Meilenstein… tomorrow remember yesterday…Das The Chameleons aus Manchester sehr einflussreich waren ohne je große Bekanntheit zu erreichen ist ein Phänomen vieler Bands… ihre Musik funktioniert auch mit spanischem Text, wie uns die Band New Wave Kill aus Madrid im Anschluß beweist… „Quemar“ heißt der Song aus dem kürzlich erschienenen Album „Stitches For The Soul“. Die ursprünglich in Kalifornien ansässige Experimental-Noise-Rock-Freistil Band Xiu Xiu schafften es in ihrer inzwischen über 20jährigen Karriere mehrere male mir gehörig auf den Zünder zu gehen… anno 2024 ist mit „Common Loon“ plötzlich ein Song dabei der mir so gut gefällt das er hier mit rauf kommt… mit Postrock endet choice#25 auch… erstmal neues von Mogwai… Anfang 2025 erscheint ein neues Album der Schotten und ich bin sehr gespannt, „Lion Rumpus“ gefällt mir deutlich besser als die erste Single daraus… Bereits erschienen ist das neue Album der Japaner Envy… vor zwei Monaten waren sie hier schonmal vertreten, heute schließen sie unseren musikalischen Oktoberreigen mit „The Night And The Void“ und wer denkt das es ein kuscheliger Ausklang ist wird sich ab der Mitte des Songs getäuscht sehen… da wirds nochmal laut… schönen November gewünscht…

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Berlin, 02.10.2024… Nanu… wird man vielleicht vereinzelt raunen… sind denn schon wieder zwei Monate um? Nein… aber ich habe seit mindestens zwei Wochen mehr als genug Material für einen neuen Choice Sampler zusammen… dann kommen ja noch Sachen im Oktober… das wird viel zu viel… also heißt es ab jetzt: McLarsens Music Choice MONATLICH … hier kommt nun #24:
Passend zu den ersten fallenden Blättern, ersten Herbststürmen und merklich zeitigere Verdunklung kommt nach etwa 16 Jahren ein Lebenszeichen von The Cure. Ich kenne die Band seit gut 40 Jahren… sie waren gefühlt immer da, haben den einen oder anderen musikalischen Edelstein geschliffen und auch viele Sachen produziert mit denen ich nicht allzu viel anfangen konnte. Es gab kein Album des Jahres (für mich) dieser Band jemals… nur „The Head On The Door“ von 1985 und natürlich „Disintegration“ von 1989 konnten mich sehr begeistern… umso mehr wundert es mich wie ich bereits beim ersten Hören des neuen Songs „Alone“ sehr gern und äußerst freiwillig in die Welt von The Cure entführt werde… „Songs From A Lost World“ wird das Album heißen was im November erscheinen wird. Man taucht sanft in diesen Song ein, als wäre er genau für einen geschrieben worden… wie eine warme, flauschige Jacke an einem kühlen, regnerischen Herbsttag… solch eine überwältigende Wirkung kenne ich eigentlich nur von der eigenen Lieblingsband The Church… die auch musikalisch keine Welten entfernt sind. „Alone“ ist wie „Plainsong“, der Opener von Disintegration… er bittet dich sanft hinein zu steigen und zieht dich in seinen Sog… das fast 7 Minuten lang… wunderbar… ich bin nun sehr gespannt was da noch so auf dem Album sein wird… vielleicht werde ich auf meine alten Tage ja noch ein Cure Fanboy… Im Plattenschrank der Band Diary steht bestimmt auch die eine oder andere Cure Platte, das ist nicht zu überhören auf ihrer Single „Sunday’s Shadow“ welches der zweite Song dieser Zusammenstellung ist. Die Band aus Brooklyn macht einen schönen Mix aus Shoegaze und Post Punk… bislang nur auf Singles und EP’s. Ich gebe ein i ab und kaufe ein e… Aus Diary wird Deary… die Musik bleibt herbstlich verträumt… Deary waren letzten Monat schon dabei mit dem Song „Selene“ den sie mit Slowdive Drummer Simon Scott aufgenommen haben… ich meinte dazu „das Ergebnis ist der wohl schönste Song dieser noch neuen, jungen Band“… Für „The Drift“ gilt mindestens das gleiche… für mich derzeit die spannendste neue Band. Das bereits zweite Album der Band Dummy aus LA ist dieser Tage erschienen und heißt „Free Energy“. Es hat auch Elemente von Dreampop, Shoegaze und Post Punk… jedoch gepaart mit Electronica a la Stereolab… manchmal auch ein wenig mit dem Geist der frühen 1990er Manchester Rave Sounds (Madchester) gepaart… also häufig auch was für die Tanzmaus… die zuckt aber dann spätestens beim nächsten Stück „Monumental“ von Juniore aus Paris… relativ schlichte 60’s lastige Orgel und Gitarrenriffs äußerst tanzbar in gut 3 Minuten absolviert… Es folgt die neue Single von Franz Ferdinand mit ihrer eigenen Interpretation von Brit-Pop… erst die üblichen flotten Riffs, dann aber wird es Beatlesque wie es auch XTC nicht besser hingekriegt hätten… an der Stelle frag ich mich einmal mehr wer heute noch Oasis braucht… naja… lass die mal machen… wird eh nicht lange halten. Gerade noch beim Schunkeln wird es etwas ernster… Die Nerven aus Stuttgart haben wieder ein sehr gutes Album am Start… daraus der Song „Das Glas zerbricht und ich gleich mit“… noch einer der positiveren Songs des Albums „Wir waren hier“… dann schalten wir einen Gang runter und weiter geht es mit Porridge Radio, einer Band die ich zwar schon länger beobachte… aber „A Hole In The Ground“ ist der erste Song von denen der mich voll abholt. Es ist eine Art introvertiertes Wiegenlied… gefangen in einem Traum… es geht darum etwas zu wissen was man noch nicht wissen kann… sacht die Band… anschließend wirds entspannt „Just A Western“ ist der vorletzte Song des fantastischen dritten Albums von Nilüfer Yanya… die Top Ten wird nicht zu vermeiden sein… Der Song ist irgendwie Triphop-Folk und nur einer von vielen kleinen Hits des Albums. Es folgt etwas was ich normalerweise nicht so schätze: ein Remix… ich frage mich eigentlich immer warum man sowas macht und wer das braucht… sogar die Lieblingsband hat mal ein ganzes Album davon veröffentlicht und es war Käse… hier ist es jetzt aber anders: „Willow And Mallow“ vom letztjährigen Debut-Soloalbums von Ex-Lush Co-Founderin Emma Anderson wurde von Daniel Hunt von Ladytron remixed… also Lush und Ladytron in einem Topf ist schon von der Idee großartig… und das Ergebnis ist einfach wunderbar… ich bin geneigt zu sagen es ist mein liebster Song dieser Tage… Das Original ist eher schlicht und dieser neue Mix macht den schönsten Nicht-Ladytron Song der Welt daraus. Dreampop und Electronic ist auch Thema beim nächsten Act GIFT aus New York City… bereits zum dritten mal hintereinander hier vertreten… das Album „Illuminator“ ist ebenso nicht mehr aus der Jahresbesten-Liste wegzudenken. Vorbild bei dem Album soll sogar „Ray Of Light“ von Madonna gewesen sein… mit der hatte ich nie etwas zu tun, aber das Album fand ich auch noch gut. Tears Run Rings war ein Song von Marc Almond in den 1980ern, eine Band aus Portland, Oregon hat sich danach benannt und macht seit etlichen Jahren shoegazigen Dreampop im Stile von Slowdive oder Film School. Vom aktuellen Album „Everything In The End“ kommt der Song „Helios Heleda“ der schon lang vor sich hin fließt… beim ersten mal fand ichs noch langweilig… inzwischen ist er aus dem Kopf nicht mehr wegzudenken… Thus Love hatten vor zwei Jahren mit „In Tandem“ einen kleinen Hit, dieses Jahr folgt das zweite Album der queeren Post-Punks und mit „On The Floor“ auch wieder ein sicherer Alternative Hit. Die Band The Slashes beackern ein ähnliches Feld…massiver Bass, Rumpelschlagzeug und dann eine Gitarre wie sie U2’s The Edge auf deren frühen Alben ähnlich gespielt hat… nämlich dreckig… dann der Gesang der das alles irgendwie zusammenhält… geil…. genau wie Starflyer 59 mit „1995“… das war zwar nicht gerade mein Jahr aber er hat recht wenn er singt was man damals alles hätte machen können… dazu gibt es staubtrockenes Shoegazing mit rostigen Gitarren… ich muß bei der Band zuweilen an Swervedriver denken… die zufälligerweise den nächsten Song spielen… „Butterfly“ ist eine einzige Lärmorgie die sich immer wieder versucht selbst einzufangen… eher eine Liebe auf dem zweitem Ohr… ob das dazugehörige Album „Doremi Faso Latido“ ein neues Studioalbum ist oder eine Sammlung von Unveröffentlichten weiß ich nicht… hoffe aber auf Letzteres… Swervedriver lieferten mit I Was’nt Born To Lose You“ mein Album des Jahres 2016… davon ist dieses Material allerdings weit entfernt… btw… wo bleibt eigentlich das Comeback von The Catherine Wheel? Als nächstes kommt ein Stück Straightforward Punkrock mit den Schweden Then Comes Silence mit dem schönen Lebensmotto „Stay Strange“ (…and pure at heart…) Die Stockholmer Band existiert bereits seit 2012 und das Stück hier erinnert mich ein wenig an die Landsleute von The Hives ohne deren affige Hysterie… es folgt ein wunderschönes Stück Dreampop von Hinds aus Madrid… gerade mal etwas über zwei Minuten und so schön… Der Sampler nähert sich dem Ende und es wird noch zwei mal herbstlich schön… zuerst mit Nada Surf… „Floater“ ist der Closer ihres sehr guten neuen Albums „Moon Mirror“ und darf gerne auf eine Best Of Compi falls sowas mal geplant werden sollte. Danach das Duo Maven Grace mit „No Music“… die finstere Vision wenn die Demokratie futsch ist, zuerst die Klaviere zerhackt werden und danach alle Freiheiten verschwinden… Utopie? Ich glaub leider nicht wenn ich mir die Welt so betrachte… und da muß man bekanntlich nicht allzu weit reisen… Viel Spaß beim hören…

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Berlin, 23.08.2024… Jedes Jahr das gleiche… kaum ist es Sommer… und schon werden die Tage wieder kürzer… September also und zwanzig neue Songs für die verwöhnten Ohren des Alternative Rock… Los gehts in Neuseeland mit Death And The Maiden… benannt nach einem Song der Landsleute The Verlaines, eine der berühmten Gitarrenbands aus Dunedin und dem Plattenlabel Flying Nun… musikalisch sind Death And The Maiden aber eher in der Elektroabteilung zuhause… ich höre hier und da die Synthies von Human League aus den frühen 1980’s („Seconds“) Das nächste Projekt nennt sich MEMORIALS und besteht aus Verity Susman von der Band Electrelane und Matthew Simms, der Bassist von Wire… aber dort ist er erst 2010 eingestiegen…die anderen Mitglieder der Band könnten schließlich seine Großväter sein. Musikalisch gibt sich das Duo experimentell, psychedelisch und wie im Falle von „Lamplighter“ auch mal poppig… ich muß ein wenig an Stereolab denken. Es folgt bester tanzbarer Indiepop der New Yorker Band GIFT welche auch beim letzten mal schon dabei waren…Super Album mit Synthies und Dreampop Gitarren… da wackelt Tanzmaus McLarsens große Zehe… sollte mich nicht wundern wenn sich deren Musik gut verkaufen würde. Der Anfang des vierten Stücks der Band High Vis „Mind’s A Lie“ führt einen zum Anfang auf eine völlig falsche Fährte, nämlich in einen Tanzclub… bis dann ein unzufriedener Sänger losblökt… oder fast schon rappt… ein Crossover von Daft Punk und Rage Against The Machine? Vielleicht etwas übertrieben aber meiner Meinung nach eine gelungene Mischung wie ich sie noch nirgendwo gehört habe. Ein paar ernste Worte gibt es danach auch von der nächsten britischen Post Punk Band namens Crows mit „Visions Of Me“… ein wahrer Ohrwurm mit elektrischen Gitarren und charismatischen Gesang nicht weit von Interpol oder frühen Editors entfernt. Die nächste Band heißt Party Dozen, kommt aus Australien und ist ein Duo aus einer Saxofonistin und einem Drummer die ziemlich lauten Noiserock bieten… „The Big Man Upstairs“ ist ein eher ruhiges Stück… es geht um australische Geschichte und korrupte Politiker…gutes Video auch. Von der Südhälfte des Planeten geht es jetzt etliche Kilometer nach Bergen in Norwegen. Die Band Slomosa spielt guten Desert Rock… oder nein… man sagt ja Stoner Rock… ja… Queens Of The Stone Age oder Kyuss standen da sicher Pate… klingt halt bisschen als wäre die E-Gitarre an einem Staubsauger angeschlossen. Das Album dazu heißt übrigens Tundra Rock… und was gibt es in der Tundra?… Permafrost… zufälligerweise der Name der nächsten Band, ebenfalls aus Norwegen… nur noch nördlicher nämlich aus Molde. Die Band gibt es bereits seit 1982 aber ich hatte bis neulich nie von ihnen gehört… musikalisch hätte ich das Stück „Wrong Heart“ nach Liverpool etwa 1985 eingeordnet… etwa Echo & The Bunnymen oder The Wild Swans… was man so alles entdecken kann… Von dem hohen Norden reisen wir in den fernen Osten nach Japan wo die Band Envy auch bereits seit über 30 Jahren cinematischen Postrock veröffentlicht… hier mit japanischen Text und düsterer Klangfarbe irgendwo zwischen Slowdive und Mogwai. Von Tokio geht es jetzt nach Kalifornien wo der Musiker Jason Martin unter dem Namen Starflyer 59 seit ebenfalls schon über 30 Jahren Musik veröffentlicht die niemand kennt… das ist sehr schade denn „Lust For Gold“ ist ein prima Album… ich spüre auch hier Wüstensand unter den Füßen und muß an Gun Club denken oder Afghan Whigs… stimmlich ist Mark Lanegan nicht weit weg… also bitte alle mal Starflyer 59 hören! In eine ähnliche Richtung geht auch der nächste Song von der Band FAUX PRIX… nur das die noch unbekannter sind und erst zwei Songs veröffentlicht haben, darunter der herrliche Ohrwurm namens „That Looks Like A House“ was mich nicht unerheblich an The National erinnert. Sänger Bradley Hanan Carter ist gebürtiger Neuseeländer… die Band ist aber genau wie Starflyer 59 in Kalifornien ansässig. Yannis Philippakis ist der Frontman der britischen Band Foals und veröffentlicht gerade unter dem Namen Yannis & The Yaw Aufnahmen die er mit dem 2020 verstorbenen Afro-Beat Schlagzeuger Tony Allen aufgenommen hat und dessen Percussion auch deutlich im Vordergrund des Songs „Rain Can’t Reach Us“ steht… der letzte Song mit Allen an den Drums der Teil eines choice Samplers war wurde übrigens 2022 Song des Jahres, nämlich „Rolla Rolla“ von April March… nur mal am Rande… Wir reisen nach Spanien… genauergesagt nach Madrid wo die Musikerinnen von Hinds heimig sind. Waren die früheren Aufnahmen (damals noch als Quartett) noch handgemachter Teeniepop, höre ich inzwischen einen deutlichen qualitativen Sprung der Band die zum Duo geschrumpft ist… gegen Ende haben sie sich glaub ich den Stonerrock-Staubsauger geborgt und haben ihn an ihre E-Gitarren geschlossen… pump up the volume… Von Madrid geht es jetzt mit einem Direktflug nach „Chicago“ von den Japandroids die ihr letztes Album namens „Fate And Alcohol“ angekündigt haben. Die Band kommt nebenbei nicht aus Chicago sondern aus Vancouver in Kanada. Die amerikanische Singer/Songwriterin Lael Neale kommt danach und bietet die wohl schönste Huldigung für Elektrizität die ich kenne… Man weiß sie erst richtig zu schätzen wenn sie einem fehlt… so geschehen bei einem Kälteeinbruch den die Künstlerin mal in der amerikanischen Provinz erlebt hat… musikalisch haben wir es mit psychedelischen Folkrock zu tun. Das britische Duo Deary ist eher im Dreampop unterwegs bzw. Shoegazing… für ihre neue Single „Selene“ hat sie sich prominente Unterstützung ins Studio geholt von einem der weiß wie’s geht… nämlich Schlagzeuger Simon Scott von Slowdive… das Ergebnis ist der wohl schönste Song dieser noch neuen, jungen Band. Deutlich bekannter sind da inzwischen Fontaines D.C. aus (D.)ublin (C.)ity, deren neues Album nicht umsonst von allen Kritikern hochgejubelt wird… ich verfolge die Band bereits länger und bin vom Erfolg nicht überrascht… hier sollen sie auch nicht fehlen mit dem eher ruhigen „In The Modern World“.  Loma… eine Band mit Sitz in Texas veröffentlichte 2021 eine tolle Single namens „Going Out“ welche die trüben Zeiten der Pandemie etwas aufhellte. Nun gibt es ein neues Album, aber von dem leichten Pop der Single ist nichts übrig… eher etwas düsterer Folk-Pop der auch Freunde des neulich erschienenen Solodebuts von Beth Gibbons gefallen dürfte… hier mit „A Steady Mind“ vertreten. Folkrock gibt es dann auch noch mit I Was A King aus Norwegen… der Band von Anne Lise Frøkedal mit „Favourite Colours“… gerade mal zwei Minuten… mehr braucht ein perfekter Popsong nicht. Zum Schluß holen wir nochmal die zwölfseitige Rickenbacker raus und tun so als ob es gerade 1967 wäre… Chime School heißt die Band und „The End“ ist ganz einfach ein super charmanter Rausschmeißer für diese liebevoll zusammengestellte Compilation voller neuer Musik… in zwei Monaten kommt dann schon der letzte seiner Art für dieses Jahr…

