McLarsen reist

McLarsen in Magdeburg (Februar 2025)

Magdeburg, 18.02.2025… Die zweite Erkundungsreise des Jahres 2025 sollte eine Stadt sein, die kurzfristig zu erreichen ist und von der ich auch in zwei Stunden wieder am Wohn- und Arbeitsplatz bin… und da war dann Magdeburg… bereits seit langer Zeit im Fokus… aber auch nach dem Motto behandelt: Der Dom… und was sonst noch? Magdeburg gilt nicht umsonst als Beispiel dafür, daß nach den schweren Zerstörungen des zweiten Weltkrieges nicht unbedingt nach historischem Vorbild wieder aufgebaut werden musste… also alter Kram weg und Neubauten mit genügend Platz für kommunistische Massenaufläufe am ersten Mai und siebten Oktober. Da ich mich im Vorfeld meiner Touren stets ziemlich genau vorbereite, wußte ich aber schon, daß es mehrere weitere Sehenswürdigkeiten in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt gibt. Heute war Anreise mit dem Regionalexpress von Berlin bis Magdeburg in gut anderthalb Stunden. Da es noch etwas zu früh für den Checkin im Hotel war, parkte ich meine Reisetasche derweil im Schließfach am Bahnhof und machte mich auf dem Weg zum Dom. Die äußeren Umstände waren prima, es gab strahlend blauen Himmel und Temperaturen im einstelligen Minusbereich. Jeden Tag um 14:00 Uhr findet eine Führung im Dom statt und wenn ich schon mal da bin, dann mache ich die auch. Ich hatte das Glück der einzige Interessent gewesen zu sein und so war die Tour etwas lockerer. Es hat sehr viel Spaß gemacht Dr. Lange zuzuhören, er ist ein sehr netter Guide, der mit jedem Detail dieses Riesenbaus vertraut ist. Nach etwas mehr als einer Stunde war ich erheblich schlauer, aber auch etwas unterkühlt… sehr warm ist es schließlich nicht in der Kirche.

Der Dom von Osten
Dom - Mittelschiff nach Osten
Durch den Lichteinfall der tiefen Sonne ergab sich eine besondere Ausleuchtung

Der Magdeburger Dom St. Mauritius und St. Katharina ist nach Köln und Ulm der drittgrößte Kirchenbau Deutschlands. Der Nachfolgebau einer romanischen Basilika aus der Zeit von Kaiser Otto wurde 1209 begonnen und mit den abschließenden Westtürmen 1520 vollendet. Er ist somit der erste gotische Dom auf deutschem Territorium und eine der wenigen großen Kirchen, bei denen die Türme bereits im Mittelalter fertiggestellt wurden. Bei der Verwüstungsorgie vom 10.05.1631 (Magdeburger Hochzeit) wurde der Dom geschont. Im 19. Jahrhundert, Napoleons Truppen machten aus der Kirche mal eben einen Pferdestall… war der Zustand des Magdeburger Doms abbruchreif…Das Gebäude ging in staatlichen Besitz über und wurde unter Leitung von Karl Friedrich Schinkel umfassend restauriert. Im zweiten Weltkrieg wurden Teile der Kathedrale beschädigt und kurz darauf wieder aufgebaut. Im Dom befinden sich die Grabstätten zahlreicher Prominenter der Vergangenheit… besonders hervorzuheben die letzten Ruhestätten von Kaiser Otto I. (momentan in Restaurierung) und seiner ersten Frau Königin Editha von England. Die Kanzel ist eine der bedeutendsten Kunstwerke der Renaissance auf deutschem Boden. Der Taufstein stammt aus der römischen Kaiserzeit und war ursprünglich ein Springbrunnen… Er ist damit älter als jedes andere Taufbecken nördlich der Alpen… noch zahlreiche weitere Kunstschätze gibt es zu bestaunen, man kann viel Zeit in den alten Gemäuern verbringen.

Das romanische Kloster Unser Lieben Frauen ist heute ein Kunstmuseum
Der Alte Markt mit Rathaus, Goldenen Reiter und Johanniskirche
Der Goldene Reiter ist wohl Kaiser Otto I.
Sozialistischer Klassizismus am Ulrichplatz

Nach der Besichtigung des Domes holte ich erstmal meine Tasche vom Bahnhof und checkte im nahen B&B Hotel ein… eine praktische und preiswerte Unterkunft. Es folgte ein Bummel durch die Altstadt… die Sonne ging gerade Richtung Zielgerade und leuchtete alles was nach Richtung West und Süd zeigte, intensiv an… so entstanden schöne Bilder. In der Altstadt sind die meisten Gebäude weniger alt als anderswo, nach den schweren Zerstörungen vom 16.01.1945 wurden die historischen Bauten größtenteils gesprengt und mit zeitgemäßer Architektur ersetzt… das hat mit den Bauten des sogenannten Stalinklassizismus durchaus seinen Reiz… aber wie auch nach den ähnlichen Bauten in der Berliner Frankfurter Allee war dann für den ganzen Zuckerbäckerzinnober (schönes Wort) kein Geld mehr da und die Platte hielt Einzug. In Magdeburg wurde auch nach der Wende viel gebaut und außer der irgendwie außer Konkurrenz stehenden Grünen Zitadelle von Friedensreich Hundertwasser machen die meisten neueren Gebäude optisch nicht wirklich viel her. Es gibt kleine Inseln wie den Alten Markt mit dem Rathaus und dem Goldenen Reiter, einige Reste der alten Stadtmauer und diverse Kirchen, von denen eine Vielzahl allerdings für andere Zwecke verwendet werden.

Im Restaurant Hegel

Nachdem die Sonne nun untergegangen war, kamen Hunger und Durst ins Spiel… dafür bin ich ja ein kleines Trüffelschwein und finde da manchmal die schönsten Orte… wie diesmal das „Hegel“ Das kleine Restaurant befindet sich in einem Kellergewölbe in der Hegelstraße, wenige hundert Meter vom Dom entfernt. Es gibt deutsche Küche und dazu lokale Biere der Sudenburger Brauerei (Helles, Pils, Rubin) und… tärääh… Guinness. Der Laden ist liebevoll gestaltet und mit Gastwirt Thomas freundete ich mich im Laufe des Abends ganz gut an… unter Kollegen gibt es ja immer viel zu erzählen und so verging der Abend recht schnell. Anschließend lief ich dann zur nahen Hubbrücke und fing ein paar schöne Nachtbilder ein bevor es dann ins Bett ging.

Die Hubbrücke von 1848 zu später Stunde
Der Dom in der Nacht

 Magdeburg ist die Hauptstadt des Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Mit ihren etwa 242.000 Einwohnern ist sie die größte in ihrem Bundesland und bundesweit steht die Stadt auf Platz 32. Die Stadt liegt an der Elbe und ist etwa 150 Kilometer von Berlin entfernt… die nächste größere Stadt ist mit Braunschweig etwa 80 Kilometer entfernt.
Magdeburg war im Mittelalter eine der größten und bedeutendsten Städte auf deutschem Territorium. Sie wurde 805 zum ersten mal urkundlich erwähnt, die Stadt ist seit 968 Erzbistum durch Kaiser Otto I. Magdeburg erlebte drei krasse Katastrophen, 1207 war die erste, als ein Feuer die Stadt mit dem Ottonischen Dom zerstörte. Später war die Stadt ein Zentrum der Reformation… im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt so stark geplündert und zerstört, daß mit „Magdeburgisieren“ ein eigenes Wort entstand… die Stadt schrumpfte danach von 35.000 Einwohnern auf unter 500. Seit dem Massaker fand die Stadt nie wieder zu ihrer alten Blüte zurück. Die dritte Großkatastrophe teilt sich die Stadt mit vielen anderen deutschen Städten… im zweiten Weltkrieg, besonders beim verheerenden Luftangriff vom 16.01.1945 wurde Magdeburg schwer zerstört… 90% der Altstadt und viele Kirchen und Baudenkmäler waren betroffen. Nach dem Krieg wurde Magdeburg größtenteils modern aufgebaut, mit Stalinbauten und Aufmarschplätzen Ulbricht und Co… nur vereinzelte historische Bauwerke wurden rekonstruiert. Wahrzeichen der Stadt ist ohne Frage der Dom… eine der größten seiner Art in Deutschland und dort die erste komplett gotische Kathedrale. Weitere Sehenswürdigkeiten sind andere Kirchenbauten, das Rathaus, der Magdeburger Reiter und die Grüne Zitadelle von Friedensreich Hundertwasser.

Die Hubbrücke am nächsten Morgen
Elbpanorama mit Dom und Kloster Unser Lieben Frauen

Am nächsten Morgen startete ich an dem Ort, mit dem ich gestern aufhörte… nein, nicht die Kneipe… sondern die Hubbrücke. Diese Hebebrücke stammt aus dem Jahr 1848 und war als eingleisige Verbindung der Eisenbahn konstruiert worden. Relativ schnell gelangte sie ins technische Hintertreffen und wurde nur noch für Güterverkehr benutzt. Inzwischen ist sie für Fußgänger und Radfahrer die Verbindung zur Insel Werder und dem Stadtpark Rotehorn. An der Brücke sind Leuchtinstallationen angebracht und für die Erhaltung wurde viel gespendet, was auch überall auf der Brücke vermerkt wurde. Auf der anderen Seite der Brücke liegt die Insel Werder. An einer kleinen Uferstraße entlang bieten sich die schönsten Ansichten der Altstadt, stets natürlich dominiert vom… klar… Dom. Der Weg geht noch weiter, aber ich benutzte dann die große, moderne Neue Strombrücke um wieder auf das linkselbische Territorium zu kommen… dort wartete bereits meine nächste Station: Die Johanniskirche. St. Johannis war die bürgerliche Stadtkirche, sie steht unmittelbar hinter dem historischen Rathaus. Die Kirche steht ein wenig für das Schicksal der Stadt… sie brannte mehrmals ab und wurde wieder aufgebaut… unter anderem auch nach der Verwüstung im Mai 1631, was unter dem Namen Magdeburger Hochzeit in die Geschichtsbücher eingegangen ist… Abteilung: Besonders Grauenvoll.

St. Johannis von Osten
Die gotische Kirche dient heute als Konzerthalle
Skulptur "Die trauernde Magdeburg"

 

 Die Magdeburger Hochzeit… Was so schön romantisch klingt, war einer der barbarischsten Kriegsverbrechen seiner Zeit… der des Dreißigjährigen Krieges… einer Zeit, die sowieso grausam war. Magdeburg war damals nach Köln die größte und reichte Stadt Deutschlands. Seit Luther 1524 in der St. Johanniskirche gepredigt hatte, wurde Magdeburg schnell zum mitteldeutschen Zentrum der Reformation und stand im Dreißigjährigen Krieg zwischen den Fronten… seit Jahren zahlte die Stadt kein Geld mehr an den katholischen Kaiser, die Stadt wurde geächtet und im Frühjahr von den kaiserlichen Truppen um die Generäle Tilly und Pappenheim (…genau, von dem kennt man seine Pappenheimer) umlagert… mehrere Ultimaten zur Kapitulation ließ die vielleicht auch etwas arrogante Bürgerschaft verstreichen… ein großer Batzen Geld von der reichen Stadt hätte wohl tausende Menschenleben retten können, aber man wartete auf die verbündeten Schweden… die waren aber noch weit weg und außerdem arg geschwächt. Am 20. Mai 1631 durchbrachen die etwa 24.000 unterbezahlten und hungrigen Söldner der kaiserlichen Truppen in die Stadt ein, welche etwa 30.000 Einwohner zählte. Es wurde geraubt, getötet, vergewaltigt, niedergebrannt… alles was in den Weg kam, schwangere Frauen, Kinder, Alte, egal… im Nachhinein waren sogar beteiligte Schergen über das Ausmaß der Brutalität entsetzt. Die Gewaltorgie dauerte 4 Tage bis Tilly Einhalt gebot. Die Stadt war mit Ausnahme des Doms komplett verwüstet, wer überlebte war obdachlos… die Stadt mit einst 30.000 Einwohnern schrumpfte in der Folgezeit unter 500. Der Name Magdeburger Hochzeit kommt übrigens daher, daß im Magdeburger Stadtwappen eine Jungfrau zu sehen ist… die wollte nicht mit dem katholischen Kaiser… und wurde im Mai 1631 quasi zwangsverheiratet… wenns nicht so traurig wäre könnte man fast schmunzeln. Seit der Katastrophe 1631 gab es lange Zeit die Bezeichnung „Magdeburgisieren“… als Ausdruck für die brutalste, schwerste Zerstörung.
Von diesen Tagen hatte sich die Stadt nicht mehr erholt, sie wurde nie wieder so bedeutend wie vorher… das läßt etwas Raum für Spekulation was sie wohl hätte werden können… eine Ortschaft namens Berlin war damals nur ein paar Brandenburgern bekannt.

Magdeburg nach dem Bombenangriff 1945... links die Johanniskirche

Zurück zur Johanniskirche… Nachdem sie nach der Zerstörung von 1631 wiedererrichtet wurde, hatte sie ein paar Jahrhunderte Ruhe, bis zum 16. Januar 1945… dem anderen schwarzen Tag der Stadt, als die Royal Air Force innerhalb von 40 Minuten 12.500 Tonnen Bomben auf die Stadt verteilte… mindestens 5000 bis 6000 Menschen starben, zehntausende wurden schwerverletzt, unzählige obdachlos… die Altstadt wurde zu 90% komplett zerstört, die gesamte Stadt zu etwa 60%. Die Johanniskirche war nur eine der vielen, abertausenden Gebäude die zerstört waren, an ihrem Zustand änderte sich viele Jahre nichts… es ist ja auch nicht unbekannt, daß die neuen Machthaber in Ostdeutschland mit Kirchen nicht viel am Hut hatten… immerhin wurde die Ruine nicht gesprengt, wie beispielsweise die Ulrichkirche… um es kurz zu machen, die Kirche wurde rein äußerlich wieder aufgebaut aber nicht als Kirche sondern als Raum für Konzerte und andere Veranstaltungen, eine interessante Mischung aus Alt und Neu. Man kann das Gebäude zum Preis von 3€ besichtigen, inklusive Turmbesteigung… für mich ja immer wieder eine (fast) kostenlose Möglichkeit, meine Beinmuskulatur etwas zu trainieren… 277 Stufen… ok, da gabs schon mehr Lametta… war trotzdem froh das niemand oben war als ich etwas abgekämpft und puterrot auf der Plattform ankam… quasi platt. Die Aussicht war natürlich prima bei dem Wetter. Nach dem Abstieg besichtigte ich noch eine kleine Ausstellung über die Reformation in Magdeburg im Untergeschoß der Vorhalle. Vor dem Hauptportal der Kirche war noch viele Kerzen, Bilder und andere Gegenstände der Trauer vom Anschlag auf den Weihnachtsmarkt vom 20.12.2024 zu sehen… der war in unmittelbarer Nähe der Kirche.

Blick auf den Alten Markt vom Turm der Johanniskirche
Dom, Klosterkirche, Grüne Zitadelle und St. Sebastian (v.l.n.r.)
Wallonerkirche, St. Petri, Magdalenenkapelle (v.l.n.r.)

 Im Anschluß sah ich mir noch drei weitere Kirchen an, allerdings nur von außen, sie liegen nördlich der Johanniskirche nahe der Elbe… es handelt sich um St. Petri, Magdalenenkapelle und die Wallonerkirche. Über den Alten Markt ging es dann wieder zum Breiten Weg, der großen Straße im Stadtzentrum… einst barocker Prachtboulevard, jetzt Paradis für Betonfetischisten… bis auf eine Ausnahme: Die Grüne Zitadelle, letztes großes Bauwerk des österreichischen Künstlers Friedensreich Hundertwasser (1928-2000). Wie viele andere seiner Bauten wird die gerade Linie bei diesem Komplex aus Wohnort, Läden, Gastronomie, Hotel, Theater und Kindergarten – konsequent vermieden. Die Natur spielt eine große Rolle, das Gebäude ist begrünt mit Rasen, Pflanzen und Bäumen. Anfangs war das Bauwerk das heute viele Touristen anzieht nicht unumstritten… man war der Meinung das verschandele den Blick zum Dom… tzzz… als ob es da noch etwas zu verschandeln gab… nun ja… heute meckert keiner mehr, im Gegenteil… niemand will damals etwas dagegen gesagt haben…

Die Grüne Zitadelle am Breiten Weg
Grüne Zitadelle, Innenhof
Grüne Zitadelle - Details

Am Nachmittag ging es auch um mehr oder weniger moderne Architektur… mit der Straßenbahn ging es auf die andere Seite der Elbe in den Bezirk Brückfeld, dort befindet sich das Messegelände, das FCM Fußballstadion und eine Mehrzweckarena… außerdem in Sichtweite ist der Jahrtausendturm, ein 60 Meter hoher Ausstellungs- und Aussichtsturm… um all das sollte es aber nicht gehen, sondern um die Angersiedlung. Die Angersiedlung ist ein kleines Wohngebiet mit Wohnbauten die zwischen 1900 und 1938 entstanden sind… wie ein Freiluftmuseum kann man von Straße zu Straße die jeweiligen Baustile dieser Zeit erkunden…Späthistorismus, Jugendstil, Expressionismus, Neues Bauen (Frühphase), Neues Bauen (Spätphase), Abkehr vom Neuen Bauen in der NS-Zeit. Irgendwann muß ich auch mal die Berliner Bauten abklappern… einige sind UNESCO Welterbe… einige sogar bei mir im Wedding… aber wie das so ist… das Gute ist so nah und rennt nicht weg… kann ruhig warten.

Späthistorismus (1900-1910) in der Berliner Chaussee
Jugendstil (1910-1916) in der Zerbster Straße
Expressionismus (1922) in der Wörlitzer Straße
Neues Bauen (Anfänge) 1926-1927 in der Coswiger Straße
Neues Bauen (Spätphase) um 1931 in der Bauhausstraße
Abkehr vom Neuen Bauen 1935 in der Georg-Heidler-Straße

Danach ging es mit der Tram in den Süden der Stadt in den Bezirk Sudenburg. Dort gibt es wirklich wunderschöne Gründerzeitenarchitektur und schöne alte Straßenzüge… der Bezirk blieb von den Kriegszerstörungen nahezu vollständig verschont. Eine spezielle Straße war mein Ziel, sie heißt Otto Richter Straße. In den 1920er Jahren wirkte der berühmte Architekt Bruno Taut in Magdeburg und warb für mehr Farbe beim Bauen… Das wurde in dieser Straße beeindruckend umgesetzt und das war mir auch den langen Fußweg wert. Als Belohnung für die inzwischen über 20.000 getätigten Schritte gab es dann ein paar Guinness im Pub „The Lion“ der zufällig in der Nähe war… nix besonderes, der Laden… dann lieber noch auf einen Absacker im Hegel und damit war der Tag dann auch schon vorbei.

Die bunte Otto Richter Straße

Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen und mit dem Zug zurück nach Berlin… diesmal ohne jede Überraschung seitens der Bahn… soll ja auch mal erwähnt werden.
Das waren also 43 Stunden in Magdeburg… schön wars… besonders das Wetter hat gepasst… ich habe alles gesehen was ich sehen wollte, ob die Landeshaupstadt eine schöne Stadt ist, liegt im Auge des Betrachters… der Dom alleine aber lohnt bereits die Anreise, den Rest schöner Dinge muß man sich dann schon alleine erkunden… mir hat es viel Spaß gemacht.

Zum Schluß noch ein paar Bilder ohne großen Text…

Der Domplatz mit dem Landtag von Sachsen-Anhalt
Die über 100 Meter hohen Westtürme des Doms
Der Breite Weg mit der Grünen Zitadelle
Bunt zum 1. - Die Südseite der Grünen Zitadelle
Bunt zum 2. - Die Fenster der Johanniskirche
Bunt zum 3. - Otto Richter Straße
Stadtansicht von Magdeburg von der Hubbrücke über der Elbe

McLarsen auf den Spuren des Westfälischen Friedens: Osnabrück und Münster (Januar 2025)

Osnabrück, 14.01.2025…Meine erste Erkundungstour im Jahr 2025 führt mich in zwei Städte, die für den Westfälischen Frieden von 1648 stehen: Osnabrück und Münster. Die Städte sind zwar irgendwie miteinander verbunden, aber anderseits auch nicht… beide waren Bühne des ersten Friedens der Weltgeschichte, der auf dem Weg der Diplomatie entstanden ist… boten aber auch Bühne für die jeweils andere Kriegspartei… Osnabrück auf der protestantischen und Münster auf der katholischen Seite. Gemeinsam wurden beide Städte im zweiten Weltkrieg komplett zerstört und danach auch wieder aufgebaut… Münster gehört zu Nordrhein Westfalen, Osnabrück zu Niedersachsen. In beiden Städten war ich vor gut 30 Jahren bereits… in Münster lebte seinerzeit eine meiner ersten Freundinnen… aber das ist sehr lange her und etwas Auffrischung des Wissens über die Städte kann nicht schaden… zumal ich ja mit Mitte 50 einen etwas anderen Blick auf die Dinge habe…

Der Osnabrücker Hauptbahnhof von 1895

Jede Reise beginnt mit der Anreise… damit kommt in der Regel die Deutsche Bahn ins Spiel und damit auch stets ein Hauch von Abenteuer… war heute nicht anders… plötzlich war der Status in der App „Verbindung entfällt“… jo…prima… naja, ich will hier nicht jedes mal ein Faß aufmachen, aber grrrrrrr… Via Hamburg und Bremen landete ich dann schließlich doch noch in Osnabrück und das nur ca. 45 Minuten später als ursprünglich geplant. Residenz für die drei Nächte ist das Ibis Budget Hotel am Hauptbahnhof, was aus dem Baukasten kommt, aber mit 56€ pro Nacht mit Frühstück meinerseits auch keine Wünsche übrig lasst… mir reicht das völlig.

Das gotische Rathaus von Osnabrück...
...mit dem Stadtgründer Karl der Große
Die Türklinke zum Rathaus ist ein Kunstwerk von 1963
Der Friedenssaal... am Computer etwas heller gedreht

Mit den Anreisetagen ist es immer so eine Sache… man ist zu spät da, um noch viel zu sehen… im Winter zumindest. Ursprünglich hatte ich vor, den Dom zu besichtigen… das hätte zeitmäßig gut gepasst… nun hab ich aber das Pech, das der Dom von gestern an etwa zwei Monate wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist… ok… dann ab ins Rathaus, schließlich einer der Hauptschauplätze des Westfälischen Friedens… der Friedenssaal ist bis 17:00 geöffnet und kostenlos zu besichtigen… das stimmt… allerdings ist er nahezu zappenduster… ein paar indirekte Strahler verhindern, das man nirgendwo aneckt… aber die ganzen Portraits der damaligen Protagonisten kann man nur erahnen… obwohl sie eh gleich aussehen… etwa wie ich Mitte der 1990er Jahre mit langen offenen Haaren und Ziegenbart… ganz so krass war ich allerdings nicht angezogen… obwohl… Themawechsel… nach dem etwa 50 qm großen dunklen Saal (den ich mir morgen nochmal im Hellen vorknöpfe), blieb noch Zeit für die benachbarte Marienkirche… die Stadtkirche der Bürger Osnabrücks (im Gegenteil zum Dom). Sie ist eine gotische Hallenkirche mit äußerst bemerkenswerten Proportionen… im Inneren ist sie fast so lang wie breit wie hoch… quasi ein Würfel… sehr ungewöhnlich. Ihr größter Schatz ist der Flügelaltar von einem Meister aus Antwerpen von etwa 1520.

Die Stadtkirche St. Marien...
...mit ihren ungewöhnlichen Proportionen und...
...dem prächtigen Flügelaltar von 1520

Es war dann gegen 17:00 Uhr und die Bürgersteige waren bereits derart hochgeklappt, wie ich es eigentlich nur aus kleinen Provinzstädten im Osten Deutschlands kenne… aber seit dem unverhofften Fischbrötchen in Hamburg meldete sich auch langsam der leere Magen und ich war fast der erste Gast in der eigentlich später geplanten ersten gastronomischen Station der Reise: Hausbrauerei Rampendahl. Wer hier öfters mitliest, weiß das es eine gewisse Tradition ist, den ersten Abend an einem solchen Ort, wo Bier gebraut wird und zünftiges Essen serviert wird, zu eröffnen. Es war gut das ich so früh da war… viel später hätte ich glaub ich keine Chance gehabt, einen Platz zu bekommen… obwohl das kein kleiner Laden ist. Neben den selbstgebrauten Bieren (Helles, Dunkles, Weizen) gibt es noch einen anderen Hit: Ein wöchentlich wechselndes Buffet… aber nicht nur das… es gibt auch am Wochenende Buffet mit wieder anderen Sachen… diese Woche gab es Wildbraten vom heimischen Reh (zwar ohne Kartoffelpü), aber mit Knödeln und Rotkohl und außerdem einer Gulaschvariante mit Champignons… achso.. und natürlich auch mit Vorsuppe bis der Arzt kommt… das alles so viel wie man schafft für 14,14€ … Zu allem Überfluss war das auch noch sehr lecker und auch die Biere waren sehr gut… kein Wunder, das der Laden am Dienstagnachmittag bereits komplett geflutet wurde und ich an meinem kleinen Tisch fast schon ein schlechtes Gewissen hatte ob der ganzen Leute die auf Plätze warten mussten… von allen bis jetzt erlebten Brauereigasthöfen klar die Nummer Eins in allen Belangen. Weiter ging es zum Bier trinken in den „Grüner Jäger“. Dort gab es Guinness, Bundesliga auf der Leinwand (was das Offside ja seit einem halben Jahr nicht mehr hat)… ich war garantiert der Älteste in dieser großen Kneipe und weiß auch das das in Zukunft öfters vorkommen kann… Später gings ins Hotel um diesen Bericht bis hierhin zu verfassen.

