McLarsen

McLarsen’s Schottland Tour 2014: Norden, Orkney & Speyside (September 2014)

Inverness Greig Street Bridge am späten Nachmittag

Kapitel 1 – Anreise, Inverness: …ich kann es deutlich hören…“…was denn, SCHON WIEDER ?“ …ja, in der Tat ist es gerade einmal dreieinhalb Monate her, als ich live aus dem gelobten Land berichtet habe. Das war quasi exklusiv zum Islay Festival, jetzt kommt die eigentliche offizielle Schottlandreise 2014, welche zum vierten mal hintereinander in der zweiten Septemberhälfte stattfindet. Ziel diesmal ist in der ersten Hälfte der Reise unergründetes Gebiet : der Norden Schottlands oberhalb von Inverness, mit allen Whiskydestillen, die es dort gibt und natürlich auch etwas vom Rest der Landschaft. In der zweiten Hälfte geht es wieder in die Speyside zum Autumn Festival. Mein Begleiter ist wiederum mein 65jähriger Whiskyfreund Ulli, mitdem ich bereits zum dritten mal Schottland bereise. Einige Brisanz ist auch dabei, fällt doch die Reise genau in die Zeit des Referendums der Schotten für ihre Unabhängigkeit, ein Ereignis, was seine Schatten voraus wirft und hier nirgendwo zu übersehen ist.
Heute war quasi Anreisetag. Wir flogen via Amsterdam nach Aberdeen und fuhren dann mit dem Mietwagen nach Inverness. Nicht alles lief genau nach Plan, aber das war unterm Strich nicht wichtig. Der Autovermieter Sixt schrieb in seiner Beschreibung zum Standort z.B. Eingangshalle Airport. Da und auch in der näheren Umgebung war er aber nicht zu finden und erst nach einiger Fragerei war klar, das er angerufen werden musste, dann kam ein Kleinbus, brachte uns ca. 6-7 km Richtung Aberdeen und dort bekamen wir das Auto…, gut das wir es nicht eilig hatten, dafür bekamen wir auch eine nagelneue A-Klasse, die ich mir morgen erstmal genau anschauen muß, für alle Fälle, ich musste erstmal suchen, wo das Teil die Schaltung hat, aber irgendwann entdeckte ich das kleinen Hebelchen da am Lenkrad für die Automatik. Als das Teil an der ersten Ampel dann ausging und bei grün wieder weiterfuhr, hatte ich das immerhin schonmal im Taxi erlebt. So viel neumodischen Schnickschnack kannte ich bislang nicht, aber nett, eigentlich war ein kleineres Auto zum gleichen Preis gebucht… 

Inverness Greig Street Bridge am frühen Abend
Inverness - Impressionen zur blauen Stunde

Den Weg von Aberdeen nach Inverness habe ich gnadenlos unterschätzt, ich dachte so eine Stunde +/-, es waren aber gut zwei, ohne Stau… egal, in Inverness angekommen war erstmal dringend feste Nahrung angesagt, danach ging es noch ein wenig durch diverse Pubs, aber Sonntag abends ist hier, wie wohl fast überall anders auch, nicht gerade highlive… Eigentlich auch gut so, denn etwas Schlaf wird gleich gut tun. Morgen steht als erste Distillery Glen Ord an, danach geht es für zwei Nächte weiter nach Alness, da warten Dalmore und Teaninich 

Später Abend am River Ness

Kapitel 2 – Tomatin, Glen Ord, Alness: Eigentlich war für heute noch ein wenig Sightseeing in Inverness vorgesehen, Ulli hatte darauf aber wenig Lust und mir persönlich war es eigentlich auch nicht so wichtig, das Stadtzentrum der ca. 45.000 Einwohner Stadt ist in wenigen Minuten abgelaufen und irgendwelche tolle Läden gibt es warscheinlich auch nicht mehr als anderswo… Nach kurzer Überlegung fiel mir ein, das die Brennerei Tomatin auch keine 20 Meilen entfernt liegt und wir beiden noch nicht dort waren. 

Tomatin Distillery. Das hässliche schwarze Gebäude ist der Malzspeicher.
Tomatin - Stillhouse ehemals gab es hier 23 Brennblasen

Also gesagt, getan, nach einer halben Stunde auf der A9 waren wir da. Von einigen Leuten hatte ich nicht viel gutes über die Führungen bei Tomatin gehört, nun das kann ich ganz und gar nicht bestätigen, die Tour war gut, wir waren auch die einzigen und haben uns auch gleich als Kenner der Materie geoutet. Sehr interessant war eine an der Seite offene (ehemalige) Mashtun, zu deutsch Maischebottich. Das Teil stammt noch aus der Zeit, als Tomatin mit glaub ich 23 Brennblasen die größte Maltdistillery der Welt war. Apropos Brennblasen, die konnte man bei Tomatin von unten besichtigen. Fotografieren war überall gestattet, zum Abschluß durfte noch ein wenig probiert werden, wir waren zufrieden und ich kann die Tour durchaus empfehlen. Später konnte ich noch eine Flasche aus einem Distillery-only Faß abfüllen. Es ist ein 11jähriger aus dem Bourbonfass, sein Kollege aus dem Sherryfass kam bei mir nicht so gut weg… somit ist auch bereits die erste Flasche im Gepäck… hat ja nicht solange gedauert…

Innereien einer Mashtun (Tomatin)
...davon tät ich gern mal naschen...
Danach ging es wieder Richtung Norden. Die A9 überquert den Moray Firth auf einem eindrucksvollen Bauwerk, der Kessock Bridge, über einen Kilometer lang, 1976-1983 vom deutschen Architekten Hellmut Homberg entworfen. Nicht allzu weit danach biegt man in einen der tausend Kreisverkehre nach links ab und fährt durch eine Ordschaft namens Muir Of Ord, dann kommt man zur Distillery Glen Ord und deren Mälzerei. Glen Ord gehört zum Branchenriesen Diageo, hat ein Besucherzentrum und vermarktet einen Whisky namens Singleton Of Glen Ord, den es nebenbei gesagt nur in Asien zu kaufen gibt… (Nicht zu verwechseln mit dem Singleton of Dufftown, der von der Flasche her genauso aussieht…) nun ja, was soll ich sagen, eine Führung von Diageo ist doch arg auf Anfänger zugeschnitten, das ist ja auch ok, was mich dann immer nervt, ist diese Wichtigtuerei mit dem Fotoverbot, was einfach nur dämlich ist, aber darüber rege ich mich heute nicht mehr auf… Die Brennerei ist eine einzige Baustelle, die Kapazitäten werden in etwa verdoppelt, es wird ein zusätzliches Stillhouse gebaut, größer, weiter, höher, lauter…gnade Gott sollte der Whiskyboom nochmals so einen Absturz erleben wie Anfang der 1980er, dann gibt es viel einzumotten… Die Mälzerei ist natürlich nicht zu besichtigen, insgesamt lohnt sich der Besuch für Brennereierfahrene Leute nur, um die Liste zu vervollständigen, der Whisky, der übrigens zu über 95% in Blends verschwindet, ist jetzt auch nicht der Brüller. 
Glen Ord - Brennblasen von außen
Bekommt auch keinen Schönheitspreis: Mälzerei Glen Ord
Danach ging es zur nächsten Unterkunft: Morven House in Alness. Wir fuhren ins Storehouse of Foulies etwas essen (Geheimtipp… sehr gutes Essen für günstig, Selbstbedienung und fast ausschliesslich Einheimische…), abends dann noch in die beiden Pubs im Ort (Ord war vorher…), nix dolles aber mit Bier… 
Morgen: Dalmore Distillery, Teaninich Distillery (wohl nur von aussen…), Invergordon (Stadt, nicht die Graindistillery)…
Die Brennerei Dalmore

Kapitel 3 – Dalmore, Invergordon, Balblair & Teaninich: Alness liegt am Cromarty Firth (eine Meereseinbuchtung der Nordsee) und war heute zum zweiten mal unsere Zentrale. Von hieraus ging es heute morgen zu der ortsansässigen Dalmore Distillery, welche zur Firma Whyte & Mackay gehört, ein traditionelles Unternehmen mit dem wohl besten, oder zumindest bekanntesten Masterblender unserer Tage, Richard Paterson in ihren Reihen (böse Zungen behaupten, Diageo wollte Whyte & Mackay nicht wegen der Whiskybrennereien kaufen, sondern wegen ihm…). Dalmore gilt als das Flagschiff der Firma die mit Jura, Tamnavulin und Fettercairn weitere Zweitligadestillen im Portfolio hat. Zu Dalmore… wir hatten das Glück, alleine geführt zu werden. Das das fotografieren verboten war und uns sogar die Mitnahme von ausgestellten Handys untersagt wurde, dazu sage ich heute mal nichts… Es gab Dinge, die bei Dalmore etwas anders laufen, es gab verschiedene Brennblasen etc, wir haben einiges neues gesehen und erfahren. 

Ausblick von Dalmore. Ölplattform und Hafen von Invergordon im morgentlichen Nebel…
…und kurze Zeit später bei schönstem Wetter…

Danach, der Nebel hatte sich mittlerweile in schönstes Wetter verwandelt, fuhren wir etwas am Cromarty Firth rum und machten in Invergordon Mittagspause. Interessant an dem Cromarty Firth sind die Ölbohrplattformen, welche dort und besonders im Hafen von Invergordon stehen. Es wird dort allerdings nicht nach Öl gebohrt, sondern die Bohrinseln werden repariert bzw. gewartet, erzählte man uns zumindest. Da der Tag länger war als vermutet, beschlossen wir spontan, den Besuch von der Balblair Distillery von morgen auf heute vorzuziehen. 

Die Balblair Distillery
Der freundliche Stillman von Balblair knipste ein Bild von mir vor einer Brennblase

Balblair liegt etwa da, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht wünschen, ziemlich versteckt in schönster Highlands Landschaft. Die Leute von dort sind sehr freundlich und kompetent, die Brennerei macht einen guten Eindruck, das Visitorcenter ist ziemlich neu und ich muß sagen, das ich begeistert war von dieser eher kleinen Distillery, ich könnte mir vorstellen, das es in der Preisklasse kaum etwas besseres in der Gegend gibt. Danach ging es zurück nach Alness, wo wir uns auf die Suche nach Teaninich machten, eine vorhandene Diageo Distillery, welche verdoppelt wird und daneben die zukünftig größte Maltdistillery entsteht. …viel war leider nicht zu sehen, der Architekt des Bauzaunes muß sich stilistisch an der Berliner Mauer orientiert haben, es gab nur wenige Lücken, wo man etwas sehen konnte. Die Baustelle zur neuen Brennerei war überhaupt nicht zugänglich, naja ok, das ist halt normal…Abends gabs im Pub Championsleague, gezeigt wurde statt Dortmund Liverpool, worüber ich nicht wirklich sauer war, höchstens über das grottige Spiel, was mit ach und krach in der Schlußminute gegen einen krassen Ausenseiter aus Bulgarien gewonnen werden konnte. Morgen ziehen wir weiter nach Dornoch. Besichtigt werden morgen Glenmorangie und wohl auch Clynelish. …

Großbaustelle Teaninich

Kapitel 4 – Glenmorangie, Clynelish & Dornoch: Manchmal entscheiden ja auch Unregelmäßigkeiten über das gut und schlecht eines Tages. Den Übernachtungsort Dornoch habe ich einzig und alleine (vorher hatte ich den Namen noch nie gehört…) deshalb gewählt, weil er der Wohnort von Ian Gray ist. Wer etwas tiefer in der Whiskymaterie steckt weiß, das Ian ein Kunstmaler ist, bei dem sich sehr viel um das Thema Whisky dreht, ähnlich wie bei seinem deutschen Pendant Alfred Prenzlow. Ich habe Ian im Frühjahr auf Islay kennengelernt und Ulli kennt ihn schon sehr lange. Der Plan für heute sah eigentlich vor, das wir uns nach der Besichtigung der Distillen treffen und dann… Limo trinken, oder etwas anderes… Leider musste Ian absagen, er kommt erst morgen mittag zurück und wir werden uns wenn, dann nur kurz sehen, vielleicht auf eine Fantalänge… 

Glenmorangie

…der Reihenfolge nach… Distillery No. 45 die ich besichtigte war heute morgen um 10 Glenmorangie. Glenmorangie ist der meistverkaufte Single Malt Großbritanniens und weltweit auch in der Top 5. Der Besitzer Moët Hennesey versteht es genau wie bei der Schwesterdistille Ardbeg immer wieder, mit geschickter Promotion – aus guten, aber eher banalen Sachen, gehypte Whiskys zu produzieren und damit auch noch Preise zuhauf einzuheimsen… Respekt, aber nicht meine Baustelle. Die Tour mit einer Oma um die 70 war ganz amüsant, fotografiert werden durfte auch hier nicht, ich hake Glenmorangie einfach unter Nummer 45 ab. Nummer 46 war Clynelish, eine Diageo Brennerei, bei der ich vorsichtshalber keine Erwartungen hatte und wurde so auch nicht enttäuscht, bleibt Nummer 46. 

Die Clynelish Distillery wurde 1967 gebaut.
Gleich neben der neuen Clynelish Distillery liegt die alte Brennerei, welche bis 1983 Whiskys mit dem Namen Brora produzierte, im Dornröschenschlaf.

