McLarsen an der Ostseeküste: Stralsund und Greifswald (März 2023)

Tag 1 – Ankunft: 07.03.2023. Der letzte Teil meiner Ost-Triologie anno 2023 führt mich in den Nordosten zu den Hansestädten Stralsund und Greifswald. Wie üblich sind drei Tage eingeplant und zwar von Dienstag bis Freitag damit sich meine Wege nicht so viel mit denen anderer Leute kreuzen. Residenzstadt ist Stralsund und einen Tag geht es nach Greifswald. Die Anreise mit der Deutschen Bahn verlief heute erfreulich reibungslos. Mit dem RE 5 steige ich direkt an meinem Heimatbahnhof Berlin Gesundbrunnen ein und etwa 3 Stunden später in Stralsund aus. Im ersten Teil der Fahrt hält die Linie in Städten von denen man es erwartet… Oranienburg, Neustrelitz, Neubrandenburg etc. im zweiten Teil wird kein Briefkasten ausgelassen… die Ortschaften heißen Gnevkow, Utzedel oder Elmenhorst… manche haben nicht mal einen Bahnsteig sondern man fällt vom Zug auf einen ackermäßigen Rasen… heißt RE nicht eigentlich Express?… aber ok… muß ja auch mal sein. Das Wetter schlug bereits unterwegs einige Eskapaden und so wunderte ich mich auch nicht das ich mit einem weißen Feuerwerk aus Hagel und Sturm in der Hansestadt empfangen wurde. Der Hagel hörte nach ein paar hundert Metern auf, der Sturm blieb bis zum Abend… es gab auch eine amtliche Wetterwarnung und vorsichtshalber hatte ich mir auch eine flugunfähige Wollmütze eingepackt. Etwa 20 Minuten Fußweg vom Bahnhof sind es bis zur Unterkunft meiner Wahl: Eine Art Ferienapartment namens Stral-Sund südlich vom Frankenteich in einer Wohnsiedlung. Es ist klein, nicht gerade hübsch aber zweckmäßig, sauber und mit 36€ pro Nacht sehr günstig… ok… es ist halt Anfang März und ich denke im Sommer ist es hier teurer.

Der Marktplatz mit dem Rathaus und der Nikolaikirche
Das Segelschulschiff Gorch Fock von 1933 im Hafen

Die Graupelwolken waren blauem Himmel gewichen, also ging es dann erstmal für gut zwei Stunden in die Altstadt… schließlich war es trotz des Sturmes (den man ja nicht sieht) bestes Fotowetter und somit wurde alles mögliche erstmal geknipst… besonders schön aber auch anstrengend wegen des Sturms war der Hafenbereich mit der Gorch Fock und einer besonders langen Mole von der man Altstadt, Hafen und Rügenbrücke überblicken kann.

Nach einem besonders leckeren Fischbrötchen und noch einen Haken links und rechts ging es dann erstmal zurück in die Unterkunft, später dann natürlich die beliebte Kategorie Gastronomie. Wer hier öfters mitliest weiß jetzt das der erste Abend immer einem möglichst lokal ansässigen Bierbrauer gewidmet ist der bestenfalls seinen Gerstensaft mit zünftigen Essen in einem Brauereigasthof anbietet. Das war auch heute so aber mit dem Abstrich das lokal… quasi regional…oder auch überregional etwas zu verändern… das Dolden Mädel Brauhaus schenkt das Hamburger Ratsherrn Bier hier aus als käme es auch von hier… nennen wir es mal hanseatische Bierverbundenheit. Das Repartoire von Ratsherren ist mir durchaus bekannt… ich schätze es – aber es gab nix neues zu entdecken. Das Gulasch (Oma’s Art 😉 war sehr lecker und die lokale Brauerei ist auch für morgen eingeplant.o.