Hausbrauerei Rampendahl
Der Dom zu Osnabrück mit seinen ungleichen Türmen
Hexengang hinterm Dom

Osnabrück ist mit ca. 167.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Niedersachsens. Die Stadt liegt im Südwesten des Bundeslandes und befindet sich in nächster Nähe von Nordrhein-Westfalen. Durch die Stadt fließt die Hase, ein 170 Kilometer langer Nebenfluß der Ems. In der Umgebung von Osnabrück befinden sich Teile des Teutoburger Waldes, die berühmte Varusschlacht um 9 n.Chr. fand nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Nähe von Kalkriese, etwa 20 Kilometer nördlich vom Stadtzentrum statt. Eine weitere Schlacht um 783 sorgte dann für die Gründung der Stadt, als nämlich Karl der Große den heidnischen Anführer der Sachsen Widukind besiegte, der Landstrich christianisiert wurde und Osnabrück Bistum wurde. 851 gab’s die erste urkundliche Erwähnung, 1171 das Stadtrecht, 1412 wurde die Stadt Mitglied der Hanse… Spezialität: Leinen. Nach der Reformation wurde Osnabrück überwiegend protestantisch, das sollte später noch eine Rolle spielen… nämlich als nach diplomatischen Lösungen zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges gesucht wurde, entschied man sich für Osnabrück als Verhandlungsort für die protestantischen Kriegsparteien und für das 60 Kilometer entfernte Münster für die Katholiken. Der Westfälische Frieden machte Osnabrück überregional bekannt. Es folgten Fürstentum Osnabrück, Königsreich Westfalen, Kaiserreich Frankreich (Napoleon), Königsreich Hannover, Deutsches Kaiserreich. Im zweiten Weltkrieg wurde die Stadt stark zerstört, die Altstadt gar zu 94%. In der Nachkriegszeit wurde vieles wieder aufgebaut, anderes dem Zeitgeist gemäß autogerecht modern bebaut. Wirtschaftlich war Osnabrück industriell geprägt, es gab Stahlindustrie und Auto-Zulieferfirmen… auch heute noch in geringeren Maßen… hauptsächlich für Volkswagen. Sehenswürdigkeiten sind hauptsächlich in der Altstadt zu finden… allen voran das Rathaus des Westfälischen Friedens, der Dom St.Peter, diverse Türme der ehemaligen Stadtbefestigung sowie viele mittelalterliche Häuser und weitere Kirchen in der Altstadt.
Bekannte in Osnabrück geborene Persönlichkeiten sind der Schriftsteller Erich-Maria Remarque (1898-1970), der jüdische Maler Felix Nussbaum (1904-1944) und die Politiker Olaf Scholz, Boris Pistorius (beide SPD) und Christian Wulff (CDU).

Herrenteichwall mit Hase und Dom im Hintergrund
Blick vom Hegertor zur Altstadt mit Marienkirche
Gasse in der Altstadt

Osnabrück Tag 2… die Gardinen beiseite gezogen und fast nix gesehen… war nicht meine Schuld, so hart war der Abend gestern nicht, es lag nur am Wetter… Nebel… nunja, es war nicht so das man gar nichts gesehen hatte, aber irgendwie auch bisschen grau… ab ging es Richtung Altstadt… erste Begegnung war der Haarmannsbrunnen der auch Bergmannsbrunnen genannt wird. Bei dem Brunnen von 1909 und gilt als einer der ersten Arbeiterdenkmäler Deutschlands. Im Winter ist er aus Gründen aber nicht aktiv… also weiter auf dem Herrenteichwall… ehemals Stadtbegrenzung, ganz beschaulich, mit der Hase nebenbei, später vorbei an Türmen der Stadtmauer… das Heger-Tor wurde als Art Denkmal für die Schlacht von Waterloo umgestaltet… man kann es besteigen und hat ein bisschen Aussicht auf die nähere Altstadt… der Nebel wurde langsam dünner… den geplanten Ausflug zur Gertrudenkirche konnte ich mir aber sparen… für ein Stadtpanorama war die Suppe zu dick… stattdessen frischte ich dann ein wenig meine Kenntnisse über einen der berühmtesten Söhne der Stadt auf: Erich Maria Remarque.

Im Erich Maria Remarque-Friedenszentrum
...eins war klar... der Erich hat nix anbrennen lassen... auch Marlene Dietrich nicht...

Ich habe sicher die meisten seiner Bücher gelesen… nein… im Osten war es keine Schullektüre… völlig freiwillig… aber fast 40 Jahre her… nun wurde die Neuverfilmung von „Im Westen nichts Neues“ kürzlich sehr erfolgreich… gut so… ich mochte die Schmöker… auch wenn einiges im Laufe der Jahre zur Masche wurde. Das Erich Maria Remarque-Friedenszentrum (in der Stadt dreht sich vieles um den Frieden) gibt es eine liebevoll zusammengestellte Dauerausstellung über den berühmten Schriftsteller und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, sie zu erkunden… so manches Detail tauchte plötzlich wieder auf… z.B. der schwarze Obelisk… und Frauen ohne Ende… er war ja auch eine Berühmtheit. Anschließend ging es nochmal kurz in den Friedenssaal des Rathauses, wo es trotz Nebels deutlich heller war als gestern und ich bessere Bilder machen konnte.

St. Katharien mit dem höchsten Kirchturm der Stadt (103 m)
St. Katharien - Inneres mit modernen Glasmalereien

Nächste Station war die Kirche St. Katharinen, eine der 3 mittelalterlichen Kirchen der Altstadt… ähnlich wie die gestern besichtigte Marienkirche ist sie eine gotische Hallenkirche. Der Turm ist 103 Meter hoch und die Ausstattung im Inneren nach Kriegszerstörung eher modern gehalten. Nur einen Katzensprung entfernt liegt das Osnabrücker Schloss… es wurde im späten 17. Jahrhundert als Residenz für den Fürstbischof Ernst August von Braunschweig-Lüneburg im Barockstil erbaut, im zweiten Weltkrieg zerstört und als Universitätsgebäude wieder aufgebaut. Ganz offensichtlich wurde bei der Rekonstruktion eines Fensteraufsatzes ein wenig gescherzt und es wurde ein Meckikopf (war so’n Comic-Igel aus der Nachkriegszeit) mitverarbeitet.

Das Osnabrücker Schloss
NuffNuffNuff

Vom dem mit Studenten überfluteten Schloß und seiner näheren Umgebung ging es dann Richtung Johannisstraße… dort wo Osnabrück ein wenig wie Kreuzberg/Neukölln/Wedding aussieht… aber immerhin besser als weite Teile der südlichen Innenstadt, die an Hässlichkeit kaum zu überbieten sind… vorbei an der Johanniskirche, ebenfalls ein mittelalterliches Baudenkmal… zu einer Einrichtung etwas abseits der Innenstadt auf einem ehemaligen Industriegelände: Genusshöfe Osnabrück mit Kaffeerösterei und Brauerei des Bieres Herr Schmidt. Man kann dort allerlei Nahrungs- und Genussmittel kaufen und sie auch vor Ort geniessen… das tat ich als Mittagessen mit einem leckeren Strammen Max auf eigens gebackenen Brot namens Ferdinand und natürlich auch einem Herr Schmidt Bier… beides war wirklich lecker… was ich den Brauern auch mitteilen konnte, da sie sich an meinem Tisch gesetzt hatten. Es folgte der Rückweg in die Innenstadt entlang eines Stadtringes… oder so… Verkehr ist hier sowieso wie verrückt… und das sage ich als Berliner.

Johannisstraße mit gleichnamiger Kirche
In den Genusshöfen

Nächste Station war das Museumsquartier Osnabrück mit dem Felix Nussbaum Haus. Der Maler Felix Nussbaum (1904-1944) ist ein Vertreter der Neuen Sachlichkeit. Gemeinsam mit seiner Frau Felka Platek, ebenfalls Malerin, emigrierte er in der Nazizeit nach Belgien, wo sie 1944 verhaftet wurden und im KZ Auschwitz ermordet wurden. Der jüdische Künstler stammte aus Osnabrück und dort bekam sein Werk ein eigenes Museum vom Stararchitekten Daniel Libeskind errichtet. Der 1998 fertiggestellte Bau wirkt als Art Bauskulptur… nicht unumstritten aber auf jeden Fall sehenswert. Neben der Dauerausstellung gab es eine Sonderausstellung von Werken seiner Frau Felka Platek zu sehen, außerdem Ausstellungen von überwiegend niederländischer Malerei aus dem 17. Jahrhundert, sowie Holzschnitte und Kupferstiche von Albrecht Dürer… dann noch ein Museum zur Stadtgeschichte… ich war also gut beschäftigt für eine Weile, hätte auch noch weiter gehen können zu weiteren Ausstellungen in einer seperaten Villa… es war aber bereits dunkel und somit erstmal kurz ins Hotel. Das Abendprogramm bestand dann aus Essen im Gasthaus Holling, die auch Herr Schmidt Bier hatten, sowie ein paar Guinness im Red Shamrock Irish Pub.

Felix Nussbaum: Atelier in Brüssel (1940)
Fremdenpässe von Platek und Nussbaum
Ausstellung der Sammlung Gustav Stüve
Museumsquartier - Eingang

Die zweite Stadt um die es diemal geht ist Münster, auch hier war ich schonmal… zuletzt dürfte es 1993 gewesen sein… Zeit mal zu schauen, was so aus der Stadt geworden ist. Also am Vormittag in den Bummelzug gestiegen und ab nach Münster… draußen herrschte wieder Nebel, die ganzen Dörfer liefen verschlafen an mir vorbei… ich hätte stundenlang so fahren können… aber nach gut einer halben Stunde war das Ziel erreicht und es ging zu Fuß in die Innenstadt, begleitet von hunderten Radfahrern und laut labernden Holländern. Erste Station war, wie auch in Osnabrück… schließlich bin ich ja auf den Spuren des Westfälischen Friedens… das Rathaus. Hier muß man 3€ berappen um den Friedenssaal zu besichtigen, dafür hat er Licht und es läuft eine akustische Erklärung… also ein Audio-Guide ohne Kopfhörer quasi. Viel größer als das Gegenstück in Osnabrück ist der Saal auch nicht, dennoch immer wieder interessant, an solchen historischen Plätzen zu weilen.

Die Protagonisten der Westfälischen Friedens... außer die eine Flitzpiepe die sich da reingemogelt hat...

Der Westfälische Frieden… wer erinnert sich nicht… Geschichtsunterricht und Abfrage von Geschichtszahlen… 1648… oder wann war der Dreißigjährige Krieg (?) richtig… 1618-1648…Er begann mit dem Prager Fenstersturz und erstmal ging es um Katholiken gegen Protestanten… so einfach war es aber natürlich nicht, es war ein Kampf um Macht und Besitzstand… wie bei nahezu allen anderen religiösen Kriegen auch… am Ende war halb Europa zerstört und letztendlich starben zwischen 3 und 6 Millionen Menschen… in manchen Gegenden auf dem Territorium des heutigen Deutschlands wurde die Bevölkerung auf ein Drittel dezimiert. Am Ende waren alle müde, das Geld war alle und man mußte sich auf ein Ende verständigen… Die Städte Münster und Osnabrück waren nicht ganz so schlimm zerstört, sie liegen etwa 60 Kilometer voneinander entfernt, die Machthaber der protestantischen Kriegsparteien (u.a. Böhmen, Schweden, Frankreich) wurden zur Verhandlung ins eher protestantische Osnabrück geladen und die Katholiken (Heiliges Römisches Reich, Spanien u.a.) ins katholisch geprägte Münster. An ein paar Tagen war das natürlich nicht erledigt, die Verhandlungen dauerten etwa 5 Jahre. Am 24. Oktober 1648 war es dann soweit… zum ersten mal in der Geschichte wurde ein verheerender Krieg auf dem Parkett der Diplomatie entschieden. Viele Ergebnisse dieser Verhandlungen beeinflusste die weitere Geschichte Europas und nicht letztendlich wurde die Reformation von Martin Luther jetzt quasi offiziell… freier Glaube für freie Bürger… naja… so ganz auch nicht, aber an dieser Stelle soll es ja kurz und knapp erklärt zugehen.

Im Münsteraner Friedenssaal

Das historische Rathaus, was wie über 90% der Altstadt auch im zweiten Weltkrieg zerstört wurde und später rekonstruiert, liege am Prinzipalmarkt… quasi die gute Stube der Stadt… weniger Platz als breite Straße… hier befinden sich viele Geschäfte in den Häusern mit Arkaden. Vom Rathaus ist es etwa gleich weit bis zum Dom und zur Stadtkirche St. Lamberti. Mein nächster Weg ging zum Dom, der auf dem riesigen Domplatz thront. Es ist der dritte Kirchenbau an diesem Ort, die dreischiffige Basilika mit Querschiff vereint Elemente der Romanik und Frühgotik.

Das Historische Rathaus

Münster in Westfalen ist eine Großstadt mit ca. 323.000 Einwohnern und belegt in der Liste der größten Städte Deutschlands Platz 20. Die Stadt ist umgeben vom Münsterland und liegt zwischen dem Ruhrgebiet und dem 60 Kilometer entfernten Osnabrück im Bundesland Nordrhein Westfalen. Durch die Stadt fließt das kleine Flüsschen Münstersche Aa und der Dortmund – Ems – Kanal, der auch einen Stadthafen hat. Die Stadtgeschichte nimmt im Jahr 793 ihren Anfang, als der Missionar Liudger ein Kloster gründete, kurze Zeit später wurde er erster Bischof der Stadt und der erste Dom wurde begonnen… 1170 erhielt Münster das Stadtrecht. Münster war Mitglied der Hanse und wirtschaftlich sehr erfolgreich… es entstanden repräsentative Kaufmannshäuser in der Stadt. In den 1530er Jahren war Münster der Schauplatz einer ziemlich exklusiven historischen Episode: Das Täuferreich von Münster… auch als Wiedertäufer bekannt war eine Art Gottestaat unter der Leitung dreier fehlgeleiteter, ursprünglich reformatorischer Flitzpiepen… nachdem die Stadt vom Bischof und seinem Militär belagert wurden, endete der Spuk 1536 und die drei Oberhäupter wurden nach gründlicher Folterung und grausamer Hinrichtung in drei Körbe gesperrt und auf den Turm der Lambertikirche gezogen, wo sie noch viele Jahre rumgammeln konnten. Bis 1648 fanden, wie auch in Osnabrück, diplomatische Bemühungen statt, den Dreißigjährigen Krieg zu beenden, die mit dem Westfälischen Frieden endeten und auch Münster diesbezüglich auf dem internationalen Parkett Berühmtheit einbrachte. In Münster residierten die eher katholischen Kriegsparteien. Genau wie Osnabrück wurde auch Münster im zweiten Weltkrieg schwer zerstört, 91% der Altstadt und 63% der gesamten Stadt wurden zerbombt. Der Wiederaufbau der Altstadt erfolgte dann auf vereinfachte Art nach historischem Vorbild. Heutzutage ist Münster einerseits katholisch geprägt, anderseits sind es die vielen Studenten, die das Flair der Stadt bestimmen… nicht zuletzt auch die überdurchschnittliche Menge von Fahrrädern ist äußerst bemerkenswert. An Baudenkmälern mangelt es der Stadt auch nicht… es gibt sehr viele Kirchen, wobei der Dom St. Paulus und die bereits erwähnte Lambertikirche herausragen. Das Schloß Münster dient als Sitz der Universität, das mittelalterliche Rathaus hat wie sein Pendant in Osnabrück einen Friedenssaal zum Thema Westfälischer Frieden.

Dom St. Paulus und Domplatz
Dom St. Paulus - Inneres nach Osten
Dom St. Paulus Querschiff Richtung Süden

Während meiner Besichtigung bahnte sich ein Gottesdienst oder ähnliches an, so das ich den Dom verließ und die Lambertikirche ansteuerte. Bei ihr handelt es sich um die Kirche der Bürger der Stadt, das waren besonders zur Hansezeit überwiegend wohlhabende Kaufmänner. St. Lamberti ist eine Hallenkirche mit eleganten Pfeilern und schönen Stern- und Netzgewölben… die Kirche gilt als bedeutendstes Bauwerk der westfälischen Spätgotik. Der markante Turm nit dem Helm aus durchbrochenen Maßwerk erinnert etwas an den Turm des Freiburger Münsters. Er wurde erst 1898 vollendet. An seiner Südseite hängen noch heute die Käfige, in denen die Leichen der Rädelsführer von den Wiedertäufern ausgestellt wurden. Der Turm wird von einer Türmerin betreut, von 21:00 Uhr bis 24:00 Uhr gibt sie halbstündlich mit einem Kupferhorn Signal, das alles in Butter ist… außer Dienstags… da ist wohl noch nie etwas Schlimmes in Münster passiert…

Der Prinzipalmarkt mit der Lambertikirche
Die Körbe der Wiedertäufer bzw. deren Ex- Resten
St. Lamberti - Inneres nach Osten

Es folgte eine Kaffeepause… sowas ist bei mir ja eher ungewöhnlich, aber jenes Café heißt „1648“ und ist damit schon mal qualifiziert, außerdem hat man einen Super Überblick auf die Stadt. Das Café wird von den Alexinern betreut und es arbeiten Leute mit und ohne Behinderung. Leider war da ja noch der Nebel… aber scharf kann ja jeder.

Dom und Lambertikirche vom Café 1648 aus gesehen
Die Promenade mit dem Zwinger

Nach der Aufstockung des Koffein-Haushalts sollten nun ein paar Meter für den Schrittezähler her. An der Stelle wo früher die Stadtmauer stand, befindet sich heute die Promenade… eine Art Fahrrad- Autobahn nebst teils zweispurigen Weg für Fußgänger. Die Promenade ist 4,5 Kilometer lang und ich habe sie mit kleinen Abweichungen komplett umrundet. In ihrem Verlauf sah ich den Zwinger, ein Teil der Stadtbefestigung, aber auch Hinrichtungsstätte der Gestapo, der weiße Buddenturm, ein ehemaliger Wehrturm aus dem 12. Jahrhundert und das Schloß Münster, ehemals Sitz der Fürstbischöfe und heute Sitz der Universität… wieder eine Parallele zu Osnabrück.

Das Münsteraner Schloß (1767-1787)
In der Gastwirtschaft Pinkus Müller
Der Stadthafen

In Höhe des Buddenturms bog ich kurz in die Innenstadt ab, um Mittagspause zu machen. Dafür wählte ich die einzige Gasthofbrauerei der Stadt: Pinkus Müller… ein Familienbetrieb in der 5. Generation, seit 1816. Neben deftigen Essen haben sie eine Vielfalt an selbstgebrauten Gestensaft… ich probierte ein Helles Alt und ein unfiltriertes Pils, beide machten Lust auf mehr, aber ich konnte ja nicht an jeden dritten Baum der Promenade pinkeln und somit mußte das reichen… zurück auf die Promenade. Nach etwa einem Dreiviertel der Strecke bog ich nach außen ab und schaute mir den ehemaligen Hafen an, der ist ein Stichkanal vom Dortmund-Ems-Kanal. Nachdem er als Hafen nicht mehr benötigt wurde und einige Jahre so vor sich hin gammelte, baute man Büro- und Eventgebäude entweder neu oder mit Einbeziehung der vorhandenen Industriearchitektur… ein Hauch von Spree in Münster, mit Ausstellungshallen, Büros, Theater und einer Käserei.

Im Whisky Dungeon

Danach ging es zurück in die Innenstadt noch ein wenig bummeln hier und da… und warten das es 17:00 Uhr wird und damit das letzte Kapitel des Münsteraner Tages beginnt: Das Whisky Dungeon. Das Pub in dem man auch Whiskyflaschen kaufen kann wird seit einiger Zeit von Sebastian Niemann geleitet. Er erwarb den Laden von Michel Reick, der auch als Whisky Druid bekannte bunte Hund der deutschen Whiskyszene. Der Schatten vom Michel ist nicht nur wegen seiner Größe gigantisch, er hat schließlich über Jahre etwas Großes dort aufgebaut… um so schöner fand ich es zu sehen, das er in die völlig richtigen Hände gekommen ist, der Laden läuft gut und Sebastian führt ihn so als hätte es nie jemanden anders gegeben. Nach ein paar Bieren hieß es dann wieder Aufbruch nach Osnabrück und nach der Ankunft dort war ich zu knülle, noch etwas zu machen… es ging früh (naja… 22:30 Uhr) ins Bett… ich hatte von den beiden letzten Tagen etliche Kilometer in den Knochen… und das nebenbei mit einem lädierten Fuß. Tags drauf ging es zurück nach Berlin, der geplante Zug erschien diesmal und war dann auch mit nur 45 Minuten Verspätung am Ziel… nunja… geschenkt… Das war also der erste Ausflug im Jahr 2025. Die Städte des Westfälischen Friedens sind unbedingt sehenswert… vielleicht im Sommer noch etwas schöner, aber ich will nicht meckern, es ist Januar und es war nur Nebel und kein Dauerregen oder gar Schnee. Zum Abschluß gibt es noch ein paar Bilder ohne große Erklärung. Wie immer gilt mein Dank Nina, die in Berlin alles gemanagt hat.

Prinzipalmarkt abends... mit Himmelsleiter auf St. Lamberti
Auch der Dom macht angestrahlt etwas her...
...seine Westfront wurde nach dem Krieg vereinfacht wiedererrichtet
Die Westfront vom Osnabrücker Dom mit der Statue eines Löwenpudels
Der Osnabrücker Friedenssaal mit etwas mehr Licht
Arbeiterdenkmal Haarmannsbrunnen in Osnabrück

Der Hexengang am Osnabrücker Dom hat etwas leicht gruseliges

McLarsen’s Irische Tagebücher #4: Kilkenny (November 2024)

McLarsen’s Irische Tagebücher: Berlin, 07.12.2024… Das erste was mich mal mit Irland verband war die Musik… Anfang bis Ende der 1980er Jahre war U2 eine meiner Lieblingsbands und sie hatten seinerzeit auch Songs, die Einblicke in die politische Realität des gespaltenen Landes gaben. Anfang der 1990er Jahre war mein Interesse an Bono & Co. ziemlich erloschen, aber es kam ein neuer Liebling in mein Leben… er hieß Arthur Guinness und war bereits fast 200 Jahre tot, aber sein Bier ist bis heute sehr lebendig und wurde mir zum treuen Lebensbegleiter. Mein Wohnzimmer war das kleine Irish Pub bei Jimmy und seit 2000 wird das schwarze Stout in der eigenen Bar gezapft. Es hat trotzdem ziemlich lange gedauert bis ich zum ersten mal einen Fuß auf irischen Boden gesetzt habe… es war 2013 und Dublin stand auf der Agenda. Seit 2019 bereise ich mit meinem Freund André jährlich das Land… von den Corona-Jahren mal abgesehen. Zuerst Donegal, dann Limerick, letztes Jahr Galway und dieses Jahr Kilkenny. Es sind stets kurze Trips am Jahresende, weitere sollen folgen.

Kilkenny... im Vordergrund das ehemalige Brauereigelände

Kilkenny ist eine Stadt im Südosten der Republik Irland. Sie ist etwa 130 Kilometer und 2 Autostunden von Dublin entfernt… die Stadt liegt am River Nore und ist etwa 70 Kilometer von der Südküste Irlands entfernt. Gegründet wurde die Stadt im 7. Jahrhundert mit dem Bau der ersten St. Canice’s Cathedral… die Stadt war Bischofsitz und wegen der guten Lage zwischen Cork und Dublin wirtschaftlich erfolgreich. Das Stadtzentrum besitzt viel mittelalterliche Architektur, allen voran die bereits genannte St. Canice’s Cathedral mit dem Rundturm und das Kilkenny Castle. Der Name Kilkenny wird natürlich weltweit mit dem gleichnamigen Bier verbunden… allerdings kannte man das Bier der Brauerei in Irland und Großbritannien nur unter dem Namen Smithwick’s, da das für nicht-britische Zungen zu schwer schien, heißt es für den Export Kilkenny. Die Brauerei wurde 1965 von Guinness gekauft und seit 2013 wird das Bier in der St. James Gate in Dublin gebraut… wie das Guinness auch.

Unterkunft mit Pub: Glendine Inn

Kurz nach 10 Uhr hob der Flieger vom Berliner Flughafen BER ab und knapp zwei Stunden später ging es dann in Dublin wieder runter. Es folgte die übliche Odyssee zum Autoverleih, der ist abseits des Flughafens und man wird mit einem Kleinbus dahin transportiert. Dort nahmen wir eine kleine koreanische Eierfeile in Empfang und ab ging es durch den dicken Dubliner Berufsverkehr Richtung Südosten. Das Wetter war typisch für Irland sehr wechselhaft, es regnete mal mehr, mal weniger aber die Temperaturen waren immerhin zweistellig… während der Zeit sahen wir nicht selten kurze Hosen und Flipflops… der Ire ist halt hart im Nehmen. Nach gut anderthalb Stunden erreichten wir unser Ziel in Kilkenny: The Glendine Inn im Nordosten der Stadt. Es ist etwas abseits der Innenstadt, hat aber alles was man braucht… vor allem einen riesigen Pub im Erdgeschoß. Nach dem kurzen Einchecken ging es dann auch genau dorthin und kurz vor 4 standen die ersten beiden Pints auf dem Tisch, gefolgt von Burger und zwei weiteren Guinness. Danach ging es Richtung Innenstadt… etwa 15-20 Minuten läuft man dorthin, kommt man über die Brücke des Flusses Nore, ist man mittendrin in der schmucken Kleinstadt die bereits komplett auf Weihnachten geschmückt war.

Am ehemaligen Standort der Smithwick's Brauerei

Die Flaniermeile der Stadt ist die Parliament Street, die im weiteren Verlauf High Street heißt und in Sichtweite des Kilkenny Castle in einem Platz mündet auf dem ein Weihnachtsmarkt war. Am oberen Ende der Straße befindet sich das Gelände der ehemaligen Smithwick’s Brauerei. Es gibt ein Visitorcenter mit einem Shop bei dem man allerlei Tinnef zum Thema Kilkenny Bier kaufen kann. Auf dem Gelände der Brauerei steht die Ruine eines ehemaligen Klosters und aus einem Gebäude der Fabrik wurde ein Shoppingcenter gemacht. Der erste Stopp war die Marble City Bar… nicht weil die so gut sein soll, aber ich kenne sie von einem Lied des schottischen Sängers Jackie Leven… das Lied lief vor 30 Jahren oft in Jimmy Mac’s Pub… nun also live und in Farbe… war aber eher ein wenig Schickimicki, so gingen wir dann auch bald wieder.

Marble City Bar von außen...
...und innen

Wir passierten das Rothe House, ein mittelalterliches Anwesen und das Rathaus der Stadt aus dem 18. Jahrhundert. Die nächste Einkehr war im Left Bank, einem riesengroßen Pub welches über mehrere Etagen geht und man zum Klo mit dem Fahrstuhl fahren kann. Es war ja Freitagabend und dementsprechend rappelvoll, aber wir hatten Glück und fanden ein schönes Plätzchen. Der Pub ist typisch britisch/irisch sehr plüschig eingerichtet und wir verweilten dort eine ganze Weile. Im Anschluß spazierten wir noch durch die Straßen der Altstadt und kehrten als nächstes im Brewery Corner ein, wo es ein gezapftes O’Hara’s Stout gab… ich kannte bislang nur die Version aus der Flasche. Wir waren danach schon wieder im Rückwärtsgang als uns dann noch die Nore Bar in die Quere kam, in der wir dann auch noch kurz verweilten. Der Laden war sehr gut besucht vor allem mit Einheimischen… Anschließend ging es zurück ins Glendine Inn wo der Tag nach diversen Absackern sein Ende nahm… wie zuhause ging es dann eine Etage höher ins Bett.