…aber dann abends… Ian hatte uns gleich das Dornoch Castle empfohlen, ein sehr gutes Hotel, Restaurant und vor allem Whiskybar. Wir kamen rein und ich habe mich sofort als quasi Kollege vorgestellt und Ulli brauchte auch nicht lange um zu zeigen, das er ein wenig Ahnung hat. Promt hatten wir schonmal als Begrüßung einen Tomatin aus den 1970ern im Glas, über den die beiden Inhaber gerade diskutierten. Nachdem wir etwas gegessen hatten ging dann ein rarer Malt nach dem anderen über den Tisch, wir teilten diese immer und unterm Strich waren es immer faire Preise. Highlights ?… schwierig, der Glenfarclas 1966 und der Highland Park 37y Scotts ganz sicher, aber auch ein alter Grain von Lochside, ein 1973er Bowmore…, die Jungs haben zwar nur etwa halb so viel wie das Offside, aber dafür sind es fast ausschließlich Raritäten, ein Blend von 1940 (Berry Bros. war auch dabei…) Das Restaurant und die Bar waren hervorragend organisiert, die beiden Inhaber Simon und Phil Thompson (Brüder, 28 und 30 Jahre (!!!)alt) waren immer ansprechbar und kannten in ihren jungen Jahren Abfüllungen, die z.T. von ihren Urgroßvätern stammen mussten. Der eine oder andere Dram zum probieren war auch dabei und am Ende hat uns Phil noch mit dem Auto die ca. 3 km zur Unterkunft gefahren… Ich kann nur sagen, das war absolute Spitzenklasse. Ich hoffe, das die beiden mal nach Berlin kommen und ich mich etwas revanchieren kann. Morgen mittag werden wir vielleicht Ian treffen, ansonsten ist wichtig 19 Uhr mit der Fähre gen Orkney abzulegen. Wenn alles gut geht werden wir vorher bei Wolfburn, einer neuen Destille, die noch keinen Whisky auf dem Markt hat vorbeischauen. Ich melde mich dann morgen aus Kirkwall von den Orkney Islands zurück…

Dornoch Castle
Die Whiskybar im Dornoch Castle.
Raritäten überall...

Kapitel 5 – Dunrobin, Pulteney, Orkney Islands und ein Referendum: So, heute war der große Tag des Referendums, Schottland hat gewählt und wir wissen noch nicht was. Es ist jetzt 0:33 britischer Zeit und es wird warscheinlich noch bis zum Frühstück dauern, bis etwas zählbares rauskommt. Viele fragen nach der Stimmungslage, nun insgesamt ist zumindest hier in Kirkwall auf den Orkney Islands alles ganz entspannt. Das Thema ist freilich allgegenwärtig, an jeder Laterne klebt ein yes Plakat, hier auf dem Land ist wohl eh fast jeder dafür. In den Pubs laufen die Fernseher ohne Ton, um ein paar Stimmungen einzufangen, eine Prognose von 46:54 ja:nein, war vorhin zu sehen, aber das hat noch nichts zusagen… Viele machen auch besondere Sachen, ich habe Referendum Bisquits gesehen, oder yes und no Drinks…, ich denke spannend wird es erst, wenn ein Ergebnis kommt.

Das Dunrobin Castle nebst Garten

Heute machten wir Station an einem Ort, der mit Whisky gar nichts zu tun hat. Zwischen Dornoch und Brora liegt ein mächtig gewaltiges Schloss: Dunrobin Castle. 10:30 öffneten sich die Pforten und man konnte das Schloß besichtigen, den dazugehörigen großen Park, sowie eine Falknerei. An einem so historischen Tag der Schotten, hat es viel Spaß gemacht, ein wenig auf den Pfaden der schottischen Geschichte zu wandeln. Leider war es heute sehr nebelig, so das man den Blick aufs Meer nicht geniessen konnte. Da sich Ian bis 13 Uhr nicht gemeldet hatte, beschlossen wir eine weitere Fahrplanänderung, nämlich den Besuch der Pulteney Distillery vorzuziehen, der eigentlich erst auf der Rücktour geplant war. Durch teils extrem dichten Nebel kämpften wir uns die etwa 50 Meilen bis Wick vor, oder besser wir ertasteten den Weg, fast nach Gehör… In der ehemaligen Heringshauptstadt angekommen, fanden wir die Brennerei recht schnell und konnten auch gleich eine Tour mitmachen. 

Die Pulteney Distillery in der ehemaligen Heringshauptstadt Wick.
Die charakteristischen Brennblasen von Pulteney

Pulteney ist recht klein, oder sagen wir mal eng, alles ist alt und verwinkelt. Dafür hatte das ganze durchaus seinen Charme, es durfte mal wieder fotografiert werden und überhaupt war alles ganz nett, ähnlich wie wir es neulich bei der Schwesterdistille Balblair erleben durften. Ein Mitglied unseres Forums war auch vor Ort und auch bei der Tour dabei und gab uns noch Tipps, wie man zu Wolfburn kommt… Das war auch unser nächstes Ziel, die neue, kleine Brennerei am Rande eines kleinen Industriegebietes der Stadt Thurso, etwa 20 x 10 Meter, wenn es hochkommt und wenn ich mich nicht täusche noch zwei Warehouses waren zu sehen, leider keine Menschenseele vor Ort, das müssen wir andersmal probieren. Danach ging es gleich um die Ecke zur Fähre nach Stromness auf Orkney. Von der Fähre runter waren es noch ein paar Meilen bis Kirkwall. Wir haben Quartier im Polrudden House, was ziemlich nahe am Hafen liegt. Später gingen wir noch auf zwei, drei Bierchen in „die Stadt“ und jetzt bin ich mittlerweile eingekesselt, die Wand zum Nebenzimmer ist wohl recht dünn und nebenan schläft ein Bär oder sowas in der Richtung. Auf der anderen Seite macht Ulli seine üblichen Geräusche, dann werde ich da wohl mal einstimmen…schnarchen für Schottland…Gute Nacht… 

Should I Stay Or Should I Go
Kirkwall in der Nacht des Referendums
Die St. Magnus Kathedrale beherrscht die Skyline von Kirkwall

Kapitel 6 – Kirkwall, Highland Park: Das erste was ich heute morgen etwa 7 Uhr Ortszeit machte, als sich die Augen auftaten, war ein Griff zum Handy, kurz Spiegel Online… Schlagzeile: Schotten stimmen mit Nein, oder so ähnlich…Ok…55% der Schotten möchten also im Verband Großbritannien verbleiben. Nun gut, wie man dazu steht ist jedem selbst überlassen, es war die Entscheidung der Schotten, die müssen schließlich wissen was sie wollen, sicher war es für viele Schotten eine reine Kopfentscheidung, das Herz hat sicher mehrheitlich „Yes“ gesagt. Ich glaube nicht das alles umsonst war, Schottland wird viele Zugeständnisse bekommen, was zur Folge haben wird, das die anderen Teile Großbritanniens auch mehr haben wollen, aber das ist zum Glück nicht meine Baustelle. Am heutigenTag hier in Kirkwall war nichts von der Wahl und dem Ergebnis zu spüren, Orkney war glaub ich sogar die größte „No“ Hochburg des Landes, was sicher auch daran liegt, das sich hier viele Leute Norwegen bzw. Skandinavien viel näher sehen als alles andere. Ich hätte gerne mehr berichtet über dieses Referendum,wenn sowas schonmal ist und man ist vor Ort, ja aber vielleicht wäre das in Glasgow oder irgendwo anders spannender gewesen, hier ist nix passiert…

Im Inneren der St. Magnus Kathedral
Gedenkstätte für die 833 Opfer der 1939 von Deutschen versenkten Royal Oak

Auf der Tagesordnung stand heute ein autofreier Tag in Kirkwall mit Besichtigung von Highland Park. Kirkwall ist die Hauptstadt der Inselgruppe Orkney Islands und ist mit über 6000 Einwohnern schon sowas wie Metropolis. Es gibt eine Fußgängerzone in der Autos fahren dürfen, einen Hafen und eine Kathedrale. Die St. Magnus Kathedrale wird auch das „Licht des Nordens“ genannt. Sie ist, gemessen an der Einwohnerzahl riesengroß, stammt aus dem frühen Mittelalter und ist geprägt von normannisch romanischen sowie frühgotischen Stileinflüssen. Ich habe mir eine gute halbe Stunde Zeit genommen, sie in aller Ruhe zu besichtigen und etwas in der Vergangenheit zu schweben.

Highland Park aus der Ferne
Ein Teil des Malzes wird traditionell hergestellt

Nachmittags war dann die Magnus Eunson Tour bei Highland Park angesagt. Die Tour selbst war nichts besonderes aber angenehm, es durfte bis auf wenige Ausnahmen fotografiert werden und wir wurden zu fünft von einem recht betagten Guide geführt. Das Besondere dieser Tour ist das anschliessende Tasting, welches 7 Malts zwischen 12 und 40 Jahren bietet. Mein Favorit bei dieser Range war der HP 30 Jahre, wobei mir bis auf 12 und 15 Jahre eigentlich alle zusagten. Der 40jährige, der in der Brennerei für stattliche 1700 £ angeboten wird, war natürlich auch nicht zu verachten, mir persönlich aber etwas zu trocken und nicht so rund wie sein 10 Jahre jüngerer Bruder, der für mich fast perfekt war. Morgen tauchen wir tief, nein sehr tief in die Geschichte ein und widmen uns den steinernen Zeugen der …Steinzeit.

7 x Highland Park, zwischen 12 und 40 Jahren…

Kapitel 7 – Spuren der Steinzeit: So, Samstag und whiskyfreier Tag auf Orkney. Für unsere kleine Rundfahrt im Zeichen der Archäologie spielte uns das Wetter in die Karten… es war zwar wechselhaft, aber ab und zu klarte es auf und die Sonne schien. Überhaupt das Wetter…normalerweise ist ja immer eitel Sonnenschein, wenn ich im gelobten Land bin, diesmal ist es nicht ganz so gut aber größtenteils trocken, was ja schonmal das wichtigste ist. Wir besichtigten heute die Stones Of Stennes (~5000 Jahre alter Steinkreis), den Ring of Brodgar (~ knapp 5000 Jahre alter Steinkreis, aber mit über 100 meter Durchmesser deutlich größer), Skara Brae (~5000 Jahre alte ausgegrabene Siedlung) und den Broch of Gurness (über 2000 Jahre alter Turmbau mit umliegender Siedlung) . Alle historischen Stätten hatten eine besondere Atmosphäre, am besten waren die Momente als keine weiteren Leute dabei waren…dann hätte es mich vielleicht nicht gewundert, wenn ein kleiner Hobbit aus den Steinhäufen gesprungen wäre…

Standing Stones of Stennes… 5000 Jahre alt…
…etwas jünger, aber deutlich größer : Ring of Brodgar…

Inmitten unserer steinzeitlichen Erkundungen, stand plötzlich eine Pagodendach wie von einer Whiskydestille vor uns. Es war aber keine heimliche Whiskybrennerei sondern die Orkney Brewery, in der wir gleich mal zu Mittag speisten…Nach so viel Steinzeit machten wir noch einen Abstecher zum Scapa Flow und ich machte ein paar Fotos von der Scapa Distillery. Leider ist es fast unmöglich da mal rein zu kommen,aber vielleicht beim nächsten mal. Morgen früh geht die Fähre zurück nach Thurso, dann werden wir lange Auto fahren und irgendwann in Dufftown ankommen, wo der Rest der Reise (morgen ist Halbzeit…) stattfinden wird… 

Skara Brae, eine ebenfalls etwa 5000jährige Siedlung an der Westküste Mainlands
IKEA Katalog aus Zeiten Fred Feuersteins...
Broch of Gurness… „nur“ etwa 2100 Jahre alt…
Scapa Distillery

Kapitel 8 – Reisetag, Dufftown: …heute gibt es nicht viel zu berichten, wir sind um 9 Uhr mit der Fähre Richtung schottisches Festland los und waren gegen 15 Uhr in Dufftown. Da es Sonntag war und nicht viel auf den Strassen los war, hat es ziemlich viel Spaß gemacht, durch die teilweise recht kahlen Northern Highlands zu fahren. Hier angekommen, bezogen wir unser Zimmer im Commercial Hotel, wo ich letztes Jahr auch schon wohnte. Das einzig verfügbare Zimmer, das es vor ein paar Monaten hier gab, ist wie angekündigt sehr klein, aber es geht schon irgendwie. Ich habe meine Sachen aus dem Koffer in den Schrank geräumt und den Koffer selber ins Auto gebracht, sonst wäre es schwierig hier. Ein kleiner Schock für mich war, als ich in mein geliebtes Royal Oak einkehrte und mir mitgeteilt wurde, das John und Yvonne garnicht mehr Betreiber des Ladens sind sondern irgendwo anders hingezogen sind… ok, das war unerwartet…, am späteren Abend war ich nochmal da und es ist so: Yvonnes Stiefmutter gehörte der Laden sowieso noch und sie kontrolliert ihn auch wieder, sie ist eine resolute Dame um die 70 … Aber es gab viele Punkte, da hatte sie recht….Morgen…weiß ich auch noch nicht, ich muß den älteren Herren mit dem ich reise irgendwie bei Laune halten, also erstmal ins Whiskycastle nach Tomintoul…

Die größte Flasche Single Malt der Welt steht im Whiskycastle Tomintoul

Kapitel 9 – In der Speyside: So…Halbzeit war heute und der erste von drei Tagen in der Speyside, die noch terminfrei waren. Unser erstes Ziel war das Whiskycastle in Tomintoul. In etwa 20 min kommt man von Dufftown in die höchstgelegene Ortschaft Schottlands und das auf einer Straße, die ich als Tierfriedhof bezeichnen würde, alle 100 meter liegt irgendein Kadaver auf der Fahrbahn, das ist wirklich nicht schön anzuschauen. Ich nahm mir vor extra weitsichtig und vorsichtig zu fahren, aber einen Fasan habe ich leider auch auf dem Gewissen, da nutzte auch eine Vollbremsung nichts mehr… 🙁 ImWhiskycastle wurden wir von Mikes Frau bedient, die sehr…wie sagt man, euphorisch in ihrer Ausdrucksweise ist, „oooohhh…reeeeeeaaaly….?….oooooh….niiiiice….“, man kann das schriftlich nicht so richtig wiedergeben… Im Whiskycastle ist man auch nicht gerade geizig, was Probierdrums angeht, ich mußte bereits nach wenigen Minuten bremsen, schließlich mußte ich ja noch fahren. Eine Eigenabfüllung wanderte in meine Tasche, es handelt sich um einen Mortlach zu Ehren ihres betagten Hundes… 🙂 Im Laden war zudem ein älterer Herr zugegen, der Mitte der 1960er Jahre Stillman bei Tamnavulin Stillman war. Er gab uns den Tipp, ruhig mal in der Distillery anzuklopfen und zu fragen, ob wir uns mal umsehen dürfen. Gesagt getan, vorher machten wir noch einen Abstecher in die Pampa zur Braeval Distillery um ein paar Außenfotos zu schießen, dann Tamnavulin. 