...lecker Bier und Essen im Dolden Mädel...
Verraucht, voll und gut: Bengunn

Nach 3 Bieren ging es dann ins Bengunn, dem wohl einzigem Irish Pub der Stadt… tagsüber war ich schonmal dran vorbei gelaufen, es ist aber sehr unauffällig in einem Keller… vielleicht 8 x 8 Meter… verraucht, knüppeldicke voll und sehr gut organisiert… es lief hinterm Tresen (an dem ich zufällig einen Stehplatz ergattern konnte) das Spiel Chelsea-Dortmund (CL 2023) auf einem kleinen Computer Bildschirm… hat Spaß gemacht auch wenn Chelsea gewonnen hat. Auf dem Rückweg muß ich falsch abgebogen sein das sich der Heimweg etwas verzögert hat… lustig war dann aber als ich kurz vorm Ziel noch von einem unbekannten Mann angesprochen wurde: Handyakku alle… keine Orientierung… muss ins Haus Stral-Sund (meine Bleibe)… da ich gerade wieder im Bilde war, konnte ich hlfen… ein angehender Bierbrauer aus Berlin Wedding (Seestrasse)… so klein ist die Welt… morgen schaue ich mir die Stadt Stralsund mal ganz in Ruhe an…

Vollmond über der Backsteingotik

Tag 2 – Greifswald: Meine Erkundungstouren plane ich für gewöhnlich schon weit im Voraus… lese in diversen digitalen Nachschlagewerken oder auch Büchern welche seit 40 Jahren und länger in meinen Regalen stehen… ich scanne die Orte auf GoogleMaps ab was man ansehen kann oder wo man einkehren könnte… trotzdem gibt es dann auch mal Tage die anders laufen als geplant… heute war einer davon. Das erste Erstaunen war nach liften der Jalousie eine gleichmäßige, etwa 5 cm dicke Schneedecke… davon war nicht zwingend auszugehen nach dem klaren Vollmondhimmel der letzten Nacht und auch die Wetterapp wusste nix davon. Das war aber nicht der Grund irgendetwas an dem Plan zu ändern heute Stralsund etwas mehr auf den Zahn zu fühlen. Bereits gestern erkundete ich ganz in der Nähe der Unterkunft einen Penny Markt mit separaten Bäcker… der sollte mir heute mein Frühstück bieten. Ich stapfte durch den frischen Schnee dorthin und dann fiel mir die Kinnlade runter: ZU! Nicht ein Auto auf dem Supermarktparkplatz… hmmm etwas weiter weg soll laut Maps ein Rewe sein… mal dorthin laufen… dann fiel auch der gemächliche Verkehr auf… und ich wunderte mich gestern abend auch ein wenig über die vollen Kneipen… sollte MeckPomm etwa auch Feiertag haben? Bislang gab es den Internationalen Frauentag exklusiv in Berlin… ich schaute schnell nach… und in der Tat… in MeckPomm ist der 08.März auch gesetzlicher Feiertag… seit exakt heute… also erstmal zurück vom Weg zum Rewe und überlegt… in Stralsund wollte ich zumindest auch noch zwei Whiskygeschäfte besuchen und etwas Werbung für die anstehende Spreeside Whisky Messe machen… in Greifswald dagegen steht nur Sightseeing an… also Bahnapp: wann fährt der nächste Zug nach Greifswald… und zack… nach nur 25 Minuten Fahrt mit dem Bummelzug war ich eine Hansestadt weiter. Stralsund steht morgen auch noch.

Der Marktplatz mit Rathaus und Dom St.Nikolai
Der Markt von der anderen Seite mit der dicken Marie und dem Brauhaus im rechten gotischen Haus