Im Left Bank

Am Samstag galt es Kilkenny im Hellen zu erkunden, die erste Station war die St. Canice’s Cathedral. Die Kirche wurde im 13. Jahrhundert errichtet und ist eine frühgotische Basilika mit Vierungsturm. Der Rundturm der direkt vor der Kirche steht ist noch um einiges älter, er stammt aus dem Jahre 849. Beides kann besichtigt werden, allerdings für je 6€ Eintritt.
Auf dem Weg zurück zum Stadtzentrum passierten wir zwei weitere sakralen Baudenkmäler… die Black Abbey die ebenfalls im 13. Jahrhundert errichtet wurde und St.Mary’s Cathedral, einen neugotischen Bau aus dem 19. Jahrhundert.

St. Canice’s Cathedral und Rundturm
Kilkenny - Blick zur St.Mary's Cathedral
Kilkenny Castle

Im Zentrum der Stadt befindet sich das Kilkenny Castle welches aus einer mittelalterlichen Burg hervorging. Es ist umgeben von Gärten und einem Park, direkt am Fluß Nore gelegen. Das Wetter war einigermaßen mies, aber das störte uns nicht denn wir planten eine kleine Wanderung. Eigentlich wollten wir mit dem Bus ins 12 Kilometer entfernte Bennettsbridge fahren, dort 2 Guinness im Dorfkrug ziehen und dann an der Nore zurück nach Kilkenny laufen… wir scheiterten aber daran, das wir die Bushaltestelle nicht fanden… wie wir später erfuhren gibt es dafür in Irland keine speziellen Schilder… so beschlossen wir die Tour andersrum zu laufen. Der Nore Valley Trail ist ein gut ausgeschilderter Wanderweg am River Nore, dem etwa 140 Kilometer langen Fluß, der durch Kilkenny fließt. Die Wanderung war etwas anstrengend da die Wege durch den Regen aufgeweicht waren und man stets aufpassen mußte nicht mit einer Pirouette in den Modder zu rutschen. Unterwegs sahen wir diverse Vögel wie den Reiher zum Beispiel. Auf halber Strecke befinden sich mittelalterliche Gebäudereste einer Mühle. Kurz vorm Ziel Bennettsbridge unterquerten wir die Autobahn M9 und dann war auch bald die namensgebende Brücke aus dem 18. Jahrhundert zu sehen.

Alte Mühlenruine am Wanderweg
Nore Valley Trail
Bennettsbridge... erbaut 1740-1760

Der Dorfkrug hieß dann O’Donnells und nach insgesamt gut 15 Kilometern Fußmarsch hatten wir uns dann auch ein Guinness verdient. Der junge Barmann freute sich, das mal andere Leute kommen und die Dorfopas meinten der Bus kommt entweder um drei oder um vier… es war 13:30 und es war klar das wir wohl einige Zeit in diesem Pub verbringen würden. Leider hatte der Opa mit dem 4 Uhr Bus recht, aber was soll’s es gab Bier und Rugby auf der Leinwand… wir hätten es schlechter treffen können. Kurz nach vier kam dann tatsächlich ein Bus an einer unmarkierten Stelle und als wir in Kilkenny ankamen war es dann bereits wieder dunkel.

Warten auf den Bus im O'Donnell's...
...ind an der unmarkierten Bushaltestelle

In einem Einkaufszentrum erwarb ich noch schnell eine Bürste, um den ganzen gespritzten Matsch auf unserer Kleidung abbürsten zu können, das machten wir dann in der Unterkunft… dort gab es dann auch feste Nahrung bevor es wieder in die Innenstadt ging. An diesem Tag war der Stadtteil westlich der Nore dran erkundet zu werden. Die erste Station war Sullivan’s Taproom… nach eigenen Angaben die älteste Brauerei Irlands. Es gab Maltings Red Ale, Irish Gold und Black Marble Stout vom Hahn, daneben etliche Gastbiere aus aller Herren Länder, sogar ein Bier aus der Weißenoder Klosterbrauerei die wir neulich auf unserer Bierwanderung durch Franken kennenlernen durften. Die Biere waren lecker und die Location auch gut… im Sommer gibts dann auch einen Biergarten. Die nächste Station war Lenehans Public House… ebenso ein schönes, gut besuchtes Pub. Nach dem obligatorischen Absacker im Glendine Inn war dieser Tag dann auch Geschichte.

Im Sullivan's Taproom

Am Sonntag machten wir mit dem Auto einen Ausflug an die Küste. Dank äußerst kreativer Ideen von GoogleMaps lernten wir auch die entlegensten Nester der Countys Kilkenny und Wexford kennen… irgendwann kamen wir dann aber am Ziel an: Hook Lighthouse, ein Leuchtturm am keltischen See. Er ist 800 Jahre alt und zählt zu den weltweit ältesten noch funktionierenden Leuchttürmen. Man kann ihn besichtigen aber uns reichte es, ihn von außen zu erkunden. Das Wetter war an diesem Tag sogar recht freundlich… es gab Sonne und kaum Regen. Der Rückweg führte uns über eine Autofähre zum gegenüberliegenden Ufer Richtung Waterford. Ursprünglich war eine Besichtigung der Whiskybrennerei Waterford geplant, aber wenige Tage vorher ging die Destille in Konkurs und ist seitdem geschlossen. Waterford ist recht groß aber es gibt kaum etwas interessantes zu sehen, also Richtung Kilkenny zurück wo wir uns im Glendine Inn das Fußballspiel FC Liverpool – Manchester City anschauten.

Hook Lighthouse

Abends dann gab es Essen beim Inder und Bier in Kyteler’s Inn und der Nore Bar. Als wir dann zurück im Glendine Inn waren, wurden wir Teil einer Lokalrunde die ein Politiker ausgab, der bei der Wahl an diesem Wochenende offensichtlich gewonnen hatte… auch schön… es war der Ausklang des letzten Tages.

Am Montag fuhren wir dann bei schönstem Wetter zurück nach Dublin, hatten genug Zeit am Flughafen, flogen zurück und um 20:00 Uhr hatte mich Berlin Gesundbrunnen zurück. Es war wieder eine schöne Zeit bei den Iren die wieder sehr gastfreundlich waren. Das Glendine Inn ist sehr zu empfehlen… es hatte alles was man braucht und war auch vergleichsweise günstig. Nächstes Jahr gibts die nächsten Einträge in McLarsens Irische Tagebücher… wohin es uns dann führt, wissen wir noch nicht. Ich bedanke mich bei Nina und dem Offside Team, die zuhause alles am Laufen gehalten haben.

St. Canice’s Cathedral bei Nacht

McLarsen im Land der tausend Biere IV. Gräfenberg & Nürnberg (September 2024)

Berlin, 30.09.2024… Im Anschluss an meine Erkundungen in Regensburg und Landshut die man HIER nachlesen kann, stand nun die vierte Bierwanderung auf dem Plan und da der Mensch ja lernfähig ist, macht er ja gerne mal Dinge anders die vorher nicht optimal waren… während die drei Vorläufer dieser Tour alle im August waren, planten wir in diesem Jahr mit dem September… erstens mal war die Gefahr wesentlich geringer wieder hochsommerliche Temperaturen zu bekommen, zweitens haben die meisten Brauereien im September ihren Betriebsurlaub bereits beendet und man läuft nicht der Gefahr vor verschlossener Tür zu stehen. Dieses Jahr war der Fünf Seidla Steig dran… eine Wanderung mit 5 verschiedenen Brauereigasthäusern rund um die Kleinstadt Gräfenberg… gelegen im Kreis Forchheim… die nächsten größeren Städte sind Erlangen und Nürnberg. Die Gasthäuser sind alles familiengeführte Unternehmen die sich auch zur eigenen besseren Vermarktung für diesen Wanderweg zusammen geschlossen haben. Es existiert eine gut gepflegte Website über Weg, Gasthäuser und deren Biere… auch die Betriebsferien sind dort verzeichnet… sowas wäre in den letzten Jahren ein Traum gewesen… Die Planung begann wie immer bereits etwa ein halbes Jahr vorher… schließlich muß es auch für 7 Personen bezüglich der Unterkunft passen. Damit haben wir dieses Jahr einen relativen Volltreffer gelandet. Das Apartment-Haus Gundelfinger lässt mit modernen, gut geschnittenen Räumlichkeiten keine Wünsche offen… auch der Garten kann mitbenutzt werden… durch das einsetzende Herbstwetter nutzten wir das weniger.

Anreisetag war der Donnerstag… Matthias, Immo, Philipp, André und Hansi reisten mit dem Auto an… Karsten war beruflich in Bamberg, ich war in Regensburg… Wir beiden trafen uns in Nürnberg und fuhren gemeinsam mit dem RE21, auch Gräfenbergbahn genannt nach… Gräfenberg. Startpunkt dieser stündlichen Anbindung ist der Bahnhof Nürnberg Nord-Ost-Bahnhof. Die Fahrt war von diversen Schulklassen dominiert… gehört halt dazu… Da wir etwas zu früh in Gräfenberg waren bezüglich Check-In war unsere erste Adresse in Gräfenberg der Brauereigasthof Lindenbräu und es gab das erste Bier nebst einer Brotzeit. Nach und nach kamen die Freunde aus Berlin und Brandenburg und relativ schnell wurde es dann auch feuchtfröhlich… wie immer… Hansi und André machten vorher sogar einen Umweg über die Brauerei Wagner in Merkendorf die wir im letzten Jahr besucht hatten… und brachten ein wenig Kistenware mit Wagner Bier mit. Nach einer Weile bezogen wir die Unterkunft und waren richtig begeistert… zum ersten mal in inserer Bierwanderzeit gab es daran nix zu meckern… und mit 43€ pro Nacht pro Nase war das auch nicht wirklich teuer. Da wir aber nicht zum Vergnügen da waren gings weiter ins zweite Gasthaus der Stadt: Friedmann’s Braustüberl… erbaut 1500 und seit 1875 im Besitz der Familie Friedmann. Wir hatten Glück ohne Anmeldung für alle 7 Leute einen Tisch zu bekommen und hatten Spaß bei Speis und Trank… die Biere von Friedmann waren lecker und einige klagten später über viel zu große Portionen Käsespätzle.

Der flotte Siebener zum Start der Wanderung
Auf dem Weg zur ersten Tränke

Am Freitag startete die quasi Haupttour: Der Fünf-Seidla-Steig. Für Leute die von außerhalb anreisen beginnt die Reise in Weißenohe… einer Ortschaft mit eigenem Bahnhaltepunkt etwa 2 Kilometer zu Fuß von der Unterkunft entfernt. Da wir ja in Gräfenberg residierten, mußten wir dort erstmal hin… kein Problem… kaum Höhenunterschiede und unspektakulärer Weg. Die Klosterbrauerei Weißenohe war unser erster Stützpunkt. Wie schon der Name vermuten lässt, waren Klosterbrüder an der Gründung dieser Brauerei schuld… seit 1827 ist die Brauerei in Familienbesitz… das ehemalige Kloster existiert seit der Säkularisation 1803 nicht mehr… übriggeblieben ist die ehemalige Klosterkirche die heute eine normale Pfarrkirche ist… sie ist dem heiligen Bonifatius geweiht und wird derzeit restauriert.

In der Klosterbrauerei Weißenohe
Die Brauerei befindet sich auf dem Gelände eines ehemaligen Klosters

Obwohl wir ziemlich genau um 10:00 Uhr eintrafen waren wir tatsächlich nicht die ersten und die nächsten kamen auch kurz nach uns in die Gastwirtschaft… es war eine etwa 10-köpfige amerikanische Gruppe im Alter…grob zwischen 40 und 50… sie sollten uns noch einige Zeit verfolgen… Erstmal gab es aber Bier… und dieses Gasthaus hat nur ein Bier vom Hahn: Weißenoher Altfränkisches Rotbier… erstmal bin ich roten Bieren gegenüber eher skeptisch… in diesem Falle aber völlig unbegründet… das Bier war prima und die meisten überzeugten sich davon doppelt… und der Wirt war cool und erklärte auch architektonische Begebenheiten in den Räumlichkeiten wie zum Beispiel Balken und Säulen. Eigentlich wollten wir es vermeiden mit anderen größeren Gruppen gleichzeitig durch die Botanik zu ziehen… aber irgendwie sind wir dann doch aus Versehen nur wenige Meter hinter der großen amerikanischen Gruppe gestartet… haben dann auch recht fix den Blinker gesetzt und dachten auch das wir sie abgeschüttelt hätten… aber dann kam ein amtlicher Anstieg den unsere Gruppe nicht gleichzeitig meisterte… und warum auch immer… die Amis sind zufällig auf eine Abkürzung getroffen… und standen plötzlich vor uns auf dem Berg… hmpf… nun gut… geben wir ihnen einen Vorsprung…

Weißenohe mit Klosterkirche von oben
Ein Elch-Whisky an Station 4... mit dem Chef persönlich

…nächste Station war wieder in Gräfenberg… wir wussten das es abends schwierig werden würde ins Lindenbräu einzukehren weil eine 80-Personen-Reservierung angesagt war… also nahmen wir den ja bereits vertrauten zweiten Stützpunkt zur Mittagszeit statt als nächsten… was Friedmann gewesen wäre. Das Bier im Lindenbräu war immer noch lecker und ein obkur anmutendes Foto auf dem Weg zu den Toiletten entpuppte sich tatsächlich als der junge Eberhard Diepgen… mitten in Franken… weiter ging es dann zur nächsten Station… gut 4 Kilometer bis zum Brauerei Gasthof Hofmann in Hohenschwärz. Der Weg führte über einen Waldweg… der Boden war glitschig und ich bot meinen Mitwanderern eine astreine Piourette als ich mehr den Bildschirm des Handys als dem Weg im Blick hatte… zum Glück nix passiert. Der Gasthof Hofmann war ok… es gab Helles und Export… beides war  gut ohne zu glänzen… halt schwierig wenn man auf der Hälfte der Strecke liegt. Das Wetter schaltete dann auf richtig Regen um und erste Ermüdungserscheinungen machten die Runde… aber nicht lange… das nächste Ziel war nunmehr nur noch knapp 2 Kilometer weit weg… der Gasthof Seitz… oder auch Thuisbrunner Elch-Bräu und Elch-Whisky… ja… jetzt kam auch noch Whisky ins Spiel… da ich ja irgendwas mit Whisky zu tun habe wurde von befreundeten Kennern der Lokalität bereits so eine Art Date per Social Media organisiert… wir freuten uns sehr darauf… leider war das Lokal relativ überlaufen… aber wir mochten das Bier und das Essen… danach kam der Georg und spendierte eine Runde vom Elch Whisky… der war für sein relativ junges Alter sehr gelungen und spendete uns Kraft für den nunmehr längsten Teil des Weges… dem Rückweg.

Auf dem Weg zurück...
...mit einsetzender Dunkelheit und malerischem Himmel

Auf dem Rückweg nach Gräfenberg zur letzten Station im Friedmanns lernten wir etwas kennen was wir von vorangegangenen Wanderungen noch nicht kannten… und zwar die einsetzende Dunkelheit die im Wald dann mal recht finster ausfallen kann… aber vorher gab es allerfeinste Farben von Wald und Feld und Himmel… eine wunderbare Wanderung im Sonnenuntergang… trotz Dunkelheit erreichten wir Gräfenberg und die letzte Station Friedmann… wie tags zuvor letzte Station. Wir hatten etwa 23 Kilometer auf dem Tacho und waren angenehm fertig aber gut gelaunt… dem Bier im Friedmann auch zum Dank. In der Unterkunft wurden teilweise seltsame TV Programme konsumiert… dann ging es in die Horizontale… Tags drauf stand schließlich die Hauptstadt Frankens auf dem Plan…

Eine Bierwanderung kommt bei uns ja selten alleine, dieses Jahr war die Frankenmetropole Nürnberg als zweite Wanderung an der Reihe. Ich war vor zwei Jahren schonmal hier und wer etwas mehr als nur aus der Perspektive von Biertouristen (sic!) über die Stadt erfahren möchte der kann das HIER nachlesen. Hansi verabschiedete sich am Morgen vom Rest der Truppe um zu einem Treffen nach Leipzig zu fahren… der Rest stieg in die Gräfenbergbahn und ab ging es Richtung Nürnberg. An der Endstation Nürnberg Nordost wurden wir von Harald empfangen der uns ein wenig durch die Stadt begleiten wollte. Harald Schieder ist ein wahrer Bierkenner und hat bereits zahlreiche Bücher zum Thema veröffentlicht. Ich lernte ihn durch gemeinsame Freunde bei einem Berlin-Besuch kennen und war sehr froh ihn für unsere Wanderung als Begleitung zu gewinnen. Wir fuhren mit der U-Bahn ein paar Stationen Richtung Stadtzentrum und lernten dort den Klubraum des Nürnberger Whiskyklubs Highland Circle kennen. Er befindet sich auf einem eher unauffälligen Hof eines Wohngebietes. Vor seiner Tür steht eine Art Keltenkreuz welches die Stadt Glasgow (welche eine Partnerstadt von Nürnberg ist) gestiftet hatte und für das irgendwie kein anderer Platz zu finden war… Das Innere der Klubstätte ist plüschig britisch gehalten und für einen Unkostenbeitrag konnten wir uns an den gut gefüllten Kühlschränken und Whiskyregalen bedienen… Während der Einnahme dieser Getränke planten wir weitere Stationen… wir fühlten uns ganz schön VIP in den heiligen Hallen des ältesten Whiskyclubs Deutschlands… das war schon toll das uns Harald dort hingeführt hat.

Im Klubraum des Nürnberger Highland Circle mit Harald Schieder (rechts)
Über den Dächern von Nürnberg...
...und wieder bergab von der Burg...

Weiter ging es dann zur Burg… sie ist ja das dominanteste Gebäude der Stadt von der man auch eine prima Aussicht hat… das Wetter war etwas durchwachsen so peilten wir den nahen Altstadthof an. Als das Offside 2015 mit dem Titel „Germanys Best Whiskybar“ ausgezeichnet wurde erhielt die Brennerei Ayrer’s zeitgleich die Auszeichnung „Germanys Best Whisky Distillery“… Ayrer’s ist die Brennerei in dem Brauereigasthof Altstadthof… um Whisky sollte es aber heute nicht wirklich gehen… das hausgebraute Bier (Rotbier, Kellerbier, Schwarzbier) kann sich schließlich auch sehen lassen und etwas feste Nahrung gab es auch… gewohnt fränkisch aber auf Grund der touristischen Lage etwas teurer als gewohnt. Anschließend ging es zum Café Wanderer und Bieramt… im Prinzip ein Biergarten ohne Sitzplätzen im Schatten von Burg und Stadtbefestigungsanlage. Hier wurden die nächsten Biere probiert inmitten der Postkartenidylle dieser Stadt die ich sehr mag…

Fasslager im Altstadthof
Gruppenbild beim Café Wanderer und Bieramt

Harald überließ uns danach unserem Schicksal… wir hatten einen Plan für den Rest des Tages geschmiedet und danken Harald sehr für seine Gastfreundschaft. Als nächste Station war das Schanzenbräu im hippen Stadtteil Gostenhof anvisiert… da ich aber wusste das der schöne Johannisfriedhof auf dem Weg lag, war also auch noch etwas non-Bier Kultur drin… aber wie es so ist… viel Bier rein… viel Bier raus… für eine Pinkelpause bogen wir kurz vorm Friedhof noch in dem Biergarten am Hesperidengarten ein… aber natürlich nicht nur zur Notdurft… ein Bier musste schon sein… Anschließend besichtigten wir den Friedhof St. Johannis mit den Gräbern von Albrecht Dürer und Veit Stoß (u.a.)… mussten bald wieder pinkeln… aber ganz detailiert muß der Bericht ja auch nicht sein…

Auf dem Friedhof St. Johannis...
...dessen größter Promi natürlich Albrecht Dürer ist

Als ich vor zwei Jahren im Schanzenbräu war, war Sommer und man konnte im Biergarten sitzen… das war heute nicht möglich… wir saßen drinnen und es gab Rotbier, Helles, Kellerbier und Märzen… alles sehr gut. Nur wenige hundert Meter entfernt ging es dann zur nächsten Location namens Palais Schaumburg… dort war es drinnen bereits voll… schließlich war es inzwischen Samstagabend und wir hatten sicherlich auch langsam und dezent einem im Turm… wir konnten draußen sitzen und es gab… ja… wie immer an der Stelle sollte ich mir Notizen machen… lecker wars aber schon. In der aufkommenden Dunkelheit war die U-Bahn das nächste Ziel und es setzte der Rückweg ein. Die übrigens führerlos (…und das in Nürnberg…) fahrende U-Bahn verließen wir wieder am Nordost-Bahnhof und besuchten unsere letzte Station… das Landbierparadies Nordost… dort gab es irgendwelches Bier aus Keramikkrügen und die Stimmung war wie es Samstagabend an beliebten Feierorten zu erwarten ist… feuchtfröhlig… anschließend stiegen wir wieder in die Gräfenbergbahn und fuhren zurück in den Ort der der Linie ihren Namen gab. Wir hatten eine schöne Zeit in Nürnberg und ließen in der Unterkunft nicht nur den Tag, sondern auch die gesamte Bierwanderung ausklingen…

Ein letztes Gruppenportrait im Schanzenbräu

Mit der grandiosen Unterkunft, planmäßigen Öffnungszeiten aller geplanten Lokale und keinerlei Wetterkapriolen war die Bierwanderung 2024 ziemlich nahe für das Prädikat „Perfekt“… vielleicht wirds aber nächstes Jahr noch besser… es wird wieder Franken und der September wurde auch mehrheitlich für besser befunden als der August wo wir die letzten Jahre unterwegs waren. Unsere Rückwege waren unspektakulär… auch wenn der gebuchte Zug natürlich nicht fuhr sondern ein Ersatzzug… geschenkt… vielen Dank an Nina die mir zuhause trotz Rücken den Rücken freigehalten hat und Harald Schieder für die schönen gemeinsamen Stunden in Nürnberg.

McLarsen in Regensburg und Landshut (September 2024)

Regensburg, 23.09.2024… Es ist wieder soweit… der jährliche Besuch des flächenmäßig größten Bundeslandes namens Bayern… ein Teil ich alleine für mich unterwegs an interessanten Orten und in der zweiten Wochenhälfte kommen dann die Freunde aus der Heimat dazu und es wird zu reichlich Bier gewandert… Der diesjährige Solotrip bringt mich nach Regensburg… eine der besterhaltensten mittelalterlichen Altstädte Deutschlands. Ich werde dort anderthalb Tage Eindrücke aufsaugen, am Mittwoch gehts kurz nach Landshut und am Donnerstag nach Franken zur Bierwanderung. Ich war übrigens schonmal in Regensburg… das war 1993 als ich mich seinerzeit frisch von der Freundin getrennt hatte, mir dann im Sommer langweilig wurde und ich dann auf eigene Faust mit meinen Eltern in irgendeine kleine Klitsche in den Bayerischen Wald gefahren bin und von dort aus in die nächstgelegene Großstadt gefahren bin um mal ein Guinness zu trinken… die Großstadt war Regensburg.

...auf der Steinernen Brücke... im Hintergrund Dom St. Peter

Vor 31 Jahren ging es mit dem Auto nach Bayern… heutzutage fährt man ja wenn möglich umweltfreundlich mit der Bahn (was mir im Normalfall auch richtig Spaß macht)… nur klappt das meistens nicht so richtig… Abfahrt geplant war etwa 08:00 von meinem Heimatbahnhof Berlin-Gesundbrunnen. Der FEX fährt von dort in 4 Minuten zum Hauptbahnhof, was der kürzeste Weg ist. Die Umsteigezeit von etwa 10 Minuten war mir zu riskant also steuerte ich einen früheren Regionalzug an… dieser wurde gestrichen wegen einer kurzfristigen Krankschreibung des Lokführers… für die über 20-minütige Fahrt (incl. Umstieg) mit der S-Bahn war es dann zu knapp… also doch der FEX… als ich auf den Bahnsteig kam stand da auch noch ein ICE der nicht auf der Anzeigetafel war aber nach kurzem Vergleich mit meiner App genau mein ICE war der in Berlin Hauptbahnhof einsetzen würde… leider ließ sich keine Tür öffnen und irgendwann fuhr er los… das war das letzte mal das ich ihn an diesem Tag sehen sollte… der FEX kam zwar pünktlich in den Bahnhof eingefahren (natürlich auf einem anderen Gleis, was zur Zeit der Einfahrt auch schon kommuniziert wurde… und dann nochmal hektisches Treppauf- und ab mit sich brachte)… leider fuhr er aber danach nicht los… erst eine Minute vor Abfahrt des bereits am Türschalter berührten ICEs fuhr er in den Hauptbahnhof ein und trotz eines sicher sehenswerten Spurts von Sportskanone McLarsen spürte ich bei Ankunft von Gleis 2 nur noch den Sog des bereits ausgefahrenen Zuges und sah auch noch die berühmten Rücklichter… sie waren in der Tat rot. Dann halt ein anderer… einen hab ich fahren lassen (nein… nicht aus der Hose)… der war komplett überfüllt… dann nahm ich einen ICE der nur bis Nürnberg fuhr, zwar gleich von Hause aus 20 Minuten später kam (Verspätetes Einsetzen des Zuges) aber wenigstens nicht rappelvoll war… dann stand vor Erfurt ein liegengebliebener Zug… dann waren bei Gotha Schafe auf den Gleisanlagen… hmpf… naja… In Nürnberg mußte ich ja auch nochmal umsteigen… dieser Zug wiederum hatte dann auch eine halbe Stunde Verspätung, bot aber auch zum Glück einen Sitzplatz… um 16:00 war ich dann mit (nur) 2 Stunden Verspätung in Regensburg.

Dom St. Peter einen Meter vor meiner Hoteltür
Historische Wurstkuchl...
...mit reichlich fettem Schweinskram...

Regensburg ist mit 160.000 Einwohnern nach München, Nürnberg und Augsburg die viertgrößte Stadt Bayerns. Die Stadt liegt an der Donau… deren Nebenflüsse Naab und Regen münden im Stadtgebiet in den Hauptfluß. Der in den 1970ern errichtete Europakanal entlastet die Donau im Innenstadtbereich.
Die erste urkundliche Erwähnung der Stadt stammt von 179 durch den römischen Kaiser Mark Aurel… es gab ein römisches Legionenlager. Im Mittelalter erreichte Regensburg als Reichstadt überregionale Bedeutung und war zeitweise größer als Rom und Köln. Regensburg ist eines der ältesten Bistümer auf deutschem Territorium und der Dom eine der bedeutendsten Sakralbauwerke Deutschlands. Die Bedeutung der Stadt ließ im Spätmittelalter nach… allerdings war Regensburg von 1663 bis 1806 Sitz des Immerwährenden Reichstages, die dauerhafte Versammlung der Reichsstände des Heiligen Römischen Reiches.
Die Stadt hatte das Glück von großen Zerstörungen im zweiten Weltkrieg verschont zu bleiben… die Altstadt mit ihren kleinen Gassen und zahlreichen Kirchen ist eine der besterhaltensten Europas und seit 2006 UNESCO Weltkulturerbe.

