McLarsen

Wedding und Gesundbrunnen… Geschichte, Bauten, Stories

Hier gibt es eine kleine Geschichtsstunde über Wedding und Gesundbrunnen, die Jülicher Straße und das Lokal in der Jülicher Straße, was heute das Offside ist. Die Geschichte der Stadtteile ist natürlich nicht vollständig, das würde den Platz hier sprengen …nach und nach wird hier aber auch ergänzt…

 

Wedding und Gesundbrunnen

Wedding und Gesundbrunnen bei Berlin im Jahre 1798... noch nicht viel los...

1251 : Erste urkundliche Erwähnung von „…eine Mühle im Gebiet des Dorfes, welches Weddinge hieß, am Flusse Namens Pankow erbaut…“ Namensgeber war ein gewisser Rudolphus de Weddinge, er war es wohl der das Dorf anlegte… er selber war ein Burgmann… Krieger… Ritter. Es wird vermutet das er dem Markgrafen von Brandenburg diente indem er mit einigen Bauern ein Sicherungstrupp im Hinterland der Flussübergänge von der Havel (bei Spandau) und der Spree (bei Berlin) stellte. Warscheinlich existierte das Dorf nicht lange… warum auch immer… erst um 1600 gab es Nachweise vom Vorwerk Wedding in der Gegend der Reinickendorfer Straße.

1748 : erste urkundliche Erwähnung einer eisenhaltigen Quelle zwischen Panke und heutiger Badstraße

Darstellung vom Gesundbrunnen (spätes 18.Jh) auf 1920er Geldscheinen

1758-1760 : Der Hofapotheker Wilhelm Behm errichtet, teils mit königlichen Fördergeldern eine Anlage um die Quelle… vorläufiger Name : „Friedrichs-Gesundbrunnen“
1808 : Erwerb der Quelle durch Christian Gottfried Flittner. Umbenennung in „Luisenbad“ (nach Königin Luise)
um 1876 : Die Eigentümer Carl und Emil Galuschki errichteten repräsentative Gebäude um die Quelle welche sich in einem kleinen barocken Pavillon befindet, mit dem Namen „Marienbad“. 1891 wurde die Quelle bei Kanalisationsarbeiten beschädigt, 1908 wurde der Pavillon abgerissen.

Das Brunnenhäuschen am Gesundbrunnen ca. 1900

1861 : Wedding und Gesundbrunnen werden in Berlin eingemeindet. Das Gebiet um Marienbad und Badstraße wird zum Ausflugs- und Vergnügungsviertel. Die Badstraße wird zur beliebten Einkaufsmeile.

Ende 19.Jh. : Wedding und Gesundbrunnen wird dicht besiedelt. Es entsteht ein Arbeiterbezirk mit Industriestandorten wie AEG und Mietskasernen im Brunnenviertel, z.B. Meyers Hof in der Ackerstraße mit 5 Hinterhäusern für zeitweise 2100 Menschen.

1820 : Einwohner von Wedding & Gesundbrunnen : 350 Einwohner
1866 : Einwohner von Wedding & Gesundbrunnen : 17.000 Einwohner
1900 : Einwohner von Wedding & Gesundbrunnen : 140.000 Einwohner
1914 : Einwohner von Wedding & Gesundbrunnen : 251.000 Einwohner
1930 : Einwohner von Wedding & Gesundbrunnen : 361.000 Einwohner

Meyers Höfe ca. 1910. Foto : Willy Römer

1933-1945 : In der Zeit des Nationalsozialismus war Wedding und Gesundbrunnen Ort des antifaschistischen Widerstandes und kommunistische Hochburg (Roter Wedding).
Durch die Industriestandorte und dem Hochbunker mit Flakturm im Humboldthain wurde die Gegend Ziel zahlreicher Bombenangriffe.

1945: Stunde Null am Bahnhof Gesundbrunnen

nach 1945 : Nach dem Krieg gehörte der Bezirk zur französischen Besatzungszone.
Durch die grenznahe Lage zum Ostsektor wird die Badstraße zu einer der beliebtesten Einkaufsboulevards Berlins. Nach dem Mauerbau 1961 war das schnell vorbei. Der Ortsteil Gesundbrunnen war bis 1989 etwa um die Hälfte von der Mauer umschlossen und wurde zum Stadtrand von Westberlin.
In den 1970- und 80ern wurden ganze Straßenzüge abgerissen und mit zeitgenössiger Architektur bebaut (Kahlschlagsanierung)
Am 09.11.1989 öffnete am Grenzübergang Bornholmer Straße als erstes die innerdeutsche Grenze. 

Grenzverkehr nach Mauerfall 10.11.1989

2001 wurden die Bezirke Wedding, Tiergarten und Mitte zum Stadtbezirk Mitte vereinigt. Wedding und Gesundbrunnen sind seither nur noch Ortsteile.

Das Wappen des Stadtbezirks Wedding (1955-2001)

 

Verkehr am Gesundbrunnen

1900 : Der Bahnhof Gesundbrunnen entsteht als Fern- Vorort- und S-Bahnhof.
1930 : Gesundbrunnen wird Endpunkt der U-Bahn Linie Gesundbrunnen – Neukölln (heute U8).

1902-1905 : Bau der 228 m langen Swinemünder Brücke (im Volksmund : Millionenbrücke)
1913-1916 : Bau der Hindenburgbrücke (heute Bösebrücke) in der Bornholmer Straße.

Der Bahnhof Gesundbrunnen 1935. Im Hintergrund das Kino Lichtburg.

Hertha an der Plumpe

Hertha Fußballspiel im Stadion am Gesundbrunnen um 1930, im Hintergrund die (heutige) Bösebrücke und die Schule in der Ellerbecker Straße.

1902 : Eröffnung des Schebera Platz zwischen Jülicher- und Behmstraße.
1904 : BFC Hertha 1892 (heute Hertha BSC) siedelte sich auf dem Schebera Platz an. Der Platz wurde das Fußballzentrum des Berliner Nordens. 1923 erwarb der Verein SV Norden-Nordwest (NNW) das Gelände und Hertha errichtete auf der anderen Seite der Behmstraße das Stadion am Gesundbrunnen. 1924 errichtete NNW das Kasino an der Jülicher Straße 14.
1930 und 1931 feierte Hertha die deutsche Meisterschaft am Gesundbrunnen.
Im zweiten Weltkrieg wurde das Stadion stark beschädigt und 1974 abgerissen. Auf dem ehemaligen Schebera Platz spielt bis heute NNW. Er ist Deutschlands ältester noch existierende Vereinsspielplatz.

Musik 2020

…Musik im Seuchenjahr… da gab es theoretisch mehr Zeit zum Musik hören als in anderen Jahren… theoretisch zumindest… in der Praxis war das allerdings weniger so… es gab viel weniger Gelegenheit mit anderen Leuten etwas zu hören und sich gegebenenfalls darüber auszutauschen… so war 2020 musikalisch nur ein Jahr wie viele anderen auch… bei mir zumindest… Hier folgen in den nächsten Tagen einige Schönheiten des Jahres… musikalischer Art…

BEST OF 2020 - TOP 10

PLATZ 10 – FONTAINES D.C. – „A HERO’S DEATH“

Düsteres zweites Album der Band aus Dublin City (D.C.)… überwiegend tiefer gelegte E-Gitarren mit senorem Gesang von Sänger Grian Chatten… gelegentlich auch als Sprechgesang… ziemlich unterkühlt aber ein faszinierendes Stimmungsbild tut sich da im Kopf auf…

PLATZ 9 – THE PSYCHEDELLIC FURS – „MADE OF RAIN“

…tjaja die Psychedellic Furs… die mochte ich früher sehr gerne, die ersten vier Alben und auch noch das letzte von 1991… dazwischen war einiger Mainstream-Murks. Gegründet wurde die Band bereits 1977. Seit ein paar Jahren geht meine Lieblingsband The Church öfters mit den Furs auf US Tournee, das trägt schließlich etwas zum Einkommen bei… Der Unterschied zwischen den beiden Bands ist jedoch, das Stand 2019 die Furs 7 Alben und The Church etwa 20 Alben veröffentlicht haben… eine aktive Band mit einer Museumsband unterwegs… nun gut, das ist jetzt vorbei, das neue Material ist insgesamt gut, sie sind deutlich wieder zu erkennen und es sind etliche sehr gute Songs dabei und das ist auch sehr erfreulich… ein Geniestreich ist das Album aber auch nicht… öfters musste ich denken : dafür haben die fast 30 Jahre gebraucht ? Egal… welcome back..

PLATZ 8 – FLEET FOXES – „SHORE“

Pünktlich zum Herbst gab es neues von den Fleet Foxes, dieser Band bei der ich an bärtige Hipster mit mehrstimmigen Gesang denke… Folkrock ist das… und das aus Seattle… der Stadt des Grunge… sehr schön das ganze, kuschelweich und sympatisch… wie ein guter Whisky am Lagerfeuer…

PLATZ 7 – IDLES – „ULTRA MONO“

…ähnlich wie bei Fontaines D.C. ist die Stimmung auf der dritten Idles Platte nicht gerade im Gutelaune-Modus…hämmernde Bässe und schneidende Gitarren, dann der oft wütende Sprechgesang… die Songs heißen „War“, „Anxiety“ oder „Kill Them With Kindness“… alles ist politisch und die Welt ist schlecht… fast so wie im richtigen Leben… hat mir viel Spaß gemach… diese Platte… in diesem Jahr.

PLATZ 6 – STEVE KILBEY & GARETH KOCH – „CHRYSE PLANITIA“

Steve Kilbey ist sowas wie mein großer musikalischer…hmmm… wie soll ich sagen… Gott ? …vielleicht schon, ist er doch Kopf meiner Lieblingsband The Church und auch Protagonist vieler toller Sachen außerhalb der Band… dazu noch ein sehr umgänglicher, kluger und netter Typ. Während die neue Church Platte noch auf sich warten lässt, kamen 2020 gleich vier Alben raus, die zumindest seine Beteiligung haben. Da wäre zum einen „11 Women“ in dem es um…ihr erratet es… Frauen geht (hat die Top 10 knapp verfehlt),  dann gab es eine Kollaboration mit der australischen Chanteuse Kate Ceberano und Sean Sennett „The Dangerous Age“ und zwei Alben mit Gareth Koch, einem Spezialisten für klassische Gitarre. Eines davon, nämlich „Songs From Another Life“ blieb mir irgendwie fremd, das andere „Chryse Planitia“ dagegen mochte ich sehr… auch wenn es „Nur“ Platz 6 ist. Bei manchen Songs fühlt man sich in die Vergangenheit bebeamt… bei „Stay Where You Are“ landet man direkt im Jahr 1982 auf dem Church Album „The Blurred Crusade“ und dem Song „Almost With You“… Retro ? …klar… aber sehr gut !

PLATZ 5 – HUM – „INLET“

Hum aus Illinois gibt es bereits seit über 30 Jahren, sie hatten wohl 1995 einen kleinen Hit mit dem Song „Stars“ den ich vorher allerdings nie gehört habe… genau so wenig wie die Band überhaupt. Die Zufallsentdeckung Hum macht Spacerock, Shoegaze… mit ziemlich tiefgelegten Gitarren und einer ordentlichen Dröhnung… eine Melange aus Bailter Space, Swervedriver und Killing Joke… aber alles mit sehr entspannten Vocals. .. lost in space… Der Song „In The Den“ ist mein zweitliebster Song des Jahres.

PLATZ 4 – EVEN AS WE SPEAK – „ADELPHI“

Even As We Speak aus Sydney gibt es auch bereits seit 1986. Sie waren auf dem legendären Sarah Label beheimatet, genau wie Field Mice oder Secret Shine… der Stil nannte sich c-86. 1993 hatte EAWS einen kleinen Hit mit „Drown“ …etwas zu poppig für mich zu dieser Zeit und die Band leider nicht weiter beachtet. 2020 nun das Comeback mit neuem Album und sehr guten Singles… klar ist das immer noch sehr poppig, aber mit Gitarren und das sehr gut… keine Ahnung was ich damals da gehört hab… ich habe mir die alten Sachen nochmal angehört… und – nein… das ist großartig… welch großer Fehler, diese Band nicht weiter zu verfolgen… allerdings kam danach auch lange nichts mehr. Ich hoffe sehr das es weitere Platten dieser sympatischen Band um die Krankenschwester Mary Wyer geben wird… und werde sie genau verfolgen. Ehrenwort.

PLATZ 3 – ALEX THE ASTRONAUT – „THE THEORY OF ABSOLUT NOTHING“

Auch Platz 3 kommt aus Sydney, es handelt sich um das Debutalbum von Alexandra Lynn aka Alex The Astronaut. Ich hatte die 25jährige Singer-Songwriterin schon seit ein paar Singles auf dem Schirm und fand alle Songs bis dato sehr stark… auch die Videos sind toll, bei „Caught In The Middle“ spielt sie mit ex- Go-Betweens Drummerin Lindy Morrison Tennis… irgendwann spendete sie ihre langen Haare für krebskranke… nein… diese Alex macht viel Spaß… ich hoffe wir werden noch viel von ihr hören.

PLATZ 2 – JAMES DEAN BRADFIELD – „EVEN IN EXILE“

James Dean Bradfield ist der Sänger der Manic Street Preachers, einer walisischen Band die ich seit fast immer sehr schätze. Sein (glaub ich) zweites Soloalbum dreht sich um den chilenischen Sänger, Musiker und Theaterregisseur Victor Jara, welcher 1973 von der Pinochet Junta ermordet wurde. Die Texte stammen von Patrick Jones, dem Bruder vom Manics Kollegen Nicky Wire. Diese lagen wohl schon länger in der Schublade und konnten nun sinnvoll verwendet werden. Musikalisch ist das nicht weit von den Manics entfernt, meistens klassischer Gitarrenrock, manchmal etwas Orchester… insgesamt 3 Instrumentals, welche auch tatsächlich sehr gut sind… Die Leadsingle „The Boy From The Plantation“ hat den vollständigen Namen im Refrain : Victor Lidio Jara Martinez… das alles im allerbesten MSP Sound und derart eingängig, das es mein Song des Jahres geworden ist….seit August krieg ich das Stück nicht mehr aus dem Ohr… aber warum auch (?)…

PLATZ 1 – MATT BERNINGER – „SERPENTINE PRISON“

Ich muß gestehen das es dieses Jahr nicht so einfach war das Album des Jahres zu küren, aber nicht weil alle so riesig waren sondern weil DAS absolute Überalbum dieses Jahr einfach nicht existierte… die Platten von Platz 1 bis 3 sind eigentlich drei gefühlte N2. 2 Alben… am besten davon noch das erste Soloalbum von Matt Berninger, dem Sänger der von mir hochgeschätzten Band The National. Der macht darauf das was er am besten kann: melancholische Musik zu fallenden Blättern, am Kamin und einem guten Single Malt in der Hand. Das alles verwoben mit seinerm schönen Bariton… nicht weit von dem entfernt was seine Band auszeichnet (die helfen hier aber auch mit), vielleicht etwas leichter und akustischer. Etwas Wärme braucht der Mensch… im Coronajahr 2020… congrats Mr. Berninger…

...knapp an der Top 10 vorbei...

…ohne Reihenfolge hier ein paar Songs von Platten die es nicht in die Top 10 geschafft haben oder auch einzelne Songs, deren Album mich nicht sonderlich beeindruckt hat… bzw. so eins garnicht existiert…

THE ORIELLES – „Come Down On Jupiter“ from Disco Volador

…das Video passt zum Jahr… Langeweile in Endlosschleife… den Song mag ich weil er abwechslungsreich ist und besonders diese Stelle, wo er Fahrt aufnimmt…

YUKON BLONDE – „In Love Again“ from Vindicator

…viele Sachen der Kanadier sind für den Indie-Dancefloor bestimmt, dieser Songs mit seinen schönen Gitarren ist eher die Ausnahme… für mich die gute…

CLOSE LOBSTERS – „Godless“ from Post Neo Anti

Mit einer neuen Platte der Schotten hatte wohl keiner gerechnet… Ende der 1980er waren sie sympatische Vertreter der c-86 Scene… das heißt Gitarren, Gitarren und Gitarren… wenns geht nicht zu glatt produziert… kommt auch 30 Jahre später noch gut…

HAZEL ENGLISH – „Wake Up“ from Wake Up

…zeitloser Pop der Australierin… war ein Ohrwurm im Sommer und lief oft bei radioeins…

WIRE – „Cactused“ from Mind Hive

…eine meiner ältesten Lieblingsbands, gegründet 1976 (da hab ich noch ABBA gehört 😉 und auch heute noch unverkennbar : Wire. Leider war die Platte nur auf der ersten Seite gut, sonst wäre sie in der Top 10…

ARAB STRAP – The Turning of Our Bones“ from As Days Get Dark (2021)

14 Jahre nach der letzten Platte der Schotten kann man das auch als Überraschung sehen… wenngleich auch nicht musikalisch, da ist alles wie gehabt…

SYSTEM OF A DOWN – „Protect The Land“ Single

…noch länger ist die letzte Veröffentlichung von SOAD her… diese Single erschien aus gutem Grund… der arminisch-stämmige Frontmann Serj Tankian ist beunruhigt was in der Heimat seiner Ahnen los ist…

X – „Alphabetland“ from Alphabetland“

…nochmal 10 Jahre länger als bei SOAD hat es bei X gedauert bis mal was neues kam… 25 Jahre ist das letzte Album der LA Punks her… das neue klingt frisch wie vor 40 Jahren…

BOB MOULD – „Siberian Butterfly“ from Blue Hearts

Bob Mould, ex- Hüsker Dü und Sugar ist ebenfalls ein Veteran des amerikanischen Punk… seit Jahren veröffentlicht er ein gutes Soloalbum nach dem anderen… sein diesjähriges ist besonders zornig… dieser Song hier ist im Prinzip der einzige Popmoment darauf…

TUNNG – „Death Is The New Sex“ from Dead Club

… Folk’s not dead… it even sounds different…

EELS – „Are We Alright Again“ from Earth To Dora

…seit vielen Jahren verlässliche Hitlieferanten sind die Mark Everett und seine ständig wechselnden Mitstreiter… was das Video angeht … das kommt davon wenn man Whisky aus geschmacklosen Kristalltumblern trinkt… 😉

THE STEREOTYPES – „Main Attraction“ from Secrets To Learn

Die Stereotypes aus San Diego verfolge ich schon ein viele Jahre… als warscheinlich einer der wenigen… ich glaube die spielen nur als Hobby, aber das sehr gut… „Main Attraction“ gehört in die Songs Top 5 des Jahres ! Bisher 10 Klicks auf das Video… what a shame…

SOPHIA – „Undone. Again“ from Holding On / Letting Go

…nur geringfügig bekannter als die Stereotypes sind Sophia, die Band von ex- God Machine Mastermind Robin Proper-Sheppard, ganz heimlich, still und leise erschien dieses Jahr ein neues, sehr gelungenes Album des Melancholikers…

DEL AMITRI – „Close Your Eyes And Think Of England“ from Fatal Mistakes (2021)

…schon wieder Veteranen… die Glasgower Band hatte ich lange nicht mehr auf dem Schirm, fand auch nicht alles gut, dieser Song allerdings erinnert an einstige Größen wie „Nothing Ever Happens“… und passt zum Brexit wie die Faust aufs Auge…

MIDNIGHT OIL – „Change The Date“ from The Makarrata Project“

Nach seiner Zeit als australischer Minister ist Peter Garret zurück bei der Musik seiner hochgeschätzten Band Midnight Oil die wirklich großartige Alben in den 1980ern lieferte… die Musik ist völlin im Hier und Jetzt ohne sich modernen Trends anzubiedern… sehr politisch engagiert und immer noch 100% Midnight Oil…

Musik 1985-2019

…früher gabs Mixtapes, später CDs… dann mp3-Sampler… heute gibts einen schnöden Link… aber der kann ja von überall jederzeit abgerufen werden… daher auch nicht so verkehrt… ich werde hier von Zeit zu Zeit etwas von meinen musikalischen Vorlieben der letzten Jahre posten… wahlweise Apple Music oder Spotify… übrigens alles in traditioneller CD Länge…

2019

Die besten Alben von 2019… ohne Kritiken…

Platz 1 – Weyes Blood „Titanic Rising“
Platz 2 – Underground Lovers „A Left Turn“
Platz 3 – Alex Lahey „The Best Of Luck Club“
Platz 4 – Piroshka „Brickbat“
Platz 5 : Lower Dens „The Competition“
Platz 6 : The New Pornographers „In The Morse Of Brake Lights“
Platz 7 : Blood Red Shoes „Get Tragic“
Platz 8 : Ilgen-Nur „Power Nap“
Platz 9 : Ladytron „Ladytron“
Platz 10: Hatchie „Keepsake“

 

2018

…alle Jahre wieder…schließlich gibt es ja auch in den langweiligsten Jahren immer ein paar sehr spannende Lieder. 2018 habe ich mich selbst dabei ertappt, daß ich auch nicht mehr der klassische Albumhörer bin sondern lieber einzelne Songs rauspicke. Aus diesem Grund gibt es dieses Jahr auch nur eine Album Top 3 :


Platz 3 – Interpol „Marauder“
Platz 2 – Steve Kilbey „Sydney Rococo“
Platz 1 – Metric „Art Of Doubt“


Beste Songs waren :
Platz 3 – Steve Kilbey „Sydney Rococo“
Platz 2 – Frokedal „Believe“
Platz 1 – Neko Case „Curse Of The 1-5 Corridor“


…wer möchte kann das alles nachhören auf meiner Best Of Playliste, in loser Reihenfolge auf Apple Music oder Spotify. :

 

2017

BEST OF 2017 : (Alben) 
1. – The Church „Man Woman Life Death Infinity“
2. – Slowdive „Slowdive“
3. – Afghan Whigs „In Spades“
4. – Stars „There Is No Love In Fluorescent Light“
5. – Broken Social Scene „Hug Of Thunder“
6. – New Pornographers „Whiteout Conditions“
7. – Alvvays „Antisocialities“
8. – Waxahatchee „Out In The Storm“
9. – Grizzly Bear „Painted Ruins“
10. – Pixx „The Age Of Anxiety“

Platz 10. – Pixx „The Age Of Anxiety“ :

Platz 9 : Grizzly Bear „Painted Ruins“

Platz 8. – Waxahatchee „Out In The Storm“

Platz 7. – Alvvays „Antisocialities“

Platz 6. – New Pornographers „Whiteout Conditions“

Platz 5. – Broken Social Scene „Hug Of Thunder“

Platz 4. – Stars „There Is No Love In Fluorescent Light“

Platz 3. – Afghan Whigs „In Spades“

Platz 2. – Slowdive „Slowdive“

Platz 1. – The Church „Man Woman Life Death Infinity“

2016

McLarsen’s Music – Best Of

2016

…ich weiß, früher war mehr Lametta, da gab es Top 10 und Top 20 und immer noch einen langen Text von mir dazu, dieses Jahr gibt es die Plätze 6-10 nur zur Info, das wären die hier :

10 – Younghusband „Dissolver“

09 – Dinosaur jr. „Give Glimpse Of What Your Not“

08 – Bob Mould – Patch The Sky“

07 – Teenage Fanclub „Here“

06 – Diarrhea Planet „Turn To Gold“

Platz 5 : THE SLOW SHOW – DREAM DARLING
…über die Band bin ich nur zufällig gestolpert, sie kommen aus Manchester und machen das, was Nina gerne als Schnarchnasenmusik tituliert. Ideal zum Nachmittagstee in der Winterzeit geeignet, haben wir hier opulente Klänge die alles mögliche verbreiten außer Hektik. Dieser eine Song „Ordinary Lives“ allerdings war es, das dieses Album in die Top 5 gerutscht ist, es ist mein Song des Jahres. Er beginnt mit der außergewöhnlichen Stimme des Sängers… ist das ein erkälteter Iggy Pop oder Lambchop (?), Tindersticks (?), sind das The National unter anderem Namen (die haben einen Song namens Slow Show) ? …ist das schon was aus dem Nachlass von Leonard Cohen ?.. Bei der Stimme muß ich an einen alten Mann mit Rauschebart denken, das ist allerdings nicht der Fall, The Slow Show sind eine junge Band mit ihrem zweiten Album. Der Song fängt gemächlich an, steigert sich aber in seinem Lauf, gegen Ende Streicher, Bläser, Orchester… Halleluja… dazwischen immer wieder diese Stimme… großartig. Das das live ebenfalls eine Nummer zu sein scheint, kann man hier: https://www.youtube.com/watch?v=nN9OkjRXjGg sehen, schaut mal mit was für einer Mannschaft die auf die Bühne kommen, ziemlich großes Kino…, unbedingt bis zum Ende anschauen…
P.S. Das Video von „Ordinary Lives“ hab ich selber gerade zum ersten mal gesehen und ich finds toll. Vor vielen Jahren hab ich mal irgendwas in einer Senioreneinrichtung gebaut und dabei einige Fotoalben im Müll gefunden. Die Bilder sahen genauso aus und ich fand es auch deprimierend, wie die letzten Spuren eines gelebten Lebens so einfach mir und dir nichts verschwinden…

Platz 4 – UNDERWORLD – BARBARA BARBARA, WE FACE A SHINING FUTURE
Underworld hießen Anfang der 80er Jahre Freur, hinterliesen zwei Alben und einen der unterbewerteten Songs des Jahrzehnts : „Doot Doot“. Da sich der Name Underworld deutlich besser verkauft, benannte man sich um und die Musik wurde tanzbarer. Als die 80er vorbei waren, kam Techno, die Höchststrafe für Leute wie mich, die die elektrische Gitarre lieben. Underworld wurden zu Stars in der Szene und mit „Born Slippy“ aus dem Film „Trainspotting“ gelang ihnen auch ein großer Hit. Das ist jetzt über 20 Jahre her und die Band um Carl Hyde veröffentlicht immer noch Alben. Techno ist das freilich nicht, elektronische Tanzmusik schon und als Band eine der wenigen ihrer Art, für die ich mich interessiere. Das Album macht vor allem wegen seiner Vielfalt Spaß, „I Exhale“ klingt wie The Fall, anderswo steckt sowas wie Britpop hinter der elektronischen Fassade, der beste Song jedoch fährt auf der Ambient Schiene : „Low Burn“ ist etwas für den Kopfhörer im Halbschlaf, man fliegt durch bizarre Landschaften… irgendwas wird auch gesungen, aber das ist nicht wichtig…

PLATZ 3 – GROUPLOVE – BIG MESS
Die Bronzemedaille geht dieses Jahr an die Kategorie Gute-Laune-Musik. Grouplove, eine junge Band aus L.A. kennt man (so man öfters dort ist) von der Offside Playlist mit dem Song „Tongue Tied“, welches seit über 5 Jahren immer wieder mal auftaucht und auch in der Top 25 vertreten ist. Das neue Album „Big Miss“ ist eine Ansammlung von Songs, die durch die Bank Hitsingles sein könnten. Musikalisch ordnet man sie etwa in der Mitte zwischen Arcade Fire und den Pixies ein, aber auch diesen ganzen Bands mit Hu! und Ha! (Of Monsters & Men, Lumineers etc.) stehen sie nahe. Häufig geraten die Lieder etwas over the top, manchmal auch laut („Traumatized“ ist Pixies pur…), immer gut für das Autoradio oder wo man auch sonst nichts anstrengendes braucht. Zwischendurch wird auch mal das Fuß vom Pedal genommen (Enlighten Me“, „Spinning“), das tut auch gut. „Good Morning“ funktioniert mit Electronic für den Dancefloor oder das Hitradio…Nur einmal kurz vor Schluß schießen sie mit „Don’t Stop Making Happen“ etwas übers Ziel und ich wähne mich auf einer ABBA Party, aber wirklich schlecht ist auch das nicht. Während es auf manchen Alben der eine, die zwei oder auch drei Songs sind, die es zu etwas Besonderem machen, sind es hier die vielen etwas kleineren Songs, die das Album in meinem Falle zur Nummer 3 machen… Eigentlich hatte ich erwartet, das das woanders auch so gesehen bzw. gehört wird, aber erstaunlicherweise scheint es niemand zu interessieren… Schade.

Platz 2 – HALEY BONAR – IMPOSSIBLE DREAM
Der Abstand zwischen Platz 2 und 1 ist dieses Jahr ziemlich gering, ich habe bis zuletzt hin und her gewogen, aber ein guter zweiter Platz ist ja auch etwas. Haley Bonar, kanadische Singer/Songwriterin Anfang 30 fiel mir mit ihrem letzten Album „Last War“ auf, besonders mit der Single „Kill The Fun“, ebenfalls ein Hit in der Offside Playlist. Erstmals verließ die Musikerin den Pfad der Singer/Songwriter Schiene und mischte Pop mit etwas Shoegaze in die Songs, was teils sehr gut gelang. Das Nachfolgealbum „Impossible Dream“ macht in etwa dort weiter, fährt aber mehr in Richtung Rock als Pop. Der Opener „Hometown“ zeigt sehr gut die Palette von Haley Bonar, etwas Folk, etwas Rock, stets sehr schön zu hören, nicht weit von Neko Case entfernt. Als ich im September in Schottland war, hab ich die Platte hoch und runter gehört. Highlights sind die etwas rockigeren Sachen „Kismet Kill“, „Call You Queen“ und „Stupid Face“. Ab und zu wird es ruhiger, aber nie kitschig, es ist alles schlicht und auf den Punkt produziert. Ich hoffe, von dieser Frau werden wir noch viel hören, immerhin lief „Kismet Kill“ schon öfters bei Radio Eins…

Platz 1 – TOY – CLEAR SHOT
Der fiktive Award der Platte des Jahres geht nach London an die Band TOY, deren drittes Album „Clear Shot“ sich am festesten in meinen Gehörgängen angesaugt hat. Musikalisch ist das auf jeden Fall Psychedellic Gitarren Rock mit Elementen von Shoegaze und Krautrock. Die zweite Platte „Join The Dots“ von vor drei Jahren konnte mich schon vollends überzeugen, nur dem Umstand geschuldet, das die Platte erst im Dezember rauskam, ist das sie nicht eine Top 3 Position bei mir einnehmen konnte. Der Unterschied zwischen den Alben 2 und 3 liegt vor allem an einer größeren Geschlossenheit, gab es bei „Join The Dots“ noch viele zerfranste psychedelische Ausflüge, die auch mal ein paar Minuten dauern konnten, gibt sich „Clear Spot“ deutlich kompakter, wenn auch durchaus nicht monoton, sondern abwechslungsreich. Pop „I’m Still Believing“ ist genau so dabei wie düstere, beinahe beklemmender Sound („Fast Silver“) oder eben auch tricky Psychedellikexkurse („Clear Shot“, „Cinema“) Neben zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug spielt auch das Keyboard eine große Rolle bei der Band, was am besten bei „Dream Orchestrator“, einem der besten Songs des Albums zu hören ist. …Jo, dann Blumenstrauß nach TOY… und das war es dann auch schon wieder mit der Top 10 2016, mal schauen (besser hören), was 2017 so los ist…

2015

MUSIK 2015 – DIE ALBEN Platz 10-06

Platz 10 : BEACH HOUSE – „Thank Your Lucky Stars“

…gleich zwe neue Alben hat das französisch/amerikanische dreampop Duo dieses Jahr veröffentlicht und ich bin ganz eindeutig bei diesem hier. Für die einen Schnarchnasenmusik, für andere schön luftig leichter Pop…

Platz 09 – MERCURY REV – The Light In You“

…ihre frühen Alben sind für mich unhörbares Avantgarde Gegniedel, 1998’s „Deserters Songs“ eines der besten Alben der 1990er, die beiden Nachfolger ebenfalls sehr groß. In letzter Zeit war es etwas still geworden um die Band, die mittlerweile nur aus Johnathan Donahue und einem Gitarristen namens Grasshopper besteht. „The Light In You macht ungefähr bei „The Secret Migration“ weiter, jedoch fehlen die großen Songs. In der Gesamtheit aber trotzdem ein Top 10 Album… Herbst pur…

Platz 08 – WOLF ALICE – „My Love Is Cool“

…sowas wie mein Sommeralbum, Pop für alle Altersgruppen, ohne dabei billig zu wirken…

Platz 07 – KILLING JOKE – „Pylon“

…seit 35 Jahren dabei und kein bischen leiser. Vielleicht nicht die beste Platte ihrer Karriere, aber mindestens 3 Songs wären für eine Best Of gesetzt.

Platz 06 – THE CHILLS – „Silver Bullets“

…ebenfalls seit 35 Jahren dabei sind The Chills aus Neuseeland, die haben allerdings deutlich weniger Material veröffentlicht. „Silver Bullets“ ist das erste „richtige“ Album seit 1996 und bringt all das wieder, was diese Band auszeichnet : cleverer Kiwi Pop mit intelligenten Texten…

Platz 5 : THE MACCABEES „Marks To Prove It“


…Nachfolgeplatte vom ziemlich grandiosen „Into The Wild“ Album, auc gut, vielleicht nicht ganz so großes Kopfkino…

Platz 4 : BEST COAST „California Nights“


…irgendwo zwischen (späten) Hole, Dum Dum Girls, Beach Boys und Ramones, hat sich das (natürlich kalifornische Duo Best Coast angesiedelt. …die Mischung macht Spaß

Platz 3 : HALEY BONAR  – „Last War“


…das war das erste Album des Jahres, was es mir angetan hatte. Irgendwo zwischen Neko Case und New Order…

Platz 2 : DEERHUNTER „Fading Frontier“

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Platz 1 :
SWERVEDRIVER“ I Wasn’t Born To Lose You“


….töröööh, Platte des Jahres : Swervedriver. Die Band existiert bereits seit 25 Jahren, machten aber nicht allzu viele Veröffentlichungen, diese Platte ist auch die erste seit 1998. Die Band macht schöne laute Gitarrenmusik, Dreampop in der noisigen Variante. Bislang war die Band auf meinem Zettel nie ganz oben, dieses Jahr, mit dieser Platte hat es geklappt. 10 Songs, wenig Durchschnitt (Setting Sun) und nur ein Ausfall (Red Queens Arm Race), viele knackige Shoegazersongs.

MUSIK 2015 – DIE SONGS Platz 10-06
Platz 10 : Belle & Sebastian – „Nobody’s Empire“

…sicher hat die Band aus Glasgow schon bessere Alben produziert, dieses hier ist wohl ein wenig für Tanzmäuse gedacht…, aber diese eine Song hätte schon Platz auf einer Best Of…

Platz 09 : John Grant – „Down Here“

…beim Barte des Propheten, ich liebe diese Stimme, außerdem kann der Typ akzentfrei deutsch, türkisch, isländisch und was weiß ich was noch alles für Sprachen… nicht schlecht für’n Ami… Musikalisch sind seine Longplayer nur teilweise meine Sache, aber der hier ist schön…
Platz 08 : Therapy? – „Tides“

…das erste brauchbare Material der Nordiren seit über 20 Jahren. Dieser Song wäre ein würdiger Vertreter auf einem Hüsker Dü Tribute Album…

Platz 07 : Husky – „St. Joan“

…australische Bartträger mit tollem Ohrwurm.

Platz 06 : Other Lives – „English Summer“

…nochmal Bartträger…, sehr schöner Song, der erst nach zwei bis dreimaligen hören wächst…

Platz 5 : Lower Dens „To Die In L.A.“

…etwas poppiger als zuletzt, toller Ohrwurm, hier ein anderes Video als das offizielle…

Platz 4 : The Purrs – „You, The Medicine And Me“

…zwar schon zwei Jahre alt, aber erst dieses Jahr entdeckt, eine Band aus Seattle mit schöner kerniger Gitarrenmusik, dieser Song ab etwa gegen Mitte ist großartig. Leider gehen auf Albumlänge schnell die Ideen aus…

Platz 3 : Tame Impala – „Let It Happen“

…unbedingt zu erwarten war es erstens nicht, daß die Psychedellic Rocker auf einmal Stücke veröffentlichen, die jede Tanzmaus auf den Dancefloor treibt und zweitens war nicht zu erwarten, das mir sowas gefällt. Ähnlichen Verwandlungen geschätzter Künstler wie z.B. Arcade Fire konnte ich wenig abgewinnen, hier ist das anders, besonders der Teil ab Mitte des knapp 8minütigen Teils mit alten, analogen Keybords erfreute mich dieses Jahr sehr. Nur mit dem dazugehörigen Album kann ich nichts anfangen, da hätte ich doch gerne die Gitarren wieder…

Platz 2 : Haley Bonar – „Kill The Fun“

Platz 3 bei den Album, Platz 2 bei den Songs und dazu ein bemerkenswertes Video dazu… nicht schlecht Haley Bonar…toller Popsong

Platz 1 : The Chills „America Says Hello“

…Platz 1, Song des Jahres und dann der einzige in meiner Wertung ohne verfügbares Video…, egal. Nicht nur wegen der Freude über das erste Lebenszeichen der Neuseeländer seit 1996 erklärt meine freudige Erregung, der Song ansich ist großartig, vielschichtig, mit Tempowechseln, düsteren Stellen, hellen Popmomenten, einem kritischen Text und sehr, sehr schwer wieder aus den Ohren zu kriegen. Der Song verfolgte mich mehrere Monate und ist somit mit gebührenden Abstand der Song des Jahres.

2014

Die Alben des Jahres 2014 :

Platz 10 : The Jezabels „The Brink“

…auch auf dem zweiten Album gelingt den Australiern noch nicht der große Wurf den man ihnen anhand einzelner sehr guter Songs zugetraut hätte, vielleicht wird es einmal eine geniale Best Of…

Platz 9 : Temples „Sun Structures“

…fast schon etwas frech, wie unbekümmert sich die jungschen Briten bei den Byrds bedienen und den Rickenbacker Sound der Endsechziger in die Neuzeit tragen, hier und da mit ein paar Anspielungen auf Endachziger Pop a la Stone Roses…

Platz 8 : Alvvays „Alvvays“

…schönes Debut der kanadischen Indiepopper, schöne gitarrenorientierte Musik für junge Leute, ähnlich Veronica Falls oder der bereits erwähnten Real Estate.

Platz 7 : The Fauns „Lights“

…als wenn 1991 vorgestern erst gewesen wäre spielen diese jungen Briten Dreampop in der Tradition von Lush, Ride, Chapterhouse oder Pale Saints, altbacken klingt es dabei zu keiner Zeit, manchmal etwas melancholisch, aber dafür ist Dreampop ja da…

Platz 6 : Bob Mould „Beauty & Ruin“

…bereits das zweite gute Album hintereinander, nachdem in den letzten 20 Jahren immerwieder mal komische Sachen vom Ex Hüsker Dü Sänger veröffentlicht wurden. Dieses Album ist etwas dunkler als „Silver Age“ von vor zwei Jahren, orientiert sich aber oft an seiner Musik mit Sugar aus den 1990ern…

Platz 5 : The Raveonettes „Pe’Ahi“

…seit Jahren eine verlässliche Größe, die beiden Dänen, mal mehr oder weniger laute und verzerrte Gitarren und abgrundtiefe Texte, stets sehr atmosphärisch und sehr gut…

Platz 4 : Real Estate „Atlas“

…für manche zu nett oder vielleicht zu simpel, für mich einfach nur wunderschöne Indie Gitarrenmusik von netten, sympathischen Menschen…

Platz 3 : The Horrors „Luminous“

Auf ihrem vierten Album knüpfen die blassen Briten an ihr letztes Albun Skying an, verbessern die New Wave geschwängerte Musik aber bedeutend damit, das sie nicht jeden Ton durch die psychedelische Leiermaschine schieben…, manchmal muß ich an frühe Simple Minds denken…

Platz 2 : Interpol „El Pintor“

Nach der ziellosen selbstbetitelten letzten Interpol Platte von 2010 gibt es wieder richtig gute Songs mit schönen Gitarren und dem gewissen Chamelions Feeling…

Platz 1 : The Church „Further / Deeper“

Meine Alltime Favourites werden nächstes Jahr 35 und seit 32 Jahren verfolge ich ihre Wege, sie haben über 20 Studioalben veröffentlicht und richtiger Schrott war in all den Jahren nie dabei, so auch diesmal nicht. Das erste Album seit 2009 und das erste ohne Gitarrist Marty Willson-Piper vereint die vielschichtige Ästhetik ihres 92′ Opus „Priest=Aura“ mit der rohen Energie von „Forget Yourself“ von 2003, kein Ausfall, The Church in Bestform, Anfang 2015 auch ausserhalb Australiens erhältlich.

2013

In den vergangenen Jahren gab es zu diesem Thema täglich eine ausführliche Auseinandersetzung. In diesem Jahr fehlt mir ein wenig Zeit und Muße dazu, daher gibt es heute schnöde und simpel die Top 10 der Alben 2013 auf einem Schlag. Platz 1 – Neko Case, war recht schnell eine sichere Nummer, die anderen Platzierungen dahinter hätten es in besseren Jahren wohl teilweise nicht so weit gebracht… will sagen : das Jahr 2013 wird nicht als Jahr der Schwemme genialer Alben in die Geschichte eingehen…. nun denn Tusch….türülü…
Die Platten des Jahres 2013 :


10 – ARCADE FIRE „Reflektor“

09 – TOY „Join The Dots“

08 – MGMT „MGMT“

07 – LLOYD COLE „Standards“

06 – CULTS „Static“

05 – FRIGHTENED RABBIT „Pedestrian Verse“

04 – KITCHENS OF DISTINCTION „Folly“

03 – PHOENIX FOUNDATION „Fandango“


02 – THE NATIONAL „Trouble Will Find Me“

01 – NEKO CASE „The Worse Things Get The Harder…“

2012

PLATZ 10 : LOWER DENS – NOOTROPICS


Die zweite Platte der Band Lower Dens aus Baltimore, ist fürwahr nichts für Leute, die Lust auf gute Laune haben. Finster und auch so bitter kalt kommen die Songs aus der Box, viel Elektronic ist dabei, einiges auch aus der verfremdeten elektrischen Gitarre, Shoegaze quasi, aber alles nur so viel wie nötig, alles wird minimalistisch präsentiert, an der einen und anderen Stelle gibt es Krautrock und Kraftwerk Verweise. Über allem schwebt die Stimme von Sängerin Jana Hunter, klar, fabelhaft und kühl. Stellenweise gibt es Verwandschaft zum gleichzeitig erschienenen Album „Bloom“ von Beach House, welche übrigens auch in Baltimore angesiedelt sind, stimmungsmäßig sind Beach House die Party und Lower Dens der Kater danach. Als Einflüsse für diese träumerische Musik erkenne ich Dead Can Dance, Cocteau Twins, Lush, Helium und Massive Attack (ca. Mezzanine). Eine Platte für zuhause, am besten alleine, aber wenn man sich traut in sie einzutauchen, hat man etwas erlebt…zieht euch aber warm an, es wird kalt…

PLATZ 9 : THE RAVEONETTES – OBSERVATOR


…sehr fleißig, was das dänische Duo so macht, fast jedes Jahr ein neuer Longplayer, wobei bei den Raveonettes die Betonung nicht zwingend auf LONG liegt, in der Kürze liegt die Würze, nur einer der 9 Songs des 2012er Album „Observator“ überschreitet die 4 Minuten Grenze. Aber nicht nur der Verzicht auf Längen zeichnet die Arbeiten der Kopenhagener aus, auch die Schlichtheit der Arrangements sind ein Markenzeichen, lieber werden die Verstärker etwas höher gedreht, so fällt es nicht weiter auf. Seit „Attack Of The Ghost Riders“ von 2001 hat sich dennoch einiges getan am Sound der Raveonettes, insgesamt sind die Stücke deutlich melancholischer, das Songwriting ist deutlich reifer geworden, ein Trend, der schon auf der letztjährlichen Veröffentlichung „Raven In A Grave“ zu hören war. „Observator“ ist im Schatten eines Auslandsaufenthaltes mitsamt Drogenentzug und Depression von Sune Rose Wagner entstanden und somit auch nicht eben gerade ein Partyalbum geworden. Der Titelsong ist ein wunderbar melancholisches Stück, bei dem ein Piano im Vordergrund spielt, „Curse The Night“ schon ziemlich düster, wäre nicht der nette Gesang von Sängerin Sharin Foo, hätte er wohl auch aufs erste Tindersticks Album gepasst. „The Enemy erinnert an The Smiths, „Sinking In The Sun“ gefällt mit melancholischen Shoegazepop, „She Owns The Streets“ zeigt eine freundliche, poppigere Seite des Duos, „Downtown“ ist C86 Schrammelgitarrenpop der mich an The Primitives erinnert. Überhaupt gibt es viele Reverenzen, The Jesus & Mary Chain sind stets nicht weit, aber auch Rockabillyelemente kann man hören. Insgesamt ein sehr gelungenes Album, nicht ganz so schwer wie Lower Dens (Platz 10), aber von Gutelaunemusik genau so weit entfernt. Zitat Sune Rose Wagner: „Der Klang des Albums ist schwelgerisch und schön, sein Herz aber ist trostlos und traurig. Es hat etwas von einem himmlischen Traum, in dem man langsam realisiert, dass man tatsächlich in der Hölle ist..“

PLATZ 8 : NADA SURF – „THE STARS ARE INDIFFERENT TO ASTRONOMY“


Immer wieder schön, alle paar Jahre kommt ein neuer Longplayer der Band, die 1996 einen mittelgroßen Hit mit „Popular“ hatte und immer wieder ist sicher, das sie gut ist, eine verlässliche Konstante sozusagen… Dieses Jahr ist die erste Veröffentlichung von Eigenmaterial seit 4 Jahren sogar besonders gut geworden, weil Matthew Caws wieder eine Steckdose für seine elektrische Gitarre gefunden hat, was den ja stets sehr netten Songs etwas mehr Würze verleiht. Inhaltlich geht es hier hin und wieder ums Älterwerden, tja …früher oder später fällt es jedem auf… Das schönste und für mich bemerkenswerte an diesem Album ist die anhaltende Ohrwurmlastigkeit, im Januar erschienen, surren immer noch verschiedene Lieder durch meinen Kopf. Der Powerpop von Nada Surf paßt nahezu zu jeder Gelegenheit und somit ist ziemlich jeder Song der Platte sehr häufig in der Offside Playlist gelaufen, jeder Song ein kleiner Hit.