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Berlin, 04.07.2024… Es ist Sommer 2024… die Fußball Europameisterschaft in Deutschland läuft und täglich kommt neue Musik in den Kasten… 20 neue Stücke für die Monate Juli und August habe ich gesammelt und starten wird die Sammlung mit einer Reihe von Dreampop Stücken, die dieses Genre schön interpretieren… Los gehts mit einer alten Heldin… Miki Beranyi war die eine Sängerin von Lush, Emma Anderson die andere… letzte veröffentlichte letztes Jahr ihr Solodebüt und ich mochte es sehr gern (Platz 7 in meinen Jahrescharts)… nun gibt es auch etwas neues von Miki Berenyi… diesmal nicht mit ihrer Band Piroshka sondern als Miki Berenyi Trio… quasi fast Piroshka…u.a. mit ihrem Partner Kevin ‚Moose‘ McKillop. „Vertigo“ ist eine Single… mehr soll wohl noch in diesem Jahr kommen… ein wunderbar verwobenes Stück Musik… typisch Miki Berenyi… und es geht genau so weiter mit einem Stück der Band Habibi aus Brooklyn… man probiere den Song auf jeden Fall mit Kopfhörern aus… man verfängt sich in Träumen… worum es auch im Text geht und dann heißt das Album der vier Frauen auch noch „Dreamachine“… das Stück ist irgendwo zwischen Beach House und Au Revoir Simone angesiedelt und stellt für das Album eher eine Ausnahme dar… wer jetzt denkt das ist wunderschön… bitte mehr davon… vielleicht ein bisschen schneller… Bitteschön: Die Band GIFT aus New York City mit „Going In Circles“… wiederum reden wir über Dreampop… aber ein wenig mehr Richtung Psych-Rock… ich muß ein wenig an TOY denken… was die wohl so machen (?)… Dieser Song macht jedenfalls genau so süchtig wie die ersten beiden… das Album kommt im August und heißt „Illuminator“. Erst im September erscheint das neue Album „Endless Rüttenscheid“ von International Music…dieser wunderbaren Band aus Essen die auch unter dem Namen Düsseldorf Düsterboys unterwegs ist … Erkennungsmerkmal sind die teils skurillen Texte zu Indie Gitarrenpop mit speziell gespielten Bass… so das sich das irgendwie nach Anfang 1980er Jahre anhört… Felt zum Beispiel… sie selbst nennen es Timeless Melancholy Music… Von Essen gehts in die Neuseeländische Hauptstadt Wellington wo die Band Mystery Waitress beheimatet ist… und zwar auf dem kultigsten Plattenlabel des Landes: Flying Nun Records… in den 80ern und 90ern Heimat von grandiosen Bands wie The Chills, The Bats, The Verlaines oder The Clean… ich könnte noch ewig weiter aufzählen… schön ist ja dann auch, das es das Label noch gibt und mit Mystery Waitress knackig gute Gitarrenpopmusik erscheint. Die Band besteht aus drei Frauen und einem Mann und das Album „Bright Black Night“ erscheint am 03.08.24… knackig gute Gitarren mit weiblichem Gesang gibt es auch auf dem nächsten Stück der Band THICK… einem Duo aus New York… grandioses Intro mit den Gitarren… viel Druck und bisschen Gezicke… das Schlagzeug kommt von der Mannequin Pussy Drummerin. Wir bleiben bei etwas härteren Gitarren und erhöhen die Geschwindigkeit… Oceanator sind wieder da… die Band um Sängerin Elise Okusami war in meiner Top 10 von 2022 vertreten und bot das beste Gitarrensolo im Song „Last Summer“… „Get Out“ ist weniger Grunge und mehr Punk… gerade mal 2:25 lang und trotzdem Zeit für ein Solo… well done Elise… Kallai heißt die nächste Band aus Portland mit eher düsteren Shoegaze Gitarrenrock mit hallenden Gitarren und hypnotischen Rythmen…“Always/Never ist Teil einer Debut EP… Die nächste Band kommt aus Baltimore und die kennt auch wieder kein Schwein… Sie heißen Talking To Shadows… der Anfang klingt vom weiten etwas wie „Under The Milky Way“ in Schräglage… entwickelt sich dann aber doch anders… wiederum Shoegaziger Dreampop mit ausdrucksvollem Gesang von Sängerin Carolyn Gilde… rein optisch scheinen die Musiker schon etwas älter zu sein… freut mich auf jeden Fall das ich drüber gestolpert bin… Mysteriöse Klänge folgen mit dem Eröffnungstrack des neuen Alcest Albums „Les chants de l’aurore“… das Stück heißt „Komorebi“ und es geht um das Licht was im Wald zwischen den Bäumen leuchtet… und so ähnlich klingt auch die Musik der Franzosen… Blackgaze nennt man das wohl… eine sehr gelungene Mischung die mir immer mehr gefällt… das Album ist auch als Ganzes sehr zu empfehlen. Nun mal kurz Pause mit den eher dunklen Dreampop-Shoegaze Sachen aber auch etwas Melancholie… der nächste Interpret heißt Kelley Stoltz, Jahrgang 1970 kommt auch aus New York, ist sehr umtriebig als Musiker und Produzent… er war Tourgitarrist bei Echo & The Bunnymen und „La Fleur“ ist sein glaub ich zehntes Soloalbum und „About Time“ erinnert mich ein wenig an die Go-Betweens… Grant McLennan im Besonderen… mit dem ganzen Album habe ich mich noch nicht vollständig vertraut gemacht… aber der Sommer ist lang… Nada Surf geht es ähnlich wie meiner Lieblingsband The Church… sie werden stets auf ihren einen großen Hit reduziert… „Popular“ ist mittlerweile 28 Jahre her und die Band veröffentlicht demnächst ihr zehntes Studioalbum… und kein einziges der bisherigen war schlecht… immer gut melodiöser Powerpop mit Jangle Gitarren und einem sehr sympatischen Sänger… ja, ich könnte mir Matthew Caws auch im Hasenkostüm vorstellen… „In Front Of Me Now“ ist eine Vorab-Single des kommenden Albums „Moon Mirror“. Eher ein Bärchenkostüm würde Mark Everett stehen… auch 1996 den ersten Hit gehabt… das Album „Beautifuk Freak“ war das erste vom Dreamworks Label… dann kamen pechschwarze Sachen wie „Cancer For The Cure“ und der Aufstieg der Eels zu Superstars kam ins Stocken… die insgesamt 15 Studioalben waren zwar nicht unerfolgreich aber ganz nach oben ging es nie… dabei waren immer wieder richtig gute Songs dabei… z.B. „The Look You Give That Guy“ von 2009… eine der traurigsten Stücke ever… auch auf „Eels Time“, dem aktuellen Album ist wieder ein kleiner versteckter Hit drauf: „Sweet Smile“ kommt leichtfüßig und schlicht daher.. „The first time I saw her face sent me into outer space and I haven’t been back since… another day, she graces us how did we get such luck? To share a world that she is in everyday, again and again“… einfach nur charmant… Charmant trifft auch auf die Single „Any Day Now“ von Kate Bollinger zu… blind hätte ich auf Katy Von Schleicher getippt die in ähnlichen Sphären zuhause ist… hier ist noch etwas Americana dabei… aber auch bisschen Belle & Sebastian Twee Pop… passend darauf folgt die Britin Katy J Pearson die nicht mit der ähnlich heißenden B-52’s Sängerin zu verwechseln ist… Pearson hatte schon einen kleinen Radiohit mit „Talk Over Town“ was mich irgendwie an Fleetwood Mac erinnerte… läuft auch öfters in der Offside Playlist… „All Those Goodbyes“ ist ebenso ein unwiederstehlicher Indie Pop Ohrwurm und es sollte mich nicht wundern wenn das was größeres wird…Etwas mystisch wird es dann mit Orlando Weeks, dem ehemaligen Sänger der schwer vermissten Maccabees zusammen mit Rhian Teasdale von Wet Leg… das Video sollte man unbedingt dazu sehen… Es folgt das Projekt Terminal Serious aus Florenz… damit ist jetzt Italien auch auf der choice Landkarte vertreten… der Song „Walk On A Roof“ ist irgendwie Darkwave… Red Lorry Yellow Lorry nur etwas poppiger… Von Florenz dann nach Kopenhagen… da ist der Musiker Anders Trentemøller zuhause und bedient heute hier die Abteilung Electronic Dreampop. „Dreamweavers“ kommt gut im Halbschlaf… es singt die isländische Sängerin Disa. Kurz vor Schluß geht es dann nochmal ans andere Ende der Welt nämlich nach Neuseeland zu Jess Cornelius… die Künstlerin eröffnete vor zwei Monaten den choice#21 Sampler, jetzt ist ihr Album CARE/TAKING erschienen und ich bin mir sicher das sie in meiner Top 10 des Jahres landen wird. Es gibt viele flotte gitarrenbetonte Stücke auf der von Mikal Cronin produzierten Platte, das Highlight ist „The Surgeon“… eine Ballade… ziemlich traurig aber mit herrlichen Bläsern. Zum Schluß gibts noch eine richtige Ballade… „All I See Is You“ von Nicole Miglis, Sängerin der Band Hundred Waters mit einem alten Piano und überhaupt ziemlich altmodischen Instrumenten… das Stück könnte aus einem alten Märchenfilm stammen… so Leute… das war diesmal ziemlich Dreampop-lastig… aber immerhin in allmöglichen Facetten… wenn der nächste Sampler kommt ist’s schon wieder September… puh…

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choice #21…Berlin, 08.05.2024… Manchmal muß ich mich selber wundern wo ich diese ganzen sehr guten Musikerinnen aus aller Welt so aufspüre… häufig sind sie hierzulande eher unbekannt… so auch Jess Cornelius aus Neuseeland die den Sampler Nummer 3 des Jahres 2024 mit „Back To The Mainland“ eröffnen wird… erst als zarter folkiger Song mit einer gewaltigen Steigerung ab Mitte des Songs… mit Mellotron und elektrischen Gitarren zuhauf… sollte mich nicht wundern wenn die Dame kein Geheimtipp vom anderen Ende der Welt bleibt. Eine Sängerin steht auch bei Song zwei im Fokus… aber vielleicht erstmal mit Fragezeichen… Catrin Vincent, die Sängerin des Londoner Quartets Another Sky hat eine sehr ungewöhnliche Stimme die sie hier am Anfang des Stückes „The Pain“ gleich mal in ungeahnte Höhen austestet… das mag nicht jedermanns Sache sein… aber der Song schwingt selbst auch zur Hymne hoch und zusammen passt das sehr gut… Another Sky waren schon öfters Kandidaten für einen choice Beitrag wurden aber immer wieder nach hinten geschoben… diesmal auf jeden Fall gesetzt. Beim nächsten Lied erkennt man den Interpreten schon an den ersten Pianotönen… Paris 1919? Nicht ganz… aber immer noch ganz klar John Cale der mit amtlichen 82 Jahren noch ein neues Album am Start hat was demnächst unter dem Namen „Poptical Illusion“ erscheinen wird und hier mit „How We See The Lights“ absolut exzellenten Pop bietet… 51 Jahre nach dem Meisterwerk „Paris 1919“ und 60 Jahre nachdem er mit Lou Reed Velvet Underground gegründet hat… Respekt… Poppig gehts auch weiter… hab ich doch beim letzten Sampler über The Last Dinner Party geschwärmt gibts diesmal einen Song der gut und gerne auch von diesem Album stammen können… ist aber von Kate Nash… die inzwischen 35jährige Britin stand sicher auch Pate für den Erfolg der Last Dinner Party… macht aber auch schon seit gut 15 Jahren Musik … genau wie Lily Allen oder Florence + the Machine… kann mich aber nicht erinnern das je ein so starker und opulenter Song wie „Million Of Heartbeats“ dabei gewesen wäre… einer meiner derzeitigen Ohrwürmer… Das australisch-schwedische Duo der Zwillingsschwestern Elektra und Miranda Kilbey veröffentlicht seit 12 Jahren als Say Lou Lou hervorragende Popmusik… und ja… es sind die Töchter meines Lieblingssängers Steve Kilbey (The Church)… aber der spielt hier keine weitere Rolle… „Wong Kar-wei“… das mußte ich nachschlagen… ist ein chinesischer Filmregisseur- und Produzent mit einer sehr eigenen Ästhetik. Nochmal Pop mit weiblichen Gesang und hartnäckiger Eingängigkeit findet auch im nächsten Beitrag statt und diesmal kommt er aus Berlin… Christin Nichols hat eines der besten deutschsprachigen Alben des Jahres am Start… warum ich dann einen englischsprachigen Song ausgesucht habe (?) „Direct Flight To Seattle“ ist einfach ein verdammter Hit… die anderen Songs des Albums „Rette sich wer kann“ aber auch… politisch und feminin…in einem Lied heißt es: „Ich will leben, als ob die AfD was dagegen hätte“… Deutschsprachig geht es aber weiter mit Kettcar. Das 6. Studioalbum der Hamburger Band ist derzeit sogar auf Platz 1 der deutschen Albumcharts… sowas passiert auf meinen choice-Samplern recht selten… aber völlig verdient… die Lyrics auf „Auch für mich 6. Stunde“… da bin ich ein bisschen neidisch… wie ein Feuerwerk kommen sie daher… ich muß etwas an „We Didn’t Start The Fire“ denken… dazu noch die Haltung der Band und auch der direkte, einfache Postpunk der Musik sind eine Nummer Eins wert… endlich mal… Einmal Deutsch haben wir noch und zwar aus Österreich… Wien um genau zu sein. RAHEL heißt die junge Frau die gerade ihr Debütalbum veröffentlicht hat und auch sie hat unbedingt etwas zu sagen… clevere Texte und gut produzierter Indie-Rock läßt durchaus aufhorchen… die Gute ist erst Anfang 20… man merke sich RAHEL… Song Nummer 9 kommt von The Early November… eigentlich ist Emo-Rock nicht so meine Baustelle, aber wer einen so guten Song wie „The Fool“ liefert kommt auch hier rauf… an dem Song stimmt ziemlich alles… eine flotte Ballade würde ich es mal nennen. Es folgt das französische Duo Alcest die eher aus dem Metalbereich kommen und inzwischen mehr auf den Spuren von Deafheaven sind die den Metal mit Shoegaze ersetzt haben und nur noch gelegentlich Härte aufblitzen lassen… Das letzte Deafheaven Album war bei mir Platz 2 der Alben des Jahres 2021… also ich mag sowas… mal sehen wie das Alcest Album wird… es fällt auch garnicht auf das die französisch singen… Shoegaze Musik der ersten Stunde bieten dann Ride die letztes mal mit einem New Order-ähnlichen Popstück ihres aktuellen Albums „Interplay“ vertreten waren… das Album insgesamt fällt bei mir weitestgehend durch… aber dann ist mit „Portland Rocks“ dann so ein Stück wo ich sage… wie geil ist das denn? Turmhohe Gitarrenwände… warum nicht mehr davon? Immerhin haben sie den einzig richtig guten Song nicht versteckt wie „Pulsar“ vom Comeback Album „Weather Diaries“ von 2017… der kam erst auf einer extra EP ein paar Monate später ans Licht… So… Song Nummer 12: Parsnip aus Australien… ein rein weiblicher Vierer mit wunderbar windschiefem Garagen Psych Rock… der garantiert beste Laune mit „The Babble“… die Trashcan bleibt beim nächsten Stück offen… aber die Geschwindigkeit wird für knapp 2 Minuten mindestens verdreifacht… „Antidote“ von den Briten Bad Nerves rennt einfach mal schnell durch die Ohren und eh man sich’s versehen hat ist das Stück schon wieder vorbei. Die Ramones lassen ein wenig grüßen. Geschwindigkeit wieder bisschen runter aber auch nicht zu viel: Die Beatsteaks haben mal wieder eine gute Single am Start, nachdem die letzten Stücke irgendwie bemüht klangen hat man bei „Detractors“ den Eindruck das sie das flotte melodiöse Stück aus den Ärmeln geschüttelt haben… quasi gut wie früher und außerdem aus Berlin. Aus Dublin und anders als früher ist die neue Single von Fontaines D.C. „Starbuster“… ein fast schon hiphop-lastiger Beat und auch eher Sprechgesang… interessant… mal sehen ob sich die neue Richtung auf das kommende Album „Romance“ auswirkt. Als nächstes denkt man James Bond steht vor der Tür wenn „Violent Times“ startet… ist aber nur St. Vincent mit einem Stück ihres sehr guten Albums „All Born Screaming“ welches sich durch große Vielfalt auszeichnet… das erste Album von St. Vincent was mir richtig gefällt. Es folgt Neues von Nilüfer Yania, deren Album „Painless“ war meine Nummer 5 des Jahres 2022 und der Song „Midnight Sun“ einer der besten Songs des Jahres… „Like I Say (I Runaway)“ hat auch wieder diese leicht dreckige E-Gitarre und auch hier bin ich gespannt auf noch mehr neues Material. Aber nun ja… Platz 5… nicht schlecht, aber die nächste Künstlerin war mit großem Abstand Nummer Eins im Jahr 2021. Anne Lise Frøkedal ist inzwischen neben Neko Case und Weyes Blood meine Lieblingssängerin und auch von ihrer Band wird es ein neues Album geben wovon hier schon mal eine Hörprobe parat liegt… am Anfang verhalten, später eine rockige Nummer… ähnlich wie der erste Song dieser Compilation. Der nächste Künstler heißt Swamp Dogg und ist ganze 4 Monate jünger als John Cale… also knapp 82… ich muß gestehen das ich von ihm vorher nie etwas bewußt gehört habe aber hier kommt Country, Blues und Soul ganz gut zusammen… er selber zählt die Tage eher im Hintergrund, gesungen wird „Count The Days“ aber von Jenny Lewis die ich als Sängerin ebenfalls sehr schätze. Der finale Song kommt diesmal von Mount Kimbie, einem Londoner Duo die bislang hauptsächlich in elektronischen Bereichen angesiedelt waren… aber auch gerne mal zu Post Punk- und Rock umschwenken. Bei diesem Song haben sie Unterstützung von King Krule der mit seiner Stimme dieses Stück merkwürdige Musik veredelt. Viel Spaß beim hören…

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choice#20… Berlin, 07.03.2024 …so… den Winter betrachte ich mal als erledigt… erste Blümchen erscheinen im Garten… Zeit die Frühlingsgefühle in Noten zu setzen… aber nicht von mir selbst… davon hab ich leider keine Ahnung… zum Glück gibt es Leute die das können… ich suche sie aus und sortiere sie für euch. Beim Sampler Nummer zwei im laufenden Jahr und Nummer 20 insgesamt haben sich wieder viele Entdeckungen aus allmöglichen Richtungen angesammelt. Wir starten instrumental von ganz easy zum finalen Lärm mit einem Stück von A Burial At Sea, einem irischen Duo die inzwischen in Liverpool leben. Wir haben es hier mit Postrock zu tun wie man ihn auch von Mogwai oder Explosions In The Sky kennt… A Burial At Sea setzen gelegentlich mit Bläsern einen Unterschied… auch fassen sie sich etwas kürzer als genannte andere Bands… „páirc béal uisce“ schleicht sich langsam ins Ohr und wenn es zu gemütlich wird hauen sie dir elektrische Gitarren um die Ohren… Das nächste Stück „Familia“ der Band The Holy aus Helsinki macht von Anfang an keine Gefangenen… Keyboards, Gitarren und Drams schrauben den Song in schwindelerregende Höhen voller Dramatik… Im Video dazu sitzen die Musiker am Strand eines finnischen Sees (die Mücken sieht man nicht) und machen relaxt Picknick… im Laufe der Minuten verliert sich die Leichtigkeit und am Ende brennt alles lichterloh… gefällt mir sehr gut…. also der Song. Eher aus dem Regal der Elektroabteilung kommen Clt Drp… ein multinationales Trio mit Sitz in Brighton… trashiger Electroclash mit rumpeligen Drums… da wackelt das Hinterteil und die alte Tanzmaus McLarsen will auf den Dancefloor… ok… geht aber auch so… Beim nächten Song bleiben die Drums in der Garage aber die Discokugel bleibt an… Arab Strap sind zurück und wir lauschen Aidan Moffets breitem schottischen Akzent wenn er über finstere Dinge wie Haß im Internet singt… naja… eher erzählt. Der demnächst dazu erscheinende Longplayer heißt übrigens „I’m totally fine with it 👍 don’t give a fuck anymore 👍“… mit Emojis… Das nächste Stück versteht sich an der Stelle als ein Brückenschlag von den eher elektro-orientierten ersten Stücken und den rockigeren danach… gespielt von der hier und heute dienstältesten Band: Ride. Die Shoegaze Veteranen veröffentlichen demnächst die bereits dritte Platte nach ihrer Reunion 2017. Der Song „Last Frontier“ist recht poppig und könnte gut und gerne auch von New Order sein… aber auch da gibt es ja schlimmeres… Wie angekündigt übernehmen jetzt härtere Gitarren das Zepter… aber keine Angst… so richtig hart wird es diesmal nicht… PROJECTOR sind eine Band aus Brighton die Postpunk machen und gerade ihr Debütalbum „Now When We Talk It’s Violence“ veröffentlicht haben… Restorations von der amerikanischen Ostküste pflegen einen ähnlich direkten Stil zu spielen… sind aber schon ein paar Jahre dabei… Postpunk auf Hymne quasi… Kaum angekommen, verlassen wir den klassischen Rocksong bereits wieder und kommen zur Französin Maud Nadal die mit ihrer Band Halo Maud genauso klingt als würde man Melodys Echo Chamber und Björk in einen Cocktail mixen… heraus kommt ein leicht exzentrischer Psychedellic-Pop-Mix bei „My Desire Is Pure“… halb englich, halb französisch. Jane Weaver ist von dieser Mixtur auch nicht weit entfernt… sie macht bereits seit den 1990ern Musik, solo erst seit etwa 2006… nie mit der gleichen Mixtur… Demnächst erscheint ein neues Album der 52jährigen Britin aus Manchester… „Perfect Storm“ ist ein Vorgeschmack darauf. Auf dem letzten choice-Sampler war Nadine Shah bereits zu hören, nunmehr ist ihr Album „Filthy Underneath“ erschienen und erwartungsgemäß ist es sehr gut. „Greatest Dancer“ handelt wie andere Songs von dem Album von zweifelhaften Erlebnissen der Dame bein Drogenentzug… ich mag das wilde Schlagzeug sehr… und natürlich ihre stets zur Dramatik neigende Stimme… letzteres trifft in diesem Punkt auch auf die nächste Künstlerin zu: Grace Cummings aus Melbourne besitzt auch eine Stimme mit hohem Wiedererkennungswert… die Musik geht ein wenig in Richtung Folkrock… ich bin mir sicher das man sich ihren Namen merken sollte… denn manchmal kann es schnell gehen mit plötzlichen Ruhm: Aus der Kategorie „Der neueste geile Scheiß macht auch vor McLarsen nicht halt“ : The Last Dinner Party. Mit ihrem Debütalbum „Prelude To Ectasy“ gefühlt auf dem ganzen Planet gefeiert als hätten die vier Damen die Popmusik neu erfunden… nunja… ich sag mal… nicht neu erfunden, aber ausgezeichnet gerührt, geschüttelt… was auch immer… Da kommen Abba, Queen, Sparks, Fleetwood Mac und weiß ich was noch alles in einen Topf, reichlich Streicher und Orchester drumrum, erinnerungswürdiges visuelles Auftreten und geboren sind Superstars ohne Vorhype… mir gefällts sehr. Ich will die Kategorie nicht nochmal ausschreiben, aber hier ist Teil zwei: Mine und „Baum“… Der Name der 39jährigen Künstlerin die eigentlich Jasmin Stocker heißt war mir durchaus vertraut… dachte ich aber immer das mir das zu sehr ins schlagermäßige geht… getäuscht… ich hörte mir den Titelsong ihres aktuellen Albums „Baum“ an und war spontan hin und weg… dieser eigentlich simple aber clevere Text… dieses Arrangement… dieses große Finale… mit Schlager hat das wirklich nix zu tun… beste deutsche Popmusik anno 2024… wo wir gerade dabei sind… auch der nächste Song handelt vom Älterwerden… allerdings aus Sicht einer deutlich jüngeren Frau… sie heißt und nennt sich Sandra, hat nix mit der 80er-Jahre Schnepfe zu tun die irgendwas mit Maria Magdalena hatte. Das Stück „Sterne sehen“ ist Dreampop mit einfachsten Mitteln produziert… hat mir aber auch von der ersten Sekunde gefallen. Das Jahr ist zwar noch jung, aber ich habe mich bereits im Januar darauf festgelegt was die beste Coverversion des Jahres ist. The Fauns waren mit Vorab-Singles schon auf den letzten beiden Samplern drauf… nun ist ihr drittes Album „How Lost“ erschienen und es hat eine Coverversion von „Doot Doot“ der Band Freur drauf… Freur änderten Ende der 1980er ihren Namen in Underworld… was natürlich auch einfacher zu merken ist, als Underworld waren sie in den 1990ern sehr erfolgreich im Bereich Electronic und Techno… „Born Slippy“ wurde im Film Trainspotting bekannt. „Doot Doot“ von 1983 war seinerzeit in meinem Kopf ein klarer Nummer Eins Hit und so freute ich mich natürlich über eine völlig gelungene Coverversion die den Song nicht verändert ihn aber im Stil von The Fauns interpretiert… klingt als wäre er für sie geschrieben worden… so schön kann Dreampop sein… Wir bleiben beim Thema Dreampop und Coverversion: Die Band Cigarettes After Sex aus Texas nimmt sich dem Radiohead Song „Motion Picture Soundtrack“ an (war der letzte Song auf Kid A)… auch hier passt das sehr gut… die Schlafmützigkeit der Band kommt manchmal wie eine warme Decke… auf Dauer für mich aber etwas zu ruhig. The Reds, Pinks & Purples folgen mit dem Song „Your Worst Song Is Your Greatest Hit“… sind damit vielleicht auch Radiohead (Creep) gemeint? Ich weiß es nicht aber die Band versteht es immer wieder mit ihrem Jangle Dreampop zu überzeugen… schade das sie niemand kennt. So, nachdem die letzten Songs ja etwas getragen und verträumt waren wird es Zeit für einen Wake Up Song: „Get Numb To It!“ von dem Duo Friko aus Chicago… es ist eine etwas trashige Nummer im 60’s Style… man möchte mithüpfen und juhu schreien und headbangen… so viel positive Energie gab es in letzter Zeit selten… ich empfehle den Song bei 3:38 zu cutten… die letzten Sekunden machen höchtens innerhalb des Albums Sinn… vielleicht kommt ja noch ein Edit… Dann nochmal Dreampop mit Betonung Pop: Soft Science gibt es schon 15 Jahre… sie haben es irgendwie geschafft sich an mir vorbei zu mogeln… aber jetzt hab ich sie erwischt… „Sadness“ ist ein schöner Ohrwurm… ein Ohrwurm ist auch einer wenn man mit einem Lied schlafen geht und damit am nächsten Morgen aufwacht… so geschehen mit „Gleaming“ von Anomic Bond die unseren musikalischen Reigen heute beschließen… viele Grüße an dieser Stelle an Leni und Stefan… ich hoffe bald mehr Musik von euch zu hören… an dieser Stelle geht es dann in zwei Monaten weiter… choice#21 kommt dann Anfang Mai.