Sehr abgelegen: die Brennerei Braeval hieß bis 1995 Braes Of Glenlivet…
…genau wie die Landschaft in der sie steht…

Der Tipp war super und ich empfehle das weiter, kommt man aufs Brennereigelände, steht links ein separates Haus, wo das Büro drinnen ist. Der Manager, ein sehr junger Herr hatte überhaupt nichts dagegen, das wir die Distillery auf eigene Faust erkunden. Die wenigen Mitarbeiter hatten auch Spaß daran, das mal andere Leute kommen und erklärten alles gerne…so mag ich es… Tamnavulin war zwischen ca.1996 und 2006 geschlossen, danach wurde etwas Geld investiert und nun produziert man wieder wie dolle und verrückt. In den 1980ern gab es sogar ein Visitor Center gleich neben der Brennerei in einer schönen alten Wassermühle, dort haben die Spinnenweben allerdings die Türen versiegelt. Es ist ein schöner Kontrast, die alte, romantische Mühle und die eher häßliche 1960s Brennerei… 

Tamnavulin… industrielle Tristesse…
…und nostalgische Mühlenromantik nebeneinander…
Tamnavulin - Brennblasen
Danach ging es wenige Kilometer weiter zu Glenlivet. Ich war letztes Jahr bereits dort und wir wollten hauptsächlich etwas essen, Glenlivet hat ein großes, modernes Visitorcenter. Als wir gerade in der Kantine anstanden um eine Suppe zu ordern, ging ein Feueralarm los und alle mussten das Gebäude verlassen. Esdauerte gut 15 Minuten, als die erste Feuerwehr eintraf, etwa 5 min später eine zweite… (Ich mag nicht dran denken, was gewesen wäre, wenn etwas ernstes passiert wäre…) irgendwann wurde der Alarm abgeblasen weil nix war, keiner wußte, warum…, später wurden sämtliche Feuermelder

kontrolliert. Die Suppe wurde verschoben und wir machten eine Tour mit und das zu zweit. Die Tour war kostenlos und beinhaltete drei (!) Whiskys, 12y, 16y (Nadurra Cask Strenght) und 18y… Neben Glenfiddich, das beste Preisleistungsverhältnis ever…

Macallan... wieso lacht er wenn ich sage Faß in den Kofferraum ?
Fast fertig : die neue Brennerei Dalmunach auf dem Gelände der ehemaligen Imperial Distillery.

Unser nächstes Ziel war dann Macallan. Dort angekommen mussten wir die Tour auf morgen verschieben, da die letzte Tour des Tages ausgebucht war. Stattdessen fuhren wir weiter und schauten uns den fast fertigen Neubau von Imperial an, machten einen kurzen Abstecher zu Cardhu und versuchten unser Glück bei Knockando. Die Distillerymanagerin wollte uns erst abwimmeln, fand dann aber trotzdem ein paar Minuten, uns wenigstens das Stillhouse zu zeigen…besser als nichts… So hatten wir schon einen guten Tag mit vielen Eindrücken. Morgen früh 10 Uhr haben wir ein privates Date mit George Grant von Glenfarclas, ich bin gespannt, was wir da erleben…, später dann die Macallan Tour, mal sehen, was so wird… 

Im Stillhouse von Knockando.
Glenfarclas Distillery
v.r.n.l.: Ulli, George, Hund, Icke... im Visitorcenter von Glenfarclas
Baustelle Glenfarclas… hier steht normalerweise eine Brennblase…

Kapitel 10 – Glenfarclas & Macallan: …heute morgen um 10 Uhr hatten wir eine Verabredung mit George Grant, der momentan parallel zu seinem Vater John Grant die Geschicke der sich seit fast 150 Jahren im Familienbesitz befindlichen Brennerei Glenfarclas leitet. Das mit der Uhr läuft ja in Schottland alles etwas lockerer, um 10 Uhr war noch nicht einmal eine Mitarbeiterin vom Visitor Center da, wobei aber schon 10 Uhr Öffnungszeit dransteht, sie kam so etwa 10.10 Uhr und hatte durchaus die Ruhe dabei weg. Etwa zeitgleich kam auch George mit seinem Labrador des Weges. Ulli und George kennen sich schon etwas länger, so war es also möglich, das er eine halbe Stunde für uns hatte, gestern noch in London, morgen wieder in Madrid, der Gute ist viel unterwegs. Zur Unterhaltung schenkte er uns ein paar Drams ins Glas. Das leckere Frühstück war ein 2003er Fassample, ein 1973er Family Cask und noch einen großzügigen Dram (weil Flasche dann leer) 1961er Family Cask. Alles natürlich Sherrygranaten vom Feinsten, der 61’er kostet 1500£ die Flasche… Leider hatte er auch bald den nächsten Termin, so übergab uns George einer Tour und ich schaute mir den Ferkelladen zum dritten mal an. Interessant war, das eine Brennblase gerade weg ist, da das Fundament wo sie draufsteht brüchig war und Maurer damit beschäftigt waren, das zu sanieren, die Brennblase wurde derweil durchs offene Dach ausgelagert. Sowas sieht man nicht alle Tage. Danach liefen wir noch etwas hin und her bis die Traumstöffchen wieder aus meinem Kopf waren und wir fuhren ein wenig durch die Gegend. Ich zeigte Ulli alle Brennereien in Rothes von außen. Bei Glen Grant stiegen wie kurz aus und schauten ins Visitor Center, Speyburn ist derzeit eine einzige Baustelle, da wird glaub ich gerade alles neu gemacht, Mauern waren offen, Dächer werden gedeckt und die Omnipräsenz von Fahrzeugen der Firma Forsythe, welche u.a. Brennblasen herstellen, lässt die Schlussfolgerung zu, das einiges am Equipment neu gemacht wird. 

Die alte Macallan Distillery... im Hintergrund der Berg Benrinnes (840m)
Macallan : Die tristen Bauten der Brennerei werden in den nächsten Jahren von einem modernen Neubau ersetzt.

Weiter ging es dann zu Macallan, wo wir um 13:30 eine Tour gebucht hatten. Die Brennerei, die ich persönlich ja kritisch beäuge, will noch dieses Jahr beginnen, die komplette Distillery neu zu bauen, ein paar Meter neben der aktuellen. Von der Sache macht das sicher Sinn, die jetzigen Gebäude sind alles andere als schön und wenn man schon was großes plant, dann auch richtig. Man will später 16 Mio. Liter Alkohol produzieren, damit wären sie derzeit die größte Maltbrennerei Schottlands…das der Whisky wieder so gut wird wie früher, kann man wohl sowieso vergessen. Die Tour ging insgesamt fast 2 Stunden, es wurde viel über Holz und Fassmanagment erklärt, fotografieren war nicht erlaubt und es gab 4 Whiskys und ein New Spirit, das ganze für 15£, ist ein gutes Preisleistungsverhältnis. Empfehlenswert ist es, sich vorher anzumelden. Abends beim Bier lernte ich wieder einige Whiskyliebhaber aus Deutschland kennen, die mir z.T. auch schon vom Namen geläufig waren, mit vielen gemeinsamen Bekannten und reichlich Stoff zum erzählen. Das ist der Teil von so einem Festival, der immer wieder geil ist, man findet zueinander fern der Heimat. Die Welt der Whiskyversteher ist eher klein, aber herzlich …und das ist auch gut so… 

Rückseitig von Macallan - Landschaft um Craigellachie mit Rindvieh.
Glendronach - Brennblasen
Glendronach - Spirit Receiver

Kapitel 11 – Glendronach & Hier und Da: Heute war der letzte Tag vor Beginn des Festivals. Wir fuhren zu Glendronach und machten die einfache Tour, Ulli nahm die Upgradevariante mit drei Whiskys zur Verkostung. Für mich war es nichts neues, ich war letztes Jahr schonmal hier, fand es aber auch schön, das alles mal wieder zu sehen, Glendronach zählt schon zu meinen beliebteren Brennereien….und ja, es darf eine Flasche 1993 Oloroso Sherrycask, Available only in the Distillery, mit nach Berlin… Anschliessend machten wir einen Abstecher zu Duncan Taylor nach Huntley. Der Bau der eigenen Distillery soll demnächst ins Rollen kommen, einige Vorbereitungen laufen wohl schon. Man zeigte mir auch auf dem Computer, wo sie stehen soll, nämlich ziemlich nahe an der A96 Richtung Aberdeen zwischen dem Kreisverkehr und der Straße zum Bahnhof, falls das jemanden etwas sagt… Danach machte ich noch ein paar Außenaufnahmen von Longmorn und Glenlossie. In beiden Fällen war eine Besichtigung nicht möglich, im Falle von Longmorn empfielt es sich fürs nächste mal, einen Termin zu vereinbaren. Mehr aus Langeweile oder sagen wir mal ehrlich,…drei Gratiswhiskys zu erhaschen, bogen wird dann nochmal bei Glenfiddich ein. Ulli machte die Tour welche gratis ist mit, ich hatte dann aber doch keine Lust mehr mir diese Touribrennerei zum vierten mal anzusehen und ging dann lieber auf einen Moment zum Balvenie Castle und dann nachhause…. Morgen steht ein Besuch der Speyside Cooperage an, da liegt’ne Menge Holz auf ‚m Hof, später geht es dann zu Glen Keith in… Keith, dem nächstgrößeren Ort hier…

Auf dem Gelände von Longmorn
Glenlossie Distillery nahe Elgin...
...mehr als ein kurzer Blick ins Stillhouse war nicht möglich.
Das Balvenie Castle nahe Glenfiddich

Kapitel 12 – Cooperage, Keith und Festivalbeginn: Ganz ohne Donnerschlag etc. startete heute das Speyside Autumn Festival. Im Frühjahr gibt es ebenfalls ein Speyside Whisky Festival, welches auf die gesamte Speyside ausgeweitet ist. Bei etwa 50 Brennereien, was etwa die Hälfte aller schottischen ist, hat man da eine große Auswahl. Das Autumn Festival ist viel kleiner und hat sein Epizentrum in Dufftown. Ich bin das dritte mal hier und kenne schon einige Leute, die Macher, die Unterstützer und die Stammgäste, die jedes Jahr kommen. Insgesamt ist es eine sehr familiäre Angelegenheit.
Unsere erste Veranstaltung war ein Besuch der Speyside Cooperage, also eine Küferei, welche Fässer herstellt bzw. repariert. Es gibt eine große Halle, in der etwa 15 Arbeiter im Akkord alte Fässer auseinander nehmen, schleifen, sägen, austauschen…und sie wieder zusammenbauen, das alles macht reichlich Krach. Die Arbeiter machen das in großer Geschwindigkeit, ein Fitnesstudio brauchen die Jungs auf jeden Fall nicht. Hinter der Werkhalle sind tausende Fässer pyramidenförmig aufgestapelt, ein beeindruckendes Bild, auch wenn momentan eher weniger Fässer gelagert waren, als bei meinem Besuch vor drei Jahren. 

Auf dem Hof der Speyside Cooperage… hier Quarter Casks, wie sie z.B. Laphroaig verwendet

Bis zum nächsten Event war dann eine gewisse Lücke… ich nutzte sie um kurz mal bei Mortlach vorbeizuschauen, Ulli um Suppe zu essen. 15:30 jedenfalls startete die Bustour zu Glen Keith nach… Keith. Neben Strathisla und Strathmill ist Glen Keith sowas wie die unbekannte dritte Distillery im ca. 4500 Seelen-Nest Keith. Glen Keith wurde erst Ende der 1950er Jahre gebaut und war zuletzt von 1999 bis 2013 geschlossen. Der Besitzerkonzern Pernod Ricard ersetzte das komplette Interiour und hat nun eine der modernsten Brennereien überhaupt. Die Führung machte Distillerymanager Brian Macaughly, der auch für die benachbarte Strathisla Brennerei zuständig ist, bei Glen Keith zum ersten mal. Anschliessend gab es noch zwei fasstarke Glen Keith im Chivas Regal Tastingroom… 

Mashtun und Washbacks bei Glen Keith
Festivalstart with a BIG Dram...