Blick von der Jahnsinsel zur Steinernen Brücke und zum Dom
Stadtamhof - Stadtteil am anderen Ende der Brücke

Dort ging es dann zu Fuß zum Hotel Kaiserhof direkt gegenüber der Doppelturmfront des altehrwürdigen Doms zu Regensburg. Das Zimmer kurz gecheckt… alles prima… dann aber ab auf die Straßen der Stadt… Heute war es erstmal das Ziel einen ersten Eindruck aufzunehmen… was ich vor über 30 Jahren mal gesehen habe weiß ich nicht mehr… klar… der Dom… aber sonst blieb nicht viel hängen. Erstmal mußte aber etwas feste Nahrung in den Magen und das gab es in der Historischen Wurstkuchel… der warscheinlich ältesten Würstchenbude der Welt… errichtet warscheinlich während des Baus der Steinernen Brücke gleich daneben… es gab fettigen Schweinskram mit Sauerkraut… Dann ging die Tour natürlich natürlich über die berühmte Steinerne Brücke über die Donau. Die Brücke wurde von 1135 bis etwa 1146 gebaut und gilt als Meisterwerk seiner Zeit. Ich lief durch den Stadtteil Stadtamhof (war mal eine eigenständige Stadt) bis zur Dreifaltigkeitskirche auf einem Hügel… von dort aus liegt einem die Stadt zu Füßen… der Abstieg führte mich vorbei an der Walhalla Of Whisky die aber erst in der zweiten Hälfte der Woche bespielt wird. Danach spazierte ich noch durch die Gassen der Altstadt… morgen gibts mehr davon…

Panoramablick vom Dreifaltigkeitsbergweg
In der Altstadt mit Blick zum Rathaus

Nach einer kurzen Erfrischung im Hotel ging es dann in den nur wenige Meter entfernten Bischofshof… ehemals wurde vor Ort Bier gebraut… das wurde in den Westteil der Stadt verlegt, aber das Bier trinken kann man dort ganz prima und auch gut essen… nach dem Schweinskram vom Nachmittag war es ein Regensburger Wurstsalat den ich sehr lecker fand… das Helle Bischofshof Bier ebenfalls… ein Guinness sollte es dann aber auch noch sein… also ab ins Irish Harp… ebenfalls nur 5 Minuten zu Fuß… es war das gleiche Pub welches ich 1993 besuchte und wirklich viel hat sich auch nicht verändert… außer das nach britischem Vorbild jedes Bier gezahlt wird… das Bluesrock-Gedöns war dann auch nicht ganz meins aber für 3 irische Pints wars trotzdem schön… morgen ist mehr Zeit für die Stadt weil ich die Bahn nicht benutzen muß…

Im Irish Harp Pub
Kollegiatstift unserer Lieben Frau zur alten Kapelle...zumindest der Turm...
...das Innere der Kirche ist Rokoko pur...

Was den Namen Regensburg betrifft so fand der Regen freundlicherweise in der Nacht statt und der Himmel klarte vormittags langsam wieder auf… beste Voraussetzungen für einen weiteren Spaziergang in der Welterbe-Stadt. Erster Anlaufpunkt war der Kollegiatstift unserer Lieben Frau zur alten Kapelle… ganz schön komplizierter Name… ursprünglich eine romanische Basilika aus der Zeit Heinrich II., später gotisch erweitert… wurde das Kirchengebäude im 18. Jahrhundert im Rokokostil mit Gold und Schmuck regelrecht zugekleistert… nur außen macht das Gebäude einen eher schlichten Eindruck. Leider fanden gerade Reinigungsarbeiten statt so das ich nur durch ein Absperrgitter fotografieren konnte.

...fast alles drauf: Dom, Donau, Steinerne Brücke von Osten...
Das Osterntor am Rande vom Villapark

Es ging weiter an der Donau entlang Richtung Osten… vorbei am Stellplatz von Donau-Kreuzfahrtschiffen mit Altersdurchschnitt Ü80… beginnt bald eine kleine grüne Insel namens Villapark. Von dort aus gibt es einen grünen Gürtel um die Altstadt die etwa dort verläuft wo früher die Stadtmauern verliefen… das Ostentor ist das einzige Stadttor dieser Anlage was noch existiert. Unter den Eichen und Kastanien zu laufen bedürfte derweil eigentlich einer Helmpflicht… bei der ersten Kastanie auf dem Kopf war ich erstmal sauer weil es weh tat… war aber niemand in der Nähe… Vorbei an dem nicht öffentlichen Schlosspark St. Emmeram und vorbei am gleichnamigen Schloss, Sitz der streitbaren Fürstin Gloria von Thurn und Taxis sollte nunmehr die Basilika St. Emmeram besucht werden… aber leider scheint in den Regensburger Kirchen Dienstag Großputztag zu sein und diesmal ging es garnicht rein… von außen ist vieles eingerüstet… überhaupt wird viel gebaut in der Stadt.

Das berühmte Schottenportal aus der Zeit der Romanik...
...Romanik ist auch ein Thema im Innenraum

Eine Kirche hatte ich noch auf der Tour und zwar die sogenannte Schottenkirche St. Jakob. Das mit den Schotten kommt von der frühen Missionierung der heutigen deutschen Gebiete… etliche Missionare waren Schotten und Iren. Die Kirche wurde zumindest drinnen nicht geputzt, so das ich sie besichtigen konnte. Es handelt sich um eine romanische Basilika nit einem äußerst bemerkenswerten Eingangsportal auf der Nordseite. Es gibt viel figürlichen Schmuck der auch nicht zu 100% gedeutet werden kann. Das Portal aus der Mitte des 12. Jahrhundert wird durch eine Glasummantelung vor Verwitterung geschützt. Es war nun bereits früher Nachmittag und ein Imbiss an der Neupfarrkirche, die Wurstbraterei Reisinger deutet bereits von Weitem an, das die Produkte beliebt sind… es gab nämlich eine Schlange… diese überwunden, gab es einen Regensburger mit alles… eine Mischung aus Wurstsemmel und Mini-Burger für faire 3,70€.

Regensburger mit alles...
...von der Wurstbraterei Reisinger

Es gab noch viel zu sehen in dieser wirklich wunderbar erhaltenen alten Stadt… Reste von römischer Bebauung zum Beispiel oder eine kleine, regelrecht süße Kapelle in einem Wohnhaus nahe des Doms… manches Wohnzimmer ist sicherlich größer… und noch vieles andere was mir jetzt zu viel Mühe machen würde über alles zu schreiben. Ein Bauwerk verdiente dann aber die ganze Aufmerksamkeit… schließlich ist es sowas wie das Aushängeschild der Stadt: Der Dom. Ich kaufte mir bereits am Vormittag Tickets für eine 1,5-stündige Führung durch die Kathedrale und ihre Kreuzgänge welche nur über diese Führungen besichtigt werden können.

Dom St. Peter - Inneres nach Osten
...so viel Menschlichkeit war damals eher ungewöhnlich: Jungfrau Maria und der lächelnde Erzengel Gabriel

Der Regensburger Dom St. Peter ist eine der bedeutensten Kathedralen der Gotik in Süddeutschland. Der heutige Bau folgte auf einen romanischen Vorgängerbau und wurde 1275 begonnen. Erst etwa 175 Jahre später war er weitestgehend fertig, die Doppelturmfront mit den 105 Meter hohen Türmen wurde erst 1872 vollendet… so ähnlich wie es beim berühmten Kölner Dom einige Jahre später auch der Fall war. Das Kirchengebäude wurde mit Kalkstein errichtet, als das irgendwann nicht mehr erhältlich war, wich man auf minderwertigen Grünsandstein aus und übertünchte es weiß… leider zerbröselt der Sandstein recht schnell und muß ständig durch Kalkstein ersetzt werden. Im Dom befinden sich zahlreiche Altäre und weitere Ausstattung aus der Zeit von Gotik bis Barock… besonders bemerkenswert ist ein gotisches Figurenportal an der Westseite was derzeit allerdings von einem Bauzaun verdeckt wird. Ebenso bekannt sind zwei Skulpturen vom lächelnden Engel Gabriel und der Jungfrau Maria welche um 1280 entstanden sind. Die Glasmalereien aus der Bauzeit sind noch erhalten und mit etwa 800 qm die großte Menge mittelalterlicher Glasmalerei der Welt. Die Hauptorgel im nördlichen Seitenschiff stammt aus dem Jahr 2009 und ist die größte hängende Orgel der Welt. Sie wiegt insgesamt 67 Tonnen und hängt an vier speziell angefertigten Seilen. Der Organist fährt mit einer Art Aufzug zum Spieltisch auf halber Höhe…Dank moderner Technik lässt sich das Instrument aber auch aus dem Chorbereich bespielen… Apropos Chor… der Dom St. Peter ist auch die Heimat der Regensburger Domspatzen… ein Knabenchor mit über Tausendjähriger Tradition… gegründet 975.

Im Kreuzgang des Doms
...auch im Kreuzgangbereich: Lapidarium... Parkplatz verwitterter Originalkunstwerke

Die Führerin war eine ältere Dame die auch in Regensburg geboren wurde und die diese Führung auch mit erstaunlich viel Humor absolvierte… so wurden wir auch auf viele Kuriositäten aufmerksam gemacht die man sonst sicher übersehen hätte. Die Besichtigung des Doppelkreuzgangs war auch sehr interessant weil solche Orte, wenn sie eben gerade nicht so überlaufen sind… eine gewisse Magie ausstrahlen. Die Führung hat sich also durchaus sehr gelohnt… auch Berichte über die Arbeiten der Dombauhütte erfährt man nicht einfach so.

Die größte hängende Orgel der Welt
Die Allerheiligenkapelle am Kreuzgang vom Dom

Das Abendprogramm gestaltete sich mit dem Besuch der Brauereigaststätte Kneitinger (auf den Gläsern steht: seit 1530) und damit einem sehr traditionellem Lokal… das Bier wird selber gebraut… es gibt Helles (Heller Hans), Pils und Dunkles… ich hatte sie alle und stifte Berliner Euphorie an: Kannste echt anbieten… genau wie das Essen… prima Laden… könnte auch in Bamberg sein. Danach musste es natürlich noch ein Guinness sein… aber heute im anderen Irish Pub der Stadt: Murphy’s Law… und der ist so viel besser als das Irish Harp gestern…in einem Keller mit viel Jungvolk aber sehr umsichtiger Bedienung… werd wohl morgen wieder kommen… aber vorher gehts in eine andere bayerische Stadt… ihr werdet es lesen…

Heller Hans im Kneipingers
Guinness als letztes Bild des Tages... sehr traditionell...auf mclarsen...

Heute stand eine Stipvisite der Stadt Landshut auf dem Plan… geplant war Abfahrt ab Regensburg und etwa 11:28 Ankunft in Landshut… also nach dem Frühstück gut gelaunt Richtung Bahnhof… auf halber Strecke dahin… Mist!… meine Ohrstöpsel vergessen… hmmm… das schaff ich … nochmal zurück und mit erhöhter Laufgeschwindigkeit zum Bahnhof. Der Zug fährt los… Fahrkartenkontrolle… kein Problem… hab ich auf dem Handy… Personalausweis dazu… auch kein Problem… hab ich im Port…PORT… Portemonai… auf die leere Hosentasche tätschelnd… öhmn… hab ich nicht dabei. Vom Ausweis hab ich ein Bild gespeichert, das war kein Problem… aber mit 0 Cent unterwegs sein schon… ich hab auch keine Kartenzahlung auf dem Handy… also erster möglicher Halt wieder raus: Eggmühl… I am the walrus… I am in Eggmühl.. dudududu… (frei nach den Beatles)… nach 15 Minuten kam ein Zug Richtung Regensburg, dann raus, wieder ins Hotel, wieder zum Bahnhof und in den gleichen Zug… der war dann kurz nach eins in Landshut…soll heißen… wenn die Bahn schonmal pünktlich fährt, kann ich durch eigene Dämlichkeit auch selber mit Verspätung ans Ziel kommen. So… nun aber zu Landshut…

Die zwei Hauptdarsteller von Landshut: St. Martin und Burg Trausnitz... davor die Isar
Stadtblick Landshut... nach einigen überwundenen Höhenmetern...

Landshut ist mit 75.000 Einwohnern die zehntgrößte Stadt Bayerns und liegt mit je 70 Kilometern Abstand zwischen Regensburg und München an der Isar. Im Mittelalter erlebte die Stadt eine wirtschaftliche Blütezeit was sich in dem historischen Stadtkern noch heute wiederspiegelt. Historisches Zentrum ist die Straße Altstadt… etwa 700 Meter lang und an manchen Stellen bis zu 30 Meter breit… da kann man fast schon von einem Platz reden… Markant im Stadtbild ist die Burg Trausnitz und der Turm der Martinskirche, welcher mit 130 Metern der höchste aus Backstein errichtete Kirchturm der Welt ist. Weitere bedeutende mittelalterliche Kirchen sind die Heilig-Geist-Kirche und St. Jodok. Landshut und das Umland ist sehr wirtschaftsstark und in diesem Sinne auch recht vermögend.

St. Martinskirche - Mittelschiff nach Osten
Die Straße Altstadt mit Blick auf St. Martin

Das Wetter war heute nochmal regelrecht herausragend wenn man bedenkt das es fast Oktober ist… 21 Grad und freundlichster Sonnenschein… Als erstes wurde das Wahrzeichen der Stadt besichtigt: Die st. Martinskirche. Diese ist von Hause her recht groß, es ist eine spätgotische Hallenkirche mit sehr schlanken Pfeilern. Das Außergewöhnliche dieser Kirche ist aber der Turm. Mit 130 Metern ist er in der Top-Ten der höchsten Kirchtürme der Welt und unter den Türmen die mit Backstein errichtet wurden sogar die klare Nummer Eins. Schön war auch das während der Besichtigung jemand an der Orgel gespielt hat… das war mehr Heavy Metal als Halleluja… schön tiefe Bässe was das ganze Gebäude zur Vibration brachte… ich mag sowas.

Das gotische Rathaus
Die Stadtresidenz (1536-1543)

Nach dieser kurzen Abbitte wegen eigener Trotteligkeit ging es dann die Altstadt herab… so heißt nämlich die Hauptstraße in Landshut… sie ist überwiegend Fußgängerbereich und wird flankiert mit superschönen Häusern aus Gotik, Renaissance und Barock… das Rathaus steht dazwischen, die Stadtresidenz von 1543 gegenüber… soll der erste Renaissancebau nördlich der Alpen sein. Am Ende der Promenade steht mit der Heilige-Geist Kirche ein weiterer gotischer Sakralbau. Wo eine Altstadt ist gibts auch eine Neustadt… ein paar hundert Meter südlich und parallel zur Altstadt… nicht ganz so prächtig aber immernoch Oho!

Über der Stadt thront die Burg Trausnitz
Auf der Burg Trausnitz

Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt ist die Burg Trausnitz hoch über der Stadt… es war der Sitz der Wittelsberger und die reichen Bürger der Stadt haben den Turm der Martinskirche nicht umsonst so hoch bauen lassen… man wollte der Obrigkeit auf der Burg auf den Teller schauen können… quasi auf Augenhöhe. Der Weg dorthin war etwas anstrengend da ich einmal falsch abgebogen war und über eine sogenannte Teufelsbrücke und einen Serpendinenweg kam… etwas pumpend nach den Höhenmetern… aber es gab schöne Ausblicke… die Burg besichtigte ich nur von außen und dann ging es auf einem ganz einfachen Weg wieder abwärts… das kann ich ja… Nach einem Imbiss und vielen kleinen und großen Straßen der historischen Stadt wollte ich den Besuch mit zwei, drei Bieren in einem Biergarten ausklingen lassen, dieser Biergarten existierte allerdings nicht mehr, also gleich die knapp 2 Kilometer zum Hauptbahnhof gelaufen… eine Gegend die eher an Berlin Lichtenberg oder Marzahn erinnert als an eine vornehme bayerische Stadt…Die Rückfahrt nach Regensburg gestaltete sich einfacher als der Hinweg.

St. Martin von der Burg Trausnitz gesehen
Im Brauhaus am Schloß

Zurück in Regensburg ging es abends in das Brauhaus am Schloß. Das Schloß zum Brauhaus ist St. Emmeram… also Thurn und Taxis… die Brauerei wurde von Paulaner gekauft, stellt aber eigenes Bier her was dann in Paulaner- Gläser gefüllt ausgeschenkt wird. Neben einer ordentlichen Portion Schweinskram auf dem Teller verkostete ich St. Emmeram Hell, Hopfenblume (Pils) und Marstall Dunkel… alles sehr gute Biere… wie so häufig sollte aber Guinness das letzte Wort haben und ich besuchte nochmal das Murphys Law wo der Abend unspektakulär ausklang… so wie auch die drei Tage in Regensburg und Landshut. Regensburg hätte vielleicht noch einen Tag mehr gebraucht… es ist eine traumhafte Altstadt mit vielen verwinkelten Gassen und tollen Kunst- und Architekturdenkmälern. Auch in Sachen Gastronomie hätte es noch weitere Entdeckungen geben können… aber im Anschluß geht die Reise weiter zur diesjährigen Bierwanderung die in ein paar Tagen als Extrablog zu lesen sein wird. Zum Abschluß noch ein paar Bilder zum Ausklang… so weit nicht anders vermerkt aus Regensburg.

Fröhliche Straßennamen haben sie hier...
Das Rathaus mit dem Festsaal des Immerwährenden Reichstages
Der Haidplatz
Nachgestellte Umrisse der zerstörten Synagoge
Dachlandschaft mit goldenem Turm
Altes Gasthausschild "Zum Walfisch" um 1800
Landshut - Ansicht vom nördlichem Isar-Ufer
Landshut - St. Martin - Westportal und Turm
Landshut - Platz Freyung mit Burg Trausnitz
Regensburger Dom zu später Stunde

McLarsen in Schwerin und Wismar (Juni 2024)

Schwerin, 25.06.2024… Der Sommer kam dieses Jahr spät an… bis vor ein paar Tagen hatten wir gefühlt den längsten April aller Zeiten… die Fußball Europameisterschaft 2024 in Deutschland ist im vollen Gange… Zeit mal wieder für einen kleinen Ausflug… und der bringt mich diesmal in die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern nach Schwerin… ebenso ist ein Tag in Wismar geplant.
Der Regionalexpress R8 vom Flughafen BER Richtung Wismar braucht fast 3 Stunden bis Schwerin… das mit dem Express dient womöglich eher als Aufwertung gegenüber noch langsameren Verbindungen… aber da ich es ja auch nicht eilig hatte konnte ich die beschauliche Fahrt ein wenig genießen. In Schwerin angekommen hatte ich es nicht weit zum Hotel was auch damit zu tun hat das das Haus „Hotel am Hauptbahnhof“ heißt. Es ist ein einfacher Bau mit eigenem Bad auf dem Flur… was ein wenig ungewöhnlich ist. Das Fenster geht direkt zum Bahnhof raus… mal sehen wie laut das hier ist…

Marktplatz, Staatstheater und Schloß vom Turm des Schweriner Doms
...umgekehrter Blick... vom Markt zum Dom

 Schwerin verpasst mit 98.500 Einwohnern knapp die ab 100.000 Einwohnern proklamierte Bezeichnung einer Großstadt… ist aber dennoch Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern… die kleinste aller deutschen Landeshauptstädte. Stadtrecht bekam Schwerin 1164 von einem alten Bekannten aus diesem Blog… nämlich Heinrich der Löwe dessen Wirken ich dieses Jahr im Februar u.a. in Braunschweig beleuchtet habe. Die Stadt war mit einer kurzen Unterbrechung Residenz der Herzöge von Mecklenburg… mit dem im 19. Jahrhundert fertiggestellten Schloß besitzt Schwerin eines der bekanntesten Wahrzeichen des Bundeslandes. Die Stadt liegt am Schweriner See… einem der größten Seen Deutschlands… insgesamt gibt es 12 Seen im Stadtgebiet. Das heutige Stadtbild stammt überwiegend aus Umbauten im 19. Jahrhundert, besonders durch den Architekten Georg Adolf Demmler. Das einzige Bauwerk aus dem Mittelalter ist der Schweriner Dom… eine der größten und ältesten Bauwerke der Backsteingotik mit einem der höchsten Kirchtürmen Norddeutschlands. Seit 1990 hat der Landtag von Meck-Pomm seinen Sitz im Schloß… 2009 fand die Bundesgartenschau im Schloßpark statt und das gesamte Ensemble von Schloß- und Parkanlagen ist Beitrittkandidat für das UNESCO Welterbe.*

*UPDATE 28.07.2024: Schloß und Residenzensemble sind seit 27.07.2024 UNESCO Welterbe.

Schweriner Dom - Altarretabel im Ostchor
Inneres nach Westen

Um mir einen ersten Überblick zu verschaffen wollte ich mir das hier erstmal von oben anschauen… und das geht am besten wenn man 220 Stufen ersteigt und dann vom Turm des Schweriner Doms eine schöne Aussicht genießen kann. Als erstes fallen die wirklich vielen Seen in und um das Stadtgebiet auf. Am nahesten ist der Pfaffenteich in dem sich der Dom auch spiegelt wenn man weit genug weg ist. Man sieht natürlich das Schloß und andere historische Gebäude und ahnt auch das die meisten Einwohner der Stadt außerhalb der Altstadt in teilweise Plattenbaugebieten wohnen. Nach dem Abstieg vom 117,5 Meter hohen Turm (der höchste Ostdeutschlands) wurde dann der Dom besichtigt. Der Schweriner Dom St.Marien und Johannis ist eine hochgotische Basilika im Stile der norddeutschen Backsteingotik und eines der größten Sakralbauten in der Gegend. Das Gewölbe des Mittelschiffes ist 26,5 Meter hoch und es gibt ein Querhaus und einen Chorumgang. Der Turm wurde erst 1893 im Stil der Neogotik vollendet. Von der Ausstattung ist die Kathedrale verhältnismäßig schlicht gehalten, es dominiert neogotisches Interieur, ein gotischer Altarretabel und ein Triumphkreuz aus der zerstörten Marienkirche von Wismar.

Der Pfaffenteich vom Turm des Doms...
...und auch hier das Gegenstück...
Am Pfaffenteich

Es folgte ein kleiner Gang durch die Altstadt und die Umrundung des wunderbaren Pfaffenteichs welcher ständig einläd sich eine Weile niederzulassen und ein wenig auf das sommerliche Treiben zu schauen… danach ging es ins Hotel zu einer Schreibpause… Anschließend ging es zur Nahrungsaufnahme in einem lokalen Brauhaus… wer hier öfters mitliest weiß das… heute hieß der Laden Altstadtbrauhaus… ganz in meiner Nähe und die ersten beiden naturtrüben Biere zischten sofort auf der Zunge… wer schenkt auch 0,4l aus (?)… egal… das Bier war sehr lecker, auch das Dunkle was ich zum Schluß hatte. Da mein Mittagsbrot (Chinabox am Pfaffenteich) noch nicht so lange her war gab es heute keinen deftigen Bierbraten oder ähnliches sondern eine (im Osten ja immer noch allgegenwärtige) Soljanka und einen Salat… und ja… es war lecker und ich bin gesund… Danach sollte es noch ein wenig Guinness sein und dafür steuerte ich den Pub „The Scotsman“ an… dort schmeckte das Guinness aber für eine objektive Einschätzung werde ich übermorgen dort nochmals vorstellig werden… für heute ist erstmal Feierabend und morgen gehts weiter hier in Schwerin…

Pfaffenteich zur späten Blauen Stunde

Die erste Nacht am Hauptbahnhof war erwartungsgemäß anders als in einer Ferienhütte am Meer… zum Glück bin ich am Wochenende wenn mehr los ist wieder weg… dann dieser Brunnen… man ist im Halbschlaf und dann kommt das Schweriner Schloßgespenst Petermännchen vorbei und fragt: „Na… ham wir denn schon gepullert?“ …ähmn… nee… und dann übern Flur… achja… das will ja eigentlich keiner wissen. Das Frühstücksbuffet im Hotel lässt keine Wünsche offen und so ging ich dann frisch gestärkt zum Schloß und den umliegenden Gärten, darum drehten sich die folgenden Stunden.

Das Schloß mit Orangerie und Burggarten
Schloß - Innenhof

Es gab die Möglichkeit für einen kleinen Aufpreis an einer öffentlichen Führung teilzunehmen und davon machte ich dann auch Gebrauch. Man erfuhr viel über die lange Baugeschichte des Schlosses, über seine ehemaligen adligen Bewohner und konnte sehen das man auch im vergleichweise provinziellen Mecklenburg gut und üppig leben konnte…vorausgesetzt man hatte die richtigen Eltern. Der Teil des Schlosses der der Stadt zugewandt ist, beherbergt den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und ist nicht zugänglich… genau wie der Innenhof des Gebäudes welches über 950 Räume verfügt… im Hof wird gerade Bühnentechnik aufgebaut da am kommenden Wochenende Festspiele stattfinden.

Speisesaal der Herzogin
...nicht völlig schlicht... Decke in Thronsaal

Nach der Schlossbesichtigung waren dann die umliegenden Parkanlagen dran… erst der Burggarten, also der Teil auf der Insel auf der das Schloß steht, dann der Schloßgarten südwestlich… angelegt nach Plänen von Peter Joseph Lenné, dessen Werke wir in Berlin und Brandenburg ja bestens kennen… nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten… mit einem Kreuzkanal, Laubengängen, Pavillons, Denkmälern und Statuen vom Dresdner Bildhauer Baltasar Permoser (Dresdner Zwinger u.a.) bekommt man ziemlich viel geboten… zumal es noch nicht völlig überfüllt war und der erste Tag des Jahres war der an der 30 Grad Grenze gekratzt hat. Auf einem Franzosenweg lief ich noch etwas am Rande des Sees vorbei zum Aussichtspunkt Adebors Näs wo man Schwerin mit Schloß, Dom und See aufs Bild kriegt… überhaupt macht diese Schloßanlage von allen Seiten einen superhübschen Eindruck… was auch für die ganze Stadt gilt die ja das Glück hatte im Krieg nicht zerstört zu werden. Nach einer Suppe in der Innenstadt gab es dann eine Schreibpause bevor es in den Stadtteil Schelfstadt ging.

Der Kreuzkanal im Schlossgarten mit Permoser Statuen
Laubengang... schön bei 30 Grad im Schatten...
Schweriner Stadtpanorama vom Aussichtspunkt Adebors Näs
...und nochmal das Stargebäude der Stadt von Süden

Die Schelfstadt… warscheinlich kommt der Name vom Schilf der Seen die das Gebiet beherrschen… ist ein Stadtteil von Schwerin welches direkt an die Altstadt angrenzt. Ursprünglich war Schelfstadt eine eigenständige Gemeinde, erst seit dem 19. Jahrhundert gehört sie offiziell zu Schwerin. Es gibt Fachwerkhäuser aus dem 18. Jahrhundert, Bauten aus der Gründerzeit und danach… und das schöne daran ist das alles… oder zumindest vieles noch erhalten ist… auch wenn es für einige Gebäude knapp war das sie nicht abgerissen wurden weil der DDR zuletzt selbst dafür das Geld ausging.