PLATZ 7 : MELODIES ECHO CHAMBER „s/t“


Hinter dem Namen Melodies Echo Chamber versteckt sich die Französin Melodie Prochet und der Australier Kevin Parker, welcher hauptberuflich Sänger und Gitarrist von Tame Impala ist. Tame Impala, momentan selber recht erfolgreich, begeistern derzeit mit schwer psychdelisch angehauchter Gitarrenrockmusik. Auf einer ihrer letzten Europatouren lernten sich Parker und Prochet kennen, ihre Band My Bee’s Garden war die Vorband der Tournee. Im heimischen Perth ließ Parker die kammermusikalisch ausgebildete Prochet in seinem Studio einfach mal rumprobieren, um das Ergebnis hinterher noch ein wenig aufzupolieren. Das Ergebnis ist eines der besten Alben der Kategorie Dreampop seit sehr langen. Das Eröffnungsstück „I Follow You“ ist eine 1a Hitsingle, welche auch häufig im Tagesprogramm von Radio Eins zu hören ist. Die folgenden Stücke „Crystalized“, „You Won’t Be Missing That Part Of Me“, „Sleep Time Alone, Alone“ sind, zumindest in meinen Ohren absolut hochklassige Ohrwürmer mit verzerrten Gitarren, einiger Elektronik und mit dieser süßen Stimme von Melodie Prochet. Auf „Endless Shore“ hört man dann doch ziemlich Tame Impala durch, manche Songs werden französisch gesungen, gegen Ende zerfransen einige Stücke gelegentlich ins lärmig psychedelische. Wirklich neu ist diese Musik natürlich nicht, es ist ziemlich exakt das, was ich vor etwa 20 Jahren geliebt habe. Damals hießen die Bands der Stunde Lush, Ride oder Pale Saints, diese waren wiederum von 4AD Bands wie Cocteau Twins und Dead Can Dance, aber auch My Bloody Valentine, The Jesus & Mary Chain, sowie älteren Sachen wie Velvet Underground beeinflußt. Momentan läuft das Album bei mir noch auf Hochtouren, möglicherweise wäre eine höhere Wertung möglich gewesen, wäre das Album einen Monat früher erschienen…aber so ist das halt…

PLATZ 6 : SMASHING PUMPKINS – „OCEANIA“

Ich war nie ein Fan dieser Band, die Musik kreuzte meinen Geschmack nur punktuell, der Sänger war mir unsympatisch. Wohl war mir stets bewußt, das es einige große Songs von dieser Band gibt, „Tonight Tonight“ zum Beispiel, oder auch das allseits bekannte „1979“,wirklich interessiert hat mich das trotzdem nicht. Nun kam ich dieses Jahr zum neuen Album „Oceania“. Hier die Eindrücke meines ersten Erhörens : Song 1 „Quasar“, …nerv, schon wieder dieses uncoole Geleier von Billy Corgan und diese quengeligen Gitarren… Song 2 „Panopticon“… fängt genau an wie der erste aufgehört hat… (kurz vorm abschalten…)… doch dann bekommt der Song gerade so die Kurve, indem er einen guten Refrain losläßt, überhaupt wird er immer besser, Euphorie macht sich breit…. dann diese Energie… (hossa, ist ja doch gut…) Song 3 „The Celestials“, kommt teils akustisch, schöner Popsong, für Smashing Pumpkins Verhältnisse zumindest…, Song 4 „Violet Rays“, eine athmosphärische Ballade (hätte ich jetzt auch nicht wirklich mit gerechnet…) Song 5 „My Love Is Winter“… spätestens jetzt wird klar, das Album ist klasse, wieder Pop, sehr melodisch…Song 6 „One Diamond, One Heart“…jetzt kommt noch Elektronik ins Spiel, eine sehnsüchtige Ballade mit einem folklastigen Ende,  ich muß kurz an Waterboys denken, das ist großes Kino, was hier geboten wird, vor allem sind die Songs alle recht verschieden, das macht die Sache noch dazu spannend… Im zweiten Teil der Platte wird es hi und da etwas Progrocklastig, die Songs verlangen etwas mehr Aufmerksamkeit, beim 9minütigen Titelstück muß ich gelegentlich an The Chameleons denken, weniger wegen der Musik als wegen der Athmosphäre…ganz zum Ende wird mir das dann persönlich etwas zu viel, vielleicht hätten es 2-3 Songs weniger auch getan, das ist aber schon der einzige Kritikpunkt. Fazit : ein starkes Album, ich bin arg überrascht, das ich nach über 20 Jahren noch zu den Smashing Pumpkins gefunden habe…

PLATZ 5 : DEACON BLUE – „THE HIPSTERS“


Deacon Blue ist eine Band aus Glasgow, die 1987 ein ziemlich grandioses Debütalbum namens „Raintown“ veröffentlichten. Nach einem weiteren erfolgreichen Album und dem Minihit „Real Gone Kid“ wurde es dann etwas ruhiger, man sang von „Twist and Shout“ und vom „Chocolate Girl“, alles sehr hübsch, aber mehr auch nicht. Nach 11 Jahren nun überraschend ein neues Album in (fast) Originalbesetzung. Ich war gespannt. Beim Opener „Here I Am In London Town“ fühle ich mich sofort an die (leider noch unbekanntere) Band My Friend The Chocolate Cake erinnert, eine herzzereißende Pianoballade mit Streichern im Hintergrund und leicht angerauhten Gesang eines Sängers, der keine 20 mehr ist und auch nicht sein will. Es folgt das Titelstück, ein streicherdominiertes Stück Hochglanzpop im Stile späterer Prefab Sprout. Bereits hier wird klar, das dieses Album nicht mehr so sein will, wie die vorherigen Veröffentlichungen, die in meinen Ohren daran scheiterten, daß sie der Welt zeigen wollten, was für eine toll sie den Soul und Blues können… (eine Platte hieß auch „When The World Known Your Name“…). Sie sind nun mal nicht Van Morrison und das ist auch gut so, es sind zwar noch vereinzelte soulige Momente dabei, aber die fallen nicht weiter auf, vielmehr ist „The Hipsters“ ein exzellentes Popalbum von Leuten um die 50, die nichts mehr beweisen müssen und damit sehr sympatisch rüberkommen. In Schottland hat man diese Band eh nie vergessen, sie sind sehr beliebt, auch wenn sie 11 Jahre nichts neues veröffentlicht haben, jung und alt kennt sie, Ricky Ross macht nebenbei auch irgendwas im TV und wenn man sich nachts in den Bars von Glasgow rumtreibt, kann es gut passieren, das ein Pianoplayer den Song „Dignity“ anstimmt und der gesamte Laden lauthals mitsingt, alt wie jung, der Song ist 25 Jahre alt. Aber zurück zum Album, es hat noch etliche Höhepunkte, vor allem die zweite Singleauskopplung „The Outsiders“, bei der der Refrain sich langsam in die Höhe schraubt, ähnlich auch „Thats What We Can Do“, was auf breiteren Straßen fährt und ebenfalls von einem herrlichen Refrain gekrönt wird, in der die bereits schon früher sehr markante zweite Stimme von Backgroundsängerin Lorraine MacIntosh zurückkehrt. „It’ll End In Tears“ ist der beste Song, den die andere große Glasgower Popband Belle & Sebastian, die letzten 10 Jahre nicht geschrieben haben. (Diese dürften ohnehin viel von Deacon Blue beeinflußt worden sein…) Leider ist wohl aber wieder einmal der Fall, das dieses Album ungehört an der Masse vorbeiziehen wird, bislang habe ich hierzulande noch garnichts vom Erscheinen der Platte gehört, Schade eigentlich, dabei unterstelle ich ihr sogar Massentauglichkeit…und das war jetzt im positiven Sinne…

PLATZ 4 : THE JEZABELS – PRISONER


Das Debütalbum der Australier Jezabels war eine der großen Entdeckungen des Jahres 2012. In der Heimat bereits ein Jahr früher erschienen, wurde es zu meiner persönlichen Sommerplatte. Der Opener „Prisoner“ ist mehr ein Intro als ein Song, eine Orgel dröhnt bedrohlich, das Schlagzeug setzt nervös ein, Sängerin Hayley Mary spricht mehr als sie singt, irgendwann türmen sich sämtliche Musikalitäten übereinander, es wirkt finster wie einst bei Siouxsie & The Banshees…und dann ist der Song plötzlich vorbei und mein persönlicher Song des Jahres 2012, „Endless Summer“ baut sich auf, wieder muß man das Schlagzeug hervorheben, der Song fährt auf sehr breiten Straßen, schonmal wegen dieser Single werde ich mich an diese Platte erinnern. Der folgende Song „Long Highway“ nimmt Geschwindigkeit raus, baut aber auch auf druckvolle Energie. Mit „Trycolour“ kommt der zweite große Hit der Platte, ähnlich wie „Endless Summer“, etwas komplizierter aber auch sehr kraftvoll und hymnisch, Hayley Mary gibt alles, Höhepunkt ist ein Bass-solo im letzten Drittel, ganz großes Kino…Im nachfolgenden „Rosebud“ kühlt die Energieleistung etwas ab und das ist auch gut so, würde es so weiter gehen, bräuchte man eine Aspirin…Nach der guten Ballade beginnt dann der Grund, warum die Platte keine ganz große ist, ihr geht nämlich etwas die Luft aus, alles was jetzt kommt ist zwar immer noch recht gut, kann aber mit der ersten Plattenhälfte nicht mehr mithalten, von „Deep Wide Ocean“ vielleicht mal abgesehen. Der eindringliche Gesang Hayley Mary’s ist in gefährliche Nähe der Cranberries gerückt, will sagen er ist kurz davor zu anstrengend zu werden, außerdem wird es zu balladesk.  Ich bin wirklich sehr gespannt, was diese Band als nächstes zu bieten hat. Für ein Debütalbum sag ich mal „aber Hallo!“…

PLATZ 3 : THE MACCABEES – „GIVEN TO THE WILD“


Das dritte Album der Londoner Band entstand, indem jeder Musiker für sich Songs schrieb, oder auch nur Teile davon. Danach wurde gegenseitig sortiert und mit vielen Versuchen zusammengepuzzled. Das Ergebnis ist ein facettenreiches, anspruchsvolles Popalbum, was sich erst nach mehrmaligen Hören erschließt. Häufig sind die Strukturen der Lieder abseits der gängigen Muster. Insgesamt ist das hier großes Kopfkino, am besten kommt die Platte mit Kopfhörern, man entdeckt immer wieder neues… Ich muß manchmal an das letzte (von Scott Walker produzierte) Album von Pulp „We Love Life“ denken.

PLATZ 2 : GRIZZLY BEAR – „SHIELDS“


Das vielleicht komplizierteste Album in meiner diesjährigen Top 10 kommt von der New Yorker Band Grizzly Bear, heißt „Shields“ und belegt Platz 2. Es ist etwas schwierig, die Musik dieses Quartetts zu beschreiben. Man merkt deutlich, das es sich um ausgebildete Musiker handelt, die auch schon im Klassik- und Jazzbereich tätig waren. Dominant sind auf jeden Fall Gitarren, elektrische Gitarren mir scheinbar rostigen Seiten, überhaupt ist hier nichts geglättet oder geschliffen. Ein weiteres markantes Element ist der Gesang, der manchmal in Radiohead Höhe angesiedelt ist und häufig mit Harmoniegesang a la Fleet Foxes & Co. daher kommt. Überhaupt Radiohead, die sollten sich mal anhören, wie es klingen kann, wenn man etwas anspruchsvolles bringen will, ohne zu nerven. Einige Songs funktionieren sogar im Nachmittagsprogramm von Radio Eins, „Yet Again“, „A Simple Answer“ z. B., andere Songs brauchen etwas mehr Zuwendung, „The Hunt“ und „What’s Wrong“ z. B., hier kommen die Einflüsse des Jazz deutlich zutage. Am besten kommen in meinen Ohren die Songs, die sich in ihrem Lauf immer weiter aufbauen und die Band immer mehr Equipment bearbeitet, z. B. in den letzten beiden Songs „Half Gate“ und „Sun In Your Eyes“, in dem sie nochmal alles auftischen, was sie können, Bläser, Orgeln, Streicher…großes Kino !

PLATZ 1 : STARS – „THE NORTH“


…das hätte ich nicht gedacht, als ich Anfang September zum ersten mal dieses Album hörte… Album des Jahres,- Glückwunsch Stars !… Beim ersten Hören war ich erstmal arg überrascht, das als Einstieg „The Theory Of Relativity“ ein lupenreiner Synthpop Song auf der Schwelle steht. „We got a rock DJ, We got a total fucking alcoholic We got a thing they call a cyber-girl One more patient please for the dude who sold us Ecstasy He’s building homes now in the new third world“…ich habe versucht mir den Text zu merken und mußte feststellen… zu kompliziert… dazu gibt es mehr Keybords als auf 3 Depeche Mode Alben. Song 2 „Backlines“ ist dann schon eher das was ich von dieser wunderbaren Band aus Montreal erwartet habe, Dreampop, Shoegazing mit wechselnden Gesang und der große Pop in einer Manier, wie er am ehesten von Prefab Sprout celebriert wurde. Bei „Backlines“ bin ich auch immer wieder begeistert, wieviel man in 2:11 reinstecken kann…genial. Mit dem nun folgenden Titelstück haben sie mich dann entgültig gehabt, ein herrlich melancholischer Song über einen Aussteiger der sich nicht mal mehr an seine Frau erinnern kann… „Its so cold in this country You can never get warm“…, in meinen Ohren der beste Stars Song ever. Mit „Hold On When You Get Love…“ kommt wieder ein Stück Pop, in der Tradition von New Order würde ich mal sagen, man fragt sich auch, warum sowas nicht bekannter ist… „Through The Mines“ nimmt etwas Geschwindigkeit raus, begeistert mit Akustikgitarren, die dann im Refrain ordentlich in die Steckdose gesteckt werden, über allen die wunderbare Stimme von Amy Millan, das Aushängeschild der Band, ähnlich wie Kumpeline Emily Haines das Gesicht der befreundeten Band Metric ist, beide gehen übrigens auch gemeinsam auf Solotouren. Das Duett „Do You Want To Die Together“ erinnert mich etwas an The Beautiful South und ist der einzige Song, der mich nicht ganz so umhaut. Mit „A Song Is A Weapon“ kommt noch einmal großer Pop, eher gitarrenlastig und von Torquill Campbell gesungen. Bei „Progress“ werden nochmal die Keybords angedockt, bevor es dann ganz schlicht wird, bei „The 400“ wird Campbell nur von Klavier und Backgroundgesang begleitet, ich muß unweigerlich an David Bridie und seine Band My Friend The Chocolate Cake denken. Obwohl diese Ballade ein schöner Schlußpunkt wäre, wird „Walls“ die Aufgabe des Rausschmeißers angedacht, wieder ein Duett zwischen Campbell und Millan „Tell me how I sleep Tell me how I wake up Tell me how I dream“. Fazit : das beste Popalbum des Jahres kommt dieses Jahr aus Kanada, jeder Song ist irgendwie anders, trotzdem ist das Album ein ganzes Stück Kunstwerk. Neulich hab ich mir die Band mal live angeschaut, das war auch sehr schön, der Punkt, das Stars nicht größeren Erfolg haben, könnte an etwas fehlenden Charisma liegen, Amy Millan sah etwa so aus, wie Reinickendorfer Frauen aussehen, die ins Kastanienwäldchen oder in‘ Pflaumenbaum ausgehen… aber das kann mir ja egal sein, dann konzentrieren sie sich eben mehr auf die Musik…

Stars live im Heimathafen Berlin
Stars live im Heimathafen Berlin

2011

Platz 10 :  The Strokes  „Angels“

Tatsächlich ist es bereits 10 Jahre her, als die New Yorker Band ihr starkes Debut „Is This It ?“ veröffentlichte, genau so lang dauerte es meiner Meinung nach, bis sie wieder an dessen Qualität anknüpfen konnten, fand ich doch die Nachfolger „Room On Fire“ und besonders „First Impressions Of Earth“ deutlich schwächer, ja beinahe ärgerlich durchschnittlich. Nach 5 Jahren Pause und einigen uninteressanten Solowerken zündet die alte Magie wieder, die trockene Schnittmenge aus Velvet Underground und Television. Nachdem man das Gesicht wegen des scheußlichen Covers verzogen hat, überraschen die ersten Klänge von „Machu Piccu“ mit komischen Reggaetakten, die darauf folgende Singleauskopplung „Undercover Of The Darkness“ scheint wie vom Reißbrett gemacht, bleibt aber mit ihren ganzen Gitarrenhäkchen und Spielereien ewig lange im Ohr. Apropos Gitarren : „Two Kinds Of Happiness“ ist so retro, das man sich echt an Tom Verlaine und Richard Lloyd von Television erinnert fühlt, nur das Schlagzeug kommt so grottig dumpf herüber, das man schon überlegt, ob das besonders cool ist, oder einfach nur Murks, ich tendiere zu ersteren. Man muß die Platte öfters hören um alle kleinen Häkchen zu finden, die das ganze interessant gestalten. Anderswo, z.B. in „Your So Right“ und besonders „Games“ dominieren betont billige Synthesiser den Sound der Gitarrenband, das ist nicht weiter schlimm, es lockert die Platte auf, am Schluß steht mit „Life Is Simple In The Moonlight“ ein ruhiger Song, der mit 4:15 auch der längste der Platte ist, dann ist auch schon Feierabend. Kein Gramm zu viel.  Fazit : hat mich wieder mal sehr gefreut.

Platz 9 : The Walkabouts „Travels In Dustland“


Ja wie doch die Zeit vergeht, auch diese Band kenne ich jetzt schon 20 Jahre. Das erste mal sah ich sie im Sommer 1991 mit dem Album Scavanger im Gepäck, in einem kleinen Klub. Ich kaufte mir ein T-Shirt, zog es den nächsten Tag an , machte Mittagspause an einem Dönerstand in Kreuzberg. Plötzlich tippte mir eine zierliche Frau mit amerikanischen Akzent auf die Schulter und meinte auf deutsch, es seie ein sehr schönes T-Shirt. Es war Sängerin Carla Torgerson und der Rest der Band war auch dabei, ich war überrascht und ein wenig schüchtern, wir wechselten noch einige Worte miteinander und von diesem Moment an, war ich ein etwas größerer Fan der Band aus Seattle, ja Seattle, Anfang der 1990er Jahre DIE Stadt schlechthin : Nirvana, Pearl Jam, Alice In Chains, Soundgarden….aber die Walkabouts waren anders. Die Wurzeln der Band liegen deutlich im Folkrock, mit Grunge hatten sie nichts am Hut, die einzige Gemeinsamkeit war eine Vorliebe für knarzige Neil Young Momente. Das nächste Album New West Motel  kaufte ich zwei Jahre später direkt auf der Bühne, von Carla, die sich tatsächlich an die Episode Dönerbude erinnern konnte, das Album wurde 1993 mit Abstand Platte des Jahres (wenn auch leider nur in meinem Kopf). Es folgte mit Setting The Woods On Fire ein weiteres gutes Album mit lauten Gitarren, danach wurde es ruhig, die Band hatte mit der Ballade The Light Will Stay On einen kleinen, aber beachtenswerten Charterfolg, ging mit dem Warschauer Philharmonikern auf Tour, machte Tributealben für europäische Songwriter und wurde auf dem deutschen Glitterhouse Label sesshaft. Hin und wieder besuchte ich vereinzelte Konzerte, vom Hocker konnte mich der Schlafwagenfolk der Band aber nicht mehr reißen. 2005 besannen sie sich endlich ihrer Fähigkeiten, laute Gitarren spielen zu können, veröffentlichten das Album Acetylene und hatten Erfolg mit der Single Devil In The Details, welche als Werbespot für Jack Wolfskin bekannt wurde. Privat hatte sich einiges geändert, Carla und Bandleader Chris Eckman waren längst kein Paar mehr, die Bandmitglieder leben auf der ganzen Welt verstreut, ein Grund für längere Veröffentlichungspausen. Nun, 6 Jahre später das neue Album Travels In Dustland, ein Konzeptalbum ist es geworden, ähnlich The Suburbs von Arcade Fire. Wo Dustland liegt (?), ich zitiere Chris Eckman :
„Er befindet sich irgendwo im westlichen Landesinneren, wo die Menschen schon immer ein hartes Leben hatten, die Umstände es ihnen aber heute nicht wirklich leichter machen. Einige Regionen dort haben sich in den letzten 100 Jahren nicht stark verändert. Ich wollte Dustland aber keinem konkreten Ort zuordnen, sondern eine Art Porträt eines fast realen Ortes skizzieren, es also wie William Faulkner halten, der ja auch in seinen Romanen das fiktive Yoknapatawpha County irgendwo in Mississippi erfunden hat, in dem all seine Geschichten spielen.“
Musikalisch geht es wieder eine Spur ruhiger als auf Acetylen zu, manche Stücke könnten direkt aus der The Light Will Stay On Zeit stammen, nur nicht so üppig instrumentiert, andere wiederum aus den härteren Alben. Besang man 1993 noch Grand Theft Auto, heißt es heute Long Drive In A Slow Machine… man wird halt nicht jünger…
Insgesamt ist das Album, gemessen am eigenen Gesamtkatalog, keine Granate, aber dennoch allen zu empfehlen, die den Kontrast zwischen Engelsstimme Carla Torgerson und dem eher rauhen Organ von Chris Eckman schätzen. Es hat einige Balladen, ohne komplett in die Schwermut abzudriften, die viele Sachen aus ihrer mittleren Phase so langweilig machten. Im Januar steht mal wieder ein Konzert in Berlin an… vielleicht geh ich ja hin und bringe Carla einen Döner mit…

Platz 8 : The Vaccines  „What Did You Expect From The Vaccines ?“


Das Debutalbum des Jahres kommt von der Londoner Band The Vaccines. Schon der Opener Wrecking Bar macht klar: ab geht’s, wir sind jung, haben keine Zeit für Schnörkel 1-2-3 und schon wieder vorbei, in bester Ramones Manier. Neben Ramones muß man als Referenz dringend The Jesus & Mary Chain nennen, die anfangs auch mit kleinsten Mitteln coole Atmosphäre erzeugten, außerdem hat der Sänger eine ähnliche Stimmlage wie die Reids.  Die Mehrheit der Songs ist um die 2 Minuten lang, die Hitsingle Post Break Up Sex beginnt gleich ohne Anlauf, nur selten hält die Geschwindigkeit inne, wie z.B. bei All In White, wobei deutlich wird, was für Potential in der Band steckt, die es erst seit 2010 gibt. Am Ende gibt es etwas Feedbacklärm bevor das Album mit einer schlichten Pianoballade als hidden Track ausklingt. Es darf befürchtet werden, daß von dieser jungen Band noch viel zu hören sein wird.

Platz 7 : Ladytron  „Gravity The Seducer“


Einige meiner Facebook Freunde aus Potsdam, also der Stadt meiner Jugend und Jugendsünden werden sich sicher erinnern, das es in meiner früheren Jugend nicht immer die Gitarre sein mußte. Bevor ich von U2, Big Country, The Church, Simple Minds oder Waterboys mit Gitarren erleuchtet wurde, fand ich durchaus großen Gefallen an der damals noch recht neuen Welt des Synthesisers und wippte den Fuß vorsichtig zu den Takten von Soft Cell, OMD, Tears For Fears, Human League, Depeche Mode und Heaven 17, allessamt ja durchaus Vertreter der Musiker, die  auch in der Lage waren, gute Songs zu kreieren. Mit der Entdeckung der Gitarre ca. 1983 verschwand mein Interesse zur elektronischen Musik in einer gut versteckten Schublade, welche lange geschlossen blieb, nur selten öffnete ich sie mal, z.B. in den 1990ern, als Saint Etienne mal vorbei schauten, oder seit 10 Jahren ab und zu, wenn es was neues von der Band gab, die dieser Musik, die sich heutzutage ja wieder größter Beliebtheit erfreut, stets die Fahne hochgehalten hat, auch zu Zeiten, als das niemanden interessierte : Ladytron.
Gravity The Seducer ist das 5. Studioalbum in 10 Jahren der Band, die sich nach einem frühen Roxy Music Lied benannten. Das schottisch-bulgarisch-englische Quartett mit Hauptsitz Liverpool belebt die eher minimalistische Elektronik der frühen 1980er Jahre, nicht alles finde ich genial, aber einige große Songs sind immer dabei, die es verdient hätten, in der einen oder anderen Hitparade abzuräumen, ganz oben mit dabei : Tomorrow vom letzten Album Veloficero. Die Hitsingle gibt es dieses mal gleich zu Beginn : White Elephant ist ein wunderbarer Popsong der eigentlich dringend in die Charts gehört, aber wie es immer so ist, den Ruhm stecken andere Künstler ein, auch wenn sie gaga sind… Ich hoffe nur, das genug von den Erlösen der Platte übrig bleibt, das es in zwei Jahren wieder neue Electropophits der angenehmen Art gibt…

Platz 6 : The Jayhawks  „Mockingbird Time“


Mitte der 1990er trennten sich die Wege der beiden Jayhawks Leader Gary Louris und Mark Olson, Louris machte trotzdem 3 Alben lang weiter als einziger Songwriter der amerikanischen Folkrockband und er machte es gut, die Countryeinflüsse wichen größtenteils poppigeren Klängen. Vor ca. 10 Jahren kam das Sommeralbum Smile in die Läden und war zusammen mit dem gleichzeitig veröffentlichten Teenage Fanclub Album Howdy! eines meiner Lieblingsalben dieses Jahres. Nun ist Mark Olson zurück und das erste gemeinsame Album seit 1995 ist im Kasten.
Schon gleich mit dem Opener wird klar, was drei Alben lang fehlte : der harmonische Gesang zwischen den beiden Hauptprotagonisten. Hide Your Colours ist ein wunderbarer Popsong mit unheimlich viel euphorischem Harmoniegesang, Streichern, Piano, Glockenspiel, hui… ganz schön dick aufgetragen, aber sehr schön. Mit Closer To Your Side geht es ähnlich, wenn auch nicht ganz so üppig weiter. Die Single She Walks In So Many Ways zeigt dann die andere Seite der Band : eher schlicht gehalten und mit starken Einflüssen der Byrds, auch so geht Pop.
Mit Highwater Blues tauchen sie gleich in mehrere Richtungen, ein sehr vielseitiger Song, der sich allerdings erst nach mehrmaligem Hören öffnet. Mit dem Titelsong Mockingbird Time folgt das Highlight des Albums. Ähnlich opulent wie der Opener, dennoch 1000 mal trauriger, allerdings ohne runter zu ziehen, Mockingbird Time ist der schön-schaurigste Song des Jahres und mir fällt kein besserer Song dieser Band ein. Danach geht es weiter vielseitig zu, nicht immer auf höchsten Niveau, Guilder Annie könnte ich mir auch im MDR Abendprogramm mit Florian Silbereisen und hundert klatschenden Senioren vorstellen, aber das ist eher die Ausnahme. Blackeyed Susan erinnert mit der Violine etwas an die Waterboys und Hey, Mr. Man muß sich Eagles Vergleiche gefallen lassen.
Unterm Strich ist das Album auf Grund etlicher Songs, besonders des Titeltracks, ein erfolgreiches Comeback der Herren Olson & Louris. welcome back !

Platz 5 : Fountains Of Wayne – „Sky Full Of Holes“


Eine Sommerplatte aus dem Jahr ohne Sommer muß schon etwas besonderes sein. Ich nahm die Tatsache, es seie eine neue Platte der Fountains Of Wayne erschienen mit einem lapsigen Schulterzucken wahr. Zu lange ist es schon her, das mich die Band mit ihren melodiösen Powerpop begeistern konnte. 1997 das Debüt war schon großartig, auf „Welcome Interstate Managers“ von 2003 waren immerhin eine Handvoll guter Songs dabei, der Rest ihrer Veröffentlichungen ging komplett an mir vorbei. Umso größer war die Überraschung, als ich das neue Werk „Sky Full Of Holes“ das erste mal komplett hörte. Geblieben ist ihr Gespür für hochmelodiösen Powerpop mit mehrstimmigen Gesang, der größtenteils sonnendurchflutet ist, aber beim genaueren Hinhören stets einige melancholische Tropfen offenbart. Was diesmal besonders auffällt, sind die Texte, worum ich mich im Allgemeinen weniger beschäftige, aber man hört einfach zu, wenn es um Erinnerungen an ein altes Sommerhaus in Verbindung mit Drogendealern, Richie und Ruben, die eine Bar namens „Living Hell“ aufmachten, und lauter nette Geschichten rund um das Thema Versagen geht. Großer Höhepunkt : „Action Hero“, so wohl musikalisch als auch vom Text. Spätpubertärer Fun Punk a la „Steacy’s Mom“ ist diesmal nicht dabei und nur einmal („Radio Bar“) wird es ein wenig beliebig. Im zweiten Teil der Platte wird es ein wenig countryesk, was neu für die Band ist und normalerweise nicht unbedingt zu meinen Baustellen gehört, aber auch das paßt, ich muß an The Jayhawks denken und das ist schließlich nicht verkehrt, wie man gestern an dieser Stelle lesen konnte.

Platz 4 : Mogwai – „Hardcore Will Never Die, But You Will“

Das Album #7 dieser Band aus Glasgow mit dem genial blöden Namen „Hardcore Will Never Die But You Will“ ist wiederum eine sehr gelungene Angelegenheit, eine Platte, die ich zu fast jeder Gelegenheit hören kann. Die Musik von Mogwai kann man etwa mit folgenden Stichworten beschreiben : Rockmusik, Postrock, instrumental, Tempowechsel, Laut/Leise Wechsel, hymnisch, Einsatz von Elektronik, das alles sehr dynamisch.
Der Opener „White Noise“ ist ein gutes Beispiel für den Stil Mogwais, ein fortwährend anschwellendes Stück elektrischer Gitarrenmusik, Song #2 „Mexican Grand Prix“ kommt mit erhöhtem Elektronikanteil und verzerrten Gesang daher und läßt sich bestimmt ganz gut tanzen, ich muß an MGMT denken. Das nächste Stück „Rano Pano“, auch als Single erhältlich, ist das wohl eingängigste und hymnischste Stück dieser Platte. Für Leute mit fundierten Musikerwissen ist diese Platte sicher ein Leckerbissen, mir als Laie fehlen ein wenig die Worte zur weitergehenden Beschreibung der 10 Stücke, aber dazu wurden sie ja auch nicht gemacht, man soll sie ja wohlwollend hören… und das ist über allen Maßen gelungen. Laut mit Kopfhörern kommt sie übrigens am besten.
Ende September veröffentlichte die Band noch eine externe Platte : „Division Earth EP“ mit teils klassischer Untermalung, dafür gibt es noch einen Zusatzpunkt…

Platz 3 : The Phoenix Foundation „Buffalo“


Wie eine frische Brise an einem lauen Sommertag (sic), ein leises Rauschen des Meeres an irgendeinem einsamen Strand Neuseelands, kommt der Opener dieser schönen und entspannten Platte von dieser Band daher. Ihre früheren Platten veröffentlichte das Sextett auf dem legendären Flying Nun Label, ein Name, der mir durchaus ein gewisses Strahlen in die Augen zaubert, gab es doch so nette Bands wie The Chills, Verlaines, Able Tasmans, JPS Experiance, Bailter Space, Tall Dwarfs etc…, ich habe eine Menge Flying Nun CDs im Schrank, allesamt aus den Achzigern bis Mitte der Neunziger, danach verlor ich die Neuseeländer etwas aus den Augen. The Phoenix Foundation sind die ersten seit ca. 1995, die ich als Flying Nun Band wahrnehme und ich bin begeistert. Wenn ich erklären sollte, was typisch neuseeländisch oder typisch Flying Nun sein soll, dann muß ich wohl stottern, versuche aber, es als Popmusik mit netten Ecken und Kanten zu beschreiben, genau wie dieses Album. Der Opener „Eventually“ gibt die Linie für das Album vor, ein analoges Keyboard (erinnert mich an Swell) dominiert, der Sänger ist relaxed, als würde er die Zigarette danach rauchen, ich  muß an The House Of Love denken, natürlich auch an die späteren The Chills Platten. Mit dem Titelstück und Pot sind zwei fast schon hymnische Stücke dabei. Wenn man die Platte unaufmerksam hört, findet man warscheinlich nichts aufregendes, beschäftigt man sich etwas intensiver mit den Songs, wird man mit lauter kleinen, teils schrulligen Details fündig, etwa das kurze Gitarrensolo in „Flock of Hearts“, das geradezu klingt, als wäre es einer Smokie oder Suzy Quatro Platte entsprungen. Anderswo tauchen komische Tröten und karibisches Geklimper auf, stets verhüllt in der weichen Decke dieser warmen Platte. In „Bitte Bitte“ geht es offenbar um den Berliner Bezirk Mitte, in dem die Punks von den Yuppies verdrängt wurden, am Ende schwappt die Platte genau so relaxt aus, wie sie angerauscht kam. Easy Listening Psychedellic Popmusic !

Platz 2 :  Clap Your Hands Say Yeah  „Hysterical“


Man ist ja manchmal ziemlich voreingenommen, hätte mir jemand die „neue Clap Your Hands Say Yeah“ empfohlen, hätte ich sie wohl mit der Bemerkung abgetan, das die Band mit einem der dämlichsten Bandnamen die ich kenne, einen nervigen Sänger haben und irgendwelchen Indie Brei spielen, wie alle jungen Bands mit Hornbrillen, Vollbärten und mehr oder weniger interessanten Frisuren das tun. Ich gebe zu, mir diese Platte so mehr oder weniger aus Langerweile geladen zu haben. Ein paar mal beim putzen oder so gehört, fand ich sie ja schon mal garnicht übel, so das ich sie als eine von 5 Platten auf den mp3 Player für die Schottlandreise lud. Auf Reisen hört man viele Sachen anders als zuhause, letztes Jahr gewann The National nicht von ungefähr, nachdem die CD monatelang rumlag, erblühte sie während der Reise zum Klangerlebnis, ähnlich ging es mir dieses Jahr mit dieser Platte.
Hysterical ist das dritte Album der New Yorker Band, auf ihr erstes war ich 2005 durch den Song In This Home On Ice aufmerksam geworden, damals waren Arcade Fire ganz groß in meiner Gunst, die haben ja auch so einen Sänger, der gewöhnungsbedürftig rümnölt. Das Album selbst, wie auch der Nachfolger konnte bei mir nicht landen, so gerieten sie in o.g. Schublade. Aber nun zu Hysterical :
Mit Same Mistake und Hysterical startet das Album mit gefälligen Indiepop, erster mit gewaltigen Ohrwurmpotential, zweiter mit erhöhten Keyboardanteil. Mit Misspent Youth wartet das erste Highlight auf, die Geschwindigkeit wird arg gedrosselt, die Atmosphäre alter Radiohead Großtaten liegt in der Luft, oder sagen wir besser Kashmir, die machen seit 10 Jahren die deutlich besseren Songs. Eine hymmnische Ballade ohne viel Pathos oder Ballast. Es folgt die „Hitsingle“ Maniac, bei Radio Eins immer noch im täglichen Programm, ein hibbeliger Popsong a la Belle & Sebastian mit vielen Faccetten und Haken. Danach das Herzstück des Albums : Into Your Alien Arms beginnt wie Railwayed von Kitchens Of Distinction und schwebt auch über 5 Minuten so dahin, wenn man in den Sphären dieses Endlosschleifendreampops schwebt,  gegen Ende mit etlichen Feedbackattacken verziert, taucht man ganz tief ein, sehr schön das…danach wirds ganz finster… In A Motel… man ist längst nicht mehr da, wo man vor 10 Minuten noch war, man ist in dieser Musik gefangen…schade das ich keine Drogen nehme, das hätte bestimmt was… Mit Yesterday, Never wacht man kurz wieder auf, es wird wieder etwas poppiger, aber auch dieser kurze Song ist mit psychedelischen Gewaber getränkt, gegen Ende kämpft eine knarzige Gitarre gegen das Keyboardsgeblubber. Nach Idiot kommt dann mit Siesta (For Snake) der letzte Höhepunkt des Albums, dem man sich längst hingegeben hat, wieder balladesk, wieder ganz groß aufgetürmter Sound. Danach kommt mit Ketamine And Extasy ein Song, der nach den letzten Nummern niemals an dieser Stelle kommen darf, der einzige Frevel dieses Albums, nach den großen Songs einen platten Popsong a la The Cure ca. 1993 zu platzieren. The Witness Dull Surprise beginnt dann wie ein freundlicher Go-Betweens Song um bald nochmal in allmögliche Richtungen auszufransen und ganz plötzlich ist die Platte dann vorbei. Viele Kritiker haben der Band vorgeworfen, diese Platte seie zu glatt geschliffen worden, das kann ich überhaupt nicht teilen. Weiter so, I clap in my hands and say YEAH !!!

Platz 1die Platte des Jahres : tuschhhhhhh….The Waterboys  „An Appointment With Mr. Yeats“


Als ich vor ein paar Monaten las, die Waterboys arbeiten an einem neuen Album, welches aus Vertonungen von Gedichten des irischen Poeten William Butler Yeats (1865-1939) bestehen soll, winkte ich erstmal ab, vertonte Lyrik… kommt jetzt Melanie oder Donovan mit der Wandergitarre daher (?), außerdem ist es schon ziemlich lange her, daß die Waterboys mal ein gutes Album veröffentlicht haben, 1993 (Dream Harder) um genau zu sein. Können die nicht mal wieder ein normales, gutes Album mit richtigen Songs, elektrischen Gitarren, fetten Arrangements und ohne religiösen Blamblam machen (?) fragte ich mich. Nun, jeder kann lesen, auf welchen Platz der besten Veröffentlichungen des Jahres 2011 das Ergebnis bei mir gelandet ist. Sämtliche Zweifel waren völlig unbegründet, Mike Scott, also der Mensch der The Waterboys ist, hat eines der besten Platten seiner Karriere veröffentlicht, in einer Reihe mit A Pagan Place (1984), This Is The Sea (1985) und Fishermans Blues (1988).
Das Erstaunlichste an diesem Projekt ist, das die Texte von Nobelpreisträger Yeats auch nach teilweise über 100 Jahren nicht altmodisch oder verstaubt wirken und die Verbindung mit der Musik der Waterboys dazu paßt wie die Faust aufs Auge. Man kann die Platte getrost als moderne Rockmusik mit Folkeinflüssen beschreiben, Waterboystypisch sozusagen, aber im Gegensatz zu den Veröffentlichungen der letzten 17 Jahre stimmt das Gesamtpaket, die elektrischen Gitarren frisch und direkt, Orgeln, Steve Wickhams Geige eine Wucht und über allem der euphorische Gesang von Mike Scott, der immer noch diese jugendliche, sehnsüchtige Stimme hat, wie etwa anno 1985 bei The Whole Of The Moon, dem einzigen größeren Hit, den die Band hatte.
The Hosting Of The Shee gibt gleich von Anfang an die Richtung vor : McLarsen, was du hier von Melanie und Donovan schwafelst ist Mumpitz, hier wird gerockt ! Mit dem genialen Song Of Wandering Aengus, einem absolutem Highlight der Platte kommt mir spätestens gegen Ende die Erinnerung zurück : Der Song The Stolen Child vom 88er Fishermans Blues Album war ja auch schon eine Vertonung eines Yeats Poems und zählt zu meinen absoluten Lieblingsliedern ever… wie ich darauf kam (?), die sehnsüchtig, melancholische Flöte begleitet beide Songs. Ich will jetzt nicht jedes der 14 Lieder einzeln analysieren, dringend erwähnenswert sind White Birds, ein weiteres Highlight. Mad As The Mist And Snow, was wie ein normaler Blues beginnt und am Ende fidelt Teufelsgeiger Steve Wickham einen psychedelischen Trip, das einem Angst und Bange wird. September 13  ist ein Stück geradeliniger Rock mit verzerrten Gitarren, 7 Minuten lang, Politics ein Stück, was auch im Nachmittagsradio laufen könnte, mit Bläsern und Sängerin Katie Kim. Mit Let The Earth Bear Witness und The Faery’s Last Song klingt das Album langsam aus und am Ende ist sie wieder, die berühmte Flöte. Im März gibt es das ganze live im bestuhlten Huxleys, als eines von nur zwei Deutschlandterminen, ich konnte mir gerade noch so ein Ticket sichern… Danke Mike Scott, für’s Comeback des Jahres !