Ähnlich wie Stralsund hat Greifswald eine Altstadt die von drei Backsteinkirchen dominiert wird, das ganze fällt aber alles ein wenig kleiner aus. Auch Greifswald konnte sich in der Blütezeit der Hanse gesundstoßen (so nennt man sowas heute ;)… nur stoppte irgendwann das Wachstum da der Hafen von Greifswald, eh schon kleiner als bei den größeren Hansestädten allmählich versandete und damit an Bedeutung verlor. Zum Ausgleich wurde Greifswald dann eine Universitätsstadt wovon sie noch heute zehrt. Die Stadt hatte das große Glück von Zerstörungen im zweiten Weltkrieg komplett verschont geblieben zu sein… Pech dagegen das die DDR mal ein Exempel studieren wollte und ganze historische Straßenzüge erst verfallen ließ, dann abriss und schließlich mit modernen Plattenbauten ersetzte. Diese sehen zwar vom (ganz) Weitem ähnlich aus wie die historischen Bauten, sind aber letztendlich blöde DDR Plattenbauten. Als ich Mitte der 1980er in Potsdam einen Handwerksberuf lernte und auch darin arbeitete, hatten wir das in Potsdam genauso… bisschen barocken Giebel antäuschen und drinnen alles Platte… noch Ende der 1980er wurden diese Neubauten mit Ofenheizung gebaut… nur für die die meinen das solche Bausünden ja auch praktisch waren… ich schweife mal wieder ab… Es gibt natürlich auch weiterhin viele schöne Altbauten in dieser 60.000 Einwohner Stadt, besonders schön ist der riesige Marktplatz mit dem Rathaus welchen im Kern gotisch ist aber auch viele Renaissance Elemente bietet. Von den großen Kirchen ist der Dom St.Nikolai die größte… eine gotische Basilika mit über 100 Meter hohem Turm der mit seiner barocken Doppellaterne das Stadtbild prägt. Leider war er wegen dem Feiertag heute geschlossen und ich habe nicht zuende gedacht was ich mich fragte was die Kirche mit dem Internationalen Frauentag zu tun hat… Dafür konnte ich die zweitgrößte Kirche besichtigen: Die Marienkirche… im Volksmund auch die dicke Marie genannt. In der Tat wirkt die gotische Hallenkirche nicht gerade grazil, hat aber einen hohen Wiedererkennungswert.

Marienkirche - Inneres nach Osten

Von der dicken Marie ist es nicht weit zum Museumshafen, man sieht dort einiges Maritimes was schön herausgeputzt ist und auch so manches Schwimmgefährt welches die besten Zeiten bereits hinter sich hat. Von hier startet ein Treidelweg bis zum offenen (Ostsee)-Meer. Er ist gut ausgebaut und nur für Fußgänger und Radfahrer… bis auf eine Gruppe mittelalter Damen mit Nordic Walking Skistöcken und Ufftatta-Musik (kein Witz… scheint die feministische Version des Bollerwagens zu sein 😉 liefen sich die gut 5 Kilometer auch ganz entspannt. Nächste Station ist das Dorf Wiek mit einer historischen Klappbrücke über den Ryck… erbaut 1886-1887 war das seinerzeit großes technisches Kino. Da ja wegen der Richtungsänderung und geschlossenen Geschäften heute vormittag das Frühstück ausgefallen war hatte ich dort die Möglichkeit es mit einer Fischsoljanka (statt Marmeladenbrot) nachzuholen… es war eh schon Mittag. Einige hundert Meter weiter war dann das Meer zu sehen und ich ging die Mole auch bis ganz nach hinten.

Historischer Hafen Greifswald
Die Ryck am Treidelweg nach Wiek
Die historische Klappbrücke
Holzskulpturen am Ostseestrand

Es folgte ein Abstecher zur Klosterruine Eldena welche ich durch Bilder von dem wohl berühmtesten Sohn der Stadt Caspar David Friedrich kannte. Zu Friedrichs Zeit (1774-1840) verfiel die Ruine des ehemaligen Zisterzienserkloster immer weiter… durch seine Bilder wurde man später darauf aufmerksam und stellte die Reste des gotischen Baus sicher. An dieser Stelle soll auch mal erwähnt werden das ich Caspar David Friedrich schon als Kind sehr mochte und heute noch genauso. Dann hieß es den ganzen Weg zurück zu latschen… aber zur Belohnung gönnte ich mir im Störtebeker Brauhaus in einem der gotischen Giebelhäuser am Markt zwei frische Hopfengetränke bevor es dann 16:00 Uhr zurück nach Stralsund ging.