Danach ging es zurück nach Dufftown, wo das nächste Event wartete, der offizielle Auftakt namens „It started with a big dram“, vom Whiskyshop Dufftown. Es gab den neuen Mortlach OA NAS 43,5%, (nett, aber über 70£ für eine 0,5 l Flasche…nein danke), den Highland Park Dark Origins, (wird möglicherweise demnächst im Offside offiziell vorgestellt…) und einen 1991er Glenfarclas Family Cask, der schon sehr, sehr lecker war, aber mit 200 £ leider zu teuer ist… Kurz was gegessen, ging es weiter zu den Mates Of The Whisky Museum, ich kürze etwas ab, als Member bekommt man ein Buffet und etliche Whiskys zum probieren, das taten wir…später gab es noch zwei Bier im Royal Oak mit Whiskyfreunden aus Hamburg (Jan und Roger) …Und jetzt… reicht es für heute…morgen früh steht Glen Elgin und BenRiach auf dem Plan… 

Strathisla Distillery im Gegenlicht

Kapitel 13 – Glen Elgin, BenRiach, Stramash: Festival Tag 2, auf dem Programm steht heute die Busfahrt zu Glen Elgin und BenRiach. Beide Brennereien befinden sich außerhalb der Stadt Elgin, mit 20.000 Einwohnern ziemlich groß und so eine Art Verwaltungssitz der Region Moray. Glen Elgin gehört zu Diageo und kann normalerweise nicht besichtigt werden. Der Whisky geht zu 99,5% in die konzerneigenen Blends wie Johnnie Walker, Bells oder White Horse. Dreimal in der Woche kommt ein Tanklaster und holt den produzierten New Spirit (so heißt der Whisky bevor er sich so nennen darf, nämlich wenn er noch nicht drei Jahre im Eichenfaß reifte). Eine Fassabfüllung gibt es bei Glen Elgin nicht. Zum Abschluß der Führung gab es im Büro einen 15jährigen Glen Elgin von Gordon & MacPhail aus dem Sherryfaß.

Als Kondensatoren für die Brennblasen von Glen Elgin dienen sogenannte Worm Tubs
Längst gibt moderne Technik den Ton in dem traditionellen Handwerk der Whiskyherstellung an...

Nur einen Steinwurf entfernt liegt BenRiach, was das nächste Ziel war. Bei BenRiach bekam ich letztes Jahr eine super ausführliche Führung mit ganz vielen Proben direkt aus dem Faß, darauf freute ich mich heute leider vergebens. Da in der Vergangenheit einige Besucher zu übereifrig waren, das allzu öffentlich bei Facebook & Co. zu posten, dürfen keine Fassproben mehr gezogen werden, schließlich handelt es sich um unversteuerten Alkohol. …naja, die heutige Führung war ok und im Anschluß gab es 5 Drams von eher seltenen BenRiach Abfüllungen, darunter ein 1977er aus dem Rotweinfaß. 

...damit man den Feierabend nicht verpasst... Spirit Receiver bei BenRiach

Abends stand noch ein sehr traditionelles Ereignis auf dem Zettel: Stramash…das ist nichts obskures zu essen (wobei es durchaus klingt, als wäre es die Milz eines schottischen Drachens…), sondern ein musikalisches Event der Einheimischen mit Musik, Tanz, dazu etwas zu essen, freilich auch Getränke. Da ich ja eine bekennende NICHT-Tanzmaus bin und diesem Event nicht zum erstenmal beiwohnte, dachte ich, es reicht, im richtigen Moment auf Toilette zu gehen, um nicht irgendwelche obskuren einheimischen Tänze mitmachen zu müssen. Das Timing hat nicht funktioniert, die Oma aus dem Whiskymuseum (min. 80+)… Holte mich auf den Tanzboden bevor ich überhaupt begriffen hatte, was los war…nun ja, ich habe mir große Mühe gegeben, mir die Tanzschritte zu merken, bin mir aber sicher, das es höchstwarscheinlich ziemlich blöd aussah… Egal, das Event selbst ist ein Highlight für die Locals und besonders für die ältere Generation, eigentlich nix für mich, aber irgendwie gehört es dazu. Morgen gehen wir getrennter Wege, Ulli macht die Seven Stills Tour in Dufftown, ich mache eine Tour nach Elgin in die Glen Moray Distillery…

Ringelpietz mit Anfassen – Stramash

Kapitel 14 – Glen Moray: …gleichmal für alle die das Whiskytasting am Freitag, 10.10.2014 bereits gebucht haben und alle die noch überlegen…das wird ein schönes Lineup, heute habe ich mit all meinen Kräften die nächste Flasche abgefüllt, die ziemlich sicher dabeisein wird. Es handelt sich um einen noch recht jungen Glen Moray, 8 Jahre alt aus einem 1st Fill Sherrycask mit 61,7%. Erst seit Donnerstag konnte man das Faß abfüllen und die Flaschennummer die ich abgefüllt habe, ist #9. Der Besuch der dazugehörigen Brennerei war heute auch durchaus ein Vergnügen. Glen Moray ist sowas wie ein Geheimtip… etwas unterschätzt aber auch von guter Qualität und vor allem, in heutigen Zeiten relativ fair in der Preispolitik. Glen Moray gehörte einst zur gleichen Gesellschaft wie Glenmorangie. Viele Sachen, mit denen Glenmorangie später groß geworden ist, sprich Fassmanagment und Finishings, wurden damals erstmal bei Glen Moray ausprobiert… die kannte eh keiner, wenn etwas schief gegangen wäre, hätte kein Hahn danach gekräht… Wir bekamen einige Fassproben im Warehouse, darunter zwei 1988er aus Madeira- und Portcask und ein 3,5jähriger getorfter Whisky, der überraschend gut war. Im Visitorcenter zurück gab es noch weitere 4 Whiskys, u.a. einen 30jährigen, den wir letztes Jahr auch im Tasting hatten und der mittlerweile das doppelte kostet…
Nach Glen Moray, (Ulli war auf der Seven Stills Tour), ging ich spontan zum Adelphi Tasting, wo Jan und Roger auch waren. Es war eine nette Auswahl von Abfüllungen, die ich mir allerdings nicht kaufen würde.
Morgen liegt Benromach an, eine der wenigen Brennereien, die im Offside noch nicht präsent sind, bislang zumindest nicht, das kann sich ja noch ändern.

...den Farbfilm vergessen ? Tatsächlich das einzige Foto des Tages... Glen Moray
Benromach, die Brennerei von Gordon & MacPhail

Kapitel 15 – Benromach & Robin Laing: Heute war nicht so wirklich mein Tag… das letzte Bierchen gestern muß wohl schlecht gewesen sein, so das es mir heute nicht richtig schlecht aber auch nicht richtig gut ging. Da kam es mir auch gar nicht so gelegen, das unsere erste Station der Benromach Tour die Speyside Craft Brewery war. Die winzig kleine Brauerei war in meinen Augen…ähmn, ich nenne es mal säuberungsbedürftig… Es gab Proben von drei Bieren, zwei aus den Tanks, die waren ganz gut aber ich konnte das um diese Uhrzeit mit flauem Bauch nicht richtig schätzen. Gleich um die Ecke, in der Kleinstadt Forres liegt die Brennerei Benromach. Sie gehört dem unabhängigen Abfüller Gordon & MacPhail, der die Brennerei 1993 von Diageo kaufte und nach Komplettumbau 1998 mit der Produktion begann. Wir wurden von Susan Colville, welche die Bezeichnung Brand Home Manager auf ihrer Visitenkarte stehen hat, durch die Brennerei geführt. Ich habe selten so eine kleine Brennerei wie Benromach besichtigt. Das Produktionsvolumen beträgt 250.000 Liter Alkohol pro Jahr, kleiner Vergleich :Glenlivet macht mehr als 10.000.000 Liter… Ich habe es auch noch nie gekonnt, Mashtun, Washbacks und Brennblasen auf ein Foto zu bekommen, heute ja…Anschliessend gab es ein Tasting mit sieben Benromachs, u.a. ein 30jähriger und einer von 1977. Ich nippte allerdings nur überall mal, das war nicht so das was ich heute so brauchte… Später ging es zurück nach Dufftown, wo Mittagessen gereicht wurde was in der Tour mit drinnen war. Um 15 Uhr war Whisky Auktion. Eine Flasche Miltonduff aus den 1980ern darf die Reise nach Berlin antreten. 

…alles dicht beieinander… Equipment bei Benromach
Benromach - Die drei geläufigsten Fässer für Scotch Whisky

Abends stand dann Kultur auf dem Plan.  Der Folkmusiker, Sänger, Entertainer und Schriftsteller Robin Laing hatte seinen traditionellen Auftritt zum Festival. Da sich bei Robin (fast) alles um das Thema Whisky dreht, gab es gleich ein Tastingset mit 6 Drams dazu. Es war wieder sehr kurzweilig, es gab viel zu lachen und die Musik von Robin mag ich auch ohne Whiskybezug, seine Stimme erinnert mich ein wenig an Ralph McTell („Streets Of London“) Morgen bin ich guter Hoffnung, das mir die Drams wieder schmecken, auf dem Plan stehen vormittags Tamdhu und Cragganmore und nachmittags eine Fahrt kreuz und querdurch die Speyside mit kurzen Besuchen einiger Whiskybrennereien. 

...nach den ganzen Drams war es heute nicht mehr ganz scharf... Robin Laing Live.
Tamdhu… die größten Washbacks, die ich je gesehen habe…

Kapitel 16 – Tamdhu, Cragganmore & Last Drop Party: …so, heute war im Prinzip der letzte Tag der Reise, bzw. der Tag vor der Abreise, der Tag morgen gehört zwar dazu, aber er zählt nur die Hälfte. Es war glaub ich der schönste Tag der gesamten Reise, ein sehr würdiger Abschluß. In aller Herrgottesfrühe starteten wir unsere Bustour nach Tamdhu und Cragganmore, die Tour wurde etwas nach vorne verlegt, da es einen wichtigen Anschlusstermin beim Manager gab. Distillerymanager Sandy Coutts führte uns durch diese gar nicht so kleine Brennerei, die letztes Jahr mit dem 10jährigen Tamdhu, der ersten Abfüllung unter dem neuen Besitzer Ian MacLeod Distillers (Glengoyne) zu überzeugen wusste. Es war die wohl letzte Tour, die Sandy gemacht hat, Tamdhu empfängt sowieso normalerweise keine Besucher und Sandy wird demnächst in den Ruhestand verabschiedet werden. …schöne Tour und endlich war ich da auch mal drinnen…Danach ging es zur Diageo Brennerei Cragganmore… kannte ich schon, nix besonderes. 

The Rolling Hogsheads Of Tamdhu...
Cragganmore Distillery
Die Brennerei Benrinnes am Fuße des gleichnamigen Berges.

Zurück im Dufftown war dann Zeit für einen Happen Essen aus dem Supermarkt, dann ging es weiter. In der von Steve Oliver organisierten Upper Speyside Tour hielten wir bei Kaiserwetter an folgenden Brennereien: Benrinnes, Dailluaine, Dalmunach, Tamdhu, Tomintoul, dann ging es noch ins Whiskycastle Tomintoul, einem tollen Whiskyshop mit einem markanten Inhaber  und danach noch ins Croft Inn, wo ich den ersten Haggis meines Lebens serviert bekam, das Essen war Tour inclusive und Alternativen wurden nicht einmal gefragt, aber ich fand ihn ganz gut… es schmeckt, wenn man nicht dran denkt, was es ist…  Zurück in Dufftown blieb eine knappe Stunde zum Luftholen, dann startete um 20:00 die legendäre Drams Party, 2 Stunden Flatrate Whiskysa… äähmn trinken natürlich… Ich selbst hab mich heute vornehm zurückgehalten, ich möchte schließlich morgen fit zurückkehren… Danach hieß es andauernd Abschied nehmen, von all den altbekannten Gesichtern und etlichen Leuten, die man dieses Jahr kennengelernt hat. …ein schöner Tag…
Morgen geht es wieder heimwärts, dazu werde ich auch nochwas schreiben, aber eher übermorgen…und werde noch ein Fazit schreiben.

Die legendäre Drams Party

Kapitel 17 – Rückreise & Fazit: …alles…Ende… Wurst …zwei… Jaja, schon klar  …gestern endete die lange Reise durch Schottland und seinen Whiskywerkstätten. Da unser Flieger erst 17:25 Uhr starten sollte, hatten wir eigentlich noch den ganzen Tag zur Verfügung. Nachdem wir unsere flüssigen Neuerwerbungen neben bzw. in der gebrauchten Wäsche bestmöglich in den Koffern verstauten und das Auto von 2 Kubikmetern Bonbonpapier von Ulli befreit hatten, ging es Richtung Aberdeen. Da Zeit nicht das Problem des Tages war (zumindest nicht zu dieser Zeit…), machten wir Station in Oldmeldrum bei der Glen Garioch Distillery (sprich Glen Gierie… warum auch immer…). Ich kannte die Brennerei schon, aber Ulli noch nicht. Erst überlegte ich, ob ich nicht in der Zeit der Tour das Dorf besichtige, machte aber dann doch die Besichtigung nochmal mit… was sehr gut war. Frank, unser Tourguide wird am Samstag in die Rente entlassen, arbeitete als Lehrling bei Glen Garioch und Glendronach als Maltman und hat (wir waren zu dritt…) ein wenig aus dem Nähkästchen geplaudert, wie das damals in den 1960ern so war…, nebst Besichtigung von Räumlichkeiten, in denen Playboykalender überm Arbeitsplatz hängen, was freilich abseits der offiziellen Touren war. Ich wünsche Frank ein schönes Rentnerleben, ab Samstag…
Dann gaben wir das Auto zurück das mir Spaß gemacht hat, eine neue A-Klasse mit Automatik, eher zufällig bekommen…wäre für mich hier zuhause unpraktisch, aber für den quasi Urlaub war es schön… Dann ging es erst nach Amsterdam, wo wir weniger Zeit hatten als vermutet, die geschätzten 3 Kilometer bis zum Anschlussflieger, fast die Hälfte der Laufbahnen in unserer Richting war ausgefallen, Ulli ist nicht der schnellste in seinem Alter, als wir Gate C18 erreichten, wurden wir prompt schon aufgerufen…
In Berlin wurde ich von Nina abgeholt, ich war auch froh wieder daheim zu sein, die drei Katzen haben sich später auch gefreut und heute hatte ich viel Spaß und Elan für erste Tätigkeiten nach dem Urlaub, so soll es auch sein… Unterm Strich war es eine schöne Tour, 95% ging alles nach Plan, das ist ziemlich gut. Ich möchte mich an erster Stelle bei meiner Nina bedanken, das sie den heimischen Anstürmen im Offside getrotzt hat und hier alles aufrecht gehalten hat. Weiterhin möchte ich Steve Oliver und Mike Lord für das wie immer vorbildlich geplante Speyside Festival danken….,…see you next year…
…an dieser Stelle möchte ich mich auch für die zahlreichen Likes für die Reiseberichte bedanken. Ursprünglich (das war 2011 der erste Bericht), war es aussschliesslich für das CuttySark Whiskyforum gedacht, mittlerweile via Facebook ist etwas weiter verbreitet, ich hoffe, ich konnte potenziellen Schottlandtouristen, die in Richtung Whisky unterwegs sind, etwas helfen, die jenigen die schon da waren, werden ein Lächeln im Gesicht haben, weil sie wissen, wie schön Schottland ist. In diesem Sinne …Thank you very much… Bis zum nächsten Bericht… 