2010

PLATZ 10 : INTERPOL – Interpol


 Interpol zählen zu den erfreulichen Retromusikern des vergangenen Jahrzehnts, bin ich doch stets der Meinung, das gut geklaut besser ist als Editors …Oft wurden Interpol mit Joy Division verglichen, was Quatsch ist, ein paar dunkle Untertöne und etwas geknödelter Gesang gibt noch lange keinen Ian Curtis. Vergleiche mit Kitchens Of Distinction treffen die Sache schon eher, aber die kennt ja eh keiner mehr.
Was ihr selbstbetiteltes 4. Studioalbum betrifft, so seie gleich gesagt : es ist mit Abstand ihr schlechtestes. Das Album als Ganzes hat keinen roten Faden und bis auf 3 (von 10) Songs scheint mir hier viel von der Resterampe eingeflossen zu sein. Die Singles sind blass („Lights“) bis erschreckend belanglos („Barricades“). Wären nicht die drei Ausnahmen, so stände das Album auf keinem Fall hier, aber „Success“ ist ein großer Opener der viel verspricht, aber erst in der Mitte der Platte von „Always Malaise (The Man I Am)“ getoppt wird. Der große Wurf kommt erst als Rausschmeißer : „The Undoing“ ist der beste Interpol Song ever, der beste der Platte sowieso und der beste Albumcloser des Jahres, bedrohlich, unruhig, finster, ich muß an Chameleons denken, ein düsteres Brummen im Hintergrund, wenn der Song vorbei ist, muß man ihn nochmal hören und denkt sich, geile Platte… :), clever Interpol

PLATZ 9 :  KINGS OF LEON – „COME AROUND SUNDOWN“


 Als vor knapp 10 Jahren fast jede Band eine „The“ Band war… (natürlich war das schon immer wertfrei, aber wenn man nix anderes hat, hatte man eben ein THE …), angeführt von THE Strokes und THE White Stripes, wurde als nächstes großes Ding angekündigt : eine Band aus der muffigsten Amerikana – Südstaatenhochburg Tennessee mit drei Brüdern nebst Cousin, deren Vater Prediger war. Klang nach Gospel, drin war selbstverfreilich Rock’n’roll a la Südstaaten, aber in der Frische sehr angenehm, der Hype nicht unberechtigt. Einige Platten später wurde es mit „Because Of The Times“ recht anspruchsvoll, mit „Only By The Night“ ging der Express auf die Mainstream Autobahn Richtung Stadion ab, richtig schlecht war das alles nicht, es hatte durchaus alles seine Berechtigung. Nun das neue Album : es steht zwischen allen anderen und ist gut, wenn ich jünger wäre, würde ich sicher Kings Of Leon T-Shirts tragen und es wäre vielleicht meine Lieblingsband wie damals U2… vielleicht auch nicht. Die Platte geht jedenfalls voll in Ordnung, es hat Höhepunkte, gute Singles und ein grottenschlimmes Cover, ein typischer Platz 9.

PLATZ 08 : MGMT – „CONGRATULATIONS“


 Letzten Montag : C-Halle Berlin : MGMT zu Gast. Zum ersten mal in meinem Leben war ich zu einem Konzert, wo Mütter und Väter ihre minderjährigen Kiddis begleiteten. Der Klubhit „Kids“ vom letztjährigen Bestseller „Oracular Spectacular“ überraschte das Ami Duo selber sicher am meisten, es gab aber auch andere tanzbare Hits auf dem Album. Im Frühjahr erschien der Nachfolger „Congratulations“ und zum Erstaunen aller ist er komplett ohne Hit, statt dessen Progrock, Psychedellic Rock, Indie, etwas Electronic, nichts zum tanzen, nichts für Kids. Auf der Platte werden Dan Treacy (von den Television Personalities) und Brian Eno besungen, ein Song ist 12 Minuten lang und wurde als Single ausgekoppelt, ein Song heißt „Lady Dada’s Nightmare“… Verweigerung oder Kalkül ?
Wie auch immer, das erfreuliche ist, daß die Herren Andrew VanWyngarden und Ben Goldwasser musikalisch einiges auf Mappe haben. Live war das zumindest für mich sehr erfrischend, es gab Momente wo ich dachte, mir wird vor lauter Psychedelia ganz schwurbelig (bin ick hier bei Pink Floyd ???) Wie die Kids das fanden (?) hab ich nicht drauf geachtet, aber dann haben sie wenigstens mal was vernünftiges gesehen, statt Retortenschnullies… und „Kids“ gabs zum Schluß auch noch.

Platz 07 : KILLING JOKE – „Absolute Dissent“


 Dieses Jahr gibt es nur eine Platte von alten Helden der Achziger in meiner Top Ten und diese kommt von Killing Joke. Zur Erinnerung : Killing Joke veröffentlichten Anfang der 1980er Jahre eine Reihe von bösartigen Punkplatten, bis sie 1985 mit dem Albm „Night Time“ und besonders der Single „Love Like Blood“ plötzlich in den weltweiten Hitparaden ganz weit oben standen. „Love Like Blood“ war als Song etwa solch One Hit Wonder wie „Under The Milky Way“ von The Church oder „Streets Of Your Town“ von den Go-Betweens, allerdings haben auch diese Bands zwar keine großen Hits mehr gehabt, aber noch viele erstklassige Alben produziert, welche der breiten Öffentlichkeit aber verborgen blieben. „Absolute Dissent“ ist das 13. Studioalbum von Killing Joke und das 8. seit „Night Time“, hat es jemand gemerkt (?), 1994 kam noch ein kleines Meisterwerk mit „Pandemonium“, danach wurde die Musik der Herren zunehmend unbequem, irgendwo auf halben Weg zwischen Metal und Industrial bot sich schwer verdauliche Kost für hartgesottene Fans. Die Band war längst Hobby der Musiker, welche ihr Geld mittlerweile anders verdienten , Sänger Jaz Coleman als Dirigent der Prager Philharmoniker oder Bassist Youth als Starproduzent (u.a. Paul McCartney, The Verve oder Heather Nova). Nach dem Tod des Bassisten Raven fand sich letztes Jahr die Originalbesetzung zusammen und spielte mit „Absolute Dissent“ ein neues Album ein. Es ist deutlich ohrenfreundlicher als die letzten Veröffentlichungen, zwar genauso hart, aber songorientierter, die Single „In Excelsis“ hat New Wave Elemente, „European Super State“ ist sogar was für den Dancefloor der Indiedisco. Einsamer Höhepunkt : „The Ravenking“, zum Gedenken an den verstorbenen Paul Raven, eine Hymmne, die „Love Like Blood“ um nichts nachsteht. Bleibt zu hoffen, daß es nicht die letzte Großtat der alten Herren bleibt.

Platz 06 : MARINA & THE DIAMONDS : „The Family Jewels“


 Ich gebe zu, es ist ein weiter Weg zwischen den Metallern Killing Joke (Platz 7) und dem Frolleinwunder Marina, aber das zeigt einem nur, das man nicht auf Einbahnstraßen unterwegs ist. Marina Lambrini Diamandis, so der Name der 25jährigen Dame (The Diamonds sind die Fans) ist Produkt einer griechisch-walisischen Ehe und konnte mich 2010 hauptsächlich mit der Single „Hollywood“ aus der Reserve locken, der Song war monatelang ein Ohrwurm mit fast schon Nervensägenpotential, weil er nicht mehr weichen wollte, wenn er einmal da war. Es sollte nicht der einzige Hit der Platte sein, irgendwie sind alle 13 kleine (Familien) Juwelen (auch wenn ich bei dem Namen immer an Familienjuwelen denken muß, wo einem reingetreten werden kann…;) ) Was auf jeden Fall nicht unerwähnt bleiben sollte, ist das Stimmenvolumen Marinas, welches besonders in den Tiefen besondere Größe beweist, aber im nächsten Moment wieder ganz woanders sein kann. Zu Guterletzt auch Respekt dafür, das alle Songs selbstgeschrieben sind. Ein Album, dem man  die vergleichsweise hohen Verkaufszahlen gönnt.

Platz 05 : ARCADE FIRE – „The Suburbs“


 Im Jahre 2007 gab es bei mir nur ein Album, welches die Nummer Eins sein konnte : Arcade Fire mit „Neon Bible“. Es gab bis dato nur selten Platten, die so eindeutig gewannen, dazu kam noch ein Konzerterlebnis der Extraklasse, tolle Bühnenschau und gefühlte 20 Leute, die irgendwas musizierend auf der Bühne rumhopsten, Energie pur, obwohl der musikalische Stoff bis dato eher düster war. Das erste Album hieß „Funeral“ und war durchaus auch keine Partyplatte, „Neon Bible“ began mit dem finsteren „Black Mirror“ und gipfelte in „Intervention“ mit amtlicher Kirchenorgel.
Drei Jahre sind seitdem vergangen, die Erwartung natürlich riesig. Thema diesmal : Rückkehr an die Orte der Kindheit und Jugend, verteilt auf 16 Stücke und 65 Minuten.
Zu Beginn kommt der Titelsong leicht beschwingt wie ein Belle & Sebastian Sommerhit daher, Ok, es muß ja nicht immer Beerdigung sein…, mit Track 2 „Ready To Start“ wird langsam klar, die Wahlkanadier haben den Pop entdeckt, so geht es auch weiter, ein Song heißt „Rococo“, der nächste klingt dann auch so, bis hierher nichts besonderes, dann „City With No Children“, ein basslastiges Stück, was zwar Ok ist, aber auf den beiden Vorgängern wohl eine Niete gewesen wäre, ich muß an Talking Heads denken. „Half Light 1“ klingt mit dem weiblichen Gesang wie aus dem Hause 4AD (Cocteau Twins etc.), nach „Half Light 2“ kann man sogar tanzen, es ist Track #8 und man denkt langsam an das Ende der Platte, es ist aber erst Halbzeit… Mit „Suburban War“ kommt dann endlich ein Highlight, toller Song mit drei verschiedenen Teilen, melancholisch, Go-Betweens – like, Byrds Gitarren…super. Danach flacht es wieder ab und das Dilemma der Platte wird langsam klar : ihre Länge nebst der zuweil kunterbunten Mischung, keine Frage das ist alles toll gespielt und die Songs sind auch nicht wirklich schlecht, nur passen sie nicht recht zusammen, obwohll das ja hier sogar ein Konzeptalbum ist… Wenn nach „Spawl 2“, einem Discostampfer mit verdächtiger Nähe zu ABBA oder Italo Disco (sic)  nochmals das Thema des Titelsongs als Reprise kommt, ist man längst mit den Gedanken irgendwo anders.
Nach mehrmaligen Hören des Albums und etwas gutem Willen, reifen die meisten Stücke später, sonst wäre das hier nicht meine #5 des Jahres, gemessen an den beiden hochkarätigen Vorgängern hat „The Suburbs“ allerdings keine Chance, da haben sich die Damen und Herren die Messlatte selbst viel zu hoch gelegt.

Platz 04 : KASHMIR – „Trespassers“


 Um gleich Missverständnisse auszuräumen : Kashmir sind keine Inder sondern Dänen… und sie spielen auch keine Musik die nach Led Zeppelin klingt sondern eher nach Radiohead.
Es ist der Nachteil der Platten, die bereits ganz am Anfang des Jahres erscheinen, das man sie 11 Monate später wieder fast vergessen hat, so geschehen fast mit dem 6. Studioalbum der Kopenhagener Band, die es nun auch schon fast 20 Jahre gibt.
Die Musik des Quartetts muß sich immer wieder mit Radiohead vergleichen lassen, obwohl diese spätestens seit „OK Computer“ musikalisch in ganz andere Gefilde abgetriftet sind, aber es ist die Stimme von Kasper Eistrup, die Thom Yorke zum Verwechseln ist, aber auch eine leicht düstere Stimmung der Alben, was auch David Bowie nicht entgangen ist, er sang auf dem vorletzten Album ein Duett mit der Band. Platten wie Bowies „Low“ dürften auch zu den Vorbildern der Band zählen. Die Melancholie der Band wird allerdings stets von einer Portion Pop begleitet, was die Sache etwas aufhellt und einige Songs wie die Single „Mouthful Of Wasps“ in das Tagesprogramm von RadioEins gehievt hat. Coldplay dürfte es Angst und Bange werden…

Platz 03 : THE POSIES – „Blood / Candy“


 The Posies, das sind in erster Linie Jon Auer und Ken Stringfellow, gibt es seit über 23 Jahren,  7 Studioalben und einer Hitsingle („Dream All Day“ von 1993). Die Mustervertreter der Musikrichtung die man Powerpop nennt, waren stets Kritikerlieblinge, leider nie Lieblinge der Plattenkäufer, somit waren die Musiker ständig bei anderen Projekten beschäftigt, so z.B. als Produzenten oder Studiomusiker, Stringfellow spielte auf einigen R.E.M. Platten und Tourneen Gitarre, beide waren Musiker der Reunion von Alex Chiltons Big Star.
Studioalbum #7 namens „Blood / Candy“ enthält wieder die gewohnt gute Mischung aus Powerpop, Balladen und einer Prise Country und einer (mir etwas zu beliebigen) Hitsingle „The Glitter Prize“. Manches klingt nach Nada Surf, einiges (z.B. das großartige „So Caroline“) nach The Jayhawks, wenn viel mit Harmoniegesang gearbeitet wird, denkt man an Beach Boys oder The Pearlfishers (was machen die überhaupt ?…), kurzum: hochgradig sympatischer, sonnengefluteter Gitarrenpop von rundum netten, erfahrenen und handwerklich völlig über den Dingen stehenden Musikern. Ihre schottischen Kollegen vom Teenage Fanclub sollten sich diese Platte mal zu Gemüte führen, dann klappt es vielleicht auch bei den eigenen Veröffentlichungen wieder besser (als nur ein Song) …

Platz 02 : THE CORAL – „The Butterfly House“


Nachdem in diesem Jahr aus sportlicher Sicht nix gescheites aus Liverpool zu vermelden war, freut man sich doch durchaus, wenn es in musikalischer Sicht stimmt, in der Stadt der Beatles., die sich ja nie auf die Fab Four beschränkt verstehen möchte, es gab ja immer noch andere, die letzten großen waren Echo & The Bunnymen in den Achzigern UND man kann, nein man muß sagen : The Coral in den 00ern. Parallelen sind sicher nicht zufällig, wenn man die ersten Strophen vom Schmetterlingshaus hört ist man geneigt sich das Cover mit den Credits etwas genauer zu betrachten, singt Ian McCulloch hier nicht doch irgendwie im Hintergrund (?)… Nein, die mittlerweile nur noch 5 Musiker von The Coral haben alles alleine gemacht, selbstverständlich nicht ohne sich kräftig in der vorwiegend britischen Musik der Vergangenheit zu bedienen, die Beatles sowieso, The Byrds in ebenfalls gehöriger Menge, Simon & Garfunkel, The Zombies seien genannt in diesen charmanten Reigen großartiger Songs, die zwar alt und retro klingen, aber eben große Songs bleiben (genau da liegt der Unterschied zu anfangs erwähnten Echo & The Bunnymen, deren Auswahl an verdammt guten Songs nämlich verschwindend gering ist). Manchmal kopieren sich The Coral sogar selbst : mein persönliches Highlight „Walking In The Winter“ (ich hoffe, das wird noch Single und Erfolg…) ist eine Kopie ihres eigenen Songs „Liezah“ vom ebenfalls großartigen Album „Magic & Medicine“ von 2003. Die Songs sind mit Ausnahme des closers „North Parade“ allesamt unter 4 Minuten, auch das macht sie sympatisch : …ich hab da ’nen Song, laß uns den mal fix spielen… andere gniedeln ihn in die Länge, diese sympatischen Liverpooler stellen das Juwel Song auf den Tonträger und konnten mich damit sehr erfreuen.

Platz 01 : DIE PLATTE DES JAHRES  (Tusch, täterätä….)
 THE NATIONAL „High Violet“


 The National, ursprünglich aus Cincinnati (Ohio) stammende New Yorker Band, welche aus dem Sänger Matt Berninger und den Brüderpaaren Dessner und Devendorf besteht, gewinnen 2010 mit gehörigen Abstand die brotlose Anerkennung, mein Lieblingsalbum des Jahres geschaffen zu haben.
Die Band war mir nicht neu, als das 5. Studioalbum „High Violet“ im Mai erschien, schließlich ist es ja durchaus die Musik, die mir schon immer am Herzen lag, Gitarren, etwas Melancholie, interessante orchestrale Instrumentierung und eine Stimme mit Wiedererkennungswert. All das hatten die ersten vier Veröffentlichungen auch schon, es fehlte nur leider eines : die guten Songs. The National waren daher für mich sowas wie die Band, die das Potential hatte, zumindest so cool zu werden wie Interpol, die ja erfolgreich in ähnlichen Gewässern treiben, dieses Potential aber noch nicht abschöpfen konnten. Mit „High Violet“ ist das alles anders. Ist die Qualität des zeitgleich erschienenen Interpol Albums deutlich im Sinkflug, so hoben The National sensationell ab. Sofort auf den ersten Eindruck war mir das auch nicht klar, „High Violet“ ist ein typischer grower, die Platte wächst von mal zu mal.
Mit „Terrible Love“ steht ein eher sperriger Opener am Anfang der elf Songs aber schon mit „Sorrow“ wird klar, wohin die Reise geht, in einen wunderbar vertonten Frühherbst, ich muß manchmal an die Red House Painters denken, mir schießen frühe Heldentaten der Tindersticks in den Sinn, die standen auch zahlreich und mit Nadelstreifenanzügen auf der Bühne. Über allen steht freilich Matt Berningers Baritonstimme, die macht sicher einigen Unterschied zu genannten Bands aus, ein Glücksfall für die Band und ihre Songs. Stellenweise ist es Pop, „Bloodbuzz Ohio“ lief sogar öfters auf RadioEins. Mir persönlich gefällt die 2. Plattenhälfte etwas besser, trotzdem muß gesagt werden, das kein einziger Song daneben geraten ist. Das grandiose Finale „Vanderlyle Crybaby Geeks“ beginnt mit :
„Leave your home, Change your name, Live alone, Eat your cake“ OK, aber nur mit solchen Platten bitte. Ein würdiger Spitzenreiter des Jahres.

1985 - 2009

2009 – The Church  „Untitled #23“

2008 – Nada Surf  „Lucky“

2007 – Arcade Fire „Neon Bible“

2006 – The Church  „Uninvited Like The Clouds“

2005 – Matt Pond PA  „Several Arrows Later“

2004 – R.E.M. „Around The Sun“

2003 – The Church „Forget Yourself“

2002 – Intepol „Turn On The Bright Lights“

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2001 – Pulp  „We Love Life“

2000 – Sigur Ros „Ágætis Byrjun“

1999 – Luna „The Days Of Our Nights“

1998 – Catatonia  „International Velvet“

1997 – Swell „Too Many Days Without Thinking“

1996 – Afghan Whigs „Black Love“

1995 – Dave Matthews Band „Under The Table And Dreaming“

1994 – Frank Black „Teenager Of The Year“

1993 – The Walkabouts „New West Motel“

1992 – The Church „Priest = Aura“

1991 – Elvis Costello „Mighty Like A Rose“

1990 – New Model Army  „Impurity“

1989 – The Cult „Sonic Temple“

1988 – The Church „Starfish“

1987 – U2 „The Joshua Tree“

1986 – The Smiths „The Queen Is Dead“

1985 – Simple Minds  „Once Upon A Time“

McLarsen goes Speyside – Scotland 2013

Tag 1 – Anreise …und von der Notwendigkeit einer Kreditkarte: So, jetzt isses soweit, ich habe meinen diesjährigen Schottlandaufenthalt angetreten und werde genau wie letztes Jahr berichten, was ich da so alles erlebe.
Gleich als erstes seie gesagt, das ich das hier sowohl im Whiskyforum als auch im Facebook schreibe, was zur Folge haben könnte, das die einen freundlich abwinken nach der Art – ich weiß was mit Whisky ist, die anderen, hauptsächlich bei Facebook haben von der Materie Whisky Null Ahnung, daher werde ich gelegentlich Sachen erklären, die im Forum nicht wirklich neu sind.
Letztes Jahr war ich auf der Insel Islay, wo es 8 Produzierende Whiskydistillen gibt, die alle vermarkten sich mehr oder weniger selbst, hier in der Speyside läuft das etwas anders, die Anzahl der produzierenden Whiskyfabriken beläuft sich etwa bei 50 und viele Brennereien mit Visitorcenter etc. gibt es zwar, aber im Verhältnis der Brennereien eher selten. Mein Ziel ist es, so viele wie mögliche Destillen persönlich kennenzulernen, nicht nur die, die für ein paar Pfund irgendwelchen oberflächlichen Kurzeindruck bilden, sondern Häuser mit gutem Namen, die nicht unbedingt im Mainstreambereich angesiedelt sind. Ich bin gespannt, was mich auf dieser Mission erwartet. Dem zweiten Teil der Reise gehört dem Speyside Autumn Festival, dem ich vor zwei Jahren schonmal mit Jörg beiwohnen durfte… Diese Reise ist genau wie die davor relativ gut durchgeplant, ich habe alle 10 Tage der „Expedition“ fast bis ins Detail geplant, aber erfahrungsgemäß haut ja nicht immer alles so hin wie gewünscht…

…noch am Flughafen wartete eine selbst verschuldete Überraschung…

Der erste Tag der Reise, quasi die Ankunft, steht immernoch im Zeichen eines kleinen Versehens, oder einer Vergesslichkeit… Wer kann schon besonders selig schlafen, wenn der Flieger um 9 Uhr starten will und man darf nicht verschlafen… Also ist der Schlaf eher Nebensache. Taxi, Flughafen (Tegel zum Glück), los gehts, Amsterdam, dann umsteigen nach Aberdeen. In etwa Höhe Ruhrpott, (da müssen wir ja irgendwie drüber sein…), fiel mir auf, das ich zwar meine Bankkarte mitgenommen hatte, die war auch Teil der drei Erinnerungen : (Geld, Handy & Papiere war), aber die blöde Kreditkarte, die den schnödesten Job dieses Trips ausüben sollte, nämlich als Sicherheit für den Mietwagen zu fungieren… Die liegt definitiv noch zuhause. Als es mir auffiel, hatte ich eine Vorahnung, das es ein Problem werden könnte. Als ich mit Nina vor ein paar Jahren ohne irgendeine Kreditkarte mal ein Auto gemietet hatte, wurden wir auch schon schräg angesehen… Kreditkarte gehört doch zum guten Ton…, wir konnten das aber mit einer Bareinlage irgendwie klarmachen. Das war heute schwierig No Creditcard No Car. No Woman No Cry ist ein Scheißdreck dagegen… Ich fragte die durchaus freundliche und engagierte Dame von Hertz was sie wohl in meinen Schuhen tun würde, ohne Auto wäre dieser Trip für mich quasi Quatsch…sie empfahl mir am Flughafenterminal bei Travelex eine Visa Prepaidcard einzurichten, mit dem das ganze jetzt funktionieren würde….ok, ich kürze an der Stelle ab, es hat auch funktioniert, aber kleine Ursache (wenn McTrottel unterwegs ist) …aber fast so fatal wie das Wahlergebnis, welches ich später erfahren musste… gut… Tour gerettet, mit dem Termin 14.00 Uhr bei Glen Garioch etwas im Verzug, ich nahm meinen nebenbeigesagt sehr neuen Ford Focus für läppische 6,~Euro pro Tag) entgegen, mußte mich doch erstmal wieder an die linksseitigen Straßenverhältnisse gewöhnen und ab nach Oldmeldrum.

Glen Garioch ist eine der ältesten Brennereien Schottlands… das Land in dem immer die Sonne scheint… zumindest wenn ich komme 😉

 

Ich hatte mir die Strecke auf der Karte gemerkt und war begeistert, das ich dann auch wirklich vor der Glen Garioch ( der Gäle spricht das Glen Gieri, warum auch immer) Distillery stand und dann aber zweifeln musste, das die Tour, die ich gerade verpasst hatte, eh erst um 15 Uhr losgehen sollte, obwohl das per email anders ausgemacht war, egal, das war ja alles zu meinem Vorteil. Die Tour bei Glen Garioch, deren Vertreter Gordon Dundas ja erst letzte Woche im Offside ein Tasting organisiert hatte, war gut. Ich hatte nichts außergewöhnliches erwartet, dafür war es sehr gut, man durfte vor allem fotografieren wie man wollte und das ich mir ja fast schon mit das Wichtigste, nicht weil ich das brauche, sondern das ich in der Lage bin, mir bei den eigenen Tastings keine Bilder borgen zu müssen… Insgesamt war ich überrascht, das die Distillery so klein und ungewöhnlich geschnitten ist, alles etwas schmuddelich, dafür ist das Besucherzentrum wie aus’m Ei gepellt und hat sogar goldene Wasserhähne auf dem WC.

Die Brennblasen von Glen Garioch...
...mit Details im Sonnenlicht...

Danach ging es nach Dufftown, ich residiere im wohl einzigen Einzelzimmer der Whiskyhauptstadt der Welt im Commercial Hotel, ich hatte auch diesbezüglich nicht viel erwartet und promt auch nichts besseres vorgefunden, aber durchaus sauber, ansonsten eher mit einer Zelle für Straftäter vergleichbar…

Morgen früh habe ich um 10 Uhr ein privates Date mit der Glenrothes Distillery, danach werde ich mir die anderen Brennereien in Rothes auch noch innerlich oder äußerlich vornehmen…
…und darüber berichten…

Glenrothes liegt neben dem Friedhof
...man beachte die deutsche Flagge...

Tag 2: Rothes: So, Montag, Tag zwei in der Speyside Expedition 2013, auf der Tagesordnung : Rothes. Die Stadt, naja, mit ca. 1200 Einwohnern sagen wir mal lieber Dorf, ist nicht besonders schön, durch die vielen LKWs die täglich zu hunderten die enge Hauptstraße langbrettern, würde ich sogar sagen ungemütlich, aber es gibt 4 aktive Whiskybrennereien und um diese sollte es heute gehen. Vor ein paar Wochen habe ich mit Glenrothes Kontakt aufgenommen, die Distillery ist nicht für den Publikumsverkehr geöffnet, auf Anfrage allerdings schon. Ich war um 10 mit Eric Jefferson verabredet, ein ehemaliger Vertreter im Whiskyvertrieb und gebürtiger Rotheser, auf dessen Visitenkarte steht : Visits Manager. Er ist weit in den Sechzigern und macht das sicher quasi so als Rentnernebenjob. Das erste was mir auffiel, war die deutsche Flagge, die zwischen der schottischen und der Glenrothesflagge aufgezogen war, wie ich später erfuhr, war die tatsächlich extra für mich gehisst worden, als ich später noch ein wenig rumlief, sah ich, wie Eric sie wieder einsammelte, nun bin ich schon etwas gerührt, da ist der rote Teppich und die Blaskapelle ja nicht mehr weit entfernt… Bei Glenrothes ruht derzeit die Produktion für 3 – 4 Wochen, der Grund dafür ist der Austausch von Wasserleitungen. Wir liefen durch alle Teile der Brennerei, er mußte mir natürlich nicht das ABC des Whiskybrennens erklären, dafür konnte er mir viele kleine Details erklären, über die es sonst weniger zu hören gibt.

"The Cathedral" aka das Stillhouse
Der Schatzschrank war offen... nächstes mal komme ich ohne Auto...

Das Stillhouse (das ist das Gebäude, in dem die Brennblasen installiert sind), inoffiziell auch Kathedrale genannt, ist ein wahres Prachtstück. Außerdem waren wir noch in der Faßabfüllung, in der Küferei, im Warehouse und schließlich im Tastingroom, wo sich normalerweise der Masterblender mit seiner Supernase austobt. Dort gab es natürlich auch den einen oder anderen Tropfen zu probieren, wäre ich nicht gerade mit dem Auto da gewesen, hätte das ein lustiger Mittag werden können, aber ich beschränkte mich auf wenige Kostproben. Das Fazit dieses Besuches ist ganz klar, das es ein absolutes Highlight für mich war, ich kann allen Maltheads nur empfehlen, das sie, wenn sie in der Gegend sind, sich bei Glenrothes anmelden und Eric seine Tour machen. Nach Glenrothes ging ich zu Fuß zu Glen Grant, machte die Standardtour mit, die natürlich Welten von dem entfernt war was ich gerade erlebt hatte, aber trotzdem nett.

Große Brennblasen gibt es auch bei Glen Grant...
Diese Purifier sind für den milden Glen Grant Brand verantwortlich.

Da das Wetter mit 23 Grad und schönstem Sonnenschein dazu einlud, etwas spazieren zu gehen, (und die Glenrothes Pröbchen zu verdauen), ging ich in die Glen Grant Gardens, einen wunderschönen Park mit Obstbäumen, Wasserfällen und Verstecken von des alten Major Grants Whiskyflaschen, für den Fall, das ihm plötzlich beim spazieren dürstete. Der Park ist absolut empfehlenswert, zumal ich die einzige Menschenseele weit und breit war.

In den Glen Grant Gardens
In einem kleinen Versteck...
...hatte sich Major Grant etwas für den Durst versteckt...

So, dann noch schnell ein Bild von Glen Spey gemacht, das ehemalige Domizil der vor zwei Jahren abgerissenen Caperdonich Distillery betrachtet (heute wird das Gelände von einer Firma bewohnt, die Brennblasen herstellt, also nicht ganz so weit vom Thema entfernt), dann holte ich das Auto und machte einen Abstecher zu Speyburn, was etwas außerhalb in einem Tal liegt. Als ich dann zurück in Dufftown war, nutzte ich nochmals das Wetter und ging noch zu der Dufftown Distillery und zu Mortlach und machte ein paar Fotos. Irgendwann brauchte man ja dann doch noch mal etwas Ruhe, und ich zog mich dann etwas in „meine Gemächer“ zurück, ein wenig Ruhe und fast der gesamte heutige Bericht, den ihr hier lest sind das Resultat. Nach einem schönen Essen im Stuarts Arms wagte ich den zweiten Anlauf ins Royal Oak, von dem ich gerade zurück bin. …also mir hat es Spaß gemacht mich lange und breit mit Yvonne und John zu unterhalten, ich brauchte auch niemanden anderes dabei… Ich denke aber die beiden sympathischen Wirtsleute schon, ich vermute der Plan, hauptsächlich auf die Jugend zu setzen, ist nicht aufgegangen. Ich drück den beiden den Daumen und hoffe, das das anstehende Whiskyfestival etwas für sie abwirft.
So, morgen gibt es keine Termine, aber jede Menge Fotos, ich werde durch die Gegend fahren und vor allem nicht zugängliche Häuser (wohl nur von außen…aber vielleicht ergibt sich ja was…) fotografieren…

Der Brennblasenhersteller Forsyths auf dem Gelände der ehemaligen Brennerei Caperdonich
Die Speyburn Distillery

Tag 3: Distilleryspotting: Heute stattete ich insgesamt 10 Speyside Distillen einen Besuch ab, das hört sich viel an, manche Besuche waren aber so kurz, als hätte ich bei jemanden geklingelt und ihm einen schönen Tag gewünscht. Angefangen habe ich mit Glenallachie, was gleich hinter Aberlour liegt, Pernod-Ricard gehört und nicht für Besucher geöffnet ist, es ist eine eher moderne Brennerei aus den 1970ern. Weiter ging es mit Dailluaine, deren Dampf man im gesamten Tal sehen kann, auch nicht zu besichtigen. Danach folgte eine Baustellenbesichtigung… selbstverständlich aus etwas Entfernung, da wo früher die Imperial Distillery stand, sind heute nur noch einige Warehouses übrig, der Rest wurde abgerissen und im Moment entsteht am gleichen Platz eine komplett neue Distillery, welche später Dalmunach heißen soll.

Die Glenallachie Distillery
Ex- Imperial Pre- Dalmunach 2013

Die nächste Station war Cardhu und da gönnte ich mir die Tour, ich war ja diesmal so schlau, meinen Friends Of Classic Malts mitzunehmen und mußte nichts bezahlen. Die Touren von Diageo Brennereien haben den Nachteil, das man nicht fotographieren darf, aber so viele Sachen sind in den Brennereien eh nicht komplett verschieden. die Tour selbst war sehr nett, zum Abschluß konnte man wählen zwischen dem Cardhu 12 und dieser Special Edition, welche gerade neu auf dem Markt ist.

Cardhu Distillery
Knockando Distillery

Weiter ging es mit Tamdhu, wo ich auch mal zum Fluß Spey hinuntergeklettert bin, nur etwa eine Meile entfernt kam dann Knockando, leider auch dort ohne Einlass, aber das hatte ich eh nicht vor, Hauptsache mal da gewesen sein und ordentlich Bildmaterial erzeugt. 

Der Speyside Trail war früher eine Bahnstrecke... hier bei Tamdhu gut zu erkennen...
...heute kann man von Brennerei zu Brennerei wandern...
...immer am River Spey entlang... oder auch auf dem Wasserweg

Nicht allzu weit entfernt, liegt auch Cragganmore, ich würde sagen, dort muß die sprichwörtliche Gegend sein, in der sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen… Wenn ich schonmal da war und mich das auch wieder nichts gekostet hat, nahm ich auch diese Tour mit, als einziger Gast, was den Vorteil hatte, das ich dem Tourguide sagen konnte, er muß mir nich unbedingt erklären, wie Whisky hergestellt wird, sondern eher auf Besonderheiten hinweisen durfte. 

Torbogen von Cragganmore
Privatführung mit Verkostung in gediegenem Ambiente

Viele Extravaganzen gab es auch bei Cragganmore nicht, sieht man mal davon ab, das die Brennblasen zwischen Mashtun und Washbacks angesiedelt sind, was eigentlich keinen Sinn macht. Nach einem kurzen Intermezzo an der Tormore Distillery, die einen schönen Vorgarten hat, ging es zur letzten großen Station, nämlich Glenlivet. Auch bei den Pernod-Ricard Brennereien herrscht Fotoverbot, in diesem Falle ärgerlich, da ich dort einige Motive gefunden hätte. Gezeigt wurde ausschliesslich der neue Teil der Brennerei, der erst 4 Jahre alt ist. Ein großes Visitorcenter mit allem Pipapo war natürlich auch vorhanden, aber es hat mich nicht gereizt, irgendetwas zu kaufen. Die Führungen bei Glenlivet sind übrigens prinzipiell gratis und man bekommt sogar 3 Drams: 12 Jahre, 16 Jahre Nadurra Fasstärke und 18 Jahre. Da ich ja noch fahren mußte, beschränkte ich es auf den Nadurra, das ist eh der beste von denen. Fazit : Gratistour mit 3 Whiskys, da kann man nicht meckern. Auf dem Rückweg kam ich noch bei Allt-A-Bhaine vorbei und machte noch schnell mit laufendem Motor zwei, drei Bilder.

Tormore Distillery mit echt organischen Brennblasen im Vorgarten
Glenlivet aus der Ferne
Die Knockdhu Distillery mit dem schwarzen Berg

Tag 4 – Knockdhu, Glendronach & Glenglassaugh: 10 Uhr vormittags stand ein Besuch der Knockdhu Distillery an, nicht zu verwechseln mit Knockando. Da das aber in der Vergangenheit angeblich ein Problem war, beide Distillen zu unterscheiden, vermarktet Knockdhu ihre Single Malts seit Anfang der 1990er Jahre unter dem Namen AnCnoc (gälisch : ein Berg, Knockdhu : schwarzer Berg). Der namensgebende Knock Hill ist in der Tat ein großer schwarzer Hügel und ist weit in der Gegend zu sehen. Die Hinfahrt war vom Regen geprägt, der erste schottische Regen in diesem Jahr, als ich dort ankam waren die Scheibenwischer allerdings bereits wieder aus, mittlerweile ist das Wetter wieder so, wie ich es in Schottland gewöhnt bin… Genau wie bei Glenrothes habe ich diese Tour per Email mit dem Distillerymanager Gordon Bruce ausgemacht. Er nahm sich die Zeit und führte mich in alle Ecken dieser eher kleinen, recht wenig bekannten Brennerei. Das schöne an solchen Touren ist, das man die Augen für die kleinen Details geöffnet bekommt, von denen Tourguides von großen Brennereien nicht mal was wissen, aber was interessiert es auch den Laien, welche Art Kondensatoren es gibt… Anschließend ging es in einen kleinen Tastingroom und ein paar kleine Kostproben, aber auch diesmal nur wirklich kleine, bevor ich dann noch die Straßenseiten verwechsel… Ich hatte den Eindruck, daß das Team dort ein sehr familiäres Verhältnis miteinander hat und Gordon einer der nettesten Distillerymanager ist, die ich bislang kennenlernen durfte.

Ohne Glanz und Gloria... dafür sympathisch: Knockdhu...
...deren Whisky als anCnoc verkauft wird.

Als nächstes stand mit Glendronach eine Distillery an, die ich sehr schätze. Wer sherrylastigen Whisky mag, für den ist Glendronach der Petersdom der Whiskybrennereien. Die Tour, die ich zusammen mit 5 älteren Herren aus Aberdeen machte, war nett, aber nach der Privattour am Vormittag natürlich eher unspektakulär. In der Vitrine im Shop des Visitorcenters stehen ein paar Schätzchen… Hmmm, aber natürlich auch zu stolzen Preisen…

Hübscher Innenhof bei Glendronach
Stillleben mal anders...

Etwas vom Tag war noch übrig, so das es sich lohnte auch einer dritten Distillery einen Besuch abzustatten : Glenglassaugh. Die Brennerei, die ziemlich nahe am Meer ist, wurde erst vor ein paar Jahren nach langem Stillstand wiedereröffnet und gehört mittlerweile den gleichen Besitzern wie Glendronach und BenRiach. Glenglassaugh ist derzeit eine reine Baustelle, hauptsächlich Straßenarbeiten finden statt und auch einige Lagerhäuser erhalten neue Dächer, es war ein einziges Gewusel… Ich war mal wieder der einzige Tourgast. Für 7,50 Pfund (ich kann mich nicht erinnern, für eine Standardtour schonmal so viel bezahlt zu haben) wurde ich von einer netten Frau durch die Distillery geführt, wobei sich mir dort keine neuen Erkenntnisse erschlossen, außer der Feststellung, das auch dort die Brennblasen zwischen Mashtun und Washbacks liegen. Anschliessend gab es wieder etwas zum verkosten, und da nehme ich die Beschwerde ob des Unkostenbeitrages wieder zurück, es gab einen jungen 1st fill Sherrywhisky aus der The Chosen Ones Serie, den neuen 30jährigen und einen aus der nicht ganz billigen Massandra Collection aus den 1970ern.
Damit erhöhte sich das Konto der von mir besichtigten Whiskybrennereien Schottlands (nur die von innen besichtigten, nicht die, um die ich nur mal drumherum gelaufen bin…) auf mittlerweile 35, nicht schlecht, wenn man bedenkt, das die erste vor gerademal 3 Jahren anstand. Ich hatte das gestern abend mal nachrecherchiert, weil ich so oft danach gefragt wurde. Um mindestens 2 wird das Konto morgen anwachsen, geplant sind Glen Moray und BenRiach…

...nur zwei Brennblasen hat Glenglassaugh...
...und 'ne Menge Holz in der Hütte.

Abends unternahm ich dann noch die übliche Runde, essen im Stuarts Arms und dann noch ein paar Bier im Royal Oak, dort wartete heute ein alter Bekannter von mir : Willi aus Sulingen bei Bremen, ein Kollege von mir, der den dortigen Pub betreibt (wo ich allerdings nie war). Wir lernten uns letztes Jahr auf Islay am Frühstückstisch kennen, da wir die gleiche Unterkunft hatten. Leider war das letztes Jahr mein letzter Tag in Schottland. Durch ein quasi Missverständnis, ich erzählte gestern irgendwas von Bremen wegen eines Importeurs, hat John, der Wirt des Royal Oak irgendwas von Bremen aufgeschnappt, Willi kam heute nachmittag hier an, ging auf blauen Dunst ins Royal Oak, erzählte irgendwas von Bremen, und John sagte, achja, du kennst doch Lars, den Wirt aus Berlin, der hat gestern von dir erzählt… Willi war hocherfreut darüber…. Das ich ihn nicht meinte, erzähl ich ihm nicht, aber es ist mal wieder cool, wie klein die (Whisky)welt ist… Auf meine morgige Tour nehm ich ihn mit, er ist happy…, ich freu mich auch…

...auch nicht für makellose Schönheit berühmt: Glen Moray

Tag 5 – Glen Moray & BenRiach: Donnerstag, der fünfte Tag der Expedition und alles ist noch gesund… Gestern war der Tag, an dem ich meinen älteren Kollegen aus der Nähe von Bremen traf und heute sind wir zusammen auf Tour gegangen. Erstes Ziel war die Besichtigung der Glen Moray Distillery in … Moray. Glen Moray ist irgendwie so eine Distillery, die man schwer einsortieren kann, nicht wegen der Whiskys, die sind zumeist schon typisch Speyside, aber sie gehören keinen großen Konzern an, sondern dürfen einfach sein wie sie sind und das merkt man, wenn man dort mal zu Besuch kommt, irgendwie sehr nett und anders… Die Tour war sehr schön, eine Dame mit guten Deutschkenntnissen führte uns durch die Brennerei, in der es einige Sachen gab, die ich so noch nicht gesehen habe. Am Ende stand auch die erste Flasche im Kofferraum, die ich im Rahmen dieser Reise erworben habe. (Zum Vergleich… letztes Jahr waren es bestimmt schon 5…)

Willi beim kosten aus dem Underback
BenRiach von hinten

Nach dieser Tour, das Wetter war nach den 3 Grad heute morgen sonnig und warm… ging es erstmal kurz ins Zentrum von Elgin zu Gordon & MacPhail, der legendären Whiskyabfüllerbude…, anschließend zum Highlight des heutigen Tages : BenRiach. Diese Brennerei zählte nie zu meinen Lieblingen, zu unübersichtlich war die Flut an Abfüllungen in den letzten Jahren, das hatte beinahe schon Ausmaße wie einst Bruichladdich, etwas wirklich gescheites war aber nicht wirklich dabei. Das die aber was können, weiß ich natürlich auch, Einzelfassabfüllungen dieser Distillery, können absolut fantastisch sein, so z.B. das Faß von Tom (Anam na h-Alba), welches bei unserem letzten Whiskytasting Platz 1 belegt hat, trotz eines 34jährigem Glenturret… Ein Vorgeschmack auf zukünftige Einzelfassabfüllungen konnten wir uns auf der heutigen Tour holen, direkt aus dem Faß. Der erste Teil der Tour führte gewohnt durch die verschiedenen Produktionsstufen, nichts außergewöhnliches, außer das es Maltings gibt, die aber erst nächste Woche wieder in Arbeit gehen. Ein Besuch in den oberen Teil des Kilns war auch interessant und für viele das erste mal. 

Gerste werde zu Malz... BenRiach Maltings
Im Warehouse schmeckt es am besten...

Das besondere an dieser Tour war der ausführliche Besuch der Warehouses. Insgesamt hat Ronny, unser Führer, der leider seinen vorletzten Tag in der Firma hatte, glaub ich 5 oder 6 Fässer aufgemacht und mit dem Vaillinch, so eine Art Riesenstahlpipette in die Gläser verteilt, die sich ihm entgegenreckten wie hungrige Schnäbel von jungen Vögeln im Nest… Der erste war ein Knaller, 1975er Jahrgang, refill Sherrycask, danach müsste ich jetzt die Fotos abfragen, aber es war fast alles dabei, was man irgendwie mit Whisky und Fässern machen kann. Leider konnte ich immer mal dran nippen, da ich ja irgendwie noch fahren mußte, aber Willi hat es gefreut, wenn ich ihn meinen Whisky in sein Glas geschüttet habe. Danach fuhr ich den Wagen sicher nachhause und wir holten uns die Grundlage für das BenRiach Fasstasting hinterher in Form fester Nahrung im Stuarts Arms. Nach einer kurzen Pause ging es dann in das Restaurant A Taste Of Speyside, hier in Dufftown, da war heute ein Forumstreffen organisiert, an dem ich viele Gesichter zu bekannten Namen kennenlernen durfte. In dem Berliner Raum läuft man sich ja hier und dort mal überm Weg, Deutschlandweit ist das schon schwieriger. Besonders schön ist es natürlich, wenn man sich dann an der Quelle des gemeinsamen Interesses in Schottland trifft, kennenlernt und dann auch noch einen schönen Abend miteinander verlebt.
Anschliessend ging es nochmal kurz ins Royal Oak, wo ich erneut feststellen mußte, das Schottland längst von den Wikingern besetzt ist und nun ist aber Feierabend.
Morgen früh gibt es das nächste Highlight, das 5 Decades Tasting bei Glenfarclas. Später dann ursprünglich Benrinnes, das klappt wohl nicht und wurde kurzerhand von Cardhu ersetzt, wo ich ja vorgestern erst war, mal sehen was ich damit mache, warscheinlich werde ich Willi die Veranstaltung abtreten.