Caspar David Friedrich: "Klosterruine Eldena bei Greifswald" 1824-1825 (Bild Gemeinfrei)
Klosterruine Eldena heute

Nach einer Pause in der dieser Bericht entstanden ist, ging es zurück in Stralsunder Gastronomie. Mit Fischsuppe und einem Salat in Greifswald durfte es etwas mittelgroßes sein und da wurde ich fündig im Torschließerhaus. Der Torschließer war der Security Man des Mittelalters… er wachte am Stadttor… in diesem Falle am Kütertor und wohnte auch gleich da… besonders angesehen waren die Leute damals wie heute nicht… sie zählten zur Unterschicht. Das Haus vom Torschließer wurde 1281 erstmalig erwähnt, Ende der 1970er Jahre zum Restaurant umwidmet und seit 1993 in einer Hand. Sehr liebevolle Details überall, das Essen war prima, es gibt lokales Bier der Störtebeker Brauerei und das Personal war supernett… zu allem Überfluß kostete das Essen auch nur 12€ statt 19€ in einem neuen durchdesigneten Brauhaus. Für einen (ok…drei) Absacker ging es dann nochmal ins Bengunn… dort war es heute (jetzt wo ich weiß warum es gestern voll war) eher ruhig, aber trotzdem busy… wäre wohl mein Laden wenn ich hier wohnen würde… Mein iPhone vermeldete 36.000 Schritte heute … Rekord! Das letzte mal als die Füße dermaßen gequalmt hatten war letztes Jahr in Bremen mit 3.000 Schritten weniger… reicht für heute…

Das Torschließerhaus am Kütertor

Tag 3 – Stralsund: Die Hansestadt Stralsund bekam 1234 (leicht zu merken) das Stadtrecht, war Gründungsmitglied der Hanse… wurde in dieser Zeit stinkreich und war deshalb in der Lage eine tolle Innenstadt zu bauen… mit drei teils monumentalen Backsteinkirchen und einem sehr repräsentativen Rathaus. Das alles erinnert ein wenig an Lübeck… im Gegenteil zu dieser anderen Hansestadt hatte Stralsund aber deutlich mehr Glück was Beschädigungen der Stadt im zweiten Weltkrieg angeht… verschont wurde Stralsund zwar nicht aber auch kein Inferno wie anderswo. Gemeinsam mit der Altstadt von Wismar zählt die Altstadt von Stralsund seit 2002 zum Unesco Welterbe. Stralsund (etwa 60.000 Einwohner) ist auch das Tor zu Deutschlands größter Insel Rügen. Die neue Rügenbrücke ist im gesamten Stadtbild nicht zu übersehen. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen auch das Meeresmuseum, das Stralsund Museum (beide derzeit wegen Umbau dicht) und das Ozeaneum (nicht in meiner Tour vorgesehen).

Das historische Stadtzentrum von Stralsund vom Turm der Marienkirche
Rügenbrücke und Rügendamm

Heute hieß es für mich ein wenig in diese Stadt eintauchen… und das geht am besten nicht mit tauchen sondern Treppen steigen… 366 Stufen sollen es sein… wie immer war ich froh das mich niemand gesehen hat wie ich den alten Kadaver nach oben geschleppt habe… aber der Lohn war durchaus sehenswert… der Turm der Marienkirche ist mit 104 Metern der höchste der Stadt, der Aussichtspunkt in der barocken Laterne mag bei etwa 90 Metern liegen und der Rest der Stadt liegt einem zu Füßen. Die Marienkirche ist eh ein Monster der Backsteingotik: etwa 100 Meter lang, knapp 33 Meter hohes Mittelschiff, ein dreischiffiges Querhaus (hat in Deutschland nur noch die Dome in Köln und Schwerin), umbauter Raum: knapp 120.000 m3… Bis zu einem Blitzeinschlag 1647 sogar das mutmaßlich höchste Gebäude der Welt… damals gabs einen sehr hohen Spitzturm der es auf 151 Meter gebracht haben soll. Dabei ist die Marienkirche noch nicht mal die Nummer Eins in der Stadt… außer in Punkto Größe. Die Ausstattung im Kircheninneren ist gemessen an der Größe eher schlicht, das lag an Ereignissen im Zuge der Reformation und auch kriegsbedingten Verlusten. Die Marienkirche beeindruckt vor allem mit ihrer monumentalen Größe.