McLarsen reist von der Whisky Fair zur Feis Ile (Mai 2014)

Kapitel 1 – The Whisky Fair Limburg 17.-18.05.2014: Bevor es mit Schottland losgeht, möchte ich erstmal die letzten beiden Tage zusammenfassen, die waren nämlich auch schon aufregend genug. Als ich im Januar mit ein paar Berliner Whiskykumpels zum Cuttysark Whiskyforumstreffen gefahren bin, wurde mir ein freies Bett zur europaweit größten Whiskymesse, der Whiskyfair Limburg angeboten. Limburg war etwas, von dem ich seit Jahren viel gehört hatte, aber nie die Reise dahin angetreten hatte. Nach kurzem Abgleich mit dem Kalender stand fest, das wird dieses Jahr gemacht. Nun war es also soweit, am Freitagabend lud ich nochmal zur Offside Whiskyschool ein, unserem monatlichen Einsteigertasting. Das dauerte wie gewöhnlich auch bis in die Nacht, so das ich bereits im Voraus beschlossen hatte, die Reise ohne Schlaf anzutreten. 5:29 ging der ICE dann vom Hauptbahnhof Richtung Hessen, bereits an Bord waren Bert, Dirk und Elmar. An Bord wurden dann einige leckere Tropfen aus Sampleflaschen probiert, der Tag lief gut geschmiert an… In Limburg angekommen wurde schnell im Hotel eingecheckt, etwas Wasser ins Gesicht und zwei Straßen weiter zur Messe, die in der Stadthalle stattfand. Die erste Stunde hatte ich nur damit zu tun, mir erstmal einen Überblick zu verschaffen, wer wo anwesend ist. Dabei bekam ich von vielen (mir bekannten) Ausstellern, erstmal etwas ins Glas. Es galt viele Hände zu schütteln, sowohl die von Ausstellern als auch zahlreiche Whiskyliebhaber, die man im Laufe der Jahre so kennengelernt hat, viele Forumsmitglieder inclusive. Irgendwann so ca. 14-15 Uhr mußte ich langsam einsehen, das eine solche Reise, besonders wenn noch diverse „Erfrischungsgetränke“ im Spiel sind, ohne Schlaf eine, klar… Schnapsidee ist. Die Müdigkeit meldete sich immer heftiger, diverse Whiskys machten es auch nicht besser. Ich setzte mich ein wenig abseits, doch die Gefahr war zu groß, das die Augen zufallen und schließlich möchte man ja nicht den Eindruck machen, man hätte schon genug… Es half also nur ein kleiner Spaziergang zum Domizil unseres Lieblingsbischofs Franz Peter Tebartz van Elzt… (Ja, ich kann es immernoch auswendig)… durch die wunderschöne Limburger Altstadt auf dem Domberg. Nunja, der Bischof war natürlich nicht da und die Superbadewanne konnte ich auch nicht testen, aber nach der Bergsteigerei wurde ich wieder deutlich fitter und auch wieder etwas klarer im Kopf. Zurück in der Halle, wurde um 18 Uhr auf der Empore von Thilo ein leckerer Ledaig ausgeschenkt, es war ein kleines inoffizielles Forumstreffen, welches für mich auch sehr interessant war, das ich etlichen Forennicknames ein Gesicht zuordnen konnte. 19 Uhr war der erste Messetag dann zuende. Mit Bert und Dirk ging ich danach zum Italiener, etwas feste Nahrung konnte nichts schaden. Mittlerweile hatte ich den kleinen Hänger vom Nachmittag längst überwunden und war bereit für neue Taten.

…reichlich was los auf der Messe…
Blick von der Empore… dieser Raum ist nur einer von vielen…

Der beste Laden in Sachen Whisky ist und bleibt die Villa Konthor, nur ein paar Meter von der Messe entfernt. Dort wurde noch das eine oder andere Getränk genommen (nur mit Whisky hatte ich diesen Tag abgeschlossen), etwa 23:30 war dann aber wirklich Schicht, ab ins Bett, ich glaube nicht das ich noch dazu gekommen bin, bis drei zu zählen, so schnell war ich eingeschlafen… Tag zwei der Messe lief mit einem ausgeschlafenen Körper deutlich besser an als der erste. Wieder gab es viele Hände zu schütteln, einige tolle Drams zu trinken (absolutes Highlight : ein 1977er Banff von Silver Seal, ich hab die Restflasche am Ende kaufen können). Zwischendurch gönnte ich mir ein lecker Mittagsessen im benachbarten Biergarten, draußen natürlich, es war absolutes Kaiserwetter. Um 18 Uhr war dann die Messe vorbei, ich half Uwe und Jack noch ein wenig beim Abbau, dann ging es zum Chinesen, wiederum in die Villa Konthor und irgendwann ins Bett. Mein persönliches Fazit ist, das es für Whiskyverrückte wie mich eigentlich unmöglich ist, nicht an dieser Veranstaltung teilzumehmen, ein Besuch der Domstadt ist also für nächstes Jahr fest eingeplant, doch dann am besten bereits Freitags angereist und vor allem mit einer Mütze Schlaf in den Knochen. An dieser Stelle sei allen gedankt, die aus dieser Veranstaltung ein tolles Event gemacht haben.

Der Altehrwürdige Dom zu Limburg
Auch in Edinburgh war das Wetter standesgemäß...

Kapitel 2 – Edinburgh: Diese Schottlandreise kam recht spontan zustande. Ulli, ein alter Bekannter in Sachen Whisky, saß mit Nina und mir im Offside und erzählte von seiner geplanten Reise zum Islay Whiskyfestival im Mai. Nina fragte mich, ob ich da auch schon war. Ich musste verneinen, danach kam die Frage, warum nicht… hmmm… ja, gute Frage… die beste Antwort liegt wohl darin, das man es dann mal macht, also wieder Kalenderabgleich, nein die WM ist erst später und auch sonst sprach nichts dagegen, also los mit der Reiseplanung. Ich hatte Glück, das mein Stammdomizil auf Islay in Bowmore noch zwei Betten für Ulli und mich frei hatte, Ulli besorgte dann die Unterkunft in Campbeltown, die An-und Abreise regelten wir beiden unterschiedlich, Ulli fährt von Limburg nach Berlin zurück und fliegt am Montag nach Glasgow, ich fahre eine halbe Stunde im komplett überfüllten ICE nach Frankfurt und von da aus mit dem Flieger nach Edinburgh. Dort angekommen wurde erstmal das Quartier in Leith bezogen, Merith House Hotel gegenüber einer Parkanlage, etwa 10 min zu Fuß von der SMWS. Das Zimmer ist klein, im Bad sollte man auch kein Sumoringer sein, aber alles sauber und für 35£ die Nacht auch günstig. Danach hatte ich noch ein paar Stunden Zeit, bis ich mit Ulli verabredet war und machte den Fußmarsch von Leith nach Edinburgh Zentrum (ich schätze mal, 3 km oder so…) Was ich sofort festgestellt habe war, das das Wetter mal wieder mit mir war, quasi wie immer, Regen ist angekündigt, McLarsen kommt…und die Sonne scheint… McLarsenwetter… Ich hatte übrigens unheimlich Spaß daran, so durch die Gegend zu laufen, ohne feste Termine , ohne feste Zeiten, macht man viel zu wenig. In der City schaute ich dann durch ein paar Geschäfte, kehrte in ein nettes Pub in der Rose Street ein um einen amtlichen Burger zu vertilgen und traf mich dann mit Ulli an der SMWS. Dieses Kürzel steht für Scotch Malt Whisky Society, eine Einrichtung bei der man Mitglied sein muß oder mit einem Mitglied mitkommen darf. Letzteres war bei mir der Fall und wir besuchten die Niederlassung in der Queens Street und später die „Zentrale“ hier in Leith, probierten etliche leckere Abfüllungen und eine Flasche für das nächste Offside Tasting ist auch noch dabei rausgesprungen… So, für heute reichts, morgen steht Glasgow auf dem Programm und ich werde wieder berichten, allerdings wird der Text kürzer, denn mir fehlen morgen die Stunden im Flieger, wo ich 80% des heutigen Berichtes geschrieben habe…

Bei der SMWS In The Vaults
Glasgow School Of Art vor dem ersten Brand
Glasgow School Of Art - Alt und Neu

Kapitel 3 – Glasgow: Heute war schottischer Busfahrtag, ich glaube, soviel Buskilometer wie ich in Schottland so zurücklege, habe ich in den letzten 20 Jahren in Deutschland nicht geschafft. Der erste Bus ging von der Unterkunft in Leith ins Edinburgher Zentrum, nicht lange und nicht sehr weit, ich bin die Strecke ja gestern erst gelaufen…aber nervig wegen des sperrigen, unhandlichen Koffers, den ich mit mir führe (mit Sicherheit eh zum letzten Mal, aber ich dachte besser etwas größer für die ganzen Mitbringsel…)… Egal, an der Waverley Station angekommen, ging es ein paar hundert Meter weiter zum Busbahnhof, in den Bus nach Glasgow. Was ich zum Thema Bus ja sehr negativ anmerken muß, ist die Tatsache, das die Fahrer prinzipiell kein Wechselgeld mit sich führen, also entweder man hat es passend, verzichtet auf Rückgeld oder man fährt nicht mit. Gerade kundenfreundlich finde ich das nicht und hoffe das sich die Berliner Verkehrsbetriebe diesen Blödsinn nicht auch noch zu Eigen machen… Nach einer einstündigen Fahrt für 7,30£, immerhin muß man ja mal erwähnen, das die Buspreise sehr moderat sind, kam ich in Glasgow an, checkte in meinem B&B in der Renfrew Street ein und ging zur nächsten Bushaltestelle, weil ich ja einmal dabei war… Ziel war der Besuch der Whiskydestille Auchentoshan (sprich so ähnlich wie „ocken-toschn“), an der ich bereits zichmal vorbei gefahren bin, sie aber noch nie besichtigt habe. Für mich war es heute die Whiskybrennerei #41, dazu kommen etliche doppelte, teils dreifache Besuche und einige Besichtigungen nur von außen.

Die Auchentoshan Distillery und die Erskin Bridge im Hintergrund
Auchentoshan liegt am Glasgower Stadtrand
Auchentoshan – Brennblasen

Mir war es egal, was das nette Mädel da erklärt hat, ich hab mich dann mal aufs Fotografieren konzentriert. Insgesamt macht Auchentoshan einen netten Eindruck, auch wenn die Führerin eine Frage zur non-chill Filterung falsch bis garnicht beantworten konnte. Nach der Führung ging es die gleiche Strecke mit dem Bus zurück, hauptsächlich durch Gebiete, in denen ich nicht tot überm Zaun hängen möchte, ok richtig böse verkommen sah es nirgendwo aus, aber schön ist auch anders… Diese Bustour dauert übrigens eine Stunde, für 1,85£…. gehalten wird an jedem Briefkasten…Endlich aller Busse entledigt ging es dann noch kurz durch die Fußgängerzone, danach ins Hotel zum Auffrischen. Abends stand der Besuch im Bon Accord an, meiner Lieblingsbar in Glasgow. Ich war fast zwei Jahre nicht mehr hier und wurde trotzdem sofort vom Juniorchef herzlich begrüßt, der noch genau wußte, das wir quasi Kollegen sind. …ich muß ja sagen, das mich sowas beeindruckt, zumal ich diesbezüglich ja selber eine absolute Niete bin… Wir hatten ein paar sehr schöne Drinks, nette Begegnungen mit Einheimischen (am schärfsten war der Taxifahrer, der mir mehr über die Bundesliga erzählen konnte als ich selber, nur die Aussprache kommt natürlich putzig…) …so, für heute war das wieder genug, ich muß jetzt etwas an der Matratze horchen, damit ich morgen früh aus den Federn komme. Morgen steht die ca. 5stündige Reise nach Campbeltown an…natürlich mit dem Bus…

Ausklang im Bon Accord

Kapitel 4 – Campbeltown / Tag 1: Manche Dinge verlieren ihren Reiz wohl nie, dazu zählen auch Gegenden auf unserem Globus, bei denen man jedesmal vor lauter Erstaunen den Mund nicht zu kriegt. Eine solche Gegend ist die Strecke von Glasgow nach Campbeltown, ganz besonders auf dem Abschnitt zwischen Dumbarton und Inverarray. Erst fährt man gefühlte 50 Kilometer am Loch Lomond vorbei, DEM schottischen See, angeblich der größte Trinkwassersee der Welt… dann kommen Berge, die auf der Straße unheimlich viel Schatten spenden, rechts, links, in der Mitte die Straße. Die Berge in Westschottland sind von der Höhe sicherlich nicht relevant für die Top Ten Europas, aber ist man mittendrin, dann können die Alpen auch nicht größer sein… Die Erklärung dafür liegt in der Tatsache, das höhere Berge meistens in Gebirgen liegen, die von Hause aus eine höhere Lage haben, sieht man zum Beispiel den Fichtelberg, dann steht man selbst auch schon auf ein paar hundert Meter Höhe. In Schottland oder aber auch in Norwegen oder Irland, kommen diese 600-700-800er Berge direkt ohne großes Vorspiel aus dem Meer geschossen und plötzlich steht man im Schatten, von überall strömen kleine Wasserfälle herab, ab und zu muß der Bus bremsen, weil Schafe sich nicht an die Verkehrsordnung halten und die Straße überqueren. Wenn dann der Busfahrer auch noch so ein liebevolles Original ist und im tiefsten, fast unverständlichen Schottisch die Gegend erklärt, die Sonne scheint und alles einfach nur schön ist….. dann sitzt man im Bus und freut sich des Lebens, wenn ich heute eine Katze gewesen wäre, hätte ich stundenlang geschnurrt.