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choice#19… Berlin, 03.01.2024… So… Best Of 2023 und Weihnachtslieder adé… Zeit für neue Musik im neuen Jahr… die rollt sanft los… Wings Of Desire, benannt nach dem Wim Wenders Film der bei uns „Der Himmel über Berlin“ hieß… sind ein britisches Mann-Frau-Duo die gerade ihr erstes Album „Life Is Infinite“ veröffentlicht haben… atmosphärischer Dreampop mit Gitarren und Synthies… beides auch zu finden beim nächsten Act… und deren Debütalbum ist schon eine ganze Weile her… nämlich 39 Jahre… 1985 erschien „Psychocandy“ von The Jesus & Mary Chain aus East Kilbride bei Glasgow. Im März 2024 erscheint dann ihr erst achtes Studioalbum „Glasgow Eyes“. Die Vorabsingle „Jamcod“ ist so typisch TJAMC wie eh und je… die Meister der gepflegten Rückkopplung in Hochform… manchmal klingts ein wenig nach gesampleten Zahnarztbohrern…autsch… Die nächste Band hat auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel… Feeder gibt es seit 1994 und sie waren Ende der 1990er eine der erfolgreichten Bands Großbritanniens und hatten mit „Buck Rogers“ einen Hit. Nach dem Suizid ihres Drummers wurde es etwas ruhiger um die Band die nunmehr als Duo agiert. Im März 2024 erscheint ein neues Album der Waliser und „The Knock“ ist ein vielversprechender Vorbote… Prima Power-Pop. Mit Thermal kommt das vierte Duo in Folge auf diese Playlist. Sie kommen aus Toronto und sind im Bereich Shoegaze zuhause wie der Song „18“ zeigt… Nur scheinbar ruhiger beginnt das nächste Stück von Frank Carter & The Rattlesnakes… zwischendrin wird es auch etwas lauter in dem Song „Brambles“ vom im Januar erscheinenden Album „Dark Rainbow“. Hinter dem Namen Torres steht die Amerikanerin Mackenzie Scott und auch sie hat ein neues Album am Start welches am 26.01.2024 erscheinen wird. Es ist dann bereits ihr sechstes und wie gehabt eine Mischung zwischen PJ Harvey, Cat Power und Sharon Van Etten. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Nadine Shah. Die Britin kann gut Drama wenn sie über die 20 schlimmsten Dinge die sie kennt singt… Das dazugehörige Album kommt im Februar und ich bin sehr gespannt. Mit der nächten Dame wird es ein wenig poppiger… „Nothing Lasts“ von Emily Yacina kommt mit Glöckchen und etwas angejazzter Percussion daher und bleibt gut im Ohr. Noch ein wenig mehr Pop gibt es vom nächsten Duo: Say Lou Lou sind die Zwillingsschwestern Electra und Miranda Kilbey… wer hier öfters mal mitliest wird vielleicht aufmerken… Kilbey? Genau, die beiden sind Töchter von Steve Kilbey, dem Sänger meiner Lieblingsband The Church. Die beiden haben sich ein Lied von Kate Bush vorgenommen und machen das wie ich finde ganz hervorragend. Zwischen den ganzen weiblichen Interpretinnen habe ich dann mal einen Herren versteckt, nämlich Bill Ryder-Jones. Der ehemalige Gitarrist von The Coral thematisiert die Eventualität des eigenem Ablebens und verspricht auch als Geist stets für die Liebste da zu sein… herzallerliebst in bestem Eels Stil. Marika Hackman folgt mit „Slime“… wiederum ein schönes eingängiges Stück Pop was derzeit auch im Radio vertreten ist. Es wird dann etwas psychedelischer und es gibt ein weiteres Stück der guten Platte „A Little Touch Of Schleicher In The Night“ von Katie von Schleicher… besser als Schmidtchen Schleicher. Das einzige Nicht-Englische Lied kommt dann von Laetitia Sadier die als Sängerin von Stereolab bekannt ist… „French Disco“ ist eines der meistgespielten Musikstücke im Offside. „Une Autre Attente“ ist ein Song in ihrer französischen Muttersprache und erscheint demnächst auf ihren neuen Soloalbum. Ich weiß nicht warum diesmal so viele Duos dabei sind aber auch Deary sind zu zweit und machen besten Dreampop zu einem bemerkenswerten Breakbeat mit einer Sängerin die etwas an Hope Sandoval von Mazzy Star erinnert… es gibt erst eine EP… weitere Musik wird sicher folgen. Im gleichen Stil geht es mit einem neuen Stück von The Fauns weiter… „Mixtape Days“… ja da war ich früher immer dabei… fehlt manchmal ein wenig… aber diese choice Serie die ja jetzt ins vierte Jahr geht ist ja im Prinzip auch nix anderes als ein Mixtape… erreichbar auf der ganzen Welt. Wir verlassen den Dreampop und lauschen einem neuen Song vom ewig coolen J Mascis… der Dinosaur jr Sänger veröffentlicht demnächst ein weiteres Soloalbum. Die Musik wie gehabt… bisschen akustischer als bei der Hauptband und natürlich mit Gitarrensolo. Apropos Dinosaur jr… der nächste Song heißt tatsächlich „The Replacements And Dinosaur jr“… man erwartet zumindest eine ordentliche Ladung Rockmusik mit elektrischen Gitarren… und bekommt Bar-Jazz. Es ist ein Tribut an einen verstorbenen Musikerkollegen der die Künstlerin auf benannte Bands gebracht hat… und auch auf XTC und Daniel Lanois… muß also einen guten Geschmack gehabt haben, der Gute… Die Interpretin Paula Cole wurde mit ihrer Zusammenarbeit mit Peter Gabriel in den 1990ern bekannt und hatte mit „Where Have All The Cowboys Gone“ auch einen eigenen Hit. Das nächste Stück kommt vom Duo (logo) Still Corners und lässt uns in ihre geheime Welt eintauchen… mit überwiegend akustischen Instrumenten und wiederum leicht angejazzter Percussion. Gerade auf der Ziellinie erschienen ist dann auch noch eine neue Single der New Yorker Band The Lemon Twigs die dann übrigens auch ein Duo (und zwar Brüder) sind. Sie spielen lupenreinen Jangle-Gitarrenpop mit schönsten Harmoniegesängen… als wäre man plötzlich im Jahr 1969 aufgewacht… ist aber am 02.01.2024 erschienen… The Byrds meets Beach Boys… sehr schön. Die Musikerin Lillie Amadea West hat sich den Künstlernamen Lala Lala gegeben… kann man sich auch besser merken… sie schließt die Compilation sphärisch und geheimnisvoll mit der Single „Armida“… viel Spaß beim hören und entdecken…

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…wer wissen will was letztes Jahr war drückt hier: Musik 2023

McLarsen’s Irische Tagebücher #4: Kilkenny (November 2024)

McLarsen’s Irische Tagebücher: Berlin, 07.12.2024… Das erste was mich mal mit Irland verband war die Musik… Anfang bis Ende der 1980er Jahre war U2 eine meiner Lieblingsbands und sie hatten seinerzeit auch Songs, die Einblicke in die politische Realität des gespaltenen Landes gaben. Anfang der 1990er Jahre war mein Interesse an Bono & Co. ziemlich erloschen, aber es kam ein neuer Liebling in mein Leben… er hieß Arthur Guinness und war bereits fast 200 Jahre tot, aber sein Bier ist bis heute sehr lebendig und wurde mir zum treuen Lebensbegleiter. Mein Wohnzimmer war das kleine Irish Pub bei Jimmy und seit 2000 wird das schwarze Stout in der eigenen Bar gezapft. Es hat trotzdem ziemlich lange gedauert bis ich zum ersten mal einen Fuß auf irischen Boden gesetzt habe… es war 2013 und Dublin stand auf der Agenda. Seit 2019 bereise ich mit meinem Freund André jährlich das Land… von den Corona-Jahren mal abgesehen. Zuerst Donegal, dann Limerick, letztes Jahr Galway und dieses Jahr Kilkenny. Es sind stets kurze Trips am Jahresende, weitere sollen folgen.

Kilkenny... im Vordergrund das ehemalige Brauereigelände

Kilkenny ist eine Stadt im Südosten der Republik Irland. Sie ist etwa 130 Kilometer und 2 Autostunden von Dublin entfernt… die Stadt liegt am River Nore und ist etwa 70 Kilometer von der Südküste Irlands entfernt. Gegründet wurde die Stadt im 7. Jahrhundert mit dem Bau der ersten St. Canice’s Cathedral… die Stadt war Bischofsitz und wegen der guten Lage zwischen Cork und Dublin wirtschaftlich erfolgreich. Das Stadtzentrum besitzt viel mittelalterliche Architektur, allen voran die bereits genannte St. Canice’s Cathedral mit dem Rundturm und das Kilkenny Castle. Der Name Kilkenny wird natürlich weltweit mit dem gleichnamigen Bier verbunden… allerdings kannte man das Bier der Brauerei in Irland und Großbritannien nur unter dem Namen Smithwick’s, da das für nicht-britische Zungen zu schwer schien, heißt es für den Export Kilkenny. Die Brauerei wurde 1965 von Guinness gekauft und seit 2013 wird das Bier in der St. James Gate in Dublin gebraut… wie das Guinness auch.

Unterkunft mit Pub: Glendine Inn

Kurz nach 10 Uhr hob der Flieger vom Berliner Flughafen BER ab und knapp zwei Stunden später ging es dann in Dublin wieder runter. Es folgte die übliche Odyssee zum Autoverleih, der ist abseits des Flughafens und man wird mit einem Kleinbus dahin transportiert. Dort nahmen wir eine kleine koreanische Eierfeile in Empfang und ab ging es durch den dicken Dubliner Berufsverkehr Richtung Südosten. Das Wetter war typisch für Irland sehr wechselhaft, es regnete mal mehr, mal weniger aber die Temperaturen waren immerhin zweistellig… während der Zeit sahen wir nicht selten kurze Hosen und Flipflops… der Ire ist halt hart im Nehmen. Nach gut anderthalb Stunden erreichten wir unser Ziel in Kilkenny: The Glendine Inn im Nordosten der Stadt. Es ist etwas abseits der Innenstadt, hat aber alles was man braucht… vor allem einen riesigen Pub im Erdgeschoß. Nach dem kurzen Einchecken ging es dann auch genau dorthin und kurz vor 4 standen die ersten beiden Pints auf dem Tisch, gefolgt von Burger und zwei weiteren Guinness. Danach ging es Richtung Innenstadt… etwa 15-20 Minuten läuft man dorthin, kommt man über die Brücke des Flusses Nore, ist man mittendrin in der schmucken Kleinstadt die bereits komplett auf Weihnachten geschmückt war.

Am ehemaligen Standort der Smithwick's Brauerei

Die Flaniermeile der Stadt ist die Parliament Street, die im weiteren Verlauf High Street heißt und in Sichtweite des Kilkenny Castle in einem Platz mündet auf dem ein Weihnachtsmarkt war. Am oberen Ende der Straße befindet sich das Gelände der ehemaligen Smithwick’s Brauerei. Es gibt ein Visitorcenter mit einem Shop bei dem man allerlei Tinnef zum Thema Kilkenny Bier kaufen kann. Auf dem Gelände der Brauerei steht die Ruine eines ehemaligen Klosters und aus einem Gebäude der Fabrik wurde ein Shoppingcenter gemacht. Der erste Stopp war die Marble City Bar… nicht weil die so gut sein soll, aber ich kenne sie von einem Lied des schottischen Sängers Jackie Leven… das Lied lief vor 30 Jahren oft in Jimmy Mac’s Pub… nun also live und in Farbe… war aber eher ein wenig Schickimicki, so gingen wir dann auch bald wieder.

Marble City Bar von außen...
...und innen

Wir passierten das Rothe House, ein mittelalterliches Anwesen und das Rathaus der Stadt aus dem 18. Jahrhundert. Die nächste Einkehr war im Left Bank, einem riesengroßen Pub welches über mehrere Etagen geht und man zum Klo mit dem Fahrstuhl fahren kann. Es war ja Freitagabend und dementsprechend rappelvoll, aber wir hatten Glück und fanden ein schönes Plätzchen. Der Pub ist typisch britisch/irisch sehr plüschig eingerichtet und wir verweilten dort eine ganze Weile. Im Anschluß spazierten wir noch durch die Straßen der Altstadt und kehrten als nächstes im Brewery Corner ein, wo es ein gezapftes O’Hara’s Stout gab… ich kannte bislang nur die Version aus der Flasche. Wir waren danach schon wieder im Rückwärtsgang als uns dann noch die Nore Bar in die Quere kam, in der wir dann auch noch kurz verweilten. Der Laden war sehr gut besucht vor allem mit Einheimischen… Anschließend ging es zurück ins Glendine Inn wo der Tag nach diversen Absackern sein Ende nahm… wie zuhause ging es dann eine Etage höher ins Bett.

Im Left Bank

Am Samstag galt es Kilkenny im Hellen zu erkunden, die erste Station war die St. Canice’s Cathedral. Die Kirche wurde im 13. Jahrhundert errichtet und ist eine frühgotische Basilika mit Vierungsturm. Der Rundturm der direkt vor der Kirche steht ist noch um einiges älter, er stammt aus dem Jahre 849. Beides kann besichtigt werden, allerdings für je 6€ Eintritt.
Auf dem Weg zurück zum Stadtzentrum passierten wir zwei weitere sakralen Baudenkmäler… die Black Abbey die ebenfalls im 13. Jahrhundert errichtet wurde und St.Mary’s Cathedral, einen neugotischen Bau aus dem 19. Jahrhundert.

St. Canice’s Cathedral und Rundturm
Kilkenny - Blick zur St.Mary's Cathedral
Kilkenny Castle

Im Zentrum der Stadt befindet sich das Kilkenny Castle welches aus einer mittelalterlichen Burg hervorging. Es ist umgeben von Gärten und einem Park, direkt am Fluß Nore gelegen. Das Wetter war einigermaßen mies, aber das störte uns nicht denn wir planten eine kleine Wanderung. Eigentlich wollten wir mit dem Bus ins 12 Kilometer entfernte Bennettsbridge fahren, dort 2 Guinness im Dorfkrug ziehen und dann an der Nore zurück nach Kilkenny laufen… wir scheiterten aber daran, das wir die Bushaltestelle nicht fanden… wie wir später erfuhren gibt es dafür in Irland keine speziellen Schilder… so beschlossen wir die Tour andersrum zu laufen. Der Nore Valley Trail ist ein gut ausgeschilderter Wanderweg am River Nore, dem etwa 140 Kilometer langen Fluß, der durch Kilkenny fließt. Die Wanderung war etwas anstrengend da die Wege durch den Regen aufgeweicht waren und man stets aufpassen mußte nicht mit einer Pirouette in den Modder zu rutschen. Unterwegs sahen wir diverse Vögel wie den Reiher zum Beispiel. Auf halber Strecke befinden sich mittelalterliche Gebäudereste einer Mühle. Kurz vorm Ziel Bennettsbridge unterquerten wir die Autobahn M9 und dann war auch bald die namensgebende Brücke aus dem 18. Jahrhundert zu sehen.

Alte Mühlenruine am Wanderweg
Nore Valley Trail
Bennettsbridge... erbaut 1740-1760

Der Dorfkrug hieß dann O’Donnells und nach insgesamt gut 15 Kilometern Fußmarsch hatten wir uns dann auch ein Guinness verdient. Der junge Barmann freute sich, das mal andere Leute kommen und die Dorfopas meinten der Bus kommt entweder um drei oder um vier… es war 13:30 und es war klar das wir wohl einige Zeit in diesem Pub verbringen würden. Leider hatte der Opa mit dem 4 Uhr Bus recht, aber was soll’s es gab Bier und Rugby auf der Leinwand… wir hätten es schlechter treffen können. Kurz nach vier kam dann tatsächlich ein Bus an einer unmarkierten Stelle und als wir in Kilkenny ankamen war es dann bereits wieder dunkel.

Warten auf den Bus im O'Donnell's...
...ind an der unmarkierten Bushaltestelle

In einem Einkaufszentrum erwarb ich noch schnell eine Bürste, um den ganzen gespritzten Matsch auf unserer Kleidung abbürsten zu können, das machten wir dann in der Unterkunft… dort gab es dann auch feste Nahrung bevor es wieder in die Innenstadt ging. An diesem Tag war der Stadtteil westlich der Nore dran erkundet zu werden. Die erste Station war Sullivan’s Taproom… nach eigenen Angaben die älteste Brauerei Irlands. Es gab Maltings Red Ale, Irish Gold und Black Marble Stout vom Hahn, daneben etliche Gastbiere aus aller Herren Länder, sogar ein Bier aus der Weißenoder Klosterbrauerei die wir neulich auf unserer Bierwanderung durch Franken kennenlernen durften. Die Biere waren lecker und die Location auch gut… im Sommer gibts dann auch einen Biergarten. Die nächste Station war Lenehans Public House… ebenso ein schönes, gut besuchtes Pub. Nach dem obligatorischen Absacker im Glendine Inn war dieser Tag dann auch Geschichte.

Im Sullivan's Taproom

Am Sonntag machten wir mit dem Auto einen Ausflug an die Küste. Dank äußerst kreativer Ideen von GoogleMaps lernten wir auch die entlegensten Nester der Countys Kilkenny und Wexford kennen… irgendwann kamen wir dann aber am Ziel an: Hook Lighthouse, ein Leuchtturm am keltischen See. Er ist 800 Jahre alt und zählt zu den weltweit ältesten noch funktionierenden Leuchttürmen. Man kann ihn besichtigen aber uns reichte es, ihn von außen zu erkunden. Das Wetter war an diesem Tag sogar recht freundlich… es gab Sonne und kaum Regen. Der Rückweg führte uns über eine Autofähre zum gegenüberliegenden Ufer Richtung Waterford. Ursprünglich war eine Besichtigung der Whiskybrennerei Waterford geplant, aber wenige Tage vorher ging die Destille in Konkurs und ist seitdem geschlossen. Waterford ist recht groß aber es gibt kaum etwas interessantes zu sehen, also Richtung Kilkenny zurück wo wir uns im Glendine Inn das Fußballspiel FC Liverpool – Manchester City anschauten.

Hook Lighthouse

Abends dann gab es Essen beim Inder und Bier in Kyteler’s Inn und der Nore Bar. Als wir dann zurück im Glendine Inn waren, wurden wir Teil einer Lokalrunde die ein Politiker ausgab, der bei der Wahl an diesem Wochenende offensichtlich gewonnen hatte… auch schön… es war der Ausklang des letzten Tages.

Am Montag fuhren wir dann bei schönstem Wetter zurück nach Dublin, hatten genug Zeit am Flughafen, flogen zurück und um 20:00 Uhr hatte mich Berlin Gesundbrunnen zurück. Es war wieder eine schöne Zeit bei den Iren die wieder sehr gastfreundlich waren. Das Glendine Inn ist sehr zu empfehlen… es hatte alles was man braucht und war auch vergleichsweise günstig. Nächstes Jahr gibts die nächsten Einträge in McLarsens Irische Tagebücher… wohin es uns dann führt, wissen wir noch nicht. Ich bedanke mich bei Nina und dem Offside Team, die zuhause alles am Laufen gehalten haben.

St. Canice’s Cathedral bei Nacht

1989… McLarsen in Uniform zur Wendezeit

Es gibt Dinge in der Weltgeschichte, wo jeder weiß, wo er zu dem Zeitpunkt gerade war… die Generation meiner Eltern vielleicht Kennedy oder Mauerbau… meine Generation eher 11. September oder… Mauerfall. In diesem Blog soll es um letzteren gehen… ich kann spoilern: Ich habe bei der Information „Die Mauer ist offen“ Stiefel geputzt… Armeestiefel Made in GDR, schwarz in Größe 42… aber der Reihe nach… ich muss ein wenig ausholen…
Ich bin in Leipzig und Potsdam aufgewachsen. Nach dem berufsbedingten Umzug meiner Eltern von Leipzig nach Potsdam im Sommer 1975 wurde ich kurze Zeit später in die Klasse 1b der Polytechnischen Oberschule (POS) „Herbert Ritter“ in Potsdam-Babelsberg, Wohngebiet Gluckstraße eingeschult.