Tag 6 – Glenfarclas, Tastings & Stramash: Gestern startete für mich das Autumn Whisky Festival. Die erste Veranstaltung war ein 7 Decades Tasting in der Glenfarclas Distillery. Als Begrüßung gab es eine Abfüllung von 1997, wir machten dann die Tour und im Warehouse gab es aus Faßsamples Malts von 2000 und 2010. Nach der Tour ging es in den prächtigen Tastingroom, oder besser Saal und es folgten die fehlenden Jahrzehnte, vertreten von Abfüllungen von 1985, 1976, 1965 und 1957. jeder kann sich sicher vorstellen, das es sich hierbei um äußerst leckere Tropfen handelte, die natürlich auch ihren Preis haben, eine Flasche vom 1957er kostet eben mal 1600 Pfund… 

…die jüngeren Ferkelchen gab es in der Distillery und im Warehouse…
…präsentiert von Kate Watt
…solche alten Schätzchen liegen dort noch rum…
…die älteren Ferkel gab es im prächtigen Tastingroom der Brennerei…
…ich fand 1965 und 1976 am besten…

Danach ging es mit dem gecharterten Bus zurück nach Dufftown. Meine Tour nach Benrinnes, die ja durch Cardhu ersetzt wurde trat ich an Willi ab, der sich darüber freute. Ich ging mit Jan aus Hamburg erstmal gemütlich was essen und schloss mich dann später den Tastings BenRiach & Glendronach sowie Berry Bros. & Rudd an.

Beim Tasting Berry Bros. & Rudd

Als letzte Veranstaltung des Tages ging es dann zum Stramash, so ein Zwischending aus Konzert und Tanz der Einheimischen, das ist immer wieder nett und auch ein wenig putzig… Danach hatte ich dann doch den Kanal voll und bin auf direktem Wege ins Hotel und ins Bettchen, auf Schreiben hatte ich keine Lust mehr. Heute um 12 startet die legendäre Seven Stills Bus Tour durch alle Brennereien Dufftowns. Später gibt es dann ein weiteres Treffen mit den Forumsmitgliedern hier vor Ort, wir werden entweder in Aberlour oder Craigellachie essen gehen.

Stramash

Tag 7 – Seven Stills Tour, Highlander Inn Craigellachie: …so, die Hälfte der eh recht großzügig bemessenen Zeit in Schottland ist längst ‚rum, gesehen hab ich schon eine Menge diesmal, ich habe bislang 11 Distillen besichtigt, bei denen ich vorher noch nicht war und mindestens, warscheinlich deutlich mehr, Brennereien „von außen“ besichtigt, sei es drum ob ich nicht wollte oder das die nicht wollten. Bei den insgesamt 37 besichtigten Whiskyfabriken gab es bis gestern nur einen doppelten Besuch, das war letztes Jahr Ardbeg. Gestern kam mit Glenfarclas die zweite dazu und heute gleich fünf. Grund dafür war, das ich die Seven Stills Tour nochmals erleben wollte, wie vor zwei Jahren zusammen mit Jörg. Leider ist der erste Gedanke wenn es um die Tour damals ging, das Wetter, völlig untypisch für meine Schottlandaufenthalte, regnete es diesemTag Katzen, Hunde, Elche und weiß ich was noch…, es war nicht so optimal… Das Wetter heute war gut bis sehr gut, von dieser Seite drohte keine Gefahr. Der zweite Punkt der mir damals etwas unangenehm aufgestoßen war, das war das strenge Fotoverbot in den drei Diageo Distillen. Damals war ein junger Manager, der auf der Karriereleiter noch etwas Luft nach oben hatte, zuständig und bestand auch auf die absolute Einhaltung. Der heutige Manager, weit in den 60’ern, sah das deutlich gelassener und erlaubte Fotos ohne Blitz, bei der Verkündung dessen, hätte ich ihn beinahe geknutscht…

René Ramon von Dufftown 2000 präsentiert einen Pittyvaich dort wo einst die Brennerei stand…
Dufftown Distillery… Home of Singleton of Dufftown
Dufftown Distillery – Brennblasen

Nun zum Ablauf der Tour. Es waren 30 Leute im gecharterten Bus, es war (wie immer) schnell ausverkauft, Niels aus Wuppertal (samhain) und ich waren die einzigen Deutschen, der Großteil bestand wie üblich aus Skandinaviern und einigen „wichtigen“ US-Amerikanern. Erste Station war der Platz, an dem Anfang der 1990er Jahre die Pittyvaich Distillery stand, in der selten guter Whisky distilliert wurde, eher Versuche gemacht wurden. Eine vernünftige Abfüllung ist und bleibt die Flora&Fauna Abfüllung, die war unser erster Dram. Weiter ging es mit der Dufftown Distillery, es gab dazu den12jährigen Singleton of Dufftown, nicht gerade mein Ding, aber viele Originalabfüllungen dieser eher großen Brennerei gibt es halt nicht. 

Mortlach – oldest distillery in town…
…got a brandnew washback…

Station 3 : Mortlach. Wenn es mir eine Distillery in Dufftown angetan hat, dann ist es Mortlach, die älteste auch und die, in der Glenfiddich Gründer William Grant sein Handwerk erlernte. Bei Mortlach wird zur Zeit reichlich gebaut, wir konnten u.a. ein neuen Washback aus Holz sehen, der gerademal gebaut wurde und erst nächste Woche in Betrieb geht sehen. die Brennblasen waren eingerüstet weil auch da irgendwelche Wartungsarbeiten durchgeführt werden. Das interessanteste aber war, das ca. nächstes Jahr die Brennerei verdoppelt wird, soll heißen, die 3-4 Warehouses links neben dem Eingang werden platt gemacht und ein neues Brennereigebäude wird errichtet, mit originangetreuen Kopien der vorhandenen Brennblasen. Diageo gibt derzeit ganz schön Gas… 

…bei Glendullan wird überwiegend Whisky für Blends hergestellt…
Bei Parkmore steht die Produktion seit 1931 still

Danach ging es zu Glendullan, der dritten Diageo Distillery, wo es einen Singleton of Glendullan gab, von dem ich bis heute auch noch nichts wußte… Es folgte ein Stop auf dem Gelände der Parkmore Distillery, die seit den frühen 1930er Jahren nicht mehr produziert. Hier gab es Kekse und Käse. Es folgten mit Balvenie und Glenfiddich die letzten produzierenden Distillen des Tages, wobei der Besuch des Warehouses #8 schon schön war, zumal es etwas direkt aus dem Solerakessel gab, was extrem lecker war… …nicht unterschlagen möchte ich auch, das wir die Kininvie Distillery auf dem Glenfiddich Gelände auch besichtigt haben, die sind hauptsächlich für den Blend Monkeys Shoulder zuständig, ein 20jähriger Single Malt wurde dazu gereicht, ein Whisky, den man definitiv nirgendwo kaufen kann. 

Balvenie produziert einen Teil seines Malzes selbst…
Der Ofen zur Malzdarrung
Der Autor vor den Brennblasen von Kininvie

Es folgte die letzte Station : Convalmore, eine Distillery die seit 1985 geschlossen ist, und deren Gebäude heute von Glenfiddich als Lagerhäuser benutzt werden. Es wurde ein 1984’er Convalmore von Gordon & MacPhail (CC) gereicht und die Tour schien bereits vorbei, als plötzlich ein direkter Anwohner mit einer Flasche Glenfarclas erschien, die er einfach mal an uns verteilt hatte. Es handelte sich um eine Fassstärke von über 67 %, selbst abgefüllt, ohne Label und sehr lecker, sowas kann man nur in Schottland erleben, wenn überhaupt… Fazit der Tour ist auf jeden Fall, das es sehr viel Spaß gemacht hat. Es war viel besser als vor zwei Jahren und das lag nicht nur am Wetter.

…am Ende einer langen Tour…

Nach der Tour wurden Niels und ich von unseren Forumskollegen Martin nebst Freundin Carmen und Matthias eingesammelt und es ging in den Highlander Inn nach Craigellachie, wo Jan schon auf uns wartete, wir dann dinierten, tranken und stundenlang über unser gemeinsames Hobby, dem schottischen Landwein philosophierten. …ein wunderschöner Tag…

Nachts an der Craigellachie Distillery: Die dicken Dinger von Craigellachie

Tag 8 – Tomintoul & Robin Laing: Sehen wir mal vom Dienstag, dem Tag der Heimreise ab ist heute schon der vorletzte Tag. Zwei Veranstaltungen stehen für heute im Kalender: Tomintoul und abends das Konzert mit Robin Laing. Um 10 Uhr fuhr der Bus in Richtung Tomintoul Distillery ab, das Wetter einmal mehr traumhaft, die Landschaft einfach wunderschön, als ich mit dem Auto durch die Gegend gedüst bin, konnte ich nicht allzu viel davon genießen, heute schon. Ziel Nummer eins mit dem Namen Tomintoul war die Distillery (…mal was anderes ;)…) gleichen Namens wie die höchstgelegene Ortschaft Schottlands. Ich erlebte diese Tour bereits vor zwei Jahren und sie hatte mir so gut gefallen, das ich das noch einmal erleben wollte. Viel neues hat sich in der Brennerei nicht geändert, die Führung war sehr ausführlich, was ich etwas vermisst habe, war der Führer von damals, der hatte einen unheimlich netten Humor, der heutige war eher kein Entertainer.

Bei Tomintoul gibts auch keinen Schönheitswettbewerb zu gewinnen...
Die Technik aus den 60'ern funktioniert noch 1A...
...wiederum eine Menge Holz...

Danach ging es in den Ort Tomintoul, ca. 320 Einwohner auf einer Höhe von 345 m überm Meeresspiegel gelegen. Erster Anlaufpunkt war das Whiskycastle, einer der berühmtesten Whiskyshops Schottlands. Der Besitzer dieses Ladens, Mike Drury erinnert mich mit seiner Schrulligkeit etwas an Herrn Horn, dem leider mittlerweile ehemaligen Betreiber des berühmten Big Market in Berlin Britz. Ehe wir so richtig den Laden betreten hatten, hatten wir schon jeder ein Glas in der Hand und bekamen diverse Drams eingeschenkt (nicht das wir bei Tomintoul nichts bekommen hätten…), mit dem Ergebnis, das die zweite Flasche der Reise in meine Tasche wanderte, es handelt sich um eine Eigenabfüllung vom Whiskycastle von einer Distille, welche ich kürzlich besucht habe, die Auflösung gibt es demnächst beim Line-up des nächsten Offside Whiskytasting, welches gegen Ende Oktober geplant ist. Der zweite Anlaufpunkt nach dem Laden war das Restaurant Clockhouse, wo es ein Zweigänge Menü gab, welches in der Veranstaltung inclusive war, sehr lecker übrigens… Auf dem Rückweg bekamen wir es mit einer Horde Schafe zu tun, die die Straße schlichtweg für sich beanspruchten und es einige Mühe kostete, an denen vorbei zu fahren, ohne einen Braten mitzunehmen…

Im Whiskycastle Tomintoul

Nach der Tomintoul Geschichte war dann einige Zeit bis zum Robin Laing Konzert, die ich nutzte, um mal ein bischen garnichts zu machen, etwas Musik zu hören zum Beispiel. Die CD dieses Trips stand recht früh als Sieger fest, es handelt sich um die neue Veröffentlichung der kanadischen Sängerin Neko Case, schon länger so eine Art Lieblingssängerin, ihr neues Album „The Worse Things Get…“ kann ich nur wärmstens empfehlen. Apropos Musik, der Singer/Songwriter Robin Laing aus Edinburgh macht hauptsächlich Lieder über seine und meine Leidenschaft, dem Whisky. Heute bot er auch andere Lieder, von denen mir manche wirklich sehr gut gefallen haben, ein sehr sympatischer Mensch und Musiker, seine Stimme erinnert mich immer etwas an Ralph McTell („Streets Of London“…falls sich jemand erinnert…) dazu wurden auch noch 6 Whiskys gereicht, also 18 Pounds für ein Konzert mit 6 Malts, viel zu meckern hat man da auch nicht…

Robin Laing Live

Anschliessend, was dann auch schon halb eins war, ging es mit meinem Bekannten Eike aus Stuttgart, dem Betreiber der Website whisky-reisen.de, ausnahmsweise nicht ins Royal Oak, sondern ins Stuart Arms, wo wir Willi aus Bremen trafen, dem es heute gelungen war, sich auf dem Weg zwischen Aberlour und Dufftown dermaßen zu verlaufen (über den Berg), das er von der Dunkelheit überrascht wurde und ganz wo anders (8 Meilen von Dufftown) rauskam, zum Glück Handynetz hatte und dann irgendwann von seinem Vermieter abgeholt zu werden… Ich glaub der kann heute gut schlafen…
Morgen steht die Veranstaltung „A Mystery Bus Tour“ an, wohin es geht …ich habe keine Ahnung, werde es aber morgen auf jeden Fall kundtun…

Dufftown By Night

Tag 9 – Mystery Bus Tour: …so alles hat ein Ende… Würste mal ausgelassen, der letzte Tag jedenfalls, war schon nochmal ein Highlight. Auf dem offiziellen Programm standen heute zwei Sachen : Mystery Bus Tour und Drams Party. Die Busfahrt führte uns zuerst in die Glenrothes Distillery, wo ich mich freute, Eric Jefferson wiederzusehen. Wir bekamen eine Tour, die für mich jetzt nicht sooo interessant war, da ich das ja gerade erst letzten Montag gesehen hatte. 

Ein Wiedersehen mit Glenrothes

Die Fahrt zum nächsten Ziel hätte man eigentlich auch laufen können : Glen Spey liegt nur wenige Meter von Glenrothes entfernt. Die Diageo Distillery ist eine der kleineren ihrer Art, die aber auch 24/7 eine Menge Whisky produziert. Nach der Besichtigung dieser normalerweise nicht für die Öffentlichkeit zugänglichen Brennerei ging es erstmal ins Eastside Hotel von Rothes, wo es ein paar Sachen zu essen und auch zu trinken gab. 

Die Glen Spey Distillery in Rothes
Glen Spey – Stills

Letzteres gestaltete sich in Form von 4 verschiedenen Glenrothes Whiskys, zu denen auch Masterblender Ronnie Cox kurz erschien. Unser nächstes Ziel war dann die Inchgower Distillery in der Nähe von Buckie, was mich freute, da man dort auch nicht so einfach reinkommt. Die Brennerei, ebenfalls zu Diageo gehörend, wurde vor nicht allzu langer Zeit ordentlich renoviert und auch technisch modernisiert. Es durfte fotografiert werden und zum Schluß gab es einen 14jährigen Inchgower aus der Flora & Fauna Serie. Nachdem wir nach Dufftown zuckgekehrt waren, gab es im Royal Oak noch einen Inchgower von 1980 aus einem dunklen Sherryfaß, der ganz schön heftig war. 

Picknick mit Ronnie Cox
Im Stillhouse von Inchgower

Abends fand die legendäre Drums Party im Whiskyshop Dufftown statt. Bei dieser Party wird versucht, alle angebrochenen Flaschen der zahlreichen Tastings während des Festivals zu leeren, was selbstverständlich auch dieses Jahr nicht klappte, quasi sowas wie 2 Stunden Flatrate Whisky trinken… oder in diesem Falle eher saufen (?)… egal, man konnte sich mal querfeldein durchprobieren. Danach hieß es dann Abschied nehmen von John & Yvonne im Royal Oak, von Eike, Michael, Manfred, Martin und Carmen, Jan hatte sich schon früher Richtung Craigellachie abgesetzt. Das alles war bereits gestern, jetzt heißt es Koffer packen, in einer Stunde heißt es dann von Dufftown Abschied nehmen. Ich werde dann mit Willi, der zur gleichen Zeit wie ich von Aberdeen fliegen wird, noch eine kleine Runde drehen und dann Richtung Aberdeen fahren, Auto abgeben, Flughafen etc. und dürfte dann so gegen 23 Uhr zuhause eintrudeln.

Willi bei Glenfiddich

Tag 10 – Rückreise: …einen Tag schulde ich euch noch, und zwar den letzten. Nach dem Frühstück (jetzt reichte es dann auch mit dem britischen Kram… :naja: …), dem Bezahlen der Unterkunft, Sachen packen etc. traf ich mich nochmal mit Willi bei Glenfiddich, er war dort noch nicht und warum die Reise nicht damit ausklingen lassen, zumal die Tour ja für lau ist. Anschließend ging es mit Willi und allem Gepäck langsam Richtung Aberdeen, mit zwei kleinen Umwegen : Wir machten noch einen Schlenker zu Macallan für ein paar Fotos und fuhren denn über Keith, denn ich mußte kurz bei Glentauchers halten. Eine weitere Abweichung der schnellsten Strecke führrte uns nochmal über Oldmeldrum, da konnte Willi noch ein paar Bilder von Glen Garioch machen, für mich war es damit die erste und letzte Brennerei meiner Reise. Nachdem wir das Auto abgegeben hatten, hatten wir noch genügend Zeit, uns ein köstliches Steak zu gönnen, bevor wir dann verabschiedeten und im Abstand von 2 Minuten in verschiedene Richtungen mit unseren Fliegern abhoben.

Macallan Distillery… im Hintergrund der Berg Benrinnes
Die Pagoden von Glentauchers

Fazit der Reise : Es war sehr schön, die Zeit auch gerade richtig, das Wetter hat wieder einmal super mitgespielt, ich habe zich Distillen besucht und / oder fotographiert, ich habe viele nette Leute kennengelernt, einige auch aus diesem Forum. Kurzum : Eine Reise Güteklasse 1A.
Ich danke allen mit denen ich diese Zeit teilen durfte und freue mich auf zukünftige Begegnungen, denn kaum eine Welt ist so klein, wie die Whiskywelt… nicht zu vergessen der Dank an meine Freundin Nina die mir zuhause den Rücken freigehalten hat…
Hier enden die „knallharten ;) “ Berichte auch, aber ich verspreche, meine Eindrücke der nächsten Reise auch mit euch zu teilen… 

McLarsen in Erfurt (Oktober 2020)

2020… ein Jahr ganz sicher zum vergessen… Corona hält die Welt im Griff, aus allen Löchern des Planeten schlüpfen irgendwelche Schlaumeier aus der Brut des Halbwissens… und auch das Reisen ist kompliziert. Meine Deutschlandreise im Frühjahr fiel in den Lockdown, Schottland hatte ich auf Grund der Situation selbst gecancelt… zum ersten mal keine Schottlandreise seit 2009… Eine Bierwanderung mit Freunden in der fränkischen Schweiz mit anschliessendem Aufenthalt in Bamberg war das einzige was bislang 2020 geklappt hat. Die Pandemie spielt mittlerweile wieder mit den Muskeln und diverse Bundesländer erheben ein Einreiseverbot für Menschen aus Corona Hotspots wie eben das heimische Berlin Mitte… zum Glück macht Thüringen diesen Quatsch nicht mit und ich kann guten Gewissens in die Hauptstadt dieses Bundeslandes einreisen.
Warum Erfurt ? …nun ja… ich war noch nicht da… Erfurt hat eine sehr gut erhaltene Altstadt mit vielen Kirchen und anderen historischen Bauwerken… auch die Gastronomie sollte interessant sein, freilich nicht mit so vielen Brauereien wie neulich in Bamberg, aber gutes Essen können sie in Thüringen ganz sicher auch… ganz jenseits der Bratwurst (die ich nicht esse).
Vorab ein paar Fakten… Erfurt hat gut 213.000 Einwohner, liegt am Rande des Thüringer Beckens und ist von den größeren Städten die mittigste Stadt Deutschlands… die verschiedenen berechneten Punkte die die geographische Mitte Deutschlands darstellen sollen, sind nicht weiter als 50 km entfernt. Seit 1990 ist Erfurt erstmalig die Hauptstadt des Bundesland Thüringens, in der DDR war Erfurt Bezirksstadt des Bezirks Erfurt, dem auch die nicht minder bekannten Städte Weimar und Jena angehörten. Davor wiederum gehörte Erfurt zuletzt zu Preußen, in der Zeit des heiligen römischen Reiches war Erfurt nach Köln, Nürnberg und Magdeburg die größte Stadt ihrer Zeit. Der zweite Weltkrieg hat verhältnismäßig wenige bleibende Schäden in der Stadt angerichtet, so das heutzutage eine große Menge historischer Substanz erhalten ist.

Meine Unterkunft : das Haus in der Mitte…
…warum auch immer… aber der KiKa kommt aus Erfurt…
Blick von der Festung Petersberg… etwas eingeschränkt wegen Bauarbeiten…

So, kurz vor halb zwölf in den ICC gestiegen (…etwa 700 m von zuhause… muß ja mal damit angeben, wie verkehrsgünstig wir wohnen…) und nach beschaulicher Fahrt etwa halb drei in Erfurt ausgestiegen. Ich hab mich in der letzten Zeit einigermaßen auf diese Stadt vorbereitet und bin auch (normalerweise) in der Lage aus dem Gedächtnis der Karte mein Ziel zu finden. Am Anfang war das alles auch wie vermutet… immer der Strassenbahn nach und dann kommt man fast automatisch dahin… wenn die Strassenbahn allerdings unerwartet mehrere Optionen bietet, kann man sich irren… diese Gelegenheit habe ich genutzt und war plötzlich ganz wo anders… aber nicht schlimm… so groß ist das hier nicht, ein paar Minuten war ich am Ziel : Das Gasthaus Glücksmoment (ich als Pechmann kann das gebrauchen) in einer kleinen Altstadtgasse. Als ich dort ankam stand gerade eine Altstadtführung vor dem Haus… Das Zimmer ist wohl eher als Art Ferienwohnzimmer zu verstehen, sprich es gibt ein Zimmer, (es gibt mehrere) aber kein Hotel mit Frühstücksraum oder Rezeption etc. dazu. Ins Haus kommt man mit einem vorher gesendeten Code und dann liegt der Schlüssel im Briefkuvert… Das Zimmer ist völlig ok, alles ist sauber und wenn ich aus dem Fenster schaue, dann sehe ich die kleine aber dominante Allerheiligenkirche die irgendwie in diesen Strassenplan eingebaut wurde… 

Blick vom Dom auf die Altstadt
Krämerbrücke von aussen…
und innen… da siehts wie eine normale Straße aus…

…Der Wetterbericht lässt für morgen nichts gutes erahnen… sogar eine Regenwarnung zeigt meine App… noch nie gesehen… aber vorsorglich bin ich dann erstmal durch die Stadt geflitzt um von den wichtigen Sachen noch ein paar Bilder zu knipsen, die nicht in einer Regenwolke schweben… Dom und Severikirche… die Stars der Stadt (das wusste ich als Kind schon)… Krämerbrücke… eine bebaute Brücke die aussieht wie eine normale mittelalterliche Straße, nur läuft ein kleines Flüsschen drunter)… und Petersberg… der allerdings ist Großbaustelle und die berühmten Ausblicke gibt es gerade nicht… alles schnell fotografiert… 

In der Altstadtkneipe Noah…
…und von aussen…

Nach dem Frühstück um etwa 9:30 meldete sich mein Magen, das etwas Nahrung  vorteilhaft wäre… damit ging es dann in die Straße „Arche“… und wenn man da eine Kneipe hat (oder Restaurant etc.) …dann hätte ich diese auch Noah genannt. Ich hatte mir den Laden bereits vorher ausgesucht, sie haben eine große Auswahl an Bier, auch Whisky und bodenständiges, lokales Essen. Da ich nur wenige Minuten nach Öffnung auf der Schwelle stand, war es kein Problem einen Platz zu finden… zwei Bier und ein Rostbrätl später sah es schon schwieriger aus… der Laden steht dem Offside in seiner Gestaltung ziemlich nahe… kaum gibt es irgendeine freie Fläche an den Wänden… alles alte Bilder oder alte Werbung (allerdings ohne roten Faden… im Offside dreht sich zumindest im hinteren Teil alles um lokale Sachen… aber egal…) Das war alles gut, allerdings mußte man sich das nach gut britischer Manier alles selber bestellen und auch gleich bezahlen… kein Problem bei zwei Bier und einem Essen… aber einen ganzen Abend trinken… dann vielleicht doch nicht… Danach erstmal Pause… die 200 m bis zum Hotel… kurz geruht und dann noch was trinken. In Erfurt gibt es mindestens 3 Irish Pubs… Das Offside ist kein Irish Pub… auch wenn manche Leute es so sehen… wenn ich dann aber doch mal in der Fremde bin… dann interessiert es mich doch, wie es da aussieht… Ziel Nummer Eins war das Dubliners. Ein klassisches Irish Pub mit großzügiger Ausstattung und warscheinlich größerem finanziellen Background… sehr gepflegt und sehr empfehlenswert… Das Länderspiel Deutschland – Schweiz stand an und mein Plan war einfach ein paar Guinness und bisschen Fußball schauen… dann kam ein Karl Heinz … ein pensionierter Pädagoge im Alter meiner Eltern… nur deutlich schrulliger… Frage : „Spielt denn der Herr Löw da noch mit ? … Ich habe neulich in der Zeitung gelesen… der ist ja sehr sympathisch…“… das war nur der Anfang… es war schon ziemlich schräg… dann wollte er mir unbedingt einen Schnaps spendieren… Eierlikör ? …klar… kein Problem… ach gibt es nicht… dann zwei Sauerkirsch… klingt alles ziemlich obskur… aber der alte Herr hatte Spaß und ich auch… manchmal ist das so… man trifft sich einmal und alles ist gut.
Auf dem Rückweg machte ich noch diverse Nachtfotos mit Stativ, den Rest des Tages hab ich an diesem Blog geschrieben… mal sehen wie die Regenkatastrophe von morgen ausfallt… bis dahin… 

Dom und Severikirche spät abends…
Der Autor vorm Turm der Allerheiligenkirche…
Gleiche Straße, neuer Morgen
Kolumbarium in der Allerheiligenkirche

Das große Wetterwunder ist heute ausgeblieben… es regnete dafür nur einmal… es muß heute nacht begonnen haben und ich hoffe es hört wenigstens morgen mal wieder auf. Ok ich bin ja auch nicht gekommen um Pigmente zu haschen sondern die Stadt Erfurt kennenzulernen und das geht auch im Regen. Als erstes ging es über die Straße zum Bäcker und erstmal Kaffee und belegtes Brötchen hinter die Kiemen. Anschließend ging ich spazieren… die Strecke hatte ich mir grob ausgesucht. Start war die Allerheiligenkirche direkt gegenüber von meinem Fenster. Es ist eine kleine katholische Kirche die im Laufe der Jahrhunderte irgendwie an die Strassensituation angepasst wurde. Bemerkenswert ist ein Kolumbarium… das sind Stelen mit den Urnen Verstorbener (Christen und Nichtchristen). Wenn man Angehöriger ist, hat man eine Chipkarte und kann dort hinein, für die Öffentlichkeit ist der Bereich gesperrt. Weiter ging es ins Andreasviertel. Dieses kleine Stück Erfurt war früher eher von den ärmeren Bevölkerungsschichten bewohnt. In der DDR verfiel das Viertel zusehends, es gab fertige Pläne das Viertel komplett abzureißen und mit Plattenbauten zu versauen…äähm.. verbauen… Zum Glück war dafür Ende der 1980er kein Geld dafür da und nach der Wende wurde das Andreasviertel liebevoll saniert. An vielen der alten Häuschen stehen lustige Namen… schließlich gab es früher noch keine Adressen und Postleitzahlen. Der einzige Vorteil bei Stadterkundungen im Regen sind die fehlenden Touristen, so das ich in den kleinen Gassen fast alleine war und fotografieren konnte. Leider war das die Zeit der Müllentleerung, weshalb auf den Bildern mehr Mülltonnen als Häuser zu sehen sind. 

Impressionen im Regen…
…im Andreasviertel…
…sehr liebevolle Details…

Weiter ging es an der Gera (ich bemühe mich ja Gera nicht wie seinerzeit Nina Hagen mit Ä auszusprechen…), das ist der Fluß der durch Erfurt fliesst. Es folgte eine Stippvisite im Augustinerkloster in dem der junge Martin Luther 6 Jahre als Mönch lebte. Neben der Klosterkirche ist auch das Klostergelände bemerkenswert, weil es vielfach mit modernen Bauten ergänzt wurde. Weiter ging es durch die Altstadt und z.B. durch die Waagegasse, eine dieser verwunschenen Gassen wo man sich nur noch die keifenden Alten von damals und die Gerüche dazu vorstellen muß… die Kulisse steht schonmal dafür… Es waren viele Stadtführungen in der Gegend unterwegs welche ausschließlich aus Rentnern mit Riesenschirmen bestand… war nicht immer einfach…, es folgte die Besichtigung der Predigerkirche, einer ehemaligen Klosterkirche von beachtlicher Größe… Meister Eckhart (nein nicht der von Werner… der hieß Röhrich), ein berühmter Theologe und Philosoph seiner Zeit, wirkte hier. 

Augustinerkloster… alt & neu müssen sich nicht abstoßen…
Martin Luther lebte als Mönch dort…
Im Regen nix für glatte Schuhe… Mittelalterliches Pflaster in der Waagegasse…
…die dann auch nicht sonderlich breit ist…
…mehr Platz gibts in der Predigerkirche… sehr groß von innen…
…eher unspektakulär von aussen…

Dann Mittag, beim Fleischer zwei Häuser neben der Unterkunft eine Roulade mit Klössen und Rotkohl für 5€ eingesackt und im Zimmer gegessen. 14:00 war der einzige Termin des Tages : Führung im Dom. Den Teil der Führung der draußen ist wurde wetterbedingt auf nötigste reduziert. Im Inneren wurde viel erklärt und gezeigt, sogar etwas Orgelmusik war dabei… sehr schöne, interessante und auch wirklich große Kirche… das merkte ich vor allem als ich im Anschluß noch die benachbarte Severikirche besuchte… die ist höchstens ein Drittel so groß wie der Dom, obwohl die Kirchen vom weitem ähnlich groß wirken. 

Erfurter Dom nach Osten…
…das ist Wolfram… er ist ein Armleuchter… aber einer der ältesten Exponate des Doms (etwa 1160)
Die Törichten Jungfrauen… muß glatt mal nachschauen um was es da geht… die sehen ganz lustig aus…
TV im Mittelalter… was für Kunstwerke…
Im Inneren der Severikirche

Genug der Kirchen für heute dachte ich… aber es regnete immer mehr und ja… was tun mit dem angebrochenen Nachmittag (?) Shopping ? ok, warum nicht… rein in den Anger 1 (das ist das Einkaufscenter #1 von Erfurt)… ja… Karstadt… dies… das… brauch ich ja alles nicht… bin dann irgendwann Richtung Unterkunft gegangen und schrieb einen Großteil dieses Berichtes. Abends stand natürlich wieder die Guinnessversorgung der Thüringenmetropole an… gestern The Dubliner… heute Molly Malone. Das Molly Malone liegt sehr nahe an der Krämerbrücke, ich kam etwa 19:00 an und hatte einen guten Platz direkt an der Türe… etwa 15 min später kam dann der Karl-Heinz von gestern aus dem Dubliner (der mir noch gesagt hatte, er gehe nur alle paar Monate in die Kneipe…) …und ich hatte den gleichen grünen Pullover wie gestern an… „wir hatten ja eine sehr nette Unterhaltung neulich…“ …nun gut, das neulich war gestern und war auch ok… heute aber nicht… ich bin aber wohl nicht so richtig fit in der Behandlung von Problemfällen… irgendwann wusste ich nicht mehr wie ich aus der Nummer rauskomme ohne unhöflich zu sein und wechselte einfach die Location. 

Im Molly Malone (+KH)
Im Patricks

Das dritte Irish Pub, namens Patrick’s Pub war nur …naja 10 min entfernt und eigentlich noch besser… allerdings hab ich festgestellt das alle drei Pubs von einer Hand geführt werden… aber das ist halt was anderes als das Offside… funktioniert aber auch. Morgen werde ich eine kurze Bewertung der Pubs posten… Wer sich diesbezüglich keine Platte machen muss ist der Wirt von Johnny Worker… da wollte ich erst hin… hatte aber eine unfreiwillige Zwischenstation… irgendwie hatte ich die falsche Tür erwischt und war in der falschen Kneipe ohne das erstmal zu merken… ok Bier bestellt… dann… mmmpf… das ist nicht die Whiskykneipe… wat für ne Dumpfbacken da… aber war ja mein Fehler… Bier schnell ausgetrunken und ab zur richtigen Tür … zum Johnny Worker… ich hab mir vorgenommen, morgen nochmal hinzugehen und den meine Eindrücke zu schildern… bis dahin… Gute Nacht.

Im Johnny Worker Whisky Pub
Herbstliches Pflaster mit Dom… Stiftsgasse
Ehemaliger Kornhofspeicher (15.Jh)… heute Parkhaus

Meine Prophezeiung das der Regen ja irgendwann mal wieder aufhört ging wohl irgendwann heute morgen in Erfüllung. Heute war es allgemein grau aber trocken. Feste Termine gab es nicht mehr, also auf gut Glück ab durch die Stadt und noch hier und da ein paar Bilder schießen…  links am Dom vorbei in die Stiftsgasse… auch ein wenig verwunschen und eine andere Ansicht des Domes… dann an der Gera entlang, an der Ruine der Barfüßerkirche vorbei zum Anger… das ist sowas wie der Erfurter Kurfürstendamm… dann nochmal zur Krämerbrücke mit Enten… irgendwann kam ich dann wieder am Fleischer vorbei und nahm mir eine Suppe zum Mittag mit. Dann gab es erstmal eine kleine Pause…

Die Ruine der Barfüßerkirche
Anger
Kaufmannskirche mit Lutherdenkmal

später noch ein kleiner Erkundungslauf… viel passiert ist an diesem Nachmittag aber nicht mehr… irgendwann waren alle Hotspots abgelaufen, das Wetter hat einen auch nicht herausgefordert „komm raus du Stubenhocker“… außerdem ist das ja auch irgendwie Urlaub und kein Leistungssport. Gegen 19:00 Uhr ging es dann erstmal in Patricks Pub… Burger und Guinness waren angesagt… die drei Pubs sind alle zu empfehlen… die Leute denen das gehört haben gut investiert und das Personal war auch in allen Läden stets freundlich und kompetent. Das Dubliner ist das größte, bei Molly Malone war ich Dank Karl-Heinz nur kurz und im Patricks hat es mir irgendwie am besten gefallen. Zum Abschluss des Tages ging es dann nochmal ins Johnnie Worker. Mein Eindruck von gestern bestätigte sich definitiv… wäre ich wohnhaft in Erfurt… dann würde ich ziemlich oft beim Detlef sein… nicht nur wegen der hervorragenden Whiskyauswahl, sondern auch wegen dem netten Publikum… ich müsste nur von Guinness auf Murphys umsteigen (sic)…

…es gibt tatsächlich eine Schottenkirche… warscheinlich ohne Whisky…
Enten an der Krämerbrücke 1
Enten an der Krämerbrücke 2

…mittlerweile sitze ich wieder im Zug Richtung Berlin… etwas verschmitzt blinzelt die Sonne ab und zu durch… naja…. Es waren drei schöne Tage und ich kann Erfurt nur empfehlen. So viel Kunst und Geschichte in der Mitte Deutschlands gibt es selten auf einmal… Drei Tage für die Stadt sind großzügig bemessen… noch ein Tag wäre zuviel und einer weniger zu kurz. Was bleibt ist eine schöne Erinnerung.

Kirchgasse bei Nacht

McLarsen goes to Arran (2018)

Tag 1: Stranded In Ardrossan

September 2018 und es ist wieder soweit, ich bin mal wieder in Schottland und werde euch daran wieder teilhaben lassen. Der Plan ist es, eine Woche auf der kleinen Insel Arran zu verbringen… das ist recht üppig wenn man bedenkt, das es derzeit nur eine Whiskybrennerei dort gibt und die zweite noch gebaut wird. Aber der Whisky hat mich ganz sicher auf dieses Land gebracht, ist aber wirklich nur ein Baustein in diesem Puzzle. Das schöne Land und seine tollen Leute haben mich zum Schottlandjunkie gemacht. Freiwillig ist da wohl auch kein Ende in Sicht… auch wenn der Brexit vor der Tür steht… Diesmal ist es die Schottandreise No.13… mit Hinflug am 11. September… ob da alles so klappt wie immer ?…

…nun ja… nicht wirklich, es fing auf dem S-Bahnhof Bornholmer Straße an, wo ein nicht allzu schlauer Rollstuhlfahrer versucht hat Rolltreppe zu fahren, dann böse kopfüber runtergefallen ist und ziemlich übel hilflos auf der noch laufenden Treppe lag, genau in dem Moment wo ich auf der anderen Seite runtergefahren bin. So schnell wie ich konnte bremste ich die Rolltreppe, es kamen dann noch zwei andere Passanten, die mitgeholfen haben, irgendwann auch Bahnpersonal…, eine S-Bahn war dann weg, aber das machte nichts, da kurze Zeit später die Verspätungsmeldung des Fluges gemailt wurde… damit war ich wieder locker in der Zeit. Die Verspätung des Fluges nach Glasgow betrug 40 Minuten und ich dachte bei mir… gut das ich extra die späte Fähre gebucht habe, damit ich nicht hetzen muß. Die Autovermietung am Flughafen liegt etwas außerhalb, das da mit Kleinbussen transferiert wurde sah ich erst als ich dort war, insgesamt kostete das auch wieder Zeit. Als ich dann dran war, rief mich eine Dame von Calmac (das ist die Fährenbude in Schottland) an und teilte mir mit das die letzte Fähre gestrichen wurde, vielleicht schaffe ich ja noch die davor (18:00 Uhr):(es war 17:15 Uhr)… Als endlich alle Formalien vom Autovermieter abgeschlossen waren fuhr ich die kleine koreanische Eierfeile mit quietschenden Reifen vom Hof, vielleicht schaffe ich es ja noch… zum Glück hatte ich mir die Strecke gestern nochmal angeschaut, Navi stellen war nicht mehr… aber nun gut… der Verkehr war recht zäh und eine Baustelle mit Stau verhinderten meine pünktliche Ankunft, die Fähre war weg. Etwaige Schadensersatzdinge muß ich später klären.

...stranded in Ardrossan...

Da ich nun in Ardrossan gestrandet war, brauchte ich nun eine Unterkunft. An dieser Stelle lob ich mir die schöne neue digitale Welt, in der man mit dem Smartphone mit wenigen Klicks eine Bleibe findet. Diese heißt Victoria Guesthouse mit Strandblick in Ardrossan / Saltcoats. 

Der Name Saltcoats kommt aus der Zeit als hier aus dem Meer Salz gewonnen wurde, hauptsächlich für die Fischerei...
Die waagerechten Haare belegen die steife Brise...

Vielleicht wäre ich hier ja nie gelandet… und es ist sogar ganz hübsch hier. Endlich weiß ich auch wo sich der Regen, den wir in Berlin ja nur noch vom Hören und Sagen kennen versteckt hat… hier. Allerfeinstes schottisches Schietwetter begleitete meinen kleinen Strandspaziergang bevor ich dann zu Burger und Bier eingekehrt bin. Die erste Fähre um 7:00 Uhr darf ohne mich los, die zweite um 9:45 sollte mich dann aber an mein Ziel bringen…

McLarsen goes to Arran TAG 2 : BRODICK

…die gestrigen Abweichungen vom Plan sind vergessen. Heute hat alles geklappt und der erste Tag in Brodick hat Spaß gemacht. Die Überfahrt mit der Fähre dauert etwa eine Stunde und die hatte ganz schöne Wetterkapriolen zu bieten. Ich hatte streckenweise Angst, daß ich von Bord geblasen werde, so stark war der Wind. 

Aprilwetter auf der Überfahrt nach Brodick
...mit Besserung nach Ankunft... im Hintergrund der höchste Berg Arrans : Goatfell (874 m)

Bei Ankunft auf Arran wurde es dann aber zunehmend besser, von ein paar Schauern mal abgesehen. Ich habe keine festen Termine hier, aber zwei Ziele : einen Tag nach Kintyre rüber und einmal auf den Goatfell klettern. Für beides gibt es aber keine fixen Termine. Heute galt es erstmal die nähere Umgebung zu erkunden: Brodick, der Hauptort der Isle of Arran. Ich als schnöseliger Berliner hab mich ja bis jetzt immer auf den Hauptstädten der Inseln niedergelassen (Bowmore, Kirkwall, Portree, Tobermory) und so ist es auch diesmal die Haupt…stadt… ok, immerhin leben hier etwa 850 Einwohner… auf der gesamten Insel etwa 4600. Die Fläche von etwa 430 qkm ist vergleichbar mit der von Usedom, da leben laut Wikipedia 76.500 Einwohner… da ist aber auch plattes Land. Arran wird gerne als Schottland in Miniaturausgabe bezeichnet. Man muß wissen das Schottland in der Landschaft mindestens zweigeteilt ist… es gibt die hügeligen Lowlands und die teils krass beeindruckenden Highlands. Grund für diese Zweiteilung ist grob gesagt eine geologische Verwerfungslinie welche sowohl Schottland als Festland in High- und Lowland trennt und auch den Nord-und Südteil der Insel Arran unterscheidet… daher die Bezeichnung mit der Miniaturausgabe.

Isle of Arran - Brodick (Capital City)

Eingekehrt bin ich im Ormidale Hotel etwas abseits der Hauptstraße im Norden des Ortes. Es ist ein familiengeführter Betrieb mit Pub und allem Schnickschnack… genau danach hatte ich auch gesucht. Mein erster Eindruck ist sehr positiv, alles schön sauber und ein für eine Person recht üppiger Single Room. Wie das mit der Lautstärke ist… bin ich noch gespannt… Nach Erkundung der Hauptstraße mit diversen Geschäften Cafés etc. ging es dann aus den Dorfkern hinaus zum Arran Hertiage Museum. Eintritt kostet 4 £ und man erfährt viel von der geologischen Entstehung der Insel, über die Zeiten der Wickinger, Robert the Bruce, Highland Clearances und Weltkriege. Man besichtigt eine Schmiede, ein Cottage von etwa 18hundertirgendwas und kann jede Menge landwirtschaftliches Gerät inspizieren. Danach ging es zum Brodick Castle bzw. den umliegenden Gärten. Das Schloss ist bis nächstes Jahr wegen Renovierungsarbeiten geschlossen, die Gärten sind davon nicht betroffen. Ich machte eine Führung mit, die auch ohne Innenansichten des Castles viel über Geschichte und die Personen die dort gewirkt haben Aufschluß gibt. Der Garten beeindruckt mit seiner Artenvielfalt, die einer späten Regenten-gattin mit grünem Daumen zu verdanken ist. Besonders lohnenswert soll ein Besuch um Mai – Juni sein, wenn alles in Blüte steht.

Brodick Castle... teils Mittelalter, teils Cromwellzeit, teils Victoriazeit...
In den Brodwick Castle Gardens... jeder Botanische Garten wäre neidisch...

Gleich neben den Gärten befindet sich die Arran Brewery. Ich hatte ein wenig falsche Erwartungen diesbezüglich… ich dachte nach dem ganzen Gelatsche könnte man sich dort etwas an selbstgebrauter frisch gezapfter Ballerbrühe laben… aber der Shop ist eigentlich nur ein Verkaufsraum für Flaschbier und Merchandise… warum kein Biergarten ??? …nun gut, dann über den netten Fußweg namens Fisherman’s Walk der teilweise über den Golfplatz führt, zurück zum Strand von Brodick und ein dram aus der Jackentasche ins Glas, dabei die eintreffende Fähre im Visier bei mittlerweile standesgemäßem Wetter… is ja Urlaub…

...das Wetter vom Vormittag war wie der Schnee von gestern...