Ziegenmarkt in Schelfstadt mit Kneipe Freischütz... kurz vor der Flutung
Die Schelfkirche

Im Zentrum des Stadtteils steht die barocke Schelfkirche für die ich leider etwas zu spät kam um sie besichtigen zu können. In der Schelfstadt hatte ich heute auch eine Verabredung mit einem langjährigen Bekannten aus der Whiskyszene der dort zuhause ist. Oliver zeigte mir viele Dinge der Gegend und der eine oder andere Whisky war auch dabei… freilich nichts was man noch irgendwo kaufen kann, genau wie man sich herzliche Gastfreundlichkeit ebenfalls nirgendwo kaufen kann… aber diesen ganz wundervollen Abend stelle ich an dieser Stelle auf privat… Fakt ist das auch die beste Kneipe der Gegend in der Schelfstadt liegt… und zwar am Ziegenmarkt und es ist der Freischütz… neulich feierte man 30jähriges Jubiläum… glaubt mir… das ist ene amtliche Zahl… das Offside steht kurz vor der 25… Ein wunderbarer Tag geht zuende… Morgen gehts übrigens nach Wismar…

Momentaufnahme aus dem Küchenfensters von Oliver

Schwerin konnte ich in den letzten anderthalb Tagen recht gut erkunden… es bleiben einige Strecken für Wanderungen am Wasser übrig und das ist sehr gut denn ich habe schon Lust nochmal hierher zu kommen… heute aber war eine andere Stadt angesagt und zwar Wismar. Eine halbe Stunde fährt man hier von Schwerin mit dem Bummelzug bis in die Hansestadt… vorbei an vielen Seen und reichlich Wald. Steigt man aus dem Zug und lässt den kleinen Bahnhof hinter sich kann man eine der schönsten Städte der Ostseeküste erleben.

Wismar hat knapp 44.000 Einwohner und ist damit die sechstgrößte Stadt in Mecklenburg-Vorpommern. Im Mittelalter war die Stadt Mitglied der Hanse und gelangte in dieser Zeit zu Reichtum und wirtschaftlicher Bedeutung. Nach dem 30jährigen Krieg ging die Stadt viele Jahrzehnte in schwedischen Besitz über… erst 1903 wurde die Stadt offiziell wieder Deutsch. Als Industriestandort im Dritten Reich gelangte die Stadt ins Visier der Alliierten und wurde im zweiten Weltkrieg durch mehrere Luftangriffe schwer zerstört. Heute ist Wismar noch immer ein bedeutender Wirtschaftsstandort mit großem Hafen und Schiffsbauindustrie. Die Altstadt steht zusammen mit der Stralsunder Altstadt seit 2002 auf der Welterbeliste der UNESCO. Bedeutende Sehenswürdigkeiten sind die drei Kirchen im Stile der Backsteingotik und der Marktplatz.

Die Nikolaikirche am Mühlenbach an der frischen Grube
Bei einer Deckenhöhe von 37 Metern braucht ein Kronleuchter eine lange Leitung
Hochaltarretabel aus der Georgenkirche... um 1430... 10 Meter breit und mit Predella und Bekrönung 4,42 Meter hoch...größte Retabel seiner Art im ganzen Ostseeraum...

Als erstes kam ich an der Nikolaikirche vorbei. Die Nikolaikirche ist die einzige von den drei monumentalen gotischen Backsteinkirchen die den Krieg nicht als Ruine überstanden hat. Sie wurde als die Kirche der Seefahrer und Fischer zwischen 1381 und 1487 erbaut… in einer Zeit als die Stadt wichtiges Mitglied der Hanse war und den damit einhergehenden Reichtum mit riesigen Kirchen im Stile der Backsteingotik errichten konnte. Das Mittelschiff der Nikolaikirche ist mit 37 Matern Höhe eines der höchsten weltweit… das einzig höhere in der Region ist das der Lübecker Marienkirche die ja quasi die Mutter aller Backsteingotik ist und auch das Gewölbe ist gerademal 1,5 Meter höher. Das die Kirche eine so reiche Ausstattung hat ist dem tragischen Umstand zu verdanken das die anderen beiden Kirchen den Krieg nicht überstanden haben und die Altäre und andere Sachen haben nunmehr Platz in St.Nikolai gefunden. Als ich aus der angenehm kühlen Kirche rauskam spürte ich die knapp 30 Grad ein wenig wie Knüppel auf den Kopf… aber weiter ging es…

Marktplatz mit Wasserkunst und Rathaus im Hintergrund
Marktplatz - Mittelalterliches Haus "Alter Schwede"
Der Turm der Marienkirche

Durch schöne Straßen und Gassen mit historischen Häusern aus allmöglichen Epochen hin zum Marktplatz. Dieser Marktplatz ist mit seinen ca. 100 x 100 Metern einer der größten in Norddeutschland. Er wird vom klassizistischen Rathaus und teils gotischen Bürgerhäusern eingerahmt. Das auffälligste Gebäude ist die hübsche Wasserkunst… ein Bau welcher 1602 vollendet wurde im Stil der niederländischen Renaissance. Der Marktplatz war recht belebt mit verschiedenen Ständen mit Lebensmitteln, Imbissen und Krimskrams aus Leder. Wenige Meter neben dem Markt erhebt sich der 80 Meter hohe Kirchturm der Marienkirche. Sie war die Hauptkirche der Stadt und hatte Dank schwerer Bombentreffer im Jahre 1945 weniger Glück als die Nikolaikirche… im Gegenteil… die SED ließ 1960 die Ruine des Kirchenschiffes sprengen und verarbeitete das Baumaterial zu Schotter. Der Turm ist lediglich deshalb stehen geblieben weil er als Schifffahrtszeichen in den Seekarten verzeichnet war. Die freie Fläche wurde zu DDR Zeiten als Parkplatz benutzt. Nach der Wende wurden die Umrisse der Kirche wieder sichtbar gemacht und der Platz dient heute als quasi archäologische Freifläche.

Georgenkirche... unendliche Weiten im rekonstruierten Inneren der zerstörten Kirche

Nur wenige Meter weiter befindet sich die dritte große Kirche Wismars… die Georgenkirche. Auch sie wurde schwer zerstört aber die Ruine wurde zum Glück nicht beseitigt und der gigantische Bau wurde bis vor etwa 10 Jahren wieder aufgebaut. Die dreischiffige Basilika ist die größte der drei Wismarer Kirchen… ihre Gewölbehöhe beträgt im Mittelschiff 35 Mater… also nur gering niedriger als bei der Nikolaikirche… nur ist das hier alles noch viel größer und weiter… was man eben auch deshalb sehen kann, weil der Raum komplett leer ist. Die Nutzung des Sakralbaus ist noch nicht richtig entschieden soweit ich weiß… der Bedarf nach einem derart gigantischen Raum als Nutzung einer Kirche ist garantiert nicht auf der Tagesordnung… zeitweise wird der Raum für Veranstaltungen und Konzerte genutzt. Die Georgenkirche hatte nie einen Turm, nur so eine Art Turmstumpf… dieser wird seit etwa 10 Jahren als Ausblickterasse genutzt und das allerbeste daran ist ein Fahrstuhl mit dem man für den Unkostenbeitrag von 2€ dort hoch gefahren wird und von dort beste Aussicht über die Hansestadt genießen kann. Nur nach Osten bleibt der Blick versperrt… da steht das gewaltige Kirchenschiff davor.

Aussichtspunkt Georgenkirche: Nikolaikirche
Aussichtspunkt Georgenkirche: Hafen
Aussichtspunkt Georgenkirche: Werft

Wieder unten angekommen ging es wieder durch die schöne Altstadt… die ja zusammen mit der von Stralsund Teil des UNESCO Welterbes ist… da traf es sich gut das ich am Welterbehaus vorbei kam wo man kostenlos eine sehr liebevolle Ausstellung zum Thema Welterbe besichtigen kann. Das Kerngebiet der Ausstellung ist sicher Wismar und andere Hansestädte aber auch im weltweiten Kontext kann man sich informieren… Klasse Sache das… Das Kaufhaus Karstadt gleich in der Nähe war übrigens das Stammhaus… Rudolph Karstadt gründete hier 1881 das Tuch-, Manufactur- und Confectionsgeschäft Karstadt… der dreht sich derzeit bestimmt öfters im Grab um…

In der Fussgängerzone...
...ein Karstadt... aber es ist das Stammhaus des ehemaligen Erfolgskonzepts...
Ausstellungsraum im Welterbe Haus

Mit einem Fischbrötchen vom Marktplatz ging es dann Richtung Hafen. Das Hafengelände teilt sich in den noch aktiven Seehafen und den Alten Hafen der in den letzten Jahrzehnten völlig neu konzipiert wurde und heute ein gelungenes Zusammenspiel von historischen Industriebauten und neu gebauten Häusern im Stil der norddeutschen Backsteinarchitektur ist. Ein Touristenmagnet ist der Fake Nachbau einer angeblich mittelalterlichen Kogge namens Wissemara.

Am Hafen
Alte Hafengebäude mit neuer Nutzung
Blick vom Hafen auf den Turm der Marienkirche und die Georgenkirche

Langsam braute sich am Himmel etwas zusammen was der Wetterdienst auch angekündigt hatte… aber Brauen war auch noch Thema in der Nähe des Hafens im Brauhaus am Lohberg und ein Bier hatte ich mir nun allemale verdient… Leider war der Laden derart mies organisiert das ich nur zwei Bier getrunken habe und dann lieber später woanders essen werde… Dieses Brauhaus ist auch der Ursprung des Wismarer Whiskys Baltach… aber wie gesagt… da klappte nix… nunmehr wollte ich auch nicht wie ein begossener Pudel zurückkommen und nahm einen Zug früher Richtung Schwerin und es hat geklappt… nicht nass geworden. Das mit dem Gewitter spielte letztlich keine Rolle mehr… ich war immer etwas schneller

Im The Scotsman

… abends ging es in ein „Unmögliches“ Kartoffelhaus… ich weiß die gibts öfters aber es war heute nur Plan B… was Ok war… dann nochmals in den Scotsman… gut das ich mit meiner Meinung gewartet habe… ich kann ihn nun vollumfänglich empfehlen… was Whisky angeht sind alle Standards gut vertreten, wenn es etwas spezieller wird bekommt man Chefarztberatung von Steini, der mir von anderer Stelle bereits als bunter Hund der Stadt beschrieben wurde… ich hoffe das ich mich demnächst in Berlin revanchieren kann… toller Laden… zumal heute die Musik auch nicht vom Internetradio kam wie vorgestern… ich weiß… wir Berliner und Brandenburger sind mit RadioEins und Co. verwöhnt… aber dieses Rockradio Bob was auch als Werbung auf den Offside Toiletten hangt ist in etwa so das jeder Song wie ein ralliger Köter an deinem Bein stupst…ey… wir sind doch coole Kumpels oder?… NÖ… Sitz…Platz…Aus… zwischendurch Werbung für Kopfsalat von Aldi…
Als Fazit kann ich jetzt zu später Stunde im Schweriner Hotelzimmer vermerken… ich habe mich ein klein wenig verliebt in diese Stadt die nicht zu groß und nicht zu klein ist… auf Dauer… keine Ahnung… die Frage stellt sich nicht aber wenn es mal so wäre… dann ja. Wismar hat mich auch gut abgeholt… so’ne kleine Stadt ganz groß… hat mal wieder Spaß gemacht… ich vermute, es geht im September in Bayern weiter…

Nachtrag: Die Heimreise war wie erwartet unspektakulär… leider gab es dann zuhause den Tod einer unserer Katzen zu beklagen… An dieser Stelle vielen Dank an Nina die sich um Fiete an seinen letzten Tagen gekümmert hat… und um alles andere auch…

Nach dem Gewitter am Pfaffenteich

Wie immer zum Schluß weitere Bilder der Reise ohne ausführliche Erklärungen…

...nochmal das Schweriner Schloß von oben...
Stadtteil Schelfstadt von oben
Selbstbildnis am Pfaffenteich mit Dom
Staatskanzlei - Regierungssitz der Mininsterpäsidentin
Mecklenburgisches Staatstheater
...zwischen hell und dunkel... kühl und heiß...
Fachwerkhaus in der Schweriner Altstadt
Wismar - Alte Wasserkunst am Marktplatz
Fachwerkhaus "Gewölbe" am Hafen
Das mittelalterliche Wassertor
Ein letzter abendlicher Gruß vom Pfaffenteich

McLarsen in Thüringen – Gotha, Arnstadt, Eisenach, Mühlhausen, Erfurt (April 2024)

Erfurt, 24.04.2024… Die dritte Entdeckungsreise dieses Jahres führt mich wiederholt nach Thüringen. Mit Residenzstadt Erfurt (um die es diesmal weniger gehen soll, wer etwas darüber lesen möchte den verweise ich gern auf den Reisebericht von 2020) soll es in die umliegenden Städte Gotha, Arnstadt, Eisenach und Mühlhausen gehen… weiterhin ist eine Wanderung um die drei Burgen von Drei Gleichen geplant. Den Anfang machte gestern Gotha… erstmal mit dem ICE vom Heimatbahnhof Berlin Gesundbrunnen in knapp 2 Stunden ohne Umstieg nach Erfurt gedüst… dann schnell die Reisetasche in ein Schließfach gesteckt und ab ging es mit dem Bummelzug ins 25 Kilometer entfernte Gotha.

Schloß Friedenstein Gotha

Gotha: Mit 45.000 Einwohnern ist Gotha die fünftgrößte Stadt Thüringens und liegt zwischen Erfurt und Eisenach. Bis 1825 war Gotha Residenzstadt des Herzogentums Sachsen-Coburg und Gotha-Altenburg… ein typischer Landstrich auf dem seinerzeit bunten Fleckenteppich kleiner Herrschaftsgebiete auf dem Territorium des heutigen Deutschlands. Das markanteste Gebäude der Stadt ist das Schloß Friedenstein. Es wurde 1643 erbaut und gilt als eine der bedeutendsten Schlossbauten des Frühbarock. Unweit des Schlosses befindet sich der älteste Englische Garten außerhalb Englands… am Rande des Schloßparks befindet sich mit dem Herzoglichen Museum eine (besonders im Verhältnis zu der geringen Größe der Stadt) sehr bemerkenswerte Kunstsammlung. Nördlich von Schloß und Park Friedenstein befindet sich die Altstadt mit dem historischen Rathaus und vielen gut erhaltenen Bürgerhäusern. Eine technische Meisterleistung seiner Zeit ist der Leinakanal der 1369 angelegt wurde und die Stadt ohne Fluß mit Wasser versorgte und noch heute funktioniert. In Gotha wirkte Martin Luther und der Maler Lucas Cranach d.Ä… 1875 wurde die SAP (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands) in Gotha gegründet… diese nannte sich später in SPD um… das bekannteste industrielle Produkt der Stadt waren Straßenbahnwaggons… genau… die alten Gondeldinger die jahrzehntelang im Ostteil Deutschlands auf der Schiene waren.

Schloß Friedenstein - Festsaal
Audienzzimmer

Vom Bahnhof läuft man etwa 20 Minuten zur Hauptsehenswürdigkeit der Stadt: Schloß und Park Friedenstein. Ernst I., auch Ernst der Fromme genannt (1601-1675) war der Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg und einer der bedeutendsten Herrscher seiner Zeit… auch heute existierende Königshäuser wie Belgien und England tragen noch Teile dieser DNA… was aber sicher bei der ganzen In- und Unzucht dieser Kreise nicht weiter verwundert… ich schweife ab… dieser Ernst fand in Gotha keine standesgemäße Residenz vor und ließ von 1643-1654 das Schloß Friedenstein errichten… er hatte vom 30jährigen Krieg die Nase voll und gab seinem Zuhause diesen Namen… über dem Hauptportal hängt auch ein barockes Schmuckelement mit dem Namen Friedenskuß… Das Schloß hat für die verhältnismäßig kleine Stadt Gotha recht üppige Ausmaße… allerdings war auch von Anfang an viel Platz für Verwaltung, eine Münzerei, ein Theater, die Schloßkirche und andere Dinge geplant… nicht nur aus Jux für den Herzog. Das Schloß zählt zu den bedeutendsten Schloss-Neubauten seiner Zeit… wir sind im Frühbarock wo noch nicht ganz so viel Lametta war. Die Anlage an der auch viele Bau- und Sanierungsprojekte laufen macht einen leicht angegammelten Eindruck… zumindest wenn ich Vergleiche zu ähnlich großen Feudalbauten wie denen in Berlin, Potsdam oder Würzburg ziehe… Ich kaufte mir für 12€ ein Ticket und besichtigte die Herzogliche Residenz mit den Wohn- und Repräsentationsräumen sowie dem Eckhof-Theater im Westturm… dem ältesten noch regelmäßig bespielten Theater Deutschlands mit Original-Bühnentechnik von 1685. Obendrauf war noch ein Naturmuseum mit ganz viel ausgestopften Tieren dabei… die Tour war ihr Geld auf jeden Fall wert.

Herzogliches Museum
Im Schloßpark

Gegenüber dem Schloß befindet sich das Herzogliche Museum… ein Bau aus dem 19.Jahrhundert mit einer großen, über die Landesgrenzen bedeutenden Kunstsammlung… leider reichte dafür die Zeit heute nicht. Der Schloßpark ist im Stile von englischen Landschaftsgärten angelegt und gilt als erstes Exemplar dieser Sorte außerhalb Großbritanniens… das Wetter war gerade ganz gut und so nutzte ich auch die Zeit für einen gemütlichen Parkspaziergang.

Denkmal vom Bauherren - Ernst der Fromme
Marktplatz mit Rathaus

Hinter dem Schloß welches auf einer Anhöhe steht geht es bergab mit einer Wasserkunst zur historischen Altstadt Gothas… die ist nicht irre groß… aber sehr fein… das Rathaus im Stile der Renaissance ist sehr schön und der Turm kann auch für den Unkostenbeitrag von 50 Cent bestiegen werden… machte ich auch und hatte beste Ausblicke. Da ich seit dem Frühstück nicht wirklich viel Nahrung hatte, stand ich kurz nach 17:00 Uhr auf der Matte vom lokalen Irish Pub namens S’Limmerick und gönnte mir Burger und Bier…

Ausblick vom Rathausturm mit Margarethenkirche
...auch vom Rathausturm - Nordflügel vom Schloß Friedenstein

… dann zurück zum Bahnhof, nach Erfurt gefahren, Tasche geschnappt und in den Apartments des Restaurant Palais in der Futterstraße gleich neben der berühmten Krämerbrücke eingecheckt. Die Unterkunft ist recht groß, ziemlich neu…hat aber auch einige Fragezeichen in Punkto Ausgestaltung. Abends gabs noch Guinness im Molly Malone und Murphys in der Whiskykneipe Jonny Worker… danach war der Kanal voll und es ging in die Nachtruhe.

Arnstadt: Turm und Reste von Schloß Neideck...
...wie das mal aussah kann man am Medell daneben bewundern

Am zweiten Tag der Reise ging es von Erfurt mit der Regionalbahn nach Arnstadt… Fahrzeit: etwa 15 Minuten. Der Plan war die Stadt zu besichtigen und anschließend eine Wanderung zu den drei Burgen von Drei Gleichen zu unternehmen. Das Wetter war sehr wechselhaft… von Sonne bis Graupel war alles drin… Aprilwetter halt. In Arnstadt ausgestiegen läuft man Richtung Innenstadt durch einen Schloßgarten der zu dem ehemaligen Schloß Neideck gehört. Von diesem Schloß aus der Renaissancezeit steht nur noch ein Turm. Das Schlossgebäude wurde nach dem Umzug des Fürstes nach Sondershausen bereits Mitte des 18.Jahrhunderts aufgegeben… es verwahrloste und stürzte irgendwann ein. Der Turm wurde vor etwa 25 Jahren restauriert… ist aber derzeit wieder für den Aufstieg gesperrt da es Baumängel gibt.

Der Arnstädter Marktplatz mit Rathaus und Bachkirche
Hopfenbrunnen von 1573 und Bachkirche

Arnstadt: Zu Ostzeiten galt Arnstadt als älteste Stadt der DDR… erste urkundliche Erwähnung war 704 und damit ist die Stadt auch heute noch eine der ältesten Städte Deutschlands… lediglich Städte auf römischen Siedlungsgebiet wie Trier oder Worms sind noch älter. Arnstadt hat 28.000 Einwohner und liegt etwa 20 Kilometer von Erfurt entfernt. Aus dem Jahre 1404 stammt die älteste schriftliche Erwähnung einer Thüringer Bratwurst. Wie auch in anderen Städten der Gegend wirkte Johann Sebastian Bach in Arnstadt… damals war er aber noch jung und wild… er war 4 Jahre Organist in der heute Bachkirche genannten Pfarrkirche. Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen die Schlossruine Neideck und das Neue Palais mit dem Modell einer barocken Puppenstadt namens Mon Plaisir. Es gibt Reste der ehemaligen Stadtmauer mit Toren und Türmen… auch zahlreiche Profanbauten sind erhalten. Das bedeutendste Bauwerk der Stadt ist aber die Liebfrauenkirche welche im Übergang der Stile Romanik und Gotik erbaut wurde. Weitere bedeutende Sakralbauten sind die Bachkirche und die Oberkirche.

Inneres der Bachkirche mit den Orgeln
Liebfrauenkirche... bedeutend aber leider zu

Ich ging weiter in die Altstadt und der erste Stopp galt der Johann Sebastian Bach Kirche. Die Kirche ist ein schlichter barocker Saalbau ohne Turm und wurde 1676-1683 erbaut. Zwei Jahre nach der Weihe der Kirche wurde im nicht weit entfernten Eisenach ein gewisser Johann Sebastian Bach geboren. Als 18jähriger erhielt Bach seinen ersten Job als Organist in genau dieser Kirche. Man war nicht immer zufrieden mit dem jungen Burschen… so hatte er u.a. seinen Urlaub für ein paar Wochen überzogen… Nach 4 Jahren war dann Schluß in Arnstadt und er fing in Mühlhausen seine neue Stelle an. Die Bachkirche hat gleich zwei Orgeln… die alte mit dem barocken Prospekt auf der oberen Empore (die Bach seinerzeit abgenommen hatte) und eine weitere Orgel direkt darunter von 1913 die man aber so nicht sieht. Nach einer kurzen Besichtigung der Kirche ging es über den Marktplatz mit seinem schönen Rathaus und vorbei an einigen hübschen Bürgerhäusern zur Liebfrauenkirche… um dort zu sehen das diese in der „Winterpause“ ist und erst ab Mai wieder zur Besichtigung geöffnet wird. Hmmm… das einzig überregional bedeutende Bauwerk der Stadt einfach zu lassen… sowas blödes wäre wohl nicht mal uns Berlinern eingefallen… aber dann ist das eben so. Die Liebfrauenkirche ist neben dem Naumburger Dom das bedeutendste Kirchengebäude aus der Zeit des Übergangs von der Romanik zur Gotik… aber leider zu. Das Wetter wurde wieder ungemütlich und nach ein paar Runden durch die Gassen der Altstadt ging es dann auch wieder zurück zum Bahnhof. Arnstadt wird in meinen Erinnerungen nicht allzu weit oben verankert werden…

Arnstadt - Riedtor
Wachsenburg vom Bahnhof Haarhausen gesehen

Mit dem Bummelzug fuhr ich dann eine Station weit nach Haarhausen… Bedarfshaltestelle… ich dachte erst das alle Blicke auf mich gerichtet waren… was wohl der Fremde da will wo nie einer aussteigt… aber zum Glück stiegen auch noch zwei Schuljungs aus. Von dort aus war die erste der drei Burgen bereits gut zu sehen: Die Wachsenburg. Obwohl diese Burg die einzige des flotten Dreiers ist die nicht ruiniert ist war eine Besichtigung nicht geplant… schon auch deshalb nicht weil die Burg an dem Tag nicht geöffnet war. Der Weg sollte das Ziel sein… ein wenig in die Thüringer Landschaft eintauchen und ein paar alte Steine ansehen…

Anderer Blickwinkel und ganz hübsch... Wachsenburg
Blick zur übernächsten Burg (Gleichen) mit Wetterprognose

Durch die Ortschaften Haarhausen und Holzhausen ging der Weg an der Wachsenburg vorbei zur nächsten Burg: Die Mühlburg. Der erste Teil des Weges dorthin war ein ausgewiesener Wanderweg… beim zweiten hatte ich mich etwas vertan… wollte aber nicht zu weit zurück latschen und nahm einen kleineren Weg durch den Wald. Dieser Pfad erwies sich schnell als anspruchsvoll… er war kaum in der Bärlauchwüste zu sehen und alle paar Meter lagen umgekippte Bäume… es war dann immer die Frage ob drunter oder drüber… inzwischen gab es ein amtlichen Graupelschauer und es wurde zappenduster… ich dachte dann das man Blair Witch Project mal wieder gucken könnte… irgendwann ging es nur noch steil bergauf und ich mußte ab und zu mal durchschnaufen… irgendwann kam ich dann wieder auf einen richtigen Weg und noch später stand ich dann tatsächlich vor der Burg Mühlburg… die konnte besichtigt werden und der Kartenverkäufer hatte gerade Pause… es gab einen Imbiss mit Wiener Wurst und Limo… großartig… ich kam schließlich gerade aus dem gefährlichen Dschungel von Thüringen und hatte mir das wirklich verdient 😉
Die Mühlburg ist nur noch als Ruine erhalten… sie ist die älteste der drei Burgen und liegt über der Gemeinde Mühlberg… man kann den Turm besteigen und zur nachsten Burg winken… die Burg Gleichen… getrennt von etwa 3 Kilometern und der Autobahn A4.

Der Abenteuerpfad...drunter oder drüber?

Die Drei Gleichen… sind ein Burgenensemble in der Nähe von Erfurt, Arnstadt und Gotha. Sie wurden unabhängig von Besitzern zu unterschiedlichen Zeiten (aber schon im Mittelalter) gebaut und sind außer der Wachsenburg heutzutage gut gepflegte Ruinen. Der Name mit den Drei Gleichen kommt von einem Ereignis was sich am 31.05.1231 zugetragen haben soll.. nämlich das bei einem Unwetter durch Blitzeinschlag alle drei Burgen gleichzeitig gebrannt haben sollen. Dieses Spektakel wurde in den letzten Jahren öfters mit Pyrotechnik nachgestellt… die durchquerende Autobahn A4 wurde deshalb sogar zeitweise gesperrt.

...wieder in der Zivilation... Burg Mühlberg...
...von Burg zu Burg...und die A4...