 

Alte Postkarte des Wohngebietes Gluckstraße

Mein Vater war Offizier der Nationalen Volksarmee. Er war Trainer im Armeesportklub (ASK) „Vorwärts“ in der Sportart Fechten. Meine Mutter war Physiotherapeutin, ebenfalls beim ASK… hatte aber mit politischem Belangen nichts zu tun. Das Wohngebiet Gluckstraße, in deren Zentrum quasi meine Schule stand, war alles andere als ein Arbeiterviertel… im Osten begrenzt von den Kasernen der Grenztruppen (jene Grenze lag mit der Westberliner Enklave Steinstücken nördlich von uns), weiter südlich war die Verwaltung vom Zoll und ein Lazarett… unweit des Wohngebietes entstand das wesentlich größere Wohngebiet „Am Stern“… benannt nach einem sternförmig ausladenden Platz am nahen Jagdschloss aus der Zeit von Friedrich Wilhelm I. Westlich des Wohngebietes war das Musikerviertel, benannt nach den Straßennamen von berühmten Komponisten… hier wohnten bis 1945 Naziprominenz und Prominente der nahen UFA Filmstudios und nach dem Krieg auch eher… ich sag mal besserverdienende oder dem Regime nahestehende Menschen. Die Straßen waren nicht direkt aufgeteilt, aber es gab Wohnblöcke, da wohnten fast ausschließlich Angehörige der Stasi, in anderen Blöcken Zollbeamte… mithin auch uniformierte Staatsdiener… in den Plattenbauten der Serie WB70 wie meinem, waren NVA Angehörige in der Mehrheit… zwischendurch natürlich auch jede Menge „normale“ Leute ohne besondere Beziehung zur politischen Führung des Arbeiter- und Bauernstaates. Ich beschreibe das deshalb, um zu verdeutlichen, in welcher roten Blase ich aufgewachsen bin… das war als siebenjähriger Erstklässler natürlich erstmal komplett egal, sollte mich aber später prägen. Meine Familie war schon politisch dem sozialistischen System angepasst, aber nicht fanatisch und auch immer mit mehr oder weniger offener Kritik wenn es Probleme gab. In meinen 10 Schuljahren, die alle an der gleichen Schule stattfanden, machte ich alles mit, was die Mehrheit aller DDR-Schüler erlebte: Jungpionier, Thälmannpionier, FDJ, Jugendweihe, Staatsbürgerkunde-Unterricht, Lager für vormilitärische Ausbildung… Für mich war es normal, und Kritik am System bedeutete für mich eher, dass ich nicht die Schallplatten meiner Lieblingsbands kaufen konnte. In den letzten Schuljahren war ich sehr kunst- und geschichtsinteressiert und wollte gerne auch etwas in dieser Richtung beruflich einschlagen. Dafür war ich allerdings zu schlecht in der Schule… also nicht grottenschlecht, aber halt im grauen Mittelfeld. Russisch oder Fächer mit Zahlen versauten mir jährlich den Notenschnitt, der benötigt wurde, um an der Erweiternden Oberschule (EOS) zugelassen zu werden… Ohne diese war es quasi kaum möglich zu studieren. Ok, es gab Möglichkeiten wie Berufsausbildung mit Abitur und so weiter… aber darum geht’s gerade nicht… oder doch? Der Staat konnte natürlich auch mal eine Ausnahme machen… zum Beispiel, wenn man sich ihm unterwirft und in seine Dienste tritt… wie so viele der Einwohner im Wohngebiet Gluckstraße ja auch. Das konnte heißen, mit der Stasi zu kooperieren oder wenigstens eine Unteroffiziersstelle bei der NVA anzutreten. Ersteres kam für mich schon in ganz jungen Jahren nicht in die Tüte, aber das zweite Modell schien mir lästig, aber immerhin einen Versuch wert. Ich war zu dieser Zeit noch Schüler und gänzlich von dem Alltag des sogenannten realpolitischen Sozialismus entfernt und wurde dafür in einer Vorab-Musterung eingeschrieben.

Party am 26.08.1989... etwas außer Rand und Band...

Nach dem Abschluß des 10. Schuljahres gab es deshalb erstmal eine Berufsausbildung… Berufe wie Restaurator oder andere Tätigkeiten die mich mit Kunst, Architektur und Geschichte zusammengebracht hätten, waren begehrt… und für mich blieb letztendlich eine Berufsausbildung zum Fußbodenleger… nicht wirklich das, wo ich mal hinwollte, aber immerhin ein Anfang. Der Ausbildungsberuf des Fußbodenlegers, den es seinerzeit im Westen nicht mal gab, beinhaltete überwiegend Arbeit im Wohnungsneubau und Altbaurekonstruktion… aber auch Parkett- und andere Holzböden… damals selten und begehrt… sowas wie Baumärkte gab es schließlich nicht… und in der Mangelwirtschaft der DDR konnte man als Handwerker durchaus gut leben.
Als ich 1985 beim VEB Stadtbau Potsdam meinen Berufsausbildungsplatz antrat und zum ersten mal zu meiner Brigade kam, wurde ich erstmal kritisch von den Gesellen beäugt… es war zu ihnen durchgedrungen, das ich 3 Jahre Armee machen wollte und mein Vater Offizier ist… nun gut… im Großen und Ganzen wurde ich trotzdem akzeptiert und die Sache spielte seinerzeit keine große Rolle. Den Gesellenbrief erhielt ich 1987 und war nunmehr Facharbeiter. Ich kam dann mit anderen Kollegen zusammen… etwas näher in meinem Alter und im Laufe der Zeit begriff ich auch jeden Tag mehr, welches Schmierentheater im Staate DDR gespielt wurde… die ganzen Sprüche aber leere Warenauslagen… Korruption auf allen Ebenen… Dinge, die ich vorher nie wahrgenommen hatte, weil sie mich nicht betroffen haben. Es ging mir persönlich gut… so ist das nicht… ich war gefragter Handwerker, hatte mit 20 mein erstes eigenes Auto und hatte allgemein Spaß am Leben… nur mit den ganzen Lügen des Systems kam ich zunehmend nicht mehr klar… insgesamt geriet dieses System sowieso langsam aus den Fugen… immer mehr wollten den Quatsch nicht mehr mitmachen, der von oben beschlossen wurde. Im Mai 1989 wurden die Kommunalwahlen auf lächerliche 98 Prozent gefälscht… für mich waren das mittlerweile unhaltbare Zustände… ich war 20 Jahre alt… jung und wild (naja… mehr als heute) und somit wurden erstmal Dinge korrigiert, mit denen ich mich geirrt hatte… als erstes natürlich diese Sache mit den drei Jahren Armee. Bei einem Gespräch im Wehrbezirksamt (oder war es das Wehrkreisamt? …egal) mit einem schmierigen Heini, der das überhaupt nicht nachvollziehen konnte was ich ihm so über meinen Eindruck über den Zustand der Republik mitteilte… ich war nun kein positiver Bürger mehr und ich würde schon sehen, was ich davon habe… ich würde bestimmt erst eingezogen, wenn ich schon Frau und Kinder habe… nun gut… von mir aus… dachte ich seinerzeit.
Im Verlauf Jahres 1989 tickten die Uhren plötzlich immer schneller… Arbeitskollegen flohen via Ungarn in den Westen, in der Sowjetunion gab es plötzlich Reformen… nur in der DDR bewegte sich rein gar nichts… In meinem Freundeskreis wurde die Ausreise immer populärer… für mich war es keine Option… ich hatte weder Verwandschaft noch Freundschaften im Westen und ich fühlte mich in Potsdam sehr wohl… ich war eher dafür das man vor Ort etwas ändert.
Am 26.08.1989 feierte ich mit vielen Freunden ausgiebig meinen 21. Geburtstag… mangels Gitarre wurde glatt der Staubsauger missbraucht und überhaupt war alles prima… wie Parties früher so waren. Tags drauf kam mein Vater mit einem offiziellen Schreiben auf mich zu, das er mir netterweise zurückgehalten hatte bis der Geburtstag vorbei war… es war mein Einberufungsbefehl zur NVA zum 01.11.1989. Das der irgendwann mal kommen würde war mir klar… aber nachdem ich dem Staat quasi einen Korb gegeben hatte und keine drei Jahre Armee mehr machen wollte, hatte ich deutlich später damit gerechnet.

Für die Nachgeborenen: Es gab in der DDR keine wirklichen Alternativen zum Wehrdienst wie etwa einen Zivildienst… es war quasi ein feststehendes Ereignis wie Geburt, Schule, Arbeit und Tod (um die Godfathers zu zitieren). Im Gegenteil zu früheren Jahren hatte ich inzwischen aber ein Problem damit, diesem korrupten System zu dienen und die Option einer Republikflucht, wie auch immer diese aussehen sollte, wurde für mich populärer… lediglich die Tatsache das mein Vater – seinerzeit Major der NVA – ordentlich Ärger bekommen hätte, hielt mich (noch) zurück. Eine lange geplante Urlaubsreise nach Bulgarien wurde angetreten und einer meiner Freunde wollte sie zur Flucht via Ungarn nutzen… hat nicht geklappt, aber er wurde auch nicht erwischt. Der 01.11.1989 kam immer näher und ich war zunehmend beunruhigt. In Leipzig fanden längst Demonstrationen gegen das System statt und sie wurden Woche für Woche größer… am 07.10.1989 (DDR Nationalfeiertag) fand zum ersten mal eine große Demo in meiner Heimatstadt Potsdam statt… da war ich natürlich dabei… nix außergewöhnliches passiert, dennoch war das Erlebte ein großer Einschnitt in meine künftige Denkweise… zahlreiche Leute die ich aus verschiedenen Ebenen kannte, liefen erst mit uns mit und lösten sich dann raus und positionierten sich dann auf der anderen Seite… Leute mit langen Haaren wie ich, mit denen ich Tage vorher noch in der Kneipe über Musik und Allemmöglichen diskutiert hatte, entpuppten sich plötzlich als Stasifreaks… irgendwie brach spätestens jetzt eine Welt für mich zusammen und ich fand es mittlerweile unverantwortlich, in den Dienst der Armee zu treten. Der 7. Oktober setzte eine Menge Energie in Richtung Wende frei… nur war es zu dieser Zeit noch völlig unklar, wie die Dinge enden würden… Die Älteren erinnerten sich an Berlin am 17. Juni 1953, Budapest 1956 und den Prager Frühling 1968… der einzige Unterschied zu den genannten Volksaufständen war die derzeitige Lage in der Sowjetunion unter Gorbatschow. Sollte ich etwa wirklich in ein paar Wochen bewaffnet auf die eigene Bevölkerung und meine eigenen Freunde angesetzt werden? Inzwischen dachte ich auch über Republikflucht nach. Die Flüchtlinge aus der BRD-Botschaft in Prag wurden mit Zügen durch DDR-Gebiet nach Westdeutschland transportiert… wir fuhren zu dritt nach Dresden und loteten aus, irgendwie auf die Züge zu kommen… vergebens… die tschechische Grenze war nun auch zu… es gab kaum noch Möglichkeiten und mir wurde langsam klar, das ich wohl den Dienst an der Waffe antreten müsste.

31.10.1989... der Zopf kommt ab...
Westbier vorm akkurat sortierten Spind gab es nur zur Vereidigung...
...cheers...

Am Mittwoch dem 01.11.1989 – es war der 45. Geburtstag meiner Mutter – ging es dann auch los… am Vorabend wurde nochmal zünftig einen auf die Lampe gegossen und feierlich der Zopf abgeschnitten. Auf dem Einberufungsbefehl stand Zielpunkt Torgelow im heutigen Mecklenburg-Vorpommern. Zusammen mit Eggesin war die Gegend in der DDR berühmt berüchtigt… das Land der drei Meere… Waldmeer, Sandmeer… Nichtsmeer. Die Gegend bestand aus nicht vielen anderen Sachen als Militär. Am Ende des Tages landete ich nicht in Torgelow, sondern in Eggesin-Karpin… in einer Artilleriekompanie, in der nun 3 Monate Grundausbildung angesagt waren. Zum offiziellen Tagesablauf gehörte auch um 20:00 Uhr das Schauen der Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“. Dort waren die politischen Ereignisse im Inland aber auch in anderen Ländern des Warschauer Paktes zunehmend ein Thema… Wochen vorher wäre das ein Ding der Unmöglichkeit gewesen… am 04.11. fand in Berlin die größte nicht vom Staat organisierte Demo ever statt… die Teilnehmerzahlen wurden auf bis zu eine Millionen Menschen geschätzt… und so kam es dann auch am Donnerstag, dem 09.11.1989, zu der Information die irgendein Kamerad verbreitete, dass die Mauer in Berlin offen stünde… beim Stiefelputzen… Der schnelle Verlauf der Ereignisse geschuldet… war ich nicht wirklich überrascht davon… nur warum mußte ich ausgerechnet jetzt seit gut einer Woche hier oben in der Sandwüste verweilen (?)… da war schon ganz schön viel Resignation dabei… zumal es zu dieser Zeit nicht absehbar war, als Angehöriger der bewaffneten Organe (und damit Geheimnisträger) in den Westteil zu kommen. Internet etc. war ja noch nicht… also fand der Austausch mit der Außenwelt schriftlich mit Briefen statt… alle Freunde und auch Mutter und Schwester schrieben wie es war in Westberlin… es fuhren inzwischen Busse zwischen Potsdam Bassinplatz und Berlin Wannsee… wenige Tage davor absolute Utopie… Interessant war dann auch der politische Unterricht, der ja nach wie vor Teil der militärischen Ausbildung war. Im Nachhinein tun mir die sogenannten Politoffiziere ein wenig leid… ihre Argumente gingen jeden Tag mehr in die Binsen… Nach ein paar Wochen… ich weiß nicht mehr genau wann – fand dann die offizielle Vereidigung statt, wo auch Verwandte und Freunde zugelassen waren. Aus Potsdam kamen meine Eltern, meine damals zwölfjährige Schwester und vier Freunde/Freundinnen aus Potsdam… mit meinem eigenen Auto. Nach dem offiziellen Teil gab es den ersten Ausgang und es ging nach Ückermünde zum gemeinsamen Essen und Trinken… alle waren total euphorisiert wegen der komplett neuen Zeitrechnung die inzwischen begonnen hatte… alle machten mir Mut das ich auch bald ein Teil dieser werden sollte. Es war ein schöner Tag im tristen Eggesin im November 1989. Politisch wurde danach alles auf links gedreht (nach rechts aber auch) und so war es später möglich zum ersten Heimurlaub zu Weihnachten erstens nach Hause zu fahren und zweitens am Abend des 23.12.1989… es war zufällig wieder ein Elterngeburtstag… mein Vater wurde 47… betrat ich zum erstenmal Westberliner Boden… nur mal kurz nach Zehlendorf, die großen Sachen waren die nächsten Tage dran. Das Begrüßungsgeld von 100 DM wurde natürlich in Langspielplatten angelegt: The Church „Heyday“, R.E.M. „Life’s Rich Pagement“ und Nick Cave & The Bad Seeds „Tender Prey“ waren meine ersten Einkäufe in der schönen neuen Welt… einfach in ein Geschäft gehen und etwas kaufen was man mag… eine fast neue Erfahrung. Mit etwas Glück und Trickserei konnte ich meinen Urlaub noch etwas erweitern und musste erst am Neujahrstag 1990 nach Eggesin zurück.

Besuch aus der Heimat zur Vereidigung

Dort gab es auch ein neues Programm: Wegen personellen Engpässen wurde ich und etliche andere aus der Kompanie auf das Gelände der Unteroffiziersschule versetzt und wir lernten nunmehr das Fahren von Panzern… egal welche Vorkenntnisse da waren oder auch Führerschein oder so… Scheißegal. Wir lernten einen Mannschaftstransporter namens MT-LB kennen… russisches Fabrikat mit Ketten und Technik aus den 1960er Jahren… viel Theorie, viel Wartung aber auch ab und zu Fahrpraxis… das hat teilweise auch Laune gemacht mit so einer Klapperkiste durch Wald und Heide zu heizen. Es gab am Ende auch eine Prüfung und damit verbunden die Beförderung zum Gefreiten – nach wenigen Wochen. Im Rahmen der Tabula Rasa auf allen Ebenen der DDR wurde nun auch über die Möglichkeit eines Wehrersatzdienstes diskutiert und auch ob ein Wechsel von der Armee dorthin möglich wäre… Man fand einen Weg und nach einem halben Jahr konnte ich unkompliziert zurück in den zivilen Alltag wechseln.

Momentaufnahme: Major Pechmann und Soldat Pechmann

In diesem halben Jahr fanden im der Nationalen Volksarmee mehr Veränderungen statt als in den gesamten 34 Jahren ihrer Existenz… längst war auch klar das es mit ihr so nicht weiter gegen würde. Die deutsche Wiedervereinigung hatte ordentlich Fahrt aufgenommen. Nach einem Monat quasi unbezahltem Urlaub ging es dann für mich für fünf Monate zu meiner nächsten Beschäftigung: Zivildienst auf dem Potsdamer Hauptfriedhof. Statt dem MT-LB Panzer wurde ich nun mit einem Bagger aus rumänischer Produktion vertraut gemacht… nicht etwa zum Ausheben von Grabstätten, sondern zur Umschichtung von Laub und ähnlichen Biomüll der am Rande des Friedhofes auf dem Brauhausberg seine Heimat hatte… Hier verbrachte ich den Sommer 1990 und hatte echt ein schönes Leben… eine kleine Entschädigung für Eggesin quasi. Gerne hätte ich dieses ganze Wendejahr, das für mich am 31.10.1990 mit der Rückkehr in das offizielle Berufsleben endete, anders verbracht… aber das Schicksal wollte es halt, das ich eine Woche vor Mauerfall eingezogen wurde. Andere hatten sicher weniger Glück und für viele wurde das Leben in dem Staat, der seit 03.10.1990 Bundesrepublik Deutschland hieß, nicht leichter… Für meinen Vater war die Militärlaufbahn bald vorbei und wie tausende andere ehemalige DDR-Bürger hieß es jetzt: Umsatteln auf andere Dinge. Ich blieb anfangs beim Handwerk, zog 1991 nach „West“-Berlin, versuchte noch einmal meine Laufbahn in Richtung Architektur zu lenken, musste aber nach der Fachhochschulreife, die ich zwischen 1993 und 1994 erreichte, feststellen, dass das mit den vielen Zahlen doch nichts für mich ist… so blieb es bei Fußböden und das ab 1996 auch als Selbstständiger… bis dann 2000 das Offside kam.

Arbeit auf dem Gelände des Potsdamer Hauptfriedhofes...
...McLarsen mit dem Bagger baggert noch.

Mein Fazit: Ich habe viel erlebt in der Wendezeit… es war nie langweilig und ich hatte auch ein bisschen Glück, das Beste aus der Situation zu machen. Mit der Wende und der einhergehenden deutschen Einheit bin ich persönlich zufrieden… ich hatte schließlich das beste Alter mich der Zeit anzupassen… sicher war nicht alles optimal, und vielen anderen ging es danach garnicht gut… besonders den Älteren, leider… aber so ist das Leben. Seit den Erlebnissen der Wende weiß ich, dass sich alles sehr schnell ändern kann, auch Dinge, die vorher in Stein gemeißelt waren… man sollte das nie vergessen, besonders im Hinblick auf die politischen Stimmungen der Gegenwart… seit dieser Woche wissen wir das das orange Grauen namens Trump wieder auferstanden ist und der Welt wohl wenig Positives schenken wird… die Ampelregierung löst sich auch gerade auf und die Wähler auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wählen inzwischen mehrheitlich rechts… wieder geht alles Schlag auf Schlag… wir sollten alle aufpassen wohin der Weg führt… die Bedingungen Demokratie auszuleben sind so viel besser als 1989… aber wir müssen sie besser nutzen… wenn nur jeder ein wenig dazu beitragen würde… und sei es nur zur Wahl zu erscheinen und das Kreuz an der richtigen Stelle zu machen, dann wären die Erträge der Wende vor 35 Jahren von nachhaltiger Natur… anderweilig sind wir ganz schnell wieder da wo wir eigentlich nie wieder hin wollten…

Happy 35 Jahre Mauerfall ! …Berlin, 08.11.2024

Wendezeit... Symbolbild...

McLarsen im Land der tausend Biere IV. Gräfenberg & Nürnberg (September 2024)

Berlin, 30.09.2024… Im Anschluss an meine Erkundungen in Regensburg und Landshut die man HIER nachlesen kann, stand nun die vierte Bierwanderung auf dem Plan und da der Mensch ja lernfähig ist, macht er ja gerne mal Dinge anders die vorher nicht optimal waren… während die drei Vorläufer dieser Tour alle im August waren, planten wir in diesem Jahr mit dem September… erstens mal war die Gefahr wesentlich geringer wieder hochsommerliche Temperaturen zu bekommen, zweitens haben die meisten Brauereien im September ihren Betriebsurlaub bereits beendet und man läuft nicht der Gefahr vor verschlossener Tür zu stehen. Dieses Jahr war der Fünf Seidla Steig dran… eine Wanderung mit 5 verschiedenen Brauereigasthäusern rund um die Kleinstadt Gräfenberg… gelegen im Kreis Forchheim… die nächsten größeren Städte sind Erlangen und Nürnberg. Die Gasthäuser sind alles familiengeführte Unternehmen die sich auch zur eigenen besseren Vermarktung für diesen Wanderweg zusammen geschlossen haben. Es existiert eine gut gepflegte Website über Weg, Gasthäuser und deren Biere… auch die Betriebsferien sind dort verzeichnet… sowas wäre in den letzten Jahren ein Traum gewesen… Die Planung begann wie immer bereits etwa ein halbes Jahr vorher… schließlich muß es auch für 7 Personen bezüglich der Unterkunft passen. Damit haben wir dieses Jahr einen relativen Volltreffer gelandet. Das Apartment-Haus Gundelfinger lässt mit modernen, gut geschnittenen Räumlichkeiten keine Wünsche offen… auch der Garten kann mitbenutzt werden… durch das einsetzende Herbstwetter nutzten wir das weniger.

Anreisetag war der Donnerstag… Matthias, Immo, Philipp, André und Hansi reisten mit dem Auto an… Karsten war beruflich in Bamberg, ich war in Regensburg… Wir beiden trafen uns in Nürnberg und fuhren gemeinsam mit dem RE21, auch Gräfenbergbahn genannt nach… Gräfenberg. Startpunkt dieser stündlichen Anbindung ist der Bahnhof Nürnberg Nord-Ost-Bahnhof. Die Fahrt war von diversen Schulklassen dominiert… gehört halt dazu… Da wir etwas zu früh in Gräfenberg waren bezüglich Check-In war unsere erste Adresse in Gräfenberg der Brauereigasthof Lindenbräu und es gab das erste Bier nebst einer Brotzeit. Nach und nach kamen die Freunde aus Berlin und Brandenburg und relativ schnell wurde es dann auch feuchtfröhlich… wie immer… Hansi und André machten vorher sogar einen Umweg über die Brauerei Wagner in Merkendorf die wir im letzten Jahr besucht hatten… und brachten ein wenig Kistenware mit Wagner Bier mit. Nach einer Weile bezogen wir die Unterkunft und waren richtig begeistert… zum ersten mal in inserer Bierwanderzeit gab es daran nix zu meckern… und mit 43€ pro Nacht pro Nase war das auch nicht wirklich teuer. Da wir aber nicht zum Vergnügen da waren gings weiter ins zweite Gasthaus der Stadt: Friedmann’s Braustüberl… erbaut 1500 und seit 1875 im Besitz der Familie Friedmann. Wir hatten Glück ohne Anmeldung für alle 7 Leute einen Tisch zu bekommen und hatten Spaß bei Speis und Trank… die Biere von Friedmann waren lecker und einige klagten später über viel zu große Portionen Käsespätzle.