Der Golfstrom ermöglicht alternative Vegetation auf Kintyre

In Campbeltown auf der Halbinsel Kintyre, bekannt von Paul McCartneys Sülzette „Mull Of Kintyre“ aus den 70’ern, ist die reale Welt von Glasgow oder auch Berlin, schnell vergessen. Schnell mal einen Stadtrundgang gemacht…, dauert ca. 15 min, alles noch so, wie vor 4 Jahren. Die Glengyle Distillery die hier ansässig ist, feiert gerade ihr 10jähriges Jubiläum, deshalb finden gerade zahlreiche Events statt. Glengyle entstand damals aus der Not heraus. Die Gesellschaft, die über Reinheit und Gesetze im schottischen Whiskybusiness wacht, wollte Campbeltown (vor etwa hundert Jahren mit knapp 30 Destillen Whisky Welthauptstadt gewesen), mit nur zwei verbliebenen Brennereien (Springbank, Glen Scotia), den Status als Whiskyregion aberkennen. Um dieses abzuwenden mußte eine dritte Brennerei her und unter Führung des langjährigen Produktionsmanagers Frank McHardy wurde auf dem gleichen Gelände mit den noch erhaltenen Gebäuden die Glengyle Distillery reaktiviert, nach fast hundert Jahren Pause. Mittlerweile produziert man also 10jährige Malts, jedes Jahr kommen quasi Testabfüllungen unter dem Namen Work in Progress heraus, die im Offside alle probiert werden können. Die neuen WIP haben ein schweinchenrosanes Label und können ab heute (Donnerstag) gekauft werden. Ich habe sie gestern probieren dürfen und sag mal, sie sind …gut. Heute ist großer Springbank Tag. Es ist ja kein großes Geheimnis, das ich den unabhängigen Familienbetrieb zu meinen Top 3 Distillen zähle, wenn nicht sogar in vorderster Front, also lass ich mich mal überraschen, in einer Stunde öffnen die Pforten…

Blick aus den Fenster der Unterkunft mit Blick auf Campbeltown... der Schornstein links ist von Springbank.

 Kapitel 5 – Springbank: …update…die Pforten sind mittlerweile wieder geschlossen. um es vorweg zu nehmen, für den geneigten Springbank Fan war heute Ostern, Weihnachten und Geburtstag gleichzeitig. Ab 11 öffneten sich alle Türen, jede volle Stunde gab es Touren für Springbank und/oder Glengyle, es gab etliche Stände mit Kleinkunst, Schnickschnack, Essen, etc. alles very local Campbeltown. Es gab Masterclass Tastings, es gab Warehousetastings und es gab eine Warehouse Bar. Letzteres fand ich unschlagbar. Man kaufe für 5£ 5 Marken und löse sie für 5 Whiskys ein. Es standen über 80 verschiedene Abfüllungen auf dem Tresen, in der Regel Springbank, Hazelburn, Longrow und Kilkerran, …sicher keine 30-oder -40jährigen freilich, aber alles Einzelfassabfüllungen für allmögliche Empfänger. Wenn man wie ich Springbank und den kleinen Sohn Longrow und die ganz kleine Tochter Hazelburn mag, dann hat man nicht nur die Qual der Wahl, sondern ein Dauergrinsen im Gesicht. Ich habe mit mir gehadert, vielleicht doch ein Warehousetasting mitzumachen, aber wenn man quasi Flatratetrinken in der eigenen Lieblingsdistillery kann….,dann geht es auch so…

Die Traum-Whiskybar
...was da alles so unbeaufsichtigt rumstand...

Zwischendurch machte ich auch mal eine Tour mit, weniger um mich zu informieren (obwohl mir danach einige Sachen klarer als vorher waren…man lernt nie aus…), sondern um den Fundus an Fotos der Destille zu erweitern oder zu erneuern. Festivalabfüllungen gab es auch, eine davon war ein Springbank 21 Rumcask, der mir für 250£ deutlich zu teuer war und ein 16jähriger Springbank Sohn, der aus einer Romanze auf einer portugiesischen Insel hervorgegangen ist und deshalb etwas dunkler im Teint kommt. Ich umschreibe das, weil Sohnematz am kommenden Offside Tasting teilnehmen wird und ich ein Lineup erst bekanntgeben möchte, wenn alle Flaschen da sind. Nebenbei gab es auch immer wieder mal kurze Livemusikeinlagen, eine Auktion und einen Autounfall auf dem Gelände (bei der, warum auch immer, ein Teil einer ca. 150 Jahre alten Mauer umgefahren wurde…) irgendwann fing es an zu regnen (keine Ahnung warum, ich war doch da…) und alles löste sich langsam auf. Danach war ich mit Ulli im sicherlich schlechtesten Chinesen außerhalb Chinas (wirklich ganz ganz schlecht…) und danach noch auf zwei, drei Bierchen unterwegs. Am Ende mußte ich wegen Zahnschmerzen kapitulieren (sind immerhin erst meine zweiten mit knapp 46, aber warum ausgerechnet hier ?…) Mittlerweile haben die Schmerztabletten etwas Wirkung gezeigt, Ulli schnarcht wie 20 Bären, 4 Nashörner und 2 Dinosaurier zusammen und ich werde mich hiermit auch in die Nachtruhe verabschieden, vielleicht noch als zweite Stimme in die Sägeoper einstimmen… Bis demnächst, dann hoffentlich auch pünktlicher, aber der Internetrouter unserer Wirtin hat gerade die Grätsche gemacht…

Goodbye Campbeltown...

Kapitel 6 – Auf nach Islay: …das mit der Wirkung der Pillen gegen Zahnschmerz war von kurzer Dauer, die Nacht war dementsprechend lästig aber heute ist ein neuer Tag und ich schaue nach vorne. Nach dem Frühstück haben wir ausgecheckt und sind bis der Bus kam, noch etwas in der „Stadt“ gelaufen und am Hafen gesessen. Bei dieser Gelegenheit noch ein paar wohlwollende Worte über unser Quartier. Das Westbank B&B ist preiswert und sehr empfehlenswert. Es wurde vor nicht allzu langer Zeit ordentlich renoviert, alles ist sehr sauber und das Frühstück ist sehr gut und Fiona, die Wirtin ist sehr engagiert und lustig drauf. Das Westbank House liegt oberhalb von Springbank nahe dem Gallowhill, bis zum Hafen läuft man vielleicht 5 Minuten. Mittags ging es los Richtung Islay, das heißt knapp eine Stunde Busfahrt bis zum Hafen Kennacraig und zwei Stunden mit der Fähre bis zum Hafen Port Askaig. Da am Samstag das Islay Festival, die Feis Ile startet und die Insel, die normalerweise etwas über 3000 Einwohner hat, sich in ihrer humanen Population vervielfacht, war die Fähre gut gefüllt. Geschätzte 200 Fahrradfahrer waren auch dabei und unterhielten mich sehr mit ihren hautengen, bunten Radfahrerstrumpfhosen…oder wie man die taucheranzugähnlichen Gummifrommse nennt… Vom Hafen ist es dann noch eine etwa halbstündige Busfahrt bis zur Hauptstadt der Insel Bowmore. Dort wurden wir von Rena, der Gastwirtin herzlich begrüßt und nahmen unser vorläufiges Quartier ein. Es handelt sich dabei um so eine Art Riesencaravan auf dem Grundstück hinterm Haus, der geräumiger ist als fast jedes B&B Zimmer. Am Sonntag ziehen wir dann in das Haus, auf Grund der eher spontanen Reiseplanung war das nicht anders möglich. Später gab es noch einen kurzen Gang durch die Gemeinde, drei Bier bei Lucci’s Bar gleich gegenüber (auch dort wurde ich sofort wiedererkannt…tzzzzz…) und ich zog mich dann auf Grund meiner anhaltenden Probleme im Rachenbereich zurück und machte mal einen ruhigen Abend. Morgen startet das Festival mit Lagavulin, …schaun ‚mer mal…

...Hello Bowmore !
Lagavulin und eine Schlange

Kapitel 7 – Lagavulin: Kapitel 7… das heißt also, ich bin schon eine Woche in der großen weiten Welt des Whiskys unterwegs, die Halbzeit steht aber noch bevor. Heute war Auftakt der Feis Ile und Destille des Tages war Lagavulin. Lagavulin ist eine Brennerei die ich sehr schätze, auch ich war bei meinem ersten Dram vom 16jährigen erstaunt, was alles so geht. Die Beschreibungen die ich dann im Laufe der Zeit von Freunden oder Gästen so gehört habe, bewegten sich zwischen Faszination und Ekel, irgendwer nannte ihn mal Käsefußwhisky… Durch den großen Erfolg dieses Lagavulin 16 Jahre, mußte die Produktion den Bedürfnissen des Marktes schnell angepaßt werden, niemand konnte 16 Jahre im voraus mit diesem Erfolg rechnen. Die Produktpalette bietet in den letzten Jahren also nur den 16jährigen, einen 12jährigen in Fassstärke und die Distillers Edition, bei denen noch ein Finishing im Pedro Ximenez Sherryfaß stattfindet. Den unverhältnismäßig teueren 21jährigen und einige Sonderabfüllungen lasse ich mal außen vor. …nun ging es heute also zu Lagavulin, dort angekommen, war dort eine Schlange zu sehen, wie es sie vielleicht damals im Osten gab, wenn die Konsum Kaufhalle Bananen verkaufte. Obst gab es bei Lagavulin freilich nicht, dafür eine dieser bereits erwähnten Sonderabfüllungen. Die Feis Ile Sonderabfüllung dieses Jahres ist ein 1995er aus Sherryfässern, etwas über 3000 Flaschen wurden abgefüllt, so das ich meine kostbare Zeit heute auch nicht dem Anstellen widmete, sondern meine Flasche in den nächsten Tage holen werde. Als eine der ersten Amtshandlungen mogelte ich mich aus Versehen in ein ausgebuchtes Tasting, ich nahm die vorhandene Kette nicht wirklich wahr und wurde Zeuge, wie man aus dem guten Zeuchs Cocktails mixen kann… Niemand bemerkte es, falls DIAGEO dieses Jahr rote Zahlen schreiben sollte, bin bestimmt ich schuld…

Lagavulin vom Steg aus...
...und der Steg von Lagavulin aus. Im Hintergrund Dunyvaig Castle

Weiterhin konnte man an einem Gewinnspiel teilnehmen, wo es das Alter dreier Samples zu erraten ging, es gab Futterstände mit Austern und anderen Fischkram, es spielten Livebands und es gab Tastings, allesamt ausgebucht, Ulli hatte Glück und bekam noch eine Karte von einem Bekannten. Den Lagavulin 16 und die Distillers Edition konnte man mehr oder weniger unbegrenzt für lau nachschenken lassen. Außerdem noch zu erwähnen ist das Wetter, ich habe selten so schöne Fotos hingekriegt, wie heute, mit einem blauen Himmel vom Feinsten, so wie sich das gehört…

Die Brennblasen von Lagavulin erinnern an Birnen

Abends ging ich zum Inder, bei dem ich vor zwei Jahren auch schon öfters war. Für dieses Restaurant kam das Festival offenbar sehr plötzlich und unerwartet. Der Laden war brechend voll, etwa 5 Leute standen immer da und warteten auf freiwerdende Plätze und nochmal etliche Leute warteten auf Takeaway Essen, zumal klingelte das Telefon ununterbrochen für Bestellungen. Das angedachte Personal für das alles : Einer. Der konnte einem schon leid tun, besonders schön war dann eine 1a Slapstickeinlage aus der Küche mit vollen Tabletts a la Dinner For One, aber sauber aufgefangen. Nach einer Stunde hatte ich dann auch etwas auf dem Teller und konnte dann noch zur zweiten Halbzeit ins Pub das Champions League Finale schauen. Das sollte es auch für heute gewesen sein, die Distillery für den morgigen Tag heißt Bruichladdich, mal sehn was da so geht… Achso, eins noch… heute früh beim Frühstück sah ich in den Nachrichten, das gestern ein großer Teil der Glasgow School Of Art abgebrannt ist, das ist sehr schade, erst vor ein paar Tagen war ich dort und habe Fotos von ihr gemacht, nun das… Tragisch auch für die Studenten, deren Abschlussarbeiten Opfer der Flammen wurden…

Kapitel 8 – Bruichladdich: Bruichladdich hat viele Fans. Die Brennerei war lange geschlossen und wurde 2000 von einem kleinen, aber kompetenten Team von Leuten erworben, die mit wenigen Mitteln viel bewirken konnten. Im Mittelpunkt stand bzw. steht der ehemalige Produktionsmanager Jim McEwan. Der Kaufpreis für die damals marode Brennerei lag bei etwa 7,5 Millionen Pfund… der Bestand der Lagerhäuser war nicht üppig. Mit McEwans teils unkonventioneller Art und Weise Whisky zu produzieren, wurde Bruichladdich schnell zu einer Art Kultbrennerei. Die Sammler waren begeistert, jedes Weinfaß das irgendwo rumstand wurde mit Whisky befüllt und gut verkauft. Innerhalb von 10 Jahren entstand ein Poll von Abfüllungen, wie es sie wohl nirgendwo anders gab. Dann kam der französische Konzern Remy Cointreau. Bruichladdich wurde 2012 von dieser Firma für etwa 58. Millionen Pfund aufgekauft, der Ausgangswert steht oben… Der Aufschrei war groß, die liebe nette unabhängige Brennerei in den Händen von geldgierigen Franzosen… sicher habe ich auch bedauert, das sich das nette Konzept nicht ewig halten konnte… aber rein wirtschaftlich betrachtet konnte es nicht besser laufen, schliesslich haben alle Leute 10 Jahre lang nur reingesteckt…und dann für diese Summe… Whiskyromantik beiseite – ein guter Deal, zumal sich die Firma Remy Cointreau auch noch nichts auf dem Whiskymarkt hat zu Schulden kommen lassen, es ist eh ihre erste Whiskybrennerei.