Abends wurde der Pub eine Etage tiefer getestet und für sehr gut befunden. Später gab es noch Pop Bingo… man hat mich fast genötigt mitzumachen, aber ich hab noch nie Bingo gespielt und weiß auch nicht wie das geht… bei der Musik kannte ich dennoch fast jeden noch so peinlichen Song mit Titel und Interpreten… Morgen… ist Donnerstag… der Rest ergibt sich… bis dahin…

McLarsen goes to Arran TAG 3 : ARRAN – NORTH

Kopfintern war ja eigentlich der Abstecher nach Kintyre für heute vorgesehen. Wenn ich jedoch in die weitere Interna meines Schädels eintauche, kann ich mich allerdings nicht ganz frei von dem Gedanken machen, das der Hauptgrund dafür in einer Brennerei mit angeschlossenen Whiskyladen der Treibstoff dafür ist… da gibt es schließlich so einen Käfig, wo arme Whiskyflaschen eingesperrt sind… und …ach die ärmsten… Naja nach einigen hin-und-her-überlegen beschloss ich zumindest heute nicht nach Kintyre zu fahren, vielleicht ja morgen oder übermorgen… Ein weiterer Punkt meiner innerlichen Absage war dann auch das Wetter. Währenddessen es in Berlin und Brandenburg weiter vor sich hin trocknet, hat es sich hier offensichtlich eingeregnet. Mein persönliches Schottlandwetter habe ich vermutlich bereits im Juni verbraucht als ich mit Hamburger, bayerischen und Mecklenburger Freunden die Westküste unsicher gemacht habe. 

 

Seit 1995 in Betrieb : die Isle of Arran Distillery.

Also Plan hin oder her… erstmal ins Auto und den Nordteil der Insel abklappern… erste Station : The Isle of Arran Distillery. Die aktuell einzige Whiskybrennerei auf Arran (ein Zustand der sich in den nächsten Monaten ändern wird…) war eine der ersten Brennereien die ich vor 8 Jahren besucht habe. An den Touren hat sich laut Website glaub ich nicht viel geändert, deshalb sparte ich mir das auch und wurde stattdessen im Shop fündig und zwei Distillery Only Flaschen (eine davon von 1996… man muß wissen…der erste Spirit floss hier 1995…) und ein Blechschild zum Arran Brodick Bay (einer limitierten Abfüllung die es im nächsten Offside Tasting geben wird), dürfen mit nach Berlin. Noch ein paar Fotos von außen, dann weiter zum Lochranza Castle was mich ein wenig an meinen Zahn erinnert, der mir neulich halb abgebrochen ist… von vorne noch einigermaßen ansehlich, aber von hinten kaputt und innen hohl. Nun ja, ich werde demnächst zum Zahnarzt gehen und das Lochranza Castle zum Castledoctor… (ich merke… ein paar Guinness machen beim schreiben albern…)

Lochranza Castle... bzw. was davon übrig ist...

Weiter ging es die Ringstraße um die Nordspitze der Insel zur Westseite, wo sich die Steinkreise von Machrie Moor befinden. Man läuft vom Parkplatz bis zu den Steinkreisen etwa eine halbe Stunde und zurück. Leider fing es da gerade an so richtig zu schütten, aber mit Wind von hinten… ich war später froh, eine zweite Hose mitgenommen zu haben… aber egal. Die Steinkreise von Machrie Moor sind etwa 4000 Jahre alt . 

Machrie Moor... 4000 Jahre alte Steinkreise

Vom größten Kreis stehen nur noch 3 Steine, die lassen aber ahnen, was hier mal abgegangen ist… sicher großes Kino für Fred Feuerstein & Co. Lustig war noch eine Truppe von Leuten, die irgendwelchen spirituellen Hokuspokus in einem Steinkreis gemacht haben… ich mußte mich zügeln, nicht ein unqualifiziertes „JEHOVA, JEHOVA“ zu rufen…

JEHOVA, JEHOVA !!!

Den Rest des Tages ist nicht mehr viel nennenswertes passiert, ich lobe nochmal die Bar in diesem Haus, die Betreiber haben sich viele nette Details ausgedacht, so klebt die nicht zu umfangreiche Speisekarte auf alten Schallplatten… und die Tische haben den Umriss der Insel Arran… gibt es sicher auch nicht im Möbelhaus… Beim Pubquiz hab ich heute nicht mitgemacht…das hat mir auch die Blamage erspart… erstens ist mein Englisch mangelhaft, zweitens… was hab ich für Ahnung von britischen TV Sendungen oder Moderatoren. Promis etc… Aber die Leute hatten Spaß… ich auch…

McLarsen goes Arran TAG 4 : KINTYRE

…zum Glück hat es heute nur einmal geregnet… es muß irgendwann heute morgen angefangen haben und … es regnet immer noch…, selten unterbrochen von einigen Minuten Wasserstillstand mit gelegentlichen Sonnensekunden. Was tun bei dem Wetter (?)… Also doch nach Campbeltown. Nach dem Frühstück die koreanische Eierfeile gesattelt und nach Lochranza geritten… das ist der zweite Fährhafen Arrans im Norden der Insel, wenige hundert Meter von der Arran Distillery entfernt. Selten habe ich eine Fähre so perfekt in Zeit erwischt wie heute, ich kam auf den Patz, wo man sich der Reihenfolge nach einreihen muß, hatte die letzte freie Nummer und mein Vorgänger rollte schon los, also rauf auf die Fähre… eine halbe Stunde dauert die Überfahrt, Preis für einmal hin und zurück mit Auto und einer Person : 25,20 £. 

Lochranza von der Fähre aus...
...ein Springbankier muß auch mal seine Filiale besuchen...

Zwecks Schnappschüssen aus dem Autofenster raus, fuhr ich die geografisch kürzere, straßentechnisch deutlich längere Single Track Road nach Campbeltown, gut eine Stunde ist man da unterwegs. In Campbeltown waren eh nur zwei Läden interessant : Cadenheads und der neue Distilleryshop bei Springbank. Wenn man das Hobby Whisky nicht ganz im Verborgenen betreibt, dann kennt man im Laufe der Jahre durch Foren etc. viele Gleichgesinnte, so war es auch kein Wunder bekannte Personen aus Deutschland bei Cadenhead zu treffen… bei dieser Gelegenheit… gute Weiterreise René… Zwei Flaschen aus dem Cage konnte ich befreien… beide 14 Jahre… ein Springbank und ein Longrow aus absichtlich eher hellen Sherryfässern. Nach der Befreiung aus dem Käfig werden sie vermutlich erstmal im Offside Keller auf dem Billardtisch eingekerkert werden… Pech(mann) gehabt… Bei (meiner Lieblingsbrennerei) Springbank war ich ja erst vor ein paar Wochen und im kommenden April habe ich ja schließlich Dank zahlreicher Gönner im Zusammenhang meines 50. Geburtstages einen Termin zum arbeiten… damit war das heute ein kurzer Termin… Eigentlich wollte ich dann ja noch zum Southend und zum richtigen Mull of Kintyre, das ist ein Leuchtturm etwa 20 km von Campbeltown entfernt…aber es hat derart gegallert, da wäre ich nicht ausgestiegen… also… auf der „großen“ Straße zurück nach Norden. Es gab Momente, da mußte ich 30 fahren, da ich vor lauter Wasser nichts gesehen habe… einmal dachte ich in einer tiefen Pfütze mit LKW Gegenverkehr, ich werde von der Piste gespült… am Ende war aber alles gut. Nächste Station : Skipness Seafood Cabin.

...ja Schatz... mir schmeckt es auch... Skipness Seafood Cabin...

Aus diversen Berichten von Leuten, die ähnliche Berichte schreiben wie ich… war es für mich Pflicht, diese gastronomische Perle zu besuchen. Wer jetzt irgendwas schnöselig hippes, vornehmes erwartet… vergesst es. Seafood Cabin heißt ja schon mal nicht Restaurant, wir Deutschen würden es wohl schnöde Imbiss nennen. Es gibt prinzipiell viele Sitzplätze, alle draußen, überdacht allerdings nur 3 Tische… beim heutigen Wetter ein entscheidendes Kriterium. Ich bestellte die berühmte Seafood Platter und ein Arran Bier aus der Flasche und war sehr glücklich damit… ich hätte sogar noch mehr vertragen, die Preise waren sehr fair, aber es sollte ja auch nur ein Imbiss werden. Lustig waren die teilweise bizarren Hühner die dort heimisch sind, eines setzte sich spontan mit mir zu Tisch… Gut das es nicht der Wienerwald war… Dann ging die Fahre zurück nach Arran und hier ist heute dann nichts mehr besonderes passiert. In der Bar meines Vertrauens läuft zur Zeit Karaoke mit der kompletten Dorfjugend… es war Zeit für mich zu gehen… Morgen… wenn das Wetter mitspielt… geht es bergauf…

Tag 5: Goat Fell

Eines meiner Ziele war wie bereits erwähnt der Aufstieg auf den höchsten Berg der Insel Goat Fell (874 m). In den vergangenen Tagen war das wegen des anhaltenden Regens zumindest ungünstig. Da die Wettervoraussage aber sowieso nicht gerade optimistisch war, musste ich warten, wann es mal geht. Die Kurzzeitprognose für heute sagte : entweder jetzt oder nie. Kein Regen bis etwa 15:00 Uhr… das ist zu schaffen. Also mit dem Auto etwas abgekürzt auf den Parkplatz bei der Arran Brauerei und ab ging es… ähmn… nein hoch natürlich. 10:10 Beginn des Aufstieges. Diverse Ratgeber sagen 4 bis 6,5 Stunden für hin und zurück voraus. Ich habe den letzten Berg glaub ich am Wandertag in der 2. Klasse bestiegen, wir waren in den Ravensbergen (etwa 110 m) bei Potsdam unterwegs und ich kann mich glaub ich auch an keine Details erinnern. Der Goat Fell ist zwar 874 m hoch, aber das klingt auch erstmal nicht nach Mount Everest. Man sollte aber bedenken das die Berge hier an der schottischen Westküste mehr oder weniger aus dem Wasser, also von Null beginnen. Sehen wir einen höheren deutschen Berg… ich sach mal den Brocken an… dann stehen wir bereits auf ein paar hundert Metern Bergvorland oder so… die Berge hier in Schottland, (oder auch ähnlich die noch krasseren Berge in Norwegen), haben zwar keine beeindruckenden Höhenzahlen, steht man aber davor… weiß man das das nichts zählt.

...erste Ausblicke auf die Bucht von Brodick...
...nur der Berg selber hüllt sich in Wolken...

 …ähmn… wir waren stehengeblieben: 10:10 Uhr Beginn des Aufstieges . Es folgte ein Waldweg , schon ziemlich aufwärts aber halt ein relativ ebener Waldweg. Was ich immer wieder dachte… so viele gute Pilze am Wegesrand… und ich hatte keine Verwendung dafür… Danach wurde der Weg schmaler und steiler… im Prinzip war es ein kleiner Bach, denn es floss ständig Wasser runter… Man konnte es durchaus geniessen, sich umzudrehen und Brodick Bay aus der Ferne zu bestaunen. So ging das eine Weile und ich hatte schon am Anfang Zweifel, ob meine Kondition das bis zum Ende mitmacht… schließlich trainiere ich seit über 25 Jahren Unsportlichkeit… und Ausdauer war auch in meinen sportlicheren Tagen nicht mein Benchmark. So schön wie der Blick zurück auch immer war, der Blick nach vorne war… vernebelt. Die Spitze der Berges war einfach in Wolken gehüllt und… irgendwann fiel mir eine Episode meiner Kindheit ein. Als Ein-bis-zwei-Bierkistenhoch bin ich in Leipzig aufgewachsen (quasi meine ersten 7 Jahre). Fernsehtürme kannte ich nur aus Büchern oder Fernsehen… ich war beeindruckt ohne je einen gesehen zu haben… Eines Tages ging es als Tagesausflug nach Berlin und da war klar… der Fernsehturm natürlich. Dummerweise war an diesem Tag dichter Nebel und ich war schon nicht begeistert, daß ich vom Objekt meiner Begierde nur so einen langen Stiel gesehen hatte. Ich nötigte jedoch meine Mutter so lange bis sie entnervt einwilligte, da hoch zu fahren. (es war nicht so, das sie mir verheimlicht hatte, das man bei Nebel von oben auch nichts sieht…) Naja… es kam wie es kommen musste… ich war stinksauer, warum man denn nichts sieht… Nun ja, das war ca. 1973 oder 74… heute stand ich dann auch vor der Entscheidung… wegen der schönen Aussicht lohnt sich der Aufstieg heute nicht… aber irgendwie hatte ich den Punkt überschritten, noch einen Rückzieher zu machen… ich wurde ständig überholt… von Rentnern, Kindern, Hunden… hätte nur noch einer mit’m Gipsbein gefehlt… Die Pauseninterwalle wurden kürzer und ich hab mich auch nicht ganz leicht getan… aber auch Dank guter Schuhe kam ich irgendwann oben an. Das Wetter da oben war eine Katastrophe, Wind, gefühlter Frost und Null Sicht… nun gut… ein Glas Arran Whisky wärmte ein wenig und nach 10 min ging es wieder zurück. 

Ein ganzer Held Dank guter Schuhe
Darauf einen Arran 21y von Scoma. war so... speziell, aber in diem Moment sehr gut.

Währenddessen beim Aufstieg Kondition gefordert ist, ist es beim Abstieg durch das ganze Granitdedöns Konzentration… immerhin geht es aber bergab und es bereitete mir keinerlei Mühe. Ich bin also warscheinlich eher der Bergabsteiger… (warscheinlich meiner bekennenden Warmduschermentalität geschuldet…)

Abwärts war das Wetter wieder als wäre man mit dem Flieger woanders gelandet...

Fazit : 15:10… genau 5 Stunden nach dem Start war ich wieder unten, unverletzt und ohne Skistöcker, die scheinen ja wichtig zu sein… Der Rest des Tages war der Entspannung gewidmet. Morgen ist der Südteil der Insel dran und das ist dann leider auch schon der letzte Tag auf der Insel… aber das ist erst morgen…

McLarsen goes Arran TAG 6 : ARRAN – SOUTH

…wenn es schon einen Artikel mit Arran North gibt, dann fallen jetzt sicher nicht alle vom Glauben ab das es in der Arrangolie auch noch eine Südvariante gibt. Mit etwas Muskelkater in den Hüften von der gestrigen Bergbesteigung ging es zur Erkundung des südlichen Inselteiles. Erste Station war Lamlash, ein Hafenort nur etwa 3 Meilen von Brodick entfernt und sogar mit ein paar mehr Einwohnern als die Hauptstadt. Imposant ist der Blick auf die Insel Holy Island direkt gegenüber vom Hafen. Buddistische Mönche sind dort ansässig.

Lamlash Hafen mit Holy Island
...noch eine Insel in der Ferne : Ailsa Craig

Das Wetter war zu meiner Ankunft etwas rau, es stürmte und der Regen peitschte, obwohl der Wetterbericht eigentlich nichts von Regen schrieb, die Straßen waren leer, die Einwohner in der Kirche und die Geschäfte zu. Sonntag halt. Also weiter… das Wetter beruhigte sich alsbald, es ging durch schöne Küstendörfer und immer wieder enge, kurvige Straßen, immerhin alle zweispurig. Nächste Station war die Baustelle der zukünftig zweiten Whiskybrennerei auf Arran : Lagg Distillery. So ziemlich an der Südspitze der Insel gelegen, soll sie ab Anfang nächsten Jahres rauchig-torfigen Whisky herstellen, errichtet wird das ganze von der Isle of Arran Distillery in Lochranza. Da es ja nicht recht erlaubt ist am Sonntag über Baustellen zu laufen um Fotos zu machen, konnte ich nur ein paar Schnappschüsse vom Rand aus machen. Die Warehouses sind wohl fertig, die Brennblasen wurden neulich geliefert (auf der Website der Arran Distillery gibt es ein Video davon)… den Rest werden wir sehen, wenn das Teil im Frühjahr aufmacht …selbstverständlich mit Visitorcenter und allem drum und dran…

Die Baustelle der Lagg Distillery

Nächster Programmpunkt war King’s Cave. Hierbei handelt es sich um natürliche Höhlen an der Westküste der Insel, wo angeblich mal König Robert the Bruce genächtigt haben soll. Die Historiker sind sich zwar ziemlich sicher, das das sehr unwahrscheinlich ist, aber als Spaziergang taugt die Strecke schon. Man kann einen Ringweg laufen, welcher 5 km lang ist und an den Höhlen (es sind mehrere) vorbeiführt. Das da auch wieder ganz gut schwieriges Gelände dabei ist erfuhr ich erst als es so weit war… aber wenn schon Muskelkater, dann richtig… Ich brauchte 1 Stunde und 20 Minuten für die Strecke und bin damit glaub ich nicht schlecht…

Die Höhlen an der Westküste...
...angeblich hat Robert The Bruce hier mal genächtigt...

Viel mehr Sachen über die es sich lohnen würde zu schreiben, gab es danach nicht mehr. Heute war der letzte Abend auf Arran und ich möchte an dieser Stelle nochmal das Ormidale Hotel empfehlen, sowohl für die Unterkunft, die Bar, das Essen und das Engagement was die Macher hier für die Anwohner auf die Beine stellen. Es gibt jeden Tag irgendeine lockere Veranstaltung… Pop Bingo, Pubquiz, Karaoke, Disco… heute war es Live Folkmusic Session. Die 4 Musiker, ich vermute 2 Ehepaare um die Mittsechziger, nicht gerade mit Coolnessfaktor ausgestattet, hatten nur 2 Fans dabei… ein Ehepaar im selben Alter. Dagegen dann der örtliche Fußballklub (die müssen gewonnen haben) mit der eigenen Idee von Partymusik… sprich… die armen Folkmusiker sind im Gegröle etwas untergegangen. …aber ich wollte noch was sagen zum Ormidale Hotel und Bar… das Anwesen wurde 1856 als Ferienhaus für den englischen Landschaftsmaler George Hering errichtet und wurde 1935 von der Familie Gilmore gekauft, die das Haus heute noch führt. Brodick auf Arran ist nun mal ein Dorf wo nicht viel los ist, aber hier ist man echt bemüht, für jeden etwas zu bieten. Respekt, hier macht man wirklich vieles richtig. Für Whiskyliebhaber gibt es auch eine gute Auswahl… sicher nichts Außergewöhnliches, aber eine solide Range mit natürlich etlichen Arran Whiskys.

Der Vorgarten vom Ormidale Hotel...unschwer zu erkennen, es war der einzige Sonnentag : Mittwoch

Morgen Vormittag geht die Fähre zurück nach Ardrossan, von dort zum Flughafen das Auto zurückbringen und der Rest gehört Glasgow… von dort oder aber auch einen Tag später von zuhause gibt es dann das letzte Kapitel… erstmal sehen was morgen abend so abgeht… 😉

Abschied von Arran

McLarsen goes Arran TAG 7 : GLASGOW

…so…alles hat ein Ende und der Urlaub gefühlt natürlich viel schneller. Gestern hieß es Abschied nehmen von Arran… garantiert war das nicht das letzte mal auf dieser Insel. Gestern ging es dann mit der Fähre nach Adrossan, dann das Auto am Flughafen abgegeben und mit dem Airport Link in die Glasgower Innenstadt. Dort checkte ich im easyHotel ein, also diese Schließkastenbuden von easyjet. Nun ja, 25 £, da darf man auch nicht viel erwarten, Fenster gab es nicht, der Koffer passte nur aufs Bett, W-Lan kostet 5 £ extra, Frühstück ist auch extra… Für eine Nacht nur schlafen ist es ok, für länger eher nix…, zumindest verkehrstechnisch ist es gut gelegen. Ich wollte es auch nur mal probiert haben. Dann ging es in die City shoppen… quatsch… erstmal in die Shilling Brewery und zwei von deren selbstgebrauten probiert, ein IPA und ein dunkles was wie Schokoladentörtchen geschmeckt hat.

Craftbeer bei der Shilling Brewing Company
...sieht schon geil aus, das Interieur vom Pot Still...

Dann weiter ins Pot Still. Als ich vor einigen Jahren das letzte mal da war, war dort laute Diskomusik und die Atmosphäre ziemlich mies, so das ich mir vornahm, hier erst mal nicht wieder zu kommen. Nach etwa 5 Jahren traute ich mich dann doch mal wieder und wurde nicht enttäuscht. Ein 1988er Rosebank für 15 £ (3,5 cl) war ein fairer Preis und vor allem sehr lecker. Dann erstmal etwas essen, damit der Abend nicht verfrüht beendet wird und danach ins Bon Accord, meinem Lieblingspub in Glasgow. Von Paul, dem Seniorchef wurde ich auch prompt wiedererkannt und hatte gleich einen raren Single Cask Highland Park im Glas. Danach gab er mir noch eine etwa 35jährigen Macallan von einem Fass was die da irgendwo rumstehen haben. Sehr viel Sherry, staubtrocken… und lecker. Er sollte aber vielleicht langsam aus dem Fass raus..

Glasgows bester Pub heißt Bon Accord. Bei mir zumindest...

Ein paar Pints später reichte es dann auch und es ging heimwärts in den Karnickelstall. Heute morgen dann wieder zum Flughafen, rüber nach Berlin, dort erstmal fast einen Hitzeschock bekommen… 18. September.. 30 Grad.. Hallo ?

Nette Impression auf dem Rückflug : Sylt, Föhr und Amrum von oben...

Nun ja, jetzt bin ich wieder zuhause und das ist auch gut so. Frau und Katzen freut es auch. An dieser Stelle vielen Dank für die zahlreichen netten Kommentare und vielen Dank fürs lesen. Der nächste Bericht kommt warscheinlich im April bei meinem Arbeitseinsatz bei Springbank in Campbeltown. …see you…

McLarsen im Land der tausend Biere I. Fränkische Schweiz & Bamberg (August 2020)

Prolog / Tag 1 : Anreise / Krug Bräu

2020… das Coronajahr… ich hoffe es bleibt dabei und man wird in Zukunft nicht vom ERSTEN Coronajahr sprechen weil es länger dauert… nun ja was ich sagen wollte ist das dieses Jahr bezüglich von Reiseaktivitäten ein schwieriges Jahr ist. Eine Schottlandreise war eigentlich für September geplant und auch schon komplett durchorganisiert… neulich hab ich alles abgeblasen, zu unsicher alles noch. Im April hatte ich bereits eine 10tägige Deutschlandreise geplant und ebenso komplett gebucht… Der Plan dieser Reise war in etwa : 2 Tage in : Erfurt, Bamberg, Freiburg, Koblenz und Paderborn. Warum diese Städte (?) sie haben alle eine interessante Geschichte und einiges an geschichtsträchtigen Gebäuden… dazu sind sie auch für regionale Spezialitäten im kulinarischen Bereich bekannt… sowohl im Bereich Speisen als auch Getränken… das ist ja dann schon mein Thema und dann…kam Corona… … das Offside mußte wie alle anderen Bars schließen, plötzlich war alles was man kannte und in den letzten Jahren machte auf dem Prüfstand gestellt… und unsere Katzen fragten sich bestimmt was mit uns nicht ganz richtig ist da wir den ganzen Tag in ihrer Wohnung verbrachten. Mittlerweile ist es Ende August, der Sommer so gut wie vorbei, das Offside längst wieder geöffnet und nun also zum ersten mal in diesem Jahr raus aus der Stadt, ab aufs Land… es geht in die fränkische Schweiz, mit Freunden zusammen eine Bierwanderung und im Anschluß noch ein paar Tage in Bamberg. Es handelt sich um ein paar Tage voller Bier,  gutem Essen, schöner Landschaft und netten Leuten.

…schon lange hörte ich mal was von Bierwanderungen und fand alleine das Wort cool… Wanderung = ich kann einigermassen gut geradeaus laufen und zur Belohnung gibt es ein regional gebrautes Bier… das ist durchaus korrekt… aber man tut gut daran in eine Gegend zu fahren, wo das Bier auch richtig gut schmeckt und das Drumherum wie Essen und Unterkunft auch hinhaut…
Ich war jetzt 10 Jahre fast ausschließlich in Schottland und Irland unterwegs… 19 x Schottland… 2 x Irland… in Schottland wage ich mir zu erlauben so etwa jedes zweite Dorf …naja… dritte oder vierte… zu kennen… aber wenn mich die Schotten immer gefragt haben wo ich her komme… klar Berlin Mitte… (nicht schlecht vielleicht)… aber wenn die Schotten dann erzählt haben wo sie mal in Deutschland waren, dann waren das entweder Orte wo sie mal als alliierte Streitkräfte stationiert waren oder irgendwelche Ziele wie Schwarzwald oder fränkische Irgendwas… Beim Fränkischen lässt sich sicher einiges finden… die Landschaft ist nicht spektakulär aber relativ immer schön… die Menschen sind entspannt und nicht so speziell wie in dem Teil des Landes was man Bayern nennt… Der Unterschied zwischen Bayern und Franken ist außerdem das man in Franken gutes Bier braut bzw. manche sagen sogar das die das da im Gegensatz zu Bayern überhaupt können… Ich möchte mich also auch „weiterbilden“ um besser Auskunft über mein eigenes Land geben zu können, sollte ich im Ausland mal wieder danach gefragt werden.
Die Gemeinde Aufseß (da gehören mehrere Dörfer dazu… insgesamt etwa 1300 Einwohner) hatte im Jahre 2001 die höchste Brauereidichte pro Einwohner weltweit (4 Brauereien / 1300 Einwohner)
… prompt gab es einen Eintrag in das Guinness Bier Buch der Rekorde… und das heißt für mich… kann so verkehrt nicht sein…
Alleine macht so etwas garantiert keinen Spaß… da sollte man schon mit Leuten hinfahren die man gut kennt und am besten schon mal mit ihnen unterwegs war… es traf sich gut das ich meinen besten Freund André (seit 1975) nicht lange überreden musste… meinen Freund Immo auch nicht, Matthias die ganze Aktion auch erstmal ins Spiel gebracht hatte und auch einen erheblichen Teil organisiert hat, Carsten als guter Freund von Matthias dabei war und Matthias’ Bruder Thomas noch aus Erlangen dazu stieß… ein gutes Team war also schnell gefunden…
Die Anreise erfolgte mit der Bahn von Berlin Hauptbahnhof via ICE nach Bamberg… gerade einmal 2,5 Stunden hat das gedauert, unterwegs gab es zur Einstimmung ein paar kleine Whiskys …ich hatte tags zuvor schließlich Geburtstag. In Bamberg angekommen ging es mit einem Taxi weiter, welches 5 Personen fassen musste. Der erste Wagen der das konnte und sich mit uns in Bewegung setzte war ein… gute Frage was war das überhaupt (?) jedenfalls kein Van oder so sondern ein Wagen mit einer Art Notsitz. Der Fahrer war ein älterer Osteuropäer namens Viktor, der vielleicht einen alten Rekord mit der Strecke brechen wollte… jedenfalls ist das Blech seines Autos was unter unseren Füßen war jetzt etwas eingedrückt… will sagen … der ist gefahren wie ein Wahnsinniger und ich hatte Momente wo ich mir ausmalte, wie die Presse dann später hätte berichten können „Es hätte ein schönes Wochenende werden können“. …aber naja… wir sind letztendlich gut in Breitenlesau angekommen, der Viktor war aber das ganze Wochenende ein Thema dieser Tour…

Eine Russenlinde... warum ? steht auf dem nächsten Bild...
...genau deshalb...

So… Breitenlesau (Gemeinde Waischenfeld / Landkreis Bayreuth) ist ein Dorf mit etwa 200-250 Einwohnern, einer Kirche, einer Russenlinde und einer Brauerei. Diese Brauerei heißt Krug Bräu und sollte für 3 Nächte unser Quartier sein. Die Familie Krug gründete die Brauerei bereits 1834, bis heute ist es ein Familienunternehmen und das Bier ist auch überregional bekannt und wird auch ins Ausland exportiert. Ähnlich wie bei bekannten Whiskybrennereien auf den britischen Inseln ist das Business von der Herstellung von Alkohol nicht mehr auf die Produktion dieses eingeschränkt, es bedarf heutzutage schon etwas mehr um sich nachhaltig zu empfehlen und wirtschaftlich unabhängig zu bleiben, sollte es einmal nicht so laufen wie geplant. Im Falle der Krug Brauerei zählt dazu eine große Gastwirtschaft mit Biergarten, Übernachtungsmöglichkeiten und ein Tanzcenter (wegen Corona war das nicht auf und ich durfte nicht tanzen). Unser Zimmer (#9) war ein Dreibettzimmer welches ziemlich modern und auch geschmackvoll eingerichtet war… es gab nichts was ich vermisst habe. Für knapp 40 € pro p.P. pro Nacht mit Frühstück durchaus ok, die Zimmer sind durchaus sehr gefragt. Nachdem nun das Quartier bezogen war konnte nun das Wochenende eröffnet werden, also die paar Schritte raus in den Biergarten und Krug Bräu Olé… natürlich nicht ohne die beste fränkische Küche… auf den Tafeln standen fast ausschliesslich Speisen die ich liebe und so gingen in meinen Bauch neben den ganzen Bieren noch eine Schinkenplatte und ein amtliches Schnitzel. Das Krug Bräu gibt es als Helles und (80% vom Ausstoß:) Dunkles Lager. Das alles war sehr lecker und natürlich hat es die Berlin/Potsdamer Abordnung geschafft, die letzten auf dem Platz zu sein… machte ja nix… das Bett war nur ein paar Schritte entfernt. Es folgten einige Stunden Schlaf…

Das erste Bier... ich will nicht spoilern...aber es wird nicht das letzte gewesen sein...
Breitenlesau - Nankendorf Avenue

Tag 2 : Eine Wanderung zum Üben

Das Frühstück im Hause Krug war eher schlicht… Filterkaffee aus der Thermoskanne und ein unspektakuläres, kleines Buffet. Unsere erste Bierwanderung ist kein offizieller Bierwanderweg sondern eine individuelle Strecke, die Matthias und Carsten schon einmal gelaufen sind. Bei schönem Wetter ging es die ersten 3,5 km von Breitenlesau nach Nankendorf zur Schroll Brauerei. Auch dieses Familienunternehmen gibt es bereits seit über 150 Jahren… es gibt einen Gasthof mit kleinem Biergarten. Wir waren die ersten Gäste, durften die Sonnenschirme öffnen und kurz nach 11 Uhr stand das erste Bier auf dem Tisch, es war ein klassisches Landbier und wir nahmen sicherheitshalber zwei davon.

Das erste Bier des Tages...
...in der Schroll Brauerei Nankendorf...

Weiter ging es dann in Richtung Waischenfeld… mit 3000 Einwohnern eine Nummer größer als die umliegenden Ortschaften. Der Weg führte über einen Berg der mir als ungeübten Wanderer einiges abverlangte. Zur Belohnung stand dann oben eine kleine Kapelle… nein keine Combo mit Blasmusik zur Begrüßung sondern etwas zum beten (oder auch nicht). Danach ging es wieder bergab und wir kehrten ins Gasthaus „Zur Sonne“ ein. Dort gab es Mittagessen und Bier von der lokalen Heckel Brauerei. Es mag am Wetter oder am Namen des Gasthofes gelegen haben… fortan hatte ich den berühmten Tomatenkopf Sonnenbrand.

Die Kapelle am Ende des Aufstiegs
Rast im Gasthof zur Sonne... und die war an...

Es folgte ein erneuter Aufstieg und ein teilweise etwas abenteuerlicher Weg ins Dorf Hubenberg wo es gutes dunkles Bier der Brauerei Held aus Oberailsfeld gab. Die Kneipe war zwar laut Öffnungszeiten auf, hatte aber kein Licht an und es dauerte ein wenig bis sich jemand fand der in der Lage war Bier zu zapfen… auf’m Dorf ist halt alles bisschen anders… Das Held Bier war aber ein sehr gutes Gebräu, was auch doppelt getestet wurde.

Held Bier im Gasthof Polster Hubenberg
Hubenberg liegt übrigens bei Saugendorf 😀

Inzwischen drehte sich das Wetter und es fing ordentlich an zu regnen… zum Glück nur Wasser so das es nicht zu schlimm war, das wir die 3 km nach Breitenlesau an der Straße laufen mußten. Zurück an der Unterkunft stieß Thomas als letztes zu unserer Gruppe und wir waren komplett. Danach gab es natürlich noch Bier und lecker Essen… ich für meine Person hielt es aber den Abend bescheiden, schließlich erwartete uns tags drauf eine Tour von über 20 Kilometern mit 4 Brauereien… eine solche Strecke sollte man tunlichst einigermaßen fit antreten…

...der Sechser ist jetzt vollzählig...

Tag 3 : Die große Tour zum fränkischen Ehrenbiertrinker Diplom

Mit dem 9 Uhr Gong des Kirchturms setzte sich die Kolonne in Bewegung, welche es anstrebte mit dem Diplom „Fränkischer Ehrenbiertrinker“ zurück zu kommen. Dieser offizielle Wanderweg ist 14 Kilometer lang und verbindet 4 Brauereien, die alle zur Gemeinde Aufseß gehören. Mit 1300 Einwohnern ergibt das einen Schnitt, der zu einem Eintrag im Guinness Buch der Rekorde führte.

Um auf den Wanderweg zu kommen mussten wir aber erstmal 3 km in das Nachbardorf Hochstahl laufen… auch hier gab es wieder abenteuerliche Abkürzungen übern Acker… aber egal, in Hochstahl angekommen erwartete uns die erste Brauerei des Tages : Reichold. Genau wie die Krug Brauerei bietet auch Reichold Plätze zur Übernachtung an. Die Gäste kamen gerade vom Frühstückstisch als wir eintrafen und unser erstes Bier orderten. Diese Leute, überwiegend Ü50, waren in größeren Gruppen organisiert und hatten meistens mäßig originelle T-Shirts an damit man sie voneinander unterscheiden kann… viele sahen wir im Laufe des Tages wieder.

Das erste Bier des Tages bei Reichold in Hochstahl
...auf dem Weg...

Das Landbier der Reichold Brauerei schmeckte ausgezeichnet, so das wir sogar 3 Töpfe davon nahmen, bevor es weiter ging… schließlich standen etwa 4,5 Kilometer bevor. Die erste Rentnergruppe mit komischer Kleidung war schnell eingeholt… dann gab es einen Pinkelvorsprung zu erlaufen… so hatte unsere Truppe einen ganz schönen Zahn drauf… es machte auch Spaß weil niemand damit überfordert war. Das nächste Ziel war die Brauerei Stadter in Sachsendorf. Am Ortseingangsschild stellten wir fest, das in unserer Gruppe 4 gebürtige Sachsen sind…

4 x Born In Saxon

Die Brauerei Stadter ist eher ein kleiner Laden, es war Mittagszeit und wir mussten einige Minuten warten bis wir einen Platz bekamen. Das Bier war… nicht schlecht aber im Vergleich zum Reichold Bier ein deutlicher Verlierer. Hier reichte uns auch ein Bier und weiter ging es in Richtung Aufseß, wieder eine Strecke von über 4 Kilometern. Die Geschwindigkeit war noch immer hoch, in der Mittagssonne konnten wir sie aber nicht mehr steigern… es reichte aber um noch ein paar Leute zu überholen.

In Aufseß bei Rothenbach

Die Brauerei Rothenbach ist wahrscheinlich die größte auf dieser Strecke, so wohl mit der Menge der produzierten Biere als auch mit ihrem Gasthof und Biergarten. Wir hatten Glück das wir einen guten Tisch bekamen und nutzten den Aufenthalt neben diversen Bierproben auch zum Mittagessen, in meinem Falle ein schöner Tafelspitz mit Kloß… das Essen in Franken lässt ja keine Wünsche offen… der Aufenthalt in Aufseß war sehr angenehm, aber eine Station gab es noch zu absolvieren : Kathie-Bräu in Heckendorf… zwar nur 2 Kilometer, diese aber fast ausschliesslich steil bergauf… ich war zeitweise etwas kurzatmig… Kathie-Bräu ist nicht nur eine Brauerei mit sehr großem Biergarten, sondern auch ein beliebter Treff für Biker. Die Gebäude sind recht alt und sehen auch so aus, was die Sache aber nicht unsympathischer macht… im Gegenteil… vom Flair gefiel es mir hier am besten. Das Bier war ein Dunkles und schmeckte auch sehr gut. Da wir die 4 Brauereien alle abstempeln haben lassen, bekamen wir dort auch unser Ehrendiplom… immerhin besser als ein Jodeldiplom und überhaupt… diese Art der Fortbildung lobe ich mir. Vom Kathis trennten uns noch 5 km bis nachhause zum Krug, wir hätten diese direkt ansteuern können oder aber aufgeteilt in einmal 2 km zurück zum Reichold nach Hochstahl und von da aus die 3 km nach Breitenlesau… wir wählten die Version 2 und kamen nochmals in unsere erste Brauerei zurück um dort noch eine Rast mit Bier zu machen. Inzwischen kamen uns auch dann einige schräge Typen entgegen die schon viel getankt hatten und schlechtestenfalls noch mit lauter Schlagermusik bewaffnet waren… ein wenig Ballermann in Franken ließ sich nicht leugnen… insgesamt ging das aber… außerdem war Samstag.

...bei Kathie
...ähnlich... aber schon zurück beim Reichold...

Ohne Abkürzungen ging es dann zurück zum Krug und dort… ja… ihr ahnt es (?)… richtig, wir haben noch ein paar Bier getrunken. Danach haben wir alle sehr gut geschlafen… es war so einer der besseren Tage im Leben… ich denke ich spreche da für alle in der Gruppe.

Das Jodeldiplom

Tag 4 : Regentag in Bamberg

Der Zug der Rückreisenden André, Immo und Karsten fuhr um ca. 13:30 von Bamberg, das ließ noch Zeit um ganz in Ruhe zu frühstücken und danach… nun gut… was will man machen… man wartet auf das Taxi was für 12:00 Uhr bestellt war und was soll man inzwischen machen (?) …in einem Brauereigasthof (?)… richtig, ein gepflegtes Krug Bräu trinken. Der Taxifahrer hatte durchaus einen deutlich angenehmeren Fahrstil als Viktor… und Matthias weiß jetzt auch alles über die Gegend, seiner Familie und Nachbarn. Am Bahnhof Bamberg stiegen die Rückfahrer aus, Matthias und ich fuhren noch bis zum Hotel. Das City Hotel Bamberg ist ein sehr neues Hotel, es ist erst ca. 1 Jahr auf. Es handelt sich um ein umgebautes altes Bankgebäude und ich muß schon sagen, nicht nur der erste Eindruck ist positiv auch alles andere passt.

Das City Hotel
Domplatz im Regen

Der Regen wurde immer stärker und laut App war auch nicht zu erwarten das sich das noch ändert. Da aber auch dieser Regen nur aus Wasser war gingen Matthias und ich dann ins erste Brauhaus am Weg Sternla. Dort gab es lecker Bier und für mich einen amtlichen fränkischen Sauerbraten… Regen (?) mia doch egal…

Erstes Bamberger Bier im Sternla

Danach ging es ein wenig stadteinwärts, vorbei an dem berühmten Rathaus welches mitten im Fluss errichtet wurde und in der Liste der schönsten historischen Rathäuser Deutschlands ganz sicher eine Top 10 Platzierung hat, bis zum Domplatz. Schnell merkten wir das es im strömenden Regen keinen Spaß macht um die Schönheiten der Stadt zu erkunden… zum Glück gibt es ja nicht nur schöne Äußerlichkeiten sondern auch jede Menge „innere Werte“… Bamberg hat nämlich etwa 10 Brauereien mit angeschlossenen Gasthäusern. Leider sind die meisten davon entweder Sonntags oder Montags geschlossen, aber ein paar haben wir schon kapern können.

Im Ambräusianum

Da waren noch das Ambräusianum direkt neben dem Brauhaus Schlenkerla… das war so… eher lala und dann noch zur Brauerei Spezial, wo es uns sehr gut gefallen hat und wo es auch das erste Rauchbier auf unserer Reise gab. Wir schafften es wieder einmal die letzten zu sein, was aber 21:00 Uhr auch nicht weiter verwunderlich war. Es reichte ja auch und der Regen erstickte auch den größten Elan im Keim… also ab ins Hotel und in die Heia…

Brauerei Spezial
Die typische Handbewegung dieser Tage...

Tag 5 : Eine Bamberger Erkundungstour

 

Blick vom Michelsberg gen Nordosten
Blick vom Michelsberg Richtung Dom

Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen brachte die Gewissheit : der Regen ist vorbei. Dann also das gute Frühstück im Hotel genossen und ab in die Stadt. Durch diverse Gassen und Straßen liefen wir zuerst auf den Michelsberg wie ihm die Einheimischen nennen (offiziell Michaelisberg) Bamberg steht wie Rom auf 7 Hügeln… auf zweien davon befinden sich Kirchen… der Dom und die Michaeliskirche mit ihrem dazugehörigen Klosterkomplex. Die Kirche wird gerade aufwändig restauriert, eine Besichtigung ist nicht möglich… der Ausblick den man von dem Berg hat ist allerdings frei… und sehr lohnenswert. Nach kurzen Stopps an Sehenswürdigkeiten wie dem Rosengarten war es Zeit für eine erste Rast… und die gab es in dem bekanntesten Brauhaus der Stadt : Schlenkerla.

Im Rosengarten
Klein-Venedig

Um die Mittagszeit war dort noch nicht so viel los, so das wir die Gelegenheit nutzten das weltbekannte Schlenkerla Rauchbier zu verkosten. Meine erste Begegnung mit diesem Bier war eher unangenehm… wenn man nicht darauf vorgewarnt ist was da gleich kommt, dann verzieht man doch erstmal das Gesicht. Nun ja, diesmal wußten wir was uns erwartet aber Fans werden wir von diesem Rauchbier wohl nicht mehr werden… Rauch im Whisky passt einfach besser. Schinken zu Schinken, Bier zu Bier…

Im Schlenkerla : Rauchbier...
...und Bamberger Zwiebel

Weiter ging es u.a. am Ufer der Regnitz mit dem schönen Ensemble alter und schiefer Häuser namens Klein Venedig und der Fußgängerzone (welche von den Geschäften her natürlich auch in Gera oder Wanne Eickel stehen könnten, aber die Häuser hier sind schöner) zur nächsten Brauerei : Fässla. Dort konnte uns das süffige Lager durchaus überzeugen und auch das Pils war nicht schlecht. Anschließend hatten wir einen Termin zur Domführung. 2 x am Tag gibt es öffentliche Führungen durch den Kaiserdom… sie kostet 5 € und beinhaltet einige Dinge, die dem individuellen Besucher der Kirche nicht zugänglich sind wie z.B. die Krypta und den Altarraum. Ich fand es sehr interessant und man könnte sicher noch viele Stunden durch das über 1000jährige Bauwerk wandeln… aber Kirchen kommen bei mir in den nächsten Tagen nochmal vor.