Die mächtige Marienkirche am Neumarkt
St.Marien Inneres nach Westen

Danach ging es in die zweitgrößte Kirche der Stadt: St.Nikolai… direkt neben oder hinterm Rathaus gelegen ist die älteste Kirche Stralsunds… von den Ausmaßen etwas weniger üppig als St.Marien aber dafür mit Doppelturmfront, ursprünglich gab es auch dort gotische Spitztürme aber nach deren Zerstörung durch ein Feuer im Jahre 1662 erhielt nur ein Turm eine barocke Haube und der andere nur ein schlichtes Notdach… ein Provisorium was bis heute hält und der Silhouette der Stadt einen markanten Stempel aufdrückt. Bemerkenswert ist die deutlich reichhaltigere Ausstattung des Innenraumes im Vergleich zur Marienkirche… zahlreiche Altäre und sonstiges Sakralgedöns… viele verschiedene Möbel… Bürgermeistergestühl, Krämerbänke… da waren viele Stände zuhause… mutmaßlich die etwas besser gestellten Bürger der Stadt… war ja auch die Ratskirche. Insgesamt erinnert viel an die Marienkirche zu Lübeck.. auch diese hat diese enge Verbindung zum Rathaus und gilt als die Mutter aller Backsteinkathedralen Norddeutschlands.

St.Nikolai Inneres nach Osten
Das Mittelalter war vermutlich bunter als gedacht...
Eine komplett im Original erhaltene astronomische Uhe von 1394 (!)

Neben Streifzügen durch die Altstadt gibt es noch das Mittagessen bei den Suppenmachern zu erwähnen… tolles Geschäftsmodell was ich auch schon in Bremen und Koblenz erlebt habe… nur von 11:00-15:00 Uhr geöffnet aber rammelvoll mit Locals und Leuten die sich das abfüllen lassen und mitnehmen. Danach gab es eine kleine Pause bevor es zum nächsten Programmpunkt ging: das Brauquartier der Störtebeker Brauerei bzw. der Braugasthof der Brauerei. Der liegt im Süden der Stadt, von meiner Unterkunft die ja auch schon etwas abseits ist nochmal gut 20 Minuten Fußweg… zwischen komplizierter Verkehrsführung auf Bundesstraßen… auch Richtung Rügenbrücke, Eisenbahngleisen, Umspannwerk und Küchenflair „Vincent“ liegt die Manufaktur die ja schon länger ihren guten Ruf weit über die Region hinaus verbreitet hat.