…immer was los auf der Bühne…
...überhaupt war es sehr gut besucht...

Heute nun war Volksfest bei Bruichladdich, die wohl einzige Veranstaltung, wo bestimmt ein Drittel Einheimische mitwirken, schließlich ist Sonntag und Bruichladdich genießt große Sympathien auf der Insel. Die erste Hürde war dorthin zu kommen, Ulli machte abends zuvor mit einigen Schotten einen Platz im Großraumtaxi klar, Sonntags fahren prinzipiell keine Busse auf Islay… Dort angekommen fiel erstmal die Schlange auf, die sich bereits für die Festivalabfüllung gebildet hatte. Es handelt sich um einen Octomore, 7 Jahre alt, aus Sherryfässern, 4fach (!!!!) destilliert, mit 69,5% (!)… etwa 1600 Flaschen. Ich hab ihn später probiert und fand ihn am Rande der Untrinkbarkeit. Schon beim Eintritt in die Rachenhöhle ziehen sich alle Poren zusammen, so trocken ist er, der Alkohol erledigt den Rest. Erst mit viel Wasser kann man etwas schmecken…, das ist definitiv eher eine Flasche für Sammler. Schnell wurde es eng auf dem Gelände, es spielten Bands, es gab folkloristische Tänze, Robin Laing trat auf und die von schwerer Krankheit gekennzeichnete Norma Munro, ein sehr anrührender Auftritt. Als ich dann auch etwas gekauft habe, mußte ich sehr lange warten, da nur ein Kartenlesegerät vorhanden war, die Zeit wurde mit Freigetränken überbrückt, nach dem vierten Octomore Orpheus war mir das dann auch egal, selten war warten entspannter, überhaupt habe ich nicht einen Dram gekauft, irgendwer hat mir immer einen in die Hand gedrückt… Der Nachmittag hat viel Spaß gemacht. Abends war ich mit Ulli im Lochside Hotel essen und danach ging es für mich in die Heia. …die nächste bitte : Caol Ila, mal schauen, was die so können…

Caol Ila liegt wie fast alle Islay Brennereien direkt am Wasser…

Kapitel 9 – Caol Ila: Zu Caol Ila sagt man auch gerne, der Whisky wäre der Ardbeg des kleinen Mannes. Hmmm…, da frage ich mich natürlich ein wenig, was aus der Upperclass geworden ist…nun gut, Caol Ila ist hauptsächlich für die Blends von Johnnie Walker zuständig, im Black Label dieser weltbekannten Marke, ist reichlich Caol Ila drinnen, Caol Ila ist für fast alle rauchigen Noten in den DIAGEO Blends verantwortlich. Single Malt spielt bei dieser Brennerei, die mit 6,5 Millionen Litern Alkohol im Jahr die viertgrößte schottische Destille ist, nur eine kleine, nebensächlige Rolle. Caol Ila liegt etwas versteckt in det Nähe des Hafens Port Askaig im Osten der Insel. Hier gab es heute nichts umwerfend neues, man konnte sich mit Caol Ila 12y, Caol Ila Distillers Edition und Caol Ila Moch durchgängig betrinken (wenn man denn wollte), es gab wieder drei Samples am Alter zu erraten, die üblichen Austernstände und…und…und… genau wie bei den anderen auch. Die Festivalabfüllung fand ich gänzlich uninteressant, die wird den Weg nach Berlin nicht mit antreten, zumal ich sowieso langsam Sorgen habe, wie hoch das Gewicht meines sperrigen Koffers mittlerweile ist. Der Abend wurde dann in den gastronomischen Abteilungen des direkt auf der anderen Straßenseite gelegenen Bowmore Hotel verbracht, erst feste Nahrung, danach ein paar Bierchen. Morgen gibt es ein Highlight, da bin ich mir sicher, eine weitere Distillery aus meiner Top 3 läd ein : Laphroaig. Heute bei Caol Ila habe ich nicht viel erwartet, morgen schon… mal schauen…

Blick auf die Paps Of Jura... späteres Motiv einer Offside Eigenabfüllung.

Kapitel 10 – Laphroaig: …das war ein sehr schöner Tag heute bei Laphroaig. Das Wetter meinte es wieder sehr gut, mittlerweile sehe ich schon aus wie Mr. Tomatohead, heute war nicht einmal Wind und dazu nette Temperaturen, beste Voraussetzungen für ein wenig Party in der Distillery. Ich erwähnte gestern bereits, das ich Laphroaig sehr schätze. Der Whisky dieser Brennerei ist sicher nicht jedermanns Sache, wer mit rauchig – torfigen Destillaten nicht zurecht kommt, der sollte seine Finger davon lassen. Ergänzend zum Islay-typischen Torfrauch kommen beim Laphroaig noch medizinische Jodnoten und ein Hauch von vermodertem Seetang dazu. Die Ursache liegt im Torf, der im Falle Laphroaig immernoch von den eigenen Torffeldern in der Nähe des Flugplatzes stammt. Bei meinem letzten Besuch durfte ich mich in der Kunst des Torfstechens auf diesen Feldern versuchen. Vor einem vernünftigen Ausbau von Infrastruktur in Schottland, wurde nahezu überall mit Torf geheizt, Torf ist nahezu überall reichlich vorhanden, die Speyside Brennereien verwendeten damals auch Torf. Torf ist aber nicht gleich Torf, der Torf von Islay bzw. Der gesamten Westküste entstand aus anderen pflanzlichen Fossilien wie der auf dem Mainland, es waren viele Pflanzen aus dem Meer dabei, wie eben Seetang, verbrennt man das Zeug dann, gibt es die Noten seiner Bestandteile wieder preis und beim Darren des Grünmalzes bleibt die intensive Note in den Körnern und den weiteren Stationen erhalten. Während der Prohibition in den USA ging Laphroaig einigerortes sogar als Medizin durch, was so riecht oder schmeckt, trinkt bestimmt niemand freiwillig, dachte der Gesetzgeber damals… So, aber ich wollte jetzt garnicht Whiskyschool unterrichten, kommen wir zum Fest… Es gab 6 verschiedene Laphroaigs, mit denen man sich unbegrenzt einen schönen Tag machen konnte, …und das gratis bis zum Abwinken. Folgende Laffis standen zur Auswahl : Laphroaig Select, 10 Jahre, 10 Jahre Fassstärke (batch 6), 18 Jahre, Triple Wood, Quarter Cask und die aktuelle Festivalabfüllung Cairdeas 2014. Der Select ist eine neue Abfüllung, die gerade auf den Markt kommt, es war eine gute Gelegenheit, ihn zu probieren… ich bin sehr enttäuscht, er ist dünn, flach und ohne Charakter, der Warsteiner unter den Laphroaigs. Der Cairdeas ist ohne Altersangebe und reifte erst in Bourboncasks und später in Amontillado Sherryfässern. Ich fand ihn recht lecker und habe das häufig nachgeprüft… Der beste Whisky von denen war aber der 10 Jahre alte in Fasstärke, Batch 6. Leider wird auch er nicht den Weg auf den deutschen Markt finden, warum auch immer… nun ich habe jedenfalls schon einige davon auf Vorrat getrunken… Zwischendurch machte ich einen Spaziergang zu Lagavulin, etwa 20 min zu Fuß entfernt und holte mir meine Festivalflasche, auch das hat viel Spaß gemacht. Ansonsten gab es immer Leute mit denen man sich austauschen konnte, auch viele Deutsche dabei. Livemusik, Fressbuden und Kleinkunststände waren natürlich auch vorhanden, wie bei allen anderen auch. …ja Laphroaig… Hut ab, das war ein schöner Tag bei dir… Morgen : Heimspiel… Bowmore!

Kapitel 11 – Bowmore: Den Whisky von Bowmore vergleiche ich gerne mit einer Jugendliebe. Als ich vor geraumer Zeit anfing, mich für rauchige Malt Whiskies zu interessieren, war der Bowmore 12 Jahre und der Bowmore 15 Jahre (Mariner), damals noch mit dem direkt auf der Glasflasche bedruckten Label, sowas wie eine Initialzündung. Den üblichen Werdegang mit Jim Beam, später Glenfiddich oder sowas habe ich nicht mitgemacht. Ich interessierte mich vorher prinzipiell nicht für Schnäpse jeglicher Art, egal ob da Goldbrand, Wodka oder Macallan draufstand. Schnaps trank man nach dem Essen oder zum Besaufen, hopphopp rin in‘ Kopp und dann schnell ein angewidertes Gesicht verziehen… mir war seinerzeit viel viel wichtiger, daß genügend gutes und kaltes Bier vorrätig war. Nachdem ich Anfang der 1990er Guinness als Lebenselixier entdeckt hatte, wurde es noch eingleisiger…aber dann kam irgendwann Single Malt auf den Tisch und es war halt Bowmore, der mich angefixt hat, oder man kann auch sagen, der mich versaut hat… Längst bin ich natürlich die Straße der großen Maltwhiskies einige Kilometer weitergelaufen und habe unzählige neue Bekanntschaften und auch Freundschaften mit Whiskys geschlossen, von denen ich damals noch nicht einmal im Entferntesten etwas geahnt hatte. Wenn ich dann heutzutage einen Bowmore 12y oder ähnliches im Glas habe, fühlt es sich für mich ein wenig so an, als würde ich meine Exfreundin aus ganz jungen Jahren wiedertreffen. Man erinnert sich schnell an gewisse Details im Geschmack, die man mittlerweile vergessen hat, man denkt an vergangene Zeiten und ist trotzdem froh, das man heute auf andere Sachen steht, die Exfreundin ist Nostalgie aber man möchte sie höchstens als Kumpel… (Etwas gegen diese These spricht allerdings die Tatsache, das der Bowmore vor 10-20 Jahren auch mal besser war… aber ok, damals war die Ex ja auch noch jünger…) So… heute nun Whiskyfest im Hofe meiner ersten Whiskyliebe. Ich sage mal so, das mit der ersten Liebe galt ja dem Whisky, wenn das nicht so wäre, dann würde ich behaupten, die alte Liebe ist beliebig und geizig geworden, alte Schabracke quasi… Gerade einmal drei Stände waren aufgebaut, dazu ein LKW auf dem Livemusik gespielt wurde, die Ex Bowmore 12 konnte man bis zum Abwinken haben, alles andere durfte man schön bezahlen, noch nichtmal etwas zu essen wurde angeboten, da war ja selbst bei Caol Ila mehr los… traurig, …und das bei dieser großen Destille… Einziger Schnickschnack den es anderswo nicht gab, war sowas wie Murmeln mit Faßverschlüssen, wer ein Rechteck in ca. 3 Metern traf, bekam einen Freidram, wer das mittige Kreuz darin traf, gewann eine Bowmore Holzschaufel… Die Festivalbbfüllungen waren ein Bowmore Singlecask Whisky aus dem Bourbonfaß und ein 1989er für ein Geld, womit ich vor zwanzig Jahren zwei Monatsmieten mit hätte begleichen können (ok, kein Penthouse freilich, eher mit Ofenheizung…). Ich habe mir da lieber selber eine Flasche aus einem schönen Sherryfaß abgefüllt, super Stöffchen….aber ansonsten…schwache Leistung, Bowmore. Morgen sind zeitgleich die Destillen Kilchoman und Jura dran. Morgens will ich aber erstmal die Port Ellen Maltings besuchen, was danach kommt, weiß ich noch nicht, beide Brennereien sind ohne Auto schwierig zu erreichen, mal sehen, könnte kompliziert werden…