Dom - Blick zum Ostchor
Dom - Ostchor
Dom - Details vom Chorgestühl
Dom - Der Bamberger Reiter
Dom - Westchor
Dom - Altar von Veit Stoß

Nun hieß es erstmal Mittagessen und weil es so nahe war, ging es nochmal ins Schlenkerla… dort hatte ich von der Bamberger Zwiebel gehört und das klang durchaus lecker. Es handelt sich um so etwas ähnliches wie Kohlrouladen, nur nicht mit Kohl ummantelt sondern die Hackfleischmasse wird in eine große ausgehöhlte Zwiebel gefüllt. Es hat gut geschmeckt war aber auch nicht die Erleuchtung. Nach der Zwiebel und einem Rauchbier gab es dann erstmal eine kleine Pause im Hotel. Danach ging es weiter… ursprünglich wollten wir in ein Lokal namens Zapfhahn… einem nicht ganz so traditionellen sondern eher alternativen Laden… leider bekamen wir dort keinen Platz. Nicht weit von dem Laden ist ein Irish Pub… und wir dachten es kann nicht verkehrt sein ein wenig den Eisengehalt im Blut aufzufrischen und zwei Guinness zu trinken. Weiter ging es ein ganzes Stück weg von da zur Mahr’s Brauerei. Dort wurde um 21:00 geschlossen, weshalb wir nur ein Bier probieren konnten. Es war nicht so schlimm… das Mahrs Lager schmeckte uns beiden nicht… da war eine dominante Bananennote im Spiel. Wenige Meter von Mahr’s entfernt liegt die Brauerei Keesmann… deren Sternla Lager hat uns dann wieder geschmeckt… aber auch da war bald Feierabend und der zweite Tag in Bamberg ging zu Ende.

...Ausklang bei Mahrs...
...und Keesmann.

Tag 6 : Die Bamberger Erkundungstour wird fortgesetzt

Dieser Dienstag, 01.09.2020 war der Tag der Tour an dem ich als letzter übrig blieb, Matthias musste nachmittags zurück fahren. Bis dahin war aber noch ein wenig Zeit und wir machten da weiter, wo wir tags davor aufgehört hatten… durch die Stadt laufen und gelegentlich ein Bier trinken. Als erstes ging es ein wenig bergauf im Nordwesten der Stadt… dort kann man vorbei an gerade geschlossenen Biergärten und der Produktionsstätte von Schlenkerla laufen (das war nicht der direkte Weg) und sich dann mit einem Bier der Brauerei Greifenklau belohnen.

Die Brauerei Greifenklau
...und es schmeckt schon wieder...

Das Bier… es war ein Lager und wenn mich nicht alles täuscht ein Märzen war durchaus empfehlenswert. Das Wetter war wieder etwas unbeständig, es nieselte erst, dann wurde es doller… ok nicht so schlimm wie am Sonntag, aber …hmpf… Wir liefen noch ein paar Stationen ab um Sachen zu fotografieren die wir noch nicht hatten… dann wurde es aber doch Zeit für eine erneute Einkehr und zwar ins Klosterbräu… das war nun eine der letzten Brauereien die wir noch nicht besucht hatten. Neben Bier (Helles, Dunkles, Rauchbier) kam auch ein ordentlicher Gulasch zum Mittag auf den Tisch.

...Gulasch...
...und Bier im Klosterbräu... das letzte Prosit Bild zu zweit...

Als wir dann gingen hatte es aufgehört zu regnen, wir gingen zum Abschluss nochmal zur Fässle Brauerei (die nächstgelegene vom Bahnhof) und etwa 17:00 ging es für Matthias in Richtung Heimat. Ich ging erstmal ins Hotel und schrieb große Teile dieses Blogs… es ist ja nicht immer leicht sowas zu schreiben wenn mehrere Personen unterwegs sind, alleine nimmt man sich eher die Zeit. Später hatte ich erstmal genug von Bier und Schweinebraten, ich ging zum Italiener direkt neben dem Hotel und es gab Nudeln, Wein und Wasser. Damit war auch dieser Tag Geschichte.

Goodbye Matthias...

Tag 7 : Bamberger Kirchenwanderung

Die protestantische St. Stephanskirche...
...mit angenehm hellen, im Vergleich eher schlichtem Interieur...

An dieser Stelle muß ich erstmal kurz meine Beziehung zu sakralen Bauwerken erklären. Ich war zu keiner Zeit meines Lebens irgendeiner Religion verbunden und habe auch sonst keinen Draht zu spirituellen Sachen. Allerdings habe ich seit meiner Kindheit ein Interesse an sakralen Bauwerken und deren Kunstschätzen… das war zeitweise schwierig, zu Zeiten der DDR war es nicht immer gerne gesehen wenn man sich zu oft in Kirchen rumtreibt… aber es sind ja auch nicht nur Kirchenbauten, sondern im Prinzip alles was aus alten Steinen gebaut wurde, bereits als 13jähriger habe ich in den 1980ern schon als Führer im Schloß Sanssouci etwas Geld in den Ferien verdient…Leser meiner Schottland Blogs wissen ja das ich dort gerne Castles besichtige, auch wenn sie nur noch ein Haufen voller Steine sind.

Die Obere Pfarre mit ihrem gotischen Umgangschor...
...und recht üppigem Inneren...

Bamberg ist natürlich eine sehr katholische Stadt wie überhaupt ganz Franken oder Bayern. Da diese Stadt im zweiten Weltkrieg ziemliches Glück hatte von größeren Zerstörungen verschont zu werden, gilt Bamberg als die größte vollflächig erhaltene Altstadt Deutschlands… mit entsprechend vielen Kirchen. Die größte und bekannteste ist natürlich der Dom… 1000 Jahre Geschichte und immer wieder Veränderungen machen ihn schon zu einem sehr beeindruckenden Bauwerk. In seinem Schatten gibt es aber auch noch etliche andere bemerkenswerte Kirchenbauten. Ich hatte mir auf der Karte ein paar ausgeguckt und bin diese in wenigen Stunden abgelaufen und habe ziemlich viel fotografiert.

Das Karmelitenkloster
...wartet auf Spenden das es mit der Restaurierung weiter gehen kann...

Begonnen habe ich bei St. Stephan. Das einzigartige dieser Kirche ist, das sie von einem Papst geweiht wurde… nun gut, das gibt es in der Tat häufiger… aber man muß schon dazu sagen, das es eine evangelische Kirche ist… das allerdings erst seit gut 200 Jahren und als Papst Benedikt VIII. diese Kirche weihte, war an Luther oder Reformation noch lange nicht zu denken. Viel aus der Zeit ist heute eh nicht übrig… das jetzige Kirchengebäude entstand im 17. Jh in einem Stilmix aus Spätrenaissance und Frühbarock. Seit der letzten großen Renovierung erstrahlt das Innere der Kirche in einem strahlenden Weiß, was wirklich sehr gut aussieht. Ich war ganz alleine in dem großen Raum… eine ganz besondere Stille war das…

St. Jakob vom Michelsberg... im Hintergrund die Altenburg
St. Jakob innen... der romanische Kirchenstandard um 1100

Von schlichtem Weiß und Ruhe konnte in der nächsten Kirche keine Rede sein, es ging wenige hundert Meter in die Pfarrkirche zu unsere lieben Frau… im Volksmund einfach „Obere Pfarre“ genannt. Die katholische Kirche (ab jetzt sind alle weiteren katholisch) entstand im Zeitalter der Gotik im 14. Jahrhundert. Der Chor wurde etwas später als das Langhaus gebaut, was besonders außen gut zu erkennen ist. Das Innere des Bauwerks ist sehr reichhaltig ausgestattet, was meistens von der Barockisierung Anfang des 18. Jh stammt, aber auch viele Schätze früherer Epochen z.B. ein großes Bild von Tintoretto…. die zweitgrößte Kirche der Stadt ist von der Ausstattung deutlich prächtiger als der Dom… an dem wurde in den letzten 200 Jahren zu viel rumgedoktort…

St. Martin in der Innenstadt...
...mit barocker Ausstattung...
...und einer Kuppel die nur so tut als wäre sie eine...

Deutlich kleiner war dann die nächste Kirche : Das Kloster St. Maria & St. Theodor am Karlsberg, auch Karmelitenkloster genannt wurde im 12, Jh als Frauenkloster gegründet, im Laufe der Jahrhunderte war es Heimat verschiedener Orden. Die heutige Kirche ist ein Barockbau von Leonhard Dientzenhofer, die Originalausstattung ist weitestgehend nicht mehr existent… was heute zu sehen ist wurde Anfangs des 20. Jh im neobarocken Stil errichtet.

St. Gangolf im Gärtnerviertel
...im Kern ebenfalls spätes 11. Jahrhundert.

Ebenfalls nicht sonderlich groß ist die St. Jakobskirche unweit vom Dom. Sie ist eine romanische Basilika mit Querschiff und Holzdecken… so in etwa muß man sich auch den ursprünglichen Dom vorstellen. Die Westfassade erhielt einen barocken Giebel und auch der Turm erhielt sein heutiges Aussehen in dieser Zeit. Die Kirche ist Teil des Jakobsweges.
Mein Weg führte mich nochmals auf den Michelsberg, das Wetter war großartig und so konnte ich noch ein paar Bilder bei schönem Wetter machen. Die nächste Kirche war St. Martin am grünen Markt mitten in der Fußgängerzone der Stadt. Die Kirche ist ein Barockbau von den Gebrüdern Dientzenhofer und wurde zwischen 1686 und 1696 errichtet. Bemerkenswert ist eine Scheinkuppel… also eine Art optische Täuschung an der Gewölbevierung.
Eine Kirche hatte ich noch auf dem Plan und das war St. Gangolf im Westen der Stadt, die die Gärtnerviertel genannt wird. St. Gangolf hat auch einen romanischen Kern, ähnlich wie St. Jakob, wurde auch häufig umgestaltet.

...nach 6 Kirchen nun aber genug der Abbitte... ein Bier auf der Altenburg...
Sensationeller Blick auf Bamberg von der Altenburg

Das sollte es für diesen Tag zum Thema Kirchen gewesen sein, es war aber gerade mal früher Nachmittag und die Altenburg, ein in der Stadt gut sichtbares Gebäude reizte mich… nur nicht so recht der Anstieg… also beschloss ich ein Taxi zu nehmen und mich für den Preis von 3 Bier da hoch fahren zu lassen. Ich nahm den Wagen der als erster in der Reihe am ZOB stand und merkte nach ein paar Momenten… das ist doch Viktor (!), der Karmikazepilot der uns von Bamberg nach Breitenlesau gefahren hatte… was für ein Zufall, aber er hat mich nicht erkannt und die 10 min Fahrt waren auch weniger gefährlich als beim ersten mal.
Die Altenburg ist hauptsächlich ein Bauwerk vom Anfang des 20. Jahrhunderts, allerdings gab es durchaus ältere Vorgänger. Auf der Burg befindet sich ein Biergarten der u.a. Weyermann Bier ausschenkt, das ist Bier aus dem Gebäudekomplex einer markanten Malzfabrik unweit vom Bahnhof Bamberg. Wie alle anderen gastronomischen Stätten die ich in den letzten Tagen besuchte, wurde auch hier sehr genau auf die Abstandsregeln und sonstigen Coronamaßnahmen geachtet… hier vielleicht noch ein wenig mehr… aber das machte nichts, das Bier war nicht so meins, es hätte gut irgendein Dünnbierpils aus einer Industriebrauerei sein können. Das große Ding dieser Location war natürlich der Ausblick auf die Stadt… und die war wirklich großartig. Leider wurde es von der anderen Seite bedrohlich finster und es schien wohl klar das es gleich einen Regenguss geben würde… also ging ich wieder bergab Richtung Stadt, der Regen war eher kurz und dann durfte es auch erstmal eine Pause sein… etwa 15 km hatte ich schon in den Beinen. Abends brauchte es nochmal Schäuferla und Sternla Bier zum Abschied dieser tollen Tour… die nächsten Tage wird es garantiert wieder kalorienärmere Speisen geben und das Bier wieder erst abends… so viel steht fest 😉

...das letzte Abendmahl... (war wohl in zu vielen Kirchen heute 😉 Schäuferla (Schulterstück vom Schwein) ist DAS fränkische Gericht...

Tag 8 : Rückreise & Fazit

Bamberg im Sonnenschein

In diesem Moment sitze ich noch im ICE Richtung Berlin. Aus irgendwelchen Gründen fuhr heute kein ICE von Bamberg sondern ich mußte erst nach Würzburg juckeln und dieser ICE ist auch deutlich langsamer unterwegs als der beim Hinweg mit 2,5 h… nun egal…
Ich habe ein paar schöne Tage hinter mir und freue mich das alles so gut geklappt hat. Es war schön mit Freunden zu wandern und Bier zu trinken, es war auch schön auf eigene Faust die Gegend zu ergründen… richtig teuer war das auch nicht, Bier und (gutes) Essen sind im fränkischen wirklich nicht teuer… ich kann es nur empfehlen…

Rücblick... meinte eigentlich was anderes 😉

Köpenick vs. Malzfabrik… die Berliner Herbst Whiskymessen im Wandel der Zeit

Ehemalige Malzfabrik Berlin-Schöneberg... erbaut 1914-1917

20 Jahre Whisky Herbst… nicht schlecht… wenn man mal zurückdenkt wie die Whiskywelt damals aussah… nur vereinzelte Verrückte gab es damals, die den schottischen Schnaps wie ein Kultgetränk zelebrierten. Das Geld hieß noch D-Mark und eine Flasche Port Ellen kostete 150 Mark … man kaufte seinen Stoff bei Big Market, bei Wein & Whisky in Schöneberg, bei Kierzek in Lichtenberg oder in der Wein-Oase Köpenick. Die Betreiber der drei letztgenannten Geschäfte wagten dann vor 20 Jahren den Schritt in die Welt der Whiskymessen. In Deutschland gab es seinerzeit nur die Interwhisky in Frankfurt… viele Leute konnten sich gar nicht vorstellen, das es überhaupt so großes Interesse für eine schottische Spirituose geben kann, das man daraus eine Messe veranstalten kann… …nun ja… und heute ist September 2019… es gibt zig Whiskygruppen und Whiskyklubs in den sozialen Medien oder Whiskyforen… eine Flasche Port Ellen kostet mindestens 1000 Euro, es gibt unzählige Onlineshops zum Thema Whisky… und etwa 50 Whiskymessen in Deutschland (keine Garantie auf Vollständigkeit)… davon alleine 4 Messen in Berlin…. und davon wiederum zwei gleichzeitig… Wie kam es dazu (?)… nun ja, das Thema Whisky wuchs und wuchs, 2013 war Whisky-Boomtime… alle Welt wollte Single Malt und der Berliner Whiskymesse wurde das Gelände in der Köpenicker Freiheit zu eng. Eine neue Location wurde in der Malzfabrik in Tempelhof gefunden, schließlich gibt es ja auch eine Verbindung zwischen Malz und Malzwhisky… …nur mit was nicht gerechnet wurde, war die Idee der Betreiber der Freiheit Köpenick, in Eigenregie die Veranstaltung einfach fortzusetzen… als Whiskyfest statt Whiskyherbst … ich denke das viele damals gar nicht bemerkt haben, das es nunmehr 2 Messen gibt. Viele dachten auch, das diese Situation eine kurze Episode bleiben wird, denn eigentlich hat es ja auch etwas skurriles… eine Stadt mit 3,5 Mio Einwohnern und zwei Whiskymessen an einem Datum… Nun ja mittlerweile fanden die Messen zum siebten Male gleichzeitig statt und man hat sich irgendwie daran gewöhnt, schließlich kann man ja am Freitag hierhin und Samstag dorthin… Für die Betreiber war es keine Option in das Frühjahr zu wechseln… die Erfinder des Whiskyherbstes natürlich nicht… schließlich ist der Whiskyherbst das Original und Herbst ist nun mal im Herbst … und für die Alt-Köpenicker Erlebnisgastronomie & Veranstaltungs GmbH… so heißt der Veranstalter in Köpenick, gab es auch keinen Grund etwas zu ändern, denn die Besucher kamen genau so wie zu Zeiten, als es nur eine Messe gab. Die inzwischen neu dazugekommenen Messen Spreeside Whisky und Finest Whisky Deluxe im Frühjahr füllen beide andere Nischen der Whiskyszene und haben auf die großen Herbstmessen keinen Einfluss. Zum 20. Whiskyherbst deuteten sich dieses Jahr einige Veränderungen an. Uwe Wagmüller, Betreiber von Finest Whisky und der Bar Union Jack wurde Teil des Teams Whiskyherbst… im Fußball würde man sagen das war ein Königstransfer, schließlich verfügt Uwe über sehr viele andere, neue Verbindungen sowohl bei Handel und Industrie, als auch in der Gemeinschaft der Whiskykonsumenten… man konnte also gespannt sein… Als Mitbetreiber der Spreeside Whiskymesse war es für mich auch in diesem Jahr wichtig, beiden Messen einen Besuch abzustatten und neben der Pflege der Kontakte auch die Stimmung der Veranstaltungen einzufangen. Am kürzeren der beiden Tage dem Freitag war dafür Köpenick vorgesehen. …5 Minuten Fußweg bis zum Bhf. Gesundbrunnen… 46 min Fahrzeit bis Rathaus Köpenick, 5 min Fußweg bis zur Freiheit 15… macht also knapp eine Stunde Reisezeit, was gar nicht mal schlecht ist… ist doch Köpenick gefühlt schon eher bei als in Berlin. Eintritt kostete 13 Euro… genau wie im Vorjahr wenn ich mich recht entsinne. Etwas komisch war gleich von Beginn an, das der große Stand von Finest Whisky und Sansibar mittlerweile in der Malzfabrik steht. Stattdessen residiert jetzt Diageo an dieser Stelle. Einige Aussteller teilen sich für das Wochenende auf um auf beiden Veranstaltungen präsent zu sein, so z.B. Anam na h-Alba, Jens Fahr’s Altstadtkneipe, Pinkernells Whisky Market, Glina und Whisky Warehouse No.8. Einige Aussteller die nur in Köpenick sind, sind den weiten Weg nach Köpenick auf jedem Fall wert, zum Beispiel der Whiskydruid Michel Reick mit seinen Abfüllungen Best Dram oder Scotch Universe …, er war am Vorabend noch mit seinen Neuigkeiten bei uns im Offside zum Tasting… mit im Gepäck war auch der erste unabhängig abgefüllte St. Killian aus einem Amaronefass. Mein sehr geschätzter Kollege Robin Pitz von der Villa Konthor in Limburg erfreute mich mit einem leckeren älteren Ardmore von Daily Dram… Bei Klaus Pinkernell gab es einen bemerkenswerten Benriach vom Abfüller Claxton… lecker Kirsch-Streuselkuchen… Bei Cadenhead konnte ich den 24jährigen Springbank probieren, für den die doch glatt 500 € pro Flasche haben wollen… naja… sehr lecker… aber 500 ? …nö.

Chillige Atmosphäre in Köpenick
Beliebt: Irish Folk Live

Wie jedes Jahr ist Livemusik auch ein wichtiger Teil der Veranstaltung. Die Band Clover spielt glaub ich schon seit 15 Jahren die immer gleichen irischen Herz- Schmerz-und Sauflieder… und haben da ja auch ihre Fans. Hier und da sah man besonders jüngeren Besuchern im Laufe des Abends auch eine erhöhte Heiterkeit an… ja… es ist schon ein wenig Partystimmung aber (noch ?) nicht die befürchtete Ballermannisierung der Veranstaltung. Schön ist und bleibt die Stimmung am Ufer… besonders wenn die Sonne untergeht. Hier wurden dieses Jahr noch ein paar Stehtische installiert, was mir recht positiv auffiel, schließlich ist es fast unmöglich, einen Sitzplatz zu ergattern. Beim Catering gab es auch Neuheiten, in den vergangenen Jahren gab es viele Kleinigkeiten für den schnellen Hunger, diesmal stand da ganz groß was von einem speziellen Burger für 9 €. Ich weiß nicht ob die Schlange stets recht lang war weil es so hervorragend geschmeckt hat, oder weil die Zubereitung so lange gedauert hat… für mich war es keine Option. Über die Besucherzahlen kann ich nicht viel sagen… es war weder voll noch leer… da ich in den vergangenen Jahren immer Samstag in Köpenick war, fehlt mir der Vergleich.

...seit vielen Jahren an Bord: Clover aus Berlin

Als Fazit kann man sagen das sich das Köpenicker Whiskyfest treu geblieben ist… nach dem Motto never change a running system macht man alles wie immer, wenn Aussteller abspringen, kommen einfach neue… Die richtigen Whiskynerds blieben größtenteils fern… die Raritäten früherer Aussteller fehlen dann doch… aber Maltheads sind ja auch nur eine Minderheit. Für Neulinge im Bereich Whisky gab es reichlich zu probieren… Diageo und Mackmyra waren da sehr beliebt. Für mich selber war es ein schöner Abend, weniger wegen dem Whisky, als von der tollen Location direkt am Wasser.

Die Livemusik in der Malzfabrik ist deutlich dezenter...
...außer naturlich den Dudelsäcken...

Am Samstag war dann der Whiskyherbst in der Malzfabrik angesagt. 5 Minuten zu Bahnhof, 20 min S-Bahnfahrt zum Bhf. Südkreuz, gut 15 min Fußweg zur Malzfabrik… macht etwa 10 Minuten schneller als nach Köpenick… nicht optimal, aber auch nicht zu ändern, es gibt noch die Möglichkeit mit einem Bus, aber damit ist man auch nicht schneller. Für die Malzfabrik hatte ich ein bisschen mehr Zeit und das war auch gut so. Die Aussteller berichteten von einem guten Freitag (fast alle zumindest…) und einem enormen Ansturm auf die Messeabfüllungen, die am Samstag natürlich längst Geschichte waren. Meine flüssigen Highlights waren ein älterer Tomatin von Sansibar, ein schön aschiger Port Charlotte vom Whisky Warehouse No.8, ein Fettercairn von Anam na h-Alba, ein uralter Tomintoul bei Jack Wiebers und ein ebenfalls sündhaft teuerer Springbank von Claxton beim Pinkernell’s Stand. Das Catering war auch komplett neu… neben einem Stand mit kleinen und mittelgroßen Gerichten gab es auch den alten Lieferwagen mit Pannek seine Budike… Eisbeinbrötchen und Whisky-Burger… Berlin meets Scotland… dann gab es noch einen mobilen Kaffeestand und einen alten Citroen Transporter mit Bulmers Cider an Bord… Dank des schönen Wetters ebenfalls eine gute Idee… Zum Chillen und Genießen gab es im hinteren Teil an der Wiese reichlich Gelegenheit, es standen genügend Liegestühle bereit. Im Hauptteil der Messe gab es deutlich mehr Stehtische als früher, ein Aussteller für Whiskyfässer stellte zusätzliche Sitzmöbel bereit. Ich gebe zu… mir fällt absolut nichts ein, was ich vermisst hätte oder was nicht optimal gelaufen war… na gut… die ewig nervige Dudelsackcombo… aber es soll ja auch Leute geben, die da Spaß dran haben… Die große Bühne für die sonst immer auch hier vor sich hin dudelnden Larkins, Clovers oder wer auch immer… wurde übrigens wegrationalisiert… nur ein einsamer Solomusiker sang inmitten des Treibens von der Molly Malone und den ganzen anderen irischen Gestalten… bis die Dudelsäcke wieder dazwischen grätschten… ich wäre gerne noch ein wenig länger da geblieben, aber irgendwann ist es dann eben wieder vorbei.

...stimmungsvolle Atmosphäre kann auch die Malzfabrik...

Das Fazit ist damit eigentlich schon fast gesagt, der Whiskyherbst ist komplett in der (mittlerweile nicht mehr richtig neuen) Location angekommen, hat sorgfältig neu sortiert und sich dabei mit den Überläufern aus Köpenick sinnvoll verstärkt. Ich weiß das es noch immer Leute gibt, die diese und welche Leute die mit der Messe zu tun haben nicht leiden können und deshalb nicht kommen… diese Leute ermutige ich hiermit, mal über den Schatten zu springen… sie verpassen auf jeden Fall etwas… aber andererseits bleibt dann ja mehr für unsereins… Nächstes Jahr… ganz klar… geht es weiter mit den Berliner Messen im Herbst… und wir dürfen gespannt sein, was sich bis dahin noch in der Berliner Whiskywelt ändert… oder auch nicht…

McLarsen auf der Springbank Whisky School (April 2019)

Prolog: Im letzten August wurde ich ein halbes Jahrhundert alt und bekam von Nina zwei Sachen sehr gut organisiert und geschenkt : Eine rauschende Party in den Räumlichkeiten der Berliner Unterwelten und eine Woche Arbeit. Ersteres kann beim runden Jubiläum schon mal passieren, zweiteres klingt erstmal komisch… es ist ja auch nicht so, das ich sonst nichts zu tun hätte… der Clou ist, das diese Woche Arbeit in meiner Lieblingsbrennerei Springbank in Campbeltown an der schottischen Westküste stattfinden sollte. Da das ganze auch nicht so günstig ist, haben sich viele Gönner, die bei der Geburtstagsparty waren, daran beteiligt. Ich möchte mich bei allen die daran mitgewirkt haben, schon im Voraus dafür bedanken.

Campbeltown Harbour

Campbeltown liegt auf der Halbinsel Kintyre, vielen sicher bekannt von Paul McCartneys Schmonzette „Mull of Kintyre“ aus den 1970ern. Die Stadt (etwa 4000 Einwohner) ist der Hauptort von Kintyre und war vor etwa 100 Jahren die Whisky Hauptstadt der Welt. Über 30 Brennereien gab es in der kleinen Stadt, angeblich hat man Campbeltown schon Kilometerweit gerochen. Einige Umstände wie zum Beispiel die Prohibition in den USA (einem enorm wichtigen Markt) und ein paar schwarzen Schafen denen Quantität über Qualität gingen (angeblich wurden auch Heringsfässer befüllt)… ließen die Whiskyblase Campbeltown dann aber platzen. 1926 waren von den 30 Brennereien nur noch zwei  übrig : Glen Scotia und Springbank.

Campbeltown Harbour mit Hazelburn Fässern in den goldenen Zeiten
Die vielen Schornsteine lassen nicht die beste Luft erahnen,,,

Das Besondere an Springbank ist der Umstand das wirklich alles selbst gemacht wird… vom Malz bis zur Flaschenabfüllung. Dazu kommt noch, das ich den Springbank geschmacklich sehr schätze, er hat eine feine Torfnote und einen öligen Geschmack. Springbank war eine der ersten Brennereien, die ich vor knapp 10 Jahren besichtigt habe und schon damals wußte ich, das dieser Laden etwas besonderes ist. Nun also darf ich dort also selber mal Hand anlegen… ich bin sehr gespannt… ein halbes Jahr später ging es also los :

Tag 1 – Anreise: Der erste Tag begann wie gewöhnlich mit Aufstehen… etwa eine halbe Stunde früher als sonst. Die Katzen waren überrascht und Nina sagte kurze Zeit später zu ihnen :  „Wenn der Papa vor der Mama aufsteht, reist er wohl nach Schottland“… Korrekt… das normale kontinentale Frühstück (was ich zumindest darunter verstehe) …zwei Scheiben Brot mit Wurst und Chillisauce plus Tass Kaff eingenommen, schnell den Koffer gepackt… Küsschen und los geht es… Abflugort war diesmal Schönefeld, was nur geringfügig länger dauert als nach Tegel… mit den Öffentlichen zumindest und Sonntags sowieso. Die üblichen Vorgänge beim Fliegen (das erste mal mußte ich meinen Koffer selber einchecken… das war neu…), Security,  Passkontrolle, in den Flieger setzen, starten, landen… alles nix besonderes… ok… ich könnte erwähnen, daß ich bei blauem Himmel und 20 Grad startete und bei ziemlich ungemütlichen Schmuddelwetter gelandet bin, aber mein Reiseziel war schließlich nicht Barcelona sondern Glasgow. Dort hatte ich dann 2 Stunden Aufenthalt bis zur Weiterfahrt mit dem Bus nach Campbeltown. Nur einmal am Sonntag fährt der Bus von Glasgow via Airport und mir war die Zeit genehm… erstens wäre eine Verspätung des Fliegers ok gewesen und ich hatte Zeit zum Essen. Dazu ging es in den Weatherspoon im Airport und dort gab es Burger und Punk IPA… sonst ist eigentlich Sonntags bierfrei aber auf dem Weg in die Whisky School … quasi Quatsch… Der Bus war pünktlich, die Fahrt war wie immer sehr schön… besonders der Teil kurz nach Dumbarton, entlang dem Loch Lomond und durch die Gebirgslandschaften von Rest & Be Thankful… entlang der Fjorde vom Atlantik durch Kleinstädte wie Inveraray, Lochpilhead oder Tarbert… ich habe in vergangenen Berichten schon oft über diese Strecke berichtet und erlebe sie auch nach dem warscheinlich… 6. Oder 7. mal  immer noch als etwas Besonderes…Der letzte Teil nach Kennacraig, das ist dort wo die Fähre nach Islay ablegt bis nach Campbeltown ist nicht mehr so spektakulär wie vorher aber ebenfalls wunderschön. Der Ginster stand bereits in voller Blüte, überall blühten die Osterglocken und das schönste waren die ganzen kleinen Lämmer die bei ihren Muttis lagen, zum Teil nicht größer als Osterhasen… und quietschvergnügt durch die Gegend sprangen… Idylle pur… zumindest wenn man aus der Großstadt kommt…
Hotel Dellwood - Mein Zimmer ist direkt hinter der Schrift

Irgendwann war ich denn am Ziel in Campbeltown, gleich kurz hinter dem Ortseingangsschild liegt das Dellwood Hotel welches die Residenz der Whiskyschüler ist. Hotel klingt immer etwas nach… großen Häusern mit rotem Teppich und Pagen… nein, sowas ist das Dellwood nicht, eher ein klassisches britisches Bed & Breakfast. Dort eingetreten wurde ich von der Wirtin in Empfang genommen und gleich zu meinen künftigen Mitschülern geschickt, die bereits alle einem Tisch saßen, Bier tranken und von einer Käseplatte naschten… Good Afternoon… nein es war eher ein hello… I’m Lars from Berlin… zurück kamen Willkommensgrüße von Felix aus Neuseeland, Michael aus Buffalo/USA, Kylie aus New Jersey/USA, Sören aus Schweden und Darien aus England aber Wohnort Berlin. Ich war der letzte der zur Truppe kam und die kannten sich aber auch noch nicht so lange. Es dauerte ewas bis wir so miteinander in Schwung kamen, gottseidank scheinen alle Smartphonejunkies zu sein, das das Schweigen nicht so auffällt…egal… aller Anfang ist schwer… mit meinem mangelhaftem Englisch war es für mich auch nicht so leicht… Irgendwann erstmal das Zimmer bezogen… Zimmer 8 ist ein Anbau an das alte Haus… erstmal ok, das Zimmer schlicht und sauber… was fehlt ist eine feste Heizung, es gibt nur einen Elektroheizer (den ich erstmal prinzipiell ausgemacht habe). Um Leute kennenzulernen macht man einfach irgendwas gemeinsam. Da wir uns anscheinend ja alle für Whisky interessieren war da naheliegend… einen trinken zu gehen. Dafür gibt es in Campbeltown eine gute Adresse, von der aber auch schon viele negative Sachen berichtet wurden: Das Ardshiel Hotel. Ich selbst kann nichts Negatives sagen, ich war bei meinem ersten Besuch in der Stadt 2010 auch hier und später wieder… alles ok für mich… also sagte ich auch nichts über die Berichte meiner Hobbyreporterkollegen und wir enterten den Laden. Neben etwas Essen gab es komisch schmeckendes Guinness und einen Glen Scotia als Hausabfüllung aus einem Single Cask. In der Runde kam von Darien auch die Frage wo ich in Berlin wohne… ich sagte Gesundbrunnen… Wedding… und er fragte ob ich nicht das Offside kenne, eine Bar die er öfters besucht, wenn er am Gesundbrunnen klettern geht… nun ja… die Welt ist manchmal klein… Das war alles ganz ok und nachdem wir dann die gut 15 min Rückweg hinter uns gebracht hatten gingen alle ins Zimmer und ganz vorbildlich ab in die Heia… schließlich ist morgen erster Schultag und da will man ja nicht unpünktlich oder gar in schlechtem Zustand erscheinen… Es folgten einige Stunden Schlaf… ohne besondere Vorkommnisse…

Original Full Scotish Breakfast... 07:15 am
Statt Zuckertüte gabs am ersten Schultag bunte Kleidung
Tag 2 – Erster Schultag: 06:30 klingelte der Wecker vorsichtshalber. 08:00 war Erscheinen bei Springbank angesagt, vorher 07:15 Frühstück. Das Erwachen war etwas eisig… da ich die Elektroheizung beizeiten ausgeschaltet hatte und der Anbau nicht sonderlich isoliert scheint war es nicht viel wärmer als draußen… nicht das größte Vergnügen beim Aufstehen… nun gut, T-Shirt kurz auf den wieder gestarteten Heizkörper gelegt und es ging… Das Frühstück  war ein  Original Full Scotish Breakfast… jeder von uns sollte das einmal ganz probiert haben… sagte die Wirtin… bei mir blieben trotzdem Porridge, Sausages und Black Pudding über… so was geht bei mir halt nicht… ein Glen Keith Whisky war auch dabei… daher das „Original Full“ Breakfast . Nun gut… für einen Scherz war das sicher gut aber auf Dauer sollte das nicht das Ziel sein 😉 Viel Zeit blieb nicht übrig, es braucht etwa 10 min zu Fuß bis zu Springbank. Dort angekommen, wurden wir von Distillery Manager Gavin McLachlan in Empfang genommen. Erstmal hat er uns in einem Schnelldurchlauf alle Teile der Brennerei gezeigt. Springbank ist nach Zahlen zwar eher eine kleine Fabrik aber da man dort (als so ziemlich einzige) Distillery alles selbst herstellt, gibt es dort viele Stationen, die für Leute die zum ersten mal da sind, schon anspruchsvoll wirken können. Dann wurde Arbeitskleidung verteilt… für jeden Tag ein quietschebuntes Shirt sowie eine  (wie sich erweisen sollte) sehr gute warme Jacke. Dann ging es an die erste Arbeitsstation. 
Alternative zur Muckibude - Maltfloor
...so sollte es dann aussehen...
Zwei große Häufen von Gerste standen auf einer der beiden Malzböden bereit um auf die komplette Fläche verteilt zu werden… das ganze etwa eine handbreit hoch und wenn möglich einigermaßen gleichmäßig. Dafür gab es Schubkarren und Schaufeln und los ging die Plagerei… Anfangs gab es eigentlich nur Fotos nach dem Motto guck mal Mutti ich arbeite… dann ging es aber doch recht zügig und man war stolz, die erste Aufgabe geschafft zu haben… für alle die sich im Alltag nicht so viel bewegen müssen… vielleicht der erst Muskelkater. Dann kam etwas für mich zumindest neues : Teabreak. .. jaja die Briten mit ihrem Tee… aber ich finde es ist eine gute Erfindung, die meisten tranken auch Kaffee… Danach wurde die Sechsertruppe aufgeteilt, Michael und ich gingen in die Abteilung Destillation.
 
An Interlude: An dieser Stelle möchte ich gerne in knappen Sätzen erklären, wie Whisky hergestellt wird. Wer das weiß kann den Artikel ja überspringen.
Relativ am Beginn der Herstellung von Whisky steht die Herstellung bzw. die Optimierung eines Rohstoffes. Wäre ich jetzt Obstlerfan oder Anhänger von Melonenschnaps (keine Ahnung ob es sowas gibt…), wäre es einfach… das Obst irgendwie so dick und fett wie möglich – entweder gleich destillieren – oder erstmal konservieren. Da wir ja Whisky wollen, also eine Spirituose aus Getreide… im speziellen Fall Single Malt Whisky eine Spirituose aus gemälzter Gerste… muß Malz her… Das macht man mit Gerste bzw. deren Körnern. Die Gerstenkörner kommen im Falle Springbank stets aus Schottland, idealerweise direkt aus dem näheren Umland. Gut… Gerstenkörner.. das alleine reicht nicht…da kann man mehr von rausholen… also pimpt man die Körner etwas auf… nein kein Doping, sondern reines Wasser. 
Steep… die Gerste wird eingeweicht...
...dann wirds warm und feucht... Zeit bisschen zu keimen...
Man sperrt die Gerste in ein Wasserbecken, es ist nicht allzu kalt… und die Gerste denkt… schön… feucht und warm… ich glaube ich fang mal an mich etwas voll zu saugen und danach ein wenig zu keimen… Man gaukelt im Prinzip dem Getreide vor, es wäre Frühling und die Keimung kann beginnen. Nach ein paar Tagen im Wasserbecken wird die Gerste auf den Tennböden etwa eine handbreit ausgebreitet. Alle paar Stunden muß die Gerste dann umgepflügt werden sonst fängt es untenrum an zu gammeln und oben auszutrocknen. Nach ein paar Tagen ist die Gerste die sich jetzt Grünmalz nennt schön dick und fett und sie fängt an zu keimen. Da wir kein Getreide züchten wollen nehmen wir den Bestzustand der Gerste und konservieren sie, indem wir sie mit heißer Luft trocknen. Das Grünmalz wird in einen Schacht gekippt und befindet sich jetzt im Kiln auf einem gelöcherten Metallboden, die Öffnungen sind so groß das die Körner nicht durchfallen, aber die heiße Luft vom darunterliegenden Ofen kann durch. 
Das alles dauert etliche Stunden das Ergebnis ist dann : Malz. Das Malz wird gemahlen und kommt in die Mashtun. Dort gibt es (in der Regel) drei heiße Aufgüsse. Im Falle Springbank mit 63, 72 und 82 Grad Celsius. Warum das gemacht wird ?… wir brauchen den Zucker aus der Gerste, der aus der Stärke umgewandelt wird. Das Ergebnis ist eine große Menge Zuckerwasser. Der Rest vom jetzt quasi ausgelutschtem Malz holt der Bauer von nebenan und füttert es den wunderhübschen Zottelrindern. Das Zuckerwasser wird gekühlt und in die nächsten Behälter gepumpt : die Washbacks zu deutsch Gärbehälter. Jetzt kommt nach Wasser und Getreide die letzte Zutat : Hefe. Drei Säcke a 25 kg kommt in einen Behälter. Hefe ist gierig nach dem Zucker… es frisst den Zucker und es entsteht Alkohol und Kohlendioxid. 
Das Herzstück einer jeden Brennerei: Das Stillhouse mit den Brennblasen

Ergebnis : ein Bier…. ok kein besonders leckeres und auch ohne Hopfen aber alles was bis jetzt gemacht wurde ist der gleiche Vorgang wie beim Bier brauen. Das Bier hat im Falle von Springbank einen Akloholgehalt von 5 – 7 %… etwas wenig noch… Whisky braucht mindestens 40%… also müssen wir destillieren. Das Bier (was offiziell Wash heißt) kommt jetzt in die erste Brennblase : die Washstill. Dort wird es erhitzt. Alkohol verdunstet bei 78°C  und durch Kühlung wird der Dampf wieder flüssig. Wir haben jetzt einen Feinbrand (der offiziell Low Wines heißt) von etwa 20-25 % Alkohol. Das reicht also immer noch nicht, nun kommt der Feinbrand in die nächste Brennblase, die Spirit Still. Hier wird der Vorgang wiederholt und das Ergebnis ist ein Brand mit etwa 70 %. Davon wird aber auch nicht alles verwendet, sondern nur der qualitativ hochwertige Mittelteil. Der klare Schnaps kommt jetzt in Eichenfässer, wird für mindestens 3 Jahre und einen Tag in die Lagerhäuser verfrachtet und darf sich danach Whisky nennen. Nach 3 Jahren… machen wir uns nichts vor… ist das aber noch nix Gescheites, also reift Whisky in der Regel 10 Jahre und mehr. …je länger so besser (?)… nicht unbedingt, es ist gut möglich das die Eiche irgendwann die Oberhand gewinnt, dann hat man zwar einen teueren alten Whisky, aber er schmeckt nicht mehr… kommt ganz auf das Fass an, ich würde sagen das Fass macht mindestens 70% vom Ergebnis aus. Soweit ein kurzer Schnupperkurs zum Thema Whiskyherstellung.

Das Innenleben einer Brennblase
…weiter mit Tag 2… Der Stillman heißt Robert und er zeigte uns erstmal sämtliche Räumlichkeiten und Gerätschaften von der Maltmill bis zu den Brennblasen. In vielen Räumen war ich vorher noch nicht, in allen waren die besten Spinnengewebe der letzten hundert Jahre präsent und viele Details in Punkto Arbeitsschutz wären in Deutschland garantiert so nicht möglich. Montag braucht bei Springbank alles ein wenig Zeit, da die Produktion erst langsam wieder startet. 
Die erste Wash war fertig und die Brennblase wurde kurz gereinigt, neu befüllt und weiter geht es… Derweil wurde auch die Spiritstill mit Low Wines befüllt und angemacht. Ich durfte alle Hebel betätigen, stets mit etwas Angst etwas verkehrt verstanden zu haben… wie gesagt… mein Englisch ist mangelhaft und die Aussprache der Schotten nicht gerade einfach zu verstehen… es ging aber alles gut, ich habe den Laden nicht in die Luft gejagt… Nun lief die Spiritstill und es hat über eine Stunde gedauert bis der erste Alkohol im Spiritreceiver ankam… und was für eine Brühe… bääh… trüb, schmutzig und jede Menge Grünspan von der kupfernen Brennblase. 
 
 
Es war gut zu verstehen, warum man den ersten Teil der Destillation nicht verwendet. Erst nach 45 Minuten fließt der New Make nun in den „guten“ Kanal. Da Springbank nahezu komplett auf neumodischen Kram wie Computer verzichtet, wird alles peinlich genau auf dem Papier dokumentiert. 
Computer kann ja jeder...
Frischer gehts nicht… Longrow direkt aus dem Spirit Receiver

Eine Kostprobe kann man sich ruhig mal abzweigen, ich fand ihn lecker. Da Springbank ja gleich 3 verschiedene Sachen herstellt, nämlich Springbank, Longrow und Hazelburn sollte ich noch erwähnen, das sich diese Woche alles um Longrow dreht. Longrow (wie auch Hazelburn) war eine der über 30 Brennereien in Campbeltown die es bis in die 1920er gab. Seit den 1970ern wird Longrow als zweifach destillierter Whisky hergestellt, der eine deutliche Rauchnote aufweist. Da ich dem Torfkram nicht abgeneigt bin, war ich damit ganz zufrieden. Insgesamt macht man sich als Stillman nicht gerade tot, Robert nannte es ein „waiting game“. Punkt 12 ging es für die Truppe in den Cadenhead Shop zum Lunch. Es gab Haggisrolls und dazu einen 34jährigen Grainwhisky. Der Rest des Arbeitstages verbrachte ich im Stillhouse. 17 Uhr war Feierabend und unser Sechser ging zurück ins Hotel wo um 18:00 das Dinner aufgetischt wurde. Suppe, Seafood Platte und Kuchen in Sahne… man kann nicht gerade meckern. Die älteren Herren blieben zuhause, der Rest besuchte standesgemäß die gastronomischen Einrichtungen der Stadt, heute war das Black Sheep am Hafen angesagt… eine der „feineren“ Adressen. Sehr alt wurden wir aber auch nicht mehr und dann ging es ins Bettchen.