Der flotte Siebener zum Start der Wanderung
Auf dem Weg zur ersten Tränke

Am Freitag startete die quasi Haupttour: Der Fünf-Seidla-Steig. Für Leute die von außerhalb anreisen beginnt die Reise in Weißenohe… einer Ortschaft mit eigenem Bahnhaltepunkt etwa 2 Kilometer zu Fuß von der Unterkunft entfernt. Da wir ja in Gräfenberg residierten, mußten wir dort erstmal hin… kein Problem… kaum Höhenunterschiede und unspektakulärer Weg. Die Klosterbrauerei Weißenohe war unser erster Stützpunkt. Wie schon der Name vermuten lässt, waren Klosterbrüder an der Gründung dieser Brauerei schuld… seit 1827 ist die Brauerei in Familienbesitz… das ehemalige Kloster existiert seit der Säkularisation 1803 nicht mehr… übriggeblieben ist die ehemalige Klosterkirche die heute eine normale Pfarrkirche ist… sie ist dem heiligen Bonifatius geweiht und wird derzeit restauriert.

In der Klosterbrauerei Weißenohe
Die Brauerei befindet sich auf dem Gelände eines ehemaligen Klosters

Obwohl wir ziemlich genau um 10:00 Uhr eintrafen waren wir tatsächlich nicht die ersten und die nächsten kamen auch kurz nach uns in die Gastwirtschaft… es war eine etwa 10-köpfige amerikanische Gruppe im Alter…grob zwischen 40 und 50… sie sollten uns noch einige Zeit verfolgen… Erstmal gab es aber Bier… und dieses Gasthaus hat nur ein Bier vom Hahn: Weißenoher Altfränkisches Rotbier… erstmal bin ich roten Bieren gegenüber eher skeptisch… in diesem Falle aber völlig unbegründet… das Bier war prima und die meisten überzeugten sich davon doppelt… und der Wirt war cool und erklärte auch architektonische Begebenheiten in den Räumlichkeiten wie zum Beispiel Balken und Säulen. Eigentlich wollten wir es vermeiden mit anderen größeren Gruppen gleichzeitig durch die Botanik zu ziehen… aber irgendwie sind wir dann doch aus Versehen nur wenige Meter hinter der großen amerikanischen Gruppe gestartet… haben dann auch recht fix den Blinker gesetzt und dachten auch das wir sie abgeschüttelt hätten… aber dann kam ein amtlicher Anstieg den unsere Gruppe nicht gleichzeitig meisterte… und warum auch immer… die Amis sind zufällig auf eine Abkürzung getroffen… und standen plötzlich vor uns auf dem Berg… hmpf… nun gut… geben wir ihnen einen Vorsprung…

Weißenohe mit Klosterkirche von oben
Ein Elch-Whisky an Station 4... mit dem Chef persönlich

…nächste Station war wieder in Gräfenberg… wir wussten das es abends schwierig werden würde ins Lindenbräu einzukehren weil eine 80-Personen-Reservierung angesagt war… also nahmen wir den ja bereits vertrauten zweiten Stützpunkt zur Mittagszeit statt als nächsten… was Friedmann gewesen wäre. Das Bier im Lindenbräu war immer noch lecker und ein obkur anmutendes Foto auf dem Weg zu den Toiletten entpuppte sich tatsächlich als der junge Eberhard Diepgen… mitten in Franken… weiter ging es dann zur nächsten Station… gut 4 Kilometer bis zum Brauerei Gasthof Hofmann in Hohenschwärz. Der Weg führte über einen Waldweg… der Boden war glitschig und ich bot meinen Mitwanderern eine astreine Piourette als ich mehr den Bildschirm des Handys als dem Weg im Blick hatte… zum Glück nix passiert. Der Gasthof Hofmann war ok… es gab Helles und Export… beides war  gut ohne zu glänzen… halt schwierig wenn man auf der Hälfte der Strecke liegt. Das Wetter schaltete dann auf richtig Regen um und erste Ermüdungserscheinungen machten die Runde… aber nicht lange… das nächste Ziel war nunmehr nur noch knapp 2 Kilometer weit weg… der Gasthof Seitz… oder auch Thuisbrunner Elch-Bräu und Elch-Whisky… ja… jetzt kam auch noch Whisky ins Spiel… da ich ja irgendwas mit Whisky zu tun habe wurde von befreundeten Kennern der Lokalität bereits so eine Art Date per Social Media organisiert… wir freuten uns sehr darauf… leider war das Lokal relativ überlaufen… aber wir mochten das Bier und das Essen… danach kam der Georg und spendierte eine Runde vom Elch Whisky… der war für sein relativ junges Alter sehr gelungen und spendete uns Kraft für den nunmehr längsten Teil des Weges… dem Rückweg.

Auf dem Weg zurück...
...mit einsetzender Dunkelheit und malerischem Himmel

Auf dem Rückweg nach Gräfenberg zur letzten Station im Friedmanns lernten wir etwas kennen was wir von vorangegangenen Wanderungen noch nicht kannten… und zwar die einsetzende Dunkelheit die im Wald dann mal recht finster ausfallen kann… aber vorher gab es allerfeinste Farben von Wald und Feld und Himmel… eine wunderbare Wanderung im Sonnenuntergang… trotz Dunkelheit erreichten wir Gräfenberg und die letzte Station Friedmann… wie tags zuvor letzte Station. Wir hatten etwa 23 Kilometer auf dem Tacho und waren angenehm fertig aber gut gelaunt… dem Bier im Friedmann auch zum Dank. In der Unterkunft wurden teilweise seltsame TV Programme konsumiert… dann ging es in die Horizontale… Tags drauf stand schließlich die Hauptstadt Frankens auf dem Plan…

Eine Bierwanderung kommt bei uns ja selten alleine, dieses Jahr war die Frankenmetropole Nürnberg als zweite Wanderung an der Reihe. Ich war vor zwei Jahren schonmal hier und wer etwas mehr als nur aus der Perspektive von Biertouristen (sic!) über die Stadt erfahren möchte der kann das HIER nachlesen. Hansi verabschiedete sich am Morgen vom Rest der Truppe um zu einem Treffen nach Leipzig zu fahren… der Rest stieg in die Gräfenbergbahn und ab ging es Richtung Nürnberg. An der Endstation Nürnberg Nordost wurden wir von Harald empfangen der uns ein wenig durch die Stadt begleiten wollte. Harald Schieder ist ein wahrer Bierkenner und hat bereits zahlreiche Bücher zum Thema veröffentlicht. Ich lernte ihn durch gemeinsame Freunde bei einem Berlin-Besuch kennen und war sehr froh ihn für unsere Wanderung als Begleitung zu gewinnen. Wir fuhren mit der U-Bahn ein paar Stationen Richtung Stadtzentrum und lernten dort den Klubraum des Nürnberger Whiskyklubs Highland Circle kennen. Er befindet sich auf einem eher unauffälligen Hof eines Wohngebietes. Vor seiner Tür steht eine Art Keltenkreuz welches die Stadt Glasgow (welche eine Partnerstadt von Nürnberg ist) gestiftet hatte und für das irgendwie kein anderer Platz zu finden war… Das Innere der Klubstätte ist plüschig britisch gehalten und für einen Unkostenbeitrag konnten wir uns an den gut gefüllten Kühlschränken und Whiskyregalen bedienen… Während der Einnahme dieser Getränke planten wir weitere Stationen… wir fühlten uns ganz schön VIP in den heiligen Hallen des ältesten Whiskyclubs Deutschlands… das war schon toll das uns Harald dort hingeführt hat.

Im Klubraum des Nürnberger Highland Circle mit Harald Schieder (rechts)
Über den Dächern von Nürnberg...
...und wieder bergab von der Burg...

Weiter ging es dann zur Burg… sie ist ja das dominanteste Gebäude der Stadt von der man auch eine prima Aussicht hat… das Wetter war etwas durchwachsen so peilten wir den nahen Altstadthof an. Als das Offside 2015 mit dem Titel „Germanys Best Whiskybar“ ausgezeichnet wurde erhielt die Brennerei Ayrer’s zeitgleich die Auszeichnung „Germanys Best Whisky Distillery“… Ayrer’s ist die Brennerei in dem Brauereigasthof Altstadthof… um Whisky sollte es aber heute nicht wirklich gehen… das hausgebraute Bier (Rotbier, Kellerbier, Schwarzbier) kann sich schließlich auch sehen lassen und etwas feste Nahrung gab es auch… gewohnt fränkisch aber auf Grund der touristischen Lage etwas teurer als gewohnt. Anschließend ging es zum Café Wanderer und Bieramt… im Prinzip ein Biergarten ohne Sitzplätzen im Schatten von Burg und Stadtbefestigungsanlage. Hier wurden die nächsten Biere probiert inmitten der Postkartenidylle dieser Stadt die ich sehr mag…

Fasslager im Altstadthof
Gruppenbild beim Café Wanderer und Bieramt

Harald überließ uns danach unserem Schicksal… wir hatten einen Plan für den Rest des Tages geschmiedet und danken Harald sehr für seine Gastfreundschaft. Als nächste Station war das Schanzenbräu im hippen Stadtteil Gostenhof anvisiert… da ich aber wusste das der schöne Johannisfriedhof auf dem Weg lag, war also auch noch etwas non-Bier Kultur drin… aber wie es so ist… viel Bier rein… viel Bier raus… für eine Pinkelpause bogen wir kurz vorm Friedhof noch in dem Biergarten am Hesperidengarten ein… aber natürlich nicht nur zur Notdurft… ein Bier musste schon sein… Anschließend besichtigten wir den Friedhof St. Johannis mit den Gräbern von Albrecht Dürer und Veit Stoß (u.a.)… mussten bald wieder pinkeln… aber ganz detailiert muß der Bericht ja auch nicht sein…

Auf dem Friedhof St. Johannis...
...dessen größter Promi natürlich Albrecht Dürer ist

Als ich vor zwei Jahren im Schanzenbräu war, war Sommer und man konnte im Biergarten sitzen… das war heute nicht möglich… wir saßen drinnen und es gab Rotbier, Helles, Kellerbier und Märzen… alles sehr gut. Nur wenige hundert Meter entfernt ging es dann zur nächsten Location namens Palais Schaumburg… dort war es drinnen bereits voll… schließlich war es inzwischen Samstagabend und wir hatten sicherlich auch langsam und dezent einem im Turm… wir konnten draußen sitzen und es gab… ja… wie immer an der Stelle sollte ich mir Notizen machen… lecker wars aber schon. In der aufkommenden Dunkelheit war die U-Bahn das nächste Ziel und es setzte der Rückweg ein. Die übrigens führerlos (…und das in Nürnberg…) fahrende U-Bahn verließen wir wieder am Nordost-Bahnhof und besuchten unsere letzte Station… das Landbierparadies Nordost… dort gab es irgendwelches Bier aus Keramikkrügen und die Stimmung war wie es Samstagabend an beliebten Feierorten zu erwarten ist… feuchtfröhlig… anschließend stiegen wir wieder in die Gräfenbergbahn und fuhren zurück in den Ort der der Linie ihren Namen gab. Wir hatten eine schöne Zeit in Nürnberg und ließen in der Unterkunft nicht nur den Tag, sondern auch die gesamte Bierwanderung ausklingen…

Ein letztes Gruppenportrait im Schanzenbräu

Mit der grandiosen Unterkunft, planmäßigen Öffnungszeiten aller geplanten Lokale und keinerlei Wetterkapriolen war die Bierwanderung 2024 ziemlich nahe für das Prädikat „Perfekt“… vielleicht wirds aber nächstes Jahr noch besser… es wird wieder Franken und der September wurde auch mehrheitlich für besser befunden als der August wo wir die letzten Jahre unterwegs waren. Unsere Rückwege waren unspektakulär… auch wenn der gebuchte Zug natürlich nicht fuhr sondern ein Ersatzzug… geschenkt… vielen Dank an Nina die mir zuhause trotz Rücken den Rücken freigehalten hat und Harald Schieder für die schönen gemeinsamen Stunden in Nürnberg.

McLarsen in Regensburg und Landshut (September 2024)

Regensburg, 23.09.2024… Es ist wieder soweit… der jährliche Besuch des flächenmäßig größten Bundeslandes namens Bayern… ein Teil ich alleine für mich unterwegs an interessanten Orten und in der zweiten Wochenhälfte kommen dann die Freunde aus der Heimat dazu und es wird zu reichlich Bier gewandert… Der diesjährige Solotrip bringt mich nach Regensburg… eine der besterhaltensten mittelalterlichen Altstädte Deutschlands. Ich werde dort anderthalb Tage Eindrücke aufsaugen, am Mittwoch gehts kurz nach Landshut und am Donnerstag nach Franken zur Bierwanderung. Ich war übrigens schonmal in Regensburg… das war 1993 als ich mich seinerzeit frisch von der Freundin getrennt hatte, mir dann im Sommer langweilig wurde und ich dann auf eigene Faust mit meinen Eltern in irgendeine kleine Klitsche in den Bayerischen Wald gefahren bin und von dort aus in die nächstgelegene Großstadt gefahren bin um mal ein Guinness zu trinken… die Großstadt war Regensburg.

...auf der Steinernen Brücke... im Hintergrund Dom St. Peter

Vor 31 Jahren ging es mit dem Auto nach Bayern… heutzutage fährt man ja wenn möglich umweltfreundlich mit der Bahn (was mir im Normalfall auch richtig Spaß macht)… nur klappt das meistens nicht so richtig… Abfahrt geplant war etwa 08:00 von meinem Heimatbahnhof Berlin-Gesundbrunnen. Der FEX fährt von dort in 4 Minuten zum Hauptbahnhof, was der kürzeste Weg ist. Die Umsteigezeit von etwa 10 Minuten war mir zu riskant also steuerte ich einen früheren Regionalzug an… dieser wurde gestrichen wegen einer kurzfristigen Krankschreibung des Lokführers… für die über 20-minütige Fahrt (incl. Umstieg) mit der S-Bahn war es dann zu knapp… also doch der FEX… als ich auf den Bahnsteig kam stand da auch noch ein ICE der nicht auf der Anzeigetafel war aber nach kurzem Vergleich mit meiner App genau mein ICE war der in Berlin Hauptbahnhof einsetzen würde… leider ließ sich keine Tür öffnen und irgendwann fuhr er los… das war das letzte mal das ich ihn an diesem Tag sehen sollte… der FEX kam zwar pünktlich in den Bahnhof eingefahren (natürlich auf einem anderen Gleis, was zur Zeit der Einfahrt auch schon kommuniziert wurde… und dann nochmal hektisches Treppauf- und ab mit sich brachte)… leider fuhr er aber danach nicht los… erst eine Minute vor Abfahrt des bereits am Türschalter berührten ICEs fuhr er in den Hauptbahnhof ein und trotz eines sicher sehenswerten Spurts von Sportskanone McLarsen spürte ich bei Ankunft von Gleis 2 nur noch den Sog des bereits ausgefahrenen Zuges und sah auch noch die berühmten Rücklichter… sie waren in der Tat rot. Dann halt ein anderer… einen hab ich fahren lassen (nein… nicht aus der Hose)… der war komplett überfüllt… dann nahm ich einen ICE der nur bis Nürnberg fuhr, zwar gleich von Hause aus 20 Minuten später kam (Verspätetes Einsetzen des Zuges) aber wenigstens nicht rappelvoll war… dann stand vor Erfurt ein liegengebliebener Zug… dann waren bei Gotha Schafe auf den Gleisanlagen… hmpf… naja… In Nürnberg mußte ich ja auch nochmal umsteigen… dieser Zug wiederum hatte dann auch eine halbe Stunde Verspätung, bot aber auch zum Glück einen Sitzplatz… um 16:00 war ich dann mit (nur) 2 Stunden Verspätung in Regensburg.

Dom St. Peter einen Meter vor meiner Hoteltür
Historische Wurstkuchl...
...mit reichlich fettem Schweinskram...

Regensburg ist mit 160.000 Einwohnern nach München, Nürnberg und Augsburg die viertgrößte Stadt Bayerns. Die Stadt liegt an der Donau… deren Nebenflüsse Naab und Regen münden im Stadtgebiet in den Hauptfluß. Der in den 1970ern errichtete Europakanal entlastet die Donau im Innenstadtbereich.
Die erste urkundliche Erwähnung der Stadt stammt von 179 durch den römischen Kaiser Mark Aurel… es gab ein römisches Legionenlager. Im Mittelalter erreichte Regensburg als Reichstadt überregionale Bedeutung und war zeitweise größer als Rom und Köln. Regensburg ist eines der ältesten Bistümer auf deutschem Territorium und der Dom eine der bedeutendsten Sakralbauwerke Deutschlands. Die Bedeutung der Stadt ließ im Spätmittelalter nach… allerdings war Regensburg von 1663 bis 1806 Sitz des Immerwährenden Reichstages, die dauerhafte Versammlung der Reichsstände des Heiligen Römischen Reiches.
Die Stadt hatte das Glück von großen Zerstörungen im zweiten Weltkrieg verschont zu bleiben… die Altstadt mit ihren kleinen Gassen und zahlreichen Kirchen ist eine der besterhaltensten Europas und seit 2006 UNESCO Weltkulturerbe.

Blick von der Jahnsinsel zur Steinernen Brücke und zum Dom
Stadtamhof - Stadtteil am anderen Ende der Brücke

Dort ging es dann zu Fuß zum Hotel Kaiserhof direkt gegenüber der Doppelturmfront des altehrwürdigen Doms zu Regensburg. Das Zimmer kurz gecheckt… alles prima… dann aber ab auf die Straßen der Stadt… Heute war es erstmal das Ziel einen ersten Eindruck aufzunehmen… was ich vor über 30 Jahren mal gesehen habe weiß ich nicht mehr… klar… der Dom… aber sonst blieb nicht viel hängen. Erstmal mußte aber etwas feste Nahrung in den Magen und das gab es in der Historischen Wurstkuchel… der warscheinlich ältesten Würstchenbude der Welt… errichtet warscheinlich während des Baus der Steinernen Brücke gleich daneben… es gab fettigen Schweinskram mit Sauerkraut… Dann ging die Tour natürlich natürlich über die berühmte Steinerne Brücke über die Donau. Die Brücke wurde von 1135 bis etwa 1146 gebaut und gilt als Meisterwerk seiner Zeit. Ich lief durch den Stadtteil Stadtamhof (war mal eine eigenständige Stadt) bis zur Dreifaltigkeitskirche auf einem Hügel… von dort aus liegt einem die Stadt zu Füßen… der Abstieg führte mich vorbei an der Walhalla Of Whisky die aber erst in der zweiten Hälfte der Woche bespielt wird. Danach spazierte ich noch durch die Gassen der Altstadt… morgen gibts mehr davon…

Panoramablick vom Dreifaltigkeitsbergweg
In der Altstadt mit Blick zum Rathaus

Nach einer kurzen Erfrischung im Hotel ging es dann in den nur wenige Meter entfernten Bischofshof… ehemals wurde vor Ort Bier gebraut… das wurde in den Westteil der Stadt verlegt, aber das Bier trinken kann man dort ganz prima und auch gut essen… nach dem Schweinskram vom Nachmittag war es ein Regensburger Wurstsalat den ich sehr lecker fand… das Helle Bischofshof Bier ebenfalls… ein Guinness sollte es dann aber auch noch sein… also ab ins Irish Harp… ebenfalls nur 5 Minuten zu Fuß… es war das gleiche Pub welches ich 1993 besuchte und wirklich viel hat sich auch nicht verändert… außer das nach britischem Vorbild jedes Bier gezahlt wird… das Bluesrock-Gedöns war dann auch nicht ganz meins aber für 3 irische Pints wars trotzdem schön… morgen ist mehr Zeit für die Stadt weil ich die Bahn nicht benutzen muß…

Im Irish Harp Pub
Kollegiatstift unserer Lieben Frau zur alten Kapelle...zumindest der Turm...
...das Innere der Kirche ist Rokoko pur...

Was den Namen Regensburg betrifft so fand der Regen freundlicherweise in der Nacht statt und der Himmel klarte vormittags langsam wieder auf… beste Voraussetzungen für einen weiteren Spaziergang in der Welterbe-Stadt. Erster Anlaufpunkt war der Kollegiatstift unserer Lieben Frau zur alten Kapelle… ganz schön komplizierter Name… ursprünglich eine romanische Basilika aus der Zeit Heinrich II., später gotisch erweitert… wurde das Kirchengebäude im 18. Jahrhundert im Rokokostil mit Gold und Schmuck regelrecht zugekleistert… nur außen macht das Gebäude einen eher schlichten Eindruck. Leider fanden gerade Reinigungsarbeiten statt so das ich nur durch ein Absperrgitter fotografieren konnte.

...fast alles drauf: Dom, Donau, Steinerne Brücke von Osten...
Das Osterntor am Rande vom Villapark

Es ging weiter an der Donau entlang Richtung Osten… vorbei am Stellplatz von Donau-Kreuzfahrtschiffen mit Altersdurchschnitt Ü80… beginnt bald eine kleine grüne Insel namens Villapark. Von dort aus gibt es einen grünen Gürtel um die Altstadt die etwa dort verläuft wo früher die Stadtmauern verliefen… das Ostentor ist das einzige Stadttor dieser Anlage was noch existiert. Unter den Eichen und Kastanien zu laufen bedürfte derweil eigentlich einer Helmpflicht… bei der ersten Kastanie auf dem Kopf war ich erstmal sauer weil es weh tat… war aber niemand in der Nähe… Vorbei an dem nicht öffentlichen Schlosspark St. Emmeram und vorbei am gleichnamigen Schloss, Sitz der streitbaren Fürstin Gloria von Thurn und Taxis sollte nunmehr die Basilika St. Emmeram besucht werden… aber leider scheint in den Regensburger Kirchen Dienstag Großputztag zu sein und diesmal ging es garnicht rein… von außen ist vieles eingerüstet… überhaupt wird viel gebaut in der Stadt.