Nach der Besichtigung ging es dann runter nach Mühlberg und unter der Autobahn Richtung Burg Nummer 3… Die Burg Gleichen, ebenfalls nur als Ruine erhalten streifte ich aber nur am Abhang… genug Himalaja für heute… und über einen gut ausgebauten Radweg ging es nach Wandersleben… dort gab es Bahn und nach zwei Stationen war ich wieder in Erfurt.

Zwischen den Burgen

Gefühlt kam ich ja gerade aus einer großen Exkursion… also erstmal unter die Dusche und dann aber fix was für den leeren Magen (Die Wiener auf der Burg hatte schlimmeres verhindert)… die Wahl fiel auf die Altstadtkneipe Noah in der Straße Arche… Die hatte mir schon vor 4 Jahren gefallen… damals war aber noch Corona und man konnte sich kein richtiges Bild machen… heute aber auch nicht weil der Laden brechend voll war… ich durfte am Eingang am Straftisch Platz nehmen… immerhin… was anderes gab es in der Tat nicht… den Laden kann man teilweise mit dem Offside vergleichen zumindest was die Ausgestaltung angeht… überall Bilder und irgendwelches altes Gedöns… aber mit der sehr bodenständigen Speisekarte können wir hier vom Gesundbrunnen natürlich nicht mithalten… Das Rostbrätel mit Bratkartoffeln war auf jeden Fall sensationell… danach gabs noch Guinness im Patricks Pub und dann kam das Sandmännchen… das war in der Tat ein schöner Tag so ganz mit mir selbst was ich ja auch bei solchen Reisen suche… und  fast 40.000 Schritte waren sogar persönlicher Rekord…

Mahlzeit... in der Altstadtkneipe Noah
Die Wartburg
Eisenach - Karlsplatz mit Nikolaitor, Nikolaikirche und Lutherdenkmal

Am dritten Tag der Operation Thüringen stand ein Besuch der Stadt Eisenach auf dem Plan. Das Wetter war wie Tags zuvor sehr wechselhaft aber ganz so viel Wanderweg war an diesem Tag nicht geplant. Der Regionalzug braucht von Erfurt etwa 50 Minuten bis zur Wartburgstadt. Vom Bahnhof aus sind es nur wenige hundert Meter bis man in der Altstadt ist. Dort läuft man durch das Nikolaitor an der gleichnamigen Kirche und steht auf dem Karlsplatz. Dort wird man erstmals von Herrn Luther begrüßt welcher dort als Statue auf dem Platz steht. Von dort aus fängt auch die obligatorische Fußgängerzone an die an der anderen Seite mit Marktplatz, Stadtschloß und Georgenkirche endet. Da die Georgenkirche eine Mittagspause hat erledigte ich die Besichtigung dieser gleich am Anfang. St.Georg ist im Kern eine spätgotische Hallenkirche von der aber kaum noch etwas zu sehen ist da das Gotteshaus immer wieder verändert wurde und heute einen barocken Eindruck macht. Die Heilige Elisabeth wurde hier getraut, Martin Luther predigte hier und Johann Sebastian Bach wurde hier getauft.

Marktplatz mit Georgenkirche und Stadtschloß
Georgenkirche - Inneres nach Osten mit dreistöckigen Emporen

Eisenach: Diese Stadt mit 42.000 Einwohnern steht buchstäblich im Schatten ihrer eigenen Burg: Der Wartburg. Obwohl von dem mittelalterlichen Bau äußerlich kaum noch etwas erhalten ist, gilt die Wartburg als das Symbol einer deutschen Festung überhaupt… schließlich übersetzte Luther 1521 unter dem Tarnnamen Junker Jörg das Neue Testament ins Deutsche und die Wartburgfeste seit 1817 gelten als Wegbereiter eines deutschen Nationalstaates. Neben Luther, der übrigens in seinen jungen Jahren auch schon in Eisenach in die Schule ging… ist das bekannteste Kind der Stadt Johann Sebastian Bach der 1685 dort geboren wurde. In der Neuzeit war Eisenach auch als Industriestandort für Fahrzeuge bekannt… Das Automobilwerk wurde 1896 gegründet und 1928 von BMW übernommen. Von 1953 bis 1991 wurde der zweitbekannteste PKW der DDR dort gebaut: Der Wartburg (einschließlich Vorgängsmodell IFA F9). Seit 1992 produziert Opel in Eisenach u.a. die Modelle Astra und Corsa.

Die Wartburg vom Nachbarberg Metilstein gesehen
Wartburg mit Pallas und Turm

Nach der Besichtigung der Kirche hieß es dann aber wieder bergauf laufen… ab zur Wartburg… es besteht zwar die Möglichkeit mit Bussen dort hin zu gelangen aber natürlich nicht mit mir… Die Straße Schloßberg führt relativ geradeaus zur Wartburg… da die Burg aber auch vom weiten ein Hingucker ist machte ich noch einen Zusatzstopp auf dem Nachbarberg der Wartburg namens Metilstein. Von diesem 365 Meter hohen felsigen Berg hat man einen hervorragenden Blick zur etwas höher gelegenen Wartburg… der Nachteil daran ist, das man dann wieder absteigen muß um erneut hochzusteigen… etwas Sport schadet mir ja auch nichts… oben angekommen war ich wie erwartet nicht ganz allein… im Vergleich zur Hauptsaison war die Menge an Menschen aber sicher eher gering. Ich buchte eine Führung die knapp eine Stunde dauerte und durch verschiedene Räumlichkeiten im Pallas führte. Im Anschluß konnte man sich noch die Kunstsammlung und weitere Räumlichkeiten anschauen. Die Tour war gut gemacht und überhaupt hat es mir auf der Wartburg gut gefallen.

Wartburg - Festsaal
Wartburg - Lutherstube

Die Wartburg wurde 1067 vom Grafen Ludwig dem Springer gegründet worden. Um 1200 soll der Sängerkrieg auf der Wartburg stattgefunden haben (war aber wohl eher Fiktion)… Wagners Tannhäuser hat hier seine Inspiration. 1211-1227 lebte Elisabeth von Thüringen, die Ehefrau von Landgraf Ludwig auf der Wartburg… sie war sehr engagiert in Sachen Nächstenliebe und Fürsorge für die verarmte Bevölkerung… nach ihrem frühen Tod 24 Jahren wurde sie heilig gesprochen und gilt heute als Heilige Elisabeth. 1521 bis 1522 fand Martin Luther (als Junker Jörg getarnt) auf der Wartburg Unterschlupf und übersetzte das Neue Testament der Bibel ins Deutsche. Ein großer Fan der Wartburg war auch Johann Wolfgang von Goethe… von ihm ging auch der Umbau bzw. die Restaurierung der Burg im 19.Jahrhundert aus. Das Wartburgfest 1817 war das erste seiner Art und galt als Beschleuniger der Entstehung eines deutschen Nationalstaates. Seit 1999 ist die Wartburg Teil des UNESCO Weltkulturerbes.

Tor des ehemaligen Automobilwerkes Eisenach
EMW 340 aus den frühen 1950er Jahren

Nach der Burgbesichtigung ging es wieder bergab in die Stadt und das nächste Museum stand auf dem Plan… aber eines der anderen Art nämlich Autos. Eisenach ist seit 1896 Produktionsstandort für Fahrzeugbau. Erste erfolgreiche Modelle hießen Dixi und sind nicht mit blauen Lokushäuschen zu verwechseln. 1928 wurde das Werk von BMW übernommen und diese Marke wurde auch bis nach Kriegsende gebaut, nach der Enteignung unter dem Namen EMW. Auch Motorräder wurden gebaut… 1953 kam mit dem F9 der Vorgänger des Wartburgs… als Zweitakter wie die Wartburg Modelle später auch… 1955 kam der Wartburg 311 auf dem Markt… seine Erscheinung war noch bis zum Ende der DDR präsent… heutzutage finde ich ihn schön… damals war mir das sowas von gestern… 1965 erschien dann der eckigere Wartburg 353 der mit kleinen Änderungen bis 1988 gebaut… dann kam ein VW Motor in die alte Karosse aber nach der Wende wollte niemand mehr die ollen Gurken haben und 1991 war dann Sense und das Werk wurde abgewickelt. Kurze Zeit später eröffnete an anderer Stelle in Eisenach eine neue Autofabrik die bis heute Fahrzeuge der Marke Opel baut. In einer ehemaligen Werkshalle gibt es seit 2005 ein Museum über die Autogeschichte von Eisenach mit jeder Menge Oldtimer und anderer Ausstellungsstücke zum Thema… hat Spaß gemacht… guter Kontrast zur alten Wartburg.

Wartburg 311 Coupé (um 1960)
Wartburg 353
Nie produziere Proto-Typen des Wartburgs

Nach den Autos sollte es dann doch nochmal etwas klassisches sein… und das dann auch im wahrsten Sinne des Wortes. Mit Johann Sebastian Bach wurde einer der berühmtesten Komponisten und Musiker der Klassik in Eisenach geboren. Ihm wurde selbstverständlich auch ein Museum errichtet was zum einen in einem alten Bürgerhaus und zum anderen in einem modernen Anbau zu besuchen ist. Man kauft ein Ticket für 12 Euro und kann in die Welt Bachs und auch der klassischen Musik allgemein eintauchen… Livemusik inklusive… ein schönes Konzept und eine liebevoll zusammengestellte Ausstellung auch für Novizen.

Das Bachhaus
Bachhaus - Garten hinterm Altbau
In der Ausstellung gibt es viel zu hören und sehen...

Danach war es dann bereits 18:00 Uhr… Zeit um mal zu probieren wie ein Guinness in Eisenach schmeckt… Das O’Tooles Pub ist in einer alten Stadtvilla und das Guinness wurde von mir als sehr gut befunden… danach ging es zurück nach Erfurt wo es dann auch noch das eine oder andere irische Bier meiner Wahl gab und ein schöner Tag voller interessanter Ausstellungen ging zu Ende.

Unweit des Bachhauses gibt es auch das Lutherhaus... das war heute nicht mehr drin...

Am letzten Tag der Reise hatte ich noch eine Stippvisite für die Stadt Mühlhausen auf dem Plan. Mit einem völlig überfüllten Regionalzug fuhr ich etwa 50 Minuten von Erfurt nach Mühlhausen. Der Bahnhof liegt eher am Rande der Stadt und so gab es erstmal einen Spaziergang ins Zentrum.

Mühlhausen vom Rabenturm mit Marienkirche (links) und Divi Blasii Kirche (rechts)

Mühlhausen in Thüringen hat heute etwa 37.000 Einwohner… Ende des 15.Jahrhunderts allerdings war Mühlhausen eine der größten Städte Deutschlands. Die Stadt war eine freie Reichstadt und wirtschaftlich sehr erfolgreich besonders mit Textilien. Zeitweise war die Stadt Mitglied der Hanse. Im Bauernkrieg 1525 stand Mühlhausen im Zentrum der Auseinandersetzung zwischen dem Feudaladel und den Bauern… angeführt vom Radikalreformator Thomas Müntzer der nach der verlorenen Schlacht von Frankenhausen auch in Mühlhausen öffentlich hingerichtet wurde. Später verlor die Stadt an Bedeutung und andere Städte wie Leipzig blühten als Handelszentren auf. Mühlhausen hat sehenswerte Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung und zwei bedeutende Kirchen (Divi Blasii und St.Marien) als Sehenswürdigkeiten zu bieten. Die berühmtesten Söhne der Stadt sind der Ingenieur und Brückenbauer John Augustus Roebling (1806-1869) (Brooklyn Bridge New York) und der Architekt Friedrich August Stüler (1800-1865) der in Berlin und Brandenburg sehr viele Spuren hinterlassen hat… (u.a. Neues Museum Berlin).

Divi Blasii Kirche - Westwerk
Aus der Ferne betrachtet sind beide Türme schief
Divi Blasii - Inneres nach Westen

Am Untermarkt wurde gerade ein Markt für ein Food Festival aufgebaut… sogar mit einem Guinnesswagen… leider war ich da etwas zu früh. Das dominante Bauwerk am Untermarkt ist die Divi Blasii Kirche… eine gotische Hallenkirche mit etwas älteren Türmen die etwas windschief geraten sind. Auch in dieser Kirche war der junge Johann Sebastian Bach als Organist tätig… nämlich nach der Arnstädter Zeit und Weimar. Wie auch die anderen Städte die ich während dieser Tour besichtigt habe, hat auch Mühlhausen eine reizvolle Altstadt mit Fachwerk und kleinen Gassen. Am Obermarkt steht das bedeutendste Bauwerk der Stadt: Die Marienkirche. An ihrer Erscheinung lässt sich erahnen das die Stadt im Mittelalter eine große Nummer war. Der gotische Bau ist eine fünfschiffige Hallenkirche… es ist nach dem Erfurter Dom der größte Sakralbau Thüringens und der 86 Meter hohe Turm ist der höchste im Bundesland. Gottesdienste finden nur noch zu Feiertagen statt… ansonsten wird die Kirche als Museum und für Konzerte genutzt. Die Dauerausstellung in der Marienkirche zeigt überwiegend sakrale Kunst aus dem Großraum Thüringen und erklärt den Bauernkrieg und die Rolle die der damalige Prediger der Kirche Thomas Müntzer darin spielte. Müntzer, ein radikaler Reformer galt zu DDR Zeiten als ein Vorläufer des klassischen Arbeiterführers… im Arbeiter- und Bauernstaat verwies man gerne auf die damaligen Revoluzzer. Ein weiterer Teil der Ausstellung behandelt den Neubau des Mittelturms der Kirche welcher erst 1898 bis 1903 ausgeführt wurde. Die Pläne dafür kamen von einem gebürtigen Mühlhausener: Der Architekt Friedrich August Stüler (1800-1865). Stüler war der wohl bekannteste Schüler von Karl Friedrich Schinkel. Viele seiner Werke befinden sich in Berlin und Brandenburg… die Alte Nationalgalerie und das Neue Museum auf der Museumsinsel von Berlin sind sicher die bekanntesten Bauwerke. Insgesamt ist das eine sehr schöne Ausstellung…

Marienkirche Mühlhausen
Chorbereich

… als nächtes war der Besuch der alten Stadtmauer angesagt. Man betritt diese am Rabenturm den man auch besteigen kann und von dem man einen schönen Ausblick auf die Stadt hat. Dann läuft man 370 Meter auf der Stadtmauer und besichtigt noch allerlei Ausstellungsstücke über die Stadtbefestigung, Mühlhausen allgemein und Zeitgeschichte.

Frauentor und Rabenturm
Stadtmauer mit Befestigungsanlagen

Nach so viel Geschichte gab es noch einen Bummel durch die Stadt und bald auch zurück zum Bahnhof. Ich wollte lieber noch etwas früher in Erfurt ankommen als wenn die Zeit zu knapp geworden wäre… 17:00 Uhr sollte es schließlich mit dem ICE zurück nach Berlin gehen. Da ich nun noch 1,5 Stunden Aufenthalt in Erfurt hatte, machte ich auch dort noch einen Spaziergang und zwar auf den Petersberg… der war vor 4 Jahren nämlich noch eine einzige Baustelle… heute ist dort alles piekfein und man kann vor allem eine tolle Aussicht auf diese schöne Stadt genießen… sogar das Wetter war fein.

Auf dem Petersberg von Erfurt mit Dom und Severikirche (rechts)

Die Rückfahrt war dann unspektakulär und kurz nach 19:00 Uhr war ich zurück am Gesundbrunnen. Es war eine schöne Reise ohne viel Pause… schöne alte Städte und beste Thüringer Landschaft…  Es war nicht mal Zeit wie sonst immer den Reisebericht zeitnahe zu verfassen… vielleicht werde ich aber auch nur alt…Erfurt hat sich beim zweiten mal weiter in mein Herz (für schöne Orte) geschlichen… wäre da nur nicht…  leider ist mir auch nicht ganz verborgen geblieben das das Bundesland ein wenig weiter rechts als andere Länder steht… leider… aber was bleibt sind Kunst, Kultur und die meisten Leute… die Flitzpiepen machen halt den meisten Krach…
Zum Ausklang des Reiseberichtes folgen nun noch weitere Impressionen der Reise…

Gotha - Schloß Friedenstein - Innenhof
Gotha - Schloß Friedenstein - Im Ekhof Theater
Merkurtempel im Schlosspark Gotha
Hauptmarkt Gotha
In der Altstadt von Arnstadt
Auf der Wanderung zwischen den Burgen
Burg Gleichen von der Mühlburg aus... dazwischen die A4
Die Wartburg vom Metilstein gesehen...
...das ist der Metilstein... dahinter Eisenach
Auf der Wartburg
...auch alt... aber im Pub von Eisenach
In der Altstadt von Mühlhausen
Auf der Stadtmauer von Mühlhausen
...gut das man erinnert wird in welcher Stadt man gerade ist...
Erfurt.... Dom und Severikirche
Ach du meine Nase...

McLarsen auf den Spuren der alten Kaiser und Könige: Braunschweig, Goslar, Königslutter (Februar 2024)

Braunschweig, 27.02.2024… …früher… hatten wir’n Kaiser… und heute? … ist wahlweise Montags bis Sonntags… ein beliebter Spruch in Berlin und Umgebung… möglicherweise auch anderswo… aber eigentlich bezieht sich das ja nur auf die letzten Kaiser des Deutschen Reiches… König Wilhelm I. wurde 1872 zum Kaiser Wilhelm I., die 99 Tage des Friedrich III. im Jahre 1888 und natürlich Wilhelm II. (in meinen Augen eher Flitzpiepe I. aber das nur am Rande) aber es gab auch vorher schon deutsche Kaiser und zwar die vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. In der Zeit vom 10. Jahrhundert bis 1806 gab es durchaus prominente Herrscher wie Karl der Große (der eher der Wegbereiter war) Otto I. (der Große), Heinrich IV. (Gang nach Canossa), Friedrich I. (Barbarossa)… aber auch eher uninteressante Regenten wie Friedrich der Schöne oder Wenzel der Faule. Schonmal was von Lothar von Supplingenburg gehört (?) …nee? aber der war auch mal deutscher Kaiser… lang ist es her und er hat sich in Königslutter ein amtliches Denkmal geschaffen… Sein Enkel wurde unter dem Namen Heinrich der Löwe bekannt und machte aus dem Ort der heute Braunschweig heißt eine der größten Städte seiner Zeit. Es ist nicht so einfach den Überblick zu kriegen über die Herrscher der vielen deutschen Fürstentümer ihrer Zeit… die preußischen Könige und Kaiser sind deutlich leichter zu merken. Mein Fokus liegt bei dieser Erkundungsreise auf den Spuren die diese Herrscher vor fast tausend Jahren in den Städten Braunschweig, Goslar und Königslutter in Form von Bauwerken und Kunst hinterlassen haben.

Der Kaiserdom von Königslutter von Südosten
Das mächtige Westwerk
Das Löwenportal ist der Haupteingang

Starttag dieser zweiten Exkursion des Jahres war Dienstag der 27.02.2024. Ich wählte Verbindungen des Regionalverkehrs weil sie mir mehr Optionen boten. Mit einem Umstieg in Magdeburg ging es Richtung Braunschweig, was für diese Reise meine Residenzstadt wird. Auf dem Weg dorthin machte ich aber noch einen Stopp in der Stadt Königslutter. Königslutter am Elm hat etwa 15.000 Einwohner… es gibt ein paar hübsche Straßenzüge mit alten Fachwerkhäusern, einen Markt mit Rathaus und Stadtkirche… und einer der berühmtesten romanischen Sakralbauten Norddeutschlands: dem Kaiserdom.

Kaiser Lothar und Ehefrau Richenza im Kaiserdom
Grabmal der Kaiserfamilie
Der Kaiserdom im Inneren gen Osten

Dieser Kaiserdom heißt offiziell Stiftskirche St. Peter und Paul und ist ein bedeutendes Baudenkmal der Romanik. Er wurde 1135 bis 1170 erbaut und später verändert. An der Stelle kommt jetzt ein gewisser Lothar von Supplingenburg ins Spiel… Supplingenburg ist eine Gemeinde von etwa 600 Einwohnern zwischen Königslutter und Helmstedt… kennt quasi kein Mensch… und von dort (es gab mal eine Burg an diesem Ort) kam ein gewisser Lothar und war Herzog von Sachsen, dann König und später sogar Kaiser des römisch-deutschen Reichs. Er lebte von 1075-1137 war mit Richenza von Northeim (übrigens die Tochter von Heinrich dem Fetten) verheiratet. Sie hatten eine Tochter (Gertrud) welche dann später die Mutter von Heinrich dem Löwen wurde. Der Bau des Domes wurde von Lothar veranlasst nicht zuletzt um ihm selber als angemessene Grabstätte zu dienen. Bereits zwei Jahre nach Baubeginn war es dann auch prompt schon so weit… Kaiser Lothar III. verstarb auf der Rückkehr von einem Feldzug aus Italien und wurde in der längst noch nicht vollendeten Kirche beigesetzt. Gemeinsam mit seiner Frau Richenza und seinem Schwiegersohn Heinrich der Stolze liegt er im Zentrum des Kirchenbaus bestattet… das Grabmal selbst stammt aus deutlich jüngerer Zeit.

Der farbenprächtige Chor
...auch im Gewölbe wurde nicht mit Farbe gespart...

Für damalige Zeiten war die Größe dieser Kirche eine echte Ansage… zumal sie nicht in einer wirklich großen Stadt errichtet wurde. Einige Sachen wurden erst deutlich später verändert… das Gewölbe im Mittelschiff stammt erst vom Ende des 17. Jahrhunderts und die durchaus bemerkenswerte, sehr farbenfreudige Ausmalung des Innenraumes gar erst vom Ende des 19. Jahrhundert. Es gibt einen Kreuzgang mit sehr unterschiedlich ornamentierten Säulen und Reliefarbeiten an der Ostapsis… unter anderem mit der Darstellung das zwei Hasen einen Jäger fesseln… soll doch keiner behaupten das die damals gar keinen Humor hatten…

Romanik pur... die Apsis mit Reliefarbeiten...
...es handelt sich um Jagdszenen...
...auch wenn hier die Hasen den Jäger fesseln...

Hinter dem Dom, auf dem Gelände einer Klinik befindet sich noch etwas lebendiges aus der Zeit Lothars… die Kaiser Lothar-Linde… eher breit als hoch, im Inneren ausgemauert und hier und da mit Stahlseilen zusammen gehalten… aber lebendig… was dieser Baum wohl schon alles gesehen hat…

Skulptur im Kreuzgang
Die Kaiser Lothar Linde wird im Volksmund die Tausendjährige Linde genannt
Die Lotharlinde hinterm Lothardom

Für Königslutter waren zwei Stunden veranschlagt und die haben auch gereicht… ohne den Kaiserdom gäbe es dort nicht viel zu sehen… danach ging die Fahrt weiter nach Braunschweig. Als der Zug in den Hauptbahnhof einfuhr dachte ich erstmal: echt (?) hier soll ich aussteigen? Beton soweit das Auge reicht… Hochhäuser, x-spurige Hauptstraßen und das alles noch ziemlich hässlich… nun ja… ich war darauf vorbereitet da ich ja weiß das Braunschweig im zweiten Weltkrieg stark zerstört wurde und nach den vermeindlichen Bedürfnissen der Nachkriegszeit wieder aufgebaut wurde. Der Hauptbahnhof liegt außerdem ziemlich weit vom Stadtzentrum entfernt so das die letzten Kilometer mit der Straßenbahn bewältigt wurden.

In Schadt's Brauereigasthof

Meine Residenz ist das Premier Inn in der Nähe des Hagenmarktes, ein etwa 15 Jahre alter hässlicher Neubau der sich aber innerlich durchaus sehen lassen kann… ich habe bestimmt das größte Hotelzimmer meiner gesamten Deutschlandreisen… ich denke es ist etwa 12 x 4 Meter groß… ich bin mit meinen Eltern und meiner Schwester in einer Wohnung aufgewachsen die nicht allzu viel größer war… Viel Zeit verbrachte ich dort aber erstmal nicht… der Magen knurrte und es ging ein Haus weiter in den Brauereigasthof Schadt. Dort gab es Bierbraten mit Bratkartoffeln und naturtrübes Pils und Märzen aus eigener Herstellung… kann ich als Berliner nur das höchste Kompliment verteilen: Kannste nich meckern. Es folgte ein kleiner Stadtrundgang mit einigen schönen Fotos im Dunklen… danach noch ein paar Bier im Shamrock am Hagenmarkt… dann war Sense und der Anreisetag wurde weggeschnarcht.

Braunschweig - Historisches Stadtzentrum zu später Stunde
Kaiserpfalz Goslar
Kaiserpfalz - Der Braunschweiger Löwe 2 mal kopiert nebst Barbarossa und Wilhelm zu Pferde
Die Überreste des ehemaligen Goslarer Doms

Tag 2: Goslar… Da ich ja in letzter Zeit ein schreckliches Talent habe genau dann zu verreisen wenn irgendwer streikt gab es den Tagesausflug nach Goslar heute bereits da morgen der ÖNV bestreikt wird. Man fährt von Braunschweig eine knappe Stunde mit dem Bummelzug und steigt dann im Harz aus und betritt Goslar… etwa 50.000 Einwohner und Teil des UNESCO Weltkulturerbe. Da das Motto der Reise ja heißt „Auf den Spuren der alten Kaiser und Könige“ ging es erstmal schnurstracks zur Kaiserpfalz. Die Kaiser und Könige der damaligen Zeit… ich rede von vor etwa 1000 Jahren… hatten keinen festen Residenzplatz sondern zogen mit dem zumeist üppig aufgeblasenem Hofstaat durch ihr Reich und fielen dabei wie die Heuschrecken in ihre eigenen Gebiete ein… vielleicht etwas übertrieben, aber der Bauer damals hatte davon nicht viel… bei denen war es am Rande der Sklaverei… aber ich schweife ab… der Kaiser und sein Trupp baute also Pfalzen… Gebäude zum temporären Leben quasi… das konnten Burgen sein auf denen niedergestellter Adel wohnte, regionale Fürsten oder Herzöge. Die Kaiserpfalzen wurden aussschließlich für den Kaiser errichtet und die Kaiserpfalz in Goslar war eine der größten. Sie wurde zwischen 1005 und 1050 gebaut und war zu diesem Zweck bis etwa 1250 in Benutzung. Neben dem großen Kaiserhaus zählten noch zwei romanische Kirchen zum Ensemble unter anderem der Goslarer Dom der im 19. Jahrhundert abgebrochen wurde und von dem nur noch eine kleine Eingangshalle auf einem großen Parkplatz steht. Als der letzte König abgerückt war blühte die Stadt Goslar auf… es gab den Erzbergbau der sehr einträglich war und Goslar entwickelte sich zu einer der reichsten Städte des Mittelalters. Die Kaiserpfalz verfiel in dieser Zeit und wurde unter anderem als Kornspeicher benutzt.