Ulli beim murmeln...
Tomatohead beim Abfüllen
Trail West live im Lucci's

Kapitel 12 – Isle Of Jura: …bevor es zum heutigen Tag geht, noch ein paar Worte zum vergangenen Abend. Ich war, wie es jetzt warscheinlich auch niemanden verwundern wird, noch ein paar Bier im Pub meiner Wahl trinken. Dort lief ein Fußball Freundschaftsspiel zwischen Nigeria und Schottland, was die Schotten völlig überflüssigerweise nicht gewonnen haben (2:2), heute lese ich bei Spiegel online, das die Polizei wegen Manipulationsverdacht ermittelt…tzzz…, hat jedenfalls mal Spaß gemacht in Schottland ein Schottlandspiel zu sehen. Ich freue mich an der Stelle auch schon auf die kommende EM Quali, in der Deutschland dann auf Schottland und Irland trifft, das werden bestimmt ansprechende Events im Offside. Nach dem Spiel rückte überraschend noch eine Band an, die dann noch bis tief in die Nacht spielte…und das richtig gut, vier Mittzwanziger mit einer eigenständigen Interpretion von Celtic Folk, mit einem Schlagzeuger, der mit tricky hooks ein wenig Jazz beimischte, keine Schmonzetten, überwiegend instrumental, ich war begeistert. Der Ehemann unserer Vermieterin (bestimmt schon über 80…), wollte auch mitspielen, fiel aber rückwärts in das Schlagzeug…ich half mit, ihn da wieder hoch zu heben, er hatte sich nichts getan, deutete mir nur an, ja nichts zuhause zu erzählen… Heute wollte ich eigentlich zu den Port Ellen Maltings, das wollte ich neulich schonmal. Da diese Touren aber bereits um 10 Uhr beginnen und die Busse so ungünstig fahren, hatte ich aber auch heute früh keine Lust mehr darauf, die Maltings rennen ja nicht weg… Stattdessen machten wir uns Richtung Jura auf. Wir wurden von Bekannten mit dem Auto aufgelesen und konnten somit durchfahren. Jura ist die Nachbarinsel von Islay, sie ist etwa halb so groß, zählt aber nur knapp 200 Einwohner (gegenüber etwa 5500 Rothirschen), es gibt eine einzige Straße, die natürlich eine Single Track Road ist. George Orwell lebte hier und schrieb den Roman „1984“, die Paps (gäl. : Brüste) of Jura sind knapp 800 m hohe Berge, die das Landschaftsbild der gesamten Gegend prägen. Eine Whiskybrennerei gibt es auch, die Jura Distillery. Im Wesentlichen stammt sie aus den 1960ern und strahlt auch den architektonischen Charm dieser Zeit aus. Geschmacklich orientieren sich die Malt Whiskys von Jura eher an den Highlands als an den rauchigen Destillaten der Nachbarn von Islay. Die Festivalaktivitäten bei Jura waren auf jeden Fall deutlich mehr vorzeigbar, als gestern bei Bowmore. 6 verschiedene Jura Whiskys konnten gratis und unbegrenzt verkostet werden. Ich hielt mich sehr an die Festivalabfüllung, ein Batch aus verschiedenen Finishings ohne Altersangabe, ok… klingt nicht gerade aufregend, war aber durchaus sehr lecker. Auf dem Festival war auch Richard „The Nose“ Paterson, der so ziemlich bekannteste Masterblender der Welt zugegen, ebenso wie der ehemalige Distillery Manager Willy Tait, der letztes Jahr auch im Rahmen des Berliner Whiskyherbstes die Jura Brennerei repräsentierte. Das Hauptthema unserer Unterhaltung war ein trauriger Anlaß, der deutsche Repräsentant der Distillery und des Importeurs Borco, Helge Müller kam am Montag bei einem Autounfall ums Leben, er wurde nur 45 Jahre alt. Willy und Helge machten die Tastings im Team, sie kannten sich sehr gut. R.I.P. Helge. Ein Shuttlebus brachte uns wieder zur Fähre, nach 5minütiger Überfahrt nach Islay ging es dann mit dem Bus zurück nach Bowmore. Heute abend sind nochmal zwei Bands in der „Stadt“, ich werde da später mal vorbeischauen und vielleicht morgen etwas berichten, sollte es sich lohnen. Morgen steht Bunnahabhain auf dem Programm… ich bin schon recht gespannt…

Juras Hauptstadt Craighouse mit Hotel und Distillery
…auch Bunnahabhain war gut besucht…

Kapitel 13 – Bunnahabhain: …heute ging es in Lucci’s Bar etwas länger als sonst, deshalb wird der Tag heute ausnahmsweise mal verkürzt zusammengefaßt. Bunnahabhain ist neben Bruichladdich, der anderen für Einsteiger kaum auszusprechenden Destille, nicht allzu Islay-typisch, sprich, wenn sie wollen, können sie sehr rauchige Whiskys herstellen, tun es aber in der Regel selten. Die Originalabfüllungen sind eher durchschnittlicher Art, dafür gibt es jede Menge schöne Editionen von unabhängigen Abfüllern. Der Festivalbeitrag von Bunnahabhain (spricht man etwa wie : Bunna-Hawen)… war durchschnittlich, es gab einmalig ihren 12jährigen Standard for free (mehr davon brauch ich ehrlich gesagt auch nicht…) und ansonsten die üblichen Stände, recht viele heute sogar, fand ich. Es gab zwei Festivalabfüllungen von denen eine Teil des Offside Tastings am kommenden Freitag werden wird, die andere, ein 17jähriger für 250£… den durften sie gerne behalten… Ein wenig Spektakel wurde auch geboten. Punkt 13 Uhr kan der „Helmsman“ zurück, der Typ auf dem Bunnahabhain Label mit dem Steuerrad wurde mit dem Islay Lifeboat eingeflogen, quatsch eingeschifft und wurde herzlich empfangen, trotz offensichtlicher Show eine nette Idee, sie haben sich etwas einfallen lassen. Desweiteren spielten wieder die üblichen Bands, neben Skerryvore auch die Band, die es mir in meinem Pub gegenüber angetan hatte : Trail West, die spielten auch heut abend nochmal in der Bar, ich hab eine CD gekauft und werd die Jungs so schnell nicht vergessen. Morgen ist der letzte Tag auf der Insel, übermorgen gehts langsam Richtung Heimat, vorher noch ein letztes Highlight : Ardbeg.

Der Kapitän geht von Bord…
...und da flitzt er wieder davon...

Kapitel 14 – Ardbeg: Ardbeg, jedes Jahr das gleiche, zum Ardbeg Day, welches der letzte Tag des Islay Festivals ist, kommt eine neue, limitierte Abfüllung von Ardbeg raus und die Fans sind bereits im Vorfeld erst entzückt, dann entrückt, wenn es das Zeuchs dann zu kaufen gibt, dann verrückt. Es existiert eine gewisse Faszination über die Abfüllungen dieser ja durchaus nicht unsympatischen Islay Distillery. Vielleicht liegt es daran, das Ardbeg so häufig und so lange stillgelegt war. Seit 1997 wird wieder produziert, die Eigentümer heißen Moet Hennessey und die haben in Sachen Whisky und dessen Vermarktung bereits einen Hochkaräter im Boot : Glenmorangie, den bestverkauften Single Malt auf den britischen Inseln. Die Promotionsabteilung (oder wie auch immer das heutzutage genannt wird) dieser Firma, muß ein paar Leute an Bord haben, die es draufhaben. Jede Ardbeg-Abfüllung der letzten Jahre, egal wie gut sie geschmeckt hat, war ein Riesenhype und die relativ großen Kontingente waren stets im Voraus bereits gut verkauft. Respekt dafür, gute Arbeit. Was nun den Maltwhisky von Ardbeg betrifft, nun ja, er ist kräftig und rauchig/torfig, ähnlich wie die der Nachbarn von Laphroaig und Lagavulin, nicht besser und nicht schlechter, nur vielleicht dank genialer Vermarktung etwas populärer, hipper, sexier… Oder wie das alles auf neudeutsch heißt… Über die diesjährige Abfüllung des Hypes, dem Malt namens „Ariverdes“ möchte ich mich an dieser Stelle nicht äußern, da er am kommenden Freitag beim Offside Tasting mit an Boot ist und ich deshalb keine Meinungsmache möchte. (Danach gerne…) Das Fest, der Ardbeg Day, wird mittlerweile weltweit zelebriert, in Deutschland gibt es Ardbeg Botschaften in glaub ich drei Städten (Berlin ist nicht dabei…) und überall wird a diesem Tag Ardbeg gefeiert.

Der neue Argbeg Auriverdes
Spiel und Spaß zum Ardbeg Day

Das Motto des Jahres 2014 ist Fußball, der Name Auriverdes übersetzt sich etwa in das gelbe der Whiskyfarbe (auri) und grün (verdes), als Tribute für die In grün spielenden Festivalausrichter der WM 2014, Brasilien. Falls das nicht 100%ig richtig wiedergegeben ist, möge man mir es verzeihen, aber in etwa die Richtung stimmt. Alle Ardbeg Angestellten, vom Manager zum Parkplatzeinweiser, trugen heute Fußballbekleidung, das fand ich gut, alle für einen… Es konnte Torwandschießen und Bubblefußball gespielt werden, das mit dem Bubblefußball ist übrigens schön anzuschauen… Mit Freidrinks wurde ganz schön gespart, eigentlich gab es keine, man konnte für 2 £ ein Programm kaufen und hatte 2 Drams und einen geräucherten Fisch frei. Dank Ullis Beziehungen konnten wir noch an einem Tasting im Warehouse teilnehmen, wo es 6 Faßproben gab, deren Jahreszahl zu erraten war, verbunden mit Fußballfragen. Leider lag ich nur ein Jahr entscheidend daneben, was jemand anders richtig geraten hatte, ausgerechnet ging es um meinen FC Liverpool, der letzte FA Cup wurde 1989 gewonnen, nicht 1990…grrrrr…. Insgesamt war das Tasting in 30 Minuten pure Druckbetankung und nur zwei Whiskys waren auch gut. Ansonsten muß ich Ardbeg bescheinigen, das sie nach wie vor ein glückliches Händchen haben, wie man Leute für eine Marke begeistern kann, das war ein guter Auftritt auf diesem Festival. Viele Leute, die ich die letzten Tage kennengelernt habe, habe ich heute sicher zum letzten mal für gewisse Zeit gesehen. Während des Festivals lernte ich etliche Leute etwas besser kennen, von denen ich vorher nur gelesen oder gehört hatte, als Beispiel seien der Maler Ian Gray und der Sänger Robin Laing genannt, aber auch viele andere Leute, die die gleiche Leidenschaft teilen und auch etwas dafür anzubieten haben, z.B. Chris Rickert, Veranstalter der Hanse Spirit in Hamburg um nur einen zu nennen, ich habe sehr, sehr viele Leute getroffen, mit denen es mir sehr viel Spaß gemacht hat, mich auszutauschen. Heute abend ging es dann letztmalig in Pub, Lucci’s Bar, es wurde ein Boxkampf gezeigt, der wohl wichtig war, hierzulande, der mir sympathischere hat gewonnen. Am Ende waren wir (Peter und Peter jr). ein wenig traurig, das wir uns jetzt ein paar Monate nicht sehen werden, zum Schluß gabs noch einen teueren Bowmore Feis Ile 2014 spendiert… Lecker… Danke Peter und Peter jr, seit 30 Jahren führen sie das Hotel und die Bar, erfolgreich… Respekt, das ist doppelt so lange wie das kleine Offside….nach dem und vor allem nachhause sehne ich mich jetzt doch langsam, ob mich Nina mit meinem Sonnenverbrannten Gesicht nebst grauen Bart noch erkennt (?)… schaun wer mal, dann freuen sich noch 3 Katzen… Hoff ich zumindest mal…, …ja, alles hat ein Ende….und nun kommt das auch zu mir, heute war der letzte Tag der Feis Ile 2014 und morgen geht es langsam Richtung Heimat… ,erstmal nach Glasgow, dann via Edinburgh und Frankfurt nach Berlin. Ich werde beide Tage zusammenfassen.

Tanzbär Ulli mit Ardbeg Personal...
Goodbye Islay

Kapitel 15 – Heimweg: …so, nun bin ich schon wieder zwei Tage zuhause und habe alle Hände voll zu tun, schließlich müssen etliche Sachen erledigt werden, die in den letzten gut zwei Wochen übrig geblieben sind… aber erstmal kurz zum unspektakulären Ende der Reise. Am Sonntag wurden wir von unseren freundlichen Vermietern mit dem Auto nach Port Ellen gefahren und legten bald mit der Fähre ab. Das schöne Wetter war nun vorbei, ich war schließlich auf der Heimreise und Whiskyproduktion braucht schließlich viel Wasser, also Regen frei !  Die Rückfahrt ist eh nie so schön, wie der Hinweg, es hat immer etwas von Abschied nehmen…. Abends in Glasgow gingen wir noch beim Inder was essen und kurz noch ins Bon Accord auf ein paar Biere und dann war auch schon Feierabend. Ulli mußte in aller Frühe zum Glasgow Airport, ich hatte mehr Zeit und flog an frühen Nachmittag via Edinburgh und Frankfurt zurück nach Berlin. Mein Koffer wog knapp 33 Kilogramm, ich mußte nur 0,9 kg entnehmen und dann ging er ohne Zusatzkosten durch. Lufthansa sei Dank, bei Easyjet und Konsorten wäre das nochmal happig teuer geworden bzw. wäre es prinzipiell zu schwer gewesen. In Berlin Tegel wurde ich dann zu meiner großen Überraschung von Nina abgeholt, sie erwartete mich bereits mit der schottischen Flagge …Zuhause bzw. auch im Geschäft ging derweil seit fast zwei Wochen weder Telefon noch Internet. Sollte jemand von euch gerade überlegen, etwas mit der Firma Kabel Deutschland zu machen, ich rate euch herzlich davon ab…
…so, es geht ja munter weiter, morgen (Do) der Offside Stammtisch mit dem Thema Bunnahabhain und natürlich auch über die gesamte Reise, am Freitag das Tasting mit 6 frisch eingeflogenen Flaschen (fast schon ausgebucht)… und so weiter…
An dieser Stelle gilt mein Dank allen, die diese Reise möglich gemacht haben, zu allererst Nina, die hier an der Heimatfront für mich mitarbeiten mußte, aber auch Rena und Murray, unsere netten Landlords in Bowmore und den vielen neuen und alten Bekannten, mit denen dieses Fest erst richtig Spaß gemacht hat. Im September werde ich aller Voraussicht wieder im gelobten Land sein, geplant ist die Gegend nördlich von Inverness und ein Abstecher zum Speyside Autumn Festival… sicherlich auch wieder hier nachzulesen…

Nachtrag: Die beschädigte Glasgow School Of Art nach dem ersten Brand. Leider folgte 2018 ein weiterer.