Das berühmte Schottenportal aus der Zeit der Romanik...
...Romanik ist auch ein Thema im Innenraum

Eine Kirche hatte ich noch auf der Tour und zwar die sogenannte Schottenkirche St. Jakob. Das mit den Schotten kommt von der frühen Missionierung der heutigen deutschen Gebiete… etliche Missionare waren Schotten und Iren. Die Kirche wurde zumindest drinnen nicht geputzt, so das ich sie besichtigen konnte. Es handelt sich um eine romanische Basilika nit einem äußerst bemerkenswerten Eingangsportal auf der Nordseite. Es gibt viel figürlichen Schmuck der auch nicht zu 100% gedeutet werden kann. Das Portal aus der Mitte des 12. Jahrhundert wird durch eine Glasummantelung vor Verwitterung geschützt. Es war nun bereits früher Nachmittag und ein Imbiss an der Neupfarrkirche, die Wurstbraterei Reisinger deutet bereits von Weitem an, das die Produkte beliebt sind… es gab nämlich eine Schlange… diese überwunden, gab es einen Regensburger mit alles… eine Mischung aus Wurstsemmel und Mini-Burger für faire 3,70€.

Regensburger mit alles...
...von der Wurstbraterei Reisinger

Es gab noch viel zu sehen in dieser wirklich wunderbar erhaltenen alten Stadt… Reste von römischer Bebauung zum Beispiel oder eine kleine, regelrecht süße Kapelle in einem Wohnhaus nahe des Doms… manches Wohnzimmer ist sicherlich größer… und noch vieles andere was mir jetzt zu viel Mühe machen würde über alles zu schreiben. Ein Bauwerk verdiente dann aber die ganze Aufmerksamkeit… schließlich ist es sowas wie das Aushängeschild der Stadt: Der Dom. Ich kaufte mir bereits am Vormittag Tickets für eine 1,5-stündige Führung durch die Kathedrale und ihre Kreuzgänge welche nur über diese Führungen besichtigt werden können.

Dom St. Peter - Inneres nach Osten
...so viel Menschlichkeit war damals eher ungewöhnlich: Jungfrau Maria und der lächelnde Erzengel Gabriel

Der Regensburger Dom St. Peter ist eine der bedeutensten Kathedralen der Gotik in Süddeutschland. Der heutige Bau folgte auf einen romanischen Vorgängerbau und wurde 1275 begonnen. Erst etwa 175 Jahre später war er weitestgehend fertig, die Doppelturmfront mit den 105 Meter hohen Türmen wurde erst 1872 vollendet… so ähnlich wie es beim berühmten Kölner Dom einige Jahre später auch der Fall war. Das Kirchengebäude wurde mit Kalkstein errichtet, als das irgendwann nicht mehr erhältlich war, wich man auf minderwertigen Grünsandstein aus und übertünchte es weiß… leider zerbröselt der Sandstein recht schnell und muß ständig durch Kalkstein ersetzt werden. Im Dom befinden sich zahlreiche Altäre und weitere Ausstattung aus der Zeit von Gotik bis Barock… besonders bemerkenswert ist ein gotisches Figurenportal an der Westseite was derzeit allerdings von einem Bauzaun verdeckt wird. Ebenso bekannt sind zwei Skulpturen vom lächelnden Engel Gabriel und der Jungfrau Maria welche um 1280 entstanden sind. Die Glasmalereien aus der Bauzeit sind noch erhalten und mit etwa 800 qm die großte Menge mittelalterlicher Glasmalerei der Welt. Die Hauptorgel im nördlichen Seitenschiff stammt aus dem Jahr 2009 und ist die größte hängende Orgel der Welt. Sie wiegt insgesamt 67 Tonnen und hängt an vier speziell angefertigten Seilen. Der Organist fährt mit einer Art Aufzug zum Spieltisch auf halber Höhe…Dank moderner Technik lässt sich das Instrument aber auch aus dem Chorbereich bespielen… Apropos Chor… der Dom St. Peter ist auch die Heimat der Regensburger Domspatzen… ein Knabenchor mit über Tausendjähriger Tradition… gegründet 975.

Im Kreuzgang des Doms
...auch im Kreuzgangbereich: Lapidarium... Parkplatz verwitterter Originalkunstwerke

Die Führerin war eine ältere Dame die auch in Regensburg geboren wurde und die diese Führung auch mit erstaunlich viel Humor absolvierte… so wurden wir auch auf viele Kuriositäten aufmerksam gemacht die man sonst sicher übersehen hätte. Die Besichtigung des Doppelkreuzgangs war auch sehr interessant weil solche Orte, wenn sie eben gerade nicht so überlaufen sind… eine gewisse Magie ausstrahlen. Die Führung hat sich also durchaus sehr gelohnt… auch Berichte über die Arbeiten der Dombauhütte erfährt man nicht einfach so.

Die größte hängende Orgel der Welt
Die Allerheiligenkapelle am Kreuzgang vom Dom

Das Abendprogramm gestaltete sich mit dem Besuch der Brauereigaststätte Kneitinger (auf den Gläsern steht: seit 1530) und damit einem sehr traditionellem Lokal… das Bier wird selber gebraut… es gibt Helles (Heller Hans), Pils und Dunkles… ich hatte sie alle und stifte Berliner Euphorie an: Kannste echt anbieten… genau wie das Essen… prima Laden… könnte auch in Bamberg sein. Danach musste es natürlich noch ein Guinness sein… aber heute im anderen Irish Pub der Stadt: Murphy’s Law… und der ist so viel besser als das Irish Harp gestern…in einem Keller mit viel Jungvolk aber sehr umsichtiger Bedienung… werd wohl morgen wieder kommen… aber vorher gehts in eine andere bayerische Stadt… ihr werdet es lesen…

Heller Hans im Kneipingers
Guinness als letztes Bild des Tages... sehr traditionell...auf mclarsen...

Heute stand eine Stipvisite der Stadt Landshut auf dem Plan… geplant war Abfahrt ab Regensburg und etwa 11:28 Ankunft in Landshut… also nach dem Frühstück gut gelaunt Richtung Bahnhof… auf halber Strecke dahin… Mist!… meine Ohrstöpsel vergessen… hmmm… das schaff ich … nochmal zurück und mit erhöhter Laufgeschwindigkeit zum Bahnhof. Der Zug fährt los… Fahrkartenkontrolle… kein Problem… hab ich auf dem Handy… Personalausweis dazu… auch kein Problem… hab ich im Port…PORT… Portemonai… auf die leere Hosentasche tätschelnd… öhmn… hab ich nicht dabei. Vom Ausweis hab ich ein Bild gespeichert, das war kein Problem… aber mit 0 Cent unterwegs sein schon… ich hab auch keine Kartenzahlung auf dem Handy… also erster möglicher Halt wieder raus: Eggmühl… I am the walrus… I am in Eggmühl.. dudududu… (frei nach den Beatles)… nach 15 Minuten kam ein Zug Richtung Regensburg, dann raus, wieder ins Hotel, wieder zum Bahnhof und in den gleichen Zug… der war dann kurz nach eins in Landshut…soll heißen… wenn die Bahn schonmal pünktlich fährt, kann ich durch eigene Dämlichkeit auch selber mit Verspätung ans Ziel kommen. So… nun aber zu Landshut…

Die zwei Hauptdarsteller von Landshut: St. Martin und Burg Trausnitz... davor die Isar
Stadtblick Landshut... nach einigen überwundenen Höhenmetern...

Landshut ist mit 75.000 Einwohnern die zehntgrößte Stadt Bayerns und liegt mit je 70 Kilometern Abstand zwischen Regensburg und München an der Isar. Im Mittelalter erlebte die Stadt eine wirtschaftliche Blütezeit was sich in dem historischen Stadtkern noch heute wiederspiegelt. Historisches Zentrum ist die Straße Altstadt… etwa 700 Meter lang und an manchen Stellen bis zu 30 Meter breit… da kann man fast schon von einem Platz reden… Markant im Stadtbild ist die Burg Trausnitz und der Turm der Martinskirche, welcher mit 130 Metern der höchste aus Backstein errichtete Kirchturm der Welt ist. Weitere bedeutende mittelalterliche Kirchen sind die Heilig-Geist-Kirche und St. Jodok. Landshut und das Umland ist sehr wirtschaftsstark und in diesem Sinne auch recht vermögend.

St. Martinskirche - Mittelschiff nach Osten
Die Straße Altstadt mit Blick auf St. Martin

Das Wetter war heute nochmal regelrecht herausragend wenn man bedenkt das es fast Oktober ist… 21 Grad und freundlichster Sonnenschein… Als erstes wurde das Wahrzeichen der Stadt besichtigt: Die st. Martinskirche. Diese ist von Hause her recht groß, es ist eine spätgotische Hallenkirche mit sehr schlanken Pfeilern. Das Außergewöhnliche dieser Kirche ist aber der Turm. Mit 130 Metern ist er in der Top-Ten der höchsten Kirchtürme der Welt und unter den Türmen die mit Backstein errichtet wurden sogar die klare Nummer Eins. Schön war auch das während der Besichtigung jemand an der Orgel gespielt hat… das war mehr Heavy Metal als Halleluja… schön tiefe Bässe was das ganze Gebäude zur Vibration brachte… ich mag sowas.

Das gotische Rathaus
Die Stadtresidenz (1536-1543)

Nach dieser kurzen Abbitte wegen eigener Trotteligkeit ging es dann die Altstadt herab… so heißt nämlich die Hauptstraße in Landshut… sie ist überwiegend Fußgängerbereich und wird flankiert mit superschönen Häusern aus Gotik, Renaissance und Barock… das Rathaus steht dazwischen, die Stadtresidenz von 1543 gegenüber… soll der erste Renaissancebau nördlich der Alpen sein. Am Ende der Promenade steht mit der Heilige-Geist Kirche ein weiterer gotischer Sakralbau. Wo eine Altstadt ist gibts auch eine Neustadt… ein paar hundert Meter südlich und parallel zur Altstadt… nicht ganz so prächtig aber immernoch Oho!

Über der Stadt thront die Burg Trausnitz
Auf der Burg Trausnitz

Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt ist die Burg Trausnitz hoch über der Stadt… es war der Sitz der Wittelsberger und die reichen Bürger der Stadt haben den Turm der Martinskirche nicht umsonst so hoch bauen lassen… man wollte der Obrigkeit auf der Burg auf den Teller schauen können… quasi auf Augenhöhe. Der Weg dorthin war etwas anstrengend da ich einmal falsch abgebogen war und über eine sogenannte Teufelsbrücke und einen Serpendinenweg kam… etwas pumpend nach den Höhenmetern… aber es gab schöne Ausblicke… die Burg besichtigte ich nur von außen und dann ging es auf einem ganz einfachen Weg wieder abwärts… das kann ich ja… Nach einem Imbiss und vielen kleinen und großen Straßen der historischen Stadt wollte ich den Besuch mit zwei, drei Bieren in einem Biergarten ausklingen lassen, dieser Biergarten existierte allerdings nicht mehr, also gleich die knapp 2 Kilometer zum Hauptbahnhof gelaufen… eine Gegend die eher an Berlin Lichtenberg oder Marzahn erinnert als an eine vornehme bayerische Stadt…Die Rückfahrt nach Regensburg gestaltete sich einfacher als der Hinweg.

St. Martin von der Burg Trausnitz gesehen
Im Brauhaus am Schloß

Zurück in Regensburg ging es abends in das Brauhaus am Schloß. Das Schloß zum Brauhaus ist St. Emmeram… also Thurn und Taxis… die Brauerei wurde von Paulaner gekauft, stellt aber eigenes Bier her was dann in Paulaner- Gläser gefüllt ausgeschenkt wird. Neben einer ordentlichen Portion Schweinskram auf dem Teller verkostete ich St. Emmeram Hell, Hopfenblume (Pils) und Marstall Dunkel… alles sehr gute Biere… wie so häufig sollte aber Guinness das letzte Wort haben und ich besuchte nochmal das Murphys Law wo der Abend unspektakulär ausklang… so wie auch die drei Tage in Regensburg und Landshut. Regensburg hätte vielleicht noch einen Tag mehr gebraucht… es ist eine traumhafte Altstadt mit vielen verwinkelten Gassen und tollen Kunst- und Architekturdenkmälern. Auch in Sachen Gastronomie hätte es noch weitere Entdeckungen geben können… aber im Anschluß geht die Reise weiter zur diesjährigen Bierwanderung die in ein paar Tagen als Extrablog zu lesen sein wird. Zum Abschluß noch ein paar Bilder zum Ausklang… so weit nicht anders vermerkt aus Regensburg.

Fröhliche Straßennamen haben sie hier...
Das Rathaus mit dem Festsaal des Immerwährenden Reichstages
Der Haidplatz
Nachgestellte Umrisse der zerstörten Synagoge
Dachlandschaft mit goldenem Turm
Altes Gasthausschild "Zum Walfisch" um 1800
Landshut - Ansicht vom nördlichem Isar-Ufer
Landshut - St. Martin - Westportal und Turm
Landshut - Platz Freyung mit Burg Trausnitz
Regensburger Dom zu später Stunde

McLarsen in Schwerin und Wismar (Juni 2024)

Schwerin, 25.06.2024… Der Sommer kam dieses Jahr spät an… bis vor ein paar Tagen hatten wir gefühlt den längsten April aller Zeiten… die Fußball Europameisterschaft 2024 in Deutschland ist im vollen Gange… Zeit mal wieder für einen kleinen Ausflug… und der bringt mich diesmal in die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern nach Schwerin… ebenso ist ein Tag in Wismar geplant.
Der Regionalexpress R8 vom Flughafen BER Richtung Wismar braucht fast 3 Stunden bis Schwerin… das mit dem Express dient womöglich eher als Aufwertung gegenüber noch langsameren Verbindungen… aber da ich es ja auch nicht eilig hatte konnte ich die beschauliche Fahrt ein wenig genießen. In Schwerin angekommen hatte ich es nicht weit zum Hotel was auch damit zu tun hat das das Haus „Hotel am Hauptbahnhof“ heißt. Es ist ein einfacher Bau mit eigenem Bad auf dem Flur… was ein wenig ungewöhnlich ist. Das Fenster geht direkt zum Bahnhof raus… mal sehen wie laut das hier ist…

Marktplatz, Staatstheater und Schloß vom Turm des Schweriner Doms
...umgekehrter Blick... vom Markt zum Dom

 Schwerin verpasst mit 98.500 Einwohnern knapp die ab 100.000 Einwohnern proklamierte Bezeichnung einer Großstadt… ist aber dennoch Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern… die kleinste aller deutschen Landeshauptstädte. Stadtrecht bekam Schwerin 1164 von einem alten Bekannten aus diesem Blog… nämlich Heinrich der Löwe dessen Wirken ich dieses Jahr im Februar u.a. in Braunschweig beleuchtet habe. Die Stadt war mit einer kurzen Unterbrechung Residenz der Herzöge von Mecklenburg… mit dem im 19. Jahrhundert fertiggestellten Schloß besitzt Schwerin eines der bekanntesten Wahrzeichen des Bundeslandes. Die Stadt liegt am Schweriner See… einem der größten Seen Deutschlands… insgesamt gibt es 12 Seen im Stadtgebiet. Das heutige Stadtbild stammt überwiegend aus Umbauten im 19. Jahrhundert, besonders durch den Architekten Georg Adolf Demmler. Das einzige Bauwerk aus dem Mittelalter ist der Schweriner Dom… eine der größten und ältesten Bauwerke der Backsteingotik mit einem der höchsten Kirchtürmen Norddeutschlands. Seit 1990 hat der Landtag von Meck-Pomm seinen Sitz im Schloß… 2009 fand die Bundesgartenschau im Schloßpark statt und das gesamte Ensemble von Schloß- und Parkanlagen ist Beitrittkandidat für das UNESCO Welterbe.*

*UPDATE 28.07.2024: Schloß und Residenzensemble sind seit 27.07.2024 UNESCO Welterbe.

Schweriner Dom - Altarretabel im Ostchor
Inneres nach Westen

Um mir einen ersten Überblick zu verschaffen wollte ich mir das hier erstmal von oben anschauen… und das geht am besten wenn man 220 Stufen ersteigt und dann vom Turm des Schweriner Doms eine schöne Aussicht genießen kann. Als erstes fallen die wirklich vielen Seen in und um das Stadtgebiet auf. Am nahesten ist der Pfaffenteich in dem sich der Dom auch spiegelt wenn man weit genug weg ist. Man sieht natürlich das Schloß und andere historische Gebäude und ahnt auch das die meisten Einwohner der Stadt außerhalb der Altstadt in teilweise Plattenbaugebieten wohnen. Nach dem Abstieg vom 117,5 Meter hohen Turm (der höchste Ostdeutschlands) wurde dann der Dom besichtigt. Der Schweriner Dom St.Marien und Johannis ist eine hochgotische Basilika im Stile der norddeutschen Backsteingotik und eines der größten Sakralbauten in der Gegend. Das Gewölbe des Mittelschiffes ist 26,5 Meter hoch und es gibt ein Querhaus und einen Chorumgang. Der Turm wurde erst 1893 im Stil der Neogotik vollendet. Von der Ausstattung ist die Kathedrale verhältnismäßig schlicht gehalten, es dominiert neogotisches Interieur, ein gotischer Altarretabel und ein Triumphkreuz aus der zerstörten Marienkirche von Wismar.

Der Pfaffenteich vom Turm des Doms...
...und auch hier das Gegenstück...
Am Pfaffenteich

Es folgte ein kleiner Gang durch die Altstadt und die Umrundung des wunderbaren Pfaffenteichs welcher ständig einläd sich eine Weile niederzulassen und ein wenig auf das sommerliche Treiben zu schauen… danach ging es ins Hotel zu einer Schreibpause… Anschließend ging es zur Nahrungsaufnahme in einem lokalen Brauhaus… wer hier öfters mitliest weiß das… heute hieß der Laden Altstadtbrauhaus… ganz in meiner Nähe und die ersten beiden naturtrüben Biere zischten sofort auf der Zunge… wer schenkt auch 0,4l aus (?)… egal… das Bier war sehr lecker, auch das Dunkle was ich zum Schluß hatte. Da mein Mittagsbrot (Chinabox am Pfaffenteich) noch nicht so lange her war gab es heute keinen deftigen Bierbraten oder ähnliches sondern eine (im Osten ja immer noch allgegenwärtige) Soljanka und einen Salat… und ja… es war lecker und ich bin gesund… Danach sollte es noch ein wenig Guinness sein und dafür steuerte ich den Pub „The Scotsman“ an… dort schmeckte das Guinness aber für eine objektive Einschätzung werde ich übermorgen dort nochmals vorstellig werden… für heute ist erstmal Feierabend und morgen gehts weiter hier in Schwerin…

Pfaffenteich zur späten Blauen Stunde

Die erste Nacht am Hauptbahnhof war erwartungsgemäß anders als in einer Ferienhütte am Meer… zum Glück bin ich am Wochenende wenn mehr los ist wieder weg… dann dieser Brunnen… man ist im Halbschlaf und dann kommt das Schweriner Schloßgespenst Petermännchen vorbei und fragt: „Na… ham wir denn schon gepullert?“ …ähmn… nee… und dann übern Flur… achja… das will ja eigentlich keiner wissen. Das Frühstücksbuffet im Hotel lässt keine Wünsche offen und so ging ich dann frisch gestärkt zum Schloß und den umliegenden Gärten, darum drehten sich die folgenden Stunden.

Das Schloß mit Orangerie und Burggarten
Schloß - Innenhof

Es gab die Möglichkeit für einen kleinen Aufpreis an einer öffentlichen Führung teilzunehmen und davon machte ich dann auch Gebrauch. Man erfuhr viel über die lange Baugeschichte des Schlosses, über seine ehemaligen adligen Bewohner und konnte sehen das man auch im vergleichweise provinziellen Mecklenburg gut und üppig leben konnte…vorausgesetzt man hatte die richtigen Eltern. Der Teil des Schlosses der der Stadt zugewandt ist, beherbergt den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und ist nicht zugänglich… genau wie der Innenhof des Gebäudes welches über 950 Räume verfügt… im Hof wird gerade Bühnentechnik aufgebaut da am kommenden Wochenende Festspiele stattfinden.

Speisesaal der Herzogin
...nicht völlig schlicht... Decke in Thronsaal

Nach der Schlossbesichtigung waren dann die umliegenden Parkanlagen dran… erst der Burggarten, also der Teil auf der Insel auf der das Schloß steht, dann der Schloßgarten südwestlich… angelegt nach Plänen von Peter Joseph Lenné, dessen Werke wir in Berlin und Brandenburg ja bestens kennen… nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten… mit einem Kreuzkanal, Laubengängen, Pavillons, Denkmälern und Statuen vom Dresdner Bildhauer Baltasar Permoser (Dresdner Zwinger u.a.) bekommt man ziemlich viel geboten… zumal es noch nicht völlig überfüllt war und der erste Tag des Jahres war der an der 30 Grad Grenze gekratzt hat. Auf einem Franzosenweg lief ich noch etwas am Rande des Sees vorbei zum Aussichtspunkt Adebors Näs wo man Schwerin mit Schloß, Dom und See aufs Bild kriegt… überhaupt macht diese Schloßanlage von allen Seiten einen superhübschen Eindruck… was auch für die ganze Stadt gilt die ja das Glück hatte im Krieg nicht zerstört zu werden. Nach einer Suppe in der Innenstadt gab es dann eine Schreibpause bevor es in den Stadtteil Schelfstadt ging.