Monumentalgemälde im Sommersaal
Mittelteil mit heroischem Kaiser Wilhelm

Im 19. Jahrhundert setzte dann ja eine Art nationaler Überschwang ein und man zog es vor den fast zur Ruine verkommenen Bau im Stil der Zeit… und das war der Historismus zu restaurieren… es wurde gerne etwas übers Ziel hinaus geschossen… die Grenze zum nationalistischen Kitsch wurde mehrfach überschritten… aber andersrum wäre das Gebäude weiter verfallen und sicher nicht mehr existent. Für 7€ kann man die Kaiserpfalz besichtigen, man bekommt einen guten Überblick über die alten Kaiser und Könige und kann den großen Saal mit seinen monumentalen Wandgemälden besichtigen… und das meine ich mit Kitsch… von Dornröschen über Barbarossa, Luther bis zum „großen“ seinerzeit regierenden Kaiser Wilhelm I. um den die ganze Weltgeschichte gedreht wurde. Das ist alles ganz gut gemacht und auch ganz hübsch… war es aber auch etwas was den Nationalismus und seine Konsequenzen daraus im nächsten Jahrhundert gefüttert hat… so bin ich in meiner persönlichen Empfindung solcher Kunst etwas zurückhaltend… zumal die innovative Kunst seinerzeit mit Impressionismus und Expressionismus schon deutlich weiter war.

Goslar vom Aussichtspunkt Blauer Haufen
Marktkirche St. Cosmas und Damian
Renaissance Kanzel in der Marktkirche
Gose Bier im Brauhaus Goslar

Nach der Besichtigung der Kaiserpfalz ging ich ein wenig raus aus dem Zentrum zu einem natürlichen Aussichtspunkt von der man die Stadt gut als Ganzes sehen kann und machte ein paar Bilder davon. Nach der kleinen Wanderung wollte ich eigentlich im lokalen Brauhaus etwas zünftiges essen und zwei Gose Biere trinken… aber ich erwischte fast sekundengenau die Nachmittagspause der Küche. Als Ersatz mußte ein Fischbrötchen aus der Fußgängerzone reichen und ich besichtigte erstmal den Teil der historischen Altstadt östlich vom Markt und die Marktkirche St. Cosmas und Damian. Dann gab es wenigstens die beiden Biere im Brauhaus. Es handelte sich um Gose, einer recht seltenen Bierart die ihren Namen vom gleichnamigen Fluß in Goslar erhielt und heutzutage im sächsischen Gebiet verbreitet ist… es ist eine obergärige Sorte mit einer gewissen sauren Note. Mir schmeckte die helle Version besser als die dunkle… war aber beides gut. Mehr war nicht drinnen da ich sonst zu viel hätte pinkeln müssen…

Historisches Gildehaus Kaiserworth mit Kaiserfiguren...
...und einen kleinen Dukatenscheißer... vom späten 15. Jahrhundert
Breite Straße mit Breitem Tor

Es waren noch einige Plätze zu besichtigen… nämlich die Altstadt westlich von Markt und Kirche… und die empfand ich als wirklich grandios… fast menschenleer erstreckt sich ein Wald an Fachwerkhäusern über das ganze Viertel… nicht das mir sowas neu wäre… aber diesen speziellen Charm habe ich nur in Quedlinburg ähnlich gespürt… alles auch piekfein hergerichtet und eben überhaupt nicht überlaufen… sehr zu empfehlen.

Fachwerk und Kopfsteinpflaster - Peterstraße
Siemenshaus - Stammhaus der Industriellenfamilie Siemens (ja...die) aus dem Jahre 1693
...Fachwerk ohne Ende...

Abschließend ging es wieder zum Bahnhof… der hat nämlich als Besonderheit ein Irish Pub in seinem Gebäude. Leider war hier auch noch Küchenpause aber die wußte ich mit dem einen oder anderen Guinness zu überbrücken und das Schnitzel wurde später dann regelrecht eingeatmet. Nach der Rückfahrt nach Braunschweig gab es noch zwei Absacker Guinness im Pub „The Wild Geese“… da muß ich aber nicht nochmal hin… da steckt kein Herz drin… mehr brauchte ich gestern aber auch garnicht… außerdem mußte ich nach etwas an dem Bericht hier schreiben und schrauben.

Verkehrsgünstiges Irish Pub Celtic Inn im Bahnhof
Das Wahrzeichen der Stadt Braunschweig

Tag 3: Braunschweig: Braunschweig ist mit etwa 250.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Niedersachsens. Im Mittelalter war die Stadt besonders zur Zeit von Heinrich dem Löwen eine große Nummer als Handelsmetropole und zeitweise auch Hansestadt. Im zweiten Weltkrieg wurde Braunschweig schwer zerstört… die Innenstadt lag zu 90% in Schutt und Asche. Aufgebaut wurde nur teilweise nach alter Erscheinung… es gibt verschiedene historische „Inseln“ und drumherum wurde im Stil der Nachkriegsjahre aufgebaut… mit megabreiten Straßen… sicher mit schönen Grüßen aus dem benachbarten Wolfsburg.

Die Alte Waage mit dem Südturm der Andreaskirche
Das Haus von 1534 wurde bis 1994 rekonstruiert
Der Hagenmarkt mit Heinrichbrunnen und Katharienenkirche

Heute stand nun die Erkundung der historischen Reste der Löwenstadt an. Nach einem kleinen Frühstück bei einem Löwenbäcker mit Löwenbrötchen und einem Kaffee der tatsächlich keinen Löwennamen hatte drehte ich erstmal eine kleine Runde um ein paar Fotos von den umliegenden Kirchen zu machen. Der Turm der Andreaskirche ist mit 93 m der höchste der Stadt… in den wärneren Monaten kann man ihn besteigen… im Februar leider nicht. Neben der Andreaskirche wurde mit der alten Waage ein großes Fachwerkhaus aus dem Jahre 1534 in den 1990er Jahren originalgetreu rekonstruiert nachdem das Haus im Krieg zerstört wurde. Weitere Kirchen in dieser Ecke sind St. Petri, die Brüdernkirche und St. Katharien mit der ungleichen Doppelturmfront zum Hagenmarkt. Besichtigungen waren nicht geplant…

Der Braunschweiger Dom von Südwesten
Der Hochaltar über der Krypta mit dem siebenarmigen Leuchter
Secco Malereien im Chorbereich

…wohl aber schon für den bedeutendsten Sakralbau der Stadt… vielleicht auch der gesamten Region: Der Braunschweiger Dom. Offiziell Domkirche St. Blasii zu Braunschweig… wurde zwischen 1173 und 1226 erbaut. Vorbild war der 40 Jahre ältere Kaiserdom in Königslutter den ich vorgestern besichtigte. Bauherr war Heinrich der Löwe (ca. 1135-1195) Herzog von Sachsen (und zeitweise auch Bayern)… er war zwar nie König oder Kaiser, dennoch einer der einflussreichsten und mächtigsten Herrscher seiner Zeit. Er war der Enkel von Kaiser Lothar von Supplingenburg und entstammt dem Geschlecht der Welfen das noch heute existiert und mit Ernst August von Hannover eine 1-A Flitzpiepe an der Spitze hat. Wie es auch beim Kaiserdom in Königslutter der Fall war, diente die Kirche seinem Bauherren als Grablage… auch hier zog der Bauherr in die Katakomben als der Bau noch schwer in Arbeit war. Beim Braunschweiger Dom haben wir es wiederum mit einer romanischen Basilika mit Querhaus und kompletter Einwölbung sowie Westriegel zu tun. Im Laufe der Jahrhunderte wurde einiges verändert… besonders das nördliche Seitenschiff mit spiralförmigen Pfeilern für das spätgotische Gewölbe fällt aus dem Rahmen. Wie auch in Königslutter fällt die Ausmalung des Chorbereichs samt der Gewölbe auf… nur hier ist ein großer Teil auch noch wirklich original… wenngleich aber durchaus auch ergänzt… nach fast 1000 Jahren muß man da halt mal wieder bei…

Das Grabmal von Heinrich dem Löwen und Mathilda von England...
...in der Hand hält er ein Modell des Domes
Die Särge stehen in der Krypta unter dem Grabmal... links Heinrich, rechts Mathilda

Der Dom hat eine Krypta in der u.a. die Särge von Heinrich dem Löwen und seiner Frau Mathilde von England stehen. Weitere besondere Einrichtungsstücke sind ein siebenarmiger Leuchter vom Ende des 12. Jahrhunderts und eine nagelneue Chororgel deren Prospekt einen modernen Kontrast zur romanischen Architektur bietet. Er hat die Form von Engelsflügeln… die Orgel wurde vor zwei Monaten eingeweiht. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Heinrich der Löwe gern als einer der deutschesten der Deutschen deutscher Vergangenheit dargestellt… man hatte sogar sein Grab geöffnet und bemerkt das das Skelett nicht wirklich den arischen Vorstellungen eines deutschen Führers entsprach… Hitler kam persönlich vorbei und winkte daraufhin ab und ward nie wieder in der Stadt gesehen.

Dom: Das nördliche Seitenschiff im Stile der Spätgotik
Burg Dankwarderode und Braunschweiger Löwe

Der Platz vor dem Dom wird neben repräsentativen Fachwerkhäusern von der Burg Dankwarderode beherrscht. Der urspüngliche Bau aus dem 12. Jahrhundert diente den Herzogen ihrer Zeit als Residenz. Heinrich der Löwe baute das Gebäude aus… bereits 100 Jahre und einige Feuerkatastrophen verlor die Pfalz an Bedeutung… später zog der Adel dann ins benachbarte Wolfenbüttel und der Bau verfiel mit der Zeit… aber dann kam ähnlich rechtzeitig wie für die Kaiserpfalz Goslar die Deutschtümelei des 19. Jahrhunderts zur Hilfe und das Gebäude wurde nach Gutdünken der Zeit wiedererrichtet… oder besser rekonstruiert im historistischen Kontext der Zeit. Heute befindet sich in dem Gebäudekomplex ein Museum. Auf dem Platz zwischen Burg und Dom befindet sich das Wahrzeichen der Stadt… der Braunschweiger Löwe… eine Kopie, das Original steht im nahen Museum. Nach dem Besuch des Doms schlug die Turmuhr 12… Zeit für eine Suppe auf dem Kohlmarkt… aber kein Kohl sondern Linsen… Danach ließ ich mich ein wenig ohne Navigation durch die Stadt treiben… hier mal etwas hübsch altes mit Fachwerk… dort schreckliche Nachkriegsarchitektur… zwischendurch mal… die Frage im Kopf warum diese Frauen bei 5 Grad so leicht angezogen sind… OH.. ok… andere Straße bitte 😉 … ich kam am Magniviertel vorbei und wurde von den gut vertrauten Klängen von Dudelsäcken angezogen… die Spur führte in die Magnikirche die ihre Türen offen hatte und siehe da… zwei Dudelsackspieler dudelten vor sich hin… warum weiß ich nicht aber so konnte ich noch eine Kirche besichtigen die im Kern mittelalterlich ist und nach der obligatorischen Braunschweiger Kriegszerstörung zum Teil modern wiedererrichtet wurde. Die nahe Umgebung wirkt mit Fachwerkhäusern und einem kleinen Markt wie ein Kleinstadtkiez.

Dudelsack statt Orgel in der Magnikirche
Das Happy Rizzi House und die Magnikirche

In der nähe steht das Happy Rizzi House, mit seinen Pop-Art Malereien ein moderner Kontrast zur historischen Szene. Das Haus wurde um die Jahrtausendwende errichtet und war seinerzeit nicht unumstritten… genau wie der Wiederaufbau der Fassade des Braunschweiger Schlosses schräg gegenüber. Die klassizistische Residenz der welfischen Herzöge wurde im Krieg zerstört und 1960 abgerissen… ein Vorgang der seinerzeit eher ein Phänomen im Ostteil von Deutschland war… nun hat man den Bau halt 2005 bis 2007 rekonstruiert… als Fassade für ein gigantisches Einkaufszentrum. Shoppen wollte ich nicht also genügten ein paar Bilder von außen.

Die rekonstruierte Fassade des Braunschweiger Schlosses
Altstadtmarkt mit Martinikirche, Altstadtbrunnen von 1408 und Altstadtrathaus
Martinikirche - Inneres nach Osten
Martinikirche - Orgelprospekt

Der weitere Weg führte mich zum Altstadtmarkt mit dem historischen alten Rathaus und der Martinikirche… neben dem Domplatz sicher der schönste Platz der Stadt. Das alte Rathaus wurde im 13. Jahrhundert im gotischen Stil erbaut und beeindruckt mit den um 1455 aufgestellten Figuren der alten Kaiser und Könige die ja die Stars dieses Artikels sind. Die Martinikirche ist die bürgerliche Hauptkirche der Stadt bzw. des Stadtteils Altstadtmarkt. Der Bau wurde von Heinrich dem Löwen begonnen, hat eine romanische Westfront und ist heute eine gotische Hallenkirche… von der Ausstattung fiel mir besonders der reich verzierte Orgelprospekt von 1631 auf. Im weiteren Verlauf des Tages benutzte ich noch den Fahrstuhl zum obersten Deck des Parkhauses von Karstadt um ein paar Bilder von oben zu machen sowie noch einen Gang zum Stattstheater bzw. zu den Parkanlagen die sich darum befinden um mit ein bisschen Musik auf den Ohren das schöne Wetter zu genießen bevor es dunkel wurde.

Braunschweig vom Karstadt Parkdeck... mit dem Westriegel vom Dom

Zum Abendessen besuchte ich das Gasthaus Mutter Habenicht… man sagt wohl urig dazu… gab zwar nur Industriebier aber gutes Essen eher deutschartiger Küche… zu empfehlen… für den flüssigen Abschluß des Tages ging es dann nochmals ins Shamrock… dort war heute Pubquiz auf deutsch… aber das war nicht wichtig… das Guinness lief gut und ich werde den Laden in guter Erinnerung halten. Am nächten Tag ging es trotz Streik des ÖNV planmäßig nachhause und drei Tage der Erkundung in der nicht zu weiten Entfernung waren zuende. Viel Romanik, viele Spuren der längeren Vergangenheit… viel Historismus und unglückliche Nachkriegsarchitektur gesehen… Goslar erwies sich als eine der schönsten Städte dieser Größe… Braunschweig ist so’ne Sache… wer sich wie ich für Dinge wie Dom, Kirchen und sowas interessiert… wird durchaus fündig… der Gesamteindruck der Stadt ist eher von dem Ergebnis des Wiederaufbaus der stark kriegszerstörten Stadt geprägt… ich neige dazu zu sagen: da konnte die Stadt nix dafür… das waren die Menschen die seinerzeit dort gewirkt haben… die gastronomische Szene ist sehenswert und zu empfehlen… das Hotel Premier Inn war vollständig zu meiner Zufriedenheit. Wohin es mich als nächstes verschlägt weiß ich gerade noch nicht… aber ich freue mich bereits darauf es hier zu berichten… Zum Schluß noch ein paar weitere Bilder der letzten Tage…

Der Marktplatz von Königslutter
Königslutter - Kreuzgang im Kaiserdom
Frühlingsboten vor der Kaiserpfalz Goslar
Goslar - Kopie des Braunschweiger Löwen vor der Kaiserpfalz
Kurze Pause mit Goslar zu Füßen
Keine Autos, keine Leute... nur Pflaster, Fachwerk und McLarsen
Über den Dächern von Braunschweig mit Martinikirche
Die Säule "2000 Jahre Christentum" von 2006 und das Braunschweiger Rathaus

McLarsen in Weimar (Januar 2024)

Weimar, 09.01.2024… Das erste Ziel meiner Nachschulung über interessante Ortschaften und deren Geschichte und Sehenswürdigkeiten im eigenen Land fällt dieses Jahr auf Weimar. Ich war nie groß an den Klassikern wie Goethe, Schiller und Konsorten interessiert… bei allem Respekt dafür muß ich als erstes immer dran denken wie ich mich in der Schule schwer tat ihre Gedichte auswendig zu lernen… aber Weimar hat viel mehr als die Klassiker… ich hab das mal wieder unter dem Motto kurz, knapp und unkonventionell zusammengetragen:

Marktplatz ...bei minus 10 Grad wirds selbst Neptun zu kalt...

Weimar hat zwar nur 65.000 Einwohner und die historische Innenstadt hat man auch in wenigen Minuten erkundet… trotzdem ist Weimar auch aus internationaler Sicht eine der bekanntesten Städte unseres Landes. Sie liegt etwa in der Mitte Deutschlands in Thüringen flankiert von Erfurt im Westen und Jena im Osten. Geschichtlich interessant wird es hier ab 1552 als Herzog Johann Friedrich der Großmütige aus dem Fürstengeschlecht der Wettiner die Stadt zur Hauptstadt des Herzogentums von Sachsen-Weimar machte (als Nachfolger der Lutherstadt Wittenberg). Mit dem Herzog kamen die Maler Lucas Cranach d.Ä. und d.J. mit nach Weimar und damit erster großer künstlerischer Glanz… Ende 18. – Anfang 19. Jahrhundert herrschten mit Herzogin Anna Amalia und ihrem Sohn Carl August sehr kunstliebende Landesfürsten die der Aufklärung ihrer Zeit recht aufgeschlossen waren. Unter ihrer Regentschaft kamen Goethe, Schiller, Wieland und Herder um nur einige zu nennen in die kleine Stadt und machten Weimar zum künstlerischen und intellektuellen Zentrum Deutschlands dieser Zeit. Da 1919 nach der ersten freien und demokratischen Wahl der deutschen Geschichte die politische Lage in der Hauptstadt Berlin alles andere als sicher war, wurde für die Gründungsversammlung der ersten deutschen Demokratie das Nationaltheater Weimar als Tagungsort gewählt… auch um der Republik einen Hauch des klassischen Weimar zu verpassen… dieser Abschnitt der deutschen Geschichte nennt sich Weimarer Republik… sie endete 1933 mit Hitlers Machtübernahme. In die gleiche Zeit fällt die Gründung des Bauhaus 1919 durch Walter Gropius… nach den ganzen historistischem Zeugs was Kunst und Architektur vorher so geliefert hatten muß es sich damals wie etwas absolut Neues angefühlt haben… 1926 zog das Bauhaus nach Dessau um und 1933 war auch damit zumindest in Deutschland Sense. Eine traurige Berühmtheit Weimars war das KZ Buchenwald in der Zeit von Nazideutschland.

Erste Stärkung in der Stadt der Dichter und Denker: Eintopf unter Aufsicht von Herder
Turm des Stadtschlosses mit Nebengebäuden

Ziel ist es in zweieinhalb Tagen von allem etwas mitzunehmen. Die Anreise mit der Bahn klappte heute wie am Schnürchen… sollte ja auch mal erwähnt werden… da die Lokführer aber ab morgen 3 Tage streiken weiß ich auch in etwa was mich später auf der Rückfahrt erwartet… aber soweit ist es noch nicht. Ich kam am frühen Nachmittag bei strahlend blauem Himmel und zweistelligen Minusgraden in der Stadt an. Der Fußweg zur Unterkunft in der Altstadt dauerte entspannte 20 Minuten. Als Unterkunft habe ich die Pension La Casa dei Colori gewählt. Es ist ein Neubau… vielleicht 15 Jahre alt… sehr modern und durchaus geschmackvoll. Eine Rezeption im klassischen Sinne gibt es zumindest nicht ganztägig und so checkte ich mit einem Code ein und bekam den Schlüssel aus einer kleinen Box. Da es Anfang Januar ist und somit recht schnell die Dunkelheit einbricht beschloss ich sofort das Haus wieder zu verlassen… erstmal eine Suppe in der nahegelegenen Suppenbar gegenüber der Stadtkirche gegessen und danach ein kleiner Stadtbummel mit dem einen und anderen Foto.

Das heutige Haus der Weimarer Republik war früher ein Nebengebäude des gegenüberliegenden Nationaltheaters
Es gibt eine Dauerausstellung zur heutzutage wieder sehr interessanten Epoche deutscher Geschichte

Da an den nächsten beiden (vollen) Tagen etliche Ziele und Besichtigungen geplant sind beschloss ich eine Ausstellung bereits heute zu erledigen und zwar das Haus der Weimarer Republik gegenüber dem berühmten Nationaltheater wo auch die Herren Goethe und Schiller als Statuen stehen. Als Einführung gab es einen etwa 15minütigen Film über die Zeit die etwa hundert Jahre her ist. Man geht dann durch eine sorgfältig zusammengestellte Ausstellung in der jedes Jahr der ca. 15jährigen Episode deutscher Geschichte beleuchtet wird… auch im Zusammenhang mit dem was danach kam… gerade in heutigen Zeiten wären einige Zeitgenossen gut beraten sich ein paar Informationen zum Thema Demokratie hier einzuholen…

Kutscherbier im Sächsischen Hof

Inzwischen war dann die Sonne wieder weg und ich machte eine Pause um diesen Text bis hierhin zu verfassen… dann ging es in die Abteilung Gastronomie. Tradition ist eigentlich bei meinen Reisen ein Brauhaus mit deftigen Speisen am ersten Abend… davon gibt es auch zwei in der Stadt… aber die lerne ich erst morgen und übermorgen kennen… heute war das Ziel vielleicht 100 Meter vom Hotel entfernt… hieß Sächsischer Hof und da ich ja ein gebürtiger Sachse bin wurde da auch gespeist und leckeres Kutscherbier getrunken… keine Ahnung wo das herkommt aber es war naturtrübes ungefiltertes Bier irgendwo aus der Gegend hier. Danach sollte es eigentlich ins wenige hundert Meter entfernte Irish Pub gehen… aber das hatte entgegen aller Informationen einfach zu… dann halt zum anderen… am anderen Ende der Stadt… in gut 10 Minuten war ich da… im Smugglers Pub… nett aber nix besonderes… wollte auch nur Guinness und das hat wie immer gemundet… morgen ist ja auch noch’n Tag… 22:25 Uhr… Nachtruhe

Adresse Platz der Demokratie 1

Frühstück hab ich diesmal nicht gebucht und das Eierbrötchen und der Kaffee von der Back Factory um die Ecke waren für heute völlig ausreichend. Erster Termin war bereits online gebucht: 10:30 Uhr: Anna Amalia Bibliothek mit der Ausstellung Cranachs Bilderfluten. Die Bibliothek liegt einen Steinwurf vom Stadtschloß entfernt an der Adresse Platz der Demokratie 1. Das Gebäude geht aus einem feudalen Wohngebäude namens Grünes Schloß zurück… die Büchersammlung begann bereits um 1691 und wurde 1766 auf Veranlassung von Herzogin Anna Amalia in den Bau untergebracht. Vorher wurde der Bau umgebaut und birgt seitdem den prächtigen Rokokosaal mit 3 Etagen voller Bücher, Gemälde, Statuen, Büsten… sprich mehr Kunst passte wohl nicht rein. Johann Wolfgang von Goethe persönlich leitete die Bibliothek 35 Jahre lang. 1991 wurde die Bibliothek nach ihrer Förderin Anna Amalia benannt und seit 1998 ist sie Teil des UNESCO Weltkulturerbe. Am 02.09.2004 zerstörte ein Brand große Teile des Rokokosaales wobei viele historische Bücher und Gemälde zerstört wurden. Bis 2007 wurde das Gebäude wieder aufgebaut… die Restauration von Büchern und einzelnen Werken wird noch einige Jahre andauern. Ich hatte das Glück den Rokokosaal ganz für mich alleine zu haben. Als jugendlicher Führer im Rokokoschloß Sannssouci bin ich mit dem Baustil nach wie vor auf Du und Du… so war es ein schöner Moment… gerade bevor eine Schulklasse den Raum okkupierte.

Der Rokokosaal der Anna Amalia Bibliothek
...selten so viel Kunst auf wenig Quadratmetern erlebt...
Anna Amalia ... die Dame des Hauses... ohne sie... man weiß es nicht...

Weiter ging es zur Ausstellung über die Maler Lucas Cranach sj und jr… Wer hier letztes Jahr schon mitgelesen hat wird sich erinnern das diese Malerwerkstadt der Renaissance bei meinem Besuch in der Lutherstadt Wittenberg bereits ein Thema war… das gibt es hier nachzulesen. Interessant war das auch in der Zeit des späten Mittelalters die Copy/Paste Methode bereits angewendet wurde… zwar nicht mit Computer aber mit vorgefertigten Schablonen für einzelne Motive war es möglich einen so enormen Ausstoß an Bildern zu produzieren wie in der Cranach Werkstadt… man schätzt so bis 5000 Gemälde…

Lukas Cranach d.Ä.: Sibylle von Jülich-Kleve-Berg und Herzog Johann Friedrich der Großmütige ... soll wohl tatsächlich eine Liebesbeziehung gewesen sein...
Martin Luther war ein guter Freund des Künstlers...

Ganz witzig war das man am Ende den Hauptaltar der Stadtkirche (von Cranach jr.) nach Gutdünken selbst gestalten konnte… ich wählte den worst case…

Originalmotiv
Auswahl
Ergebnis

Nach der Verunstaltung eines der berühmtesten Gemälde seinerzeit im deutschen Raum beschloß ich sofort in der Stadtkirche zu gehen und das wirkliche Original Cranachs zu bestaunen. Die Kirche heißt offiziell Stadtkirche St.Peter und Paul… wird aber hauptsächlich Herderkirche genannt weil eben jener Johann Gottfried Herder, seineszeichens Dichter, Theologe, Übersetzer und Philosoph viele Jahre als Superintendent dort wirkte. Das Kirchengebäude selbst ist eine dreischiffige Hallenkirche von etwa 1500… nichts wirklich aufregendes aber der Cranachaltar ist wie auch der in der Stadtkirche von Wittenberg ziemlich einzigartig. Die Herderkirche gehört ebenso zum Ensemble Klassisches Weimar und damit zum UNESCO Weltkulturerbe.

Stadtkirche St. Peter und Paul oder auch Herderkirche
Johann Gottfried Herder (1744-1803)
Herderkirche - Inneres nach Osten mit dem Original Flügelaltar von Cranach

Um das Kapitel Cranach für heute vollständig abzuschließen begab ich mich danach in eine andere Kirche: St. Jakob. Diese wurde um 1713 als schlichter Barockbau errichtet. Der einschiffige Innenraum wurde mit doppelten Emporen und schlichtem Kanzelaltar im Stil des Klassizismus errichtet. Wieder war ich ganz allein in dem Kirchengebäude und man kann sogar den Turm besteigen. Das tat ich genau um 12:00 Uhr… das werde ich nicht so schnell vergessen da die Glocken gerade anfingen zu läuten als ich an ihnen vorbei lief… ganz schön Krach das… Oben angekommen war ich etwas enttäuscht da die Fenster bei den Minusgraden gefroren waren und sich nicht öffnen liesen. Nur eine kleine Scheibe in der Zwiebelhaube konnte ich Dank Kreditkarte freikratzen und ein blasses Bild vom eingefrorenem Weimar machen. Aber wir waren ja beim Cranach… Lukas Cranach der Ältere kam mit seinem Förderer Herzog Johann Friedrich der Großmütige als 80jähriger nach Weimar wo er ein Jahr später verstarb. Er wurde auf dem Friedhof der Jakobskirche bestattet wo sein Grab an der Südseite der Kirche zu sehen ist. Wenige Meter daneben liegt eine… naja… sehr weit entfernte Familienangehörige späterer Zeit: Christiane von Goethe (geb. Vulpius). Cranach ist schließlich der Ur-Ur-Ur-Großvater von Johann Wolfgang von Goethe… ihrem Ehemann.