...immer schon das Getreide bei Laune halten...
Tag 3 – Zweiter Schultag: Nach dem Frühstück (das wurde ab jetzt auch auf das nötigste reduziert) ging es zurück an die Arbeit… Frühsport war angesagt und alles Malz was wir gestern auf den Boden verteilt hatten musste einmal umgepflügt werden. Dafür gibt es zwar eine elektrische Maschine, aber die steht eine Etage drunter, also mit einer Art Riesenharke einmal um den Acker gepflügt. Inzwischen wurde das Becken zum Einweichen (die Steeps) mit Wasser befüllt. Das Korn dafür wurde gestern von Teilen unserer Gruppe mühsam mit der Schaufel befüllt. Sicher gäbe es auch Möglichkeiten diese Arbeitsschritte zu erleichtern, aber das ist eben Springbank… bloß kein neumodischer Schnickschnack… Die Mitarbeiter verdrehen manchmal ein wenig die Augen wenn es um das Thema geht… Die nächste Station des Arbeitstages bestand darin, leere Fässer mit New Spirit zu befüllen. Daran beteiligt war unsere komplette Gruppe und so richtig Zuckerschlecken war es nicht… Ich hatte den Job die leeren Fässer zu öffnen, also das kleine Loch in der Mitte seitlich des Fasses. Man benutzt eine Art Korkenzieher mit Hammereinrichtung. Etwa ab Fass 20 hatte ich den Dreh raus, vorher hatte ich zeitweise erwartet, das jemand zu mir kommt und mir sagt, ich soll das nicht wie ein Mädchen machen… es sah sicher ganz putzig aus wie ich mir da einen abgebrochen habe… Wir bildeten eine Kette, Fässer rein, Fässer auf, Fässer befüllen (in etwa wie an der Tankstelle), Nummer auf das Fass pinseln, Nummer ansagen für die Bücher, Fässer zu, Fässer raus. Da die Fässer aber auch nicht einfach dort stehen bleiben konnten, war es unsere nächste Aufgabe, sie in Warehouse No.9 zu rollen. Der Gabelstapler wurde gerade anderswo gebraucht. Die ersten 3 Fässer gingen noch, ab da wurde es anstrengend… 250 Liter + Eigengewicht sind jetzt nicht ganz ohne… dann kommt noch dazu das die Fässer stets mit der Öffnung nach oben stehen müssen, damit man später nicht alles 5 mal drehen muß. Ein Teil der Fässer musste in die obere Etage des Lagerhauses, was mit einem einfachen elektrischen Flaschenzug passiert… so lange der nicht unterwegs die Grätsche macht… wie just an diesem Tag.
Kuddelmuddel in Warehouse 9

Etwa 40 Fässer standen jetzt vorm Warehouse und es ging nicht weiter. Nun musste ein Alternativplatz in eines der Racking Warehouses frei gemacht werden… also Fässer raus, neue rein… Kuddelmuddel halt… Irgendwann war dann gnädigerweise Mittag und danach ging es für mich zurück ins Stillhouse bzw. an die Mashtun. Die erste Mash der Woche war bereit, also das gerade hergestellte Malz wird drei mal gebadet. Aus einem Silo über der Maischtonne kommt das Malz zusammen mit heißem Wasser, während ich es gefilmt hatte, wurde ich ganz schön eingesaut… ein wenig als würde man angekotzt werden…  Das Video ist die Mechanik der Mashtun im Trockenlauf… das zweite wie die Mash in die Tonne römert…

 

Zwischendurch ging es auch immer mal wieder an die Brennblasen… mit denen war ich ja mittlerweile gut befreundet… Die letzte Station des Arbeitstages war weniger anstrengend : Springbank Warehouse Tasting.

Wir gingen mit Findley Ross, dem Leiter der Produktion durch eines der Lagerhäuser und einige Fässer wurden geöffnet, mit dem Vallinch in die Gläser mehr oder weniger großzügig ausgeschenkt. Dabei war ein etwa 20jähriger Hazelburn, zwei Kilkerrans aus sehr verschiedenen Fässern, ein 25jähriger Springbank, irgendein Longrow (vergessen welcher) …das waren die Highlights… der Rest war auch gut. Ein schöner Abschluss des zweiten Arbeitstages, der es zeitweise in sich hatte.  Abends gingen die jüngeren 4 unserer Gruppe (von denen ich der Opa war) noch auf ein paar Bier in die Stadt aber auch heute wurde nichts übertrieben… da steckte einiges in den Knochen…

Tag 4 – Dritter Schultag: Auch der dritte Tag der Schule begann auf den Maltfloors. Was die Kollegen letzte Woche geschippt, verteilt und gepflügt hatten war jetzt soweit. Die Körner sind dick und fett und haben begonnen zu keimen. Zeit diesen Zustand zu konservieren und die Körner so wie sie jetzt sind zu trocknen. Dafür wird eine kleine Klappe geöffnet, wo sämtliche Körner der Etage rein befördert werden müssen. Alles was weiter weg ist via Schubkarre, was näher liegt wird mit dem Besen reingefegt. Das ging mit insgesamt 8 Leuten sensationell schnell, die beiden Kollegen von den Maltings waren begeistert… sonst wären sie ja nur zu zweit gewesen.

…da rein…
…da raus…
…und muss gleichmäßig…

Wir waren auch stolz auf uns… hätten uns aber gleich denken können, daß das Korn jetzt irgendwo geblieben ist und dort warscheinlich nicht so liegen bleiben kann… Also alle Mann in den Kiln… quasi die Platte mit dem durchlässigen Metallboden der über dem Ofen liegt. Wie groß mag das sein (?).. ich schätze mal ca. 6 x 6 Meter. Zwei mannshohe Berge Grünmalz erwarteten uns und die galt es nun in diesem kleinen Raum flach und gleichmäßig zu verteilen. Das erinnerte mich etwas an meine Kindheit beim buddeln… nein nicht im Sandkasten, sondern auf Baustellen etc. Als die Plattenbauten der Nachbarschaft entstanden, gab es Mitte der 70er Jahre genug Möglichkeiten auf riesigen Sandbergen zu spielen und danach eine gefühlte halbe Tonne Sand mit nachhause zu bringen. So ähnlich war das jetzt mit dem Malz… man tauchte mindestens knöcheltief ins Korn und konnte danach erstmal die Schuhe auskippen… für einen Teller Müsli hätte es gereicht… Tage später fand ich noch überall Körner… Als alles verteilt war ging es an den Ofen… da reicht es auch nicht einen Grillanzünder rein zu werfen, da muß man schon einen guten Mix an Holz, Papier, Kohle und Torf hinkriegen. Als der Ofen lief ging es zum Teabreak und danach ging es für mich in die Bottling Hall.

…gleich gibts was gefeuert…

 

Es gibt nur eine Handvoll Brennereien in Schottland die ihren Whisky selber in Flaschen füllen. Da ja Springbank bekanntlich alles selber macht, ist es in diesem Falle ein Muß… Es gibt zwei Fließbänder, eine für die Springbankflaschen (also auch Longrow und Hazelburn… das sind die gleichen Flaschen) und eine für alles andere, sprich auch die ganzen Cadenhead Flaschen. Ich bekam es mit ersterer zu tun, es wurde Longrow Peated, also der Standard abgefüllt… allerdings wurden öfters die Labels gewechselt, da die Flaschen an verschiedene Märkte gingen.

Der Pappkamerad

Erst Taiwan, dann Japan, dann UK. Der erste Teil läuft vollautomatisch, erst wird Luft in die Flasche gepresst, dann Whisky, dann Korken, dann der Korkenverschluss… der auch nochmal festgestanzt wird. Dann im nächsten Kasten kommen die Etiketten (ein großes vorn, ein schmales hinten). Was danach kommt ist Handarbeit : eine Tante faltet die Kartons in Form, die nächsten beiden prüfen ob alles gerade sitzt und stellen die Flaschen in den Karton, die nächste alte Tante und ich schließen die Kartons, der nächste packt die Kartons in den Sechserkarton, eine klebt die Kiste mit Klebeband zu, die nächste stempelt irgendwas drauf der nächste macht die Sechserkiste auf die Palette… die wird dann noch verpackt und raus geht’s aus der Halle… insgesamt arbeiten mindestens 10 Arbeiter an der Abfüllanlage. Ob das in Punkto Gewinnoptimierung günstig ist darf bezweifelt werden… aber auch das zeichnet Springbank aus, es ist kein Konzern, die Besitzer sind nach wie vor Nachfahren der Gründer Mitchell und man hat ein großes soziales Bewusstsein. Als vor einigen Jahren Gavin McLachlan die Leitung bei Springbank übernahm, gab es ein Team von 10 Leuten. Heute arbeiten über 80 Leute in der Brennerei… schön zu sehen, das es auch noch andere Modelle als den stinkend faulen, parasitären Kapitalismus (sorry, so wurde mir das damals im Osten in der Schule beigebracht) gibt.

…aller Whisky Anfang : der Quellsee Crosshill Loch

Nach dem Mittagessen fuhr uns Findlay Ross (der zweite Mann hinter Gavin McLachlan) mit seinem Privat PKW zur Wasserquelle von Springbank. Es ist ein See namens Crosshill Loch. Wie in Kreuzberg sah es aber garantiert nicht aus… sehr idyllisch, etwas außerhalb der Stadt gelegen, bei dem schönen (aber kalten) Wetter ein schöner Anblick mit tief blauem Wasser, grünen Hängen mit gelben blühenden Ginster. Sehr schön. Dann kam von Findlay die Frage was wir wollen.. weiter an unser letzten Station arbeiten oder ein Sherrytasting mit ihm machen ? Ich hatte mir die Antwort tiefgreifend und gründlich überlegt (etwa 0,001 Sekunden) und war mit Sherry einverstanden… Die Sherryfässer liegen auf dem Gelände der Glengyle Distillery, also da wo der Kilkerran hergestellt wird. Findlay holte uns etwas mit dem Vailinch aus den Fässern, es gab Manzanila, Fino, Oloroso und Pedro Ximenez (auch PX genannt). Der Oloroso war derart dunkel und von extremer Viskosität, das ich das Glas später erstmal mit New Spirit aus der Brennblase ausspülen musste.

Erdöl ? Bitumenklebstoff ? … Oloroso Sherry !

Nur kurz ging es nochmal zum Pappschachtelschliessen ans Fließband … also mal kann man das machen… man muß nicht viel denken und es beruhigt die Nerven. Dann ging der Arbeitstag ähnlich hart zu Ende wie gestern: Cadenhead Warehouse Tasting mit Mark Watt… und der hatte auch noch Geburtstag… Also ich erinnere mich an einen Aultmore, Benrinnes 23y (durfte auch mit nach Berlin, genau wie der Kilkerran 2006, weiterhin ein Paul John (aus Indien), ein Tormore 30y, ein 89’er Grain, ein Glen Scotia… hmmm… vielleicht hab ich was vergessen… aber egal… die Lampen waren danach bei allen an und wir kamen gerade noch rechtzeitig zum Dinner ins Dellhouse Hotel. Abends ging es zu dritt ins Fiddlers Inn, einem traditional Pub… relativ in der Nähe… aber auch an diesem Tag wurde nicht bis in die Puppen gefeiert… 3 Bier, dann Zapfenstreich…

Das „Riesenfass“ namens Vat 2
…wie romantisch… Hochzeit und Flitterwochen im Vat…
Tag 5 und 6 – Vierter und Fünfter Schultag: Heute wurden wir gleich von Beginn aufgeteilt, jeder ging dahin wo er noch nicht eingesetzt wurde. Heute ging es für mich und Michael in die Bottling Hall, aber nicht zum Flaschen abfüllen, sondern zum Fässer befüllen und zwar nicht mit New Spirit sondern mit Whisky, nämlich Longrow Peated, allerdings in der fassstarken Version. Wer eine Flasche Longrow Peated kauft bekommt einen Longrow ohne Altersangabe mit 46% aus verschiedenen Fässern geboten. Dieser Mix muss allerdings erstmal geblended (gemischt) werden. So wurden neulich jede Menge Fässer Longrow in eine Art Riesenfass gekippt, dort vermischt sich das ganze dann, der Malt wird vermählt. Danach bleibt er ein paar Tage in dem Vat (so heißt das Riesenfass) Honeymoon quasi.. Da aber nicht alles abgefüllt wurde, mußte der nun verheiratete Whisky erstmal wieder in Fässer zurück um zu einem späteren Zeitpunkt abgefüllt zu werden.  Das war unsere Aufgabe mit Kerry zusammen. Kerry ist schon 15 Jahre bei Springbank, verantwortlich für alles was mit Fässern und Warehouses, immer lustig und sympathisch … vor allem anpacken kann sie wie zwei Kerle. Die Arbeit die wir heute machen ist nicht sehr kompliziert, Fass auf, drunter rollen, Schlauch vom Vat auf, laufen lassen, wenn voll dann zu, Fass zu und ab ins Lagerhaus. Etwa 30 Fässer haben wir so befüllt, ab und zu kam mal ein Dram von der Flaschenabfüllung rüber, wie ein wunderbarer 24jähriger Springbank aus einem Einzelfass. 
…alberner Michael…. Kerry steht mit dem Hammer dabei…

Nach dem Mittag stand die Campbeltown Walking Tour auf dem Plan. Ein Guide von Springbank führte durch die ehemalige Whisky Hauptstadt der Welt und zeigte wo die vielen Brennereien ungefähr standen. An einigen Stellen stand nicht viel anderes als Destillen. Zum Abschluss der Tour ging es in die Glengyle Distillery. Es war etwa um die Jahrtausendwende als die Scotch Whisky Association an die Campbeltowner Whiskybrenner trat und ihnen ankündigte, das die Region Campbeltown demnächst abgeschafft würde, schließlich sind 2 kleine Brennereien zu wenig um als Region zu gelten… (zum Vergleich : allein das Dorf Dufftown in der Speyside hat schon 7 Brennereien) Zum Glück gab es zu dieser Zeit aber in den Lowlands auch nur 3 Brennereien im Betrieb, so das man überein kam, mit Bau einer dritten Brennerei in Campbeltown den Status einer Region zu erhalten. Also rief der Familienpatriarch Hedley Wright den damaligen Manager Frank McHardy in sein Büro und gab ihn einen Auftrag : Frank, please build a new distillery… Es traf sich gut, das das Gelände der ehemaligen Glengyle Distillery (eine Ecke weiter als Springbank) noch immer im Familienbesitz war und in den letzten Jahrzehnten als Traktorgarage diente. …also Trecker raus, renoviert… gebrauchtes Equipment wie Malzmühle und Brennblasen besorgt und fertig ist die Laube… 2004 lief der erste Whisky der sich Kilkerran nennt, aus den Brennblasen. Der erste offizielle Standardmalt Kilkerran 12 Jahre kam 2016, bis dahin gab es jährliche Kostproben namens „Work In Progress“. Die Brennerei arbeitet nur 8 Wochen im Jahr und wird komplett von der Springbank Mannschaft bespielt.

Das Logo vom Kilkerran ist der Blick durch das Fenster zur Kirche
Glengyle Distillery… nur 8 Wochen pro Jahr in Betrieb…

Nach dem Stadtrundgang und Glengyle kam nun der letzte Punkt des Arbeitstages… und der gesamten Schule überhaupt… Zum erstem mal überhaupt konnten wir uns eine Flasche Springbank nach unserem eigenen Geschmack kreieren. Das alles machen die Leute von Springbank/Cadenhead zum allerersten mal, der Raum dafür roch noch nach Farbe, wenige Stunden zuvor wurden noch elektrische Leitungen verlegt… Spannung pur… Bereit standen 6 Fasssamples von Springbank : First Fill Bourbon, Refill Sauternes, Refill Rum, Refill Port, Refill Sherry und First Fill Sherry. Dazu auch 6 Kleinsamples zum probieren. Das Ergebnis wird dann in Messzylinder gemixt und letztendlich in die Flaschen gefüllt… mit Original Springbank Labeln und Namen des „Master“blenders. 

Neu im Hause Cadenhead : Blend your own Springbank
Ich kann mich an keinen geileren Arbeitsplatz in meinem Leben erinnern...
Mein Schaaatz
Ich bin ja dem Sherry nicht abgeneigt so lange er nicht zu schwefelig ist. Meine Komposition besteht aus 0,35 l First Fill Sherry, 0,15 l Refill Sherry und 0,20 l Bourbonfass. Die Flasche gibt es aber erst morgen… nach bestandener Prüfung. Durch das ganze Verkosten für den Blend hatten wir bereits wieder alle Lampen an… um die Flaschen noch ordnungsgemäß zu verschließen gingen wir nochmal ins Warehouse No.9… wo das Cadenhead Warehouse Tasting immer ist. Der Vailinch lag noch da und Donald Brown, mit dem wir die Blendingsession gemacht haben war auch guter Dinge da er auch nicht mehr ganz nüchtern war… und das Tasting von gestern wurde noch etwas ergänzt… ich kann mich nicht mehr erinnern was alles noch ins Glas kam… Mantel des Schweigens darüber…
Nebenbei : es soll in Zukunft eine offizielle Tour mit dem Namen From Barley To Bottle (oder so ähnlich) geben, also eine recht üppige Tour mit dem Blenden… für 250 Pfund…, aber auch mit dem Unikat einer Springbank Flasche… wir waren uns für die Pionierarbeit nicht zu schade…
Nach dem Dinner ging es dann nochmal gemeinschaftlich in die Gastronomie der Stadt. Die älteren (in diesem Falle auch ich) waren Mitternacht zuhause, die jüngeren konnten sich den nächsten Morgen nicht erinnern… es soll wohl aber 3 Uhr gewesen sein…
Findley Ross, Lars Pechmann, Gavin McLachlan
Das beste Jodeldiplom der Welt

…und damit sind wir beim letzten Schultag angelangt… er war sehr kurz deshalb wird er hier mit abgehandelt. Zum Frühstück musste nochmal früh aufgestanden werden. Der einzige offizielle Termin war zwar um 10:30 Uhr und lautete : Test, Prüfung, Abitur… Diplom… Professur… ok… ich neige manchmal zur Übertreibung…  Es gab einige Seiten mit allmöglichen Fragen, die Antworten standen in dem Hefter, den wir am Anfang erhalten hatten und den ich nicht für nötig erachtet hatte mitzunehmen… Naja, so schwer war es auch ohne nicht, spicken und gemeinschaftlicher Austausch war nicht verboten. Dann kam Findlay Ross und die Fragen wurden gemeinschaftlich gelöst… war ja klar das es nur eine Formsache ist… Dann wurden die Diplome mit den Tags zuvor kreierten Springbanks überreicht. Gruppenfoto und Mittagessen (die jüngeren hatten noch keinen Appetit), dann kam schon der Abschied. Die Hälfte der Klasse fuhr schon von Springbank aus mit dem Auto Richtung Glasgow, Felix kam noch mit ins Hotel, reiste aber auch kurze Zeit später ab. Nur Sören und ich blieben noch über Nacht. Abends gingen wir zusammen essen, mehr lief den Tag aber nicht mehr… ich fing an diesem Tag an, diese Berichte zu schreiben, vorher ging das nicht, wie ihr euch das jetzt ja vorstellen könnt… und ich schreibe jetzt noch… morgen gehts weiter…

The class of 2019… oben v.l.n.r.: Findley Ross (Springbank), Darien Clippingdale, Felix Haslimeier, Icke., Gavin McLachlan (Springbank) ..unten : Kylie Coghlan, Michael Foti, Sören Fahlström
Tag 7 und 8: Inveraray & Glasgow & Epilog: Als ich im September 2018 den Zuschlag für die Whiskyschool erhielt (derzeitige Warteliste : 3,5 Jahre) plante ich auch noch, wenigstens einen Tag irgendwo anders zu halten. Hätte ich damals gewusst das der Freitag so kurz ist, hätte ich es noch anders gemacht… aber ok.. nun war es so. Die Wahl fiel auf Inveraray, eine schicke Ortschaft ziemlich genau in der Mitte zwischen Glasgow und Campbeltown. Durchgefahren bin ich schon öfters, außerdem macht der Bus hier eine 10 Minuten Pause, was stets zum pinkeln und für ein Foto von dem alten Boot im Hafen reichte. 
Dieses Bild habe ich sicher schon 10 mal gemacht… Hafen von Inveraray
Inveraray Castle… links der Turm auf dem Berg ist ein langer Weg…
...nein so nobel war mein Hotelzimmer dann auch nicht - Im Inveraray Castle
Imposante Bäume im Schlossgarten

Diesmal wollte ich ein paar Stunden länger hier verweilen und mietete mich für eine Nacht im Rudha-na-Craige Hotel ein. Das Haus liegt am Ortseingang, hat 4 Sterne und war seinerzeit Tagesschnäppchen einer Onlinebuchungsseite. Als ich die etwa 15 min von der Bushaltestelle zurück gelaufen war, wurde ich herzlich empfangen. Hausherr Howard teilte mir mit das er mein Zimmer upgraded hat… warum auch immer… und so hatte ich eines der vornehmsten Zimmer die ich in Schottland je bewohnen durfte… mit tollen Blick auf Loch Fyne… für weniger Geld als ich für die Bruchbude in Campbeltown bezahlt hätte. Erstmal ging es aber in den Ort, es war schon nachmittags und ich wollte auf jeden Fall Castle und Gardens besichtigen, eventuell auch noch zu dem ominösen Wachturm auf den Berg dahinter. Das Castle, ein Bau aus dem 18. Jahrhundert ist noch heute Sitz der Dukes of Argyll, einem Zweig des Campbell Clans. Einen großen Teil des Schlosses kann man besichtigen. Als Potsdamer kenne ich ja Schlösser und Gärten ganz gut, anders ist nur das hier auch der Adel noch wohnt. Der Garten ist zum Teil eher Wald als Lustgarten mit einigen imposanten Bäumen, in ein bis zwei Monaten wird der Rhododendron das Farbkommando übernehmen… jetzt waren es noch die Osterglocken… allerdings bereits im fortgeschrittenen Zustand. So groß war das alles nicht, das Wetter war bis auf den eisigen, kräftigen Wind ok… also dann doch auf den Berg… der heißt übrigens Dun Na Cuaiche… gälisch für Napfberg… oder Schüsselberg. Der Wachturm wurde 1748 fertiggestellt… er ist also so alt wie das Schloss Sanssouci… aber das nur am Rande. Mit der Besteigung von größeren Erhebungen hatte ich bereits im September auf Arran Erfahrung als es auf den Goatfell ging, der ist 874 m hoch und ich war glaub ich 6 Stunden unterwegs, dieser Berg misst nur 348 m (allerdings von Null), in 40 Minuten war ich oben, mit hängender Zunge… ich dachte zwischendurch ich komme nie an… nach jeder Ecke vermutete ich den Turm… aber es ging immer weiter steil bergauf… Im Nachhinein habe ich gelesen, das der Weg gerade mal 2,5 km lang ist… eigentlich lächerlich… wenn man sportlich ist… Irgendwann stand der Turm… der auch gerade einmal vielleicht 10 m hoch ist… vor mir… Puh… Die Aussicht entschädigte aber auf jeden Fall den Aufwand. Super Blick über Schloss und Ort Inveraray und die bergige Gegend der schottischen Westküste, auf manchen Gipfeln lag noch Schnee… der Wind blies mich allerdings fast wieder runter… also nach ein paar Minuten zurück… bergab geht bekanntlich einfacher.

…nach gefühlt 3 Stunden Bergbesteigung im Himalaya… der Turm…
…die Aussicht entschädigt… nicht im Bild : der eisige Wind.

Dann die Überlegung… etwas essen, paar Bier trinken, klar. Der Ort ist allerdings annektiert von überwiegend britischen Touristen im Seniorenalter… nicht das ich da etwas gegen hätte, aber ich hatte ja auch noch dieses fast royale Hotelzimmer und immer noch reichlich Sachen zu schreiben… also heute mal was ganz verrücktes: In den Supermarkt paar Würstchen, etwas Krautsalat und paar Punk IPA eingekauft und zum ersten mal in der Historie meiner Schottlandreisen (diese ist No.16) ging es abends nicht ins Pub sondern ich blieb im Hotel, schaute auf Loch Fyne, schrieb an diesen Bericht und machte es mir gemütlich… werde ich jetzt richtig alt ?… Egal… hat Spaß gemacht. Nächsten Morgen gab es ein gutes schottisches Frühstück und dann ging es mit dem Bus nach Glasgow. Dort gab es die ersten Wolken seit dem Ankunftstag, aber noch immer keinen Regen. Residenz war das Willows Hotel in der Renfrew Street, eine Straße die geografisch und taktisch gut liegt, auf der einen Seiten kurz zum Busbahnhof, zur anderen Seite zum Bon Accord. Nach der Nacht im Luxus wurde ich in Glasgow wieder auf den Boden der Realität geholt… aber das wusste ich vorher und für eine Nacht schlafen reicht es alle male… nur auf eigenes Bad legte ich Wert. Etwa 13:00 Uhr war Ankunft, das reicht jetzt nicht für sehr große Unternehmungen, also wählte ich einen Spaziergang durch die Stadt zur Drygate Brauerei, welche unmittelbar neben der großen Tennants Brauerei liegt.

…sieht erstmal unspektakulär aus… Drygate Brewery Glasgow
...lohnt sich aber...

Die Craftbiere von Drygate hatten wir im Offside auch schon im Aussschank, vielleicht erinnert sich noch jemand an das Bearface (?). Als ich dort ankam war ich überrascht, ein großes Visitorcenter mit Restaurant, Beerhall, Shop und…und…und…vor allem sehr gut besucht, zeitweise hätte ich mich auch im Prenzlauer Berg wähnen können, viele bärtige Papas mit kleinen Kindern, ich hätte beinahe keinen Platz bekommen… und das Sonntag Nachmittag. Ein Burger und zwei Seven Peaks IPA später ging es zurück Richtung Hotel, vorher etwas durch die Innenstadt geschaut, Sonntag spielt da keine Rolle, fast alle Kaufhäuser und Läden hatten bis 18:00 Uhr geöffnet… jeden Sonntag übrigens. Gegen 20:00 startete ich denn die letzte offizielle Unternehmung dieser Reise… und damit endeten schon etliche… Einkehr in die beste Whiskybar Glasgows… das ist für mich das Bon Accord. Dort war wie im Offside ja auch öfters… Sonntags tote Hose, aber das war ok, ein paar Guinness und ein letzter Dram… und zurück ins Hotel und die letzte Nacht in Schottland wird geschlafen. Am nächsten Morgen ging es zurück nach Berlin… ohne besondere Vorkommnisse.

…war schon häufig das letzte Bild bei meinen Schottlandberichten… Bon Accord
Epilog: Diese Woche war definitiv eine der Wochen, die ich auch im hohen Alter nicht vergessen werde, auch wenn ich dann vielleicht vergessen habe wie ich heiße… aber ich kann im Altersheim garantiert noch erklären wie Springbank Whisky hergestellt wird (idealerweise wird dann Longrow aus der Schnabeltasse gereicht).
1400 Pfund für eine Woche arbeiten ? Klingt natürlich erstmal doof und ist natürlich auch eine Menge Geld. Wenn man aber die einzelnen Sachen zusammen rechnet, die wir erlebt haben, dann merkt man schnell, das es ein fairer Preis ist, schließlich war Unterkunft, Vollverpflegung, Anziehsachen, teure Tastings und eine eigene Flasche Inklusive. Zum Vergleich : eine Flasche Springbank 25y Originalabfüllung kostet (2019) etwa 450 €… drei Flaschen davon und man kann eine Woche Spaß haben…
Das Dellwood Hotel in Campbeltown… nun ja… Tracey und Bruce sind wirklich sehr nette Zeitgenossen, auch die Familie und das Personal lässt keine Wünsche offen, das Essen war alles sehr gut. Das Hotel an und für sich … für ein kaltes Zimmer mit Elektroheizung aus dem Baumarkt sind 70 Pfund für eine Einzelperson absolut abgedreht… das kann man vielleicht in London machen, aber Campbeltown ? Selbst auf Islay habe ich noch nie so viel bezahlt.. also so richtig empfehlen kann ich das Dellwood daher nicht… aber der Preis war schließlich in den Schulkosten enthalten.
Gab es sonst noch was zu meckern ? Nö… war alles prima, vielen Dank Nina für Idee und Organisation… vielen Dank an alle die sich daran beteiligt haben… lasst uns bei Gelegenheit mal einen schönen Springbank schlürfen…  …und auch vielen Dank fürs lesen der Berichte… nächstes Jahr gibt’s bestimmt einen neuen… von wo auch immer…

McLarsen’s Schottlandtour 2016: Skye, Mull & Dufftown

McLarsen 2016 live aus Schottland

Tag 1 – Auf ins gelobte Land: Schottland ist von der Fläche her etwas größer als Bayern, etwas kleiner als Tschechien und hat etwas weniger Einwohner als Berlin ind Brandenburg zusammen. Ich war jetzt glaube ich 8 mal in Schottland und habe immer noch lange nicht alles gesehen, nein ich bin davon noch sehr weit entfernt… und das ist auch gut so (wie man in Berlin gelegentlich sagt). Meine Reise in diesem Jahr hat zwei Schwerpunkte, die in der Beliebtheitsskala ziemlich weit oben stehen: Skye und Mull. Beides sind Inseln an der Westküste in den inneren Hebriden, alles andere als Flachland und landschaftlich und geschichtlich höchst interessant. Meine bisherigen Reisen drehten sich überwiegend um das Thema Whisky. Auf Skye und Mull gibt es nur je eine Distillery, diese werden natürlich besucht, aber das Thema Whisky steht diesmal nicht im Vordergrund. Ich möchte mich von Land und Leuten einfach treiben lassen. Zum Abschluß der 14 Tage geht es dann noch kurz zu einem Abstecher nach Dufftown zum Speyside Autumn Festival. Dort wird es dann freilich etwas konzentrierter um das Wasser des Lebens gehen.
Vor einem halben Jahr wurde alles geplant, gestern nun ging es los. Um 07:05 startete in Berlin Tegel via London die Reise nach Inverness. Die Stadt im Norden Schottlands schien mir strategisch am günstigsten, der Weg nach Skye ist etwa 3 Stunden und von Dufftown zurück nur etwa eine Stunde. Das Wetter in Berlin war zu der Zeit außergewöhnlich heiß, über 30 Grad zu Mitte September ist schon ungewöhnlich. Auf allen bisherigen Schottlandreisen war mir das Wetter stets hold und nicht selten brachte ich einen Sonnenbrand mit zurück. Nach der Landung in Inverness hieß es diesmal allerdings Jacke raus und Mütze auf, schottisches Wetter eben. Ich nahm meinen Mietwagen in Empfang und ab ging es Richtung Skye. Die Route ging über die Kessock Bridge bei Inverness, einem durchaus eindrucksvollem Bauwerk, welches vom deutschen Architekten Hellmut Homberg in den späten 1970ern entworfen wurde. Da ich es nicht eilig hatte, hielt ich öfters mal unterwegs an, um ein paar Schnappschüsse in der Landschaft zu machen. Auch an den Rogie Falls, einem schönen Wasserfall wurde kurz pausiert.

Rogie Falls nahe Inverness

Während des Streckenverlaufes wurde die Straße öfters mal Single Track Road, was schon überraschen kann, wenn man gerade nicht damit rechnet. Insgesamt war es eine gemütliche Fahrt und kurz vor der Skye Bridge klarte der Himmel auf und ich wußte…, klappt schon wieder mit dem Wetter…

Skye aus der Ferne

Häufig habe ich schon gehört, das Skye unter den zahlreichen Perlen schottischer Landschaften ein besonderes Juwel sein soll, die Schotten selbst sagen das auch… Bereits von weitem konnte ich dieses auch erahnen. Berge, die wie aus dem Nichts mit 700 – 1000 m aus dem Meer ragen kennt man ja von der gesamten Westküste, die von Skye wirken vom weiten etwas größer und von den Formen teils bizarrer. Nährt man sich der Hauptstadt Portree, sieht man von der Distanz den Old Man of Storr, die wohl bekannteste geologische Ausnahmeerscheinung der Insel.

The Old Man of Storr & Portree aus der Ferne

Als Unterkunft dient mir das Culbeg House, 10 min Fußweg vom Ortskern entfernt. Bereits im März waren sämtliche zentralere Unterkünfte bereits ausgebucht, so heißt es also immer etwas laufen nach dem Bier. Die Unterkunft ist sehr gepflegt, das Einzelzimmer hat eine ausreichende Größe und das wirklich tolle Badezimmer liegt separat 1,5 m durch den Flur, ist aber exklusiv für dieses Zimmer.
Als ich gestern hier eintraf, hatte ich erstmal etwas Hunger. Leider gab es nicht viel Auswahl zwischen Mittagessen und Abendbrot, also erstmal in den Supermarkt und ein Sandwich auf die Hand. Was mir in Portree sofort aufgefallen ist, sind die vielen Touristen, abgesehen von Edinburgh war ich diese in Schottland bislang nicht in dieser Menge gewohnt. Vor dem Youth Hostel standen mindestens 30 Asiaten mit Koffer und auch so hört man allmögliche Sprachen auf der Straße. Am frühen Abend gelobte die einsetzende Dämmerung einige schöne Fotomotive, die ich dann auch noch schnell einfangen konnte.

Twilight Portree

Danach gab es noch Bier und einen dram in der Merchants Bar und ich stellte fest, das ich für den Tag genug hatte. Zuhause geb es noch einen leckeren Talisker von 1974 und dann ging es ab ins Bett. Das Culbeg House ist übrigens sehr hellhörig, als ich meinen später kommenden Zimmernachbarn später furzen hörte, überlegte ich mir kurz kontern… ähmn nein, der hatte bestimmt Spaß mit meiner Schnarcherei…

Misty Morning Mountains

Tag 2 : Talisker, Dunvegan und etwas Regen  Tag 2… das war ein Mittwoch und er begann wie wohl zu 95% auf diesem Planeten mit : Frühstück. Das Culbeg House wird bei visitscotland mit 5 von 6 Punkten empfohlen. Im gestrigen Post erwähnte ich bereits, das es hier sehr gepflegt und sauber ist, mit Einnahme des Frühstücks verstehe ich auch den letzten Stern dabei, das ist nämlich erstklassig. Man kann, wie anderswo auch seine Wünsche gerne voranmelden und bekommt ein wunderbares britisches Frühstück. Das Bonbon dazu sind handverlesene Früchte, ein Schnapsglas voll von sowas wozu man Smoothie sagt (oder so, jedenfalls flüssiges Obst, selbstgemacht) und noch einige kleine Details, die den Unterschied zu anderen Unterkünften machen. Die Herbergsmutter Liz und ihr Mann (beide sicher jenseits der 60) sind überhaupt sehr nett und ich möchte eine ausdrückliche Empfehlung für Culbeg hier in Portree aussprechen.
Nach der morgentlichen Stärkung ging es erstmal zur einzigen Whiskybrennerei auf der Insel : Talisker. (…ich kann es hören… das war jetzt mindestens 10 x : „Typisch“)…

Sligachan Bridge

Auf dem Weg dorthin machte ich wieder hier und da Halt und erwischte die Landschaft in Hochform, mitsamt Wolken, wie maßgeschneidert für das Fotoalbum unter der Rubrik „Highlands am Morgen“. Die berühmte Sligachan Bridge, eine alte fotogene Steinbrücke mußte auch noch für ein paar Fotos herhalten, aber bereits zu diesem Zeitpunkt sagte mein Hinterkopf: mach ein paar Bilder, aber später nochmal herkommen …bei besserem Wetter… oder so ähnlich…

Im Stillhouse von Talisker
Talisker Impressionen

Weiter ging es nach Carbost, der Heimat von Talisker, eine der berühmtesten Brennereien Schottlands. Zu Talisker habe ich ein etwas gespaltenes Verhältnis. Der allerbeste Maltwhisky den ich je im Glas hatte, war ein Talisker, auch wenn man beim lesen der Eckdaten (distilled 1955, bottled 2005 by Gordon & MacPhail) erkennen kann, das das ein wenig außer Konkurrenz war. Die größten Enttäuschungen diesseits der Originalabfüllungen waren die neuen Produkte der vergangenen (mindestens) 5 Jahre. Während man den Talisker Skye, Storm, Dark Storm oder Port Ruighe zwar ohne Alter, aber wenigstens im preislichen Rahmen hielt (trotzdem, wegen der Malts wäre ich nicht zu der Leidenschaft gekommen…), kam letztes Jahr mit dem „Neist Point“ ein ebenfalls altersloser, völlig nichtssagender Talisker, der zwar eine nette Verpackung hat, aber ein komplett unanständiges PLV zeigt. Eigentlich wollte ich heute gar keine Tour bei Talisker machen, sondern nur mal schauen, was es im Shop gibt. Da es aber in diesem Moment anfing wie blöde zu regnen (…das war so nicht abgemacht…), brachte ich das dann auch gleich hinter mich. Talisker ist Distille No.59 die ich besichtigt habe, bei Diageo ist fotografieren verboten und die Touren sind sehr auf das Mainstream Publikum zugeschnitten. Das ist legitim und ich hab dann halt undercover fotografiert, bei großen Gruppen ist das kein Problem. Für die Außenaufnahmen muß ich allerdings nochmal hinfahren, denn es hatte sich unerwartet eingeregnet… Das Wetter machte mir quasi einen Strich durch die Rechnung, viele Landschaftsaufnahmen zu tätigen, als etwas für indoor war die Alternative : Dunvegan Castle.

Dunvegan Castle

Der Stammsitz des MacLeod Clans befindet sich im Nordwesten der Insel und dient der Familie seit über 800 Jahren als Herberge. Das heutige Schloß wurde allerdings im viktorianischen Zeitraum errichtet und sieht etwas älter aus, als es ist. Für 12 Pfund kann man die gute Stube besichtigen und den großen Park gleich mit. Ich bin ja in Potsdam aufgewachsen und hatte in meinen jüngeren Jahren auch viel mit Sanssouci etc. zu tun, so das ich mich gleich etwas heimisch fühlte, obwohl das völlig verschiedene Schlösser und Gärten sind. Es hat viel Spaß gemacht, durch die Historie einer schottischen Großfamilie zu wandeln und dann durch einen großen, mit Wasserfällen etc. ausgestatteten Garten zu spazieren.

Riesensalat in den Dunvegan Gardens... natürlich (Dun)vegan...

Der Regen hat dabei nicht wirklich gestört, irgendwann war aber genug und ich kehrte in das Cafe ein, was am Parkplatz liegt. Dort gab es lecker Süppchen und dann noch Kaffee und Kuchen (…is ja Urlaub…). Danach ging es wieder Richtung Portree und ich schrieb ein wenig an diesem Blog, danach noch eine Pizza und ein paar Pints und schon ist der zweite Tag vorbei. Wenn nichts schiefgeht, folgt morgen Tag 3.

Tag 3 – Black Cuillins, Coire na Creiche, Fairy Pools, Regen: Der erste Blick aus dem Fenster verhieß heute nichts gutes, es war wieder reichlich Wolkensuppe am Himmel und der Blick auf die Wetter App verriet definitiv Regen. Nun ja, was nützt es, nachhause fahren und warten, bis die Sonne scheint, kann die Lösung nicht sein und so ging es dann nach dem Frühstück wieder auf die Piste. Erst fuhr ich nochmal zu Talisker, schließlich hatte ich gestern wegen des einsetzenden Regens gar keine Außenaufnahmen gemacht. Das ging heute sehr gut, der Himmel deutete sogar kurz an, aufreißen zu wollen (was er am Ende nicht tat aber ich wußte es zu schätzen). Von einem Bootssteg gelangen doch ordentliche Bilder. 

Der Werbespruch lautet: Talisker - Made By The Sea

Danach ging es über eine Single Track Road Richtung Black Cuilins, einem gewaltigen Bergmassiv. Teil der schwarzen Cuilins ist der Coire na Creiche, was aus dem Gälischen übersetzt so etwa „Bergkessel der Beute“ heißt. Hier fand 1601 die letzte Schlacht zwischen den Clans MacDonald und MacLeod statt.

Coire na Creiche

Ich war arg überrascht, daß ich bei meiner Ankunft dort beinahe keinen Parkplatz mehr bekommen hätte. Es war ein Menschenauflauf der mich staunen ließ. Ein Rundwanderweg war ausgeschildert, 14,5 Meilen (ca. 23 km), mit einer zu planenden Zeit von 4,5 Stunden. Das ich den kompletten Weg nicht machen würde, war schnell klar, erstens war das Wetter zumindest bedrohlich, zweitens war meine Kleidung ungeeignet, die Schuhe zwar fest, aber doch recht rutschig. Teil der Coire na Creiche sind die sogenannten Bassins der Feen, also Fairy Pools. Das sind Wasserfälle und kleine, ja…eben Bassins, alles schön anzuschauen mit kristallklarem Wasser. 

Ich kann schwer schätzen, wie weit ich gelaufen bin, aber nach etwa 40 min hatte ich genug gesehen und hatte vor allem genug von der Menschenmenge, also Dutzenden Asiaten mit Selfiesticks oder sächsischen Seniorengruppen mit Nordic Walking Sticks, Rückweg zum Auto… Da ich ja auch so schlau war, den Fotoapperat ohne Akku und Speicherkarte mitzunehmen, gab es heute auch nur Bilder vom iPhone, aber ich denke, die können sich auch sehen lassen. Im Anschluß ging es dann Richtung Dunvegan und das Dun Beag Broch war an der Reihe. Brochs sind kleine, runde Steintürme (in der Regel nur noch die Reste davon), die ca. zwischen 100 v. Christus bis 100 n. Christus gebaut wurden. Dun Beag ist gut erhalten und man kann ungehindert darin und darum wandeln. 

Dun Beag Broch
...erbaut vor etwa 2000 Jahren...

Leider setzte in diesem Moment der Regen ein, der mich ziemlich schnell einweichte. Ursprünglich sollte es danach zum Leuchtturm Neist Point und zur Ruine von Duntulm Castle gehen, aber bei dem Regen hätte das nicht viel Spaß gemacht, so ging es zum trocknen erstmal in die Unterkunft nach Portree. Ich fuhr eine Art Abkürzung über Struan, eine Single Track Road durch einsame Weiten der Insel, mit etwas passender Musik im Auto ein schönes Erlebnis. Es folgte eine kleine Auszeit (schließlich ist Urlaub…)… 17:30 ging es dann ins Isles Inn und ein ordentliches Abendbrot gab es auf den Teller, wurde auch Zeit…nach dem Frühstück… Abends traf ich mich mit Benjamin aus Augsburg, einem Forumskollegen zum Bier und einem Dram. Wir hatten uns doch viel zu erzählen und die Zeit verging wie im Flug. …, schön wars, …mal sehen, was morgen passiert…

Tag 4 – Old Man of Storr, der Nordteil von Skye und die Suche nach dem Leuchtturm: Das Wetter spielte heute wieder mit, es war zwar wechselhaft aber überwiegend freundlich. Damit ich nicht wieder einen Parkplatz suchen muß, beschloss ich als erstes den Old Man of Storr zu erklimmen. Das mit dem Parkplatz hat gerade noch so geklappt, es waren schon einige Leute unterwegs. Der Old Man, eine riesige Felsnadel, war anfangs noch ganz in Wolken gehüllt.

The Old Man Of Storr…noch umhüllt…
…langsam klarer…
…und dann in voller Größe…

Der Aufstieg war erst einfach, später anspruchsvoll und letztendlich anstrengend. Auf einer gewissen Höhe musste ich dann sogar abbrechen, meine Schuhe erwiesen sich als komplett ungeeignet für den schlammigen, arg rutschigen Boden. Nachdem ich die eine oder andere Pirouette gedreht hatte und zwei mal weggerutscht war und mich gerade noch mit den Händen aufgefangen habe, (ich wäre etliche meter längelang gerutscht und hätte sicher hervorragend danach ausgesehen…), dachte ich es ist besser langsam wieder runter zu klettern. Dann fing es auch noch an zu regnen, was die Sache noch glatter machte und am Ende war ich froh, wieder unten zu sein. Weiter ging es Richtung Norden der Insel, vorbei an den berühmten Kilt Rock Wasserfällen, wo natürlich kurz fotografiert wurde. Hinter Staffin war dann wieder Single Track Road angesagt und das eine und andere Schaf mußte ich von der Fahrbahn hupen.

Kilt Rock Falls… man beachte auch den Regenbogen…
Duntulum Castle bzw. was noch davon übrig ist...