Der Kreuzkanal im Schlossgarten mit Permoser Statuen
Laubengang... schön bei 30 Grad im Schatten...
Schweriner Stadtpanorama vom Aussichtspunkt Adebors Näs
...und nochmal das Stargebäude der Stadt von Süden

Die Schelfstadt… warscheinlich kommt der Name vom Schilf der Seen die das Gebiet beherrschen… ist ein Stadtteil von Schwerin welches direkt an die Altstadt angrenzt. Ursprünglich war Schelfstadt eine eigenständige Gemeinde, erst seit dem 19. Jahrhundert gehört sie offiziell zu Schwerin. Es gibt Fachwerkhäuser aus dem 18. Jahrhundert, Bauten aus der Gründerzeit und danach… und das schöne daran ist das alles… oder zumindest vieles noch erhalten ist… auch wenn es für einige Gebäude knapp war das sie nicht abgerissen wurden weil der DDR zuletzt selbst dafür das Geld ausging.

Ziegenmarkt in Schelfstadt mit Kneipe Freischütz... kurz vor der Flutung
Die Schelfkirche

Im Zentrum des Stadtteils steht die barocke Schelfkirche für die ich leider etwas zu spät kam um sie besichtigen zu können. In der Schelfstadt hatte ich heute auch eine Verabredung mit einem langjährigen Bekannten aus der Whiskyszene der dort zuhause ist. Oliver zeigte mir viele Dinge der Gegend und der eine oder andere Whisky war auch dabei… freilich nichts was man noch irgendwo kaufen kann, genau wie man sich herzliche Gastfreundlichkeit ebenfalls nirgendwo kaufen kann… aber diesen ganz wundervollen Abend stelle ich an dieser Stelle auf privat… Fakt ist das auch die beste Kneipe der Gegend in der Schelfstadt liegt… und zwar am Ziegenmarkt und es ist der Freischütz… neulich feierte man 30jähriges Jubiläum… glaubt mir… das ist ene amtliche Zahl… das Offside steht kurz vor der 25… Ein wunderbarer Tag geht zuende… Morgen gehts übrigens nach Wismar…

Momentaufnahme aus dem Küchenfensters von Oliver

Schwerin konnte ich in den letzten anderthalb Tagen recht gut erkunden… es bleiben einige Strecken für Wanderungen am Wasser übrig und das ist sehr gut denn ich habe schon Lust nochmal hierher zu kommen… heute aber war eine andere Stadt angesagt und zwar Wismar. Eine halbe Stunde fährt man hier von Schwerin mit dem Bummelzug bis in die Hansestadt… vorbei an vielen Seen und reichlich Wald. Steigt man aus dem Zug und lässt den kleinen Bahnhof hinter sich kann man eine der schönsten Städte der Ostseeküste erleben.

Wismar hat knapp 44.000 Einwohner und ist damit die sechstgrößte Stadt in Mecklenburg-Vorpommern. Im Mittelalter war die Stadt Mitglied der Hanse und gelangte in dieser Zeit zu Reichtum und wirtschaftlicher Bedeutung. Nach dem 30jährigen Krieg ging die Stadt viele Jahrzehnte in schwedischen Besitz über… erst 1903 wurde die Stadt offiziell wieder Deutsch. Als Industriestandort im Dritten Reich gelangte die Stadt ins Visier der Alliierten und wurde im zweiten Weltkrieg durch mehrere Luftangriffe schwer zerstört. Heute ist Wismar noch immer ein bedeutender Wirtschaftsstandort mit großem Hafen und Schiffsbauindustrie. Die Altstadt steht zusammen mit der Stralsunder Altstadt seit 2002 auf der Welterbeliste der UNESCO. Bedeutende Sehenswürdigkeiten sind die drei Kirchen im Stile der Backsteingotik und der Marktplatz.

Die Nikolaikirche am Mühlenbach an der frischen Grube
Bei einer Deckenhöhe von 37 Metern braucht ein Kronleuchter eine lange Leitung
Hochaltarretabel aus der Georgenkirche... um 1430... 10 Meter breit und mit Predella und Bekrönung 4,42 Meter hoch...größte Retabel seiner Art im ganzen Ostseeraum...

Als erstes kam ich an der Nikolaikirche vorbei. Die Nikolaikirche ist die einzige von den drei monumentalen gotischen Backsteinkirchen die den Krieg nicht als Ruine überstanden hat. Sie wurde als die Kirche der Seefahrer und Fischer zwischen 1381 und 1487 erbaut… in einer Zeit als die Stadt wichtiges Mitglied der Hanse war und den damit einhergehenden Reichtum mit riesigen Kirchen im Stile der Backsteingotik errichten konnte. Das Mittelschiff der Nikolaikirche ist mit 37 Matern Höhe eines der höchsten weltweit… das einzig höhere in der Region ist das der Lübecker Marienkirche die ja quasi die Mutter aller Backsteingotik ist und auch das Gewölbe ist gerademal 1,5 Meter höher. Das die Kirche eine so reiche Ausstattung hat ist dem tragischen Umstand zu verdanken das die anderen beiden Kirchen den Krieg nicht überstanden haben und die Altäre und andere Sachen haben nunmehr Platz in St.Nikolai gefunden. Als ich aus der angenehm kühlen Kirche rauskam spürte ich die knapp 30 Grad ein wenig wie Knüppel auf den Kopf… aber weiter ging es…

Marktplatz mit Wasserkunst und Rathaus im Hintergrund
Marktplatz - Mittelalterliches Haus "Alter Schwede"
Der Turm der Marienkirche

Durch schöne Straßen und Gassen mit historischen Häusern aus allmöglichen Epochen hin zum Marktplatz. Dieser Marktplatz ist mit seinen ca. 100 x 100 Metern einer der größten in Norddeutschland. Er wird vom klassizistischen Rathaus und teils gotischen Bürgerhäusern eingerahmt. Das auffälligste Gebäude ist die hübsche Wasserkunst… ein Bau welcher 1602 vollendet wurde im Stil der niederländischen Renaissance. Der Marktplatz war recht belebt mit verschiedenen Ständen mit Lebensmitteln, Imbissen und Krimskrams aus Leder. Wenige Meter neben dem Markt erhebt sich der 80 Meter hohe Kirchturm der Marienkirche. Sie war die Hauptkirche der Stadt und hatte Dank schwerer Bombentreffer im Jahre 1945 weniger Glück als die Nikolaikirche… im Gegenteil… die SED ließ 1960 die Ruine des Kirchenschiffes sprengen und verarbeitete das Baumaterial zu Schotter. Der Turm ist lediglich deshalb stehen geblieben weil er als Schifffahrtszeichen in den Seekarten verzeichnet war. Die freie Fläche wurde zu DDR Zeiten als Parkplatz benutzt. Nach der Wende wurden die Umrisse der Kirche wieder sichtbar gemacht und der Platz dient heute als quasi archäologische Freifläche.

Georgenkirche... unendliche Weiten im rekonstruierten Inneren der zerstörten Kirche

Nur wenige Meter weiter befindet sich die dritte große Kirche Wismars… die Georgenkirche. Auch sie wurde schwer zerstört aber die Ruine wurde zum Glück nicht beseitigt und der gigantische Bau wurde bis vor etwa 10 Jahren wieder aufgebaut. Die dreischiffige Basilika ist die größte der drei Wismarer Kirchen… ihre Gewölbehöhe beträgt im Mittelschiff 35 Mater… also nur gering niedriger als bei der Nikolaikirche… nur ist das hier alles noch viel größer und weiter… was man eben auch deshalb sehen kann, weil der Raum komplett leer ist. Die Nutzung des Sakralbaus ist noch nicht richtig entschieden soweit ich weiß… der Bedarf nach einem derart gigantischen Raum als Nutzung einer Kirche ist garantiert nicht auf der Tagesordnung… zeitweise wird der Raum für Veranstaltungen und Konzerte genutzt. Die Georgenkirche hatte nie einen Turm, nur so eine Art Turmstumpf… dieser wird seit etwa 10 Jahren als Ausblickterasse genutzt und das allerbeste daran ist ein Fahrstuhl mit dem man für den Unkostenbeitrag von 2€ dort hoch gefahren wird und von dort beste Aussicht über die Hansestadt genießen kann. Nur nach Osten bleibt der Blick versperrt… da steht das gewaltige Kirchenschiff davor.

Aussichtspunkt Georgenkirche: Nikolaikirche
Aussichtspunkt Georgenkirche: Hafen
Aussichtspunkt Georgenkirche: Werft

Wieder unten angekommen ging es wieder durch die schöne Altstadt… die ja zusammen mit der von Stralsund Teil des UNESCO Welterbes ist… da traf es sich gut das ich am Welterbehaus vorbei kam wo man kostenlos eine sehr liebevolle Ausstellung zum Thema Welterbe besichtigen kann. Das Kerngebiet der Ausstellung ist sicher Wismar und andere Hansestädte aber auch im weltweiten Kontext kann man sich informieren… Klasse Sache das… Das Kaufhaus Karstadt gleich in der Nähe war übrigens das Stammhaus… Rudolph Karstadt gründete hier 1881 das Tuch-, Manufactur- und Confectionsgeschäft Karstadt… der dreht sich derzeit bestimmt öfters im Grab um…

In der Fussgängerzone...
...ein Karstadt... aber es ist das Stammhaus des ehemaligen Erfolgskonzepts...
Ausstellungsraum im Welterbe Haus

Mit einem Fischbrötchen vom Marktplatz ging es dann Richtung Hafen. Das Hafengelände teilt sich in den noch aktiven Seehafen und den Alten Hafen der in den letzten Jahrzehnten völlig neu konzipiert wurde und heute ein gelungenes Zusammenspiel von historischen Industriebauten und neu gebauten Häusern im Stil der norddeutschen Backsteinarchitektur ist. Ein Touristenmagnet ist der Fake Nachbau einer angeblich mittelalterlichen Kogge namens Wissemara.

Am Hafen
Alte Hafengebäude mit neuer Nutzung
Blick vom Hafen auf den Turm der Marienkirche und die Georgenkirche

Langsam braute sich am Himmel etwas zusammen was der Wetterdienst auch angekündigt hatte… aber Brauen war auch noch Thema in der Nähe des Hafens im Brauhaus am Lohberg und ein Bier hatte ich mir nun allemale verdient… Leider war der Laden derart mies organisiert das ich nur zwei Bier getrunken habe und dann lieber später woanders essen werde… Dieses Brauhaus ist auch der Ursprung des Wismarer Whiskys Baltach… aber wie gesagt… da klappte nix… nunmehr wollte ich auch nicht wie ein begossener Pudel zurückkommen und nahm einen Zug früher Richtung Schwerin und es hat geklappt… nicht nass geworden. Das mit dem Gewitter spielte letztlich keine Rolle mehr… ich war immer etwas schneller

Im The Scotsman

… abends ging es in ein „Unmögliches“ Kartoffelhaus… ich weiß die gibts öfters aber es war heute nur Plan B… was Ok war… dann nochmals in den Scotsman… gut das ich mit meiner Meinung gewartet habe… ich kann ihn nun vollumfänglich empfehlen… was Whisky angeht sind alle Standards gut vertreten, wenn es etwas spezieller wird bekommt man Chefarztberatung von Steini, der mir von anderer Stelle bereits als bunter Hund der Stadt beschrieben wurde… ich hoffe das ich mich demnächst in Berlin revanchieren kann… toller Laden… zumal heute die Musik auch nicht vom Internetradio kam wie vorgestern… ich weiß… wir Berliner und Brandenburger sind mit RadioEins und Co. verwöhnt… aber dieses Rockradio Bob was auch als Werbung auf den Offside Toiletten hangt ist in etwa so das jeder Song wie ein ralliger Köter an deinem Bein stupst…ey… wir sind doch coole Kumpels oder?… NÖ… Sitz…Platz…Aus… zwischendurch Werbung für Kopfsalat von Aldi…
Als Fazit kann ich jetzt zu später Stunde im Schweriner Hotelzimmer vermerken… ich habe mich ein klein wenig verliebt in diese Stadt die nicht zu groß und nicht zu klein ist… auf Dauer… keine Ahnung… die Frage stellt sich nicht aber wenn es mal so wäre… dann ja. Wismar hat mich auch gut abgeholt… so’ne kleine Stadt ganz groß… hat mal wieder Spaß gemacht… ich vermute, es geht im September in Bayern weiter…

Nachtrag: Die Heimreise war wie erwartet unspektakulär… leider gab es dann zuhause den Tod einer unserer Katzen zu beklagen… An dieser Stelle vielen Dank an Nina die sich um Fiete an seinen letzten Tagen gekümmert hat… und um alles andere auch…

Nach dem Gewitter am Pfaffenteich

Wie immer zum Schluß weitere Bilder der Reise ohne ausführliche Erklärungen…

...nochmal das Schweriner Schloß von oben...
Stadtteil Schelfstadt von oben
Selbstbildnis am Pfaffenteich mit Dom
Staatskanzlei - Regierungssitz der Mininsterpäsidentin
Mecklenburgisches Staatstheater
...zwischen hell und dunkel... kühl und heiß...
Fachwerkhaus in der Schweriner Altstadt
Wismar - Alte Wasserkunst am Marktplatz
Fachwerkhaus "Gewölbe" am Hafen
Das mittelalterliche Wassertor
Ein letzter abendlicher Gruß vom Pfaffenteich

McLarsen in Thüringen – Gotha, Arnstadt, Eisenach, Mühlhausen, Erfurt (April 2024)

Erfurt, 24.04.2024… Die dritte Entdeckungsreise dieses Jahres führt mich wiederholt nach Thüringen. Mit Residenzstadt Erfurt (um die es diesmal weniger gehen soll, wer etwas darüber lesen möchte den verweise ich gern auf den Reisebericht von 2020) soll es in die umliegenden Städte Gotha, Arnstadt, Eisenach und Mühlhausen gehen… weiterhin ist eine Wanderung um die drei Burgen von Drei Gleichen geplant. Den Anfang machte gestern Gotha… erstmal mit dem ICE vom Heimatbahnhof Berlin Gesundbrunnen in knapp 2 Stunden ohne Umstieg nach Erfurt gedüst… dann schnell die Reisetasche in ein Schließfach gesteckt und ab ging es mit dem Bummelzug ins 25 Kilometer entfernte Gotha.

Schloß Friedenstein Gotha

Gotha: Mit 45.000 Einwohnern ist Gotha die fünftgrößte Stadt Thüringens und liegt zwischen Erfurt und Eisenach. Bis 1825 war Gotha Residenzstadt des Herzogentums Sachsen-Coburg und Gotha-Altenburg… ein typischer Landstrich auf dem seinerzeit bunten Fleckenteppich kleiner Herrschaftsgebiete auf dem Territorium des heutigen Deutschlands. Das markanteste Gebäude der Stadt ist das Schloß Friedenstein. Es wurde 1643 erbaut und gilt als eine der bedeutendsten Schlossbauten des Frühbarock. Unweit des Schlosses befindet sich der älteste Englische Garten außerhalb Englands… am Rande des Schloßparks befindet sich mit dem Herzoglichen Museum eine (besonders im Verhältnis zu der geringen Größe der Stadt) sehr bemerkenswerte Kunstsammlung. Nördlich von Schloß und Park Friedenstein befindet sich die Altstadt mit dem historischen Rathaus und vielen gut erhaltenen Bürgerhäusern. Eine technische Meisterleistung seiner Zeit ist der Leinakanal der 1369 angelegt wurde und die Stadt ohne Fluß mit Wasser versorgte und noch heute funktioniert. In Gotha wirkte Martin Luther und der Maler Lucas Cranach d.Ä… 1875 wurde die SAP (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands) in Gotha gegründet… diese nannte sich später in SPD um… das bekannteste industrielle Produkt der Stadt waren Straßenbahnwaggons… genau… die alten Gondeldinger die jahrzehntelang im Ostteil Deutschlands auf der Schiene waren.

Schloß Friedenstein - Festsaal
Audienzzimmer

Vom Bahnhof läuft man etwa 20 Minuten zur Hauptsehenswürdigkeit der Stadt: Schloß und Park Friedenstein. Ernst I., auch Ernst der Fromme genannt (1601-1675) war der Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg und einer der bedeutendsten Herrscher seiner Zeit… auch heute existierende Königshäuser wie Belgien und England tragen noch Teile dieser DNA… was aber sicher bei der ganzen In- und Unzucht dieser Kreise nicht weiter verwundert… ich schweife ab… dieser Ernst fand in Gotha keine standesgemäße Residenz vor und ließ von 1643-1654 das Schloß Friedenstein errichten… er hatte vom 30jährigen Krieg die Nase voll und gab seinem Zuhause diesen Namen… über dem Hauptportal hängt auch ein barockes Schmuckelement mit dem Namen Friedenskuß… Das Schloß hat für die verhältnismäßig kleine Stadt Gotha recht üppige Ausmaße… allerdings war auch von Anfang an viel Platz für Verwaltung, eine Münzerei, ein Theater, die Schloßkirche und andere Dinge geplant… nicht nur aus Jux für den Herzog. Das Schloß zählt zu den bedeutendsten Schloss-Neubauten seiner Zeit… wir sind im Frühbarock wo noch nicht ganz so viel Lametta war. Die Anlage an der auch viele Bau- und Sanierungsprojekte laufen macht einen leicht angegammelten Eindruck… zumindest wenn ich Vergleiche zu ähnlich großen Feudalbauten wie denen in Berlin, Potsdam oder Würzburg ziehe… Ich kaufte mir für 12€ ein Ticket und besichtigte die Herzogliche Residenz mit den Wohn- und Repräsentationsräumen sowie dem Eckhof-Theater im Westturm… dem ältesten noch regelmäßig bespielten Theater Deutschlands mit Original-Bühnentechnik von 1685. Obendrauf war noch ein Naturmuseum mit ganz viel ausgestopften Tieren dabei… die Tour war ihr Geld auf jeden Fall wert.

Herzogliches Museum
Im Schloßpark

Gegenüber dem Schloß befindet sich das Herzogliche Museum… ein Bau aus dem 19.Jahrhundert mit einer großen, über die Landesgrenzen bedeutenden Kunstsammlung… leider reichte dafür die Zeit heute nicht. Der Schloßpark ist im Stile von englischen Landschaftsgärten angelegt und gilt als erstes Exemplar dieser Sorte außerhalb Großbritanniens… das Wetter war gerade ganz gut und so nutzte ich auch die Zeit für einen gemütlichen Parkspaziergang.

Denkmal vom Bauherren - Ernst der Fromme
Marktplatz mit Rathaus

Hinter dem Schloß welches auf einer Anhöhe steht geht es bergab mit einer Wasserkunst zur historischen Altstadt Gothas… die ist nicht irre groß… aber sehr fein… das Rathaus im Stile der Renaissance ist sehr schön und der Turm kann auch für den Unkostenbeitrag von 50 Cent bestiegen werden… machte ich auch und hatte beste Ausblicke. Da ich seit dem Frühstück nicht wirklich viel Nahrung hatte, stand ich kurz nach 17:00 Uhr auf der Matte vom lokalen Irish Pub namens S’Limmerick und gönnte mir Burger und Bier…

Ausblick vom Rathausturm mit Margarethenkirche
...auch vom Rathausturm - Nordflügel vom Schloß Friedenstein

… dann zurück zum Bahnhof, nach Erfurt gefahren, Tasche geschnappt und in den Apartments des Restaurant Palais in der Futterstraße gleich neben der berühmten Krämerbrücke eingecheckt. Die Unterkunft ist recht groß, ziemlich neu…hat aber auch einige Fragezeichen in Punkto Ausgestaltung. Abends gabs noch Guinness im Molly Malone und Murphys in der Whiskykneipe Jonny Worker… danach war der Kanal voll und es ging in die Nachtruhe.

Arnstadt: Turm und Reste von Schloß Neideck...
...wie das mal aussah kann man am Medell daneben bewundern

Am zweiten Tag der Reise ging es von Erfurt mit der Regionalbahn nach Arnstadt… Fahrzeit: etwa 15 Minuten. Der Plan war die Stadt zu besichtigen und anschließend eine Wanderung zu den drei Burgen von Drei Gleichen zu unternehmen. Das Wetter war sehr wechselhaft… von Sonne bis Graupel war alles drin… Aprilwetter halt. In Arnstadt ausgestiegen läuft man Richtung Innenstadt durch einen Schloßgarten der zu dem ehemaligen Schloß Neideck gehört. Von diesem Schloß aus der Renaissancezeit steht nur noch ein Turm. Das Schlossgebäude wurde nach dem Umzug des Fürstes nach Sondershausen bereits Mitte des 18.Jahrhunderts aufgegeben… es verwahrloste und stürzte irgendwann ein. Der Turm wurde vor etwa 25 Jahren restauriert… ist aber derzeit wieder für den Aufstieg gesperrt da es Baumängel gibt.

Der Arnstädter Marktplatz mit Rathaus und Bachkirche
Hopfenbrunnen von 1573 und Bachkirche

Arnstadt: Zu Ostzeiten galt Arnstadt als älteste Stadt der DDR… erste urkundliche Erwähnung war 704 und damit ist die Stadt auch heute noch eine der ältesten Städte Deutschlands… lediglich Städte auf römischen Siedlungsgebiet wie Trier oder Worms sind noch älter. Arnstadt hat 28.000 Einwohner und liegt etwa 20 Kilometer von Erfurt entfernt. Aus dem Jahre 1404 stammt die älteste schriftliche Erwähnung einer Thüringer Bratwurst. Wie auch in anderen Städten der Gegend wirkte Johann Sebastian Bach in Arnstadt… damals war er aber noch jung und wild… er war 4 Jahre Organist in der heute Bachkirche genannten Pfarrkirche. Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen die Schlossruine Neideck und das Neue Palais mit dem Modell einer barocken Puppenstadt namens Mon Plaisir. Es gibt Reste der ehemaligen Stadtmauer mit Toren und Türmen… auch zahlreiche Profanbauten sind erhalten. Das bedeutendste Bauwerk der Stadt ist aber die Liebfrauenkirche welche im Übergang der Stile Romanik und Gotik erbaut wurde. Weitere bedeutende Sakralbauten sind die Bachkirche und die Oberkirche.