Die Störtebeker Brauerei
Das Braugasthaus von Störtebeker

Wie eine kleine Craftbeerklitsche sieht das auch nicht aus… das hat schon seine Größe. Bis heute dachte ich auch das es sich um eine neuzeitliche Brauerei a la BRLO oder Brewdog handelt die einfach mal mit etwas Sponsoring von Null auf Hundert aus dem Boden gestampft wurde… aber nein… ich muß mal wieder nach dem Motto Opa erzählt vom Krieg einhaken: In der DDR war Bier wie in den meisten Ländern Ost- oder Westeuropas Grundnahrungsmittel. Wie auch sicher im Westteil Deutschlands schwankte aber auch die Qualität des Gerstensaftes regional… so war es im Ostteil Deutschlands vom Vorteil Bier aus dem Süden der Republik zu trinken weil es in aller Regel besser schmeckte… Berlin und Potsdam waren so die Mitte was irgendwie OK war… aber nördlicher wurde es haarig… Mitte bis Ende der 1980er Jahren… ich war +/- 20 Jahre alt, war unser Urlaubsziel gerne die Ostsee… Usedom, Rügen, Prerow… wie tausende andere Ossis auch… nur das Bier im Norden… sei es das aus Rostock oder gar (Höchststrafe) Stralsund war ganz einfach eine Verletzung der Menschenrechte (oder ist gutes Bier da gar nicht drin verankert… aber egal…) Da wir damals teilweise noch mit Fahrrad , Moped oder Motorrad anreisten hieß das: keine Bierkästen mitnehmen… gesoffen werden sollte freilich schon… und Schnapstrinker waren wir auch nicht, also wurde ein 10 Liter-Kanister gekauft, in dem eine Anzahl Wodka reingegossen wurde, dann einige Packungen Brausepulver (Grapefruit oder Orange) dann an den Zeltplatzwasserhahn und aufgefüllt… geschüttelt und getrunken… schüttelt mich zwar in meiner Erinnerung auch aber war trotzdem Lichtjahre besser als Stralsunder Bier. Die Brauerei die 1827 als Stralsunder Vereinsbrauerei gegründet wurde war sogar seinerzeit Hoflieferant der Ostseebäder, als die DDR ein VEB draus machte schmeckte es wie s.o., als die Wende kam drohte das wirtschaftliche Aus. Eine Unternehmensgruppe kaufte die Brauerei und machte ab einem gewissen Zeitpunkt nichts mehr falsch… sie sicherten sich das Exklusivausschanksrecht für die Hamburger Elbphilharmonie noch vor deren Grundsteinlegung und sind in ganz Deutschland bekannt und beliebt… das Aschenbrödel unter den Bieren… sollte man als Zeichentrickfilm mit Bierflaschen als Schauspieler verfilmen. Die Biere der Brauerei konnten mir bis jetzt ausnahmslos gefallen, auch die heutigen die einen leckeren Stralsunder Fischtopf flankierten. Nach drei Bieren ging es erstmal in die Unterkunft weil es eh am Weg lag.

Stralsunder Bier aus der Störtebeker Brauerei in der ältesten Hafenkneipe Europsa: Zur Fähre
Nostalgisch hübsch... aber lecker ist anders... DDR Belustigungsmittel

Nach einer Stunde Pause ging es nochmal… letztmalig in die Altstadt. Ziel war heute nicht mehr oder weniger als die älteste Hafenkneipe Europas… irgendwo las ich sogar die älteste (noch existierende) Kneipe der Welt: „Zur Fähre“ unweit des Hafens… 1332 erstmals erwähnt ist das natürlich schon eine andere Hausnummer als das Offside deren Räume seit 1910 existieren… aber was solls… der Laden ist besonders bei den Locals beliebt… ich war einer der jüngeren Besucher und die Chefin jr. macht einen sehr guten Job wie sie die Leute dirigiert… da wird jeder mit jedem zusammengesetzt und da gibt es auch nichts zu diskutieren… wie anderwo (auch am Gesundbrunnen) durchaus mal. Dort gab es auch die Produkte der Störtebeker Brauerei und das war auch genau der richtige Ausklang dieser Tour. Stralsund erleben ohne viele Touristen geht nur außerhalb der Saison und es lohnt sich… diese alte Stadt hat so viel zu bieten wenn man sich für Kunst, Architektur und Geschichte interessiert. Wenn man auch noch an Gastronomie interessiert ist kann man auch fündig werden… ich habe alle Sachen die ich mir voraus ausgesucht habe besucht und alle waren gut. Stralsund ist von meinem Wohnort 3 Stunden entfernt… würde der Zug nicht an jedem Briefkasten halten wären es nur zwei… oder gar weniger… jedenfalls vom Gesundbrunnen ein Klacks… Greifswald genauso… den Riesenritt den ich gestern gemacht habe sollte man aber besser auf zwei Tage einteilen. Einen Teil Zwei zur Ostseeküste wird es definitiv geben… da warten noch Rostock, Wismar und paar kleinere… dieses Jahr nicht mehr… aber sicher bald.