Nächste Station war Duntulm Castle, viel zu sehen ist davon nicht mehr, es ist die Ruine einer mittelalterlichen Burg von dem MacDonalds Clan. Nächste Station sollte dann der westlichste Punkt der Insel werden, der Leuchturm Neist Point. Dazu war erstmal eine gute Strecke zu fahren, via Uist und Dunvegan. Dann bog ich eine Straße zu spät ab und landete irgendwo in der Pampa auf einem Bauernhof mit zornigen Hund. Als ich dann irgendwann auf der richtigen Straße war dachte ich alles wird gut, aber irgendwann war der Weg gesperrt, da ein Autounfall die Straße blockierte (meiner Meinung nach die einzige Straße dorthin), so kehrte ich dann halt um und fuhr langsam und mit Umwegen wieder Richtung Portree. Ein Talisker von 1979, ein sehr leckeres Tröpfchen, war dann auf einem Parkplatz mit Aussicht fällig. Ein kurzer Fotostopp an der Steinbrücke von Sligachan (heute waren deutlich bessere Bilder drin…) beendete die heutige Exkursion. Nach einer kurzen Schreibpause (irgendwann muß das hier ja auch mal eingetippselt werden…) gab es dann Pizza beim schottischen (Italiener), nein…da ist glaub ich kein Italiener aber der Laden in der ersten Etage ist charmant und die Pizza lecker, wenn ich dran denke, schreib ich das nächste mal auch wie der Laden heißt… Der Tag fand seinen Ausklang im Isles Inn bei ein paar Pints und etwas Premier League, in der sich meine Reds gegen eine in blau gekleidete Londoner Mannschaft mit russischem Hintergrund durchsetzten…

Tag 5 – Eilean Donan, Brochs, steinerne Schwestern… letzter Tag auf Skye:  Zum Abschluss des Skye Aufenthaltes war heute die Osthälfte dran und außerdem wurde die Insel kurz verlassen. Man denkt ja immer, das bisschen Insel, aber Skye ist eben nicht so klein, mit 1656 qkm ist Skye die 237t größte Insel der Welt, größer als Lesbos, Gran Canaria oder Martinique. Skye ist fast doppelt so groß wie die größte deutsche Insel Rügen und fast 4,5 x größer wie die zweitgrößte deutsche Insel Usedom. Als ich heute im Osten der Insel unterwegs war, wurde mir das wieder bewußt, von Portree, was so etwa in der Mitte der Insel liegt, bis zum Ostende mit der Skye Bridge, braucht es etwa 45 Minuten, und das auf gut ausgebauten Straßen. Mein erstes Ziel war eine ca. 10 km lange Single Track Road, welche an einer kleinen, lokal geführten Fähre endet. Die Straße war sehr reizvoll mit schönen Ausblicken, leider hat man beim Auto fahren recht wenig davon, muß man doch stets darauf gefasst sein, das Gegenverkehr vor einem steht. Einen kurzen Eindruck gibt es hier :

Landschaft bei Kylerhea
Die Gurkenfähre

Die Fähre ist sicherlich bereits älter als ich selber, sieht aus wie eine Gurke die von Hamstern im Rad angetrieben wird, aber sie tut ihren Dienst und bringt bis zu 6 PKW in 5 Minuten ans andere Ufer. Mit 15 £ ist das zwar ein nicht sehr günstiger Spaß aber bestimmt erfüllt das irgendeinen guten Zweck… Auf dem britischen Festland gelandet, ging es dann durch die Ortschaft Glenelg, vorbei an einem schönen Strand, zu zwei Brochs aus der Eisenzeit. Die Rundtürme Dun Telve und Dun Troddan sind deutlich besser erhalten als das Broch, was ich neulich hier auf Skye sehen konnte. Es ist immer wieder faszinierend, an Orten zu wandeln, die warscheinlich noch vor Christus erbaut wurden. Ich glaube, man hat in den Wohntürmen seinerzeit ganz gut gelebt..

Broch Dun Telve
Broch Dun Troddan
...so muss es damals drinnen ausgesehen haben...

Zurück durch Glenelg ging es dann die Old Military Road Richtung Sielbridge. Unterwegs boten sich wieder einige tolle Panoramen. Besonders im Gedächtnis bleiben wird mir der Ausblick zu den 5 Schwestern, einer Bergkette, deren Name der Sage nach so entstanden ist : Familie MacRae mit 7 Töchtern bekommt Besuch von zwei Iren, die heiraten zwei Töchter und versprechen, ihre anderen 5 Brüder aus Irland für die anderen 5 Schwestern zwecks Heirat rüber zu schicken. Das dauert wohl bis heute und damit die 5 Töchter nicht an Schönheit verlieren, haben sie sich mal eben in 5 Berge verwandeln lassen… und warten… Die Berge sind um die Tausend Meter hoch und tragen unaussprechliche Namen wie „Skurr na Ciste Duibhe“ (2.v.r.).

Five Sisters Of Kintail

Aporops MacRae, der Hauptsitz dieses schottischen Clans sitzt nicht weit entfernt von hier in einem der berühmtesten schottischen Schlösser, dem Eilean Donan Castle. Das Castle liegt auf einer kleinen Halbinsel und kann über eine steinerne Brücke erreicht werden. Das alles ist natürlich Bilderbuch Schottland pur und dementsprechend darf man sich natürlich nicht wundern, wenn der Parkplatz am groß ausgebauten Visitor Center mit Cafè und Shop mit Reisebussen und PKW geflutet ist. 7 £ kostet der Eintritt, das ist völlig ok, Dunvegan kostete 12 und von der Fähre will ich garnicht anfangen. Man kann die Räumlichkeiten besichtigen, einiges über die Geschichte der MacRae’s erfahren und die schöne Aussicht geniessen.

Eilean Donan Castle

Danach ging es wieder in Richtung Skye Bridge. Die Brücke (ohne sie wäre heute auf der Insel vieles nicht so wie es ist…) ist ca. 500 m lang und wurde 1995 eröffnet. Um die privat vorfinanzierten Baukosten zu decken, kostete die Überquerung anfangs eine Mautgebühr. Nach vielen Ärger und Protesten kaufte das Land Schottland dann die Brücke und somit ist die Benutzung der Brücke seit 2004 kostenlos. Ein kleiner Abstecher in die Ortschaft Kyleakin, gleich hinter der Brücke gelegen, finalisierte die heutige Tour mit 170 Autokilometern. Auf dem Zeltplatz von Kyleakin ware hunderte Motorradfahrer zu sehen, wie überhaupt heute auf der Insel, es scheint wohl ein Treffen zu geben. Für einen Teilnehmer wäre das vorhin am Ortseingang von Portree fast vorzeitig beendet gewesen. Ohne Not, bei Tempo 30 auf nasser Straße hat er mich fast schon rüpelartig überholt und geschnitten, zwei Autos vor mir haben seine Kunststückchen nicht mehr geklappt und er packte sich, wie man das so sagt, auf’s Maul. Er schien sich nichts getan zu haben, ein anderer Biker half ihm und ich mußte mich ein wenig zusammenreißen… nein, natürlich hätte ich nicht geklatscht…, aber ich hoffe, es war ihm eine Lehre… Abends gab es noch ein paar Pints im Isles Inn, das ist unterm Strich auch der Laden, den ich weiterempfehlen möchte, sowohl von der Küche als auch an der Bar war das der Laden, in den ich das nächste mal als erstes wieder gehen würde. Die Merchants Bar im Bosville Hotel…, gute Whiskyauswahl und optisch vielleicht das beste vor Ort, aber da ich viele Sachen aus der Sichtweise eines Barbesitzers sehe…., zu viele Schwachstellen, vor allem deutlich zu lange Wartezeit ein simples Getränk zu bestellen. Die anderen Bars hab ich nur 1 x oder flüchtig besucht, daher keine Kritik. Zum essen empfehle ich das L’incontro… (danke Martin und Marco für den Namen), das hat zwar nicht viel mit lokaler Küche zu tun (obwohl es durchaus Pizzen im schottischen Stil gibt, aber es gibt ja auch deutschen Whisky im schottischen Stil…, ok Pizza bitte… ). Insgesamt war Skye definitiv eine Reise wert. Viele landschaftlich geprägte Dinge, die ich aus Schottland bereits kannte, wurden hier noch ein wenig gesteigert. Das nächste mal muß ich wohl den Leuchtturm Neist Point und das empfohlene Restaurant Stein Inn nachholen, aber sicher rennen beide Sachen nicht zwischendurch weg und ich hab schon mal ein Ziel fürs nächste mal.
…morgen geht es auf die nächste Insel… Mull.

Skye Bridge von Kyleakin gesehen

Tag 6 – Inselwechsel:  …heute gibt es nicht so wahnsinnig viel zu berichten, Fakt ist aber ein Inselwechsel… Skye mit der Nummer 1 wurd ausgewechselt, Mull mit der Nummer 2 wird zur Halbzeit eingewechselt,  (es gibt ja in Dufftown später eine amtliche Nachspielzeitfür die Nummer 3…)
Nach dem letzten Frühstück im Culbeg House (ich bin geneigt es als das beste bislang erlebte Frühstück zu benennen…) und einer herzlichen Verabschiedung von Liz und ihrem Ehemann, ging es letztmalig quer über die Insel Skye, was um die frühe Uhrzeit und Sonntag eine sehr entspannte Angelegenheit war. Nicht über die Skye Bridge ging es weg, sondern über die Fähre von Armadale nach Mallaig. Das Wetter war heute einigermassen daneben, daher habe ich das Auto während der gesamten Überfahrt nur in nötigen Fällen verlassen, Fotomotive gab es bei dem Regen eh kaum. Von Mallaig ging es dann Richtung Lochaline, das ist die nächste Fähre, die dann auf Mull steuert. Eigentlich wollte ich zwei Häuser von meiner Unterkunft in Tobermory anlegen, aber die Fähre Drimnin – Tobermory fährt Sonntags nicht. Der Weg von Mallaig nach Lochaline führte gefühlt 300 km durch 3 komplett identische Landschaften durch 75% Single Track Roads. Das soll jetzt eher ein Kompliment sein, da die ähnlichen Landschaften alle samt sehr reizvoll sind, einige Strecken auf dem Teil, wo es nicht am Wasser lang geht, haben den Reiz der unendlichen Ödnis und Einsamkeit, ich aus der großen Stadt mag das (mal…). Auf der Insel Mull angekommen, sieht erstmal alles genau so aus, wie davor. Eine Strecke, die von gefühlter Bundesstraße innerhalb von 5 m in eine Single track road wechselt und umgedreht bringt einen in die Hauptstadt Tobermory, ganz im Nordosten der Insel. Bei der Wahl meiner Unterkunft hatte ich seinerzeit etwas das Budget erhöht, zu reizvoll war es, mal direkt ein Teil dieser ziemlich bekannten Hafenkulisse zu sein, mit den bunten Häusern, mit deren Vorbild sogar eine bekannte britische Kinderserie gemacht wurde.

Hafenkulisse von Tobermory mit Mishnish (gelb)
…andersrum…mein Zimmer mit Hafenblick…

Das Mishnish, so heißt das (gelbe) Haus in dem ich mich eingemietet habe, hat nicht zu viel versprochen, das Zimmer ist zwar noch kleiner als das Einzelzimmer in Portree (obwohl es ein Doppelzimmer ist…) , aber der Ausblick auf den Hafen und das zur Sitzbank ausgebaute Fensterbrett… als ich das im Internet gelesen hatte, wurde das Budget erhöht… und zurecht. Für mich ist dieses Haus etwas wie eine Multi-Herberge, nicht etwa das man hier Flatrate essen oder trinken könnte, aber zwei Restaurants und eine Bar nur wenige Schritte vom Zimmer…, das hat schon was… Ein kurzer Gang durch die Gemeinde war heute natürlich auch dabei, aber es war Sonntag und ein besseres Bild wird sich sicher morgen zeigen. Ein kurzer Besuch im Visitor Center der Tobermory Distillery (auf die ich vom Fenster direkt schaue), ergab die einzige Enttäuschung des heutigen Tages : es gibt keine exklusive Abfüllung.
Abends gab es Burger und Guinness in der Mishnish Bar. Morgen werde ich mich mal langsam an die neue Insel rantasten, einen Generalplan gibt es noch nicht, aber das Ergebnis steht morgen hier…

Guten Morgen Tobermory

Tag 7 – Calgary & where the sheeps have no name:  …schon schön, von Möwen und Fischkuttern geweckt zu werden, die Gardinen aufzuziehen und hie und da etwas blauen Himmel zu sehen, so sollte Urlaub sein… Nach dem Frühstück, was auch ordentlich ist (aber eben auch nicht so herzlich wie im Culbeg), ging es los an den Strand von Calgary. Nein, ich habe nicht den Aufenthaltsort gewechselt, es gibt hier eine Ortschaft (nicht viel mehr als 5-10 Häuser), die heißt so wie die kanadische Metropole und diente dieser auch zur Namensgebung. Die kanadische Stadt bekam den Namen von schottischen Einwanderern. Calgary kommt aus dem gälischen und bedeutet Strand an der Wiese.  Der Strand ist… halt ein Strand, viel Sand…

Calgary Beach
…where the sheeps have no name…
Der Ben More ist mit 966 m der höchste Berg von Mull.

Danach fuhr ich die Straße einfach weiter, keine Ahnung wohin, Mull ist ja eine Insel, also würde ich zur Not irgendwann wieder hier rauskommen. Diese Single Track Road zieht sich ewig durch die Landschaft, keine Straßenschilder…where the streets have no name…, Da es eng ist, ständig bergauf und bergab geht, ist nicht viel mehr als 30-50 km/h drin, meistens im 2. Gang. Das erfordert Aufmerksamkeit, häufig sieht man den Gegenverkehr erst, wenn er direkt vor einem steht (bestenfalls steht…) Es macht aber auch Spaß, sich einfach treiben zu lassen, Musik zu hören und hin und wieder kurz zu halten um ein paar Schnappschüsse zu machen.

Tobermory von weitem...
...und vom Steg...

Irgendwann war dann gut und ich fuhr zurück nach Tobermory um die Stadt (hab ich eben Stadt gesagt ?…) noch ein wenig zu erkunden, gestern war ja Sonntag und alles zu. Nun ja, es ist schon schön hier. In der ehemaligen Kirche in der Mitte der Strandpromenade gab es lecker Kaffee und hausgemachten Kuchen, danach noch ein Bierchen an der Tobermory Distillery… und schon neigte sich der Tag wieder dem Ende entgegen, nicht aufregend, aber gerade deshalb gut so…
Abends ging es dann in das hausinterne italienische Restaurant…, nun ja…, da ist noch Luft nach oben…an vielen Stellen, geschmeckt hat es…, allerdings als wenn ich schnell eine Tüte Pasta ins heiße Wasser gebe, eine Dose Tomaten/irgendwas dazu gebe und fertig. …aber ich bin ja auch nicht in Italien und satt wurde ich auch…, später gab es noch Guinness vom Hahn, genauso gut wie zuhause…  wenn es besser gewesen wäre, wäre ich verwirrt…

Tag 8 – Halbzeit, Iona & Tobermory Distillery: …heute war Halbzeit, ab jetzt geht die Reise langsam zu Ende (würde der Pessimist sagen, ich meine natürlich die Reise ist im vollen Gange…) Eigentlich waren zwei Castles geplant und ein Abstecher nach Iona. Wer sich hier auskennt, wird lächeln und sagen, das könnte knapp werden. …war es auch, denn obwohl ein riesiges Schild kurz nach Craignure das Duart Castle ausschilderte, schaffte ich es, das zu…naja, nicht übersehen, aber ich dachte es wäre eine Ankündigung für in 3 km, aber es war der Wegweiser. Statt umzukehren fuhr ich einfach weiter und beschloß das Castle auf der Rückfahrt zu besichtigen. Das zweite Castle was ich auf dem Schirm hatte, war Moy Castle…da hätte ich allerdings schon abbiegen müssen, als ich noch über Duart Castle sinniert hatte…, aber was soll es, volle Kraft voraus Richtung Fionnphort, so heißt die Ortschaft, von der die Fähre auf die Insel Iona ablegt. Wie so häufig habe die Weiten dieser Inseln etwas unterschätzt und hatte zwischenzeitlich schon kurz Bedenken, was den Füllstand des Tanks angeht. Eine einsame Tankstelle kam sogar in dem Moment der Unsicherheit, der alte Mann aus den Bergen füllte den Tank und erzählte dabei irgendwas, ich habe kein Wort verstanden, war aber auch egal, ich würde nicht in der Pampa liegenbleiben war eine beruhigende Vorstellung… Nach gut einer Stunde Single Track Road erreichte ich dann tatsächlich den Hafen. Die Fähre fährt etwa im halbe Stunden Takt und ich hatte Glück, gerade richtig zu kommen und mit gefühlt einer Hundertschaft amerikanischer Drängelrentner an Bord zu gehen (insgesamt standen auf dem Parkplatz 3 große und 5 kleinere Reisebusse).

Iona Abbey
Iona Abbey – Kreuzgang

So, jetzt erstmal für alle, die von Iona noch nichts gehört haben : Iona ist eine kleine Insel (8,8 qkm/125 Einw.) etwa 10 min. Fahrzeit mit der Fähre an der Westküste von Mull. Iona war zwischen etwa 563 n.Christus bis etwa zur Reformationszeit das religiöse Zentrum Schottlands und der britischen Inseln insgesamt. Das berühmte Book of Kells (zu besichtigen in Dublin) entstand höchstwarscheinlich hier, die Insel war über mehrere Jahrhunderte ein heiliger Ort und etliche schottische und norwegische Könige (unsichere Zahlen nennen 46 !) sind hier bestattet (größter Promi dank Shakespeare : Macbeth). Auf Iona gibt es die Iona Abbey, die ehemalige keltische Quasi-Vatikanstadt (…man sehe es mir nach, das ich übertreibe, aber territorial mit der geringeren Bevölkerungsdichte von der Bedeutung nicht ganz soweit entfernt…), eine Klosteranlage mit Kirche, oder besser Kathedrale. Das alles war so richtig bedeutend bis etwa 1000 n. Christus, als die Wikinger ihr Unwesen trieben und die Anlage platt machten. Später wurden neue Klosteranlagen gebaut, es entstand ein Nonnenkloster nur wenige hundert Meter entfernt, aber spätestens zur Reformationszeit wurden die Anlagen aufgegeben und verfielen zusehens. Vor gut hundert Jahren erkannte man die Bedeutung der Anlagen und baute Kirche und Klosteranlagen wieder auf. Das Nonnenkloster wurde gesichert und kann als Ruine besichtigt werden. (Nunnery… Nonnerei… was für ein Wort…). So, dann war ich also auf Iona und machte erst ein paar Bilder von dem Nonnenkloster, berappte 7 £ Eintritt für die Abbey und wandelte in der Vergangenheit. Leider kam ich nicht so recht in Stimmung, da alles doch recht gut besucht war. Ich habe schon öfters gelesen, daß es mehr Sinn macht, sich für eine Nacht auf Iona einzuquartieren und dann in Ruhe nach Abfahrt der letzten Fähre die spirituelle Kraft der Insel wirken zu lassen.

Iona Nunnery Ruine

Irgendwann fiel mir auch ein, daß ich um 16:00 Uhr noch einen Besichtigungstermin in der Tobermory Distillery hatte, von der Spiritualität zur Spirituose quasi…also schnell Fähre und dann in 1,5 Stunden Rekordzeit bis Tobermory gerast, fast wie ein Einheimischer, die Single Track Roads dort sind aber auch deutlich weitläufiger einzusehen als an der Nordwestküste gestern.
Ja, dann die Brennerei Tobermory, die zweigleisig fährt, in der ersten Jahreshälfte wird Tobermory produziert, ein Highland Style Malt, eher mild mit etwas würzigem Charakter und in der zweiten Jahreshälfte, quasi jetzt, – Ledaig (sprich : Led-schik), einem getorften Malt, der denen von Islay teilweise in nichts nachsteht. In der laufenden Nummerierung meiner besichtigten Brennereien ist Tobermory die Nummer 60. Die Führung war ok, die junge Dame gab sich Mühe und konnte das gut verkaufen. Fotografieren war mal wieder nicht erlaubt, aber naja, ich war immer letzter und hab das wieder undercover erledigt. Tobermory ist sehr eng und verwinkelt, erinnert mich etwas an die Pulteney Distillery, dort ist es ähnlich eng. Zum Abschluss gab es einen Tobermory 10y und für alle, die noch upgrade gefahren hatten auf 10 £, die durften noch einen Ledaig 10y dazu kosten. Ich wußte davon garnichts und hatte mir gedacht, Mädels, wenn ich ins Hotel komme, gieß ich mir einen Ledaig aus’m Sherryfass von Signatory (Seasons) in amtlicher Fassstärke ins Glas, da könnt ihr eure OA behalten… Das mache ich : Jetzt. Slainte ! …lekka…

Tobermory Distillery

Anbei möchte ich Nina dafür danken, daß sie daheim die Dinge managt, die immer dann passieren, wenn ich nicht da bin. Leider kann ich mir nicht mal schnell die Latzhose überziehen und mal schnell nach Berlin Jalousien reparieren, so sehr es mich auch juckt. Es muß wohl mit Murphy zu tun haben, manche Dinge warten offensichtlich darauf bis ich weg bin, dann… juhu… kaputt gehen ! … Vor der nächsten Reise lasse ich einen Schamanen oder sowas vorher rumgehen. …aber ich war heute auf Iona, vielleicht kann ich das ab jetzt auch selber… (zwinker…)

…aus Sonnenbrille wurde später Mütze, dann nasse Haare…

Tag 9 – Oban: Die Wettervorhersage sprach heute nicht so für gemütliche Wanderungen im Freien, ab Nachmittag war einiger Regen angesagt. Das nahm ich zum Anlass, die Insel mal kurz zu verlassen und zwar nach Oban. Mit dem Auto bis zum Hafen Craignure gefahren, zu Fuß auf die Fähre und eine knappe Stunde gefahren. Oban ist mit 8,5 Tausend Einwohnern schon eine größere Nummer in der Gegend, es gibt Verkehrsampeln, größere Geschäfte und … wie könnte es anders sein … eine Whiskybrennerei…und dazu noch eine, die ich noch nicht besichtigt habe.

Leuchtturm vor Oban
Oban aus der Ferne

Es traf sich gerade günstig, daß ein Platz frei war bei einer Tour gleich nach Ankunft. Die Distillery ist eine der ältesten in Schottland und wurde wie so vieles in der Ortschaft an den Hang eines Berges gebaut. 1796 gab es hier noch nicht viele Gebäude, aber seit die Brennerei dort arbeitete, siedelte sich die Stadt dazu. Was anderorts Kirchen sind, um die sich die Wohngebäude gesellen, ist hier also eine Whiskybrennerei. Ich war überrascht, wie winzig die Oban Distillery ist, auch hier ist alles klein und verwinkelt, das ist halt der Nachteil davon, das sich der Ort um die Fabrik gesellt hat, es besteht keine Möglichkeit zur Erweiterung. Die Führung an und für sich war jetzt nix besonderes, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Es gab eine Mini Kostprobe aus einem 13jährigen Hogshead direkt aus dem Faß, (lecker) und den Oban 14 zum Abschluß.

Oban Distillery – Washbacks

Danach ging ich noch gemütlich durch die Stadt, um 4 Uhr ging die Fähre dann zurück nach Craignure. Mittlerweile fing es ordentlich an zu regnen. Etwas wollte ich noch fotografieren von der Fähre, als mir eine Windböe die Mütze vom Kopf riss. Ich mußte kurz entscheiden: das iPhone mit dem ich am fotografieren war, oder die Mütze. Das iPhone hat gewonnen, die Mütze flog über die Reeling und reiht sich damit in die Serie verlorener Mützen der letzten Jahre, ich werde mir in Zukunft keine teueren mehr kaufen…
So, obwohl ich den ganzen Tag unterwegs war, frage ich mich heute, wo der ganze Tag geblieben ist… Abends gab’s noch Burger und Guinness, klar, wie fast immer… über Fußball möchte ich heute auch nicht mehr reden…, nun ja, nicht jeder Tag ist ein Highlight, aber sicher morgen !

Reizvolle Szenen rechts und links der Single Track Roads

Tag 10 – Castletime: …vorgestern wollte ich ja Duart Castle, Moy Castle, Iona und um 16:00 Tobermory Distillery machen…, ok, das das nicht geklappt hat, habe ich bereits berichtet, Iona ging und um 16:00 war ich mit ach und Krach auch bei der Brennerei. Heute wollte ich mal schnell die beiden Castles abhaken und dann mal sehen, was sonst noch geht… Das Wetter begann fantastisch, fast wolkenloser Himmel am Morgen, jedoch für Nachmittags war wieder Regen angesagt, also beschloß ich den Teil, bei dem es keinen indoor Teil gibt, zuerst zu erledigen und das ist das von hier aus weiter entfernte Moy Castle. Kurz nach der Straße zum Duart Castle geht die Straße… (ok, Pfad ist das bessere Wort…) nach Lochbuie ab, eine der Single Track Roads, die etwas anspruchsvoller sind, bergauf, bergab, rechts, links und manchmal alles gleichzeitig mit plötzlichem Gegenverkehr… Aber so viel Aufmerksamkeit die Strecke fordert, um so schöner ist sie auch, vorbei an Seen und Bergen, kleinen Siedlungen und auch regelrecht üppigen Häusern, hin und wieder muß man sich die Straße mit Schafen (relativ einfach zu verscheuchen) und mit respektablen Rindviechern (nicht ganz so einfach, kann auch mal dauern…) teilen… Plötzlich steht man vor dem offenen Meer, es ist ein kleiner Parkplatz vorhanden, nebenan steht eine kleine Hütte mit der Aufschrift : Post Office. Open. Dort stellt man das Auto ab und beginnt einen kleinen Spaziergang. Der Weg zum Moy Castle läuft auf privatem Gelände. Nach wenigen hundert Metern erreicht man die Burg, bzw. das was davon übrig ist. Der Zweig der Familie MacLean, denen das gehört, hat sich bereits im 18. Jh ein stattliches Häuschen neben der Burg zugelegt, so daß der mittelalterliche Bau seitdem ohne Benutzung vor sich hin gammelt. Als Hingucker ist er allemale noch gut, rein darf man leider nicht. Der Fußweg geht weiter an einen Strand namens Laggan Sands. Dorthin bin ich auch noch gelaufen, es war das erstemal auf dieser Reise, wo man Natur und historisches Land ohne Menschenauflauf genießen konnte und das habe ich dann auch, die paar Leute die auch dort waren, hat man nett gegrüßt…

Moy Castle
Moy Castle – Querschnitt im Mull Museum Tobermory
Strand Laggan Sands

Gleich um die Ecke befinden sich auch die Standing Stones of Loch Buie, einem kleinen Steinkreis aus der Bronzezeit. Das war mein nächstes Ziel, doch der Weg dorthin ging über Acker und Wiese und das war nach dem gestrigen Regen stellenweise so sumpfig und nass, das ich leider auf halber Strecke abbrechen mußte. Wieder waren es unpassende Schuhe, aber diesmal hätten auch keine Wanderschuhe oder Bergsteigerschuhe geholfen, sondern schlichtweg nur Gummistiefel… und die hatte ich heute zufällig nicht mit… Nun egal, dann eben weiter zum nächsten Castle : Duart Castle. Wer von Oban mit der Fähre auf Mull kommt (das ist der wohl verbreiteste Weg…), der wird von der Burg bereits kurz vor Ankunft in Craignure begrüßt, sie beherrscht die dortige Landschaft deutlich auf einem Hügel. Auch hier geht es um Besitz des Clans MacLean, aber ein anderer Zweig als vom Moy Castle. Der Clan verlor seinen Besitz nach der Niederlage gegen die Cromwell Army im 17.Jh. und erst vor gut hundert Jahren wurde die Burg, mittlerweile eine Ruine, von der Familie zurückgekauft. Die Ruine wurde wieder aufgebaut und das kann man heute besichtigen. Eine schöne Ausstellung ist das und es gibt Teile, besonders der Dungeon, da hat man sich Mühe gegeben, dem Besucher einen schönen Schauer über den Rücken zu jagen… Respekt, gut gemacht…

Duart Castle, derzeit wegen Rüstung wenig fotogen…

Nach der Besichtigung gab es Kaffee und Kuchen, danach ging es bei immernoch sehr gutem Wetter zurück nach Tobermory. Dort gab es noch das Isle of Mull Museum zu besichtigen, eine kleine aber sehr liebevoll gestaltete Ausstellung, die dazu noch gratis ist (eine Spendenbüchse tut es dort sicher auch…). Letzte Amtshandlung des Nachmittages war nochmal ein kurzer Besuch in der Distillery, wo ich meine gestern verlorene Mütze gegen ein fluguntaugliches Modell ersetzte. Abends gab es nach dem Essen wieder ein paar Kaltgetränke hier im Mishnish, ein Haus was ich nur sehr empfehlen kann, die Zimmer haben fast alle diesen genialen Ausblick, die Restaurants… haben noch Luft nach oben aber das wird… und das Pub kann ich als alte Pub-Nase sehr empfehlen, an deren Stelle würde ich etwas an der Whisky Auswahl arbeiten, da geht noch einiges. Als Pub in Tobermory hätte ich sicher nicht nur 2 oder 3 Tobermorys bzw Ledaigs (mehr ham die echt nicht…), da hätte ich eine Sammlung aller unabhängigen Abfüller vom Feinsten… aber egal, das müssen die ja wissen… Morgen vormittag werde ich die Insel verlassen und mich auf den Weg nach Dufftown begeben, wo das Autumn Speyside Festival bereits begonnen hat.

…weitestgehend flugunfähige Mütze…

Tag 11 & 12 – Dufftown Calling, Glenlivet und Cadenhead Tasting:  …manchmal läuft nicht alles nach Plan, gelegentlich ist nur das WLAN schuld, deshalb gibt es heute zwei Tage zusammengefasst… und schlimmer noch, ich krieg kein Foto in den Blog… ich bin wenig begeistert darüber, aber besser als garnix, morgen gibt es alles hinterher…

...leaving Tobermory...

Heute (…mittlerweile gestern) beginnt der letzte Teil der Reise und er führt uns von der Insel Mull auf die große britische Insel zurück. Dafür ging es vom Mishnish etwa 100 m weiter und schon war man an der Fähre, die Punkt 11 Richtung Festland ablegte. Nach einigen Kilometern (natürlich) Single Track Road, gab es das einzige geplante Ziel heute : die Ardnamurchan Distillery. (ich übe das Wort auch noch, aber es stammt von der Halbinsel, auf der sie liegt). Die Brennerei gehört dem unabhängigen Abfüller Adelphi und ging im Sommer 2014 in die Produktion, sprich es kann noch nichts geben, was sich Whisky nennen darf, da ein Whisky 3 Jahre lang in einem Eichenfass gereift sein muß, um diesen Namen zu tragen.  Die Führung durch die Brennerei, die bis vor kurzem auch von einem deutschen Manager geleitet wurde, war recht interessant. Ich war die einzige Person und der Guide konnte sich darauf einstellen, mir nichts zu erzählen, wie das funktioniert, sondern was hier besonders ist.  Bei Ardnamurchan  versucht man durchaus hie und da Alternativen auszuprobieren, die vom Standard abweichen. Interessant z.B., die Reste vom Getreide, die aus der Mashtun übrig bleiben, werden in der Regel zu Tierfutter verarbeitet, Ardmachuran möchte damit in Zukunft die Brennblasen heizen, das hört sich nach einem Plan an… Zwei (10 cl) Flaschen vom New Spirit, so heißt das Zeugs wenn es aus der Brennblase kommt und noch kein Faß gesehen hat, durften ins Gepäck, der war nämlich recht lecker…

Im Warehouse von Ardnamurchan
Glenfinnan Monument
Insgesamt waren heute  ca. 275 km km zu fahren, die Hälfte davon allerdings auf den berühmten Single Track Roads, was heißt, mindestens 4,5 Stunden insgesamt, wenn nix dazwischen kommt. Es kam nichts dazwischen, ich hatte einen kurzen Halt am Glenfinnan Monument und wäre auch gerne noch zum berühmten Bahnviadukt gelaufen… wenn es nicht gerade Hunde, Katzen und was weiß ich noch geregnet hätte…
So ging es über Fort William weiter in die Whiskyhauptstadt der Welt. Wer darüber Bescheid weiß, kann den folgenden Absatz einfach weiter springen, wer nicht, dem kläre ich hier kurz auf, was es damit auf sich hat :
 
„Rome was built on seven hills…Dufftown …was built on seven stills…“
Stills = Brennblasen. Bevor alle Aktivitäten von multinationalen Konzernen gelenkt wurden, gab es eine reichhaltige Vielfalt an schottischen Brennereien, die sich hier und da auch konzentrierten…, da war z.B. Campbeltown auf der Halbinsel Kintyre mit zeitgleich etwa 30 Destillen in einer Stadt von überschaubarer Größe ( 5,6-7 tausend Einwohner…).
Der Ruhm der Dufftown Distilleries  stammt aus der Zeit um die Jahrhundertwende von 1899-1900, William Grant lernte das Handwerk der Whiskybrennerei bei Mortlach und machte sich später mit Glenfiddich und Balvenie selbstständig und unsterblich. Die Zahl der Dufftown  Brennereien schwankt von Zeit zu Zeit, momentan sind es eher 6 als 7 Brennereien, aber man könnte die nicht weit entfernte Allt-A-Bhainne Distillery dazu zählen und wäre bei 7 Brennereien… wenn man dann mag…
 
So, zurück zum Reisebericht, es gibt hier im Hause Commercial Hotel Dufftown ein Wlan Problem, was mich hinderte, gestern irgendwas zu veröffentlichen. Heute gibt es das Problem auch noch, aber ich werde mit dem Laptop irgendwo hinlaufen, wo es klappt…
Glenlivet – Brennblasen

Heute gab es ein Special Tasting bei Glenlivet. Die Tour war leider die gleiche wie sie jeder Tourist bekommt, ich hatte gehofft, vielleicht mal den alten Teil der Distillery kennenzulernen. Dem war nicht so, stattdessen gab es ein Tasting mit etlichen Glenlivet Abfülungen, die man nirgendwo kaufen kann, darunter 25, 30 und 40jährige Abfüllungen. Alle waren sehr gut und zum Abschluss ging es ins Warehouse und ein 1977’er kam ins Glas, direkt aus dem Fass….lecker war’s…

Deutsche Whisky-Abordnung mit Delegierten aus Hamburg, Berlin und Bayern.

Die Glenlivet Tour machte ich mit bekannten Hamburger Whisky Kollegen, später trafen wir uns mit Kollegen aus Bayern und besuchten die Whisky Fair auf dem Hinterhof meines Hotels. Murray MacDavid war da und verkaufte sich ganz gut, BenRiach ebenso wie Tomintoul, wo der Guide am Stand war, der mich vor ein paar Jahren  mal zum Fan der Destille gemacht hat. Gesundheilich angeschlagen, aber schön, ihn wieder zu sehen. Ein Teil unserer Truppe musste denn zum Adephi Tasting, was wohl nicht so der Hit war, und um 17:30 startete das Cadenheads Tasting, was gut war, aber auch genug für heute…, nein, ich bin jetzt ein wenig…, nicht mehr nüchtern und werde morgen weiter berichten…

Auchindoun Castle aus der Ferne…
…und vom Nahen…

Tag 13 – Auchindoun, Keith & Robin Laing: …nun bin ich ja quasi im Urlaub und sollte mir keinen Streß mit irgendwas machen…wenn ich nebenbei noch einen Blog schreibe, so sollte das auch aus Spaß an der Freude sein und nicht in Arbeit ausarten. Nach diesem Motto hat das bislang auch viel Spaß gemacht und mich hat’s gefreut, wenn das hier gerne gelesen wird. Dumm wird es aber dann, wenn das vorhandene Netzwerk vor Ort die Qualität eines Modems ca. 1998 hat, wenn es überhaupt mal da ist. Besonders ätzend ist es dann auch noch Foto Uploads zu starten, aber von den Bildern lebt das hier nun mal. Ich bin echt etwas frustriert und freue mich schon auf das Internet zuhause, das nervt zwar manchmal auch aber jetzt weiß ich es zu schätzen…
Heute Vormittag fuhr ich zur Burgruine Auchindoun, wenige Kilometer von Dufftown entfernt. Das Wetter war super und ich hatte wiederum viel Spaß dabei, an einem historischen Ort zu wandeln. Auchindoun wurde im 15.Jh erbaut und ist im 18.Jh aufgegeben worden und seitdem verfallen.

Der historische Whisky-Train

Anschließend fuhr ich zu Glenfarclas um noch zwei Flaschen zu besorgen, wurde allerdings vom Wochentag kalt erwischt… es war Sonntag und es war zu.. Nun ja schade, weil ich aber schon mal in der Gegend war, bin ich noch kurz bei Aberlour rein und prompt ist mir da doch eine Handfilled Distillery Only Flasche aus dem Sherryfass in die Tasche gehopst…
Um 14 Uhr war ich mit den Hamburger und Münchner Kollegen am Bahnhof verabredet, wir fuhren mit dem Whiskytrain nach Keith, dem nächstgelegenen größeren Ort. Mit der Museumsbahn fahren ist eine nostalgische Angelegenheit, der Weg ist das Ziel, nicht die Geschwindigkeit, die liegt eher bei Fahrradniveau. In Keith nutzten wir die Zeit, den 3 Brennereien im Ort Strathisla, Strathmill und Glen Keith einen kurzen Besuch abzustatten, um Fotos zu machen.

Hübsche Details bei Strathisla
Die Brennerei Glen Keith
Strathmill von hinten

Dann ging es mit dem Bummelzug zurück nach Dufftown. Dort stand heute abend noch ein wenig Kultur auf dem Zettel. Robin Laing, ein Singer-Songwriter mit großer Verbundenheit zum Wasser des Lebens stellte seine neueste CD „Whisky And Death“ vor. Es war wieder ein sehr schöner Abend mit schöner Musik, etlichen Witzen und guten Drams. Morgen gibt es die berühmte Mystery Bustour, wo es durch verschiedene Brennereien geht und vorher nicht bekannt ist durch welche. Danach nimmt das Festival mit der „Last Drop Party“ sein Ende und meine Reise mehr oder weniger auch. Ich glaube nicht, daß ich morgen Zeit habe, irgendwas zu schreiben, bei dem Netz sowieso nicht. Möglicherweise werde ich die Aufzeichnungen dann in Berlin vervollständigen… bis dahin verabschiede ich mich hiermit für kurze Zeit…

Tastingsets zur Livemusik von Robin Laing

Tag 14 & 15 – Mystery Bus Tour, Last Drop Party & Heimflug:  …jo, der letzte Teil ist immer der längste, man ist längst wieder zuhause und arbeitet seine Liste mit den Dingen ab, die auf einen gewartet haben, prompt ist eine Woche ins Land gezogen und der Bericht ist noch immer nicht fertig… trotz reichlich Internet…, hier nun das unspektakuläre Finale :

Für den letzten Tag in der Speyside löste ich beizeiten mein Ticket für die allseits beliebte „Mystery Bus Tour“. Man wird im Bus (…klar…) durch die Speyside (+/-) gefahren, hat einige Besichtigungen mit entsprechenden Verkostungen, Lunch, Dinner, Kaffee, Kuchen (ok, das kann auch vereinzelt Whisky sein…)… und landet um halb acht wieder in Dufftown, damit man noch am Abschlussbesäufnis…. ähmn, was schreibe ich da…, an der offiziellen Abschlussveranstaltung des Festivals teilnehmen kann.

Ähnlich wie der eine Tag aufhörte, fing der nächste an... erstmal jeder 6 Tomatin...
Tomatin am Morgen... vertreibt Kummer und Sorgen...

Auf diesem Wege kam ich bereits häufig in den Genuß Brennereien zu besichtigen, in die ich sonst nicht reingekommen wäre (z.B. Inchgower, Glen Spey, Speyside Distillery etc.). Diesmal waren Besichtigungen bei Tomatin und Tomintoul an der Tagesordnung, beides Brennereien, mit denen ich bereits bestens vertraut bin (hab vergessen, wie oft ich schon bei Tomintoul war…) Bei den Besichtigungen gab es zwar reichlich Verkostungen, aber eben nur mit den offiziellen Abfüllungen, ok, bei Tomatin gab es auch etwas außer der Reihe, aber… ich nenne es beim Namen: Nix besonderes…

…zwei mit langjähriger Erfahrung Tom Gerrie (L.) und Steve Oliver…
Verabschiedung von Tom mit Ehrenmitgliedschaft beim Whiskymuseum Dufftown

Bei Tomintoul gab es die letzte Führung mit dem scheidenden Produktionsmanager Tom Gerrie (der von dem ich berichtete, den ich bei der Messe in Dufftown wieder getroffen hatte…), der von Seiten des Veranstalters Dufftown 2000 mit Steve Oliver und von den Teilnehmern der Tour gebührend verabschiedet wurde.
Lunch und Kaffee gab es wie im Vorjahr im Muckrach Country House Hotel, einem geradezu vornehmen Anwesen nahe Grandtown o‘ Spey. Den Abschluss gab es dann im Dorf Tomintoul, Schottlands höchstgelegener Ortschaft. Ein Besuch im Whiskycastle, einem der beiden interessanten Whiskyshops in der Gegend ist schon fast Pflicht und Scott, der neue Besitzer hat von seinem langjährigen Vorgänger die Großzügigkeit für Probedrams beibehalten. Anschließend ging es über die Straße ins Clockhouse für die Aufnahme von fester Nahrung. Nach dem leckeren Dinner ging es wieder gen Dufftown und es blieben gerade ein paar Minuten Verschnaufpause bis zur letzten Veranstaltung des Festivals : die „Last Drop Party“. Man zahlt (beizeiten, Plätze sind limitiert) glaub ich 12 £, erhält ein Glas und bedient sich dann bei… ich denke knapp hundert offenen Flaschen, die bei den zahlreichen Tastings etc. offen geblieben waren. Ein 1974er Glen Grant von Berry Bros stach mir sofort ins Auge, von dem war aber nicht nur ich enttäuscht.

…all you can drink… „The Last Drop Party“…

Nach einigen Tagen Dauer-Whiskytrinken, war meine Zunge auch langsam etwas betäubt, so das ich die Veranstaltung ruhig anging, zumal ich morgen ja auch nicht mit einer Matschbirne nachhause fliegen wollte. Als Beigabe darf man dann noch eine der angefangenen Flaschen mit nachhause nehmen, in meinem Falle wurde es ein 91’er Sherry Glen Scotia von Wemyss. Im Hotel wurden dann erste Sachen verpackt, der Rest in der Frühe und schnell wurde auch klar, das der Koffer die erlaubten 23 Kilogramm überschreiten würde. Der Rückweg begann mit der knapp einstündigen Fahrt zum Flughafen nahe Inverness, danach lief alles so ab wie nach jedem Urlaub, Auto abgeben, einchecken, viel zu viel Geld bezahlen, weil der Koffer Übergewicht hat und dann Abflug. Zuhause angekommen war gleich ein richtig gut gefüllter Laden angesagt, schließlich war Championsleague.
…so, das war also die diesjährige Exkursion nach Schottland. Es hat viel Spaß gemacht, ich habe viele tolle Sachen gesehen, tolle Leute kennengelernt und bin froh, das alles so geklappt hat, wie ich mir das vorgestellt habe. Am Ende war auch genug, ich war froh, wieder zuhause zu sein und freue mich schon auf meine nächste Schottlandreise, vielleicht nächstes Jahr, vielleicht in zwei Jahren. Ich möchte allen danken, die geholfen haben, das es eine schöne Reise war, besonders Nina, die zuhause (an der Front) die Stellung gehalten hat und meine Aufgaben miterledigen musste. Ich möchte an dieser Stelle auch noch die Hamburg/Münchner Schottlandachse grüßen, es hat viel Spaß mit euch gemacht, Jan, Seb, Oli und Zinni.
An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön für die zahlreichen  Echos auf meinen kleinen Blog. Es wird sicherlich nicht das letzte mal sein, das ich euch mitnehme…