Inneres der Bachkirche mit den Orgeln
Liebfrauenkirche... bedeutend aber leider zu

Ich ging weiter in die Altstadt und der erste Stopp galt der Johann Sebastian Bach Kirche. Die Kirche ist ein schlichter barocker Saalbau ohne Turm und wurde 1676-1683 erbaut. Zwei Jahre nach der Weihe der Kirche wurde im nicht weit entfernten Eisenach ein gewisser Johann Sebastian Bach geboren. Als 18jähriger erhielt Bach seinen ersten Job als Organist in genau dieser Kirche. Man war nicht immer zufrieden mit dem jungen Burschen… so hatte er u.a. seinen Urlaub für ein paar Wochen überzogen… Nach 4 Jahren war dann Schluß in Arnstadt und er fing in Mühlhausen seine neue Stelle an. Die Bachkirche hat gleich zwei Orgeln… die alte mit dem barocken Prospekt auf der oberen Empore (die Bach seinerzeit abgenommen hatte) und eine weitere Orgel direkt darunter von 1913 die man aber so nicht sieht. Nach einer kurzen Besichtigung der Kirche ging es über den Marktplatz mit seinem schönen Rathaus und vorbei an einigen hübschen Bürgerhäusern zur Liebfrauenkirche… um dort zu sehen das diese in der „Winterpause“ ist und erst ab Mai wieder zur Besichtigung geöffnet wird. Hmmm… das einzig überregional bedeutende Bauwerk der Stadt einfach zu lassen… sowas blödes wäre wohl nicht mal uns Berlinern eingefallen… aber dann ist das eben so. Die Liebfrauenkirche ist neben dem Naumburger Dom das bedeutendste Kirchengebäude aus der Zeit des Übergangs von der Romanik zur Gotik… aber leider zu. Das Wetter wurde wieder ungemütlich und nach ein paar Runden durch die Gassen der Altstadt ging es dann auch wieder zurück zum Bahnhof. Arnstadt wird in meinen Erinnerungen nicht allzu weit oben verankert werden…

Arnstadt - Riedtor
Wachsenburg vom Bahnhof Haarhausen gesehen

Mit dem Bummelzug fuhr ich dann eine Station weit nach Haarhausen… Bedarfshaltestelle… ich dachte erst das alle Blicke auf mich gerichtet waren… was wohl der Fremde da will wo nie einer aussteigt… aber zum Glück stiegen auch noch zwei Schuljungs aus. Von dort aus war die erste der drei Burgen bereits gut zu sehen: Die Wachsenburg. Obwohl diese Burg die einzige des flotten Dreiers ist die nicht ruiniert ist war eine Besichtigung nicht geplant… schon auch deshalb nicht weil die Burg an dem Tag nicht geöffnet war. Der Weg sollte das Ziel sein… ein wenig in die Thüringer Landschaft eintauchen und ein paar alte Steine ansehen…

Anderer Blickwinkel und ganz hübsch... Wachsenburg
Blick zur übernächsten Burg (Gleichen) mit Wetterprognose

Durch die Ortschaften Haarhausen und Holzhausen ging der Weg an der Wachsenburg vorbei zur nächsten Burg: Die Mühlburg. Der erste Teil des Weges dorthin war ein ausgewiesener Wanderweg… beim zweiten hatte ich mich etwas vertan… wollte aber nicht zu weit zurück latschen und nahm einen kleineren Weg durch den Wald. Dieser Pfad erwies sich schnell als anspruchsvoll… er war kaum in der Bärlauchwüste zu sehen und alle paar Meter lagen umgekippte Bäume… es war dann immer die Frage ob drunter oder drüber… inzwischen gab es ein amtlichen Graupelschauer und es wurde zappenduster… ich dachte dann das man Blair Witch Project mal wieder gucken könnte… irgendwann ging es nur noch steil bergauf und ich mußte ab und zu mal durchschnaufen… irgendwann kam ich dann wieder auf einen richtigen Weg und noch später stand ich dann tatsächlich vor der Burg Mühlburg… die konnte besichtigt werden und der Kartenverkäufer hatte gerade Pause… es gab einen Imbiss mit Wiener Wurst und Limo… großartig… ich kam schließlich gerade aus dem gefährlichen Dschungel von Thüringen und hatte mir das wirklich verdient 😉
Die Mühlburg ist nur noch als Ruine erhalten… sie ist die älteste der drei Burgen und liegt über der Gemeinde Mühlberg… man kann den Turm besteigen und zur nachsten Burg winken… die Burg Gleichen… getrennt von etwa 3 Kilometern und der Autobahn A4.

Der Abenteuerpfad...drunter oder drüber?

Die Drei Gleichen… sind ein Burgenensemble in der Nähe von Erfurt, Arnstadt und Gotha. Sie wurden unabhängig von Besitzern zu unterschiedlichen Zeiten (aber schon im Mittelalter) gebaut und sind außer der Wachsenburg heutzutage gut gepflegte Ruinen. Der Name mit den Drei Gleichen kommt von einem Ereignis was sich am 31.05.1231 zugetragen haben soll.. nämlich das bei einem Unwetter durch Blitzeinschlag alle drei Burgen gleichzeitig gebrannt haben sollen. Dieses Spektakel wurde in den letzten Jahren öfters mit Pyrotechnik nachgestellt… die durchquerende Autobahn A4 wurde deshalb sogar zeitweise gesperrt.

...wieder in der Zivilation... Burg Mühlberg...
...von Burg zu Burg...und die A4...

Nach der Besichtigung ging es dann runter nach Mühlberg und unter der Autobahn Richtung Burg Nummer 3… Die Burg Gleichen, ebenfalls nur als Ruine erhalten streifte ich aber nur am Abhang… genug Himalaja für heute… und über einen gut ausgebauten Radweg ging es nach Wandersleben… dort gab es Bahn und nach zwei Stationen war ich wieder in Erfurt.

Zwischen den Burgen

Gefühlt kam ich ja gerade aus einer großen Exkursion… also erstmal unter die Dusche und dann aber fix was für den leeren Magen (Die Wiener auf der Burg hatte schlimmeres verhindert)… die Wahl fiel auf die Altstadtkneipe Noah in der Straße Arche… Die hatte mir schon vor 4 Jahren gefallen… damals war aber noch Corona und man konnte sich kein richtiges Bild machen… heute aber auch nicht weil der Laden brechend voll war… ich durfte am Eingang am Straftisch Platz nehmen… immerhin… was anderes gab es in der Tat nicht… den Laden kann man teilweise mit dem Offside vergleichen zumindest was die Ausgestaltung angeht… überall Bilder und irgendwelches altes Gedöns… aber mit der sehr bodenständigen Speisekarte können wir hier vom Gesundbrunnen natürlich nicht mithalten… Das Rostbrätel mit Bratkartoffeln war auf jeden Fall sensationell… danach gabs noch Guinness im Patricks Pub und dann kam das Sandmännchen… das war in der Tat ein schöner Tag so ganz mit mir selbst was ich ja auch bei solchen Reisen suche… und  fast 40.000 Schritte waren sogar persönlicher Rekord…

Mahlzeit... in der Altstadtkneipe Noah
Die Wartburg
Eisenach - Karlsplatz mit Nikolaitor, Nikolaikirche und Lutherdenkmal

Am dritten Tag der Operation Thüringen stand ein Besuch der Stadt Eisenach auf dem Plan. Das Wetter war wie Tags zuvor sehr wechselhaft aber ganz so viel Wanderweg war an diesem Tag nicht geplant. Der Regionalzug braucht von Erfurt etwa 50 Minuten bis zur Wartburgstadt. Vom Bahnhof aus sind es nur wenige hundert Meter bis man in der Altstadt ist. Dort läuft man durch das Nikolaitor an der gleichnamigen Kirche und steht auf dem Karlsplatz. Dort wird man erstmals von Herrn Luther begrüßt welcher dort als Statue auf dem Platz steht. Von dort aus fängt auch die obligatorische Fußgängerzone an die an der anderen Seite mit Marktplatz, Stadtschloß und Georgenkirche endet. Da die Georgenkirche eine Mittagspause hat erledigte ich die Besichtigung dieser gleich am Anfang. St.Georg ist im Kern eine spätgotische Hallenkirche von der aber kaum noch etwas zu sehen ist da das Gotteshaus immer wieder verändert wurde und heute einen barocken Eindruck macht. Die Heilige Elisabeth wurde hier getraut, Martin Luther predigte hier und Johann Sebastian Bach wurde hier getauft.

Marktplatz mit Georgenkirche und Stadtschloß
Georgenkirche - Inneres nach Osten mit dreistöckigen Emporen

Eisenach: Diese Stadt mit 42.000 Einwohnern steht buchstäblich im Schatten ihrer eigenen Burg: Der Wartburg. Obwohl von dem mittelalterlichen Bau äußerlich kaum noch etwas erhalten ist, gilt die Wartburg als das Symbol einer deutschen Festung überhaupt… schließlich übersetzte Luther 1521 unter dem Tarnnamen Junker Jörg das Neue Testament ins Deutsche und die Wartburgfeste seit 1817 gelten als Wegbereiter eines deutschen Nationalstaates. Neben Luther, der übrigens in seinen jungen Jahren auch schon in Eisenach in die Schule ging… ist das bekannteste Kind der Stadt Johann Sebastian Bach der 1685 dort geboren wurde. In der Neuzeit war Eisenach auch als Industriestandort für Fahrzeuge bekannt… Das Automobilwerk wurde 1896 gegründet und 1928 von BMW übernommen. Von 1953 bis 1991 wurde der zweitbekannteste PKW der DDR dort gebaut: Der Wartburg (einschließlich Vorgängsmodell IFA F9). Seit 1992 produziert Opel in Eisenach u.a. die Modelle Astra und Corsa.

Die Wartburg vom Nachbarberg Metilstein gesehen
Wartburg mit Pallas und Turm

Nach der Besichtigung der Kirche hieß es dann aber wieder bergauf laufen… ab zur Wartburg… es besteht zwar die Möglichkeit mit Bussen dort hin zu gelangen aber natürlich nicht mit mir… Die Straße Schloßberg führt relativ geradeaus zur Wartburg… da die Burg aber auch vom weiten ein Hingucker ist machte ich noch einen Zusatzstopp auf dem Nachbarberg der Wartburg namens Metilstein. Von diesem 365 Meter hohen felsigen Berg hat man einen hervorragenden Blick zur etwas höher gelegenen Wartburg… der Nachteil daran ist, das man dann wieder absteigen muß um erneut hochzusteigen… etwas Sport schadet mir ja auch nichts… oben angekommen war ich wie erwartet nicht ganz allein… im Vergleich zur Hauptsaison war die Menge an Menschen aber sicher eher gering. Ich buchte eine Führung die knapp eine Stunde dauerte und durch verschiedene Räumlichkeiten im Pallas führte. Im Anschluß konnte man sich noch die Kunstsammlung und weitere Räumlichkeiten anschauen. Die Tour war gut gemacht und überhaupt hat es mir auf der Wartburg gut gefallen.

Wartburg - Festsaal
Wartburg - Lutherstube

Die Wartburg wurde 1067 vom Grafen Ludwig dem Springer gegründet worden. Um 1200 soll der Sängerkrieg auf der Wartburg stattgefunden haben (war aber wohl eher Fiktion)… Wagners Tannhäuser hat hier seine Inspiration. 1211-1227 lebte Elisabeth von Thüringen, die Ehefrau von Landgraf Ludwig auf der Wartburg… sie war sehr engagiert in Sachen Nächstenliebe und Fürsorge für die verarmte Bevölkerung… nach ihrem frühen Tod 24 Jahren wurde sie heilig gesprochen und gilt heute als Heilige Elisabeth. 1521 bis 1522 fand Martin Luther (als Junker Jörg getarnt) auf der Wartburg Unterschlupf und übersetzte das Neue Testament der Bibel ins Deutsche. Ein großer Fan der Wartburg war auch Johann Wolfgang von Goethe… von ihm ging auch der Umbau bzw. die Restaurierung der Burg im 19.Jahrhundert aus. Das Wartburgfest 1817 war das erste seiner Art und galt als Beschleuniger der Entstehung eines deutschen Nationalstaates. Seit 1999 ist die Wartburg Teil des UNESCO Weltkulturerbes.

Tor des ehemaligen Automobilwerkes Eisenach
EMW 340 aus den frühen 1950er Jahren

Nach der Burgbesichtigung ging es wieder bergab in die Stadt und das nächste Museum stand auf dem Plan… aber eines der anderen Art nämlich Autos. Eisenach ist seit 1896 Produktionsstandort für Fahrzeugbau. Erste erfolgreiche Modelle hießen Dixi und sind nicht mit blauen Lokushäuschen zu verwechseln. 1928 wurde das Werk von BMW übernommen und diese Marke wurde auch bis nach Kriegsende gebaut, nach der Enteignung unter dem Namen EMW. Auch Motorräder wurden gebaut… 1953 kam mit dem F9 der Vorgänger des Wartburgs… als Zweitakter wie die Wartburg Modelle später auch… 1955 kam der Wartburg 311 auf dem Markt… seine Erscheinung war noch bis zum Ende der DDR präsent… heutzutage finde ich ihn schön… damals war mir das sowas von gestern… 1965 erschien dann der eckigere Wartburg 353 der mit kleinen Änderungen bis 1988 gebaut… dann kam ein VW Motor in die alte Karosse aber nach der Wende wollte niemand mehr die ollen Gurken haben und 1991 war dann Sense und das Werk wurde abgewickelt. Kurze Zeit später eröffnete an anderer Stelle in Eisenach eine neue Autofabrik die bis heute Fahrzeuge der Marke Opel baut. In einer ehemaligen Werkshalle gibt es seit 2005 ein Museum über die Autogeschichte von Eisenach mit jeder Menge Oldtimer und anderer Ausstellungsstücke zum Thema… hat Spaß gemacht… guter Kontrast zur alten Wartburg.

Wartburg 311 Coupé (um 1960)
Wartburg 353
Nie produziere Proto-Typen des Wartburgs

Nach den Autos sollte es dann doch nochmal etwas klassisches sein… und das dann auch im wahrsten Sinne des Wortes. Mit Johann Sebastian Bach wurde einer der berühmtesten Komponisten und Musiker der Klassik in Eisenach geboren. Ihm wurde selbstverständlich auch ein Museum errichtet was zum einen in einem alten Bürgerhaus und zum anderen in einem modernen Anbau zu besuchen ist. Man kauft ein Ticket für 12 Euro und kann in die Welt Bachs und auch der klassischen Musik allgemein eintauchen… Livemusik inklusive… ein schönes Konzept und eine liebevoll zusammengestellte Ausstellung auch für Novizen.

Das Bachhaus
Bachhaus - Garten hinterm Altbau
In der Ausstellung gibt es viel zu hören und sehen...

Danach war es dann bereits 18:00 Uhr… Zeit um mal zu probieren wie ein Guinness in Eisenach schmeckt… Das O’Tooles Pub ist in einer alten Stadtvilla und das Guinness wurde von mir als sehr gut befunden… danach ging es zurück nach Erfurt wo es dann auch noch das eine oder andere irische Bier meiner Wahl gab und ein schöner Tag voller interessanter Ausstellungen ging zu Ende.

Unweit des Bachhauses gibt es auch das Lutherhaus... das war heute nicht mehr drin...

Am letzten Tag der Reise hatte ich noch eine Stippvisite für die Stadt Mühlhausen auf dem Plan. Mit einem völlig überfüllten Regionalzug fuhr ich etwa 50 Minuten von Erfurt nach Mühlhausen. Der Bahnhof liegt eher am Rande der Stadt und so gab es erstmal einen Spaziergang ins Zentrum.

Mühlhausen vom Rabenturm mit Marienkirche (links) und Divi Blasii Kirche (rechts)

Mühlhausen in Thüringen hat heute etwa 37.000 Einwohner… Ende des 15.Jahrhunderts allerdings war Mühlhausen eine der größten Städte Deutschlands. Die Stadt war eine freie Reichstadt und wirtschaftlich sehr erfolgreich besonders mit Textilien. Zeitweise war die Stadt Mitglied der Hanse. Im Bauernkrieg 1525 stand Mühlhausen im Zentrum der Auseinandersetzung zwischen dem Feudaladel und den Bauern… angeführt vom Radikalreformator Thomas Müntzer der nach der verlorenen Schlacht von Frankenhausen auch in Mühlhausen öffentlich hingerichtet wurde. Später verlor die Stadt an Bedeutung und andere Städte wie Leipzig blühten als Handelszentren auf. Mühlhausen hat sehenswerte Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung und zwei bedeutende Kirchen (Divi Blasii und St.Marien) als Sehenswürdigkeiten zu bieten. Die berühmtesten Söhne der Stadt sind der Ingenieur und Brückenbauer John Augustus Roebling (1806-1869) (Brooklyn Bridge New York) und der Architekt Friedrich August Stüler (1800-1865) der in Berlin und Brandenburg sehr viele Spuren hinterlassen hat… (u.a. Neues Museum Berlin).

Divi Blasii Kirche - Westwerk
Aus der Ferne betrachtet sind beide Türme schief
Divi Blasii - Inneres nach Westen

Am Untermarkt wurde gerade ein Markt für ein Food Festival aufgebaut… sogar mit einem Guinnesswagen… leider war ich da etwas zu früh. Das dominante Bauwerk am Untermarkt ist die Divi Blasii Kirche… eine gotische Hallenkirche mit etwas älteren Türmen die etwas windschief geraten sind. Auch in dieser Kirche war der junge Johann Sebastian Bach als Organist tätig… nämlich nach der Arnstädter Zeit und Weimar. Wie auch die anderen Städte die ich während dieser Tour besichtigt habe, hat auch Mühlhausen eine reizvolle Altstadt mit Fachwerk und kleinen Gassen. Am Obermarkt steht das bedeutendste Bauwerk der Stadt: Die Marienkirche. An ihrer Erscheinung lässt sich erahnen das die Stadt im Mittelalter eine große Nummer war. Der gotische Bau ist eine fünfschiffige Hallenkirche… es ist nach dem Erfurter Dom der größte Sakralbau Thüringens und der 86 Meter hohe Turm ist der höchste im Bundesland. Gottesdienste finden nur noch zu Feiertagen statt… ansonsten wird die Kirche als Museum und für Konzerte genutzt. Die Dauerausstellung in der Marienkirche zeigt überwiegend sakrale Kunst aus dem Großraum Thüringen und erklärt den Bauernkrieg und die Rolle die der damalige Prediger der Kirche Thomas Müntzer darin spielte. Müntzer, ein radikaler Reformer galt zu DDR Zeiten als ein Vorläufer des klassischen Arbeiterführers… im Arbeiter- und Bauernstaat verwies man gerne auf die damaligen Revoluzzer. Ein weiterer Teil der Ausstellung behandelt den Neubau des Mittelturms der Kirche welcher erst 1898 bis 1903 ausgeführt wurde. Die Pläne dafür kamen von einem gebürtigen Mühlhausener: Der Architekt Friedrich August Stüler (1800-1865). Stüler war der wohl bekannteste Schüler von Karl Friedrich Schinkel. Viele seiner Werke befinden sich in Berlin und Brandenburg… die Alte Nationalgalerie und das Neue Museum auf der Museumsinsel von Berlin sind sicher die bekanntesten Bauwerke. Insgesamt ist das eine sehr schöne Ausstellung…

Marienkirche Mühlhausen
Chorbereich

… als nächtes war der Besuch der alten Stadtmauer angesagt. Man betritt diese am Rabenturm den man auch besteigen kann und von dem man einen schönen Ausblick auf die Stadt hat. Dann läuft man 370 Meter auf der Stadtmauer und besichtigt noch allerlei Ausstellungsstücke über die Stadtbefestigung, Mühlhausen allgemein und Zeitgeschichte.

Frauentor und Rabenturm
Stadtmauer mit Befestigungsanlagen

Nach so viel Geschichte gab es noch einen Bummel durch die Stadt und bald auch zurück zum Bahnhof. Ich wollte lieber noch etwas früher in Erfurt ankommen als wenn die Zeit zu knapp geworden wäre… 17:00 Uhr sollte es schließlich mit dem ICE zurück nach Berlin gehen. Da ich nun noch 1,5 Stunden Aufenthalt in Erfurt hatte, machte ich auch dort noch einen Spaziergang und zwar auf den Petersberg… der war vor 4 Jahren nämlich noch eine einzige Baustelle… heute ist dort alles piekfein und man kann vor allem eine tolle Aussicht auf diese schöne Stadt genießen… sogar das Wetter war fein.

Auf dem Petersberg von Erfurt mit Dom und Severikirche (rechts)

Die Rückfahrt war dann unspektakulär und kurz nach 19:00 Uhr war ich zurück am Gesundbrunnen. Es war eine schöne Reise ohne viel Pause… schöne alte Städte und beste Thüringer Landschaft…  Es war nicht mal Zeit wie sonst immer den Reisebericht zeitnahe zu verfassen… vielleicht werde ich aber auch nur alt…Erfurt hat sich beim zweiten mal weiter in mein Herz (für schöne Orte) geschlichen… wäre da nur nicht…  leider ist mir auch nicht ganz verborgen geblieben das das Bundesland ein wenig weiter rechts als andere Länder steht… leider… aber was bleibt sind Kunst, Kultur und die meisten Leute… die Flitzpiepen machen halt den meisten Krach…
Zum Ausklang des Reiseberichtes folgen nun noch weitere Impressionen der Reise…

Gotha - Schloß Friedenstein - Innenhof
Gotha - Schloß Friedenstein - Im Ekhof Theater
Merkurtempel im Schlosspark Gotha
Hauptmarkt Gotha
In der Altstadt von Arnstadt
Auf der Wanderung zwischen den Burgen
Burg Gleichen von der Mühlburg aus... dazwischen die A4
Die Wartburg vom Metilstein gesehen...
...das ist der Metilstein... dahinter Eisenach
Auf der Wartburg
...auch alt... aber im Pub von Eisenach
In der Altstadt von Mühlhausen
Auf der Stadtmauer von Mühlhausen
...gut das man erinnert wird in welcher Stadt man gerade ist...
Erfurt.... Dom und Severikirche
Ach du meine Nase...