Weimar vom Turm der Jakobskirche
Inneres der Jakobskirche
St. Jakob mit Friedhof
Das Grab von Lucas Cranach d.Ä..

Nach einer weiteren sehr leckeren Suppe in der Suppenbar gegenüber der Herderkirche und einer kleinen Pause im Hotel ging es um 15:00 Uhr weiter mit einem Stil der mit dem Rokoko von heute vormittag so rein garnichts zu tun hat: Bauhaus. Das 2019 fertiggestellte Bauhaus-Museum dürfte die weltweit größte Sammlung von Entwürfen, Gemälden, Möbeln, Figuren, Alltagsgegenständen und überhaupt allem möglichen aus der kurzen Epoche des Bauhaus sein. Das Bauhaus was 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet wurde existierte parallel zur Weimarer Republik bis zur Machtübernahme der Nazis. 1926 zog das Bauhaus Kollektiv nach Dessau um, die letzten beiden Jahre unter Ludwig Mies van der Rohe nach Berlin… dann war Schluß… die meisten Akteure wanderten aus und brachten wie Gropius oder Mies den Stil in die Vereinigten Staaten von Amerika. Das Museum bietet eine Menge… man könnte sicher Tage darin verbringen aber nach fast zwei Stunden hatte ich mehr gesehen als ich vorher vermutete und somit ging es danach erstmal zurück in die Unterkunft um diesen Text zu schreiben.

Das Bauhaus Museum wurde 2019 eröffnet
Ziel des Bauhaus: Kunst und Handwerk vereinigt
Ausstellungsstücke über 3 Etagen...
...verbunden durch eine Art Himmelsleiter

Gastronomisch hatte ich mir für heute einen Besuch der Gaststätte Siechenbräu ausgesucht und das war auch richtig gut… eigene Bierkreationen… ok… in Erfurt gebraut aber auch nur für diese Location… es gab ein Helles und ein Siechn Vollbier nach Vorbild Brown Ale… dazu ein Thüringer Rostbrätel vom Allerfeinsten… ich hatte nie angezweifelt das man hier nicht gut kochen kann… abschliessend ging es dann nochmal ins Smugglers Pub zu Guinness, Whisky und FC Liverpool… danach in die Horizontale…

Leckereien im Siechenbräu

Für den ersten Teil des letzten Tages dieser Reise war heute das dunkle Kapitel der Stadt Weimar angesagt: Die Gedenkstätte Buchenwald. Man gelangt dorthin von der zentralen Bushaltestelle Goetheplatz mit der Linie 6 direkt bis zur Gedenkstätte. Die Fahrt dauert etwa 20 Minuten und die Linie verkehrt einmal pro Stunde. Es gibt dort ein Besucherzentrum welches geführte Touren anbietet und auch Literatur zum Thema. Ich erkundete das Gelände auf eigene Faust mit zwei Dauerausstellungen. Die große Ausstellung „Buchenwald. Ausgrenzung und Gewalt 1937-1945“ erstreckt sich über mehrere Etagen und ist sehr interessant… besonders in Zeiten wo gewisse Flitzpiepen auf der rechten Seite sich anscheinend für so etwas wieder erwärmen können. Es ist natürlich schon ein wenig her, aber es gibt immer noch lebendige Zeitgenossen und wenn ich drüber nachdenke… ich bin Jahrgang 1968… zu dieser Zeit war das Kriegsende gerademal 23 Jahre her… das Offside führe ich demnächst seit 24 Jahren… das mit dem Zeitgefühl ist eine sehr trügerische Sache… außerdem gehört so etwas nie vergessen und muß immer ein Thema bleiben… aber gut… ich weiß ja, wer hier mitliest der oder dem brauche ich das nicht zu erklären… die die es wissen sollten lesen leider irgendwo ganz anders.

KZ Buchenwald - Tor... nur der blaue Himmel passt nicht... die anderen Bilder kommentiere ich nicht.

Nach zweieinhalb Stunden ging es mit einem mulmigen Gefühl zurück in die Stadt und eine weitere Suppe zum Mittagessen gelöffelt. Next Stop: Fürstengruft. Auf dem alten Friedhof von Weimar wurde 1823 bis 1828 das Mausoleum im klassizistischen Stil errichtet. Es birgt derzeit 31 Särge von Mitgliedern der Hauses Sachsen-Weimar sowie die Särge von Goethe und Schiller wobei der Sarg Schillers leer ist. Für 5€ Eintritt kann man das Mausoleum besichtigen welches auch ein bemerkenswerter Bau ist. Trotzdem dauerte die Besichtigung nicht sehr lange und nun ging es Richtung Park an der Ilm… das ist nämlich das fließende Gewässer dieser Stadt. Besonders zum Sonnenuntergang boten sich viele schöne Motive für Auge und Kamera.

Das Gebäude der Fürstengruft
Trotz aller adligen Prominenz sind die Särge von Goethe und Schiller die Superstars im Mausoleum...

Da ich zu diesem Zeitpunkt bereits 20.000 Schritte auf dem Tacho hatte entschied ich mich nicht die Gasthausbrauerei Felsenkeller etwas weiter weg anzusteuern sondern die Watzdorfer Geleitschenke… 50 Meter nebenan. Dieses Gasthaus, was auch als Hotel arbeitet hat mehrere Biere der Watzdorfer Brauerei (Bad Blankenburg im Harz) im Angebot und eine durchaus gute Küche… das Essen… heute mal ein Sauerbraten… war ausgezeichnet und die drei Biere die ich probierte (Helles, Schwarzbier und Bock) boten auch keinen Anlass zur Kritik… gewundert hat mich aber das es in dem großen Laden ziemlich kalt war und irgendwann saß ich in diesem riesigen Raum allein… ohne jede Musik und da Personal war mindestens 5 Minuten auch komplett verschwunden… hmmm… keine Ahnung… das Nachbarrestaurant „Texas“ war zu der Zeit sehr gut gefüllt… warum auch immer… danach ging es in das Irish Pub was am Dienstag einfach zu hatte… die drei Guinness waren super… wenn es Kartenzahlung gegeben hätte wären es vielleicht vier geworden… anderseits war das da auch nicht sehr sympathisch… daher endet dieser kurze Trip auch hier… die Rückfahrt morgen… während des Lokführer-Streiks wird sicherlich abenteuerlich aber hat in diesem Blog dann auch nichts zu suchen… das war eine tolle Zeit hier in Weimar… zweieinhalb Tage waren für mich völlig ok… allerdings ist auch Januar und viele Museen und andere Sachen haben Auszeit… will sagen… das ist die Mindestzeit die man hier planen sollte… natürlich je nach Interessen. Sehr zu empfehlen ist auf jeden Fall die Pension La Casa dei Colori… auch wenn ich morgen früh zum auschecken warscheinlich zum ersten male eine Person dazu sehen werde… die Zimmer und ihre Ausstattung sind super und preiswert… mitten in der Altstadt von Weimar. Zum Ausklang folgen einige Bilder dieser Tage die jetzt nicht die große Erklärung brauchen. Viel Spaß damit…

Meine Unterkunft Pension La Casa dei Colori
Goethes Wohnhaus am Frauenplan
Schillers Wohnhaus
Der Marktplatz... in den Häusern in der Mitte wohnte Lucas Cranach d.Ä. in seinen letzten Monaten...
...gegenüber das neugotische Rathaus
Hauptgebäude der Bauhaus-Universität 1904–1911 nach den Entwürfen von Henry van de Velde
Musterhaus am Horn... das einzige richtige Bauhausgebäude in Weimar von 1923
Römisches Haus im Park an der Ilm (1791-1798)
Das Stadtschloss an der Ilm
Die Anna Amalia Bibliothek von der Ilm-Seite aus gesehen
Goethes Gartenhaus aus der Ferne...
...und vom Nahen.
Römisches Haus zum Sonnenuntergang
Ruine des Tempelherrenhaus
Das wohl bekannteste Motiv der Stadt als letztes... Nationaltheater mit Goethe und Schiller am Abend.

McLarsen’s Irische Tagebücher #3: Galway & Connemara (November 2023)

Ähnlich wie unsere Bierwanderung im Sommer hat sich in den letzten Jahren eine andere nette Unternehmung etabliert: Ein paar Tage Irland mit meinem Freund André im November. 2019 waren wir erstmalig zusammen dort… via Belfast ging es mit dem Mietwagen in die Republik Irland nach Donegal und weitere Landstriche im Norden der Republik… das hatte so viel Spaß gemacht das wir es wiederholen wollten… dann kam Corona und zwei Jahre Pause der Veranstaltung. Letztes Jahr am letzten November Wochenende konnte der nächste Versuch unternommen werden. Mit Residenz in Limerick erkundeten wir die westlichen Teile Irlands mit Dingle, Cliffs of Moher und The Burren… abends ließen wir uns in der Partymeile Limerick treiben… einer Stadt die im Dunklen besser aussieht als am Tage… in Erinnerung wird der Trip der hier nachgelesen werden kann aber wegen der beiden Reifenpannen innerhalb 24 Stunden die uns fast den Rückflug gekostet hätten… Dieses Jahr ging es wieder an die Westküste in die Stadt Galway… von dort aus sollte auch die nähere Gegend erkundet werden.

Irland auf OpenMaps

 Galway ist nach Dublin und Cork die drittgrößte Stadt Irlands. Sie hat etwa 80.000 Einwohner und liegt liegt etwa 200 Kilometer von Dublin entfernt an der Westküste der Insel. Durch die Stadt fließt der Fluß Corrib der mit seinen gerade mal 15 Kilometern Länge gar der kürzeste Fluß Europas sein soll. Galway entstand im Mittelalter aus einem kleinen Fischerdorf… im 15. Jahrhundert erreichte die Stadt einigen Reichtum wegen Handelsbeziehungen mit Spanien und Portugal. Seit etwa 30 Jahren wächst die Bevölkerung der Stadt ständig was auch an zwei Universitäten liegt die auch den Altersdurchschnitt verjüngten. Galway hat eine sehr schöne Altstadt mit einer sehr lebendigen Gastro-Szene und jeder Menge Straßenmusikanten.

Vor gut 10 Jahren war ich schonmal für wenige Stunden in der Stadt und dachte mir damals schon das es sich sicher lohnen würde mal etwas mehr Zeit hier zu verbringen.

Erstmal hieß es jedoch dort hin zu kommen… also 6:00 Uhr morgens aus den Federn… wegen vorausgegangenem Bahnstreik etwas anders als geplant zum Flughafen gefahren und dann ab in die Höhe Richtung Dublin. 02:15 Stunden dauerte der Flug… dann das Mietauto in Empfang genommen und dann durch den zähflüssigen Dubliner Freitagsnachmittagsverkehr Richtung Westen. André war sehr zufrieden das ich mich als Fahrer angeboten hatte… es dauert ja auch immer erst ein paar Kilometer ehe man sich an neues Auto und Linksverkehr gewöhnt… Aus Dublin raus wurde es dann aber recht ruhig vom Verkehr. Ein Zwischenstopp auf der Hälfte der Strecke war eingeplant: Die noch recht neue Tullamore Distillery unweit der gleichnamigen Stadt. Eine Tour war nicht geplant da sie mit fast zwei Stunden zu lange gedauert hätte, mit 40€ zu teuer war und André auch nicht der große Whiskynerd ist. Ein Besuch des Visitorcenters und ein paar Bilder von außen reichten um sich ein flüchtiges Bild zu machen.

Tullamore Distillery
...gar nicht mal so klein... Malt- und Grain Distillery
Junge Brennerei... lange Tradition... im Visitorcenter

  Whiskey und Irland… das gehört schon zusammen… allerdings gab es diesbezüglich mehr Tiefen als Höhen. Wer’s erfunden hat (?) streiten sich die Iren und die Schotten seit Jahrhunderten… genau werden wir es nicht mehr erfahren… Fakt ist das römische Missionare das Knowhow zur Herstellung von Alkohol auf die Inseln brachten… deren berühmtester hieß Patrick und wird noch heute besonders an seinem Todestag am 17.März abgefeiert… als irischer Nationalfeiertag und in jeder Kneipe der Welt die Guinness am Hahn oder wenigstens eine Flasche Jameson im Regal hat… Feiern und Irland… das geht immer. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Whiskey ein florierender Wirtschaftszweig mit Dublin als Hauptproduktionsort. Dann kam die Selbstständigkeit des Landes und die Abnabelung von Großbritannien… einem Hauptabnehmer vom Irish Whiskey… der Austritt aus dem Commonworth… später auch noch Prohibitation beim letzten verbliebenen Großkäufer USA…der irische Whisky lag am Boden. Über viele Jahrzehnte gab es nur noch weniger als eine Handvoll Brennereien, nach Schließung des Jameson Standorts Dublin Bow Street gab es von 1975 bis 1987 nur noch zwei Whiskydestillen in Irland… Midleton in Cork und Bushmills ganz im Norden… also auch noch Nordirland… Mit der Eröffnung der Cooley Distillery durch John Teeling waren es dann später wieder 3 Brennereien. In den letzten 10 bis 15 Jahren kamen wieder viele Fabriken dazu… das Geld vom zwischenzeitlich wirtschaftlichen Wunderkind Irland (Keltischer Tiger…) machte es möglich… nun ja, der Tiger ist dann unterm europäischen Rettungsschirm gelandet aber die neuen Brennereien haben Bestand und werden die Szene in den kommenden Jahrzehnten bereichern. Als erstes Großprojekt entstand die Tullamore Distillery die seit 2014 erstmalig nach 60 Jahren wieder die Marke Tullamore Dew in dem Ort Tullamore produzierte… die Marke wurde 2010 von John Grant & Sons aus Schottland gekauft… die sind wiederum bekannt für den weltbekannten Single Malt Glenfiddich.

Eyre Square (Eierplatz) im Weihnachtsmodus am 17. NOVEMBER (!)
...auch die Deko in der Altstadt ist früh dran... was machen die erst wenns wirklich Weihnachten ist (?)

Wenn ich gerade erwähnt hatte das der Verkehr nach dem Großraum Dublin sehr viel ruhiger wurde dann änderte sich die Tatsache schlagartig mit der Überquerung der Stadtgrenze von Galway. Dort staute sich dann alles und eine klitzekleine Unaufmerksamkeit etwa 500 Meter vor der Unterkunft brachte uns eine mindestens halbstündige Ehrenrunde ein die man zu Fuß in der gleichen Zeit etwa 3 mal hätte machen können… egal wir bezogen die Unterkunft Avalon B&B… ein einfaches Bed & Breakfast etwa 5 Minuten zu Fuß vom Stadtplatz Eyre Square. Dort blieben wir nur kurz und dann ging es in die erste gastronomische Einrichtung der Reise, dem Pub Thirteen On The Green am gerade erwähnten Eyre Square den ich sofort in das für Deutsche leichter auszusprechende „Eierplatz“ umtaufte. Es gab eine Variation vom Irish Stew mit Guinness (in dem Eintopf) und natürlich auch als Begleitgetränk unserer Wahl. Es folgte eine Stipvisite durch die Stadt und das erste was wir recht schnell und deutlich vergegenwärtigten war das am 17. November 2023 der Weihnachtsterror bereits in Hochform war… also nicht nur Schokolade im Supermarkt wie hierzulande um die Zeit sondern richtig mit Weihnachtsmarkt, überall Weihnachtsgedudel, überall Weihnachtsdeko… unglaublich… der gesamte Eierplatz war Weihnachtsmarkt mit den üblichen Buden die auch in Irland nicht grundverschieden vom deutschen Gegenpol sind… es läuft „Do They Know It’s Christmas Time“ und man möchte hinzufügen „But Not Yet“… egal… kann man alles ignorieren…

Zwei Honigkuchenpferde langsam in Hochform in den Pubs von Galway...
Raritäten am Wegesrand...

Eine dezente Erwähnung verdient sich an dieser Stelle auch das Wetter… es regnete in Strömen und auf Grund einer stürmischen Wetterlage regnete es nicht wie fast überall von oben nach unten, sonders fast waagerecht… nun ja… November halt… nächster Pub hieß Garavans Bar und war wie alle anderen Pubs und Bars am Freitagabend mehr als gut besucht aber wir hatten Glück und konnten sogar sitzen… nächste Station war Sonny Molloys was Teil von mehreren Bars unter einem Dach ist was sich aber erst erschließt wenn man drinnen ist. Beide Bars haben ein reichhaltiges Angebot an Irish Whiskey, besonders die älteren Marken mit teueren Sonderabfüllungen und in den Vitrinen stehen noch Zeugen aus alten Zeiten… mittlerweile hoch gehandelt… vor 10 Jahren warscheinlich noch Schnäppchen auf Ebay & Co… lange hat kein Hahn nach dem alten Irish Whiskey gekräht. Wir haben uns nur auf Guinness konzentriert und waren damit auch so glücklich das wir später hochzufrieden in den Schlaf gefallen sind… selbstverständlich erst in der Unterkunft.

Tag 2: André ist Frühaufsteher, normalerweise geht es für ihn um 05:30 Uhr aus den Federn… wir hatten uns auf 08:00 Uhr geeinigt und das ist auch meistens meine Zeit… allerdings frühestens… ein richtiger früher Vogel war ich noch nie und werde es wohl auch nicht mehr werden. Wie auch immer… nach dem recht einfachen Frühstück ging es dann Richtung Eierplatz und Altstadt… es war etwas so als wären wir etwas zu früh für die Stadt auf den Beinen… Der Sturm war noch im vollen Gange aber der Regen hatte gerade ausgesetzt… es stand in der Prognose der Wetter-App allerdings das es wohl auch während unserer kurzen Zeit in Irland nicht besser werden wird und wir beschlossen bereits am Vorabend das Auto heute stehen zu lassen und die Stadt Galway ein wenig zu Fuß zu vermessen. In dieser Kategorie sind wir beiden wie wir uns seit 48 Jahren kennen schon seit langer Zeit gute Partner… lediglich wenn es steil bergauf geht brauche ich etwas länger… Wir liefen durch die Altstadt die gerade ihre Geschäfte öffnete… der Eierplatz mit seinem Weihnachtsmarkt bot um die Zeit einen eher jämmerlichen Eindruck…

…wenn man Mitte November Weihnachten feiert…

Der Corrib ist kurz aber heftig…

 Wir lernten den Fluß Corrib kennen und nehmen als Erfahrung mit: kurz aber oho… selten einen Fluß gesehen der so einen Zahn drauf hatte wie dieser angeblich kürzeste Fluß Europas… An seinem Ufer nährten wir uns der Kathedrale Galways… nur einmal für die Akten der offizielle Titel: Kathedrale Mariä Aufnahme in den Himmel und St. Nikolaus. Was zwar schon vom Weitem nach Historismus schreit entpuppt sich auch als solcher nur etwas später als die meisten… der Bau wurde von 1958 bis 1965 errichtet und ist somit nicht sonderlich älter als ich selber… es werden romanische Sachen interpretiert und besonders die Kuppel eher byzantinischen Vorbildern. Die Ausführung erfolgte innerlich mit unverputzten Steinen und immerhin teilweise zeitgenössigen Statuen und Gemälden… einerseits beeindruckende Architektur aber warum um diese Zeit (?) … außerdem muß das kostentechnisch nicht weit vom Berliner Flughafen entfernt gewesen sein… aber dafür haben wir Berliner ja Verständnis… Wer eine richtige mittelalterliche Kirche sehen will hat dazu Gelegenheit bei der St. Nicholas’ Collegiate Church. Sie ist die größte mittelalterliche Pfarrkirche Irlands. Um die Kirche herum war Markt mit vielen kleinen Ständen und die Kirche selbst wegen einer Veranstaltung nicht zu besichtigen.

Mächtig gewaltig: Galway Cathedral
Das Innere der Kirche ist schon prächtig...
Echtes Mittelalter: St. Nicholas’ Collegiate Church

Plötzlich hatte ich einen seltsamen Anfall: Shopping. Wir trennten uns für gut eine Stunde und gingen unserer eigenen Wege… das haben wir schon öfters gemacht und sowas ist auch gut so… ich hatte dann eine Einkaufstüte mit ein paar lokal gefertigten Textilien… mein Budget bezüglich Klamotten ist seit Jahren eher ungenutzt und die Sachen die Irish Waevers und Aran Sweater Market machen, gefallen mir einfach und es macht auch Sinn dann vor Ort zu schauen… die Aran Bude… die Inseln Aran in der Nähe sind nicht zu verwechseln mit der schottischen Insel Arran… hatten nicht nur einen kleinen Laden… das gleichte schon fast einem kleinen Kaufhaus. Apropos… ein amtliches Shoppingcenter gibt es natürlich auch… das einzig interessante dabei war das ein Teil der ehemaligen Stadtbefestigung aus dem Mittelalter integriert wurde… der Rest so interessant wie in Gelsenkirchen oder Gera auch… Um halb eins trafen wir uns wieder im ersten Pub von gestern… dem 13 On The Green… André hatte unter anderem den Weihnachtsmarkt auf’m Eierplatz erkundet und konnte mit der Information dienen das es dort Glühwein aus Sektflöten für 6€ gibt… ich hatte mich im Pub derweil mit einem Guinness begnügt… immerhin bereits nach 12:00 Uhr… für in etwa dem gleichen Preis wie zuhause (Galway 5,60€ Offside 5,40€… Stand 18.11.2023)

Wolle Wolle Wolle... Aran Sweater Market
Im Einkaufscenter wurden Teile der ehemaligen Stadtmauer eingearbeitet

Nachdem ich kurz die Einkaufstüte ins B&B gebracht hatte brachen wir zu einer größeren Runde auf. Wir liefen Richtung Hafen und konnten einen kurzen Blick in die neue Galway City Distillery werfen die derzeit aber nur Gin und Wodka herstellt. Über die Wolfe Tone Bridge die über den Corrib führte liefen wir am Galway Bay entlang. Der heftige Gegenwind drosselte etwas unsere Geschwindigkeit, konnte uns aber nicht stoppen… Ziel war der Stadtteil Salthill… eine Art Vergnügungsviertel und im Sommer auch mit reichlich Strand… der war zwar heute auch da aber bei dem Wetter konnte man sich kein Sonnenbad vorstellen.

Im Visitorcenter der Galway City Distillery
Galway Bay mit Salthill im Hintergrund

Erster Anlaufpunkt in Salthill war die Oslo Bar, eine kleine lokale Craftbeer Brauerei. Wir stärkten uns mit fester Nahrung und probierten zwei vor Ort gebraute Biere. Die nächte Station die ich markiert hatte, das O’Connors hatte leider zu… wir gingen langsam in Richtung City zurück und kehrten stattdessen im Bierhaus (ja… heißt so) ein, ein etwas alternativer Laden mittenmang der ganzen traditionellen plüschigen Pubs. Inzwischen war es draußen bereits zappenduster… wir kehrten noch hier und da ein… am Nachmittag sahen wir bereits Hundertschaften vom Bahnhof und Busbahnhof in die Stadt strömen… ein Phänomen was wir letztes Jahr bereits in Limerick beobachten konnten… Am Samstag strömt die feierwütige Landbevölkerung in die Stadt, es wird gefeiert bis der Arzt kommt und dann gehts für eine Nacht ins Hotel oder Hostel… was ich damit sagen wollte: Die Stadt war gut besucht und jeder Pub im Zentrum war rappelvoll. Erstaunt waren wir von der Größe von O’Connell’s Bar am Eierplatz… von draußen sah es aus wie eine volle mittelgroße Bar, dann kam ein geräumiger Innenhof mit vielen verschiedenen Bars und Ständen für Pizza und ähnliches. Irgendwann hatten wir nach fast 30.000 Schritten und einigen Pints dann aber langsam genug und es ging ins Bettchen.

Im Innenhof von O'Connell's Bar
Hauptakteurin mindestens zweier bekannter Songs: Das Galway Girl

Tag 3… Sonntag und Zeit für einen Ausflug ins Umland. Die Stadt Galway ist die Hauptstadt der Grafschaft Galway… die westliche Region dieser heißt Connemara und ist für eine Landschaft bekannt in der sich bis zu 700 Meter große Berge mit Heide und Moor abwechselt. Es gibt einen großen Nationalpark und dieser war unser Ziel. André war heute Chauffeur und das Wetter war noch immer sehr speziell, also Regen und Sturm… es gab auf der Strecke Pfützen die für gründliche Unterbodenwäsche am Auto gut war… ansonsten war die Piste frei weil alle in der Kirche waren. Wir stoppten kurz bei Kylemore Abbey, einer Anlage die ursprünglich ein Kloster war, dann zum Schloß umgewandelt wurde und nach dem frühen Tod der Hausdame mit einer Kirche ergänzt wurde… weiterhin gibt es einen großen Garten und ein Visitorcenter mit Restaurant… wir hielten nur für ein Foto und weiter ging es zum Nationalpark. Dort gibt es drei gut ausgebaute Wanderwege, einer davon über den 442 Meter hohen Diamond Hill. Das Wetter beruhigte sich zwar gerade aber die Tour über den Berg machten wir dann nicht aber dafür die mittellange Tour von etwa 3 Kilometern und nur 90 Meter Anstieg. Es gab schöne Ausblicke und die frische Luft in der Natur war auch sehr schön.

Kylemore Abbey
Der Diamond Hill
Ausblicke im Nationalpark Connemara

Zurück in Galway gab es noch das eine und andere Pub kennenzulernen… essen, trinken… ich will nicht langweilen… Highlight des Abends war dann aber etwas für das die Stadt sehr bekannt ist: Livemusik. Wir sahen im Kings Head eine gute Coverband die so ziemlich alles im Repartoire hatte… ich konnte gerade noch kneifen bevor mich eine der mittelalten irischen Feierdamen aufs Parkett zerren konnte 😉 Das war der letzte Höhepunkt unseres kleinen Ausflugs auf die im Moment gar nicht so grüne Insel. Am kommenden Tag fuhr ich unsere kleine italienische Eierfeile zurück nach Dublin… wir hatten keine Reifenpanne oder ähnliches Ungemach und landeten am Ende gegen 20:00 Uhr wieder in Berlin… hat mal wieder Spaß gemacht… nächstes Jahr steht Kilkenny auf der Agenda… für 2023 war es das jetzt erstmal mit meinen Reiseberichten aber nächstes Jahr gehts garantiert weiter.

Livemusik im Kings Head